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Fanfiction

Lily und James - ihre Geschichte - Vergessen

von Sternengreifer

Vielen, vielen Dank mal wieder für eure wunderbare Rückmeldung. (Auch wenn ich diesmal einige Namen schmerzlich vermisst habe *schnief* Mochtet ihr das letzte Kapitel nicht?) Vermutlich könnt ihr euch ziemlich gut vorstellen, wie gut das tut (vor allem, wenn ihr selbst irgendetwas tut, wo ihr gewissermaßen auf das Feedback von anderen Menschen angewiesen seid ;) ) Diesmal gings ja um einiges schneller, als die letzten beiden Male... Hmm... Vielleicht schaffe ich es ja wieder, in irgendeinen Rhythmus reinzukommen, wer weiß...? ^^ (Oder wir machen es alle so, wie ich mein bisheriges Leben gemeistert habe; einfach immer das Schlimmste erwarten, keinerlei Ansprüche an den Tag legen und sich hinterher darüber freuen, dass die Welt noch existiert und wir alle am Leben sind. Glaubt mir, so lernt man die kleinen Dinge des Lebens gleich viel mehr zu schätzen!)
Dafür, dass sie sich die Zeit nehmen und mir wundervollen Stoff zum Lesen geben danke ich diesmal MIR, _Ginny-Hermine_, kristin the darkangel, maren-jo, Dumbledore,Albus, Mrs. Black und sirius' widow ;)
Ich würde mich unglaublich freuen, wenn sich auch mal ein paar die anderen Favonehmer melden würden :) Ehrlich, dann würde ich vor Freude vermutlich auf die Größe von Tante Magda in aufgeblasener Form anschwellen und einfach abheben, wie ein Teil von diesem Pusteblumengefusels, das momentan wieder durch die Lüfte tänzelt und aussieht, wie ein kleines, flausciges Sommerschneeflöckchen – ehm jaah, lassen wir das *räusper*
Ich hoffe sehr, ihr könnt euch mit dem neuen Kapitel irgendwie anfreunden und findet es nicht irgendwie schrecklich unrealistisch und blöd. Merlin, ich bin so was von nervös *Fingernägel abknabber*
Viel Spaß beim Lesen, ihr Lieben!



Rrrrrrekommis ;)




_______________________________________________________________________

-26-

Vergessen






~ James ~


Als ich die Augen wieder aufschlug, war es um mich herum stockduster geworden.

Das erste, was sich schmerzhaft bemerkbar machte, war die Feder, die mir seit einer gefühlten Ewigkeit in den Rücken piekste und wegen der ich vermutlich auch aufgewacht war.

Das zweite, was ich wahrnahm, war meine unkontrollierbare Angst.
Ich wusste weder, wo ich mich befand, noch wer mich hier her gebracht hatte, geschweige denn, was überhaupt passiert war.

Dreißig Sekunden, hundert Atemzüge und mindestens dreihundert Herzschläge später sickerte die Erinnerung allmählich zurück in meinen Verstand und ich entspannte mich wieder.

Das wichtigste Quidditchspiel des Jahres, Regulus, diese kleine Ratte und der Schnatz, Arnie, Mulcibers siegessicheres Grinsen und mein waghalsiger Sturzflug und schließlich der Klatscher, der seinem Namen alle Ehre machte und mit voller Wucht gegen meinen Schädel klatschte. (‘Das erklärt übrigens auch diese beschissenen Dreckskopfschmerzen!’, fluchte ich in Gedanken, als ich bei dem Versuch, mich aufzusetzen vom Schwindel übermannt wurde und sich alles um mich herum zu drehen begann.)

Und wir hatten gewonnen! Ein unbeschreibliches Glücksgefühl machte sich in meinem Kopf breit, benebelte meine Sinne und formte meine Lippen zu einem dämlichen Grinsen.

Allem Anschein nach war ich im Krankenflügel gelandet. Und vermutlich war es bereits tiefste Nacht.

Als sich meine Augen halbwegs an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte ich deutlich den fahlen Lichtstrahl ausmachen, der durch eines der großen, vergitterten Bogenfenster neben meinem Bett auf den hellen Steinboden fiel.
Wenn ich den Kopf etwas zur Seite neigte, erhaschte ich sogar einen Blick auf den mit Sternen besprenkelten Nachthimmel, an dem die schmale Mondsichel hing, die die Schwärze der Nacht in ein mattes, trübes Licht tauchte.

Ich versuchte erneut, mich aufzusetzen und siehe da, Poppy hatte anscheinend mal wieder ganze Arbeit geleistet. Das wirre Schwindelgefühl war verschwunden und in meinem Kopf sah es nicht mehr ganz so vernebelt aus: Die gestreifte Bettdecke vor mir drehte sich nur noch ein klitzekleines bisschen...
Als ich den Nachttisch zu meiner linken nach meiner Brille abtasten wollte, sah ich in den Augenwinkeln eine winzige Regung und erstarrte mitten in meiner Bewegung.

Eine dunkle Silhouette mit langem, zausen Haar zuckte zusammen und keuchte erschrocken auf. Sie saß zu meiner rechten auf einem dieser unbequemen, einfachen Messingstühle mit einer schnurgeraden Lehne und musste wohl geschlafen haben.
Hektisch sah sie sich um, während ich unauffällig nach meinem Zauberstab greifen wollte und meinen Herzschlag beinahe schon in den Kniekehlen spüren konnte.
Sie schien im ersten Moment nicht zu wissen, wo sie sich eigentlich befand, ihr Blick ging unruhig umher und kam schließlich ein Stück weit über mir zum Stehen.

Sie atmete erleichtert auf, beugte sich vor und zupfte meine Decke behutsam zurecht, bevor sie sich zurücklehnte und die Ellbogen träge auf ihren Knien platzierte.

“Lily?”, meine Stimme klang skeptisch, entgeistert und nicht mal halb so erstaunt, wie ich eigentlich hätte sein sollen.

Sie hielt hörbar den Atem an und schoss augenblicklich nach vorne. Allerdings ging dieses Manöver ziemlich in die Hose…

“Mist verdammter!”, fluchte sie leise und rieb ihre Stirn, während ich wieder Sternchen sah. Dann suchte sie wieder nervös den Raum nach irgendetwas ab, zog ihren Zauberstab und murmelte: “Muffliato!”

