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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Flora und Fauna der magischen Welt

von Muggelchen

Jeder hatte seine Aufgabe bekommen. Harry sollte sich um die tierischen und mineralischen Zaubertrankzutaten kümmern und alles über sie herausfinden, was die Bücher hergaben. Anfangs war er erschrocken, weil er glaubte, er hätte mehr zu tun als Remus, doch nachdem Hermine ihm die Liste gegeben hat, konnte er erleichtert durchatmen; es handelte sich nur um drei Zutaten. Der arme Remus, dachte Harry, war mit einundzwanzig pflanzlichen Zutaten offensichtlich sehr gut ausgelastet, doch der murrte nicht, nachdem er seine Liste überflogen hatte. Im Gegenteil, denn Remus sagte mit leuchtenden Augen, als er eine bestimmte Zutat entdeckt hatte: „Oh, das könnte interessant werden!“

Informationen über alles zu beschaffen, was mit der menschlichen Seele in Zusammenhang stand, machte sich Hermine zur Aufgabe. Sie hatte beim Minister, dem sie ganz offiziell ein Schreiben geschickt hatte, um Einblick in die Krankenakten von Verurteilten gebeten, die dem Kuss eines Dementors ausgesetzt gewesen waren – zu Forschungszwecken. Weil sie Heilerin war – oder weil sie Arthur sehr gut kannte –, verwehrte man ihr den Zugriff nicht, doch sie musste im Vorfeld viele Fragen beantworten. Besonders war Hermine an den Berichten von Ministeriumsmitarbeitern interessiert, die tatsächlich mal einem solchen Kuss zugesehen hatten; ob nun versehentlich oder absichtlich.

Mit vielen Auflagen, die über eine zeitlich sehr knappe Begrenzung des Studiums der Gefängnisakten, bis hin zu von ihr zu unterzeichnenden Anträgen, mit denen sie ihr absolutes Stillschweigen versichern sollte, hatte das Ministerium ihr die Unterlagen tatsächlich recht schnell zukommen lassen. Sie hatte drei Tage Zeit, um die Berge an Dokumenten zu studieren.

Ohne Zeit zu verlieren machte sich Hermine sofort an die Arbeit und vergaß derweil ihre Mahlzeiten einzunehmen. Wenn Wobbel nicht gewesen wäre, der ihr dann und wann unaufgefordert einen Happen zu essen brachte und zu entsprechender Zeit auch mal einen Tee oder Saft, dann wäre Hermine wahrscheinlich dehydriert.

Die gut zwanzig Kilo Pergament, die das Ministerium ihr zur Ansicht geschickt hatte, war Hermine in Windeseile durchgegangen, damit sie sich die wichtigen Schriftstücke herauspicken konnte, auf die sie sich konzentrieren wollte. Es waren nicht die vorher/nachher-Berichte über Gefangene, auf die sie es abgesehen hatte, sondern die wenigen Augenzeugenberichte, die vielleicht etwas über das Verhalten und Aussehen der Seele sagen konnten, wenn diese während des Vorgangs des Dementorkusses überhaupt zu sehen wäre.

In einer Zeitspanne von ungefähr vierzig Jahren waren sechs schriftliche Aussagen und Berichte von Zeugen zustande gekommen, die dem Kuss eines Dementors als Zuschauer beigewohnt hatten. Fünf von ihnen waren kurz darauf zu Patienten des Mungos geworden und sie waren es noch heute, sofern sie nicht bereits den Tod gefunden hatten. Der Sechste war der Einzige, der nach der Urteilsvollstreckung eines Häftlings noch imstande gewesen war, einen vollständigen und detaillierten Bericht über seine Beobachtungen zu verfassen. Die Aufzeichnungen umfassten mehrere Seiten und es wurde sehr genau geschildert, was während dieses Dementorkusses geschehen war.

Eine Gänsehaut lief Hermine den Rücken hinunter und sie verfluchte ihre Fantasie, weil sie sich das Gelesene bildlich sehr gut vorstellen konnte. Sie nahm einen Schluck Tee, bevor sie sich still der Aussage eines Zeugen widmete. Sie las in Gedanken:

’Der verurteilte Mörder wartete in entsprechender Zelle auf dem Boden zusammengekauert auf den Kuss. Als sich der angeforderte Dementor näherte, begann der Häftling aufgrund der gefühlten Minusgrade heftig zu zittern. Er kroch auf dem Boden herum, suchte schluchzend nach einem Ausweg und bemerkte mich, wie ich durch den Schlitz in der Tür hineinspähte. Das Flehen, ihn hinauszulassen, gefolgt von den Versprechungen, ein guter Mensch zu werden, war vorhersehbar und berührte weder mich noch den Dementor. Obwohl man ihn im Vorfeld darüber aufgeklärt hatte, dass er nicht um sein Leben fürchten muss, war seine Todesangst nicht zu übersehen. Es folgte erneut der verzweifelte Versuch des Gefangenen, alternative Vorschläge zu seiner Urteilsvollstreckung zu unterbreiten: Wiedergutmachung bei den Familien der Opfer, lebenslange freiwillige Dienste im sozialen Bereich, am Ende die Bereitschaft, uneingeschränkt alles tun zu wollen, was man von ihm verlangte, wenn man nur den Dementor aufhalten würde. Bis zuletzt hatte der Gefangene nicht nur mich, sondern auch den Dementor um Gnade gebeten, was ihn nicht vor der gerechten Strafe bewahrte.

Der Dementor schwebte auf den Mann zu und begann alsbald mit der Vollstreckung – mit dem Kuss. Entgegen der allgemeinen Vermutung, dass der Kuss nur wenige Sekunden andauern würde, wurde ich vom Gegenteil Zeuge. Anfangs verköstigte sich der Dementor an glücklichen Erinnerungen, sofern noch welche nach den neun Jahren, die der Mann bereits in Askaban absitzen musste, vorhanden waren. Während dieser Phase kroch der Gefangene zur Tür und richtete sich auf; sah mich an. Gut zu erkennen waren die noch tiefblauen Augen, mit denen er trübe und ziellos umherblickte. Noch immer bat er, die von ihm als Irrsinn bezeichnete Vollstreckungsmethode zu überdenken. Noch bevor alle glücklichen Momente genommen waren, zeichnete sich Melancholie im Gesicht des Gefangenen ab.

Ich darf vermuten, dass es Taktik eines Dementors ist, das Opfer zunächst jeglicher Lebensfreude zu berauben, damit es sich gegen den eigentlichen Kuss weniger zur Wehr setzt.

Mit bloßem Auge konnte ich nur wenig von der spärlich leuchtenden Energie erkennen, die aus dem Mund des Gefangenen gesaugt wurde. Mehr konnte ich jedoch mit meinem anderen Auge sehen. Die Seele möchte ich wie eine zähe, üppige Masse beschreiben, die kaum noch durchsichtig war, sondern strahlend weiß leuchtete. An einigen Stellen wies sie grobe Risse auf, was der Gefangene mit seinen Morden selbst zu verantworten hatte; der Dementor war nicht in der Lage gewesen, die partiell gespaltene Seele in einem Stück zu vertilgen. Immer wieder öffnete er seinen Mund und setzte neu an. Der Gestank des Dementors war für mich, weil das Szenario direkt vor meinen Augen stattfand, nur noch schwer zu ertragen, doch viel schlimmer waren die wimmernden Geräusche des Gefangenen, der abscheuliche Qualen erlitt, die vermutlich mit kaum einem vorstellbaren Schmerz zu vergleichen war.

