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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Die Hoffnung stirbt zuletzt

von Muggelchen

Am Morgen des ersten Weihnachtsfeiertages stand Hermine sehr früh auf, weil sie einen verwirrenden Traum gehabt hatte, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte. Sie sah Fellini eine Weile beim Fressen zu, bevor sie davon selbst Appetit bekam – worüber sie schmunzeln musste – und sich auf den Weg in die große Halle machte. An der Tür zur großen Halle wurde sie aufgehalten, denn sie hörte Severus ihren Namen rufen. Direkt im Türrahmen der großen Flügeltür stehend wartete sie, bis er aufgeholt hatte.

„Guten Morgen“, grüßte er zunächst höflich, so dass sie den Gruß erwiderte. „Wegen unseres gestrigen, ähm, Gesprächs“, er wollte Ausdrücke wie „Auseinandersetzung“ vermeiden. „Ich bin heute früh meine persönlichen Vorräte durchgegangen.“ Sie machte ganz große Augen und wartete darauf, was er zu sagen hatte.

In diesem Moment kamen Harry und Ginny Hand in Hand in die große Halle, doch anstatt nur verbal zu grüßen, näherte Harry sich ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Darüber ein wenig irritiert wünschte sie ihm und Ginny einen guten Morgen, bevor sie wieder an Severus wandte, der ebenfalls durch Harrys unerwartetes Verhalten ein wenig konfus schien. Er schüttelte fast unmerklich den Kopf, um seine Gedanken zu ordnen.

„Was ich sagen wollte, ich habe einige Hydrophyten in meinen Beständen ausmachen können.“ Hermine wollte eben ihre Begeisterung kundtun, da betrat Remus die große Halle und auch er ging nicht nur an den beiden vorbei, sondern kam auf sie zu, um ihr, die bereits ihre Augen ganz weit aufgerissen hatte, einen Kuss auf die Wange zu geben. An Severus gerichtet wünschte er beschwingt nicht nur einen guten, sondern einen wunderschönen guten Morgen.

Skeptisch schauten beide Remus hinterher, bevor Severus erneut das Wort an sie richtete und dabei bemerkte, dass sich eine gesunde Röte auf ihren Wangen abgezeichnet hatte. Sie lächelte ihm peinlich berührt zu und schenkte ihm ihre ganze Aufmerksamkeit. „Einige seltene Wasserhyazinthen hatte ich vor Jahren eingelegt. Die sollten mittlerweile ihre Wirkung vervielfacht haben.“

Beide hielten inne, nachdem Gordian und Meredith durch die Tür gekommen waren. Der Schüler wollte schon auf Hermine zugehen, da packte Meredith ihn am Arm und flüsterte: „Schlag dir das aus dem Kopf.“ Er parierte und ließ sich von seiner Freundin bis zum Frühstückstisch führen.

„Hyazinthen also“, wiederholte Hermine mit hochrotem Kopf.
Severus wandte seinen Blick von den beiden Schülern ab und blickte ihr in die Augen. „Wasserhyazinthen, richtig. Ich dachte…“
„Guten Morgen Hermine, Severus.“

Albus und Minerva waren eingetreten und Hermine ahnte schon, was kommen würde, doch entgegen ihrer Vermutung hielt Albus nur kurz ein Schwätzchen über das milde Wetter und sagte, dass es womöglich im Laufe des Tages noch schneien würde. Das Muster seines farbenfrohes Gewands – ganz in Weihnachtsfarben – wollte sich in die Netzhaut brennen, so dass Hermine ihm ins Gesicht blickte, nur um auf seinem Kopf keinen Zaubererhut, sondern ein buntes, kegelförmiges Papphütchen zu erblicken. Albus zeigte zudem auf den riesigen Weihnachtsbaum und teilte Hermine und Severus seine absolute Begeisterung über den Baumschmuck mit. Völlig unerwartet gab der Direktor ihr doch noch einen Kuss auf die Wange, so dass Hermine ihre Fingerspitzen federleicht auf die Stelle legte, die heute bereits so viel Aufmerksamkeit erhalten hatte und ihn fragend anblickte. Frech lächelnd blickte Albus einmal demonstrativ über ihren Kopf, bevor er Minerva an die Hand nahm und sich auf zum Lehrertisch machte.

Den beiden einen Moment lang hinterherschauend blickten sich Hermine und Severus mit in Falten gelegter Stirn an, bevor beide nach oben schauten und dort fanden sie auch den Grund fĂĽr das vermeintlich seltsame Verhalten der anderen. Ein Mistelzweig hing ĂĽber Hermines Kopf. Wie abgesprochen weiteten sich ihre Augen gleichermaĂźen, bevor beide einen Satz in entgegengesetzte Richtung machten .

Einige Schritte voneinander entfernt hatten Severus und Hermine den Weg zum Frühstücktisch eingeschlagen. Die große Halle wirkte sehr festlich und gemütlich, denn sie war mit Misteln, Stechpalmen, Lorbeer und bunten Papiergirlanden geschmückt. Die Verlegenheit überspielend begann Hermine das Gespräch erneut, so dass er sich auf dem Weg nach vorn zu ihr gesellte.

„Was haben Sie mit den Wasserhyazinthen vor?“
„Ich selbst habe nie Verwendung für die Zutaten gefunden, die aus verschiedenen Gewässern stammen“, sagte er, ohne sie dabei auch nur ein einziges Mal anzusehen.
„Haben Sie extra wegen mir nachgeschaut?“
„Nein, ich wollte mich allgemein davon überzeugen, dass mein Gedächtnis mich nicht trügt“, erwiderte er nüchtern.
„Aufgrund unseres Gesprächs“, stellte Hermine als Tatsache dar.
„Ich wollte lediglich einen Überblick über meine Vorräte erhalten.“
„Sie haben also nur nachgesehen, weil Sie sowieso nachsehen wollten?“
„Sie irren sich. Ich muss Ende des Jahres ohnehin eine Inventur machen.“
Belustigt über seine Versuche, die Situation anders zu deuten, sagte sie ehrlich: „Ich würde sehr gern mal einen Trank mit den Hyazinthen brauen.“
„Nun ja, wenn Sie so schon nett bitten.“

Das Frühstück fiel üppig aus und das Essen machte auch noch weiterhin Spaß, nachdem der Hunger längst vertrieben war. Hermine und Severus hatten nebeneinander Platz genommen und saßen somit Harry und Ginny gegenüber. Remus saß ebenfalls neben Hermine.

An Remus gewandt sagte Hermine mit vorwurfsvoller, jedoch gedämpfter Stimme, damit nicht jeder zuhören konnte: „Ihr hättet mir sagen können, dass ich direkt unter einem Mistelzweig stehe!“
„Ich bin doch nicht egoistisch, Hermine. Den Spaß wollte ich anderen auch lassen“, erwiderte er keck.
Die meisten unterhielten sich über die bevorstehende Zeit bei ihren Familien, nur Severus wählte gezwungenermaßen ein anderes Thema und sagte zu Hermine: „Was Sie auch interessieren könnte, Hermine, wäre die eingelegte ’Wasserpest’, die ich ebenfalls für ein Projekt zur Verfügung stellen würde.“
Unaufgefordert sagte der begeisterte Gordian, der über Eck neben seinem Hauslehrer saß: „Die Elodea! Sie zählt zu der Familie der Froschbissgewächse.“
Über diese kleine Störung etwas ungehalten wandte sich Severus an den Schüler und informierte ihn: „Während der Weihnachtsferien werden Sie keine Punkte von mir erhalten, nicht einmal als Geschenk!“
Betreten blickte der Junge auf seinen Teller, bevor er murmelte: „Ja, Sir.“

Alle hatten bereits ihr FrĂĽhstĂĽck beendet, doch wegen der gemĂĽtlichen Stimmung wollte keiner den Tisch verlassen. Albus nutzte die Gelegenheit, um eine gestrenge Miene aufzusetzen, bevor er das Wort an die Anwesenden richtete.