Als nichts weiter geschah, musterte ich sie misstrauisch, es war eine kleine Seltenheit, dass Lily einen Zauberspruch kannte, von dem weder ich noch Sirius, Remus oder Peter je gehört hatten. Doch sie ging gar nicht darauf ein, sondern schlug mir stattdessen leicht gegen die Schulter

“Meine Güte, James! Von allen dämlichen Aktionen, die du bisher durchgezogen hast, seit wir uns kennen, war die von gestern die wohl dämlichste und bescheuertste. Dir hätte weiß Merlin was passieren können!”, ihre Stimme hörte sich am Ende ein wenig dumpf an und sie schniefte so leise und unauffällig, dass ich zaghaft die Hand nach ihr ausstrecken wollte, bis mir wieder einfiel, dass ich eigentlich wütend auf sie sein sollte.
Und doch…

“Es tut mir leid!”, sagte ich leise.
“Entschuldige bitte!”, flüsterte sie zeitgleich.

Ich grinste unsicher und stellte mir vor, wie ein zaghaftes Lächeln über ihr Gesicht huschte und sie nervös eine Strähne ihres dicken, dunkelroten Haars zwirbelte.

Dann seufzte Lily lautlos auf und ich schlug demonstrativ die Decke zurück.

“Er versucht, alles kaputt zu machen, nicht wahr?”, fragte sie leise und betonte das ‘er’ so merkwürdig, als hätte sie Angst, seinen Namen auszusprechen, sodass ich genau wusste, wer damit gemeint war. Vorsichtig legte sie sich neben mich, schlang ihre Arme um meinen Körper und rückte soweit auf, dass ich ihren warmen Atem auf meinen Lippen spüren konnte.

Vorsichtig fuhr ich über ihr Gesicht und fuhr durch ihre wirren Hexenhaare.

“Ja, ich weiß…”, flüsterte ich ihr rau ins Ohr und musste unwillkürlich lächeln. “Aber weißt du was?“, ich stupste ihre Nase an. “Damit lassen wir ihn nicht durchkommen, Liebling.”, das letzte Wort war nur noch ein sachtes Wispern. Sehr leise, sehr sanft und vor allem sehr natürlich kam es über meine Lippen. Sie schien zu lächeln. Die Dunkelheit ließ ihre Augen seltsam funkeln.

“Weißt du eigentlich, dass ich dich liebe, du verdammter, dämlicher, optimistischer Troll?”, fragte sie stattdessen und küsste mich, während ich mir mein Grinsen einfach nicht verkneifen konnte.

Dann wurde sie wieder ernst und spielte nervös mit einer Strähne ihres Haars.

“Das, was du gestern gesagt hast-”, sie stockte, atmete tief ein und wich meinem Blick aus, ehe sie weiter sprach.
“Dass du… Dass du ganz genau weißt, wie Alice sich fühlt -”, ich spannte meine Muskeln an, biss die Zähne zusammen und starrte die Decke des Krankenflügels an.

“Es geht dir immer noch nicht gut.”, es war keine Frage. Es war eine beängstigend leise und verunsicherte Feststellung, die irgendetwas in mir aufriss. Lily beugte sich über mich und musterte mich merkwürdig behutsam. Ihre Augen funkelten unheimlich in dem trüben, dunklen Nachtlicht, ihre Hand hatte sie an meine Schläfe gelegt und sie sah unsicher aus, als fürchte und sehne sie sich gleichermaßen vor und nach meiner Antwort.

Ich konnte nichts erwidern und schloss stattdessen ergeben die Augen. Meine Eltern standen vor mir. Das Lächeln in ihren Gesichtern war traurig und hinterließ den bitteren Nachgeschmack von dieser banalen Endgültigkeit des Todes in meinen Gedanken. Ich sah Peter, Remus und Sirius der Reihe nach fallen und dann plötzlich Lily, die sich unter Schmerzen zu meinen Füßen krümmte…

Ein leises, kratziges Geräusch holte mich in die Wirklichkeit zurück. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass es Lilys Schluchzen war. Entsetzt sah ich sie an, unfähig irgendetwas zu tun.

“Es - es tut mir leid!”, flüsterte sie gebrochen. “Ich habe so gehofft, dass es dir gut geht, dass es besser wird und dass du - nein, ich habe es nie in Frage gestellt, dass es nicht gut ist.”, sie fuchtelte etwas hilflos mit den Händen in der Luft herum und verzog die Lippen zu einem seltsamen, kleinen Lächeln.

“Weißt du, manchmal will man einfach glauben, dass es genau auf dich ankommt. Dass du allein alles in den Händen hältst und vielleicht sogar die Macht hast, alles wieder gut zu machen. Ich weiß nicht, vielleicht ist es einfach nur das Gefühl von vollkommener Sicherheit, weil wir da sind und meinen, das Schicksal beeinflussen zu können, dass wir auf uns und auf die Menschen, die wir lieben aufpassen können
‘Wenn ich bei dir bin, kann dir nichts passieren.’
Nenn es arrogant, egozentrisch und von mir aus auch verrückt - aber manchmal glaube ich wirklich, dass ich alles Böse verhindern kann, wenn ich die Menschen, die mir etwas bedeuten, beschützen kann oder einfach nur bei ihnen bin.”, sie hatte sich wieder aufgesetzt und das Gesicht in den Händen vergraben.

Hätte die Nacht nicht alle Farben verschluckt, wären ihre Wangen mit Sicherheit mit roten Flecken besprenkelt gewesen.

Der Gedanke griff nach mir und hielt mich fest, beförderte mich aus meiner Starre und hob meine Mundwinkel zu einem leichten Lächeln an. Zögernd setzte ich mich auf, mein Kopf pochte wieder unangenehm und ich sah sie wie durch einen grauen Schleier. Sanft streckte ich die Hand nach ihr aus.

“Lily”, setzte ich an, doch sie unterbrach mich, indem sie mir fest in die Augen sah.

