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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Alle Karten auf den Tisch

von Muggelchen

Nach dem Spaziergang mit dem Hund hatte Severus seinem jungen Kollegen angeboten, zum Frühstück zu bleiben und Harry hatte angenommen. Während Harry die Schale von einem hart gekochten Ei entfernte – mit den Fingern, anstatt mit dem Zauberstab, weshalb Severus sich ein Augenrollen nicht verkneifen konnte –, fragte er ihn: „Sagen Sie, Harry, sind Sie in der ganzen Zeit mal wieder mit Ihrem Problem konfrontiert worden, keine Menschen mehr sehen zu können?“
Den Kopf schüttelnd verneinte Harry, bevor er sagte: „Schon lange nicht mehr. Schade eigentlich, wo ich beim letzten Mal schon geglaubt hatte, ich könnte es irgendwie beeinflussen.“
Severus nahm einen Schluck Tee, bevor er entgegnete: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Phänomen sich in Luft aufgelöst haben soll. Probieren Sie ruhig mit etwas Konzentration, ob Sie so einen Vorfall reproduzieren können und halten Sie mich auf dem Laufenden. Wenn Sie das tatsächlich eines Tages unter Kontrolle hätten, wäre es sehr interessant, wie der Farbtrank von Hermine bei Ihnen aussehen würde.“
„Ich werde es versuchen“, versprach Harry.

Den Klassenraum hatte Harry schon eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn betreten, um einige Vorbereitungen zu treffen, doch er war nicht lange allein. Ein Schüler klopfte an die offen stehende Tür und Harry bat ihn gleich darauf hinein. Es war einer der Erstklässler, ein Ravenclaw mit dem Namen Linus Korrelian, der zurückhaltend eintrat.

„Was kann ich für Sie tun, Mr. Korrelian?“
„Ich“, der Junge stockte, „wollte fragen, ob ich…“ Er hielt inne und fummelte eine Karte aus seiner Brusttasche, die er Harry entgegenhielt, während er sagte: „Ob ich wohl um ein Autogramm bitten dürfte?“
Es schwang gleichermaßen Angst und Hoffnung in der Stimme des Schülers mit, so dass Harry nur freundlich lächeln konnte, bevor er fragte: „Was ist das?“
Enthusiastisch erklärte Linus: „Das sind die neuen Schokofroschkarten aus dem Spiel!“
„Ach ja, die sollten ja Oktober herauskommen. Wie die Zeit vergeht“, sagte Harry, als er die Karte in die Hand nahm. Er drehte die Karte um und überflog seine Eigenschaften. ’Zaubertränke: 70%? Moment, das waren doch vorher noch 90% gewesen!’, dachte sich Harry. „Was soll ich draufschreiben?“, fragte er den Schüler, der gleich darauf seine Wünsche preisgab.

„Danke, Professor Potter! Vielen Dank!“, sagte Linus begeistert, als er sich die Unterschrift seines Lehrers auf der Spielkarte anschaute. „Sagen Sie, würden Sie mir vielleicht einen Gefallen tun?“, fragte Linus unverhofft.
„Was könnte ich Ihnen schon für einen Gefallen erweisen?“, fragte Harry verdutzt, weshalb Linus ihm eine weitere Spielkarte vor die Nase hielt. ’Soll ich noch eine unterschreiben?’, fragte sich Harry in Gedanken, doch die Frage konnte er selbst verneinen, als er eine Karte von Severus in der Hand hielt.
„Würden Sie vielleicht Professor Snape fragen, ob er für mich unterschreiben könnte?“, fragte Linus kleinlaut.
„Oh nein“, winkte Harry höflich ab, „darum bitten Sie ihn doch lieber selbst.“ Er hörte Linus laut schlucken, so dass er anfügte: „Ich bin mir sicher, dass er Ihnen nicht den Kopf abreißen wird, es sei denn, Sie fragen ihn während des Unterrichts. Dann kann selbst ich nicht mehr dafür garantieren, aber Scherz beiseite, bitten Sie ihn persönlich und wenn er verärgert reagieren sollte, dann sagen Sie ihm ruhig, dass ich Sie dazu angestiftet habe.“ Linus nickte und nahm bereits auf seinem Stuhl Platz, um auf den Unterrichtsbeginn zu warten.

Nach seinem Unterrichtstag ordnete Severus einige Gläser mit Zutaten, die unachtsame Schüler falsch in die Regale eingeräumt hatten, als es plötzlich klopfte. Nach einem lauten „Herein“ trat Linus Korrelian ein und er schien sehr aufgeregt zu sein, was andererseits völlig normal war, wenn ein Schüler mit ihm reden wollte.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Korrelian?“, fragte Severus distanziert.
Schüchtern trat der Erstklässler an ihn heran, bevor er ihm etwas reichte und derweil fragte: „Ich wollte Sie um ein Autogramm bitten, Sir.“
Unerwarteter konnte das Anliegen des Schülers wirklich nicht sein, dachte Severus, der eine frisch gedruckte Karte mit seinem Bild in der zitternden Hand des Schülers erblickte, bevor er fragte: „Und warum wollen Sie die Karte mit Tinte beschmieren lassen?“
Sofort zog der Schüler die Spielkarte zurück und blickte zu Boden, bevor er mutig erklärte: „Ich sammle die Karten und wenn möglich auch die Autogramme der bekannten Zauberer und Hexen. Es ist nur ein Hobby von mir, Sir.“ Als sein Lehrer nichts erwiderte, sagte Linus entmutigt: „Tut mir Leid, wenn ich Sie damit belästigt habe, Professor Snape.“
„Geben Sie schon her!“, sagte Severus grantig, denn in seinem tiefsten Innern fühlte er sich von der Bitte dieses Schülers geehrt. Immerhin war Mr. Korrelian so mutig gewesen, überhaupt an ihn heranzutreten.
„Könnten Sie schreiben…“
„Auch noch Wünsche! Reicht eine simple Unterschrift etwa nicht aus?“, stichelte Severus und der Schüler gab letztendlich nach. Eine einfache Signatur genügte ihm.
Die unterzeichnete Spielkarte gab Severus an Linus zurück, der sich gleich darauf überschwänglich bedankte, indem er vor Freude strahlend sagte: „Danke, Sir. Vielen Dank! Ich habe am Montag gegen drei Gryffindors gewonnen, als ich Ihre Karte ausgespielt habe und…“
„Sehr schön, wenn Sie sich jetzt bitte aus dem Klassenraum entfernen würden?“, unterbrach Severus grob, doch das Lächeln auf dem Gesicht des Schülers verschwand trotz des harschen Tonfalls nicht.