„Ich hatte heute Nacht eine sehr ernste Unterhaltung mit einem Herrn“, sagte er, weswegen am Tisch mit einem Male Ruhe herrschte. Die Seriosität des Direktors hatte jedem ein mulmiges Gefühl beschert. Selbst Minerva war ganz Ohr, während Harry bereits das Schlimmste erwartete.

„Ich wurde darüber unterrichtet“, jeder hielt gespannt den Atem an, „dass es zwei Menschen in diesem Schloss gibt, die nicht eine einzige Socke an den Kamin gehängt haben.“

Severus stöhnte genervt auf und rollte mit den Augen, bevor er zur Kaffeekanne griff, um jedem zu zeigen, dass ihn die Rede des Direktors nicht im Geringsten interessierte. Hermine hielt sich unauffällig eine Hand vor den Mund, weil sie grinsen musste, denn sie war eine von den beiden Personen, die keine Socke an den Kamin gehängt hatte.

Von der kleinen Unterbrechung durch Severus ließ Albus sich nicht ablenken. „Santa Claus hat mir erzählt…“ Nur kurz hielt Albus inne, denn das klingelnde Geräusch des Löffels, mit dem Severus seinen leicht gesüßten Kaffee umrührte, schien ein wenig lauter zu sein als normalerweise. „Der gute Mann hat mir erzählt, dass er in der Regel für diejenigen, die sich nicht den festlichen Traditionen beugen würden, Ruten dalassen würde, aber ich konnte ihn besänftigen und sagte zu ihm ’Sie werden es den beiden sicherlich verzeihen…’“
Diesmal unterbrach Severus, denn er fragte spöttisch: „Sie siezen den Weihnachtsmann?“
„Aber sicher! Ich habe einen Heidenrespekt vor ihm!“, erwiderte Albus mit todernster Miene, woraufhin Severus nur den Kopf schütteln konnte. In die Runde blickend sagte Albus: „Ich bin zugegebenermaßen auch ein kleines bisschen neidisch auf ihn, denn sein Bart ist wesentlich länger als meiner.“

Während Albus mit einer flachen Hand über seinen weißen Bart strich, führte Minerva die ihre vor den Mund und Hermine glaubte zu wissen, dass auch sie ein Grinsen verdecken wollte.

„Wie dem auch sei“, begann Albus, „glücklicherweise konnte ich Santa Claus dazu überreden, die Geschenke für die beiden unter den Weihnachtsbaum hier in der großen Halle abzulegen.“
„Sir, wer sind die beiden?“, fragte Gordian den Direktor neugierig.
Severus zischelte zurechtweisend: „Das geht Sie überhaupt nichts an, Mr. Foster.“
Gordian betrachtete seinen Hauslehrer einen Moment lang, bevor sich an den Direktor wandte und fragte: „Und wer ist der andere?“

Sich nicht mehr zurückhalten könnend begann Pomona fröhlich zu lachen, während Minerva all ihre Kraft dafür aufwandte, ihre Belustigung hinunterzuschlucken, um ihr typisch ernstes Gesicht aufzusetzen. Die Heiterkeit der Kräuterkundelehrerin brachte auch Harry zum Lachen, aber nur, weil sie dabei witzig anzusehen war, denn sie wippte auf ihrem Stuhl auf und ab. Alle anderen versuchten sich zurückzuhalten. Remus hatte sich die ganze Zeit über auf die Unterlippe gebissen und griff nun verlegen nach seiner Tasse Tee, doch als Pomona gerade hörbar nach Luft schnappte, um sich zu beruhigen, da war es um ihn geschehen. Mit seinem ruhigen, brummenden Lachen steckte er Pomona erneut an und er stellte vorsichtshalber gleich wieder seine Tasse ab, bevor ihm noch ein Missgeschick geschehen würde. Als auch noch Meredith schnaufte, sich aber schnell eine Hand über den Mund legte, da hatte Severus genug. Er warf seine Serviette auf den Teller und stand auf, um schnellen Schrittes die große Halle zu verlassen.

Das Lachen am Tisch verstarb auf der Stelle. Pomona schaute ihrem Kollegen hinterher und murmelte etwas in Richtung „alter Griesgram“, was Hermine durchaus vernehmen konnte. Man würde nicht so über ihn reden, dachte sie, wenn die anderen etwas mehr über seinen Zustand wissen würden. Mit seiner Vergangenheit, die voller verletzender Erfahrungen gewesen war, ertrug er es nicht, wenn man ihn auf den Arm nahm, dazu auch noch vor Schülern, auch wenn er die Situation persönlicher genommen hatte als sie gemeint war.

Albus lenkte sofort ab und erzählte lustige Geschichten, während die Frühstücksgesellschaft sich langsam auflöste. Mit Remus, Harry und Ginny verließ Hermine die große Halle.

„Was macht ihr heute? Geht ihr zu Molly und Arthur?“, fragte Hermine.
Nickend bestätigte Harry. „Ja, heute und morgen.“
„Und du, Remus?“
„Wir feiern heute mit Andromeda und Ted. Morgen wird es ’lustig’ – das erste Mal Weihnachten mit den Tonks, Blacks und den Malfoys unter einem Dach. Da bin ich schon gespannt drauf. Ich muss gestehen, ich bin froh, dass Lucius noch in Gewahrsam ist“, erwiderte er. Einen Arm um Hermines Schultern legend fragte er: „Möchtest du heute mitkommen? Ich bin mir sicher, dass Tonks’ Eltern nicht dagegen haben würden.“
„Nein, ich bleib hier. Ich fand Weihnachten in Hogwarts früher immer sehr schön. Mal sehen, wie ich das mit erwachsenen Augen sehen werde.“
„Vergiss nicht“, wollte Remus sie erinnern, „dass unter dem Baum in der großen Halle Geschenke für dich liegen. Offensichtlich hast du nicht nur vergessen, eine Socke an den Kamin zu hängen, sondern auch einen Weihnachtsbaum bei dir aufzustellen.“ Er lächelte ihr milde zu.
„Ich werde nachher schauen, Remus, versprochen!“
„Nimm Severus mit, er wird da auch was finden“, legte Remus ihr nahe.
Den Kopf schüttelnd warf Harry ein: „Ich glaube nicht, dass man ihn dazu bekommen wird, seine Geschenke dort abzuholen. Das letzte Mal habe ich ihm ein Geschenk persönlich vorbeigebracht.“ Harry erinnerte sich an die Flasche Nesselwein, die Severus erst hatte ablehnen wollen. „Ach Hermine, was ich dich fragen wollte…“ Sie blickte ihn aufmerksam an. „Weiß du, ob ein Phönix krank werden kann?“
„Wieso fragst du das, was hat Fawkes denn?“ Sie schien wenig besorgt.
„Du kannst es dir ja mal kurz ansehen“, schlug er vor.

Auch Remus wollte sich ein Bild von Fawkes’ Zustand machen, so dass Harry die Tür aufhielt und alle einließ. Er ging zu dem scharlachroten Vogel mit seinen goldenen Schwanzfedern hinüber und grüßte ihn mit freundlichen Worten, bevor er eine Hand an seinen Bauch legte, um die Verhärtung wiederzufinden.