“Bist du glücklich, James?”, sie sagte es ganz leise, ihr Blick bohrte sich dabei standhaft in den meinen, nahm mich in den Bann. Sie schien mich zu durchleuchten, wie Dumbledore es manchmal tat, nur dass ihr Blick nicht forschend, sondern von einer solchen Eindringlichkeit durchzogen war, dass es mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte.

Ich seufzte leise und strich ihr eine wirre Strähne aus dem Gesicht.
Und schwieg.
Als ich endlich zu einer Antwort ansetzen wollte, kam sie mir mit einem nervösen, brüchigen Gelächter zuvor.

“Ich benehme mich wie der letzte Idiot, nicht wahr? Lächerlich, vollkommen läch-er-lich!”, und da war er wieder, dieser merkwürdig zaghafte, unglaublich traurige Blick. Ihre Hände hatten zu zittern begonnen und sie lächelte tapfer. Was war nur los mit ihr?

“Ich habe Angst, dass ich mir das alles nur eingebildet habe… Das ganze Glück, weil ich es so sehr wollte und es sich… so richtig angefühlt hat. Für mich zumindest. Es tut mir leid, dass ich nie bemerkt habe - dass ich es nicht bemerken wollte. Was… Ich…”, sie biss sich nervös auf die Lippen und starrte schweigend aus dem Fenster.

Dann herrschte Stille zwischen uns. Dichte, greifbare Stille, die wie ein Tuch auf uns gefallen war und wohl jedes gesprochene Wort unverzüglich aufgesogen hätte.
Sie schien mit sich selbst zu hadern und ich wusste nicht so recht, wie ich dieses gewaltige Gefühl, das sich plötzlich in mir breit machte, einordnen sollte.

Das da vor mir war nicht mehr die Lily, die ich seit zwei Jahren vergötterte und in deren Gegenwart ich mich nach wie vor wie ein hormongesteuerter, verrückter Teenager benahm.
Keine Spur von ihren wundervollen, smaragdgrünen Augen, die sonst immer als erstes ihren Weg in meine Gedanken fanden, kein seidiges, lockiges, herrliches dunkelrotes Haar, in dem ich meine Hände vergraben wollte. Kein kraftvolles Blitzen in ihren Augen und nicht einmal der Hauch von Dickköpfigkeit, der sie sonst immer umgab.

Nur Lily.
Eine unsichere, besorgte, verwirrte, unglückliche Lily.
Es war, als wäre ich gerade von irgendetwas heruntergefallen und unsanft auf den Knien gelandet, vielleicht war ich auch durch alle sieben Schichten des Verliebtseins gesickert. An ihr hatte sich nichts verändert, sie war derselbe Mensch, in den ich mich verliebt hatte und doch schien alles plötzlich anders zu sein.
Eine unverschleierte Sicht auf das Ganze.
Nur Lily und ich, die sich manchmal wie zwei siebzehnjährige, hormongesteuerte Teenager benahmen.

Ich beugte mich vor und küsste sie mit aller Leidenschaft, die ich aufbringen konnte. Überrascht machte sie Anstalten, mich von sich zu schieben, beließ es dann aber doch dabei, ihre Hände tief in den Stoff meines Pyjamas zu graben. Ich legte ihr eine Hand in den Nacken, um sie näher an mich zu ziehen. Ich ließ erst von ihr ab, als ich das Gefühl hatte, mich vor lauter Schwindel gleich übergeben zu müssen. (Kein sonderlich romantischer Kuss, ich weiß. Aber selbst ein James Potter hat mal seine weniger glorreichen Momente und Lily schien es auch nicht weiter zu stören. Zumindest machte sie nicht den Anschein, wie sie da neben mir lag und mich aufmerksam musterte.)

“Ich bin glücklich und du benimmst dich tatsächlich wie ein Volltrottel, wenn du das nicht bemerkt hast!”, sagte ich mit Nachdruck und sah sie herausfordernd an.


~ Lily ~

Seine Nähe, die plötzlich überwältigend heftig Präsenz hatte, nahm mich gefangen und in meinem Bauch machte sich dieses merkwürdig ruhelose Gefühl breit, ein Kribbeln, das den Weg durch meinen ganzen Körper fand, während meine Lippen von seinem Kuss immer noch brannten.

“Und kein Lord Waldemar, noch seine selbsternannten Kannibalen- und Leichenschänderfreunde und nicht mal die Tatsache, dass du diesen Schleimbeutel Schniefelus immer noch magst-”, ich wollte leise protestieren, doch er legte mir sanft einen Finger auf die Lippen, “Nicht einer von denen wird je irgendetwas an dem, was zwischen uns ist, ändern.”

Dann beugte er sich vor und küsste mich erneut. Diesmal um einiges sanfter und ernster als zuvor.
Ich schloss die Augen und fuhr durch sein unordentliches Haar, das wie immer in alle Himmelsrichtungen abstand und sich widerspenstig meinen Fingern stellte. Sein Duft war überall, ich atmete tief ein, spürte seine Hände auf meinem Rücken und presste mich näher an ihn, bis ich seinen viel zu schnellen Puls an meiner Brust spüren konnte.
Ich löste mich lächelnd von ihm.

“Du hast dich immer noch nicht daran gewöhnt!”, flüsterte ich gespielt vorwurfsvoll.

Er lachte leise.
“Ich find’s auch immer noch verrückt.”, meinte er, nun etwas schläfrig, und fuhr mir durch die Haare. “Dass du mich nicht mehr hasst, meine ich. Fühlt sich komisch an, wenn irgendwelche Wunschträume plötzlich in Erfüllung gehen…”

“Du hattest fast ein halbes Jahr Zeit, dich daran zu gewöhnen!“, belustigt stützte ich mich mit den Armen ab und versuchte, in der Dunkelheit seine Züge zu deuten. Und vor allem nicht mehr an den Streit von gestern früh zu denken.
Doch außer ein paar fahlen Flecken, die von dem matten Mondlicht, das durch das geöffnete Bogenfenster schien, beleuchtet wurden, konnte ich nicht viel erkennen.
“Und übrigens hab ich dich nie gehasst, James, ich konnte dich nur nicht ausstehen.”, murmelte ich grinsend, und küsste seine Halsbeuge.