Hermine und Remus waren an heutigen Tag mit Severus äußerst vorsichtig umgegangen, doch diese Übervorsicht schien unangemessen zu sein. Severus hatte die gestrige Unterhaltung und die angespannte Situation nicht mehr angesprochen. Harry suchte ohne Vorankündigung die drei auf und er lenkte das Gespräch auf den Schüler, dem er heute ein Autogramm gegeben hatte, weil er diese Neuigkeit unbedingt loswerden wollte.

Remus amüsierte sich darüber sehr und sagte scherzend eingeschnappt: „Mich hat noch keiner um ein Autogramm gebeten.“
„Kommt bestimmt noch“, versicherte Harry freundlich.
Hermine schlug plötzlich vor: „Wir könnten es doch mal zusammen spielen!“
Von dieser Idee war Harry völlig begeistert und er sagte in die Runde: „Ja, wir vier! Severus macht sicher mit oder?“
Severus schüttelte den Kopf und entgegnete: „Ich werde mit so einem albernen Spiel nicht meine Zeit vergeuden.“
Nörgelnd sagte Hermine zu Remus und Harry: „Aber wenn wir nur zu dritt sind, muss jeder für sich allein spielen. Es macht mehr Spaß, wenn man Spielerpaare bilden kann.“
„Dann suchen wir uns einen vierten Spieler“, schlug Harry sofort vor.
Hermine blickte zu Severus hinüber, der zwar etwas abseits stand, die Unterhaltung jedoch trotz vorgetäuschten Desinteresses verfolgte, so dass sie berechnend zu Harry sagte: „Dann werde ich wohl mit Sirius zusammen spielen müssen, wenn Severus nicht möchte.“
Wie erwartet kam der erhoffte Einspruch, als Severus fragte: „Für wann haben Sie denn einen Termin ins Auge gefasst?“

Im St. Mungos erwachte Lucius von allein und als er die Augen öffnete, sah er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein paar schattige, konturenlose Umrisse. Rechts von ihm bemerkte er ein helleres Quadrat, welches das Fenster sein musste, an dem er so gern saß. Völlig begeistert von diesem kleinen Erfolg stürzte er sich auf Schwester Marie, die gerade ins Zimmer gekommen war und berichtete ihr: „Ich kann Schatten sehen! Endlich geht es voran und ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.“
Hörbar freute sich Schwester Marie mit ihm und sagte: „Das freut mich wirklich, Mr. Malfoy.“ Sie wagte es, ihn kurz zu umarmen und er erhob keine Einwände, denn der Moment war zu erfreulich, um sie zurechtweisen zu wollen. Dann sagte sie gut gelaunt: „Ich werde Professor Puddle davon berichten. Vielleicht kann man jetzt schon mit dem Spendermaterial beginnen und diese qualvolle Zeitumkehrer-Behandlung hat für Sie endlich ein Ende!“

Nach einem kurzen Smalltalk fragte Lucius: „Ich habe schon lange nicht mehr deswegen gefragt, aber das Schicksal meines teilnahmslosen Zimmergenossen interessiert mich noch immer. Haben Sie bereits etwas herausbekommen können oder…“
Sie unterbrach ihn freundlich und erklärte: „Nein, immer noch das gleiche Problem. Keine Hinweise, keine Angehörigen und keine Genehmigung für Legilimentik. Er sagt nichts und reagiert auf nichts. Vielleicht bleibt das für immer so, aber wer weiß das schon?“
„Sie haben Mitleid mit ihm?“, fragte Lucius etwas erstaunt. Nachdem sie bejaht hatte, sagte er: „Aber Sie wissen doch überhaupt nichts von diesem Mann. Was, wenn er ein Mörder ist und schlimme Dinge getan hat?“
„Der schlimmste Mensch kann nach einem schweren Schicksalsschlag ein bemitleidenswertes Wesen werden, Mr. Malfoy. Ich werde Ihren Zimmergenossen jedenfalls nicht im Vorfeld als potenzielle Bestie abstempeln, nur weil es die klitzekleine Möglichkeit gäbe, dass er eventuell schlimme Dinge getan haben könnte. Eine Meinung kann ich mir immer noch bilden, wenn wir endlich Neuigkeiten über ihn hätten, aber ich werde ihn nicht einfach vorverurteilen“, erwiderte Marie gelassen, denn es war ihre tatsächliche Einstellung.
„Ich kann es gar nicht erwarten, ihn mit meinen eigenen Augen sehen zu können. Natürlich habe ich mir in Gedanken ein Bild aufgrund Ihrer Beschreibung gemacht und es interessiert mich brennend, wie sehr das Bild in meinem Kopf dank meines Vorstellungsvermögens mit dem Original übereinstimmt“, sagte Lucius voller Hoffnung. Er würde bald sehen können, was für ihn bedeutete, dass er seine Frau bald sehen würde.

„Schwester Marie, kommen Sie doch bitte mal ans Fenster“, bat Lucius und sie kam seiner Bitte nach. Als sie bei ihm war, nahm er sie an den Oberarmen und rückte sie in eine bestimmte Position, bis das Tageslicht auf sie fiel und er feststellte: „Sie sind kleiner als ich.“
Er musste ihre Silhouette erkennen, weshalb sie lächelnd bestätigte: „Ja, ungefähr einen Kopf kleiner, Mr. Malfoy.“
Sie beobachtete seine viel zu hellen, grauen Augen, die etwas zittrig, weil sie nichts fixieren konnten, über ihr Gesicht schweiften, bevor er sagte: „Sie haben dunkle Haare.“ Wieder bejahte sie seine Aussage, woraufhin er hinzufügte: „Und ich erkenne das helle Häubchen auf Ihrem Haupt.“ Er lächelte zufrieden, auch wenn er nur Grautöne sehen konnte, doch immerhin hatte sich ihre Haarfarbe von ihrer Gesichtsfarbe für ihn bereits deutlich unterschieden und auch die weiße Haube der Schwesterntracht hatte er aufgrund des farblichen Unterschieds erkennen können. „Ich danke Ihnen, Schwester Marie.“

Am Sonntag, zwei Tage nach dem Vollmond im Oktober, hatte Harry drei seiner Freunde zum Kartenspielen eingeladen. Remus war als Erster gekommen und sah reichlich mitgenommen aus, denn offensichtlich hatte er nach seiner Verwandlung wenig Schlaf finden können. Hermine war gleich im Anschluss eingetroffen und sagte, Severus würde in wenigen Minuten folgen, doch daraus wurde eine Stunde und er war noch immer nicht hier, weswegen Hermine sich dazu entschloss, ihn höchstpersönlich herzuschleifen. Sie öffnete die Tür und erschrak, als ihr Professor vor ihr stand.