„Hier“, sagte Harry. Man konnte deutlich sehen, welche Stelle Harry meinte, denn man konnte eine kleine Beule erkennen, so groß wie ein Hühnerei, die er locker mit Zeigefinger und Daumen umrahmt präsentierte.
„Lass mal fühlen“, sagte Hermine und streckte ihre Hand aus, doch Fawkes stieß unerwartet einen zischenden Laut ähnlich einer drohenden Katze aus, bevor er mit seinem Schnabel zustieß. Erschrocken zog sie ihre Hand zurück, doch er hatte sie bereits erwischt.
„FAWKES!“, schimpfte Harry ermahnend.
Ginny nahm die Hand ihrer Freundin. „Zeig mal.“ Jetzt stieß Hermine einen zischenden Laut durch ihre zusammengebissenen Zähne aus, denn der Phönix hatte ihr eine schmerzhafte Wunde zugefügt.
„Ach du meine Güte“, sagte Remus.
Sie zog bereits ihren Stab, doch ihre Hand zitterte, bevor sie resignierend sagte: „Ich kann das nicht bei mir selber.“ Es war eine Sache, das Blut anderer Menschen zu sehen, doch bei ihrem eigenen wurde ihr etwas mulmig.
„Ich bring dich zu Poppy“, sagte Remus, der ihr ein Taschentuch um die Hand wickelte und danach eine Hand auf ihren Rücken legte.
Mit schlechtem Gewissen sagte Harry: „Es tut mir Leid, Hermine. Entschuldige bitte.“
„Du kannst doch nichts für“, sagte sie beschwichtigend. „Rede einfach mal mit Albus drüber, der kennt Fawkes am besten.“

Auf dem Weg zu Poppy vermutete Remus laut: „Vielleicht ist Fawkes ja eine Vogeldame?“
„Du meinst, er… ähm, sie könnte bald ein Ei legen? Ich weiß ja nicht mal, ob Phönixe ein Geschlecht haben oder sich in irgendeiner Weise fortpflanzen und wenn ja, dann braucht es dazu ja wohl in der Regel zwei. Außerdem lag die Beule ein wenig zu weit oben, unterm Brustbein, also eher in der Magengegend. Vielleicht hat er nur irgendwas verschluckt? Er hätte trotzdem nicht gleich auf mich einhacken müssen.“
„Das meinte er bestimmt nicht persönlich, Hermine.“

Kaum hatten sie den KrankenflĂĽgel betreten, da kam schon Poppy angelaufen.

„Und ich dachte, ich hätte über die Ferien mal meine Ruhe“, sagte sie trocken. „Wenn ich ehrlich bin, dann habe ich mit Harry als nächsten Patienten gerechnet.“
„Warum mit Harry?“, wollte Hermine wissen, während sie Poppy bereits ihre Hand zur Begutachtung hinhielt.
„Weil ich ihn kein einziges Mal, seit er wieder in Hogwarts lebt, auf meiner Station gehabt habe. Das ist für ihn sehr ungewöhnlich.“ Poppy schmunzelte, als sie sich daran erinnerte, Harry damals regelmäßig wegen irgendetwas behandelt zu haben. „Das war ein Vogel oder?“, fragte die Heilerin unerwartet.
Ein wenig verdutzt über die korrekte Vermutung antwortete Hermine: „Ja, aber woher…“
„Ich habe vor wenigen Monaten so eine Wunde schon einmal behandelt.“ Poppy wutschte mit ihrem Stab, träufelte danach drei Tropfen Wundheilmittel auf saubere Wunde und klebte ein Pflaster drüber, das sie in etwa vier Stunden, wenn alles verheilt wäre, wieder abnehmen konnte.
„Wer war das gewesen?“
„Das, Hermine, darf ich Ihnen leider nicht sagen.“ Poppy war genauso an die Schweigepflicht gebunden wie jeder andere Heiler auch.

Auf dem Rückweg fragte Remus ein wenig besorgt klingend: „Möchtest du heute nicht doch lieber mit mir zu Tonks’ Eltern gehen?“
„Nein, ich werde hier bleiben. Severus hat da was von Wasserhyazinthen gesagt und ich hoffe, dass wir heute…“
Er unterbracht echauffiert: „Du willst doch heute wohl nicht arbeiten?“
„Das ist doch keine Arbeit, Remus. Das ist Spaß!“
Mit einem beruhigten Schmunzeln nahm er ihr Aussage zur Kenntnis, bevor er sagte: „Wie du willst. Die Einladung steht trotzdem, falls du es dir anders überlegen solltest.“

Während ihre Freunde sich für die jeweilige Familienfeier schick machten, zog sich Hermine warme Kleidung an, um mit Severus’ Hund auszugehen. Sie hatte sich in letzter Zeit sehr rar gemacht, aber da Severus sich nicht beschwert hatte, war Hermine davon ausgegangen, dass Harry mit dem Tier Gassi gegangen sein musste. Zu ihrem Erstaunen traf sie weder Severus noch seinen Hund an, doch sie hatte trotzdem Lust, sich nach dem fürstlichen Frühstück ein wenig die Beine zu vertreten. Sie liebäugelte mit dem Gedanken Hagrid zu besuchen, obwohl es gut möglich war, dass der gar nicht Zuhause anzutreffen wäre; beim Frühstück war er nicht gewesen. Als sie an der Brücke angekommen war, da stutzte sie. Die Fußspuren eines Hundes waren im Schnee zu erkennen und die von Herrenschuhen oder einer Dame mit großen Füßen. Hermine passierte die Brücke.

Von weitem sah sie in der Nähe des Verbotenen Waldes Severus, der stocksteif auf einem Fleck stand und seinen im Schnee tollenden Hund beobachtete. Der Hund rannte mit etwas im Maul zu Severus hinüber. Hermine traute ihren Augen kaum, denn Severus nahm den Gegenstand aus Harrys Schnauze und warf ihn weit von sich, so dass der Hund hinterherhetzte. Sie hatte ihn noch nie mit seinem Hund spielen sehen. Als sie nahe genug bei ihm war, grüßte sie ihn, woraufhin er sich erschrocken umdrehte.

„Ah, zurück vom Frühstück. Hatten Sie noch eine schöne Zeit in der großen Halle, während sich alle über mich mokiert haben?“ Es war nicht zu überhören, dass er sauer war.
„Wir haben gar nicht über Sie geredet.“ Sie kam noch einen Schritt auf ihn zu, während Harry den Stock brachte, doch Severus griff nicht zu. „Sie brauchen sich von mir nicht stören lassen.“ Nur zögerlich griff er nach dem Stock und der Hund ging sofort ein paar Schritte zurück und wartete angespannt, bis das Spiel erneut beginnen würde. „Ich bin übrigens die andere, die keine Socke aufgehängt hat. Und dass ich nicht einmal einen Weihnachtsbaum habe, das wussten Sie ja schon vorher.“ Schmunzelnd erinnerte sie sich daran, wie Severus die Worte der Elfe wiederholt hatte, die ihren Bonsai-Baum „Zwergenbaum“ nannte. Severus äußerte sich nicht, sondern warf den Stock.

„Ihr Kniesel jagt auch Stöcken hinterher“, sagte er beiläufig, während er Harry nachblickte.
„Tatsächlich?“
„Ja, es ist nur bedauerlich, dass er sie nicht zurückbringt. Momentan beschäftigt er sich dem Bewachen eines kleinen Baus. Wahrscheinlich hält irgendein Nager dort seinen Winterschlaf.“ Severus zeigte hinüber zu einem Baum, an dessen Wurzel – das hatte Hermine gar nicht gesehen – ihr Kniesel dicht an den Boden gepresst vor einem winzigen Loch lauerte. Einzig sein zuckender Schwanz deutete darauf hin, dass er lebendig war.
Als Harry mit dem Stock zurückkam, da nahm Hermine ihn entgegen und natürlich fiel Severus das große Pflaster auf, so dass er wissen wollte: „Was haben Sie mit Ihrer Hand gemacht?“
„Das war Fawkes“, sagte sie betrübt, denn es hatte sie viel mehr verletzt, dass der immer so gutmütige Vogel in ihr eine Gefahr gesehen haben musste.
„Was haben Sie getan? Ihn an den Schwanzfedern gezogen?“ Mit großen Augen blickte sie in an, woraufhin er klarstellte: „Ein Phönix lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.“
„Ich wollte ihn nur anfassen. Harry sagte, er wäre womöglich krank. Remus denkt, in Fawkes könnte sich eventuell ein Ei gebildet haben, weswegen er – oder besser ’sie’ – so aggressiv geworden war.“
Sie anblickend gab Severus seine Meinung darüber preis. „Sollte ein Phönix überhaupt krank werden können – unheilbar krank –, dann wird er sterben und wiedergeboren werden; keine Tragödie also. Die Theorie mit dem Ei halte ich allerdings für Unfug, aber es ist gut zu wissen, mit was ich Lupin in Zukunft auf den Arm nehmen kann. Haben Sie schon mit Albus darüber gesprochen?“
„Nein, aber ich denke, Harry wird das bald machen.“

