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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Gestern-Heute-Morgen

von Muggelchen

„Harry! Schön, dass du Zeit gefunden hast. Möchtest du ein Stück Schokolade?“, fragte Remus ihn, nachdem er ihn mit einer Umarmung begrüßt hatte. Harry verstand nicht, warum Remus noch nicht mit Tonks zusammengezogen war und stattdessen weiterhin in dem gemieteten Zimmer über einer Bäckerei wohnte. Das mochte den Vorteil haben, morgens mit dem Duft von frisch gebackenen Brötchen in der Nase aufzuwachen, aber das Zimmer an sich wirkte recht schäbig, obwohl Remus ein ordentlicher Mensch war und alles aus dem Raum herausgeholt hatte, was nur möglich war. Auf einem Tisch bemerkte Harry einen Karton mit etlichen Umschlägen – Briefe, die offenbar darauf warteten, abgeschickt zu werden.

Nachdem Remus ihn mit Schokolade und Tee vollgestopft hatte, fragte Harry mutig: „Sag mal, warum wolltest du dich mit mir allein treffen? Ich meine, du hattest explizit erwähnt ’ohne Sirius’. Warum?“
Bedrückt seufzte Remus, bevor er vorsichtig antwortete: „Harry, das darfst du nicht falsch verstehen. Du hast sicherlich bemerkt, dass Sirius… na ja, er ist…“
„Ja?“, fragte Harry ungeduldig, aber mit einem Lächeln auf den Lippen.
Nochmals seufzte der beste Freund seines Patenonkels, bevor dieser versuchte zu erklären: „Es ist einfach etwas schwierig mit ihm. Er ist… Er hat sich nicht weiterentwickelt – nicht weiterentwickeln können. Es kann ganz schön schwer sein, mit einem 43 Jahre alten Mann umzugehen, der innerlich noch immer um die 20 ist und nur Unsinn im Kopf hat. Sirius lebt manchmal noch in der Vergangenheit, Harry. Als ich mich im Fuchsbau mit ihm unterhalten hatte, hat er dich zwei Mal versehentlich ’James’ genannt und es ist ihm nicht einmal aufgefallen.“

Aufgrund dieser Information musste Harry erst einmal einen Schluck Tee nehmen, während Remus weiter erklärte: „Sirius ist mein bester Freund, aber es tut weh, dass er der Zeit nicht folgen kann, Harry. Er versteht nicht, dass du und Severus miteinander umgehen könnt – und vor allem miteinander auskommen wollt. Es wundert mich ehrlich gesagt etwas, dass er keine Späße mehr mit ihm treibt, aber ich bin natürlich froh darüber. Du hast selbst bemerkt, Harry, wie Sirius sich noch immer gegenüber Severus verhält. Er benimmt sich so schon selten erwachsen, aber wie sollte er auch anders sein? Durch seine Zeit in Askaban war er dazu gezwungen, in der Vergangenheit zu leben – sich von seinen Erinnerungen zu nähren. Soweit er mir erzählt hat, war es hinter dem Schleier nicht anders. Er lebte durch seine Erinnerungen in der Vergangenheit, um überhaupt am Leben zu bleiben und plötzlich ist er wieder hier und es sind erneut sechs Jahre vergangen. Sechs Jahre, in denen sein Verstand sich wieder nicht entwickeln konnte. Er hat mir anvertraut, dass er die ersten Wochen, wenn er morgens im Bad war, minutenlang nur so da stand und sich fragte, ob der alte Mann im Spiegel tatsächlich er wäre.“

So hatte Harry die Situation noch nie gesehen. Er war ĂĽberglĂĽcklich, dass Sirius am Leben war und er hatte sich gefreut, dass er mit ihm so gut auskam. Nachdem, was Remus ihm gerade offenbart hatte, verstanden sie sich so nur prima, weil Sirius im Geiste genauso alt war wie er selbst.