Sie ahnte, dass er schon länger vor der Tür gestanden haben musste. Möglicherweise hatte er mit sich gekämpft, doch jetzt konnte er keinen Rückzieher mehr machen. Freundlich sagte sie zu ihm: „Schön, dass Sie da sind. Ich wollte Sie gerade holen. Kommen Sie doch rein, Severus.“

Er trat ein und wurde von Harry und Lupin gegrüßt und es ärgerte ihn jetzt schon, dass Lupin ihm gegenüber so überaus freundlich war und ihn sogar anlächelte. „Etwas zu trinken?“, fragte der Werwolf auch noch zuvorkommend. Bei jedem anderen hätte Severus sofort bejaht, doch nicht bei Lupin.
„Nein, danke“, winkte er ab, doch Hermine zog daraufhin nur die Augenbrauen zusammen.
„Natürlich wollen Sie einen Tee haben“, redete sie ihm ein.
Severus seufzte und sagte resignierend: „Bitte, wie Sie wollen. Dann schenken Sie mir eben gegen meinen Willen einen Tee ein, dann aber bitte einen…“
„Earl Grey, in der hinteren Kanne“, wies Hermine den Werwolf an, der ihm daraufhin einen Tee einschenkte.
Während Remus einschenkte, fragte er nebenbei: „Was denn, Severus, keinen Kaffee? Seit wann Tee?“
„Hermine hat mir zu Albus’ Erleichterung die Feinheiten verschiedener Teesorten nähergebracht und es waren einige annehmbare Geschmacksrichtungen darunter“, antwortete er trocken. Er war eigentlich ein geborener Kaffeetrinker und jeder wusste das.
Harry stöberte derweil in den Spielkarten und zog seine raus, um nochmals die Punkte in Zaubertränken zu überfliegen. Auch hier standen nur siebzig Prozent. „Die haben meine Punkte geändert. In Zaubertränken hatte ich in der ersten Version neunzig Prozent, aber jetzt sind es nur noch siebzig“, nörgelte Harry.
Severus nahm seine Tasse Tee entgegen und antwortete gelassen: „Das mag daran liegen, Harry, dass ich mit meiner Zustimmung für das Kartenspiel auch gleichzeitig meinen Missmut darüber ausgesprochen habe, dass die Angaben auf Ihrer Karte nicht mit der Realität übereinstimmen würden.“
Harry ließ den Mund offen stehen und blinzelte, bevor er nachfragte: „Sie haben denen gesagt, dass ich in Zaubertränken schlechter gewesen wäre?“
Grinsend erklärte Severus: "Ja, habe ich! Als Ihrem ehemaligen Zaubertränkelehrer hat man mir diese Information geglaubt."
Mit zusammengekniffenen Augen blickte Harry seinen dunkel gekleideten Kollegen an und sagte gespielt drohend: „Dafür mach ich Sie fertig!“ Als Severus überrascht aufblickte, grinste Harry, bevor er deutlicher wurde: „In dem Spiel.“

Während der ersten Runde, welche sie bereits eine halbe Stunde zusammen spielten, saßen Hermine und Severus nebeneinander und starrten sich gegenseitig in die Karten, um ihren nächsten Zug zu überdenken. Vorhin hatte Severus seinen Zauberstab aus dem linken Ärmel herausgenommen und ihn neben sich auf die Couch gelegt. Der Stab würde beim Spielen stören, weil er ständig wegen der Karten die Arme angewinkelt halten würde, hatte er erklärt.

Eine Weile lang diskutierte Hermine mit Severus und sagte: „Ich bin dafür, dass wir den Raum einfach sein lassen und uns erst einmal um die Sicherung der Brücke kümmern.“
„Die Brücke? Was wollen Sie denn da schon wieder?“, fragte er verdutzt, weil sie die Brücke vor drei Runden bereits passiert hatten.
„Wir könnten Sie vorübergehend zum Einsturz bringen, so dass keine weiteren Gegner ins Gebäude kommen und…“
Severus unterbrach sie und erklärte: „Die Brücke unbegehbar machen? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wir wissen ja nicht einmal, wie viele Gegner sich bereits auf diesem Grundstück befinden. Was, wenn wir uns selbst den Rückweg abschneiden und wir uns plötzlich mit zwanzig Feinden konfrontiert sehen?“

Hermine zeigte auf eine gläserne Kugel, die über dem Spielbrett schwebte und in welcher grüner Rauch waberte. Eine Ziffer zeichnete sich in dem Rauch ab, die – ähnlich wie ein Würfel – die erlaubte Zuganzahl anzeigte und sie sagte: „Wir dürfen nur zwei Karten ausspielen. Es wäre viel zu gefährlich für uns, mit nur zwei Personen den großen Saal zu stürmen! Wir sollten die nächste Runde abwarten; vielleicht dürfen wir dann mit mehr Karten spielen.“
„Was denn, Hermine? Sind Sie etwa nicht gewillt ein Risiko einzugehen? Der nächste Zug könnte uns den Sieg bringen!“, wollte er ihr klarmachen. Scherzend fügte er hinzu: „Wir könnten ja den Werwolf reinschicken, damit er etwas im Raum herumschnüffelt.“
„Und wenn er dabei draufgeht?“, fragte sie mit großen Augen und auch Remus wartete gespannt die Antwort ab.
„Wenn er sein Leben verlieren sollten, dann haben wir eben Pech gehabt“, erwiderte er schmunzelnd.
Vorgetäuscht erbost sagte Remus: „Hey, ihr redet da über mich!“
„Irrtum, Lupin, wir reden über eine Spielkarte, die zufällig Ihr Abbild trägt.“
Hermine ließ sich von Remus’ Einspruch nicht stören und sagte zu Severus: „Es ist immerhin unser persönliches Ziel, die gestohlenen Geheimrezepte von Bertie Bott zurückzuholen.“
„Ja, darüber bin ich mir im Klaren. Und wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es ein ziemlich lächerliches Ziel, finden Sie nicht auch?“, fragte er belustigt.
„Aber es ist nun einmal der uns auferlegte Auftrag“, machte sie ihm klar.