Den Stock hatte diesmal Hermine geworfen und beide blickten Harry hinterher, der wegen des Schnees nicht so schnell rennen konnte. Severus fragte unerwartet: „Haben Sie sich eine sehr schlimme Wunde zugezogen?“
„Was?“ Doch in dem Moment hatte sie seine Frage in Gedanken bereits wiederholt und antwortete gleich darauf: „Nein, ich hab schon Schlimmeres abbekommen.“ Von Fawkes schweiften ihre Gedanken zum gestrigen Abend, so dass sie mit einem Lächeln auf den Lippen gestand: „Ich mag Ihren Patronus. Der war das absolute Highlight auf der Hochzeit.“
„Es freut mich, dass mein Patronus nicht nur vor schwarzen Flüchen schützen, Dementoren vertreiben und auch Nachrichten übermitteln kann, sondern darüber hinaus auch zur Unterhaltung beiträgt.“

Beide machten sich allmählich auf den Rückweg, während Severus immer wieder den Stock warf, den Harry, der bereits ein wenig außer Atem war, freudig zurückbrachte. Hermine registrierte, was für ein vorsichtiger Mensch ihr Tränkemeister war, denn an der Brücke leinte er Harry an und er machte dem Hund klar, dass jetzt kein Moment war, in welchem gespielt wurde. Mit Leichtigkeit hätte Harry ausrutschen und durch das Geländer hindurch in den Abgrund fallen können, doch Severus hatte vorgesorgt.

„Severus?“ Er drehte seinen Kopf zur Seite und wartete auf ihre Worte. „Kommen Sie mit in die große Halle? Dort liegen Geschenke für uns.“ Sie hatte ein lebendig begeistertes Gesicht aufgesetzt, das viele Erwachsene sich aus ihrer Kindheit bewahrt hatten und welches von ganz allein zur Weihnachtszeit wieder an die Oberfläche kam.
„Wie alt sind Sie?“ Er schüttelte den Kopf. „Was soll ich tun? Fotos von Ihnen machen, wenn Sie über die Geschenke herfallen und Ihnen danach den Kopf tätscheln?“
„Wenn es Ihnen Spaß macht?“ Ihre Freude konnte er nicht zerschlagen. „Für Sie sind auch Geschenke dabei!“
„Ich werde keines annehmen“, erklärte er. „Ich habe für niemanden etwas besorgt.“
„Sie haben mir was geschenkt.“
„Um den Frieden zu bewahren, weil wir noch eine Weile miteinander auskommen müssen.“
Sie summte kurz vor sich hin, was ihm deutlich machte, dass sie seine Aussage weder ernst nahm noch für wahr hielt. „Dann stehen Sie eben an der Tür schmiere“, schlug sie vor. „Ich möchte nämlich nicht, dass irgendjemand zusieht.“
„Sie können die Geschenke auch mitnehmen und bei sich auspacken.“

Er war nicht dazu zu ĂĽberreden, sie in die groĂźe Halle zu begleiten, so dass sich ihre Wege im Erdgeschoss trennten.

Hermine kroch auf dem Boden herum und stöberte unter dem Baum, um alle Geschenke hervorzuholen, was sie natürlich auch mit Hilfe ihres Stabes hätte bewerkstelligen können, doch das wäre nur der halbe Spaß gewesen. Sie fand besonders für sie viele Päckchen, denn jedes Geschenk, das man ihr geschickt hatte, selbst das ihrer Eltern, hatten die Hauselfen aufgrund des fehlenden Baumes in ihren Räumen hier untergebracht. Für Severus fand sie mehr Geschenke als sie vermutet hatte. Alle Weihnachtsgeschenke – auch die für Severus – ließ sie mit Hilfe ihres Zauberstabes hinter sich her schweben, so dass ihr eine nicht gerade kurze Schlange an Paketen und Päckchen folgte, als sie ihren Weg in die Kerker einschlug. Salazar öffnete kommentarlos. Severus stand gerade in der Nähe und blinzelte ungläubig. Er lugte auf den Gang hinaus, auf welchem meterlang Geschenke schwebten.

„Wo ist Ihr Schlitten und die Rentiere?“, fragte er trocken.
„Filch hat sein Veto eingelegt. Ich musste draußen parken“, konterte sie so ernst es ging.
„Meinetwegen, dann treten Sie ein.“ So genervt wie er klang war er bei weitem nicht. Sie trat ein und es dauerte einen Moment, bis er die Tür wieder schließen konnte, denn die Geschenke kamen noch ins Zimmer geflogen. Harry sprang an einem Geschenk nach oben und wollte es unbedingt schnappen. Erst da bemerkte Hermine, dass auch ihr Kniesel hier war, doch sie wusste nicht, ob er ihr gerade eben gefolgt war oder ob er vorhin schon mit Severus mitgegangen war.

Als alle Päckchen auf dem Boden lagen schloss Severus die Tür und fragte: „Warum müssen Sie Ihre Geschenke unbedingt hier auspacken?“
„Damit ich mich nachher aus dem Staub machen kann, während die Entsorgung des Geschenkpapiers an Ihnen hängen bleibt.“ Sie griff nach einem Päckchen, las das Schild und warf es Severus zu, der es gekonnt fing. „Ist für Sie.“

Er kniff die Lippen zusammen und legte das viereckige Geschenk verschmähend auf den Couchtisch, bevor er sich setzte. Sein Augenmerk fiel auf seinen Hund, der gerade das Papier einer länglichen Box zerriss. Er ermahnte ihn mit Worten, doch der Hund horchte nur kurz auf, bevor er sich wieder der zerfledderten, doch noch immer geschlossenen Box widmete.

Hermine griff nach dem Schildchen, warf einen Blick drauf und sagte: „Das steht ’Harry’ drauf.“ Sie kniete sich nieder und hob verwundert den Deckel der Box, bevor sie lachen musste.
„Was haben Sie?“, fragte Severus.
„Jemand hat Harry einen Hundeknochen geschenkt.“ Sie nahm die riesige Leckerei in Form eines Knochens aus der Kiste und hob sie hoch, so dass Harry an ihrem ausgestreckten Arm emporsprang, um an sein Geschenk zu kommen, welches sie ihm auch gleich freiwillig gab. Sie schmunzelte. „Ich würde meinen, dass das eine Idee von Hagrid war.“

Da Severus seine Arme vor der Brust verschränkte, was ein eindeutiges Zeichen für seine ablehnende Haltung war, unterließ sie es, ihm weitere Geschenke mit seinem Namen auf dem Schild zu reichen. Stattdessen öffnete sie eines der ihren, was er interessiert beobachtete.