Lachend schob er mich von sich.
“Erklär mir den Unterschied!”

Ich runzelte die Stirn und spielte mit einer Strähne meines Haars, während ich versuchte, ernsthaft über seine Frage nachzudenken: “Du musst dir bewusst machen, dass Hass eines der stärksten Gefühle ist, zu denen wir fähig sind. Vielleicht genauso stark wie Liebe… Wer weiß. Zumindest sehen sie sich ähnlich, der Hass und die Liebe, und vielleicht sind sie nicht einmal einen Wimpernschlag voneinander entfernt.
Du hasst mit deinem ganzen Herzen, fühlst den Hass wie eine zähe, resistente Masse in deinem Blut. Du bist nicht mehr frei, alles läuft mechanisch ab. Auch wenn der Hass lodernd und brennend heiß ist, in deinem Herzen wird es irgendwann kalt… Wenn du wirklich hasst, verlierst du nach und nach das Gespür für andere Gefühle. Es zermürbt dich. Nur die wenigsten können wirklich und aus voller Seele heraus hassen. Man muss dabei zu viel entbehren.”

Nachdenklich starrte James in die Dunkelheit.
“Es hat sich aber wie Hass angefühlt…”, grummelte er beinahe unverständlich. Mein Herz zog sich kurz schmerzhaft zusammen. “Darf ich fragen…”, er stockte.

“Red nur weiter.”, ich küsste sanft die Stelle seinem linken Ohr, und als ich darüber strich, konnte ich die Gänsehaut fühlen, die sich von dieser Stelle ausbreitete. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, die Umrisse wurden plötzlich klarer, und so bemerkte ich auch, dass er seine Augen fest auf einen unbestimmten Punkt an der Decke gerichtet hatte.

“Darf ich fragen, warum du mich nicht ausstehen konntest?”

Er setzte sich auf und sah mich nun mit einem ganz ungewohnten Gesichtsausdruck an, den ich noch nie an ihm gesehen hatte.
Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass es Unsicherheit war. Abgesehen davon, dass ich das Gefühl hatte, dieses Gespräch sei schon seit einem halben Jahr überfällig, musste ich grinsen.

“Oh, dass ist einfach! Erinnerst du dich an unsere erste Zugfahrt?”

“Wie könnte ich die vergessen.”, murrte er und rutschte nervös auf der Matzratze herum.

“Ich war damals furchtbar unglücklich. Hatte mich zum allerersten Mal so richtig mit meiner Schwester gestritten. Gleichzeitig bin ich aber auch unfassbar glücklich gewesen.
Ich meine, wir waren auf den Weg nach Hogwarts! Die ganzen wunderbaren Dinge, von denen Severus immer gesprochen hatte, sollten plötzlich Wirklichkeit werden!”, als Severus’ Name fiel, spürte ich James Anspannung. Allerdings ließ ich mich davon nicht beirren und fuhr fort: “Aber weißt du, die Gefühle, die überwogen haben, waren Angst und Unsicherheit. Ich war zum zum ersten Mal so weit weg von Zuhause, ich kannte außer Sev niemanden und hatte Angst vor dem, was vor mir lag. Severus hat sich zu mir gesetzt und versucht, mich etwas aufzumuntern.“

Ich stockte und versuchte, mich an dieses merkwürdig beklemmende Gefühl zu erinnern und an Severus’ bedauernde Stimme, aus der er die Vorfreude nicht ganz hatte verbannen können. Dann verdüsterte sich meine Miene.
“Und dann kamst du mit Sirius im Schlepptau. Ihr hättet euch sehen müssen! Ihr habt die Nasen viel zu hoch getragen. Und wie ihr mit uns geredet habt! Dabei seid ihr doch im gleichen Boot gewesen.
Für zwei elfjährige Jungs wart ihr einfach viel zu selbstsicher, viel zu vorlaut und vor allem viel zu furchtlos.”

Ich ließ die Worte auf ihn wirken. Er hatte die Lippen gedankenverloren geschürzt und zog die Augenbrauen zusammen.

“Und später?”

“Ihr habt euch einfach nicht geändert. Du bist sogar noch schlimmer geworden. Ihr habt euch nie groß um die Schule gekümmert, nicht für die Prüfungen gelernt, immer nur eure Streiche im Kopf gehabt und trotzdem wart ihr Jahrgangsbeste!
Ihr habt nie verstanden, dass man sich gute Noten zu erarbeiten hat. Für einen Zauber, den ich stundenlang üben musste, habt ihr nicht einmal zwei Minuten gebraucht. Euch ist alles einfach so in den Schoß gefallen und viel zu leicht von der Hand gegangen.
Alle haben euch bewundert, sind euch hinterhergelaufen.
Ihr seid mir so dermaßen auf den Senkel gegangen. Dauernd musste ich meinen Freundinnen erklären, dass ihr ganz und gar nicht so toll seid, wie ihr immer tut, aber hat das was genützt?”, James grinste unverschämt und ich schlug ihm auf die Brust, bevor ich fortfuhr: “Und dann, in unserem vierten Jahr, habt ihr gemerkt, dass Mädchen gar nicht so nervig sind, wie ihr immer gedacht habt. Als ihr ungefähr mit jedem halbwegs gut aussehenden Mädchen unseres Jahrgangs in Hogsmeade gewesen wart, bist du auf die schlaue Idee gekommen - “

“- mich in dich zu verlieben.”, seine Lippen umspielte ein herausforderndes Grinsen. Selbst in der Dunkelheit blitzten seine Augen schelmisch.
Mir fiel auf, wie anders er ohne seine Brille wirkte.
Anders gut. Trotzdem, sie fehlte irgendwie…

“Ich wollte eher etwas in der Richtung sagen, dass du auf die schlaue Idee gekommen bist, dich an mich ranzumachen und vor allen anderen den ganz großen Draufgänger raushängen zu lassen. Aber selbst, wenn dem nicht so gewesen ist“, kam ich ihm schleunigst zuvor, als ich sah, dass er widersprechen wollte, “Wäre ich damals nie im Leben mit dir ausgegangen. Du bist ein aufgeblasener, arroganter Idiot.”

“Äh, du meintest bestimmt ‘warst’, Lily.”, unterbrach er mich.