Ich konnte auch den Grund dafür sehen, warum es für Menschen so schwer zu ertragen war, einem Kuss lediglich beizuwohnen, denn es war nicht nur der Geküsste, der so herzzerreißend um Hilfe flehte, sondern auch dessen Seele, die – kaum hatte sie den Körper durch den Mund verlassen – in alle Richtungen zu entweichen versuchte, um nicht dem Dementor zum Opfer zu fallen. Zweimal konnte ich einem dieser austretenden und langsam verblassenden Seelenteile aus dem Weg gehen, doch am Ende hatte mich ein kleiner Fetzen gestreift. Die Berührung einer Seele, die solche Qualen erleidet, weckt wahrscheinlich in jedem Menschen eine tiefe Erschütterung, denn der winzige Teil des Gefangenen, dem ich nicht ausweichen konnte, schien mit meiner Seele kommuniziert zu haben; hatte mein Innerstes um Hilfe angefleht. Verständlich ist daher, dass Menschen, die die entströmende Seele mit bloßem Auge nicht wahrnehmen und deswegen nicht zur Seite treten können – dem überwältigenden emotionalen Kontakt hilflos ausgeliefert sind –, der daraus resultierenden, psychischen Belastung nicht standhalten können. Selbst an mir, der nur von einem kleinsten, sichtbar vergehenden Hauch berührt worden war, ist diese ergreifende Verbindung nicht spurlos vorübergegangen.

Ich konnte beobachten, wie mit dem Entweichen der Seele auch die blauen Augen des Gefangenen von Mal zu Mal dunkler wurden. Vollständig schwarz wurden sie erst, nachdem der Dementor sich dem letzten Teil der Seele widmete. Es handelte sich um ein augenscheinlich sehr kleinen Teil, nur unwesentlich größer als ein Glühwürmchen, der das Herzstück der Seele darzustellen schien, denn an Intensität war es von den zuvor beobachteten Seelenstücken schon rein optisch nicht zu übertreffen. Erst nach Verlust dieses Herzstücks wies der Gefangene die üblichen Merkmale eines Geküssten auf: teilnahmsloser Blick, emotionslose Miene, eine schwarze Augenfarbe, Antriebslosigkeit. Der Mann konnte sofort nach der Urteilsvollstreckung mit seiner Arbeit in der Küche beginnen.

Die Behauptung, ein Dementorkuss würde schmerzlos vonstatten gehen, ist hiermit widerlegt. Ich empfehle dem Ministerium, die Dementoren zwar weiterhin als Wächter in Askaban einzusetzen, aber von einer Bestrafung durch den Kuss abzusehen. Auch die nicht öffentlich gemachte Überlegung, in der Mysteriumsabteilung aufbewahrte Gegenstände zur Bestrafung für Gefangene zu verwenden, ist aufgrund zu weniger Informationen über entsprechende Objekte nicht ratsam.’

Tief Luft holend schloss Hermine die Augen und da bemerkte sie, dass ihre Wimpern ein wenig zusammenklebten. Sich die Augen am Ärmel trocknend griff sie sich ihren Kniesel, der in eine Duldungsstarre verfiel und sich von seinem Frauchen, die das jetzt dringend brauchte, streicheln ließ. In Gedanken ging sie das Gelesene nochmals durch. Für den Gefangenen empfand sie großes Mitgefühl, auch wenn der Ministeriumsbericht sehr nüchtern verfasst worden war. Was er auch getan haben sollte, ein lebenslanger Aufenthalt in Askaban wäre ihrer Meinung nach Strafe genug gewesen. Nicht einmal ihrem ärgsten Feind würde sie einen Dementorkuss wünschen.

Als ihre Logik und ihr Forscherdrang wieder Oberhand gewann, wurde sie skeptisch und las nochmals einen bestimmten Abschnitt.

’Mit bloßem Auge konnte ich nur wenig von der spärlich leuchtenden Energie erkennen, die aus dem Mund des Gefangenen gesaugt wurde. Mehr konnte ich jedoch mit meinem anderen Auge sehen.’

Hermine blätterte zum Ende des Berichts und legte eine Hand auf ihre Brust, als sie die Unterschrift von Alastor Moody erblickte. Er war derjenige gewesen, der den Bericht verfasst hatte; der einem Kuss beigewohnt und nicht den Verstand verloren hatte, weil er mit seinem magischen Auge dazu imstande gewesen war, sich vor den Seelenteilen in Acht zu nehmen, die ihn ansonsten mit ihrer vollen, emotionalen Wucht getroffen hätten.

Das schriftlich festgehaltene Szenario durchdenkend zog Hermine eine vage Assoziation zu dem von Alastor als „Kernstück“ benannten Teil der Seele, der als Letzter den Körper verlassen hatte und dem von Severus als „kleines Überbleibsel“ bezeichneten Rest, der bei ihm ab und an noch aufzulodern vermochte.

Es klopfte.

Dunkle Augen, die sofort wie ein Chamäleon die Farben wechselte, nachdem sie ihren Gast herzlich gegrüßt hatte, blickten sie erst skeptisch an, bevor Severus vorwurfsvoll fragte: „Ist Ihnen heute vielleicht irgendetwas entgangen?“ Mit zusammengekniffenen Augen dachte Hermine angestrengt nach, doch ihr fiel nichts ein, so dass Severus ihr auf die Sprünge half: „Der Wolfsbanntrank rührt sich nicht von allein an.“
„Oh.“ Sie hatte ihn doch glatt vergessen. „Ich komme sofort!“
„Nicht mehr notwendig, er köchelt bereits auf kleiner Flamme. Es wäre nur nett zu erfahren, ob Sie sich morgen und übermorgen eventuell auch rar machen möchten.“
Er klang so missgestimmt, dass es ihr Leid tat, ihn in letzter Zeit vernachlässigt zu haben. „Severus, bitte nehmen Sie es mir nicht übel. Ich werde die anderen beiden Tränke für Remus brauen, versprochen!“

Während sie gesprochen hatte, war sein Blick in ihrem Zimmer umhergeschweift und verweilte am Ende auf den vielen aufgeschlagenen Akten auf ihrem Couchtisch, bevor er sie fragend anschaute.

Sie schaute kurz hinter sich, bevor sie sich Severus zuwandte. „Sie könnten mir helfen, wenn Sie Zeit haben?“
„Ich denke nicht“, erwiderte er nüchtern.
Einen letzten Blick auf die Unordnung auf ihrem Tisch werfend drehte er sich um, doch sie hielt ihn mit einer unerwarteten Frage vom Gehen ab, weil sie unverblümt fragte: „Haben Sie ’lacus aeterna’ verändert?“ Nur mit der Information, ob das Rezept des Trankes, der sich an der Seele zu schaffen gemacht hatte, von ihm verändert worden war, konnte sie zielstrebig weiterarbeiten.

Wie versteinert war Severus auf dem Gang im vierten Stock stehen geblieben, doch er drehte sich nicht zu ihr um. Sie ahnte, dass er den Trank modifiziert haben musste, denn ansonsten war dessen Auswirkung nicht lenkbar und Severus wäre dieses Risiko sicherlich nicht eingegangen.

Kaum zu vernehmen hörte sie ihn antworten. „Nein.“ Er klang ruhig, wenn auch sehr mutlos.
Zu einer Frage ansetzend entwich Hermine nur das erste Wort: „Aber…“

Schnelle Geistesblitze hinderten sie am Reden, denn in Gedanken ging sie zig verschiedene Möglichkeiten durch. Sie konnte und wollte nicht glauben, dass er so unvorbereitet einfach diesen Trank gebraut und eingenommen haben sollte, denn das hätte ihn auch seine gesamte Seele kosten können, wie es in dem Buch „Leib und Seele“ geschildert wurde. Es hatte nicht gerade wenige Fälle gegeben, bei denen die Patienten ähnlich wie nach einem Dementorkuss völlig antriebslos waren und schwarze, entseelte Augen bekommen hatten.

„Denken Sie einen Schritt weiter“, gab er als Hinweis, als hätte er ihre Gedankengänge genau vernommen. Auf der Stelle kam sie seinem Ratschlag nach und mit einem Male manifestierte sich eine mögliche Antwort vor ihrem inneren Auge. In dem Buch „Schützende Hände“ hatte sie von Tränken gelesen, die etwas bewahren würden. Tränke, die den Intellekt schützen und somit gegen Senilität immun machen konnten; Tränke, die die vorhandene Liebe zu einem Menschen immer aufrecht erhalten würden. Sie hatte auch von einem Schutztrank gelesen, der bestimmte Bereiche des Herzens und des Geistes behüten konnte. Es wäre nicht unmöglich, dachte Hermine, dass er auch einen Trank eingenommen hatte, der ihm einen Teil seiner Seele sicherte.