Mittlerweile saß Hermine gemütlich im Schneidersitz auf dem Boden. Sie zog etwas Gelbes mit schwarzem Muster aus dem ersten Paket und vermutete amüsiert: „Das ist mit Sicherheit von Albus.“ Sie hielt ihm das Oberteil eines Schlafanzuges entgegen und da erkannte er, dass viele schwarze Kniesel auf dem gelben Hintergrund abgebildet waren; einige spielten mit einem Wollknäuel, andere schliefen. Er erinnerte sich daran, sie einmal bei Harry in einem ganz ähnlichen Pyjama gesehen zu haben.
„Wie alt sind Sie nochmal?“, spottete er.
„In Albus’ Augen bin ich wahrscheinlich noch ein Kind, aber das ist in Ordnung. Ich mag das Geschenk.“

Das nächste Päckchen war von Charlie Weasley aus Rumänien.

„Nein!“, sagte sie fasziniert, nachdem sie es geöffnet hatte. Sie zog ein kleines Fläschchen mit gelblich orangefarbenem Inhalt heraus. „Dracheneindotter!“ Sie blickte in das für das Fläschchen viel zu große Päckchen und zog ein Buch heraus. „Und ein Buch über Zaubertränke mit Dracheneidotter!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht.
„Zeigen Sie mal“, sagte er plötzlich sehr interessiert, als er sich von der Couch erhob. Das Fläschchen betrachtend und es mit seinem Zauberstab berührend sagte er Respekt zollend: „Und sogar zwei Jahre haltbar, mindestens.“
„Kommen Sie, Severus. Packen Sie Ihre Geschenke aus. Vielleicht ist ja auch eins von Charlie dabei?“, versuchte sie ihn zu animieren.
„Meine Begeisterung über Geschenke hält sich sehr in Grenzen“, sagte er, betrachtete jedoch die vielen Päckchen und suchte nach einem, welches die gleiche Größe hatte wie das von Charlie, doch als er keines fand, setzte er sich einfach wieder auf die Couch.

Während Hermine ihrem Kniesel eine sich selbst bewegende Stoffmaus unter die Nase hielt, an welcher er sofort sein Gesicht rieb, dachte Severus über etwas Tee und Kaffee nach, weswegen er eine Hauselfe aus der Küche rief; er wählte den ersten Namen, der ihm einfiel und sagte in den Raum hinein: „Shibby.“ Auf der Stelle erschien die Elfe. „Wir hätten gern…“
Hermine unterbrach ihn und sagte zur Elfe: „Dich habe ich ja noch nie gesehen.“
„Shibby ist neu. Shibby hat noch vor Halloween ihre Stelle hier angetreten“, erwiderte die Elfe schüchtern, denn sie erinnerte sich offensichtlich noch an Severus, der nicht sehr erfreut darüber gewesen war, dass sie beim ersten Mal den Nerv besessen hatte, sich ihm persönlich vorzustellen.
„Und gefällt es dir hier?“, fragte Hermine freundlich.
Shibby wollte gerade antworten, da kam ihr Severus zuvor. „Hermine, bitte! Ich möchte nur etwas bestellen.“
Sie rollte mit den Augen, sagte jedoch zur Elfe: „Herzlich Willkommen in Hogwarts und frohe Weihnachten, Shibby.“
Bevor die Elfe sich für die netten Worte bedanken konnte, gab Severus seine Bestellung auf: „Wir wünschen etwas Tee und Kaffee, dazu Gebäck und wenn möglich“, seine Stimme wurde ein wenig drohend, „ohne Weihnachtsfirlefanz.“
„Ja, Sir“, sagte die Elfe eingeschüchtert und verschwand.
„Weihnachtsfirlefanz?“, wiederholte sie mit in Falten gelegter Stirn.
„Ja, so ein Schnickschnack wie der Mistelzweig an der Tür zur großen Halle.“ Er grinste selbstzufrieden, als sie wegen der Erinnerung daran errötete.
„Sie halten nicht viel von Weihnachten oder?“
„Mal davon abgesehen“, begann er, „dass die Zauberergesellschaft dieses Muggelfest mit all seinen Details, jedoch ohne den tieferen Sinn, der dahinter steckt, übernommen hat, haben Sie völlig Recht. Ich halte nicht viel davon.“
Hermine ließ die kleine Stoffmaus für Fellini auf dem Boden frei, die sofort im Zickzack vor dem Kniesel flüchtete, da fragte sie Severus: „Haben Sie mit Ihren Eltern früher nie gefeiert?“
„Natürlich habe ich, ich konnte mich ja nicht wehren“, konterte er.
„Sie können mir nicht erzählen, dass Ihnen das Fest als Kind keinen Spaß gemacht hat.“ Er antwortete nicht, weswegen sie davon ausging, dass er früher seine Freude an Weihnachten gehabt haben musste. Sie nahm sich ein weiteres Geschenk und erzählte, während sie die Schlaufe löste: „Als Kind wollte ich immer ein Pferd haben. Ich hab meinem Vater jahrelang damit ihn den Ohren gelegen.“
Er schmunzelte. „In der Zaubererwelt“, begann er, „wollen die Jungen meist einen Drachen haben und die Mädchen ein Einhorn.“
Ein seliges Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. „Ich wette, Charlie war einer von denen, die sich immer einen Drachen gewünscht haben.“
„Damit liegen Sie sogar richtig.“ Sie zog ihre Augenbrauen in die Höhe, so dass er erklärte: „Er hat als Schüler keinen Hehl aus seiner Vorliebe zu diesen Tieren gemacht. Sein späterer Berufswunsch hat mich daher nicht überrascht.“ Hermine hatte ganz vergessen, dass Severus damals alle Weasleys unterrichtet hatte.

Mit zwei Geschenken in der Hand näherte sie sich der Couch. Bevor sie sich niederließ, zog sie ihre Stiefel aus, damit sie gemütlich – mit einem angewinkelten Unterschenkel auf dem Sitzpolster – Platz nehmen konnte. Das zweite Geschenk legte sie neben sich und Severus, während sie das erste weiter auspackte und sie die Unterhaltung fortführte.

„Was haben Sie sich als Kind gewünscht?“, fragte sie, ohne ihren Blick von dem Päckchen abzuwenden, welches sie öffnete, doch er antwortete nicht.

Shibby kam mit der Bestellung und stellte das Tablett wortlos auf den Tisch, doch die Elfe nahm sich die Zeit, Hermine ein nettes Lächeln zu schenken, bevor sie wieder verschwand.

Nachdem Hermine eine Tasse Tee entgegengenommen hatte, sagte sie: „Ich habe mir früher eine kleine Schwester gewünscht.“
„Bei Merlin, erinnern Sie mich daran, dass ich demnächst einen Dankesbrief an Ihre Eltern verfassen muss, in dem ich meine Erleichterung zum Ausdruck bringen möchte, dass es nicht dazu gekommen ist.“ Hermine verzog schmollend das Gesicht, doch er versicherte: „Wirklich, zwei von Ihnen und ich hätte Albus meine Kündigung zukommen lassen.“
„Na, so schlimm bin ich doch nun auch wieder nicht“, wiegelte sie ab. „Haben Sie Geschwister?“
„Nein, nicht dass ich wüsste.“ Sie stutzte, doch bevor sie ihren Mund öffnen konnte, kam er ihr zuvor und sagte: „Ich weiß nicht, mit wem sich mein Vater die Zeit vertrieben hat, nachdem meine Mutter…“
Sie verstand ihn auch, ohne dass er den Satz beenden musste.

