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Fanfiction

Luciana Bradley und die Sammlungen der Väter - Die Blaue Mauritius

von Picadelly

'Den gestrigen Augenberichten Zufolge, wurde der flüchtige, mutmaßliche Todesser Lucius Malfoy am Randgebiet von Calais gesichtet. Die Hausfrau Madame Louise B. informierte die Muggelpolizei, nachdem sie den Verdächtigen durch ein Fahndungsbild in den Muggelnachrichten (übertragen in Echtzeit von einem sogenannten Fernsehapparat, mehr dazu auf S. 7; Rubrik 'Muggel und ihre Kuriositäten') wiedererkannt hatte. Diese Aussage fügt sich mit denen der letzten Augenzeugen zusammen, die L. Malfoy in den letzten Wochen zwischen der Küste von Dover und Calais gesichtet haben wollen. Ein Sprecher des Ministeriums gab hierzu einem Reporter des Tagespropheten bekannt, dass es nun einige Unstimmigkeiten bezüglich des Zuständigkeitsbereiches mit dem französischen Zaubereiministeriums gäbe, es aber nur eine Frage der Zeit sei, bis L. Malfoy gestellt sei.

Derweil behauptet die Ehegattin, Narzissa Malfoy (41), weiterhin, der Aufenthaltsort ihres Mannes sei ihr unbekannt und sie habe ihn seit dem Vorfall in der Mysteriumsabteilung am 4. Juni weder gesehen noch gesprochen. Nachdem die Durchsuchung von Malfoy Manor (siehe letzte Ausgabe ?Razzia in Malfoy Manor`) ebenfalls ergebnislos geblieben war, bleibt abzuwarten, ob das Ministerium sein Versprechen halten kann, das einst ehrenhafte Mitglied der Zauberergesellschaft zu stellen und dem Zaubergamot vorzuführen.'


Ein lautes Klirren und Scheppern durchdrangen die Stille der Wohnung, kurz darauf ein markerschütternder Schrei. Luciana riss sich von dem Anblick des Zeitungsartikels los, drehte mit Hilfe ihrer Zehenspitzen den Schreibtischstuhl um neunzig Grad Richtung der Ausgangstür ihres Zimmers, erhob sich widerwillig und schlurfte demotiviert dem tosenden Gedonner entgegen. In der Küche angelangt offenbarte sich ihr ein wohlbekanntes Bild: Der neurotische Sauberkeitsfanatiker war in das Bombardement aus dreckigem Geschirr, Essenresten und den mit Krümeln und Schnittüberbleibseln bedeckten Boden eingedrungen und sah mit seinen weit aufgerissen, vor Schock hervorquellenden Augäpfeln, mehr denn je aus wie ein wahnsinniger Massenmörder.

„ZWEI erwachsene Menschen im Haushalt und wie JEDES Mal ein Mykotoxin-verseuchter Brutkasten aus Bakterien und Schimmelkulturen - meinst du unsere Kontaminierungseinheit hat nichts Besseres zu tun, als deinen UNRAT zu beseitigen?“

„Hallo Gabriel, ja, ich freue mich auch unheimlich dich zu sehen, ja klar, mir geht's gut und ich hatte meinen Spaß die letzten Wochen, danke der Nachfrage“, ratterte Luciana darauf monoton herunter und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Küchentisch.

„In drei Jahren fünfzehn neue Küchen, FÃœNFZEHN!“, wetterte ihr Pate weiter - dabei war er nicht einmal dazu gekommen seinen Mantel abzulegen, geschweige denn seine Aktentasche, mit der er sein Gezeter noch wild gestikulierend unterstützte.

„Pff, ist ja auch völlig normal die komplette Küche rauszureißen, sobald eine Packung Salami im Kühlschrank das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat.“

„JETZT auch noch frech werden, das hättest du wohl gern, junge Dame, DA“, mit diesen Worten griff Gabriel nach einem Gulasch-Topf, in dem halbhoch das Spülwasser zum Einweichen stand. Ein paar Reste des ehemaligen Inhalts des Topfes waren angetrocknet auf dem Herd verteilt, plus Fliesenspiegel und Arbeitsplatte (selbstverständlich hatte es sich Lucianas Falke Azrael nicht nehmen lassen die Gulaschreste als Planschbecken zu missbrauchen). „Du glaubst doch nicht ERNSTHAFT, das würde mit PUTZMITTEL“ (Gabriel hasste Putzmittel, allesamt 'ineffektiv' und 'Augenwischerei') „beseitigt werden können?!“

„Du musst lernen etwas mehr wie ein Zauberer zu denken, Gabriel.“ Dieses, von ihrem Paten an sie selbst gerichtete Zitat, welches sie zu allem Ãœbel mit einem ganz speziellen, süffisanten Grinsen ausgesprochen hatte (kopiert von einem gewissen Tränkemeister), brachte die Angelegenheit zu einer waschechten Eskalation. Luciana war drauf und dran, sich aus Küchenrolle geformte Kügelchen in die Ohrmuscheln zu stopfen, als die Schimpftirade ihres Paten durch das Aufklingen des Imperial March durchbrochen wurde (der übrigens, seit Johnny unbeobachtet an dem kleinen, weißen Kasten über dem Wohnungseingang herumgebastelt hatte, die Türklingel war).