Harry und Remus warteten geduldig auf ihrer Spielgegner, bis Harry der Kragen platzte und er sagte: „Jetzt macht aber mal langsam euren Zug!“
„Eile mit Weile, Harry“, sagte Severus, während er in seinen Karten vertieft war. „So ein Zug muss gut überlegt sein, wenn man gewinnen möchte.“

Nur einen Moment grübelte Severus, bevor er bierernst sagte: „Wenn es unser Ziel ist, dann werde ich die Rezepte von Mr. Bott natürlich mit meinem Leben verteidigen!“ Remus unterdrückte zunächst ein Lachen, konnte sich aber nicht zurückhalten und brach in Gelächter aus, so dass Severus mit schmieriger Stimme verbesserte: „Oder besser doch lieber mit Lupins Leben.“
Remus schaltete sich ein und sagte: „Das hier ist nur ein Spiel und es soll Spaß machen!“
Severus zog eine seiner Karten und nahm eine Karte aus Hermines Hand, bevor er beide auf das Spielbrett legte und grinsend sagte: „Gewinnen macht Spaß und ich denke, Hermine und ich werden jetzt einen guten Grund zur Freude haben.“

Das auf das Spielbrett gelegte Kartenpärchen bestand aus den beiden Karten, die Alastor und Remus abbildeten. Das Spielbrett reagierte und formte dreidimensionale Hologramme, die die drei Gegner, die sich jetzt erst im betretenen Raum offenbarten, ausschalteten, so dass Hologramm-Alastor den eroberten Raum mit einem wehenden Fähnchen einnehmen konnte, während Hologramm-Lupin die gestohlenen Rezepte einem Geheimfach entnahm.

Harry schnaufte und sagte gleich darauf: „Verdammt! Diesen Raum wollten wir uns erkämpfen! Jetzt dürfen wir nochmal zurückgehen.“
„Nein Harry, dürft ihr nicht, denn wir haben mit dem Zug gewonnen“, erklärte Hermine freudestrahlend. „Ich bin übrigens für eine weitere Runde“, fügte sie noch strahlend hinzu.

Bevor die Karten für die nächste Runde ausgegeben werden konnten, flog Hedwig ins Wohnzimmer und landete auf dem Tisch, beziehungsweise direkt auf dem Spielbrett vor Harry, der sofort reagierte und sagte: „Das ist eklig, Hedwig. Warum bringst du mir immer halbe Mäuse?“
„Vielleicht weiß sie, dass Sie keine ganzen schaffen?“, sagte Severus amüsiert und Remus musste wegen der Bemerkung lachen.

Hedwig lieĂź nicht nur die angefressene Maus aufs Spielbrett fallen, weswegen Harry erschrocken von der Couch aufsprang, um das Brett vor Blutstropfen zu bewahren, sondern der Vogel stieĂź auch noch beim Abheben zwei Teetassen um, so dass Harry aufgebracht und mit gezĂĽcktem Zauberstab um den Tisch herumwirbelte, um die Sauerei zu beseitigen.

Völlig aus der Puste wegen dieser zermürbenden Störung ließ sich Harry kurz neben Severus auf der Couch nieder. Kaum hatte er das Polster berührt, hörte man deutlich ein Knacken, weswegen jeder erschrocken innehielt. Severus’ Gesichtszüge entgleisten zunächst, bevor sich Zornesfurchen abzeichneten und er barsch zu Harry sagte: „Ich kann es nicht glauben, Sie… Stehen Sie sofort auf!“

Harry sprang von der Couch so abrupt auf als wäre sie ein Trampolin. Vorsichtshalber ging er drei Schritte zurück, während Severus fassungslos neben sich auf das Polster starrte.

„Was haben Sie, Severus?“, fragte Hermine. Sie sog erschrocken Luft ein, als er zwischen Daumen und Zeigefinger seinen Zauberstab hielt, der einmal in der Mitte gebrochen, aber nicht durchgebrochen war.
„Ich kann es einfach nicht glauben“, wiederholte Severus verdattert.
„Oh, das tut mir so Leid, Severus. Das wollte ich wirklich nicht. Ich habe ihn nicht gesehen, bevor ich mich gesetzt habe“, sagte Harry ehrlich. Severus blickte gebannt auf den Knick in seinem Zauberstab, so dass Harry noch anfügte: „Ich kaufe Ihnen einen neuen…“
Gereizt unterbrach Severus: „Natürlich werden Sie das, denn sonst würde ich das von Ihnen einklagen! Wissen Sie überhaupt, wie viele Gegner dieser Zauberstab überlebt hat? Er hat über hundert brenzlige Situationen überstanden und da kommen Sie mit Ihrem ungelenken Hinterteil und machen ihm einfach den Garaus!“
„Zeigen Sie mal“, bat Hermine, die ihm den gebrochenen Stab aus der Hand nahm und beäugte.
Severus hingegen kämpfte mit sich und wollte die Ruhe bewahren, was ihm anzumerken war. Mit falscher Vertrautheit in der Stimme bat er Harry: „Würden Sie sich mir bitte zwei, drei Schritte nähern?“
Harry kam bereits langsam auf ihn zu, während er fragte: „Warum?“
„Damit ich Ihnen meine Hände um den Hals legen kann!“, antwortete Severus bedrohlich leise, so dass Harry sofort wieder einige Schritte zurückging.
„Nun mal keine Panik“, sagte Hermine. „Mr. Ollivander kann den Stab vielleicht sogar noch reparieren. Er ist ja nicht entzwei. Möglicherweise ist der Kern noch intakt.“
„Und wenn nicht, Harry, dann zahlen Sie jeden Preis, den mein neuer Stab bei Ollivanders kosten wird!“, befahl er Harry, der daraufhin eingeschüchtert nickte.

Am nächsten Tag konnte Harry mit Severus erst nach dem Unterricht zu Mr. Ollivander gehen, weil der vor dem Unterrichtsbeginn noch nicht geöffnet hatte. Zusammen apparierten sie in die Winkelgasse, die jetzt im Vergleich zu den Zeiten kurz vor Schulbeginn wie leergefegt war. Nur vereinzelt waren Kunden zu sehen, die an den Schaufenstern entlangschlenderten.

„Ollivanders“ hatte geöffnet, aber der Laden war nicht besucht und vom Besitzer sah man weit und breit nichts, doch man hörte ihn in einem hinteren Teil des Ladens hantieren. Die Glocke an der Tür hatte die beiden Kunden angekündigt und aus dem tiefen Innern des staubigen Shops hörte man Mr. Ollivander rufen: „Bin gleich bei Ihnen!“ Harry nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Nachdem er seinen ersten Stab hier gekauft hatte, hatte er den Laden nicht noch einmal betreten, aber er stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sich hier nichts verändert zu haben schien.