“Wenn du das sagst.”, lächelte ich süffisant und küsste ihn schnell, um seinen Protest zu ersticken.

“Aufgeblasene Idioten küsst man aber nicht, Evans.”, grummelte er beleidigt und strich über meine Wirbelsäule.

“Und ich hab immer gedacht, Draufgänger küssen besser!”, ich blinzelte ihn an, als er uns so drehte, dass er über mir lag, sich mit beiden Händen zu meinen Seiten abstützte und sein breitestes Rumtreibergrinsen grinste.

“Erzähl mir nichts vom Küssen, du kleiner, rothaariger Freak!”

*


Als es draußen bereits zu dämmern begann und James’ gleichmäßige Atemzüge den Raum erfüllten, war es höchste Zeit für mich, zu verschwinden.
Wenn Madam Pomfrey bemerkte, dass ich mich heute Nacht zurück geschlichen hatte, wäre vermutlich die Hölle los gewesen.
Also befreite ich mich aus James Umarmung, löste behutsam seinen Griff um meinen Bauch und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Er grummelte etwas, verzog die Lippen zu einem kleinen Lächeln und schlief weiter.
Ich grinste leicht, schlüpfte in meine Pantoffeln und meinen roten, flauschigen Morgenmantel und tapste auf Zehenspitzen aus dem Krankenflügel.

“Oh, da lang würde ich an Ihrer Stelle nicht gehen, Lily!”, meinte der Fast Kopflose Nick, der hinter einer reichlich ramponiert aussehenden Rüstung hervorschwebte, bedauernd, als ich in Richtung Verwandlungstrakt laufen wollte.

Ich schrie erschrocken auf, stolperte einen Schritt zurück und knallte mit voller Wucht gegen eine Statue, die eine bucklige mit Warzen und Furunkeln übersäte, kleine Hexe darstellte.
“Oh, Nick!”, ich hielt mir theatralisch eine Hand aufs Herz und grinste unseren Hausgeist leicht pikiert an. “Sie haben mir einen Riesenschrecken eingejagt!”

“Wenn das Sir Patrick Delaney-Podmore nur genauso sehen würde!”, murmelte er beleidigt vor sich hin. “Können Sie sich das vorstellen?“, mit lauter, gekränkter Stimme wandte er sich nun wieder an mich.
“Seit vier Jahrhunderten bemühe ich mich nun schon auf Tunlichste darum, ehrenvolles, vollwertiges Mitglied bei der Jagd der Kopflosen zu werden und besagten Sir Patrick davon zu überzeugen, dass ich eine durchaus grauenhafte, erschreckende Figur abgeben. Aber meinen Sie, er würde sich umstimmen lassen? Eine sickelbreite Schicht Haut und Sehnen verbinden meinen Kopf mit meinem Körper! Man möchte doch meinen, dass das als Kopflos durchgeht! Meiner-”

“Nick, Nick!”, höflich fuhr ich ihm dazwischen und hoffte, dass er die kleine Spur Ungeduld in meiner Stimme nicht bemerkte. “Sie wollten mich gerade davor warnen, den Verwandlungstrakt zu benutzen. Darf ich fragen, wieso?”

Irritiert sah er mich einen Wimpernschlag lang an, dann erhob er sich ein bisschen beleidigt in die Lüfte, wobei seine Halskrause ein wenig verrutschte und sein durchsichtiger Kopf bedrohlich schwankte.
“Nun denn, Lily, Peeves treibt dort mal wieder sein Unwesen und plant einen - seiner Meinung nach ausgeklügelten - Streich, bei dem -”

“Soll es bei diesem Streich mal wieder darum gehen, dass diverse Kreidestückchen und Tintenfässer dem Nächstbesten um die Ohren fliegen sollen?”, fragte ich gelangweilt.

Nick gluckste amüsiert. “In der Tat. Ich habe nie behauptet, dass Originalität eine von Peeves' größten Stärken ist!”, und mit diesen Worten entschwebte er elegant durch die massive Steinwand.

Mit einer ordentlichen Portion Glück und etlichen Umwegen zum Trotz schlüpfte ich zehn Minuten später, nachdem ich einer höchst verärgerten Fetten Dame, die noch in einem rosa Schlafanzug und lila Puschen steckte und von mir aus dem Schlaf gerissen wurde, das Passwort ‘Siruptorte’ entgegen gewispert hatte, durch das Portraitloch.

Der Gemeinschaftsraum lag still und verlassen vor mir, im Kamin glühten noch die Reste des Feuers, kalter Rauch stieg darüber auf und zog mir scharf in die Nase, der Boden war gekehrt und die Sofas und Sessel aufgeschüttelt worden.
Merkwürdig ordentlich und leer sah er aus.
Ich durchquerte ihn mit wenigen Schritten und ließ mich auf einen Sessel fallen, der genau neben einem der großen Fenster platziert war. Müde zog ich die Beine an, kuschelte mich in meinen Morgenmantel und schaute nach draußen auf die Ländereien.

Die Sonne ging gerade auf und tauchte die Welt in ein grelles Orangerot, sodass es aussah, als hätte jemand einen großen Behälter Orangenmarmelade über die Landschaft geschüttet. Der Himmel verfärbte sich allmählich von einem trüben Grau, in ein helles rosa-orange und sah schließlich himmelblau getüncht aus, als hätte man einem Kleinkind Farbe und Pinsel in die Hand gedrückt und abgewartet, was passiert.

Seufzend richtete ich mich auf und strich meine Kleidung zu Recht. Ich wollte gerade zu den Treppen schlürfen, die zum Mädchenschlafsaal führten, als jeweils zwei Hände wie aus dem Nichts nach mir griffen.

“Aaah!”, rief ich erschrocken, ehe mir jemand eine Hand auf den Mund presste. Ich hob meinen Blick und sah genau in Sirius’ unverschämt hübsches, grinsendes Gesicht.

“Morgen Evans! Wie schön, dass du uns auch mal wieder die Ehre erweist. Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt, dass sich dein Morgenmantel unglaublich mit der Farbe deiner Haare beißt? Nein? Sieht nicht gut aus!”, Sirius ließ ein bellendes Lachen hören und löste seine Umklammerung von meinem Arm.