„Severus…“ Doch kaum hatte sie seinen Namen gesprochen, da setzte er sich wieder in Bewegung, um in den Kerkern den Trank für Remus brauen zu können.

Eben jener Remus kniete in dem Zimmer neben Hermines auf dem Boden direkt vor seinem kleinen Couchtisch, der unter der Last etlicher Bücher, die er aus der Bibliothek ausgeliehen hatte, zusammenzubrechen drohte. Schon die erste Zutat, wenn sie auch selten war und genauso selten Verwendung fand, hatte es in sich. Auf zwölf Seiten Pergament waren seine Gedanken bereits notiert. Er war in einem Buch über den Begriff „vegetatives Seelenvermögen“ gestoßen, was ihn hellhörig werden ließ. Als er diese Spur weiterverfolgt hatte, war er am Ende bei einer Schrift von Aristoteles gelandet, der so genannten „De anima“, einer antiken Abhandlung über die Seele. Das war eigentlich Hermines Thema, doch wenn er schon darüber stolperte, würde er sich auch gewissenhaft damit befassen.

Nach diesem historischen Ausflug war ihm ein weiteres Buch in die Hände gefallen, in welcher diese erste Pflanze, die Hermine ihm auf die Liste geschrieben hatte, detailliert behandelt wurde – der „Gespenstische Steinregen“. Im Gegensatz zu seinem tropischen Verwandten, der „Unheimlichen Gespensterpflanze“, die ohne große Lichteinwirkung schnell und hoch wachsen konnte, konnte man die magische Variante dieser Kletterpflanze mit ihren riesigen Blüten an Orten finden, an denen kein einziger Sonnenstrahl heranreichte. Die nicht vorhandene Sonnenbestrahlung machte den „Gespenstischen Steinregen“ zu einer Pflanze, die – wenn überhaupt – in fragwürdigen und auch schwarzmagischen Tränken Verwendung fand. Die großen Kapselfrüchte der Pflanze waren als Zutat besonders wirkungsvoll und waren Bestandteil des Trankes, den Severus vermutlich eingenommen hatte. Die Inhaltsstoffe des Fruchtfleischs der Pflanze konnten auf den Thymus einwirken.

Remus stutzte und notierte sich sofort, dass er nachschlagen musste, welches Organ im menschlichen Körper mit Thymus gemeint sein würde, doch dann hielt er inne und dachte nach. Gerade eben war er über etwas Ähnliches gestoßen und so nahm er nochmals die Abhandlung von Aristoteles in die Hand und las. Da war es, dachte er. Thymus war nichts anderes die latinisierte Form des griechischen Thymos und das war laut Homer die Bezeichnung für die Gemütslage eines Menschen.

„Wäre es möglich…?“ Remus fragte sich selbst, ob das genannte Organ womöglich der Sitz aller Empfindungen darstellen könnte, denn wenn eine Zutat in einem Trank verwendet wird, die auf den Thymus einwirken kann…

Ein Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Persönlich seinen Gast empfangend, weil er es für höflicher hielt als die Tür einfach nur per Stab zu öffnen, staunte er nicht schlecht, als Severus vor ihm stand – mit einem Kelch in der Hand, dessen Inhalt den unverkennbaren Gestank der ursprünglichen Form des Wolfsbanntrankes verströmte.

„Severus, komm doch rein“, bat Remus freundlich, doch der schüttelte ablehnend den Kopf.
„Nein danke, wenn Sie die Freundlichkeit besäßen und den Trank endlich einnehmen würden?“

Den Kelch entgegennehmend verzog Remus das Gesicht, denn er wĂĽnschte sich das angenehme Vanillearoma herbei, welches Hermine dem Trank immer beigemischt hatte. Er wĂĽrde sich jedoch nicht bei Severus beschweren, denn er war froh, dass es ĂĽberhaupt jemanden gab, der ihm den Trank zubereitete.

„So lange er noch heiß ist“, zischte Severus ungeduldig.

Es gab nur eine Möglichkeit und daher nahm Remus den Trank genauso ein wie früher: Luft anhalten und das Gebräu hinunterstürzen.

„Ich glaube“, begann Severus gereizt, „ich werde lieber Albus darüber unterrichten, dass Sie anscheinend die Zeit für Ihren Trank vergessen haben.“ Er kniff die Augen unmerklich zusammen und fügte mit öliger Stimme hinzu: „Wie schon einmal, das ist unverantwortlich!“
„Severus, ich…“
„Ihren Pass!“, forderte Severus.
„Was?“
Einmal die Augen rollend erwiderte Severus genervt: „Ihren Tränkepass!“
„Oh ja, Moment bitte.“

Remus stürzte zum Tisch hinüber, doch der Tränkepass vom Ministerium war irgendwo unter den ganzen Büchern vergraben. Ein Aufrufezauber würde sicherlich für Unordnung sorgen, so dass er die Bücher einzeln anhob, um unter ihnen nachzusehen. Severus wartete in der Zwischenzeit an der offen stehenden Tür und er machte keine Anstalten, seinen Missmut über die lange Wartezeit zum Ausdruck zu bringen, denn er seufzte laut.

Endlich hatte er den Tränkepass gefunden, auf dem Severus für heute seine Unterschrift gab. Remus gab ihm gleich darauf den Kelch zurück, doch bevor Severus mehr als zwei Schritte gehen konnte, fragte Remus ihn: „Sag mal, du bist ja sehr bewandert in…“ Der finstere Blick seines ehemaligen Mitschülers, der sich in Windeseile umgedreht hatte, ließ ihn stocken. „Ich meine, vielleicht kannst du mir helfen. Es geht um ein menschliches Organ.“ Da Severus stehen geblieben war und zuhörte, fragte Remus ganz deutlich: „Weiß du, was der Thymus ist und wo er liegt?“

Gleich einer Raubkatze bewegte sich Severus lautlos auf ihn zu, bis er dicht bei ihm stand und eine Hand hob. Remus wich aufgrund der unerwarteten Bewegung zurück, woraufhin Severus hämisch grinste.

„Der Thymus“, begann er, während er abermals die Hand hob, „ist ein zweilappiges Organ, welches sich beim Menschen“, die Hand wanderte zu Remus’ Brustkorb, „gleich oberhalb des Herzens befindet, genau…“ Er tippte mit einem langen Zeigefinger auf eine Stelle auf Remus’ Brust, die sich ungefähr in Achselhöhe befand. Die Hand wieder fallen lassend fügte Severus bösartig hinzu: „Eine Stelle, die von Werwölfen gern aufgebrochen wird, damit sie ans Herz ihres Opfers gelangen können.“
Die Lippen zusammenpressend und die Bemerkung hinunterschluckend versicherte Remus betroffen: „Ich habe nie irgendwas bei irgendjemandem ’aufgebrochen’, Severus.“
„Jedenfalls nicht, sofern Sie sich erinnern, nicht wahr?“, stichelte der Tränkemeister.
„Ich…“ Im Moment war Remus nicht sauer, sondern verletzt, was sich in seiner Stimme niederschlug. „Ich weiß, dass man immer Vorkehrungen getroffen hat. Ich kann mich daran erinnern, dass meine Eltern mich abends in den Keller gebracht haben, in einen Raum.“ Er blickte Severus an und fügte hinzu: „Und ich kann mich daran erinnern, dass sie mich am nächsten Morgen wieder genau dort herausgelassen haben. Ich bin nie umhergestreift und habe keine Menschen…“ Remus’ Kehle schnürte sich bei dem Gedanken zusammen, nur einmal beinahe einen Menschen umgebracht zu haben.
Als Tatsache hielt Severus ihm vor Augen: „Sie haben damals das Leben von vielen Kindern in Gefahr gebracht, nur weil sie Pettigrew in die Finger bekommen wollten und da halten Sie mir noch heute vor, dass ich dafür gesorgt habe, Sie von der Schule zu entfernen?“

Remus nickte verbissen. Nun war er wirklich sauer, denn er hatte den Wolfsbanntrank in Harrys drittem Schuljahr natürlich nicht absichtlich vergessen, doch noch wütender war er, weil Severus Recht hatte. Es hätte nicht passieren dürfen; es hätte ihn nicht so aus der Bahn werfen dürfen, Peter auf der Karte zu sehen und zusätzlich noch Sirius. Alles hatte plötzlich einen Sinn ergeben und einzig die Gelegenheit, den wahren Mörder von Lily und James seiner gerechten Strafe zuzuführen, war an diesem einen Abend noch wichtig gewesen.