„Und er hat von mir erzählt und mich dabei James genannt?“, fragte Harry nach einem Augenblick mit betrübter Miene nach, woraufhin Remus nickend bejahte.
„Das ist der Grund, warum er heute lieber nicht mit dabei sein sollte, wenn du etwas über Severus erfahren möchtest. Er würde uns nur mutwillig stören“, erklärte Remus bedrückt. „Darum schwelgt er auch ständig in Erinnerungen an unsere Schulzeit und wie er“, Remus verbesserte, „wie wir Severus auf den Arm genommen haben, denn er hat ja nichts anderes. Verzeih ihm, Harry. Er kann einfach nichts dafür“, flehte Remus regelrecht.

Still begann Harry zu weinen, doch Remus bemerkte seine Tränen und nahm ihn in den Arm. Nach einer Weile hatte Harry sich beruhigt und Remus fragte aufmunternd: „Was genau möchtest du denn über Severus wissen? Etwas Bestimmtes oder…?“
„Warst du in meine Mutter verknallt?“, fragte Harry abrupt.
Wieder kroch eine verräterische Röte über Remus’ Wangen, bevor dieser mit einem Augenzwinkern und verträumter Stimme zugab: „Ja schon, aber wer war das nicht?“
Dann kam Harry etwas in den Sinn, weshalb er fragte: „Und Severus?“
Remus lachte einmal laut auf, bevor er antwortete: „Ich weiß es nicht, Harry, wirklich nicht. Es ist möglich, aber ich sagte ja bereits, dass wahrscheinlich jeder Junge ein Auge auf sie geworfen hatte. Sie war ein beliebtes Mädchen: verständnisvoll, liebenswert, vorurteilslos.“
„Du kommst ins Schwärmen“, sagte Harry weniger ernst, was Remus zum Lachen brachte.

Aus seinen Tagebüchern hatte Remus einige Ereignisse vorgelesen, die mit Severus zu tun hatten. Es machte Harry stutzig, dass Severus fast an jeden Tag irgendeinem Streich ausgesetzt gewesen war, weshalb er fragte: „Ihr habt ihm wirklich jeden Tag die Hölle heißgemacht?“
Bereuend schilderte Remus: „Na ja, in den ersten beiden Jahren schon. Ab dem dritten Jahr hat er gelernt, uns aus dem Weg zu gehen, was ihm nicht immer gelungen war. Aber wie du ja aus dem, was ich vorgelesen habe, ersehen kannst, hat er sich recht häufig wehren können. Er war ja nicht hilflos! Severus hatte eine Menge Flüche drauf, von denen wir noch nie was gehört haben.“
„Warum er?“, stocherte Harry.
Remus schien um eine Antwort verlegen und letztendlich sagte er nur: „Wahrscheinlich nur, weil er anders war.“ Ganz leise fügte Remus hinzu: „Ich war so froh, dass ich nicht derjenige gewesen war.“

In Gedanken zog Harry einen Vergleich zu Luna, die ständig von ihren Mitschülern gehänselt worden war. Man hatte ihre Sachen weggenommen und versteckt, so dass sie Ende des fünften Schuljahres nicht einmal mehr ein paar Schuhe zum Anziehen hatte und barfuss gehen musste – und das alles nur, weil sie anders war.

Plötzlich fühlte Remus sich dazu genötigt, sich rechtfertigen zu müssen, denn er sagte mit erregter Stimme: „Das war nicht so, dass mir das alles Spaß gemacht hätte, Harry! Ich war immerhin Vertrauensschüler und habe nichts getan, um die beiden zu bändigen. Sie haben immer weiter auf ihm rumgehackt und ich… ich war nur froh, dass es mir nicht so ging wie ihm. Ich war froh, dass man mich akzeptierte und dass ich Freunde hatte.“ Remus hielt inne und schloss die Augen, um sich zu beruhigen, aber die zitternden Lippen zeugten von seiner Aufgewühltheit.