Vor der Tür stand kein geringerer als Albus Dumbledore, der vergnügt mit den Klängen von John Williams hin und her wippte, wobei sein hüftlanger, silberner Bart durch die Luft schwang. „Welch eine überschwängliche Willkommenshymne“, gluckste er zufrieden und betrat den Flur ihres Heims mit zwei langen Schritten, nachdem Luciana aus der Schockstarre erwacht war und ihm Platz gemacht hatte.

„Sind die ZAG-Ergebnisse so schlecht ausgefallen, dass Sie sie persönlich überbringen müssen?“, erkundigte sie sich im Flüsterton bei ihrem Schulleiter und ihr Herz schien bei diesem Gedanken gleich ganz aussetzen zu wollen.

Dumbledore schien diese Idee höchst amüsant zu finden - was Luciana übrigens ganz und gar nicht nachvollziehen konnte, immerhin war es ihr Hintern der nach Askaban, dem Zauberergefängnis, Mitten im Nirgendwo der schottischen See, verfrachtet werden würde, wenn sie ihren allgemeinen Zauberergrad nicht bestehen würde.

„Nein, nein, mein Kind“, antworte Dumbledore, ebenfalls im Flüsterton und beugte sich ein Stück zu ihr herunter. „Und unter uns - ich glaube nicht, dass du dir wegen deiner Ergebnisse den Kopf zerbrechen musst.“ Diese Anmerkung schloss er mit einem Augenzwinkern ab und griff dann an ihr vorbei die ausgestreckte Hand ihres Paten, der plötzlich mit ihnen im Flur stand - dabei konnte man bei diesem nicht einmal mehr erahnen, dass er sich die letzten zwanzig Minuten in Rage getobt hatte.

„Doktor Steinhardt, sehr freundlich, dass Sie es so kurzfristig einrichten konnten“, sagte Dumbledore und schüttelte Gabriel die Hand. Mit geschäftigem Blick erwiderte ihr Pate die Begrüßung und geleitete den Professor den Flur entlang in sein Arbeitszimmer, dessen Tür sich schloss, sobald die beiden es betreten hatten.

Verdammt

Lucianas Neugier war in voller Fahrt, immerhin kam es nicht häufig (bisher gar nicht) vor, dass der Kopf des Orden des Phönix bei ihnen Hausbesuche machte.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

Der letzte Monat war die reinste Qual für sie gewesen. Nach der letzten Ordenssitzung, kurz nach dem Eintreffen des Hogwarts-Express in London (zu der Gabriel sie begleitet hatte), waren ihre Informationsquellen um die Geschehnisse in der Zaubererwelt auf den Tagespropheten, den Klitterer und Zeitungen aus der nicht-magischen-Welt beschränkt worden.

Rennoc, der ihren Posten im Auftrag von Gabriel für die Ferien übernommen hatte, war die letzten Wochen meist so mit Arbeit überhäuft, dass er kaum Zeit hatte Luciana Auskünfte zu geben, egal wie häufig sie 'zufällig' das ein oder andere Buch in seiner Bibliothek ausborgte und wieder zurückbrachte. Seine Sitzungsprotokolle waren für sie zudem noch vollkommen unbrauchbar, da er jedes Blatt Papier davon mit schnörkeliger Schrift in Latein vollgekritzelt hatte und noch nicht dazu gekommen war, diese zu übersetzen.

Ja, und die genannten Zeitungsartikel gab es zwar zu Hauf, waren aber für ihre Zwecke total unbrauchbar. Das Zaubereiministerium hatte vielleicht keine Informationssperre verhängt, hielt sich dafür allerdings mit den Aussagen über einen gewissen, schwarzmagischen Oberguru und seine Anhänger sehr zurück. Wahrscheinlich wollte man eine Massenpanik verhindern, die Situation herunterspielen, oder vielleicht (Luciana wagte es zu bezweifeln) war es wirklich ruhig um Voldemort geworden; sie jedoch direkt nach dem Schuljahr, kurz nach dem Showdown im Ministerium, in den Zwangsurlaub zu schicken, war unmenschlicher als jeder Cliffhanger eines Staffelfinales ihrer Lieblingsserien.

Und da kam ihr ein genialer Gedanke in den Sinn. Mit einem kurzen Sprint rannte Luciana zurück in ihr Zimmer, zog den riesenhaften, dunkelbraunen Lederkoffer (der seit ihrer Rückkehr nach Deutschland noch immer halb gefüllt war) unter ihrem Bett hervor und drehte diesen mit einem kräftigen Ruck in die Schräglage, sodass sich der gesamte Inhalt in einem chaotischen Haufen auf dem Fußboden verteilte. Kurz darauf flogen die Kleidungsstücke und Bücher kreuz und quer im Raum herum (ein dumpfes Kreischen kam aus der Richtung der Couch, auf der gerade noch Azrael seinen Mittagsschlaf gehalten hatte und nun unter einem Umhang begraben lag), doch es dauerte noch eine gefühlte Ewigkeit, bis Luciana, auf allen Vieren auf dem Boden suchend, triumphierend eine fleischfarbene Schnur in den Händen hielt, an dessen beiden Enden Ohren baumelten.

Schnell rappelte sie sich auf, lief wieder zur Tür hinaus den Flur hinunter und positionierte sich mit einer scharfen Vollbremsung direkt vor dem verschlossenen Arbeitszimmer, aus dem unverständliches Gemurmel drang. Das Gemurmel wich klar verständlichen Worten, kaum dass sie den Geniestreich von einer bombastischen Erfindung ihrer Lieblingszwillinge in Stellung gebracht hatte (das eine Ohr heftete sie mit der Selbstklebefunktion an die Tür, das andere hielt sie nah an ihr eigenes).