Gerade wollte Remus sich zu der Situation äußern, da schüttelte Severus sanft den Kopf und sagte mit ruhiger Stimme: „Die Gründe kenne ich nur zu gut! Aber stellen Sie sich vor, was geschehen wäre, hätten Sie in dieser Nacht womöglich Harry, Hermine und Mr. Weasley getötet; mich vielleicht gleich noch mit – kein großer Verlust. Ich war zu dem Zeitpunkt sowieso bewusstlos.“ Selbst für einen Widerspruch hatte Remus keine Gelegenheit bekommen, denn Severus riet ihm eindringlich: „Vergessen Sie Ihren Trank niemals!“
„Werde ich nicht“, murmelte Remus schuldbewusst.

Ob es Angst gewesen war, die Severus dazu angetrieben hatte, ihm diesen als Ratschlag getarnten Befehl zu geben, konnte Remus nicht deuten. Viele Menschen durften sich in ihrem Leben Fehler erlauben, aber er selbst, das wusste er schon als Kind, musste besonders wegen seiner Infektion immer mit wachen Sinnen agieren.

Severus ließ ihn allein, ohne ein weiteres Wort zu verlieren und Remus seufzte, bevor er sich ein Kissen von der Couch nahm, um auf ihm auf dem Boden zu knien, damit er die nächste Pflanze auf der Liste unter die Lupe nehmen konnte.

Im Erdgeschoss hatte Harry es sich auf seiner Couch mit einem Buch gemütlich gemacht, als sich plötzlich die Tür öffnete und eine verdutzt dreinblickende Ginny ihn begaffte.

„Was ist? Hab ich was im Gesicht?“ Harry tastete vorsorglich seine Mundwinkel ab.
„Nein, es ist nur ein seltenes Bild, dich mal mit einem Buch auf dem Schoß zu sehen“, scherzte sie.
Nörgelnd versicherte er: „Ich kann lesen!“
„Ist ja gut“, sagte sie schmunzelnd, bevor sie ihren Stab nahm, um eine Windel für Nicholas herbeizurufen. „Ich geh gleich wieder zu Pomona. Du hast doch nichts dagegen? Neville ist auch da, Harry, vielleicht möchtest du mitkommen?“
„Nein, ich habe Hermine was versprochen und das möchte ich halten. Grüß Neville schön von mir, ja?“
„Mach ich“, sagte Ginny und war auch schon wieder verschwunden.

Früher wäre Harry sicherlich lieber mit Ginny mitgegangen, um sich mit ein paar guten Freunden die Zeit zu vertreiben, aber es war seiner Meinung momentan nicht nur wichtig, für Hermine Bücher zu wälzen, sondern er hielt es auch für richtig; außerdem – das konnte er selbst kaum fassen – machte es ihm Spaß. Er musste zwar nur drei Zutaten recherchieren, aber schon dieser Fisch war so spannend, dass die bisher gesammelten Informationen Harrys Interesse an Meerestieren geweckt hatten.

Der „Drachenfisch“ konnte von Muggeln nicht gesehen werden und wurde von ihnen höchstens mal als ein seltsames Licht im Wasser wahrgenommen, denn er besaß Leuchtorgane und gerade diese Leuchtorgane zählten zu den begehrten Zaubertrankzutaten. Einen Augenblick lang fragte er sich, ob der Trank „Der Ewige See“ heißen würde, weil viele Zutaten verwendet wurden, die einem Gewässer entsprangen. Anders als seine Verwandten liebte dieser magische Fisch auch das Süßwasser und verkroch sich gern in den unterirdischen, gefluteten Höhlen der schottischen Seen. Die Drachenfische waren nicht sehr selten, aber sie hatten für den Magier von heute kaum eine Funktion. Als Speisefisch taugten sie nicht. Zudem waren sie durch ihr hässliches Äußeres nicht als Zierfische geeignet und – das hatte in einem Buch von einem Alchimisten gestanden – sie waren ausgesprochen angriffslustig, wenn man ihnen zu nahe kam, auch wenn sie maximal nur vierzig Zentimeter lang werden konnten. Die grätigen Zähne, die Harry auf einer Zeichnung sehen konnte, waren mit Sicherheit messerscharf.

Er notierte sich alles über die Leuchtorgane: ihren Sitz im Fischkörper, ihre Funktion und bekannte Tränke, in denen sie Anwendung fanden. Er fand sogar eine Auflistung von Seen, in denen diese Fische gesehen worden waren.

Das zweite Tier, über dessen Schuppen Hermine etwas erfahren wollte, war ein Knucker. Die Stirn runzelnd überlegte Harry, ob er damals in der Schule jemals etwas über ein Tier mit so einer Bezeichnung gelernt hatte. Ein Lexikon wälzend, welches Hermine ihm vor Jahren mal geschenkt hatte, fand er die Antwort. Ein Knucker war ein maximal sechs Meter lang wachsender Wasserdrache aus der südenglischen Region, dem nachgesagt wird, nicht nur das Vieh umliegender Dörfer zu verspeisen, sondern die Einwohner gleich noch mit dazu. Diese Wesen gab es aber, sofern er dem Nachschlagewerk Glauben schenken durfte, schon seit vielen Jahrhunderten nicht mehr.

„Es muss sie geben!“, sagte Harry trotzig in den Raum hinein, womit er Hedwig ein „Schuhu“ als Kommentar entlockte, während Fawkes nur einmal seine Flügel spreizte, sein Gefieder schüttelte und gleich darauf den Kopf unter seine Schwinge steckte, um noch ein wenig zu dösen.

Es musste noch einige Knucker geben, denn sonst hätte Severus den Trank nicht brauen können, dachte sich Harry. Er machte sich Notizen, wo man Legenden nach das letzte Mal so einen Wasserdrachen gesehen haben wollte, bevor er nach anderen Zaubertränken suchte, in denen die Schuppen dieses Tieres Verwendung fanden, aber da wurde er nicht fündig, so dass er sich das Bild eines Knuckers per Zauber kopierte, es in seine Hosentasche steckte und gleich darauf zum letzten Punkt überging, der auf der Liste stand.

Gesucht wurde ein Mineral, welches sich als Nierenstein in einem Tier ansammeln konnte, das man Finterich nannte.

Zum zweiten Mal stutzte Harry, denn auch von diesem Wesen hatte er nie etwas gehört. Laut Lexikon war es ein Säugetier auf vier Beinen. Die Körpergröße schwankte zwischen der eines Kaninchens und der einer großen Hauskatze. Es handelte sich laut Enzyklopädieeintrag um ein scheues Fluchttier, das seine möglichen Feinde mit ausgeklügelten Täuschungsmanövern gern in die Irre führte, um leichter entfliehen zu können. Als Hermine von „Mineralien“ gesprochen hatte, wäre er nie im Leben drauf gekommen, dass damit die Nierensteine eines ihm unbekannten Tieres gemeint sein könnten.

Ein Fisch, ein Wasserdrache und ein Säugetier – alle drei Wesen und die Zutaten, die sie lieferten, hatte Harry gründlich recherchiert und er spielte mit dem Gedanken, Remus seine Hilfe anzubieten, damit der bei den einundzwanzig Pflanzen nicht zu viel Zeit benötigen würde.

Am nächsten Tag hatte Hermine ihr Versprechen eingehalten und war in Severus’ Labor erschienen, um den Wolfsbanntrank für Remus zu brauen. Er vermied es sie anzusehen. Sie hingegen war mit ihren Gedanken rund um den folgenschweren Trank, den er vor etwa zwanzig Jahren eingenommen haben musste, so sehr beschäftigt, dass sie ihren Mund nicht aufbekam.