Eine Weile lang herrschte betretene Stille und beide tranken aus lauter Verlegenheit aus ihren Tassen, da sagte Severus leise, während er nach einem der Kekse griff: „Ich habe mir früher einen Sack Murmeln gewünscht.“ Völlig automatisch hatten Hermines Gesichtsmuskeln entschlossen, eine fröhliche Ausstrahlung an den Tag zu legen, was er bemerkte. „Sie finden es witzig?“, fragte er provozierend.
„Nein“, beteuerte sie. „Murmeln sind toll!“ Sie hatte sich etwas zu enthusiastisch ausgedrückt, doch wenn sie sich zurückerinnerte, war auch sie eine Zeitlang von Murmeln hellauf begeistert gewesen. „Haben Sie sie bekommen?“
„Ja, habe ich. Meine Mutter war allerdings ein wenig enttäuscht gewesen, dass ich mir keine Koboldsteine gewünscht habe.“
„Warum Murmeln?“
„Weil…“ Seine Stimme versagte, so dass er noch einen Schluck Kaffee zu sich nahm. „Weil Lily welche hatte und wir im Sommer auf dem Schulhof damit spielen wollten.“ Er atmete erleichtert durch.
„Und wer war besser?“, wollte Hermine wissen und erntete damit von ihm einen fragenden Gesichtsausdruck. „Ich meine beim Murmelnspielen, wer war besser?“
„Meistens sie. Sie hat sehr viele von meinen erobert.“ Schnell fügte er hinzu: „Die ich selbstverständlich alle zurückgewonnen habe.“
„Hätte ich auch nie angezweifelt. Hat sie Ihnen auch Geschenke gemacht? Zu Weihnachten…“ Er nickte. „Und Sie haben sich drüber gefreut.“ Ein Blick von ihm bestätigte ihre Aussage. Langsam legte sie ihm eines seiner Geschenke auf den Schoß und sagte leise: „Machen Sie’s aufs.“
Er stöhnte. „Von wem ist es?“
„Keine Ahnung, es steht nicht an jedem Päckchen was dran.“

Mit Hilfe seines Zauberstabes löste er ungalant die Schlaufen und entfernte das Papier, nur um einen in Leder gefassten Band dem mit in goldenen Lettern eingestanzten Titel „Die schönsten Gedichte“ in den Händen zu halten.

„Wer zum Teufel schenkt mir einen Gedichtband?“, zeterte er.
„Schauen Sie doch erst einmal nach, ob Sie eine Widmung finden, bevor Sie…“ Sie stoppte sich selbst, bevor sie womöglich die Stimmung zunichte machte.

Den Buchdeckel aufschlagend las er still fĂĽr sich einen kleinen Text, der lautete:


„Severus,

gern hätte ich selbst in Reimen meinen Gruß verfasst, aber angesichts der Meisterwerke in diesem Buch würde ich meine Dichtkunst nur in ein schlechtes Licht rücken. Kaum etwas kann meine Lebensfreude gebührender widerspiegeln als die Verse der großen Dichter, deren Zeilen ich nicht mehr zu lesen imstande wäre, hätte sich in Ihnen nicht derjenige gefunden, der meinen Geist zu befreien verstand.

Ein frohes Fest wĂĽnscht Ihnen
Anne.“


Hermine versuchte hinĂĽberzuschielen, doch er hielt den Buchdeckel leicht hochgeklappt, so dass sie nichts sehen konnte.

„Und? Von wem ist es?“, wollte sie wissen und sie klang dabei sehr fordernd.
„Von einer Dame, der ich aus einer prekären Situation hatte heraushelfen können“, antwortete er nüchtern.

Sie brauchte gar nicht zu überlegen, wer gemeint sein könnte, denn diese Worte hatte Severus bereits einmal benutzt, als sie Linda über den Weg gelaufen waren.

„Von Linda also“, sagte sie pikiert.
„Was?“
„Zeigen Sie mal her. Schreibt Sie Ihnen etwas?“ Hermine griff nach dem Buch, doch sein Griff war fest und er riss es an sich.
„Sie sind äußerst aufdringlich, Hermine. Das ist mein Geschenk und es trägt eine sehr private Widmung, die ich nicht mit jedem teilen…“

Hermine riss ihm das Buch aus der Hand, rutschte auf der Couch von ihm weg und las die Widmung im Buchdeckel.

„Oh“, machte sie ernüchtert. „Das ist ja von Anne.“ Sie blickte auf. „Darf ich mal drin blättern?“
„Sie machen es doch sowieso, selbst wenn ich es Ihnen verbieten würde.“
Schon hatte sie das erste Gedicht aufgeschlagen und las. Sie blätterte weiter und überflog die meist lebensfrohen Texte, bis sie auf Rilkes „Der Schutzengel“ stieß, dessen Anfang sie aus einer Laune heraus laut vorlas:

„Du bist der Vogel, dessen Flügel kamen,
wenn ich erwachte in der Nacht und rief.
Nur mit den Armen rief ich, denn dein Namen
ist wie ein Abgrund, tausend Nächte tief.“

Sie schlug das Buch zu, rutschte auf der Couch wieder an ihn heran und sagte: „Das möchte ich mir gern mal ausleihen, wenn Sie damit fertig sind.“
„Sie werden sich mit Ihrer Neugierde noch irgendwann einmal böse die Finger verbrennen“, murmelte er, während er das Buch an sich nahm und ebenfalls darin herumblätterte.
„Sie haben noch mehr Geschenke“, erinnerte sie ihn.
„Die Sie gern öffnen können, denn es bleibt vor Ihnen ja sowieso nicht verborgen.“

Gemeinsam packte jeder seine Geschenke aus. Severus strengte sich an, so grantig und missgelaunt wie nur möglich zu wirken, doch er zeigte, dass einige Geschenke ihm durchaus gefielen. Charlie hatte ihm ebenfalls eine nicht gerade günstige Zaubertrankzutat geschenkt, natürlich von einem Drachen stammend.

„Darf ich mal Ihre Toilette benutzen?“
„Natürlich.“

Ein einziges Mal hatte sie den kleinen Raum bereits gesehen, doch jetzt war er völlig umgestaltet; viel heller. Als sie mit der Hand über das Waschbecken fuhr und den Marmor fühlte, da lächelte sie über beide Ohren.

„Das ist nicht wahr oder?“, rief sie freudig nach draußen, so dass Severus sich genötigt fühlte, nach dem Rechten zu sehen.
„Was meinen Sie? Ist…“ Er verstummte, als er sein kleines Badezimmer betrachtete und sofort die Veränderung bemerkte.
„Ist das alles…“, sie deutete auf das Waschbecken, die Toilettenschüssel und die Badewanne. „Ist das alles etwa aus Albus’ Grab gemacht worden?“ Er war völlig sprachlos, so dass sie ganz richtig erkannte: „Sie haben das noch gar nicht gesehen?“
„Vor dem Frühstück sah es noch anders aus“, murmelte er.
„Sie haben es ihm wirklich gesagt?“, fragte sie lachend.
„Was? Dass er aus dem riesigen Marmorklotz am See lieber ein Waschbecken für mich meißeln lassen kann? Natürlich habe ich ihm das an den Kopf geworfen, aber dass dieser Verrückte das auch noch…“ Er schüttelte perplex den Kopf und dann geschah etwas, was Hermine seit ihrer Geburtstagsfeier im September nicht mehr gesehen hatte: Severus lachte.

Das Mittagessen in der großen Halle fiel noch üppiger aus als das Frühstück und Hermine konnte von dem köstlichen Truthahn, dem guten Gemüse und besonders von der Nachspeise nicht genug bekommen. Harry, Ginny und Remus feierten bereits mit ihren Familien, so dass am Tisch nur noch Albus, Minerva, Poppy, Pomona und die beiden Schüler Meredith und Gordian in einer netten kleinen Runde zusammensaßen.