„… Riddle Anwesen gesprochen“, anscheinend war sie mitten in eine von Dumbledores Ausführungen geraten, zumindest laut seinem aufgelegten Erklärtonfall. „Ihr guter Riecher scheint sich wieder einmal bewahrheitet zu haben, Doktor Steinhardt.“ Eigentlich hätte Gabriel an dieser Stelle etwas erwidern können, doch es war nichts weiter als Stille zu hören, bis Dumbledore wieder das Wort übernahm. „Sie wollen mir noch immer nicht verraten, woher Sie Ihre Quellen beziehen?“

„Es zählen doch letztendlich die Ergebnisse, Professor. Meine Diskretion ist ein ausschlaggebender Grund, wieso ich diverse Informationen überhaupt bekomme.“ Ach was hätte Luciana darum gegeben, nicht nur Zeuge des Gesprächs, sondern auch der Mimik der beiden zu sein - Gabriel und Dumbledore schienen ein sehr angespanntes Verhältnis zu pflegen, das hatte sich schon bei der ersten Sitzung im Grimmauldplatz deutlich bemerkbar gemacht. Nachdem der Schulleiter dann noch die 'Dreistigkeit' besessen hatte, ein ganzes Jahr für die Bewachung einer Prophezeiung zu 'verschwenden', war dieser im Ansehen ihres Paten wohl noch mehrere Stockwerke tief gesunken; trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, gingen die beiden äußerst höflich miteinander um. Oder wie man den Rohen-Eiertanz auch immer nennen wollte.

Die Antwort von Dumbledore bestand lediglich aus einem hörbaren Seufzen, dann waren Schritte zu vernehmen. Luciana war schon drauf und dran ihren Posten im nächsten Sprintansatz zu verlassen, als ihr in den Sinn kam, dass Professor Dumbledore anscheinend nur wieder dazu übergangen war, im Raum auf und ab zu laufen, was er offenbar häufig tat, wenn er seine grauen Zellen ganz besonders auf Touren bringen wollte.

„Wir haben einen Horkrux“, (einen WAS?) fuhr Dumbledore nach einiger Zeit fort, „ausfindig machen können. Es ist vermutlich der Zweite, den er, kurz nach seinem Abschluss in Hogwarts, hergestellt haben muss. Dabei handelt es sich um einen Gegenstand aus dem persönlichen Besitz seines Vaters.“

„Ja, so etwas hatte Rennoc in seinem letzten Sitzungsprotokoll erwähnt.“ Verdammte Latein-Nerds.

„Wir haben die letzten Wochen gründliche Beinarbeit geleistet und sind uns nun sicher, dass es sich um eine Briefmarke aus einer Sammlung handeln muss, wenn man den Auskünften einiger Dorfbewohner in Little Hangleton Glauben schenken mag.“ Okay … es mochte vielleicht ein Monat vergangen sein, aber wie zur Hölle kam man von 'Wir sind kurz vor einem Krieg' und ?Maßnahmen um Anschläge von Todessern zu verhindern` auf so etwas Triviales wie eine Briefmarkensammlung? Vielleicht hatten die beiden da im Arbeitszimmer herausgefunden, dass sie belauscht wurden und machten sich jetzt einen Spaß daraus, sie mit schwachsinnigen Informationen in die Irre zu führen? Doch es ging noch weiter, dieses Mal war es an Gabriel nachzuhaken:

„Wenn es sich hierbei um eine ganze Briefmarkensammlung handelt, wird sie doch sicher mittlerweile auf dem ganzen Globus zerstreut sein?“

„Ich denke an diesem Punkt hat uns das Glück noch nicht ganz verlassen“, sagte Dumbledore, jetzt wieder mit einer etwas heiteren Stimmlage. „Es geht nämlich nur um ein ganz besonderes Stück in der Sammlung, wie man mir versicherte.“

„Etwas genauer, Professor. Ich kenne mich ein wenig mit der Thematik aus; ich hatte selbst einen … Liebhaber dieses, höchst unproduktiven und kostspieligen Hobbies in meiner Blutlaufbahn.“ Und auch diese Information war Luciana neu. Nicht, dass es zu Gabriels Lieblingsbeschäftigungen zählte von seiner Verwandtschaft zu plaudern.

„Man sagte mir, es handle sich um ein ganz besonders ausgefallenes Exemplar.“ Oh, Luciana konnte den genervten Ausdruck auf dem Gesicht ihres Paten beinahe durch die geschlossene Tür sehen, den er immer aufzusetzen pflegte, wenn sein unfassbar unstrapazierbarer Geduldsfaden zum Zerreißen gespannt war. „Die Blaue Mauritius“, warf Dumbledore dann in den Raum und eine Sekunde später erlitt Luciana fast einen Hörsturz. Gabriel hatte so laut und schallend angefangen zu Lachen, dass es wahrscheinlich noch unten in der Magieforschungsabteilung zu hören sein musste. Das Lachen endete so abrupt wie es gekommen war.