„Warum heute so still?“, hörte sie ihn unerwartet fragen, denn sie hatte vermutet, er würde die Ruhe begrüßen.
Sie wandte sich um, rührte jedoch mit einer Hand weiter. „Sonst beschweren Sie sich doch immer darüber, dass ich so viel rede und jetzt?“
„Ich habe mich nie beschwert, sondern Sie lediglich darauf aufmerksam gemacht“, erwiderte er mit ruhiger Stimme, während er einige Phiolen nacheinander öffnete, daran roch und sich Notizen machte, was sie ein wenig verwunderte.
„Was machen Sie da?“, wollte sie – neugierig, wie sie war – natürlich wissen.
Einer seine Mundwinkel zog sich leicht nach oben, bevor er erklärte: „Ich prüfe die ersten Arbeiten der Schüler, denen Draco noch vor Ferienbeginn Nachhilfe gegeben hat.“
Sie musste lächeln. „Ich finde es gut, dass er das macht.“
Aufgrund ihrer einfachen Bekundung fragte er: „Haben Sie ihn dazu angeregt?“
„Oh nein, mit diesen Federn kann sich Harry schmücken.“
„Slytherin wird trotzdem keine Chance haben, den Hauspokal zu erringen.“

Er fĂĽgte nicht hinzu, dass Slytherin durch seinen Punkteabzug an Halloween auf dem letzten Platz gelandet war und Hermine, die das natĂĽrlich wusste, sprach es ebenfalls nicht an.

„Am Montag kommender Woche beginnt die Schule wieder“, warf er scheinbar zusammenhanglos in den Raum.
Stutzend versicherte sie: „Das weiß ich doch, Severus.“
„Ich dachte, ich sage es Ihnen lieber, damit Sie es auch nicht vergessen, denn Sie scheinen ja momentan andere Dinge im Kopf zu haben.“
Es hatte sehr nach einem Vorwurf geklungen, doch Hermine behielt die Ruhe und versprach: „Keine Sorge, ich werde am Montag pünktlich um 14 Uhr hier sein. Was werden wir denn zusammen machen?“
„Haben Sie einen Wunsch?“

Diese GroĂźzĂĽgigkeit hatte ihr fast die Sprache verschlagen, aber nur fast.

„Na ja, da Sie ’lacus aeterna’ wohl weder mit mir brauen, noch ihn mit mir in der Theorie durchgehen würden…“ Sie hatte ihre Augen starr auf den Kessel gerichtet, denn sie wollte seinem durchdringenden Blick prophylaktisch ausweichen. „Wir könnten uns ’Schützende Hände’ vornehmen und dort…“
„Wählen Sie etwas“, unterbrach er herrisch, „das ich auch in dem Bericht über Ihre Arbeit für das Ministerium erwähnen kann!“
„Wir könnten irgendwas mit dem Basiliskengift machen oder an dem Gegenmittel für Pansy arbeiten“, schlug sie vor.
„Diese Arbeit habe ich mit meinen Berechnungen bereits ans Mungos abgegeben.“ Aufgrund ihres fragenden Blickes hielt er mit einer Erklärung nicht zurück. „Ich war so frei, ohne Ihr Zutun die Mischung für das Gegenmittel zu berechnen. Die hoffentlich fähigen Meister im Mungos werden den Trank brauen können, sofern sie bestimmte Aspekte in Erfahrung gebracht haben, wie zum Beispiel das Gewicht und die Größe der Patientin.“ Gerade wollte sie etwas sagen, da ergriff er erneut das Wort. „Und natürlich habe ich eine geringe Menge des Basiliskengiftes ans Mungos abgetreten, denn ich muss annehmen, dass es dem Krankenhaus an dieser Zutat mangelt.“
Beschämt auf das Gebräu in ihrem Kessel schauend sagte sie entschuldigend: „Tut mir Leid, dass ich das vernachlässigt habe, Severus.“
„Ohne Ihr Köpfchen“, begann er ungewohnt heiter, „würde man noch immer nichts von ’Schlafes Bruder’ wissen. Merken Sie sich eigentlich alles, sofern Sie in einem Buch mal darüber gestoßen sind?“
Sie lächelte, während sie dem Trank ein wenig Wolfswurz beimischte. „Ich will nicht von mir behaupten, ein fotografisches Gedächtnis zu haben. Ich habe einfach nur ein sehr gutes Erinnerungsvermögen, was Ron manchmal gar nicht gefallen hat.“

Er summte zustimmend, während er an einer der Phiolen der Schüler roch, die den Trank unter Dracos Aufsicht gebraut hatten.

„Warum haben Sie eigentlich damals keinen Nachhilfeunterricht für Ihre Mitschüler angeboten?“, wollte er wissen.
„Ich weiß nicht“, sie hob und senkte einmal die Schultern, „ich glaube, ich war nicht sehr beliebt. Außerdem liegt mir das Unterrichten nicht besonders.“
„Nicht? Dann würden Sie eine Stelle als Lehrerin ausschlagen, sollte man Ihnen eine unterbreiten?“

Sie war sich nicht ganz klar, auf was er hinaus wollte, doch sie war froh, dass sie normal miteinander reden konnten, auch wenn er genau wusste, mit was sie sich momentan in ihrer Freizeit beschäftigte.

„Nein, als Lehrerin wäre ich viel zu ungeduldig. Mir macht es keinen Spaß, mein Wissen an andere weiterzugeben.“ Sie lachte auf. „Es war manchmal schon anstrengend genug, mit Ron und Harry zusammen zu lernen.“ Wegen der Erinnerungen an die eigene Schulzeit seufzte sie einmal wonnig. „Ich möchte mich jetzt viel lieber mit dem auseinander setzen, das mir noch unbekannt ist.“
„Was streben Sie an?“

Erneut blickte sie über ihre Schulter und bemerkte, dass er sie ansah. Eine ähnliche Frage hatte Albus ihr an Neujahr gestellt.

„Ich…“ Sie schürzte die Lippen. „Ich denke, die Abteilung für Magische Unfälle und Katastrophen wäre etwas für mich.“
„Im Mungos?“ Er klang erbost.
„Warum nicht?“
„Weshalb, wenn ich fragen darf, machen Sie bei mir Ihren Meister in Zaubertränken, wenn Sie danach im Mungos anfangen möchten?“ Er war definitiv erbost und klang zudem verständnislos.
„Ähm…“
Er spottete. „Genauso dämlich wäre es, wenn Fred und George Weasley einen Laden eröffnen würden, um nur noch Feuerwerkskörper und Scherzartikel von anderen Herstellern anzubieten!“
„Ich bin nicht dämlich!“, zeterte sie aufgebracht.
„Nein, sind Sie nicht, denn noch arbeiten Sie ja nicht im Mungos!“ Er hatte den Namen des Krankenhauses mit angewidertem Unterton ausgesprochen.

Die jetzt auftretenden Zweifel in ihr wĂĽrden nicht mehr so schnell zu vertreiben sein. Wenn nicht nur Albus, sondern auch noch Severus wenig begeistert von ihren beruflichen Vorstellungen war, dann blieb ihr nichts anderes ĂĽbrig, als ihre Entscheidung einmal grĂĽndlich zu ĂĽberdenken.

„Eben, ich arbeite dort noch nicht, also gibt es keinen Grund, mich so anzufahren!“
„Im Mungos…“, murmelte er fassungslos und sie rollte mit den Augen.
„Was sollte ich denn sonst tun?“
„Sie könnten der ’Körperschaft der Zaubertränkemeister’ in Genf beitreten und sich dort einen Namen machen“, schlug er ernst vor.
„Ich möchte aber nicht nach Genf ziehen!“
„Herrgott, wer spricht denn davon, dass Sie dort, wo Sie arbeiten, auch leben müssen?“
„Was machen die so? Und wer sind die?“ Es war ihr etwas peinlich, dass sie von dieser Körperschaft zwar schon gehört hatte, aber über deren Aufgabengebieten nicht sehr informiert war.
„Wer die sind?“, wiederholte Severus, bevor er plötzlich aufstand und in sein Büro ging.

Durch die offen stehende TĂĽr hindurch konnte sie sehen, dass er etwas aus der Schublade seines Schreibtisches nahm, bevor er zurĂĽck kam und sich neben sie stellte.