Stocksteif wartete Severus in der Mitte des Raumes und blickte starr in den Gang, aus welchem die Stimme von Mr. Ollivander zu hören gewesen war. Umso erstaunter war er, als der alte Zauberstabmacher aus einer ganz anderen Ecke auftauchte und grüßte: „Guten Tag, Mr. Potter. Schön, Sie wieder einmal in meinem Laden begrüßen zu dürfen.“ An Severus gerichtet sagte er: „Professor Snape, seien Sie gegrüßt. Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie lange…“
„Siebenunddreißig Jahre, Mr. Ollivander“, sagte Severus gewissenhaft.
In Gedanken versunken wiederholte Ollivander: „Siebenunddreißig Jahre.“ Er räusperte sich und stellte sich hinter seine Theke. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte der ältere Herr mit seinen strahlend blasssilbernen Augen.

Severus griff in die Innentasche seines Umhanges und zog einen länglichen, schmalen Karton heraus, den er erst auf den Tresen legte, bevor er ihn öffnete.

„Oh nein, wie ist das nur…?“ Mr. Ollivander konnte seinen Augen nicht trauen. „Das ist ein so trauriges Ende für diesen wunderbaren Zauberstab“, hauchte der Verkäufer mitfühlend.
„Wie genau das geschehen ist, da fragen Sie besser Mr. Potter, denn er trägt die uneingeschränkte Verantwortung für dieses Malheur“, sagte Severus verärgert, während er sich zu Harry umdrehte und ihm einen bösen Blick zuwarf.
„Ich hab es doch nicht mit Absicht…“ Er hielt inne und seufzte.

Die fachmännische Begutachtung des gebrochenen Zauberstabes durch den besten Zauberstabhersteller der magischen Welt dauerte etwa zwanzig Minuten und dann, endlich, gab Mr. Ollivander sein Urteil ab: „Tja, was soll ich sagen? Der Stab ist unbrauchbar und der Schaden nicht mehr magisch zu beheben.“

Severus machte ein trauriges Gesicht. Der Stab, auf den Harry sich versehentlich gesetzt hatte, war sein erster Zauberstab gewesen, den seine Mutter ihm sehr frĂĽhzeitig genau in diesem Laden gekauft hatte, weshalb er wehmĂĽtig seufzte.

„Das tut mir so Leid, Severus, wirklich“, sagte Harry ruhig. Gleich darauf fragte er: „Wie alt waren Sie gewesen, als Sie Ihren Zauberstab bekommen haben.“
Severus musste sich mit einer Antwort gar keine Mühe geben, denn Mr. Ollivander, der bereits einige Kisten mit Zauberstäben in einem Arm sammelte, während er an den Regalen vorbeiging, antwortete an seiner Stelle: „Oh, der kleine Severus muss gerade erst sechs geworden sein, nicht wahr?“ Severus nickte zustimmend, auch wenn ihm die verniedlichte Bezeichnung von Mr. Ollivander missfiel. Nachdem der ältere Herr die kleinen Kisten auf der Theke abgestellt hatte, schlug Mr. Ollivander zweimal auf die Oberfläche des Tresens und sagte zu Harry hinüberlächelnd: „Er konnte nicht einmal hier rüberschauen, so klein war er.“
„Wie Sie sehen, Mr. Ollivander, bin ich in der Zwischenzeit gewachsen und kann sehr wohl über Ihren Tresen schauen“, sagte Severus trocken, so dass Harry lachen musste. „Wenn Sie jetzt die Güte hätten, mir einen Stab zu empfehlen?“

Mr. Ollivander reichte Severus den ersten Stab, doch nach einem unvollendeten Wutschen lagen bereits die Gegenstände vom Tresen unten auf dem Boden. Der zweite Stab ließ sämtliche Gegenstände aus Glas fürchterlich laut summen, so dass man glauben musste, die Behälter und Fenster würden jeden Moment zerspringen. Der dritte Stab zauberte eine braune, stinkende Wolke herbei, weshalb sich Harry die Nase zuhalten musste und der vierte Zauberstab, den Severus probierte, ließ einen kleinen Wirbelsturm durch den Laden fegen.

Nach fünf weiteren Stäben, die alle ganz offensichtlich nicht zu Severus passten, gab Ollivander auf und sagte: „Ich möchte Sie bitten, etwas später nochmal wiederzukommen.“
„Wann ist ’später’?“, wollte Severus wissen.
„Etwas später halt! Vielleicht, wenn Sie etwas Farbe bekommen haben?“, sagte Mr. Ollivander scherzend mit einem Lächeln auf den Lippen.

Trotzdem Severus erbost war, den Laden ohne einen neuen Zauberstab verlassen zu müssen, verabschiedete er sich höflich von Mr. Ollivander und schritt, ohne Harry einen Blick zu schenken, aus dem Laden heraus. Harry folgte ihm sofort und lief hinter ihm her, bevor er nochmals sagte: „Das tut mir so Leid!“
„Es reicht! Noch eine Entschuldigung von Ihnen und ich werde mir den nächst besten Stab greifen, um Sie zu verhexen!“, entgegnete Severus gereizt.

Schnurstracks ging Severus auf den Pub „Zum Tropfenden Kessel“ zu, als er Harry sagen hörte: „Hier!“ Er hielt inne und blickte verdutzt auf Harry hinab, der ihm seinen Zauberstab entgegenhielt und sagte: „Nehmen Sie meinen, solange Sie keinen eigenen haben.“
Diese Geste schätzend, aber dennoch abwinkend sagte Severus: „Ich brauche für den Unterricht nicht zwingend einen Zauberstab, aber Sie! Sie benutzen ihn tagtäglich vor Ihren Schülern. Und außerdem kann das von Mr. Ollivander benutzte Wort ’später’ eine Zeitangabe von immensem Ausmaß bedeuten. Ich glaube nicht, dass Sie lange auf Ihren eigenen Zauberstab verzichten wollen würden. Ich werde mir wohl woanders einen Stab besorgen müssen.“
„Aber die von Mr. Ollivander sind doch die besten! Dann schauen wir einfach jede Woche mal bei ihm vorbei. Irgendwann wird sich schon ein Stab für Sie finden“, sagte Harry voller Hoffnung.
„Wie lange soll ich denn warten, bis ein Zauberstab von Ollivanders für mich der richtige wäre? Zwei Wochen? Sechs Monate? Vielleicht fünfzig Jahre? Er konnte ja nicht einmal sagen, was für einen Zeitraum er ungefähr mit ’später’ meinen könnte!“, sagte Severus verärgert, doch er war nicht mehr wegen Harry wütend.
„Mr. Ollivander hat doch gesagt, wann ’später’ sein könnte“, sagte Harry, worauf Severus ihn fragend anblickte. Den Zauberstabhersteller wiederholend sagte Harry: „Wenn Sie Farbe bekommen hätten, was immer er damit auch gemeint haben könnte.“

Während sie auf den Pub zugingen, hörte Harry gemurmelte Worte aus Severus’ Mund und einige verstand er sehr deutlich, denn Severus schimpfte still: „…alter Kauz… mit seinen kryptischen Aussagen… genau wie Albus… alte Spinner…“ Harry grinste still in sich hinein.