„Das ist nicht Ihr Ernst“, bemerkte Gabriel trocken. „Es sei denn, Sie reden von einem gestempelten Exemplar.“

„Nein, Doktor Steinhardt, wir reden tatsächlich von einem Ungestempelten. Was die Suche doch erheblich eingrenzt, möchte ich meinen.“

„Die sogenannte Blaue Mauritius“, begann Gabriel, wie er es sonst bei ?Lektionen fürs Leben` bei ihr zu tun pflegte, „aus der Septemberausgabe des Jahres 1847 mit dem Motiv der Königin Victoria, erschienen in den Farben Rot und Blau. Stichtiefdruck und geschnitten, wenn ich mich richtig entsinne, mit dem Postwert von einem Penny und zwei Pence. Sicher gehört sie nicht zu der Top Drei der wertvollsten Briefmarken der Welt, aber sie ist die wohl Berühmteste. Es gibt fünf, nein vier Ungestempelte, davon befindet sich eine im Postmuseum in London. Die weiteren Aufenthaltsorte sind mir nicht bekannt.“

„Port Louis, Mauritius“, sagte Dumbledore, „eine befindet sich in unbekanntem Privatbesitz und die Vierte - ja die Vierte gehört dem Königshaus.“

„Sie scheinen sich ausführlich über das Thema informiert zu haben. Daher kann ich nicht ganz verstehen, wieso Sie um eine private Unterredung mit mir gebeten haben.“

„Sir Rennoc hat nach der letzten Ordenssitzung angemerkt, Ihre Organisation habe vorzügliche Methoden in gesicherte Muggelgebäude zu gelangen“, bemerkte Dumbledore.

„Ehm, ja“, sagte Gabriel und hörte sich dabei verwirrt an. „Für Leute, die nicht apparieren können. Oder sich einen Zugang über ein Flohnetzwerk verschaffen. Oder noch etwas deutlicher: Für nicht magisch begabte Menschen.“

„Und sehen Sie hier, Doktor Steinhardt, brauchen wir genau das. Keine Magie, nicht einen Funken.“ Wahrscheinlich machte Gabriel genauso ein verwirrtes Gesicht wie Luciana. „Sind Sie mit der Geschichte der Zaubererfamilie Baskerville vertraut?“ Eh, nein?

„Ja“, knurrte ihr Pate und am liebsten hätte sie laut aufgeflucht.

„Seit heute sind wir endlich soweit, dass wir die vier Exemplare auf zwei eingrenzen konnten. Die Briefmarke in Port Louis hat nie ihren Platz verlassen und auch das Postmuseum hat ein lückenloses Protokoll, seitdem sie im Besitz dieses prachtvollen Stückes sind. Nun würde man sicher davon ausgehen, bei unserem Horkrux müsse es sich um die Briefmarke mit unbekanntem Besitzer handeln, allerdings“, und damit lief Dumbledore wieder auf und ab, „gab es ein paar Unstimmigkeiten, als die Marke der Königsfamilie, anlässlich einer öffentlichen Ausstellung, von ihrem gewohnten Aufenthaltsort zeitweise entfernt wurde und genau in diesem Zeitraum muss der Horkrux entstanden und in Sicherheit gebracht worden sein. Und welch passenderen Ort könnte man sich zur sicheren Verwahrung vorstellen, als ein weltbekannter Palast, der nicht nur Rund um den Zeiger von Muggeln, sondern auch seit Erbauung durch die beste Zaubererfamilie in Punkto Zauberkunst der Bannsiegel und Schutzzauber geschützt wird?“ Der Buckingham Palace wurde von Zauberern geschützt? Wahrscheinlich wieder eines dieser vielen, kleinen Details, die Luciana nicht über die Zaubererwelt wusste und dort wiederum als Allgemeinwissen angesehen wurde.

„Ach, der Alte Baskerville hat das Familiengeschäft also doch nicht an den Nagel gehängt“, bemerkte Gabriel mit gehässigem Unterton. „Aber Ihre Ãœberlegungen klingen logisch. Und gar nicht mal so dumm von Riddle.“

„Der Orden würde einen Experten auf dem Gebiet der Baskervilles bereitstellen“, sagte Dumbledore dann, „um möglichen, unliebsamen Ãœberraschungen entgegen zu wirken.“

„Das hört sich vernünftig an“, räumte Gabriel ein. „Und ich werde in den nächsten Tagen in Erfahrung bringen lassen, wo genau sich die Privatsammlung der Königin im Palast aufhält. Ich kann Ihnen allerdings jetzt schon sagen, dass wir ganz sicher im Vorfeld einen Ausspähungstrupp in das Gebäude schicken. In diesem Fall würde ich vorschlagen die naheliegende Option zu wählen und diesen mit einer gewöhnlichen Touristengruppe einzuschleusen. Dabei wäre es sicher von Vorteil, Ihren Experten mitzunehmen.“

„Ein vorzüglicher Plan, Doktor Steinhardt, lassen Sie uns morgen über einen Patronus miteinander sprechen.“ Der Rhythmus der Schritte veränderte sich plötzlich und das Rollen eines Bürostuhls über Parkett war deutlich zu vernehmen. „Und nun zeigen Sie mir bitte, wo genau in diesem Gebäude die Trainingshalle liegt. Mr Jonathan versicherte mir, ich könne ihn dort finden.“ Höchste Zeit für Luciana das Weite zu suchen. Die Langziehohren stopfte sie sich noch auf dem Weg in ihr Zimmer in die Hosentasche und begab sich dann, so scheinheilig wie möglich, wieder an ihren Platz am Schreibtisch, um Seite zwei des heutigen Tagespropheten in Augenschein zu nehmen.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