Ein komisches Gefühl in der Bauchgegend machte sich bei Harry breit. Er wusste, dass Remus als Werwolf schon früher wie auch noch heute enorm viele Hürden zu bewältigen hatte, weil er gesellschaftlich nicht anerkannt war. Schniefend sagte er kaum verständlich: „Die Schulzeit war die schönste Zeit in meinem Leben! Vorher und nachher… hatte ich nur Probleme. Niemand gab mir einen Job und heute sieht das nicht anders aus. Nur Probleme, Harry. Nur…“ Remus schluchzte ein einziges Mal, während Harry ihm bereits eine Hand auf die Schulter legte, um ihn zu trösten. Er wollte wirklich nicht mit seinem Besuch diese ganzen Gefühle aufwallen lassen.

Die Tagebücher legten sie zur Seite, ohne dass Harry brauchbare Informationen erhalten hatte, aber Remus versicherte ihm, dass sie sich später ja noch einmal treffen konnten. Sie sprachen noch eine Weile über alles Mögliche miteinander, nur nicht über die Vergangenheit. Als Harry sich am Abend verabschiedete, hielt Remus ihn noch einen Moment auf. Er kramte in der Kiste, die Harry gleich nach dem Betreten der Wohnung aufgefallen war. Remus fand, was er suchte, denn er zog zwei Briefe heraus und gab sie ihm mit den Worten: „Wenn ich dich eh schon persönlich sehe: Für dich und Sirius! Macht sie Zuhause gemeinsam auf, ja?“

Harry ließ sich von Remus’ breitem Grinsen anstecken, als er die Briefe in der Innentasche seines Umhangs verschwinden ließ und zum Kamin ging.

„Sirius? Bist du da?“, rief Harry im Wohnzimmer stehend.
Sein Patenonkel stürmte aus seinem Schlafzimmer heraus und sagte fröhlich: „Harry, mein Guter! Was gibt’s? Wo warst du?“
Harry würde seinem Patenonkel nicht erzählen, dass er fünf Stunden mit Remus verbracht hatte, weshalb er log: „Ich war unterwegs und habe zum Schluss bei Remus vorbeigeschaut. Er hat uns was mitgegeben!“ Er zog die beiden Briefe aus seinem Umhang hervor und gab Sirius den mit dessen Namen darauf.

Auf der Couch sitzend öffnete jeder für sich den Brief und las. „NA ENDLICH!“, schrie Sirius verzückt. Es handelte sich um eine Einladung zur Verlobung von Nymphadora und Remus. „Oh, das wird ein Spaß werden! Wollen wir zusammen die Braut entführen, Harry?“, fragte Sirius mit einem Schalk im Nacken.
Doch Harry winkte ab und fragte: „Willst du das Remus wirklich antun? Ich meine, überall dort, wo wir waren, für uns die Zeche bezahlen zu müssen? Ich mag es lieber gemütlich!“ Remus würde seine Braut nie wieder bekommen, wenn er dafür zahlen müsste, denn der Mann hatte kaum Geld.

Auch Remus saß Zuhause auf seiner Couch und war in Gedanken versunken. Er dachte an die Schulzeit, wo er immer einen vollen Bauch gehabt hatte. Und er dachte an seine Freunde: an Lily, James und Sirius. Selbst mit Peter hatte es früher immer Spaß gemacht, bevor man dessen Kopf mit wahnwitzigen Ideen verdreht hatte. Aber er dachte auch an die Streiche, die sie Severus ständig gespielt hatten. Streiche, die bei Remus heute immer häufiger ein unangenehmes Gefühl auslösten und ihn bereuen ließen, sie jemals begangen zu haben. Viele der Streiche waren definitiv zu weit gegangen, denn sie waren ausgesprochen demütigend gewesen. Von Harry waren Sirius und er einmal zurechtgewiesen worden, weil der erfahren hatte, wie sie früher mit Severus umgegangen waren. Für Remus war es irgendwie ein gutes Gefühl gewesen, für seine Taten, wenn auch reichlich verspätet, endlich mal eine Standpauke über sich ergehen lassen zu müssen. Keiner von beiden hatte Harry erzählt, wie diese eine Erinnerung, die Harry gesehen hatte, ausgegangen war, denn sonst hätte er ihnen im Nachhinein bestimmt noch die Ohren lang gezogen. James hatte Severus vor versammelter Schülerschaft die grauen Unterhosen ausgezogen. Danach war der noch für viele, viele Wochen das Gespött der ganzen Schule. Erst vier Tage nach dem Vorfall, nachdem Remus geträumt hatte, man würde dasselbe mit ihm machen, hatte er verstanden, wie verletzend und peinlich dieser Vorfall für Severus gewesen sein musste.