„Das sind die“, er legte einige Papiere auf den Tisch, „bei denen Sie in zwei Monaten Ihren Farbtrank vorstellen werden.“ Vor Schreck ließ Hermine den großen Löffel los, der mit einem metallenen Geräusch am Rand des Kessels entlangscheuerte. „Rühren Sie weiter“, wies er nebenher klingend an.
„In zwei Monaten?“, wiederholte sie aufgebracht.
„Ja, in zwei Monaten tagt die Körperschaft in Schottland und Sie werden dort erscheinen!“
„Werde ich, ja?“ Sie machte keinen Hehl daraus, dass es ihr missfiel, von ihm vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. „Der Trank ist überhaupt noch nicht fertig!“

Er hatte seine Stirn in Falten gelegt und es schien ihr, als wäre ihr etwas Wichtiges entgangen.

„Sie haben tatsächlich keine Ahnung, was die Aufgaben dieses Vereins sind oder?“ Ein Vorwurf hätte anders geklungen, weswegen sie zaghaft den Kopf schüttelte. „Nun, die Zaubertränkemeister aus aller Welt teilen den anderen Mitgliedern ihre Forschungsergebnisse mit, demzufolge muss Ihr Trank nicht zwingend ’fertig’ sein. Ist ein Thema faszinierend genug oder deckt es sich mit den eigenen Interessen eines anwesenden Meisters, dann werden sich vereinzelt Menschen finden, die Sie unterstützen möchten.“
„Inwiefern unterstützen?“
„Sollte jemand von Ihrem Farbtrank angetan sein, wird derjenige an Sie herantreten und um die Erlaubnis bitten, mit Ihrer Idee arbeiten zu dürfen. Natürlich wird es einen Vertrag geben, der es Ihnen sichern wird, über alle Resultate der anderen Meister regelmäßig in Kenntnis gesetzt zu werden. Die Rechte an dem Trank werden weiterhin bei Ihnen liegen, dafür haben Sie ja das Patent beim Ministerium angemeldet“, erklärte er besonnen.
An das Patent hatte Severus gedacht, rief sie sich ins Gedächtnis zurück, bevor sie die von ihm genannten Informationen überdachte und knapp nachfragte: „Geteilte Forschung?“
Er nickte. „Allerdings muss Ihr Trank das Interesse der anderen wecken. Sie haben bisher einige Ergebnisse gesammelt, die womöglich – besonders in Bezug auf die wenigen Muggel, bei denen der Trank unerwartete Resultate hervorgebracht hat – schockieren könnten. Ich bin jedoch der Ansicht, dass sich unter den Forschern nicht nur welche befinden, die Ihnen daher von vornherein mit Ablehnung gegenübertreten werden, sondern auch einige, die von der Idee, dass Muggel Magie innehaben könnten, sehr angetan wären.“
„Und wenn es niemanden geben sollte, der sich für meinen Trank interessiert?“, fragte sie unsicher.
„Dann werden Sie Ihre Forschung weiterhin allein in die Hand nehmen, so wie Mr. Worple und ich es handhaben.“
„Warum interessiert sich niemand für Ihren Bluttrank?“, wollte sie wissen.
Er seufzte. „Ich denke schon, dass Interesse vorhanden wäre, aber wie Sie ja wissen, ist meine Forschung nicht ganz legal. Sollte ich mit diesem unvollendeten Trank an die Öffentlichkeit gehen, könnte ich auch gleich meine Koffer für Askaban packen.“
„Ich verstehe das nicht, Severus. Warum ist die Forschung an einem Trank, der den Blutdurst von Vampiren im Zaum halten kann, überhaupt verboten?“
„Weil man nicht mit Blut von Menschen herumexperimentiert, das ist Tabu. Einzig für den Blutzauber darf man es ungestraft verwenden, aber nicht, um einen Trank für Kreaturen zu erschaffen, die von der Gesellschaft allgemein verachtet werden.“
„Und wie war das mit dem Wolfsbanntrank?“ Sie deutete auf den Kessel vor sich. „Diese Menschen werden gesellschaftlich auch verachtet.“
Er zog beide Augenbrauen in die Höhe. „Das war eine interessante Angelegenheit, von der ich leider nur aus entsprechenden Fachzeitschriften erfahren habe. Damocles Belby konnte sich nur an die Öffentlichkeit wagen, weil er wusste, dass ein Vorstandsmitglied der Körperschaft einen Werwolf in der Familie hatte. Wie vorhergesehen hatte dieses Vorstandsmitglied öffentlich sein Interesse an dem Wolfsbanntrank bekundet und somit andere Tränkemeister mit seiner positiven Meinung beeinflusst. Und außerdem stellt ’Blut’ keine Zutat im Wolfsbanntrank dar.“ Er seufzte. „Es ist auf einer Seite bedauerlich, dass keines der angesehenen Mitglieder einen Vampir im näheren Umfeld kennt, denn sonst hätte auch ich längst diesen Schritt gewagt.“

Severus blieb neben ihr stehen, während sie den Wolfsbanntrank weiter zubereitete. Nicht nur Zweifel wegen ihrer späteren Berufswahl hatten sich in ihr gefestigt, sondern diesmal auch Zweifel bezüglich ihres Trankes.

„Ich weiß ja nicht einmal genau“, begann sie wenig selbstsicher, „was die Magiefarben wirklich bedeuten.“
„Das werden hoffentlich andere Meister für Sie herausfinden.“
Etwas befangen auf den Kessel starrend gab sie zu: „Wenn jemand bei der Präsentation fragen sollte, wofür der Trank gut sein würde… Ich hätte darauf keine Antwort, Severus.“
Sachte den Kopf schüttelnd sagte er: „Das müssen Sie auch nicht. Sie können Theorien aufstellen wie die, die Sie mir bereits genannt hatten.“ Er bemerkte, dass sie nicht zu wissen schien, auf was er anspielte, weswegen er deutlicher wurde. „Squibs! Sie könnten die Theorie aufstellen, dass die Magie mancher als Squibs abgestempelten Hexen und Zauberer nur blockiert sein könnte. Diese Theorie wird man nicht sofort verlachen, denn immerhin sind Sie eine Heilerin, die Bestnoten aus dem Mungos aufweisen kann. Da wäre nur noch eine Sache, Hermine…“
„Die da wäre?“
„Sie sollten Ihren Meister beim Ministerium absolvieren, bevor Sie sich der Körperschaft der Tränkemeister stellen.“
„Aber…“
„Kein ’Aber’! Wie sieht es denn aus, wenn ein Lehrling“, er verzog das Gesicht, „den Meistern etwas vormachen möchte?“
Sie schnaufte verbittert. „Werde ich Ihnen doch lästig, ja? Das hätte ich mir denken können, dass Sie mich nicht aus purer Nettigkeit bei der Körperschaft für eine Präsentation angemeldet haben.“

WĂĽtend warf sie die letzte Zutat in den Kessel und rĂĽhrte grober um als notwendig.

„Sie sehen das falsch, Hermine.“
„Oh nein, ich denke, ich sehe das genau richtig! Sie können es nicht ertragen, dass ich an Ihrem ’kleinen Problem’ weiterarbeite und es mir durch Ihre Zänkereien nicht vermiesen lasse. Das ist es oder?“
Erstaunlich gelassen schlug er vor: „Nach absolvierter Prüfung ihrerseits können wir weiterhin zusammen forschen. Es würde sich nichts ändern, bis auf die Tatsache, dass der Ausbildungsvertrag zwischen uns nicht mehr existiert.“
„Ja sicher, und alles, was ich darauf habe, ist Ihr Wort, nicht wahr?“
Schon etwas grantiger rechtfertigte sich Severus, indem er sagte: „Mein Wort ist mehr wert, als Sie es je vermuten würden! Ich habe einmal mein Wort gegeben, ein Kind mit meinem Leben zu schützen und...“
Dracos Hochzeitsrede fiel ihr ein, weswegen sie ihn entrüstet unterbrach: „Das war verdammt noch mal ein ’Unbrechbarer Schwur’ gewesen, natürlich haben Sie dieses Versprechen einhalten müssen.“
Zornig zischte er durch zusammengebissene Zähne: „Ich habe nicht dieses Kind gemeint!“

Die Unterlagen, mit denen die Körperschaft der Zaubertränkemeister die Präsentation von Hermines Farbtrank schriftlich bestätigt hatte, fegte er missgelaunt vom Tisch, bevor er sich wieder an seinen Platz begab, um mit seiner Arbeit fortzufahren.