“Ach lass das, Tatze!”, murrte Remus hinter mir, während Peter ungeniert kicherte.

“Was zum-”

“Tut mir leid, dass du wegen uns beinahe einen Herzinfarkt bekommen hast”, meine Remus schuldbewusst, konnte sich sein Grinsen allerdings nicht verkneifen.

“Wo kommt ihr denn so plötzlich her?”, fragte ich fassungslos.

“Tja, liebste Lily, du solltest vielleicht mal ein wenig aufmerksamer werden.”, meinte Sirius und wechselte einen amüsierten, vielsagenden Blick mit Peter.

“Rumtreibergeheimnis.”, sagte Remus nur. “Damit sie nicht denkt, sie würde verrückt werden.”, fügte er hinzu, als er Sirius’ entsetzten Blick sah, zu mir gewandt meinte er nur noch: “Könnte sein, dass du in nächster Zeit des Öfteren damit konfrontiert wirst.”

“Jedenfalls wollten wir wissen”, fing Peter mit einem anzüglichen Grinsen an.

“Was du des Nachts bei unserem lieben Jamesie zu suchen hattest.”, beendete Sirius den Satz mit einem ebenso dreckigen Grinsen.

Geschockt sah ich die beiden an und stammelte verwirrt: “Aber woher…?” Es war eindeutig zu früh am Morgen, um mich mit den merkwürdigen Eigenheiten der Rumtreiber zur Genüge auseinanderzusetzen und ihnen irgendetwas Handfestes entgegenzusetzen.

“Evans, wir haben uns schließlich nicht zum Spaß ‘die Rumtreiber’genannt! Wir wissen quasi von all den kleinen, schmutzigen Geheimnissen, die Hogwarts zu bieten hat.”, Sirius sah mich entrüstet an.

“Zum Beispiel von MacDonald und Hooper, Avery und dieser pickligen Smith”, zählte Peter an den Händen ab.

“Wir wissen auch, dass sich Alice immer zu Frank in den Schlafsaal schleicht und morgens in aller herrgottsfrüh wieder abhaut - aber um das zu wissen, muss man kein Rumtreiber sein, sondern einfach nur im Bett nebenan schlafen. “, Sirius verzog angewidert das Gesicht. “Obwohl ich nicht den geringsten Zweifel daran hege, dass das sowohl der Schlafsaal über und unter uns ebenfalls mitbekommt.”, er schüttelte sich theatralisch, Remus und Peter nickten bekräftigend mit dem Kopf und ich musste gegen meinen Willen lachen.

“Keine Ahnung, woher ihr das alles wisst, und wenn ich ehrlich bin, bin ich mir nicht mal sicher, ob ich es überhaupt wissen will. Poppy hat James jedenfalls wieder zusammengeflickt und er würde sich zwar sicherlich über ein paar Stunden Schlaf freuen, genau wie ich übrigens, aber mit ziemlicher Sicherheit wäre ihm ein Besuch von euch noch tausend mal lieber.
Also los, verschwindet mit euren merkwürdigen ‘Rumtreiberangelegenheiten’ und nervt James damit.”, ich drehte mich lächelnd zu ihnen um. “James kann sich glücklich schätzen, so wunderbare Freunde wie euch zu haben. Vielleicht benehmt ihr euch manchmal wie ein Haufen idiotischer Trolle, die nichts als Streiche und kindische Witze im Kopf haben, aber zu 70,133 Prozent seid ihr wohl im allgemeinen das, was er jetzt am meisten braucht. Wundervolle Freunde.”, ich bezwang die ersten Stufen der steinernen Wendeltreppe, dann hielt ich inne und wandte mich ein letztes Mal den drei sprachlosen Rumtreibern zu. “Das ändert natürlich rein gar nichts an meiner Meinung zu euch, ist das klar? Und äh - geht nicht durch den Verwandlungskorridor, Peeves treibt da sein Unwesen. Und denkt dran, die offizielle Besuchzeit beginnt um zehn.”
An Madam Pomfrey würden sie sich ohnehin irgendwie vorbei schleichen können, da war ich mir sicher.

“Wow Evans, und für einen winzigen Augenblick dachte ich schon, du hättest unter der ganzen dämonischen Boshaftigkeit deines Seins tatsächlich so was wie eine menschliche, freundliche Ader entdeckt!”, Sirius zwinkerte mir zu, seine Stimme triefte nur so vor bissigem Zynismus, der mir diesmal allerdings wie ein netter, freundlicher Wink erschien und mich keineswegs zum Rasen brachte.

Remus lächelte breit und Peter grinste. Dann schlüpften die drei durch das Portraitloch, das Fluchen der fetten Dame und Sirius’ freche Antwort drangen gedämpft an meine Ohren, während ich die letzten Stufen erklomm, bevor ich endlich meinen Schlafsaal betrat und mich in mein Bett fallen ließ.



~ James ~


“…ist los? Wie …ihm?”
“… schon aufgewacht?”

Durch das dumpfe Brummen, das meinen ganzen Kopf ausfüllte, nahm ich einige zusammenhangslose Wortfetzen wahr. Ich versuchte krampfhaft, meine Augen zu öffnen, um zu sehen, wo ich war, doch bevor ich es schaffte, breitete sich wieder ein unangenehmes Kribbeln in meinem Kopf aus und betäubte meine Sinne.

Als es nachließ, merkte ich, dass auch die Stimmen lauter an mein Ohr drangen und ich den Sinn langsam aber sicher erfassen konnte.
“Wenn… Mulciber… feige … erwische… verfluche ich ihn, bis er nicht mehr weiß, wo links oder rechts ist.”

Langsam tauchte ich aus dem dumpfen Gefühl, das von mir Besitz ergriffen hatte (vermutlich hatte mir Poppy heute Morgen irgendeinen Trank verabreicht) wieder auf. Die Worte wurden klarer.

“Er sieht so zerquetscht aus… Dabei meinte Lily doch, dass es ihm besser geht!”
“Sollen wir mal ausprobieren, wie du wohl aussiehst, nachdem ein Klatscher deinen Kopf zermatscht hat, Wurmschwanz?“, das war eindeutig Tatzes Stimme und sie hörte sich sehr unwirsch an. Ich konnte mir bildhaft vorstellen, wie Peter verletzt zusammenzuckte.