Einmal hatte ihr Lieblingsopfer Remus allein abgefangen, als er abends gerade das Bad der Vertrauensschüler verlassen hatte. Severus hatte ihm bedeutet stehenzubleiben, bevor er mit ruhiger und damals schon recht tiefer, bedrohlich wirkender Stimme gesagt hatte: „Du bist Vertrauensschüler! Meinst du, du hast diese Ehre verdient?“ In diesem Moment hatte Remus Angst gehabt; Angst davor, dass Severus ihn verhexen oder zusammenschlagen würde oder ihm auf andere Art und Weise heimzahlen würde, ihm nie beigestanden zu haben. Stattdessen wartete Severus seelenruhig auf eine Antwort, aber die wollte Remus’ Lippen einfach nicht verlassen. Sichtlich enttäuscht war der schwarzhaarige Slytherin nach einigen Minuten des Schweigens gegangen, ohne ihm ein Haar gekrümmt zu haben.

Er überraschte sich selbst, als er zu den Einladungskarten hinüberging und eine der wenigen leeren herauszog. Remus verzichtete auf den Standardtext, der in allen Einladungen stand und schrieb das, was ihm in den Sinn kam. Die Karte schob er in den Umschlag, bevor er die Adresse drauf schrieb und sie zu den anderen Umschlägen steckte, die Morgen mit den Posteulen rausgehen sollten.

Es war ein regnerischer Tag. Immer wieder verdunkelte sich der Himmel. Kilometerlange Blitze schossen senkrecht oder waagerecht aus den Wolken heraus. Das Grollen war so laut, dass Draco seinen Patenonkel mehrmals auffordern musste, sich zu wiederholen. Severus erhob die Stimme und sagte: „Ich habe gesagt, dass es taktisch unklug sein könnte, deinem Vater von dir und Miss Bones zu berichten!“
Draco verzog das Gesicht. Er wusste genau, dass sein Vater in die Luft gehen würde. Mutig antwortete er: „Lass das nur meine Sorge sein!“

Im Ministerium angekommen ging es ohne Severus nach Askaban. Draco hatte die Erlaubnis erhalten, seinen Vater in dessen Zelle besuchen zu können. Dass Susan dabei ihre Hände im Spiel hatte, roch man Meilenweit.

„Vater!“, sagte Draco erleichtert, nachdem er die Zelle betreten hatte.
„Draco, komm her“, erwiderte Lucius mit Heiterkeit in der Stimme, als er sich mit leerem Blick in die Richtung drehte, aus der er Dracos Stimme vernommen hatte. Er öffnete einladend seine Arme. Draco wartete nicht und rannte wie ein Kind, das gerade aus Hogwarts zurückgekommen war, in Vaters Arme. Eine Weile sagten sie nichts und Draco genoss die innigste Geste, die sein Vater ihm zu schenken bereit war. Sie standen nur da und umarmten sich. Lucius roch an den Haaren seines Sohnes. Ihn würde er unter tausenden Menschen am Duft erkennen können, aber er würde das natürlich niemals sagen. Es gab keine sentimentalen Männer in der Familie Malfoy.