Zur gleichen Zeit im Zaubereiministerium besuchte Kingsley das Büro des Ministers. Nach der Unterredung mit Pablo Abello war Arthur völlig durch den Wind, doch Kingsley brauchte ihn, um noch den Squib und den Zauberer zu verhören, die an dem Brandanschlag auf das Hotel in Aberdeen verantwortlich zu machen waren.

„Arthur? Ich hoffe, du hast das, was Pablo gestern gesagt hat, gut verkraften können“, sagte Kingsley mit seiner besonnenen Stimme.
Der Minister seufzte, bevor er sich selbst schalt: „Mir hätte die Ähnlichkeit schon viel früher auffallen müssen. Er war ja schon zwei oder drei Mal bei uns zu Besuch gewesen, aber weder mir noch Molly…“ Wieder seufzte Arthur.
Kingsley erklärte gelassen: „Mr. Abello sieht Harry Potter zwar sehr ähnlich, aber diejenigen, die Harry so innig kennen wie wir, denen wird die Ähnlichkeit nicht sofort ins Auge stechen. Mach dir also keine Gedanken, Arthur, denn mir ist das auch erst aufgefallen, als du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Vorher habe ich einfach nur gedacht, er wäre der ’Typ Harry’. Der ’Typ Mann’, den Ginny…“

Arthur hielt die Hände in die Höhe, so dass Kingsley mitten im Satz aufhörte. Kurz darauf fuhr Arthur sich mit einer Hand über das Gesicht, bevor er sagte: „Pablo… ähm, ich meine, Mr. Abello entspricht tatsächlich dem ’Typ Mann’, den Ginny bevorzugt. Sie hatte ja einmal gesagt, er wäre ’genau ihr Typ’, aber dass diese Leute ihn deshalb auf meine Tochter angesetzt haben, weil sie aus diesen dämlichen Klatsch-Artikel aus dem Tagespropheten wussten, dass sie und Harry…“ Arthur war so aufgeregt, dass er einen trockenen Mund bekommen hatte und er schlucken musste. „Wenn ich überlege, wann Pablo bereits in ihr Leben getreten war, dann läuft mir eine Gänsehaut den Rücken hinunter, Kingsley. Weihnachten letzten Jahres haben sich die beiden getrennt! Wir haben nun Oktober und wir haben erst jetzt herausbekommen, dass er dieser Gruppe angehört.“ Plötzlich bekam Arthur große Augen, bevor er aufgebracht sagte: „Bei Merlin, die wissen ja, wo wir wohnen! Wir müssen den Fuchsbau so schnell wie möglich verlassen. Ich werde Molly…“
Dieses Mal unterbrach Kingsley, der beruhigend sagte: „Arthur, überstürze nichts. Die wissen seit wann, wo du wohnst? Seit Juli letzten Jahres? Seit über einem Jahr ist denen dein Wohnort bekannt, aber bisher gab es keinen Überfall. Räume den Fuchsbau, aber bitte ohne Panik.“
Schwer atmend nickte Arthur, denn die Panik wollte weiterhin in ihm aufkommen.

Nachdem Arthur über den Kamin Molly Bescheid gegeben hatte, dass sie mit dem Packen beginnen sollte, sagte Kingsley: „Lass uns zu dem Squib gehen. Wir müssen ihn noch verhören!“

Arthur folgte Kingsley in eine der Verhörzellen, in welcher ein rundlicher Mann Mitte dreißig saß und ebenso an Händen und Füßen gefesselt war wie schon Pablo. Der Mann mit den lichten Haaren und den abstehenden Ohren blickte schuldbewusst auf. Man konnte ihm jetzt schon ansehen, dass er zum Reden bereit war, doch Kingsley konnte es nicht lassen, auch diesem Herrn zu erklären: „Sie wissen, warum wir hier sind! Wenn sich Zweifel auftun, dass Sie uns die Wahrheit sagen…“
Der Gefangene unterbrach und sagte mit zittriger Stimme: „Geben Sie mir ruhig Veritaserum. Ich sage aus!“ Leise fügte er hinzu: „Es ist sowieso alles aus dem Ruder gelaufen.“

Kingsley zog erstaunt beide Augenbrauen hoch, bevor er einen Tisch herbeizauberte, an dem Arthur und er dem Gefangenen direkt gegenüber Platz nahmen. In den Akten lesend fiel Kingsley sofort etwas auf und er fragte: „Sie sind Oliver Shunpike? Der ältere Bruder von Stan Shunpike?“
„Ja, Sir“, erwiderte der junge Mann.
„Stan ist damals von Minister Scrimgeour als Todesser verurteilt und – trotzdem er unschuldig war – nach Askaban geschickt worden, richtig?“, sagte Kingsley, der diese Erinnerung mit Absicht ins Gedächtnis von Oliver Shunpike bringen wollte. Der junge Mann nickte heftig und blickte auf die Tischplatte vor sich.