In der Nacht fand Luciana kaum zwei Stunden Schlaf. Das Gespräch zwischen dem Schulleiter und ihrem Paten wollte einfach keinen Sinn ergeben und egal wie sehr sie ihre Schulbücher gewälzt und das Internet durchforstet hatte, nirgends auch nur ein Sterbenswörtchen über einen sogenannten Horkrux, geschweige denn, was dieser mit einer Briefmarke zu tun haben sollte. Trotz der beinahe ruhelosen Nacht hatte Luciana am nächsten Morgen mehr Energie im Leib, als die sämtlichen letzten Wochen. Am Küchentisch (in dem Raum hatte sich seit gestern einiges getan; dieses Mal schien sich Gabriel für eine beige Küchenfront im Hochglanzstil entschieden zu haben) schlürfte sie nun schon ihre dritte Tasse Kaffee, während sie sich Plan A bis D für den heutigen Tag zurechtlegte. Johnny saß, mit seinen Füßen auf dem Tisch, ihr gegenüber und war fast am Ende seines Ritual-Schund-Blatt-Guckens angelangt - wenigstens hatte er nicht einen Versuch unternommen sie in ein Gespräch zu verwickeln. Währenddessen pickte Azrael unter dem Fenster lustlos in einem Haufen Frischfleisch herum, den er, fein säuberlich, aus seinem Futternapf (welchen er schon immer zutiefst zu verachten schien) auf den Fliesen aufgestapelt hatte.

Mit einem Klaps gegen Johnnys Schulter und einem „Ich bin dann mal weg, sehen uns heut Abend“ verabschiedete sich Luciana und kippte die letzten Schlucke Kaffee hinunter. Nachdem sie sich mit ein paar Alibi-Büchern aus der Bibliothek bewaffnet hatte, machte sie sich auf den Weg zum Fahrstuhl des Sangues, welcher am Ende des ewig langen Ganges vor ihrer Wohnungstür lag (der kleine Fahrstuhl in ihrer Wohnung stand unter 'Wartungsarbeiten'; wenigstens würde sie sich so ein wenig die Beine vertreten können).
In dem Fahrstuhl angekommen (eigentlich war es ein Lastenaufzug, in dem problemlos gleich mehrere Fahrzeuge Platz finden könnten) stellte sich ihr die nächste Zeitverzögerung in den Weg. Die Mitarbeiter und Besucher des Sangues machten sich nämlich einen riesen Spaß daraus, das in der Mitte diesen Monat herausgegebene Schutzmaßnahmenprotokoll des britischen Zaubereiministeriums durch den Kakao zu ziehen. Seit dem Ereignis in der Mysteriumsabteilung, war nicht nur der Zaubereiminister Cornelius Fudge durch den ehemaligen Chef des Aurorenbüros (Jobbeschreibung eines Aurors: Schwarzmagier jagen), Rufus Scrimgeour ersetzt worden, sondern die gesamte Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums hatte eine hundertachtzig Grad Drehung hingelegt. Während die bisherige Leitung alles daran gesetzt hatte, jegliche Gerüchte und Meldungen von der Wiederkehr des Schwarzen Führers im Keim zu ersticken, versuchte die Neue das angeschlagene Image des Ministeriums mit Aufstockung der Sicherheitskräfte und Schutzmaßnahmen der Zivilbevölkerung aufzupolieren. Mit gleich drei aufeinanderfolgenden Tagesprophetausgaben hatte das Ministerium ein 'Merkblatt' mit vierzehn Maßnahmen herausgegeben - die einen mehr, die anderen weniger sinnvoll. Und mit diesen, oder optisch ähnlichen, Merkblättern war der Fahrstuhl von der Decke bis zum Boden tapeziert worden und an den Wänden hingen an Schnüren baumelnde Eddings in allen erdenklichen Farben (alles hatte mit einem Zettel an dem großen Spiegel in der Kabine angefangen, von da aus war die Sache explosionsartig eskaliert). Mit anderen Worten, Luciana stand in einem violetten Riesenschuhkarton und kratzte an der Stelle der Wand herum, an der die Schalttafel des Aufzugs hängen müsste.

An dem Platz, an dem Sicherheitsmaßnahme Vier - 'Stimmen Sie sich in Sicherheitsfragen mit engen Freunden und Verwandten ab, damit Sie Todesser, die sich mit Hilfe des Vielsaft-Tranks (siehe Seite 2) als andere ausgeben, erkennen können' - diskutiert worden war (man hatte sich mithilfe einer Abstimmung auf das Safeword 'Bananahammock' geeinigt), wurde sie nicht fündig, aber sie hatte im Gefühl, am richtigen Ort zu Graben. Und endlich, unter Maßnahme Nummer eins - Wir raten Ihnen, das Haus nicht allein zu verlassen - und der darauffolgenden, meterlangen darauf geklebten Instruktion (in mehreren Handschriften, offenbar war sie immer und immer wieder erweitert worden, unter anderem: 'Die Vampire verlassen AUSSCHLIESSLICH Paarweise das Gebäude' und weiter 'Möglichst in gruppierten Zweierreihen' noch weiter 'Es darf auf KEINEN FALL versäumt werden, sich dabei an den Händen zu halten' und dann 'Bei Sichtung eines oder mehreren Todessern verständigen Sie einen kompetenten Werwolf in Ihrer Nähe' daneben 'Fi** dich doch selbst', weiter unten 'Bitten Sie den oder die Todesser um eine Armlänge Abstand') kam das Tastenfeld zum Vorschein. Luciana drückte den Knopf für die minus Zwei Ebene und yap - als sich die Schiebetüren schlossen, glichen selbst diese einer Litfaßsäule.