Die Nähe zu seinem Vater, als sie sich beide auf die Pritsche gesetzt hatten, verängstigte Draco etwas. Würde er ihm beichten, dass er mit Susan Bones eine Beziehung eingegangen war, wäre es für seinen Vater ein Leichtes, ihm an die Gurgel zu gehen. Abstand konnte er jedoch nicht gewinnen, denn immer, wenn er etwas weiter weg rückte, rutschte sein Vater mit in der Luft tastenden Händen nach, um die Nähe zu seinem Sohn sicherzustellen. Wenn er auch früher seinem Sohn äußerst selten eine liebevolle Berührung hatte zugutekommen lassen, denn sein eigener Vater hatte ihm beigebracht, dass Kinder ausschließlich von ihren Müttern getätschelt werden sollten, so konnte er sich jetzt aufgrund seiner Blindheit einreden, dass eine vertraute Berührung lediglich ein Ersatz für sein Augenlicht darstellen würde. So nahm Lucius beide Hände seines Sohnes in die seinen und sagte: „Erzähl, mein Sohn! Was geschieht außerhalb von Askaban? Ich bin hier völlig abgeschnitten. Ich kann nicht einmal mehr Zeitungen lesen.“

Draco begann zu erzählen. Er erzählte von allem Möglichen, aber nicht von ihm und Susan. Lucius lachte herzlich auf, als sein Sohn schilderte, wie Severus’ Hund sich an Blacks Bein gerieben hatte, als der gerade seiner Angebeteten ganz cool einen Zauber vorführen wollte. Die Begegnung hatte in einem Desaster geendet, weil Sirius schimpfend wie ein Rohrspatz auf Severus losgegangen war. Er hatte geglaubt, Severus hätte den Hund auf diese Obszönität abgerichtet, um ihn vor seiner Freundin lächerlich machen zu können. Es folgten weitere Geschichten, die allesamt eher langweilig waren, aber für Lucius das ultimative Highlight des Monats darstellten.

Nach einer halben Stunde sagte Lucius betroffen: „Ich erinnere mich immerzu daran, wie du aus Hogwarts zurückgekehrt warst und mir all die herrlichen Anekdoten erzählst. Das waren Zeiten.“ Mutig streckte Draco eine Hand aus, um sie auf die Wange seines Vaters zu legen. Das war eine Geste, die im Hause Malfoy höchstens unter Mutter und Sohn geduldet worden war. Erstaunlicherweise beschwerte Lucius sich jedoch nicht, aber Draco bezweifelte sehr, dass Askaban ihn weich gemacht haben könnte.

Mit zittriger Stimme sagte Draco einen Augenblick später: „Ich habe jemanden kennen gelernt, Vater!“
Lucius ergriff strahlend die Hand seines Sohnes und tätschelte sie, als er sehr zugetan schwärmte: „Draco! Das ist ja wundervoll! Ich bin so froh, dass die Malfoys nicht mit dir enden werden. Kenne ich die junge Dame?“
Draco schluckte, bevor er antwortete: „Ja, du kennst sie. Ich denke, du kannst sie auch ein wenig leiden.“
Lucius lachte und erklärte: „Natürlich kann ich sie leiden! Eine Reinblüterin, die meinem kleinen Draco das Herz gestohlen hat. Wer ist es? Sag schon!“

Ein kalter Schauer lief Draco über den Rücken. Sein Vater ging davon aus, dass seine jahrelange Erziehung gefruchtet hatte; dass die von ihm vermittelte Ansicht der gesellschaftlichen Grenze zwischen reinblütig, reich und mächtig und muggelstämmig, arm und bedeutungslos unumstritten seinem Sohn in Fleisch und Blut übergegangen sein musste. Draco hielt beide Hände seines Vaters ganz fest, um zu verhindern, von ihm geschlagen zu werden.

Leise, fast unverständlich gestand Draco seinem Vater: „Sie ist die Einzige, die mich so sieht, wie ich bin, Vater. Sie macht sich nichts aus meinem Namen oder meinem Vermögen.“ Sein Vater lächelte noch immer und drückte ermutigend mit seinen Händen die seines Sohnes, als wollte er die Antwort aus ihm herauspressen. Draco holte tief Luft und bekannte mit flüsternder Stimme: „Es ist Miss Bones!“

Zunächst gefror das Lächeln auf Lucius’ Gesicht, bevor es langsam verblasste. Draco ließ die Hände seines Vaters nicht los, sondern drückte nur noch fester zu. Er wollte, dass sein Vater etwas sagte. Irgendetwas!