Eine magische Feder zückend und das Protokoll startend sagte Kingsley: „Dann mal los: Für das Protokoll nennen Sie uns bitte Ihren vollen Namen.“
„Oliver Shunpike“, antwortete er.
„Mr. Shunpike, am 27. September dieses Jahres sind Sie und ein weiterer Mann in Aberdeen vor einem Muggelhotel, auf welchem ein Brandanschlag verübt worden war, festgenommen worden, als Sie mit Ihrem Wagen fliehen wollten. In der Tasche in Ihrem Wagen hatte man zwei Kanister mit je einem Liter“, Kingsley las das ihm unbekannte Wort nochmals nach, „Benzin gefunden, darüber hinaus vier leere Glasflaschen und zurechtgerissenen Fetzen Leinengewebe. Wozu haben Sie diese Dinge benötigt?“
Oliver Shunpikes Unterlippe zitterte, doch er gab zu: „Ich und einige andere, die von Mr. Hopkins an der Nase herumgeführt worden waren, wollten ihm einen Denkzettel verpassen, den er so schnell nicht vergessen würde, aber die anderen haben kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Wir wollten eigentlich sein Haus – das liegt ganz in der Nähe von diesem Hotel – auf gleiche Art und Weise zurichten, wie er es bei…“ Shunpike schluckte und blickte Kingsley an, bevor er an anderer Stelle weiter erklärte: „Wir haben kurzfristig erfahren, dass er die Veranstaltungsräume in dem Hotel für eine seiner ’Vereinssitzungen’ gemietet hatte, dieser Mistkerl. Wir wussten davon nichts; durften früher immer nur helfen und ihm Informationen beschaffen, aber er sieht in uns offensichtlich genauso einen Abschaum wie in denen, die wirklich zaubern können.“

Die Feder schrieb und schrieb und Arthur und Kingsley warteten geduldig, falls Shunpike noch etwas von sich aus hinzufügen wollte. Als die Feder auf neue Worte wartete, erklärte der Gefangene: „Hopkins hasst Zauberer und Hexen. Er sagt von sich, er wäre dazu berufen, alle zu vernichten. Durch Zufall hatte einer meiner Freunde von dieser Sekte erfahren, die Mr. Hopkins anführt. Wir“, Shunpike schluckte aufgeregt, „fanden das zu Anfang witzig, dass ein Muggel so über Hexen schimpft. Wir haben nur aus Spaß mal eine von seinen Veranstaltungen besucht; das muss ein Jahr vor Kriegsende gewesen sein. Wir haben dort erfahren, dass er nur eine vage Ahnung von der magischen Gesellschaft hat und dann sind wir ins Gespräch gekommen und…“ Oliver Shunpike verstummte.

Für einen Moment ließ Kingsley die Feder schreiben, bevor er fragte: „Haben Sie Mr. Hopkins konkret auf die magische Welt aufmerksam gemacht?“
„Ja“, Shunpike senkte seinen Blick, „wir haben ihm erzählt, dass die magische Gesellschaft uns Squibs wie Ausgestoßene behandelt. Ich habe ihm von meinem Bruder erzählt, den man einfach ohne eine richtige Verhandlung ins Gefängnis gesteckt hat. Er meinte, wir sollten uns das nicht gefallen lassen und zurückschlagen und dabei wollte er uns helfen. Wir haben ihm alles Mögliche erzählt, von Askaban, vom Ministerium, von Harry Potter und Voldemort. Ich habe ihm sogar den Tagespropheten abonniert. Hopkins meinte, wir sollten die wirklichen Verantwortlichen für Stans Askaban-Aufenthalt zur Rechenschaft ziehen und das waren die Todesser und deren Familien. Damit hat das alles angefangen und wir hatten auch gar nichts dagegen, diesen Leuten einen Denkzettel zu verpassen. Für uns war es zu Beginn nur Spaß.“ Shunpike schnaufte verachtend und die Verachtung schien ihm selbst zu gelten. „Wir haben böse Streiche gespielt; vielleicht auch mal wertvollen Besitz zerstört, bis Hopkins uns eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt hat, denn er hatte“, Stan atmete heftig ein und aus und fuhr sehr leise fort, „einen Squib umgebracht. Christian Rossier.“ In Stans Gesicht zeichnete sich Reue ab, bevor er leise hinzufügte: „Der hatte mit seinem Onkel überhaupt nichts zu tun; hatte ihn nie kennen gelernt, weil er aus seiner Familie verstoßen worden war wie so viele andere auch.“

Arthur war geschockt, doch Kingsley behielt die Ruhe und fragte: „Wie ging es weiter mit Mr. Hopkins und diesen Anschlägen?“
Oliver Shunpike erklärte: „Hopkins hatte gemeint, Rossiers Tod wäre ein bedauerlicher Unfall gewesen und wir haben ihm seine Geschichte anfangs geglaubt. Es hat uns trotzdem gereicht und wir haben Abstand gehalten, denn der Typ ist wirklich völlig wahnsinnig. Hopkins hatte seinen Feldzug gegen die magische Welt ohne uns fortgesetzt, soweit es ihm möglich war, denn von uns hat er keine Informationen mehr erhalten. Bis auf zwei Squibs haben wir ihm einfach den Rücken zugewandt, aber wir konnten seine Machenschaften weiterverfolgen; es stand ja immer etwas über seltsame Todesfälle im Tagespropheten und die trugen alle seine Handschrift. Wir haben uns schuldig gefühlt, weil wir ihn an die Zaubererwelt herangeführt hatten. Wir wollten nicht mehr mit ihm in Zusammenhang gebracht werden. Im Gegenteil: wir wollten ihn aufhalten!“
„Sie reden immer von ’wir’. Wer sind ’wir’ und wie viele sind Sie?“, fragte Kingsley.
„’Wir’, das sind ich, mein Freund Michael Filgrim, den Sie auch festgenommen haben und dann noch vier Freunde, die aber nichts mit Hopkins oder Aberdeen zu tun hatten, das schwöre ich! Die waren nur mit uns auf der ersten Veranstaltung, aber der Mann war ihnen von Anfang an nicht geheuer.“ Oliver blickte reumütig auf und erzählte: „Die beiden, die noch mit Hopkins zusammenarbeiten, sind die Brüder Alex und Arnold Roth – beide Squibs, die in der Muggelwelt leben, seit sie von ihrer Familie enterbt und aus dem Haus geworfen worden waren. Alex und Arnold sind so verbittert; die haben einen fanatischen Hass auf alle Reinblüter – eigentlich sogar auf jeden, der zaubern kann. Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass eine ganze Reinblüter-Familie in ihrem eigenen Haus verbrannt war und ich war mir damals schon sicher, dass dieser Mord auf das Konto von Hopkins, Alex und Arnold geht.“

„Alex und Arnold sind also ausgestoßene Squibs, die in der Muggelwelt leben?“, fragte Kingsley. Nachdem Shunpike bestätigt hatte, fragte Kingsley: „Arbeiten die beiden auch in der Muggelwelt?“
„Ja, Sir. Alex ist Angestellter in einem Fastfood-Restaurant und Arnold arbeitet als Snackverkäufer in einem Kino“, erwiderte Shunpike.