“Hey, das will ich doch wohl überhört haben, Kumpel. Ich sehe IMMER gut aus!”, sagte ich matt und schnitt ihm eine Grimasse. Dann schlug ich die Augen auf.

Remus und Peter musterten mich besorgt.
Sirius hatte sich über mich gebeugt und grinste mich breit an. “Willkommen in der Hölle, Krone!”, meinte er scherzhaft und klopfte mir erleichtert auf die Schulter. “Denk immer daran, der Schmerz geht, der Stolz bleibt.”, sagte er mitfühlend und besah sich meinen Kopf genauer.

“Der Spruch war selbst für deine Verhältnisse extrem schlecht, wenn ich das so anmerken darf.”, Moony lachte laut auf und zog sich den Stuhl heran, auf dem vor wenigen Stunden noch Lily geschlafen hatte.

“Hmm…”, machte ich laut. “Ich will mich ja nicht aufdrängen, aber ich hätte schwören können, dass vor ein paar Stunden noch ein rothaariges Monster neben mir gelegen hat. Es sei denn, ich bin so vernebelt und weggetreten, dass ich mir das alles nur eingebildet habe.”

Die drei grinsten sich wissend an.

“Evans hatte Hummeln im Hintern, wie der sprechende Hut so schön zu sagen pflegt.”, Sirius lachte bellend auf.

“Was Tatze damit sagen will, ist, dass Lily nicht über solche Mittelchen verfügt wie wir und im Ernstfall von Poppy auseinander genommen und hinterher wieder zusammengeflickt worden wäre.”, Moony deutete auf das Bündel Stoff in seiner rechten.

“Und das Risiko wollte unsere liebe Schulsprecherin lieber nicht eingehen.”, ergänzte Wurmschwanz altklug und nickte bestimmend, während er es sich auf dem Bett zu meiner rechten gemütlich machte.

Tatze hatte sich inzwischen auf meinem Bett niedergelassen und betrachtete das mit weißen Vorhängen verhüllte Bett am anderen Ende des Saales mit einer Art höflichem Interesse.

“Dahinten dürfte mein Brüderchen liegen, wenn ich mich recht entsinne…”, antwortete er auf meinen fragenden Blick. Dann lehnte er sich genießerisch zurück und atmete tief ein.

“Die Blamage für die Slytherins war einfach herrlich gewesen, du hast wirklich was verpasst, Krone.”
Ehe ich weiter nachhaken konnte, wurde die Türklinke zu Madam Pomfreys Zimmer nach unten gedrückt.

“Schnell, unter den Umhang!”, zischte Moony und kurze Zeit später war von den dreien nichts mehr zu sehen.

Poppy lief in einer für sie typischen, geschäftsmäßigen Eile zu Regulus’ Bett.

“Ah, Mr. Potter, Sie sind schon wach?”, sie zog die Vorhänge zur Seite und erhaschte einen Blick auf eine komplett einbandagierte Gestalt. “Gut, gut… Ich werde Ihnen gleich Ihren Stärkungstrank bringen und mit etwas Glück sind sie morgen schon wieder auf den Beinen.”

“Aber ich fühle mich jetzt schon wieder putzmunter, Mam!”, ich setzte mein charmantestes Lächeln auf und Poppy ließ ein mädchenhaftes Kichern hören.

“Ach, James, Sie und Ihr bester Freund Sirius führen mich nicht noch einmal an der Nase herum. Auch wenn Sie bald Ihren hundertsten Aufenthalt in diesen Hallen feiern dürften, so leicht lasse ich mich von Ihnen nicht mehr um den kleinen Finger wickeln!”, mit einem Schlenker ihres Zauberstabes erneuerte sie Regulus' Bandagen und zog die Vorhänge wieder zu. Im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür am anderen Ende des Raumes wie von Geisterhand und verriet mir, dass sich Moony, Wurmschwanz und Tatze verdünnisiert hatten. Ein Blick auf die große, runde Wanduhr, die an der gegenüberliegenden Wand hing, sagte mir, dass es nur noch eine Viertelstunde bis zur offiziellen Besuchszeit war.

*


Einen Stärkungstrank, vier Toasts mit Orangenmarmelade und drei Gläser Kürbissaft später öffnete sich die Tür erneut und kurz darauf hatte ich das Gefühl, an einem Samstagvormittag in die Winkelgasse geraten zu sein, wo zu allem Unglück Celestina Warbeck gerade ein kostenloses Straßenkonzert gab. Was ich damit sagen will: Menschen. Viel. Zu. Viele. Menschen.
Überall grinsende Gesichter, rote Backen, große Augen und dieses dämliche Gesumme.

Allen voran Lily, die Rumtreiber und meine Mannschaft.
“Klatscht den Klatscher, Jungs!”, grölten Jimmy Robins und Arnold Peaks den Text der Mannschaftshymne von Puddlemere United mir entgegen (“Und Mädels!”, wie der weibliche Part, allen voran Leanne Towler, lautstark ergänzte), während Frank hinter seinem Rücken den Quidditchpokal hervorzog, zerrissen somit die gespannte Stille und lösten einen kleinen Tumult aus.

Ich setzte mich hastig auf und strahlte mit ihnen um die Wette, während sie mich lachend in die Arme schlossen.

“Wir haben den Pokal. Wir haben den Pokal. Wir haben den Pokal!”, ihr Triumphgeheul ging beinahe unter in den ganzen Glückwunschbekundungen. Dann wurden alle auf einmal ganz ruhig.
Hinter Kathy Frobisher trat ein Joseph Qualls hervor, der unsicherer und nervöser denn je wirkte. Seine Bewegungen wirkten fahrig und er grinste mir unsicher zu.
Frank überreichte ihm lächelnd den Quidditchpokal und gab ihm einen Schubs in meine Richtung.
Ich sah zu Lily, sie schaute mich bittend an und nickte mir streng zu. Seufzend erhob ich mich und stand auf etwas wackligen Beinen vor ihm. Zaghaft streckte er mir den Pokal entgegen - und ließ ihn fallen.
Drei Dutzend Arme griffen danach, aber ich war am schnellsten und fing ihn grinsend auf. Dann musterte ich Josh einen Augenblick lang gespielt abschätzig - und zog ihn in eine feste Umarmung.