Mit einem Male wollte sich Lucius befreien. Er stand auf und schüttelte seine Hände, die Draco noch immer ganz fest hielt.

„Lass los, du undankbarer… Reicht es nicht, mich ein Mal enttäuscht zu haben? Musst du jetzt auch noch…“, sagte Lucius stockend, laut und wild schnaufend, während er kräftig mit den Armen zu rudern versuchte. Sein Sohn ließ nicht los. Zu groß war die Angst vor einer Ohrfeige seines Vaters, die immer schmerzhaft gewesen waren. Das vorhin noch so fröhliche Gesicht wurde immer roter und war bereits durch Zornesfurchen zu einer hässlichen Fratze entstellt. Lucius war wütend auf seinen Sohn und er wollte ihn von sich schütteln als wäre er Schmutz auf seinen Händen. Beide stolperten durch die kleine Zelle; Lucius, weil er nichts sehen konnte und Draco, weil er ihm zu folgen versuchte. Er wollte seinem Vater klar machen, dass die Familienbande eine der wichtigsten Dinge im Leben waren. Er wollte seinen Vater nicht los lassen.

„Vater, bitte hör mir zu!“, flehte Draco.
Sein Vater hingegen machte sich mit dröhnender Stimme Luft: „Was bist du nur für ein abscheulicher Sohn! Schämen solltest du dich! Du warst alles, was ich noch hatte und jetzt? Du bist verabscheuungswürdig… Du… DU BLUTSVERRÄTER!“

Lucius hatte seine Hände befreit und holte weit aus. Er traf seinen Sohn mitten ins Gesicht. Sich die Nase haltend ging Draco zu Boden. Sich seiner Blindheit beugend entschloss sich Lucius dazu, nicht nach Draco zu suchen, um ihn zu schlagen. Er torkelte stattdessen wild schnaufend hinüber zu seiner Pritsche und hielt sich währenddessen eine zitternde Hand an die Stelle, an der sein Herz wie wild pochte.

Am Boden verweilend beobachtete Draco seinen Vater mit wehmütigem Gesichtsausdruck. Das Blut, das ihm aus der Nase über den Mund lief und am Kinn tropfenweise auf sein Seidenhemd fiel, beachtete er nicht. Sein Vater hatte sich nicht beruhigt, aber er verhielt sich ruhig. Er saß nun fast regungslos auf seinem Bett. Einzig sein aufgeregtes Atmen verrieten die Gefühle, die sich in ihm ausgebreitet hatte. Draco hatte ihn zutiefst enttäuscht.

„Vater?“, fragte Draco bittend.
Sich zusammenreißend erwiderte Lucius kühl und formell klingend: „Ich möchte nicht mehr, dass du mich besuchst. Ich möchte auch keine Geschenke mehr von dir. Geh jetzt und trete mir ja nicht mehr unter die Augen!“ Draco hätte es leichter ertragen können, wenn sein Vater ihm das Herz herausgeschnitten hätte.
Sich vom Boden erhebend sagte Draco: „Vater, ich…“
Er wurde jäh unterbrochen, als Lucius brüllte: „Was muss ich denn sagen, damit du verstehst? Hat dich der Einfluss von Muggeln schon begriffsstutzig gemacht, dass du einfache Sätze nicht mehr zu deuten weißt? Verschwinde und bleib fern!“
All seinen Mut zusammennehmend sagte Draco bestimmend: „Nein Vater, du hörst mir zu!“