„Wissen Sie“, begann sie gereizt, „warum ich in letzter Zeit so leicht aus der Haut fahre?“ Sie wartete keine Antwort ab, sondern fügte gleich die Erklärung hinzu: „Weil es äußerst frustrierend ist, bei Ihnen ständig auf Granit zu beißen.“
Gelassen fragte er: „Warum sind Sie dann so erpicht darauf, weiterhin mit mir zu arbeiten?“
Das Feuer unter dem Kessel ausmachend riss sie sich zusammen, bevor sie sich zu ihm umdrehte und zeterte: „Warum können Sie nicht einfach mit ein paar Tatsachen rausrücken? Das kann doch nicht so schwer sein oder?“
„Weil ich es nicht mit ansehen kann, wie Sie Ihre Zeit verschwenden! Ich habe damit längst aufgehört und mich meinem Schicksal ergeben und da kommen Sie und glauben, alles besser zu wissen!“
„Ich habe nie behauptet oder geglaubt, dass ich alles besser weiß! Sonst würde ich ja wohl nicht ständig versuchen, irgendetwas – wenn auch nur eine winzige Kleinigkeit – aus Ihnen herauszubekommen!“ Sie hatte sich in Rage geredet und atmete einmal tief durch, um sich zu beruhigen, bevor sie weniger ernst fragte: „Wie schaffen Sie es nur immer, mich zur Weißglut zu bringen?“
Eine Augenbraue hebend und sie anblickend schürzte er kurz die Lippen und antwortete einen Augenblick später: „Vielleicht bin ich darin ein Naturtalent? So wie Sie ein Naturtalent sind im…“ Er hob eine Hand und legte Daumen und Finger zusammen, bevor er mit schnellen Bewegungen einen schnatternden Entenschnabel imitierte.

Die Zähne zusammenbeißend und die Fäuste ballend sagte sie lieber nichts. Auf einer Seite wusste sie nicht, ob sie über seine Geste lachen sollte, denn so etwas hatte er noch nie getan. Es war witzig, auch wenn sie im Moment diejenige darstellte, die von ihm verspottet wurde.

Sie entschied sich dazu aufzulachen, bevor sie, noch immer lächelnd, ihm an den Kopf warf: „Sie sind unverbesserlich, nicht wahr?“
„Und Sie sind wieder in ’Redelaune’, wie ich bemerken muss“, spöttelte er besänftigt.

„Ähm“, machte jemand an der Tür zum Labor und als Hermine und Severus nachschauten, bemerkten sie einen verlegen wirkenden Remus.
„Der Trank ist fertig“, sprudelte es aus ihr heraus, um gar nicht erst in Versuchung zu kommen nachzufragen, wie viel er von der kleinen Auseinandersetzung zwischen ihr und Severus mitbekommen hatte.
„Oh gut“, sagte Remus, der das Labor betrat und sich durchaus darüber im Klaren war, von Severus skeptisch beäugt zu werden. Nachdem Hermine noch einen Tropfen Vanillearoma hinzugefügt und umgerührt hatte, füllte sie den Trank in einen Kelch, damit Remus ihn zu sich nehmen konnte.

Nachdem er ihr den leeren Kelch überreicht hatte und sich die Lippen wegen des angenehmen Geschmacks leckte, fragte Remus: „Können wir uns heute vielleicht mal treffen?“
„Ja sicher, geht es um die Recherche?“
Noch immer spürte Remus, dass Severus ihn beobachtete und ein Blick in die Richtung des Zaubertränkemeisters bestätigte ihm seinen Verdacht. „Ja, ich bin bis auf zwei Dinge fertig.“
„Gut, Harry meinte, er hätte gestern schon alles erledigt.“

Es war Remus ein Rätsel, wie sie vor Severus so offen darüber sprechen konnte. Vor wenigen Minuten erst – das hatte er deutlich durch die Tür vernommen – hatten sie sich in den Haaren gelegen. Er hatte hören können, wie sie Severus vorgeworfen hatte, all ihre Versuche, etwas von ihm in Erfahrung zu bringen, zu ihrem Unmut mit Leichtigkeit zu vereiteln.

Ihre Stimme riss Remus aus seinen Gedanken, als sie beleidigt klingend sagte: „Severus will, dass ich innerhalb der nächsten zwei Monate meinen Meister mache.“
„Ach ja?“ Er wagte einen Blick zu Severus hinüber, der offensichtlich darauf wartete, dass Hermine noch etwas anfügte und das tat sie auch.
„Ich denke, er hat die Nase voll von mir.“
Remus wollte gerade verneinen, da nahm Severus ihm die Arbeit ab und versicherte ihr, wenn auch diesmal deutlich genervt, jedoch nicht verärgert: „Wie ich Ihnen schon gesagt habe, Hermine, wird es lächerlich wirken, wenn Sie als mein Lehrling vor den ganzen alteingesessenen Meistern mit einem Trank aufwarten, der durchaus Potenzial dazu hat, für großen Aufruhr zu sorgen. Man würde Sie verlachen und Ihnen vorwerfen, keine Ahnung von dem zu haben, von dem Sie sprechen!“
„Und das meinen Sie auch wirklich so?“
„Ich gebe Ihnen mein Wort darauf… Ach nein, Sie haben mir ja unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass mein Wort Ihnen nichts…“
Sie unterbrach ein wenig bockig klingend: „Das habe ich gar nicht! Wenn Sie Ihr Wort drauf geben, dann vertraue ich Ihnen.“
„Auf einmal?“

Sie warf ihm ein überlegenes Lächeln zu, welches er mit gerümpfter Nase und einem schlappen Kopfschütteln kommentierte, was immer noch besser war, als ihr seine Hände um den Hals zu legen – nicht fest, nur als Drohgebärde –, denn manchmal konnten Unterhaltungen mit ihr ihn in gewisser Weise überbeanspruchen und im Moment hatte sie seinen Geduldsfaden bereits sehr strapaziert.

„Was hast du herausgefunden?“, fragte Hermine den verlegen wirkenden Remus.
„Ich, ähm…“ Die Sorge darüber, dass er bei Severus wieder einmal – oder nur noch mehr – in Ungnade fallen könnte, sollte er diese Belange so unverblümt vor ihm bereden, ließ seine Antwort auf dem Weg hinauf irgendwo zwischen Kehle und Zunge in Nichts auflösen.
„Lupin hat etwas über den Thymus entdeckt, nicht wahr?“, antwortete Severus an seiner statt.
Nicht ganz folgend könnend sagte Hermine lediglich „Aha“, bevor sie Remus ansah und fragte: „Wollen wir uns heute mit Harry zusammensetzen?“ Als wäre es ihr jetzt eben erst aufgefallen, fügte sie noch hinzu: „Wann gehst du eigentlich wieder zu Rosmerta?“
Stichelnd sagte Severus: „Wohl erst wieder, wenn man ihn in die Drei Besen einlädt, denn so ganz ohne Einkommen wird er sich dort keine Mahlzeit leisten können.“

Blinzelnd verarbeitete Hermine diese Information. Es war ihr ein Rätsel, wie ihr das entgangen sein konnte.

„Du arbeitest nicht mehr bei Rosmerta?“
„Nein.“ An dieser einzigen Silbe war Remus’ Stimme gebrochen.
„Aber warum nur?“ Hermine verstand die Welt nicht mehr.
„Sie hat ihre Gründe und ich kann ihr nicht böse sein. Man hat sie mit der Schließung des Dorfes um das Weihnachtsgeschäft gebracht und kann mich nicht mehr bezahlen, weil es vorher schon knapp bei ihr ausgesehen hatte“, erklärte Remus traurig, denn die Stelle als Koch war nach dem Job als Lehrer für Verteidigung die zweibeste gewesen, doch andererseits wusste er, dass Rosmerta ihm aus reinem Mitgefühl diese Stelle angeboten hatte.
Mit einem Male verstand sie. „Das meintest du neulich damit, dass du ja jetzt Zeit hättest! Remus, wenn ich das gewusst hätte…“
„Was hättest du dann gemacht?“, fragte er milde lächelnd, ohne eine Antwort zu erwarten. Hermine hätte kaum etwas ausrichten können wie schon die Jahre zuvor, in denen er auf die Hilfe von aufgeschlossenen Menschen angewiesen war, die sich nichts aus seinem Fluch machten.