Augenblicklich brach wieder Jubel aus und ehe ich mich versah, fand ich mich in zig Gruppenumarmungen wieder.

Übermütiges Lachen, grinsende Gesichter, ein völlig überhitzter Raum und viel zu wenig Luft zum Atmen.

Sirius und Peter zauberten riesige Körbe mit Fresspaketen, Kürbissaft, Butterbier und Feuerwhiskey hervor und Remus erzählte mir, dass Madam Pomfrey kurzzeitig außer Gefecht gesetzt sei.

“Und was ist mit Regulus passiert?”, fragte ich ein wenig später, als ich genüsslich in meinem Bett lag und an meiner Leberpastete knabberte und mir die einbandagierte Gestalt im Bett am Ende des Ganges wieder in den Sinn kam. Sirius ließ ein bellendes Lachen hören.

“Das wird dir gefallen, Krone!”, sagte er, biss seinem Schokofrosch geschickt den Kopf ab und fing sich von Lily einen vor Missgunst triefenden Blick ein.

“Na ja…”, Arnie Peaks grinste hämisch. “Leanne und Jimmy waren da wohl etwas übereifrig… Jedenfalls haben sie die Treiber-Doppel-Verteidigung ausprobiert und sich ein bisschen ausgetobt… Und… wie soll ich sagen - du siehst ja, dass es glänzend funktioniert hat. Im Grunde genommen verdanken wir den beiden den Sieg.”

*


Ich hätte nicht sagen können, was an diesem Tag das Beste war:

Lily, die mir einen flüchtigen Kuss auf die Lippen hauchte, auf einen glücklichen Joseph Qualls deutete, der von einer Horde Bewunderer umringt war, und mir ins Ohr flüsterte, dass sie sehr stolz auf mich sei. (Auch wenn ich dabei ein wenig an meine Mum denken musste…)
Oder die Gryffindors, die im Begriff waren, im Krankenflügel die größte Party des Jahres zu veranstalten.
Vielleicht auch Sirius, der einen Witz nach dem anderen riss und nach einer halben Stunde mit Jimmy Robins, Peter und Arnold Peaks über die leeren Betten sprang und sich leicht angeschwipst eine Kissenschlacht mit einer kleinen Drittklässlerin lieferte.

Nach geschlagenen zwei Stunden war der Spaß allerdings auch schon wieder vorbei, als eine vor Wut rasende Madam Pomfrey, die über die Tatsache, nichts von diesem Chaos mitbekommen zu haben, ehrlich bestürzt schien, aus ihrem Zimmer geschossen kam und die Feier mit den Worten: “Das ist ein Krankenflügel und kein Zirkus, also alle RAUS!” abrupt beendete.

*


Manchmal sind wir selber unser größter Feind und berauben uns der Möglichkeit, mit Dingen abzuschließen und uns weiterzuentwickeln.
Dann stehen wir uns andauernd selbst im Weg und nehmen uns die Chance, die nächste Weggabelung einzuschlagen.
Sei es aus Angst vor Veränderung, Arroganz oder Unsicherheit, wir sind große Meister darin, unser Leben zu manipulieren und in einem gewissen Sinne auch aufzuhalten.
Unser Leben lang schlittern wir von einer Veränderung in die nächste. Nicht alle davon sind sonderlich angenehm. Verständlich also, dass wir ihnen meistens mit einem gewissen Grundmisstrauen gegenüberstehen und sie zunächst nicht an uns heran lassen wollen.

Aber es gibt Augenblicke im Leben, in denen es auf etwas anderes ankommt als nur auf unsere eigenen, albernen Attitüden. In denen wir uns selbst zurückstellen müssen und unser Wille und die ganze Sturheit, die er mit sich bringt, im Hintergrund stehen.
Etwas Größeres, Akte von Menschlichkeit, Mitgefühl.
Liebe.
Eigentlich nur eine wage Vorstellung, dieses Ding namens Liebe…

Wie gesagt, des Öfteren treten wir uns mit einer Art masochistischem Vergnügen selbst auf die Füße, fürchten uns vor der kleinsten Veränderung und Schicksalsschläge stampfen uns meist bis zum Haaransatz in den Boden.
Aber hin und wieder sind es genau diese Augenblicke, auf die es letztendlich ankommt.
Manchmal wachsen wir eben auch an unseren Fehlern.



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Na? *vorsichtig um die Ecke lug*
Wie fandet ihr es?
Ich hatte ja... so meine Schwierigkeiten mit diesem Kapitel :(
Ich hoffe, ihr konntet euch damit anfreunden - und ehm, der Kommibutton lässt sehnsuchtsvoll grüßen. (Ehrlich, ich bettel gar nicht um Reviews, aber dieser vermaledaite Knopf lässt mir einfach keine Ruhe. Penetrantes, kleines Biest!)

Machts bestens ihr Lieben und vielen, vielen Dank fürs Lesen und bis hier hin Durchhalten :-*** und meldet euch! Ich bin mir zu 99,99971 Prozent sicher, dass ich niemanden beißen werde. Wenn ihr also mit einem euphorisch/hysterischen Weib klarkommen könnt, werdet ihr mich vielleicht sogar mögen. Wenn nicht (verständlicherweise) werde ich euch dafür umso mehr mögen, um das Sympathiedefizit auszugleichen (Merlin, ich schreibe Sympathie beim ersten Anlauf jedes gottverdammte Mal falsch -.-'')

liebste Grüße

yana aka luna alias Sternengreifer

PS: Beim Monolog am Ende habe ich mich, kackendreist wie ich bin, von Scrubs inspirieren lassen. "Manchmal sind wir selber unser größter Feind [diverse Szenen] Aber manchmal wachsen wir auch daran." Wundervolle Serie. Im Ernst.


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Zitat
Man muss einfach in Slytherin sein. Dort hast du das Privileg manchmal was anzustellen. In Gryffindor darf man keine Fehler machen, du musst gut sein.
Tom Felton