Nach dem Essen war Hermine ihrem Tränkemeister erneut in die Kerker gefolgt, so dass er ihr am frühen Abend ein Glas Elfenwein anbot, bevor er fragte: „Haben Sie denn keine Familie, die Sie mit ihrer Suada begeistern können?“
„Nein.“ Hermine zählte im Geiste kurz bis fünf, um sich nicht über seine Bemerkung zu sehr aufzuregen. „Ich meine ja, aber meine Eltern sind bei Verwandten; da wollte ich nicht hin.“
Sie nahm einen Schluck Wein, während er fragte: „Warum?“
„Mein Onkel Eddie trinkt gern“, sagte sie und verzog dabei das Gesicht.
„Und was tun Sie gerade?“ Ein Schmunzeln kroch über seine Lippen.
„Ich meine, er trinkt gern einen über den Durst und dann finde ich ihn unausstehlich.“
„Warum? Redet er Sie dann in Grund und Boden?“
Sie presste beleidigt ihre Lippen zusammen. „Nein, er wird laut und ordinär, na ja, unausstehlich halt.“
„Mein Vater…“ Er überwand sich, nicht immer derjenige zu sein, der Sätze nicht beenden würde. „Mein Vater hat auch gern über den Durst getrunken“, beendete er leise.
Mutig fragte sie: „Wie ist er geworden, wenn er betrunken war?“
Einen Moment zögernd gab sich Severus einen Ruck und antwortete, während er auf sein eigenes Weinglas schaute: „Jedenfalls nicht laut und ordinär. Er ist sehr still geworden.“ Sein Seufzen war kaum zu hören, bevor er vervollständigte: „Still und gewalttätig. Er hat gern das Mobiliar zerschlagen.“ Er nahm einen Schluck Wein, bevor er sagte: „Das ist der Grund, warum ich nie mehr trinke als ich vertrage. Ich will nicht wissen, welche Auswirkungen Alkohol auf mein Wesen hat.“

Hermine fühlte sich, als hätte sie gerade eine Parallelwelt betreten, denn so offen hatte er noch nie mit ihr geredet.

Sich ihm zuwendend fragte sie mit milder Stimme: „War Ihr Vater alkoholsüchtig?“
„Mein Vater ist das, was man umgangssprachlich als ’Quartalssäufer’ bezeichnet.“
„Ist?“, wiederholte sie überrascht.
„Ich habe nie behauptet, er wäre verstorben.“ An seiner Stimme war zu hören, dass er das Gespräch mittlerweile verfluchte.
„Aber…?“ Viele Fragen formten sich in ihrem Kopf. Alle drängten sich zur gleichen Zeit in den Vordergrund – ähnlich wie viele Menschen, die zugleich durch eine Tür gehen wollten und stecken blieben –, so dass keine einzige von ihnen über ihre Lippen kam.
„Schockiert?“
„Nein…“ Zu mehr Worten war sie momentan nicht fähig.
„Hätte ich gewusst, dass ich Sie mit solchen Informationen gezielt mundtot machen kann, hätte ich Ihnen schon viel früher solche Auskünfte gegeben.“ Schelmisch blickte er zu ihr hinüber, so dass sie ein paar Mal blinzelte, bevor der Ernst der Lage sich in Luft auflöste und sie lächeln musste.
„Wo ist er jetzt?“, fragte sie viel entspannter.
„Ich habe ihn in einem Muggelheim untergebracht.“
„Wann?“, wollte sie wissen.
„Das ist schon lange…“ Er fasste sich an die Nasenwurzel und rieb sie, als würde er Kopfschmerzen vertreiben wollen – oder böse Erinnerungen. „Kurz bevor ich meinen linken Unterarm verstümmeln ließ.“
„Haben Sie es getan, damit Voldemort“, sie bemerkte, wie er sich verspannte, „Ihren Vater nicht gegen Sie…“
„Unfug! Ich hab es getan, weil ich mich nicht kümmern konnte. Ich….“ Er blickte auf und wechselte das Thema. „Wie wäre es mit unangenehmen Geschichten aus Ihrem Leben, Hermine?“ Sie ging in sich, bis sie ihn sagen hörte: „Da müssen Sie noch überlegen? Sie haben es wirklicht gut!“ Er musste nicht lange nachdenken, um sich peinliche Ereignisse ins Gedächtnis zurückzurufen.
„Na, das mit den Zähnen kennen Sie ja schon. Von meinem Irrwicht damals in der Schule werden Sie sicherlich auch gehört haben. Wenn ich ehrlich bin“, sie stockte, „dann haben einige meiner unangenehmen Erlebnisse mit Ihnen zu tun, also kennen Sie die alle.“
„Etwas aus Kriegszeiten vielleicht?“ Seine Verbitterung war deutlich zu hören.
„Ich möchte zu Weihnachten nicht über solche Momente reden“, flehte sie leise.

Unangenehme Stille nahm erneut den Raum ein. Den Ellenbogen hatte er auf der Seitenlehne abgelegt, den Kopf stĂĽtzte er mit seiner Faust. Mit der anderen Hand schwenkte er sein Weinglas.

„Ich kann Weihnachten nicht ausstehen“, hörte sie ihn flüstern.
Gedankenverloren verbesserte sie: „Sie können die Zeit zwischen Halloween und Weihnachten nicht ertragen.“ Es war ihr rausgerutscht. Sie hatte nicht vor, diesem Moment einen so bitteren Beigeschmack zu geben, doch es war zu spät.

Langsam richtete er sich wieder auf und blickte sie mit trüben Augen an. „Haben Sie es endlich herausgefunden, ja?“ Seine Worte waren harsch gewesen, zischend und bedrohlich wie von einer gereizten Kobra.

Sein Weinglas stellte er auf den Tisch, bevor er wie in Zeitlupe näher an sie heranrutschte. Eine Hand packte mit festem Griff die Rückenlehne direkt hinter ihr. Seinen Kopf führte er dicht an den ihren heran, so dass sie seine aufgeregte Atmung an ihrem Gesicht spüren konnte; einige ihrer Haare wurden davon bewegt als würde ein Geist sie berühren. In seinen braunen Augen züngelte das Licht der Fackeln, von denen sie erhellt wurden, doch da war noch mehr, viel mehr. Sie konnte alles sehen; sie konnte IHN sehen und die Verzweiflung, die ihn ihm steckte. Nicht die Bitte, sondern das Verlangen nach Hilfe stand in ihnen geschrieben. In seinem fahlen Gesicht zeichneten sich aus der Nähe betrachtet noch viel mehr Sorgenfalten ab und sie fragte sich, ob der Gram verschwinden würde, sollte sie mit ihren Fingern darüber streichen.

Mit einer unverträglichen Mischung aus Zorn und Hoffnung fragte unerwartet: „Und? Haben Sie herausgefunden, wie man mir helfen kann?“

So voller Zuversicht hatte sie ihn nie erlebt, auch wenn er es lästig fand, einem anderen Menschen so viel von sich preisgegeben zu haben; sie so tief in sein Leben eingelassen zu haben. Sie wollte unbedingt bejahen, wollte sagen, dass sie ihm helfen könnte und dass alles gut werden würde, aber das wäre eine Lüge und so schüttelte sie – nun selbst verzweifelt, weil sie noch immer nichts über die Ursache seines Leidens erfahren hatte – den Kopf und wandte ihren Blick von ihm ab, um nicht an seiner sichtbaren Enttäuschung zugrunde zu gehen.

„Nichts?“, fragte er verstört nach, bevor er sie am Handgelenk packte, so dass sie wieder aufblickte. Ihre Atmung hatte sich beschleunigt. Er wollte es nicht glauben. „Es gibt nichts, rein gar nichts?“ Sie suchte nach Worten, um ihm verständlich zu machen, dass sie noch nicht wusste, warum man ihm überhaupt helfen musste; was damals geschehen war. „Sie sind Heilerin!“ Er hatte ihr ihre Berufsbezeichnung zum Vorwurf gemacht. Seine Enttäuschung konnte er nicht verbergen. „Es muss etwas geben! Vielleicht haben Sie etwas übersehen?“ Wieder ein Hoffnungsschimmer in seinen Augen. Der Druck an ihrem Handgelenk verstärkte sich. „Irgendetwas?“ Nun flehte er.
„Severus…“ An einer der Silben seines Namens war ihre Stimme gebrochen. Hermine haderte mich sich, spielte sogar mit dem Gedanken, Wissen vorzutäuschen, um mehr von ihm zu erfahren, doch in diesem Spiel war sie nicht gut genug; sie war keine Slytherin.