*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

Die Bibliothek des Bunkers zu betreten, war jedes Mal aufs Neue wie durch ein magisches Tor in eine andere Dimension zu gelangen. Zwar unterschieden sich die einzelnen Etagen der gigantischen Bunkeranlage in ihrer Funktion, aber das Interieur verfolgte dabei eine gewisse, funktionale Linie, die die meisten Räume (für ihren Geschmack) zu steril und wenig einladend wirken ließen (obwohl das zumindest im Verließ gewollt zu sein schien). Diese Etage bildete die einzige Ausnahme, denn es war das Reich von S. Y. Rennoc. Dieser saß an seinem gewohnten Platz, am Kopfe der Bibliothek, in einem dunklen Holzstuhl mit roter Lederpolsterung und hoher Rückenlehne, an einem dazu passenden Schreibtisch. Wie üblich hielt er sich dabei über einen Stapel antik aussehender Pergamente gebeugt, mit Feder in der linken Hand, während die Rechte eine Stelle an einem der Dokumente markiert hielt. Sein Platz, sowie die gesamte Halle, waren von deckenhohen Fenstern flankiert, hinter denen sich meist eine, von Menschen unberührte, Hügellandschaft auftat. Natürlich handelte es sich hierbei um verzauberte Fenster, die die Strahlen der Sonne lediglich vortäuschten. Zum einen war es nicht ratsam zum Teil Jahrhunderte (wenige sogar Jahrtausend) alte Bücher direktem Sonnenlicht auszusetzen und noch weniger hätte dies der Meister dieser Hallen vertragen.

Wie jedes Mitglied der UOWV (Gabriel und sie bildeten die einzigen Ausnahmen), war auch Sir Rennoc ein sogenannter Halbmensch oder auch Halbblüter. In seinem Fall ein Vampir.

Luciana kannte ihr Zuhause nicht ohne den alten Mann, doch Johnny hatte ihr einmal verraten, dass Gabriel große Schwierigkeiten gehabt hatte, Rennoc für seine Untergrundorganisation zu gewinnen. Eine Bibliothek in diesem Ausmaß war dementsprechend niemals in Planung gewesen, sondern ein Anreiz (für sie hörte es sich nach Bestechung an) ein begehrtes Mitglied für die eigene Sache zu verpflichten. Dabei hätte Rennoc wirklich einen schlechteren Deal abschließen können. Das gesamte Design der Halle war nach seinen Vorstellungen erstellt worden und neben den Massen an Glasfenstern hatte er auf handgefertigte Kirschbaumholzregale mit eingeschnitzten Ornamenten (thematisch der jeweiligen Abteilung angepasst) bestanden, die mit sicher einem Dutzend Metern Höhe fast die Decke berührten. Durch den gesamten Mittelgang zog sich hierzu noch ein Meisterstück an Schreinerarbeit in Form eines Tisches, ebenfalls Kirschbaumholz (irgendwo auf der Welt gab es nach der Einrichtung dieses Ortes ein Wäldchen weniger), der sicher an die siebzig Meter lang sein musste, dafür normal breit war. Auf ihm waren, in regelmäßigen Abständen, hunderte von Bibliothekar Lampen mit grünen Schirmen aufgestellt worden. Zu seinen Seiten standen passende Bänke, auf denen, zu Lucianas Erleichterung, gerade keine Besucher saßen und Bücher wälzten.

Sir Rennoc bemerkte sie scheinbar erst, als sie unmittelbar vor seinem Schreibtisch stand und mit den Büchern in ihren Armen etwas nervös von einen auf den anderen Fuß trat.

„Fräulein Bradley“, begrüßte er sie mit einem freundlichen Lächeln und reichte ihr die Hand, während er mit der anderen seinen Zwicker von der Nase nahm und ihn auf eins der Pergamente ablegte. Sir Rennoc hatte ein blasses Gesicht (okay, dieser Umstand entsprach wirklich dem Klischee des Vampirs und Luciana war noch keiner untergekommen, der nicht entweder kalkweiß war oder aber mit künstlicher Bräune jeglicher Art nachgeholfen hatte), das von Falten durchzogen war und einen weißen Bart, der nur von seinem dunkleren Schnäuzer und seinen dunklen Brauen eine farbliche Abwechslung boten. Beides pflegte er schon immer äußerst gründlich, so hatte sie seine Gesichtsbehaarung nie länger als ein paar Zentimeter gesehen. So viel Haare er auch im Gesicht hatte, so wenig wurden es auf seinem Kopf. Zwar konnte man bei ihm noch nicht von einer Vollglatze sprechen, aber sein Haupt war vollkommen kahl. Nur ein Kranz aus schlohweißem Haar zog sich um seinen Hinterkopf. Wie üblich trug er eine seiner braunen Kutten (ob aus modischer Vorliebe oder übrig gebliebener Nostalgie aus einem früheren Leben, war schwer zu sagen; niemand wusste so recht, wie alt Rennoc sein mochte), die seine ebenfalls braunen Augen hervorhoben. Es war ein Paar ganz besonders aufmerksamer Augen, die meist sehr warm und freundlich wirkten.