Kingsley ahnte, was der Askaban-Aufenthalt von Stan Shunpike angerichtet haben könnte und fragte daher ehrlich interessiert: „Wie geht es Ihrem Bruder jetzt eigentlich?“
Verdutzt blickte Oliver auf, weil dieses Thema schwerlich mit dem Überfall in Aberdeen zu tun hatte, doch er antwortete niedergeschlagen: „Er lebt so vor sich hin.“ Weil Kingsley ihn anblickte und auf weitere Informationen wartete, fügte er hinzu: „Man gibt ihm keinen Job mehr, weil in seiner Akte natürlich steht, dass er eingesessen hat. Nicht einmal als Schaffner wollte man ihn zurückhaben.“ Er schluckte einmal verlegen, bevor er flüsternd offenbarte: „Er trinkt.“
Die Verbitterung war leicht herauszuhören, doch Kingsley wollte es genau wissen: „War das Schicksal Ihres Bruders die antreibende Kraft für die Unterstützung eines Kriminellen?“ Shunpike nickte.

Diesmal lenkte Arthur das Gespräch wieder auf die beiden Squibs Alex und Arnold, die Hopkins immer noch unterstützen würden.

„Wissen Sie vielleicht, ob die Brüder jemals etwas getan haben, das man ihnen in der Muggelwelt zur Last legen könnte?“, wollte Arthur wissen, denn vom anderen Minister wusste er, dass man Menschen, die man aus dem Verkehr ziehen wollte, zu diesem Zweck auch wegen kleinerer Taten anklagen konnte. Der Mörder Al Capone war letztendlich zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden und das lediglich aufgrund von Steuerhinterziehung und Geldwäsche, wie Arthur aus Muggelbüchern wusste.
„Ich weiß nicht genau… Habe gehört, Arnold dealt ab und zu mal“, erklärte Shunpike.
„’Dealt’?“, fragte Kingsley nach.
„Na, Sie wissen schon. Er verkauft Medikamente ohne Rezept und Drogen“, zählte Shunpike auf, „aber ich weiß es nicht genau. Habe nie so ein Zeug bei ihm gesehen; ich habe das von anderen gehört.“
Die Feder notierte alles und Arthur freute sich jetzt schon darauf, dem anderen Minister davon berichten zu können, denn der könnte diesen Mann sicherlich aus dem Verkehr ziehen.

„Wie ist es zu dem Brand in dem Hotel in Aberdeen gekommen?“, fragte Kingsley nach einem Moment sehr distanziert klingend, obwohl ihn diese ganzen Informationen innerlich aufwühlten.
„Wir, also Michael und ich, wollten eigentlich Hopkins Haus ein wenig unter Beschuss nehmen. Durch Zufall haben wir erfahren, dass er in diesem Hotel eine kleine Versammlung abhält und Michael meinte, wir sollten ihn aufsuchen und ihn zur Rede stellen.“

„Mr. Filgrim, Michael, ist kein Squib, sondern ein Zauberer, richtig?“, fragte Kingsley.
„Ja, aber glauben Sie mir, er hat Hopkins nie irgendwas gesagt. Michael hat sich eher um mich Sorgen gemacht, weil ich mit so einem Muggel Umgang hatte. Deswegen hat er mich manchmal begleitet, wenn ich mich mit Hopkins getroffen habe.“

„Das kann Mr. Filgrim uns selbst erzählen. Weiter mit Ihnen und dem Hotel“, forderte Kingsley und Shunpike parierte.

„Michael und ich haben Hopkins in dem Hotel aufgesucht, was für den natürlich völlig überraschend gekommen war. Ich glaube sogar, Hopkins hatte Angst vor uns. Er hat uns nämlich rauswerfen lassen wollen. Michael ist dann durchgedreht, weil Hopkins uns nicht einmal zuhören wollte. Er hat dann eine Flasche aus seiner Jackentasche gezogen und den Stoff mit seinem Zauberstab entzündet. Ich habe wirklich nicht gewusst, dass er eine mit dabei gehabt hatte, sonst hätte ich ihm die weggenommen. Wir wollten ja eigentlich nur Hopkins’ Haus…“ Shunpike seufzte, bevor er betroffen sagte: „Die Situation ist so verfahren gewesen. Michael hat gesagt, dass man Hopkins das Handwerk legen müsste und dass es ihm sogar egal wäre, ob er dabei selbst das Leben verlieren würde oder nicht. Hopkins ist ein Irrer und Michael wollte ihm auf die Art Schaden zufügen, die Hopkins selbst immer bei anderen angewendet hatte; mit Feuer. Ich konnte Michael nicht aufhalten; er war wegen Hopkins völlig außer sich.“

Nachdem man Shunpike ein Glas Wasser gestattet hatte, fragte Kingsley: „Sagen Sie, warum haben Sie sich mit diesen Informationen nicht ans Zaubereiministerium gewandt?“
Shunpike lachte ungläubig auf und erwiderte: „Uns hätte man doch ohne Umschweife nach Askaban geschickt oder etwa nicht?“ Sein Lächeln verblasse und etwas ruhiger fuhr er fort: „Wir wollten nie, dass jemand stirbt; wirklich nicht. Einen Denkzettel verpassen: ja! Wertvollen Besitz zerstören wie protzige Häuser und antike Sammlungen und so weiter, aber jemanden im Schlaf umbringen…?“ Oliver atmete zitterte aus, bevor er leise wiedergab: „Jemanden bei lebendigem Leib verbrennen, das war uns zu viel der Rache.“ Er seufzte, schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Wir konnten ihn nicht aufhalten. Wir haben immer wieder davon gehört, dass Hopkins auch Reinblüter entführt haben soll, um weitere Informationen zu bekommen, weil er von uns nämlich nichts mehr über die Zauberergesellschaft erfahren hatte. Alex und Arnold waren ihm da keine große Hilfe; die haben ja mit der magischen Welt wirklich gar nichts am Hut und sie kennen sich da kaum aus. Ich bin mir sicher, dass Hopkins sich der beiden auch sofort entledigen würde, allein weil deren Eltern Hexe und Zauberer sind, aber er lässt sie am Leben, weil Alex und Arnold nämlich als Einzige von Hopkins’ Männern die magisch verborgenen Orte sehen können.“

Oliver Shunpike atmete heftig und sah Arthur direkt in die Augen, bevor er leise offenbarte: „Mr. Weasley, die wissen, wo Hogwarts liegt!“


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