Während sie ihn anblickte, seine strapazierte Geduld erkannte und auch die Hoffnung in seinen Augen, da hörte sie mit einem Male in ihrem Kopf die Worte, die Albus einst an sie gerichtet hatte und seine Worte waren wegweisend für ihr jetziges Verhalten Severus gegenüber. Albus hatte damals gesagt: „Ihnen, Hermine, liegt der Dialog viel mehr. Sie verfügen über zwei sehr ausgeprägte Eigenschaften. Zum einen wäre da Ihre Wortgewandtheit und zum anderen Ihre Aufrichtigkeit. Mit beiden Eigenschaften zusammen können Sie mehr verschlossene Türen öffnen als mit halbherzigen Auskundschaftungen, die von Ihrem Gewissen vereitelt werden.“

„Ich will Ihnen helfen“, sagte sie mit ungewohnt zarter Stimme. Er nickte im Einvernehmen und hörte weiterhin ihrer ruhigen Stimme gespannt zu, als sie ihm klarmachte: „Aber es gibt Situationen, bei denen ich Ihre Hilfe benötigen werde.“ Seine zitternden Lippen kniff er nur einmal kurz zusammen, bevor er nochmals zustimmend nickte. Sie schluckte aufgeregt. Es war nicht einfach, in so ernsten Momenten die richtigen Worte zu finden. Ein Ausrutscher würde genügen und schon wäre sie wieder um Wochen zurückgeworfen, um aufs Neue um sein Zutrauen kämpfen zu müssen.

„Ich bin Ihre Freundin“, sagte sie so aufrichtig, dass die Wahrheit ihrer Worte nicht anzuzweifeln waren. Seine fehlende Reaktion nutzte sie, um zaghaft nachzufragen: „Richtig?“ Er blinzelte ein paar Mal, nickte jedoch. „Gut“, sagte sie erleichtert und atmete einmal tief durch. Seine Hand, die noch immer ihr Handgelenk umfasste, lockerte ihren kraftvollen Griff. Als sie das bemerkte, legte sie ihre andere Hand auf seine.

„Um helfen zu können, muss ich viel genauer wissen, was im Detail geschehen ist. Ich habe nur unsichere Vermutungen und kann mich schwer aufs Wesentliche konzentrieren.“
Ein Muskel an seinem Augenlid zuckte, bevor er sich seiner Illusionen beraubt fühlte und sich die vernichtende Gewissheit in seinem Gesicht manifestierte; zudem deutlich in seiner Stimme zu hören war, als er sagte: „Sie wissen nichts.“ Dieser ausgesprochene Fakt war für sie und ihn gleichermaßen niederschmetternd.

Er wollte sich abwenden, seine Hand aus ihrer befreien, doch sie hielt fest.

„Ich weiß nichts Genaues, das ist richtig, aber ich habe Vermutungen. Vielleicht ist die richtige längst dabei und ich erkenne sie nur nicht?“ Sie ließ seine Hand nicht los. „Severus, bitte! Ich brauche Hilfe!“
„Wenn es so leicht für mich wäre“, begann er leise, „darüber offen zu reden, meinen Sie nicht, dass ich nach Voldemorts Tod sofort ins Krankenhaus gegangen wäre?“ Er riss seine Hand weg, blieb aber dicht bei ihr sitzen und richtete seinen starren Blick auf das Weinglas vor sich, bevor seine freudlose Stimme durch den Raum wisperte. „Ich hätte zu Poppy gehen können, wäre sogar bei Slughorn vorstellig geworden, aber…“ Er schluckte und beugte sich leicht nach vorn, um die Ellenbogen auf den Knien abzulegen. Seine Augen bedeckte er mit den Händen, bevor er mutlos sagte: „Ich bin mit Dingen in Berührung gekommen, die unwiderruflich Verderben bringen. Auf das Wesen und das Empfinden; auf all das, was einen Menschen ausmacht, darf man nicht einwirken, denn das sind Gebiete, die sich uns noch nicht erschlossen haben. Geheimnisvolle Gebiete, an deren Oberfläche wir bisher nur zaghaft gekratzt haben, ohne auch nur zu ahnen, was sich hinter dem Mysterium verbirgt, das wir schlicht als Seele bezeichnen.“

Ihr Herz pochte so laut, dass sie ihr Blut in den Ohren rauschen hören konnte und ihre Hände zitterten, doch nichtsdestotrotz legte sie eine Hand auf seine Schulter. Er erschrak im ersten Moment, doch wehrte die Hand nicht ab.

„Verstehen Sie, Hermine?“, fragte er ruhig.
Das Beben aus ihrer eigenen Stimme zu verbannen fiel ihr schwer, doch sie musste nicht verbergen, dass seine Worte sie bewegt hatten und so sagte sie hörbar gerührt: „Ich habe so etwas geahnt, Severus.“
„Und trotzdem kümmern Sie sich noch?“, fragte er mit geschwächtem Spott in der Stimme. „Ich habe mit dem Unbekannten gespielt, ohne zu wissen, was ich am Ende für Resultate erzielen werde. Nicht einmal die Natur würde mich noch menschlich nennen und was machen Sie? Sie kümmern sich noch immer.“
„Natürlich“, bestätigte sie den Tränen nahe.
„Das Wort ’natürlich’ bedeutet ’zur Natur gehörend’ und ich, Hermine, finde mich nicht mehr in dieser Klassifizierung wieder. Ich habe die Besonderheiten, die ein menschlichen Wesen ausmachen, mit Füßen getreten und mich ihrer entledigt, so dass selbst Mutter Natur mich nicht einmal mehr als lebensfähig bezeichnen würde.“
Seine Melancholie war für sie schwer zu ertragen, so dass sie ihm wütend vor Augen hielt: „Es ist ja nicht alles weg! Wie sonst könnten Sie noch dazu fähig sein, einen so wunderschönen Patronus zu formen?“
„Das ist nur ein kleiner Teil in mir, den ich nicht auslöschen wollte“, sagte er traurig und Hermine musste in diesem Moment an Lily denken.
„Ich kann Veränderungen an Ihnen ausmachen, Severus“, sagte sie mit Hoffnung in der Stimme. „Es tut sich was! Sie können das nicht einfach ignorieren und aufgeben. Was ist mit Ihrer Augenfarbe?“
„Wenn ich ganz ehrlich bin – nicht nur zu Ihnen, sondern zu mir selbst – dann bin ich fest davon überzeugt, dass das gelegentliche Auflodern dieses kleinen Überbleibsels nicht mehr mit den heißesten Schmelzöfen und den schwersten Hämmern zusammengeschmiedet werden kann und der Grund dafür ist einfach, denn woher den fehlenden Teil nehmen?“
„Ich bin davon überzeugt, dass es andere Möglichkeiten gibt! Sie hatten über 20 Jahre Ruhe, warum verändert sich erst jetzt etwas bei Ihnen? Sie haben Harry diesen Hinweis gegeben, weil Sie tief in Ihrem Innersten wissen, dass es eine Lösung geben kann, auf die nicht Sie selbst, aber womöglich andere kommen.“
„Ihren Enthusiasmus weiß ich zu schätzen, Hermine, denn ich war selbst so voller Hoffnung, doch die Wahrheit ist damit nur doppelt so ernüchternd, denn wie heißt es so schön: ’Hoffnung ist der erste Schritt auf der Straße der Enttäuschung!’. Ein Sprichwort, welches in meinem Fall leider zutreffend ist.“
„Es heißt aber auch“, konterte Hermine bewegt und auch wütend, „’Die Hoffnung stirbt zuletzt.’ und das ist ein Sprichwort, das auf mich zutrifft.“


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