„Was kann ich am heutigen Tag für Sie tun, und dazu zu solch einer frühen Stunde?“, fragte Rennoc und nahm mit einem Schmunzeln die Bücher auf ihrem Arm in Augenschein. Luciana beeilte sich, diese auf einer freien Stelle auf der Tischplatte (die gar nicht so einfach zu finden war) abzustellen.

„Ehm, die hatten Sie mir nach Hogwarts geschickt.“ Ihr Gegenüber hob die Brauen und wie so oft katapultierte sie dieser Blick in die Rolle des Grundschulmädchens, welches gerade beim Flunkern erwischt worden war (nicht sehr abwegig, wenn man bedachte, dass Sir Rennoc in den Jahren als Lucianas Privatlehrer eingesetzt worden war, bevor sie eine weiterführende Schule besuchen konnte). „Tut mir wirklich leid, dass ich vergessen habe, sie vorher zurück zu schicken.“

„Sie wurden in der kurzen Zeit nicht benötigt“, bemerkte Rennoc und legte den Stapel Jahrgangsabschlussbücher auf einen anderen, wohl, um sie später wieder in das richtige Regal zu verstauen.

„Okay, dann bin ich ja beruhigt.“ Stille legte sich über die Bibliothek, man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

„Aber deswegen sind Sie nicht gekommen, habe ich Recht?“ Erwischt. So viel zu dem Plan, den alten Herrn in ein Gespräch zu verwickeln, um dann zufällig auf das ein oder andere Thema zu kommen. Eigentlich hätte sie es besser wissen müssen; seit wann hatte sie auch nur einmal Smalltalk mit ihm geführt?

„Professor Dumbledore war gestern zu Besuch“, sagte Luciana und knabberte sich dabei auf der Unterlippe herum.

„Ah, ich sehe“, bemerkte Sir Rennoc und erhob sich von seinem Stuhl. „Begleiten Sie mich doch ein Stückchen die Regale hinunter, so kann ich Ihnen vom Orden erzählen und zur selben Zeit ein wenig Arbeit verrichten.“

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Unaufgefordert schnappte sie sich einen der Bücherstapel vom Schreibtisch, von dem sie wusste, dass er auf jeden Fall wieder einsortiert gehörte und heftete sich dann an Rennocs gemächliches Schritttempo.

„Also bevor wir mit dem Orden anfangen … “, sprudelte sie dann los, „mir war da, als hätte Dumbledore irgendwas von einem Horkrux gesagt.“

Glücklicherweise verzichtete Rennoc darauf nachzuhaken, wann und wie genau dieses Wort gefallen war. Wenn Gabriel Wind davon bekommen würde, dass sie ihn während eines ?Geschäftsgespräches` belauscht hatte, war das Donnerwetter vom Vortag eine halbe Stunde Wellness im Gegensatz zu dem, was darauf folgen würde.

„Und dieser Terminus sagt Ihnen nichts“, schloss er darauf, woraufhin Luciana nur nickte. „Der Horkrux beschreibt in facto den Ertrag eines schwarzmagischen Rituals, das Libera temet, mit dem man in der Lage ist, seine Seele zu spalten.“

Wieso sollte man seine Seele spalten? Und wieso kam ihr das so furchtbar bekannt vor?

„Ihrem verwirrten Ausdruck im Gesicht entnehme ich, dass es Ihnen nicht aufgeht, wieso man so etwas tun sollte?“

Wieder nickte Luciana und reichte Rennoc das Buch, auf welches er in ihrem Arm deutete. Er sprach weiter, während er, mit dem Buch bewaffnet eine Leiter betrat, die hier überall an den Regalen fest installiert waren und die man beliebig verschieben konnte. „Indem man seine Seele spaltet, was übrigens nur mit Hilfe eines Mordes gelingen kann, entgeht man dem Tod. In gewisser Weise.“ Damit kam er wieder die Stufen herunter und setzte seinen Gang fort, Luciana auf den Fersen. „Den Teil der Seele, den man abgetrennt hat, verschließt man in einen Gegenstand, der damit zu einem Horkrux wird und fortan unzerstörbar ist, ganz gleich um was es sich handelt. Will meinen, beinahe unzerstörbar“, schloss Rennoc und bog in den nächsten Gang ein.

„Das heißt der Schwarze Führer“, der Bibliothekar schmunzelte bei dieser Bezeichnung, unterbrach sie aber nicht, „hat seine Seele gespalten und wenn man ihn tötet, erwacht er in Form einer Briefmarke zum Leben?!“ Natürlich war das eine lächerliche Annahme, aber Luciana verstand noch immer nur Bahnhof und benötigte Fakten, anstatt halbgare Aussagen.

„Ãœber die Mauritius wissen Sie demnach auch schon Bescheid?“, stellte Rennoc fest. „Und nein. Derjenige, der einen Horkrux besitzt und getötet wird, stirbt genau wie Sie und ich. Der Unterschied besteht in dem Danach.“ Hier legte Rennoc eine bedeutungsschwere Kunstpause ein und sortierte konzentriert und mit äußerster Sorgfalt die nächsten beiden, in Leder eingebundenen Bücher in ein Regal. „Der Horkrux lässt den eingeschlossenen Teil der Seele jener Person frei, die ihn hergestellt hat und nun gestorben ist. Dieses Seelenstück ist in der Lage von anderen Lebewesen Besitz zu ergreifen, bis es stark genug ist sich auf magischem Wege einen neuen Körper herzustellen.“

„Sprich, das ist der Grund, warum man lange angenommen hatte der Schwarze Führer sei seit einundachtzig tot?“

„Gewiss, Fräulein Bradley. Einige Wenige hatten dies zwar immer bezweifelt, jedoch war die Aussicht auf ein paar Jahre scheinbaren Friedens wohl schmackhafter, als diesen Zweiflern Glauben zu schenken.“ Mittlerweile hatten sie das mittlere Arial der Bibliothek erreicht, rechts von Ihnen der Abschnitt über magische Politik und Wirtschaft, zu ihrer Linken die Botanikabteilung.