Sein Vater warf ihm übermütig ein fieses Grinsen zu und sagte giftig: „Was kommt jetzt? Die Beichte, dass du deine Blutschande bereits begangen hast? Ist etwa ein Balg unterwegs? Du und dein Halbblut bekommt nichts von mir! Und wage es niemals, mir aus dieser entehrenden Verbindung auch nur ein Gör zeigen zu wollen!“ Die Worte klangen gefährlich. Boshaft fügte Lucius hinzu: „Dann gehe ich auch recht in der Annahme, dass Miss Bones dir von dem gesundheitlichen Zustand der Malfoys berichtet hat. Diese… Das wird ein Nachspiel haben!“
Erbost schimpfte Draco: „Du wolltest es mir niemals sagen! Du warst viel zu stolz um zuzugeben, dass die Malfoys und viele andere sogenannte Reinblüter einige Probleme mit ihrem Erbgut haben. Nicht einmal deinem eigenen Sohn wollest du eine Chance geben, sein Augenlicht zu behalten!“
Verletzend entgegnete sein Vater: „So, wie sich die Situation entwickelt hat, würde ich meinen, du hättest es verdient!“

Dieses Mal ließ sich Draco nicht von seinem Vater das Wort abschneiden, als er von Gefühlen übermannt erklärte: „All dein Geld bedeutet mir nichts, Vater! Weiß du, was mir was bedeutet? Was mir wirklich was bedeutet? Familie bedeutet mir was! Und nicht nur die Familie, die ich vielleicht eines Tages selbst haben werde, sondern besonders die Familie, aus der ich stamme. Vater, du bedeutest mir so viel!“

Es hatte ihn tief getroffen, dass sein Sohn keine Reinblüterin auserkoren hatte. Bestürzt sagte Lucius daher: „Ich habe keine Frau mehr und nun… nun habe ich auch keinen Sohn mehr!“ Die Worte brachen Draco das Herz. Lucius ignorierte seinen Sohn und sagte nichts mehr.
Den Moment der Stille nutzte Draco, um seinem Vater die Wahrheit zu sagen – um seinen einzigen Trumpf auszuspielen, der ihn zur Räson bringen könnte: „Vater?“ Er wartete einen Augenblick, doch als er noch immer ignoriert wurde, fügte Draco hinzu: „Ich habe Mutter gefunden!“

Aus reinem Instinkt hob Lucius den Kopf, als wolle er in dem Gesicht seines Sohnes eine Lüge ausfindig machen, doch es war ihm schon lange nicht mehr möglich, die Feinheiten in Gesichtszügen deuten zu können. Erneut von Zorn übermannt, als würde er mit einem fiesen Trick rechnen, knurrte er: „Wenn du denkst, mit so einem Märchen könntest du die Situation…“
Draco unterbrach ihn und sagte mit ernster Stimme: „Es ist wahr, Vater! Es ging durch alle Zeitungen. Ich habe Mutter gefunden! In einem durch den Fidelius-Zauber verborgenen Haus auf dem Hogwarts-Gelände. Sie ist bei Severus und mir in Hogwarts und es geht ihr soweit gut.“

Mit Erleichterung hatte Draco während seiner Worte beobachtet, wie sein Vater mit den Tränen kämpfte, denen er am Ende nachgeben musste, denn diese Offenbarung überwältigte ihn schonungslos. Niemals hatte er seinen Vater weinen sehen, denn ein Malfoy weinte nie! Schluchzend versuchte Lucius seine Schwäche mit zitternden Händen zu verbergen, aber die Tränen strömten bereits kaskadenartig über die hohen Wangenknochen hinunter zum spitzen Kinn.

Sich der Tränen nicht mehr schämend sagte Lucius mit gebrochener Stimme: „Wenn das wahr ist, dann will ich sie…“
Mit kühlem Slytherin-Verstand nutze Draco diese Gelegenheit, seinem Vater eine Sache zu verdeutlichen: „Du wirst sie nie mehr sehen können, Vater. Nicht, wenn du dir nicht selbst eingestehst, dass unser Blut zwar rein, aber gleichzeitig auch verdorben ist!“

Draco wandte sich von ihm ab und ließ ihn allein. Wenn er eine Chance haben wollte, seinen Vater zur Vernunft zu bringen, dann musste er jetzt sofort gehen. Seine Worte durften ihre Wirkung nicht verfehlen, denn eine zweite Möglichkeit würde sich nie mehr bieten. Seine Mutter war der einzige Trumpf, den er gegen seinen Vater ausspielen konnte.


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