„Aber wenn der Schwarze Führer vor fünfzehn Jahren gestorben ist und der Seelenteil in seinem Horkrux freigegeben wurde, wieso sucht der Orden dann nach einem weiteren Horkrux? Gibt es mehr als einen? Oder sind die Dinger recyclebar?“

„Da haben Sie gut aufgepasst“, bemerkte Rennoc, was ihr mehr denn je den Eindruck vermittelte, hier eine Schulstunde abzusitzen. „Und nein, jeder Horkrux besteht nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem sein Erzeuger entweder stirbt, oder aber der Horkrux zerstört wird.“

„Mh“, machte Luciana nachdenklich, „aber wenn man einen Horkrux zerstört, sucht sich der Seelenteil, der darin liegt, dann nicht einen neuen Wirt? Heißt das, es laufen bald mehrere von Voldemorts Sorte herum?“

„Das kann ich, zum Glück, wieder nur verneinen“, antwortete der alte Mann und schien von dem Gedanken der multiplen Schwarzen Führer gar nicht angetan. „Wenn es gelingen sollte die Horkruxe zu zerstören, kehrt der Teil Seele zurück in den Körper des Magiers, der ihn hergestellt hat. Dieser Umstand birgt gleich zwei äußerst unangenehme Konsequenzen für ihn: Erstens bringt ihn das, selbstredend, wieder einen Schritt an die endgültige Sterblichkeit heran und für den zweiten Punkt bedarf es einer ausführlicheren Erklärung … Das magische Ritual einen Horkrux herzustellen verlangt einen Preis, wie es so oft bei den Dunklen Künsten der Fall ist. Seine Seele zu spalten bedeutet gleichermaßen ein Bruchstück seiner Selbst wegzusperren, was den Magier ohne jeden Zweifel in seinen Grundfesten verändert. Da jeder Mensch verschieden ist, wird sich die Seelenspaltung immer ein wenig anders auswirken, doch um es Ihnen eine Spur deutlicher zu machen …“ Auch hier legte Rennoc eine Kunstpause ein und drehte sich dann zu ihr, um seine volle Aufmerksamkeit auf sie zu richten. „Wir alle sind, von all unseren gottgegeben Erbmaterialien ausgenommen, eine Summe unserer Erfahrungen und dem Gelernten, was uns tagtäglich umgibt. So formen sich unsere Ansichten, die Art und Weise wie wir leben und die Dinge betrachten und vor allem, welche Entscheidungen wir für uns treffen und wir die Lebewesen um uns zu behandeln pflegen. Entscheidet man sich dazu, mit einem Horkrux ein Teil von sich zu trennen, so geht auch ein Stück all dieser individuellen Eigenschaften mit ihm. Man verändert sich, ohne sich dessen bewusst zu sein, da nun wichtige Bausteine der Persönlichkeit fehlen um dies reflektieren zu können. Was mich nun zu dem zweiten Teil der unangenehmen Konsequenzen bringt: Kehrt der Seelenteil wieder, setzen sich die fehlenden Bausteine erneut zusammen. Und da es sich bei der Seele um ein im höchsten Maße fragiles Erzeugnis handelt, führt dieser Prozess über kurz oder lang in den Wahnsinn.“

„Soweit ich das mitbekommen habe, scheint die Sache mit dem Wahnsinn beim Schwarzen Führer schon im vollen Gang zu sein“, kommentierte Luciana.

„Schenken Sie mir Glauben, wenn ich Ihnen versichere, dass dieser Zustand noch äußerst ausbaufähig ist.“ Luciana schluckte.

„Und nun ein Themenwechsel, da ich gleich wieder in der Magieforschung benötigt werde“, sagte Rennoc (die Bücher waren mittlerweile wieder alle an ihrem Platz) und setzte sich in Bewegung Richtung seines Schreibtisches. So viel zu dem Plan, etwas über die Arbeit des Ordens herauszubekommen. „Ich wurde gebeten morgen früh einer Exkursion in den Buckingham Palace beizuwohnen.“ Oh, und wieder beim Thema. „Sie haben nicht zufällig Interesse, mich dorthin zu begleiten?“

Am liebsten hätte sie dem alten Bibliothekar die Halbglatze geknutscht, doch stattdessen bejahte sie die Frage, ein wenig zu überschwänglich. Kurz nachdem Sie Treffpunkt und Uhrzeit ausgemacht und sich verabschiedet hatten, rief Rennoc Luciana, die schon wieder im Aufzug stand zu: „Oh Fräulein Bradley!“ Mit einer Hand an der Schiebetür hinderte sie diese am Schließen und schaute Rennoc fragend an. „Professor Snape hat sich nach Ihrem Befinden erkundigt, ich hoffe, es war in Ihrem Sinn ihm Auskunft zu erteilen.“

Als die violett behangenen Türen eingerastet waren, stahl sich ein äußerst breites Lächeln in ihr Gesicht.


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