Am Abend trafen sich Remus und Harry bei Hermine. Schon die ganze Zeit über hatte Harry die vielen Pergamente beäugt, die Remus mitgebracht hatte, doch als Hermine dazu aufforderte, die bisherigen Ergebnisse auf den Tisch zu legen, da kam er sich ganz schäbig vor. Während Remus nämlich seine fast dreißig Seiten ordentlich zusammengeheftet präsentierte, da zog Harry nur ein gefaltetes Stück Pergament aus seiner Hosentasche, das er – mit neidischem Blick auf Remus’ umfangreiches Werk – wie in Zeitlupe verlegen entfaltete. Hermine grinste.

„Harry, das ist in Ordnung, wenn bei dir nicht viel rausgekommen ist. Zeig mal, was du hast.“ Sie streckte ihm ihre Hand entgegen und er gab ihr sein einzelnes Blatt Pergament, für das er sich momentan in Grund und Boden schämte.

Harrys Unmut bemerkend sagte Remus, als er einmal auf seine Arbeit deutete: „Das ist nicht alles über die Pflanzen. Ich bin durch Zufall noch auf etwas Anderes gestoßen, das Hermine interessieren könnte. Deswegen ist es so viel.“
„Oh, gut“, sagte Harry nicht sehr überzeugend.
„Was heißt ’AB’?“, fragte Hermine, die weiterhin sein Pergament studierte.
„Ich hab in Klammern dahintergeschrieben, ob es sich um ’Augenzeugenberichte’ handelt oder um ’L’, damit meine ich Legenden aus südenglischen Region.“
„Sehr gut, damit können wir schon was anfangen. Ich hätte nicht gedacht, dass es tatsächlich Augenzeugenberichte über die Sichtungen von Knuckern gibt“, murmelte Hermine.
„Von was?“, fragte Remus.
Harry lächelte erleichtert. „Ich wusste auch nicht, was das für Dinger sein sollen.“
„Nein, ich hab’s akustisch nicht verstanden“, erklärte Remus. Hermine wiederholte das Wort, woraufhin Remus nickte. „Ach so, ’Knucker’, das sind doch diese Wasserdrachen?“ Harry zog einen Schmollmund, nickte jedoch zustimmend.
Nachdem sie Harrys Notizen studiert hatte, fragte Hermine: „Remus? Hast du schon alle Pflanzen durch?“
„Es fehlen nur noch zwei, aber zu denen habe ich erst gar nichts gesucht. Ich denke, über Flubberwürmer wissen wir alles wie auch über Florfliegen oder?“, antwortete Remus lächelnd.
Mit strahlenden Augen verkündete Hermine: „Dann sind wir ja fertig! Wir haben Informationen über alle Zutaten, die in dem Trank vorkommen, den Severus genommen hat. Dann müssen wir jetzt nur noch anfangen, die Zutaten zu sammeln!“
Harry machte große Augen. „Zu sammeln? Wir sprechen hier auch von Drachen, Hermine!“
„Ich dachte, den würdest du übernehmen. Du bist der Einzige, der darin Erfahrung hat“, schäkerte Hermine, doch Harry war nicht zu Scherzen aufgelegt.
„Ich habe kein Verlangen danach, mich mit einem kryptozoologischen Wasserdrachen anzulegen!“
„Wir brauchen ja nur ein paar Schuppen“, warf Hermine beschwichtigend ein.
„Die bekäme ich nicht einmal, selbst wenn ich höflich fragten sollte!“ Von Drachen hatte Harry genug.
Schlichtend griff Remus ein und empfahl belustigt: „Ruhig Blut! Ich würde sagen, wir fragen Charlie, denn wenn einer was über Knucker weiß, dann ja wohl der Fachmann.“
„Ja natürlich!“ Von der Idee war Harry natürlich begeistert. „Ich kann ich fragen, Hermine, noch heute Abend nach unserem Treffen, wenn du möchtest.“
Zustimmend nickte sie. „Gut, dann wäre das erledigt. Wie machen wir das mit dem Drachenfisch?“
Auch hier hatte Remus einen Vorschlag, denn er sagte: „Fragen wir doch erst in einigen Läden nach, ob die solche Zutaten führen. Wir sollten nur bei den Pflanzen vorsichtig sein, die ausschließlich Bestandteil von schwarzmagischen Tränken sind, denn wir wollen ja nirgends negativ auffallen.“
„Dann sollten wir das diese Woche noch erledigen, denn ab Montag müssen Harry und ich wieder ran, da sind die Ferien vorbei.“
Nickend sagte Remus: „Wir könnten morgen nach dem Frühstück erst eine Liste mit den Zutaten machen und dann gehen wir zusammen in die Winkelgasse!“
„Darf Ginny mitkommen?“, fragte Harry.
„Na, warum denn nicht?“

Um elf Uhr abends war Harry bei sich im Wohnzimmer und kniete am Kamin, um Charlie anzuflohen. Er wusste, dass er ihn so spät noch erreichen konnte, weswegen er sich keine Gedanken wegen der Uhrzeit machte.

„Harry?“, hörte er Charlies Stimme. „Falls du Ron haben möchtest, der ist mit den anderen vor ein paar Minuten per Portschlüssel abgereist.“ Ron war mit Angelina und seinen Eltern über Silvester in Rumänien gewesen.
„Nein, ich wollte eigentlich dich sprechen.“
„Mich? Was für eine Ehre“, scherzte Charlie. „Lass mich raten: Es geht um einen Drachen!“
„Woher weißt du das?“, wollte Harry verdutzt wissen.
„Warum sonst solltest du mich um diese Uhrzeit anflohen?“

Es war Harry ein wenig unangenehm, aber Charlie lag völlig richtig. Mit ihm war er, auch wenn er ihn gut leiden konnte, allein schon wegen der räumlichen Distanz nicht so eng befreundet wie mit Rons anderen Brüdern.

„Ja, stimmt. Vielleicht können wir uns ja noch mal vor Juni mit Ginny sehen? Ich glaube nicht, dass wir am Tag unserer Hochzeit viel Zeit finden werden, Charlie.“
„Ich werde im März bei meinen Eltern sein. Bill und Fleur kommen auch, Harry, da können wir uns sehen. Also, was kann ich für dich tun?“
„Es geht um Knucker. Ich brauche Schuppen von diesem Drachen.“
Er hörte Charlie auflachen. „Wie kommst du denn auf die? Die sind seit mehreren Jahrhunderten ausgestorben!“
„Das kann nicht sein! Ich weiß, dass jemand die Schuppen vor zwanzig Jahren in einem Trank verwendet hat“, versicherte Harry.
„Ich verstehe.“ Mit einem Male hatte Charlie ganz ernst geklungen. „Es tauchen tatsächlich immer wieder Schuppen von diesen Drachen auf, aber glaube mir, Harry, die Tiere sind tot – leider.“ Man konnte heraushören, dass es Charlie als Drachenliebhaber in der Seele wehtat, solche Exemplare nicht mehr in natura sehen zu können. „Ich kann dir aber einen Tipp geben.“
„Ich bin ganz Ohr“, sagte Harry neugierig.
„Die Schuppen verwesen kaum, haben eine extrem lange Haltbarkeit. Wenn es diese Wasserdrachen nicht mehr gibt, wer könnte dann trotzdem an ihre Schuppen herankommen?“

Harry überlegte. Er stellte sich vor, wie ein Wasserdrache in einer dieser tiefen Unterwasserhöhlen starb oder einfach tot auf den Boden des Sees sank. Die Antwort war leicht, das fühlte Harry. Mit einem Male fand er sich in Gedanken im großen See wieder und nur kurz, weil er auch Cedric vor seinem inneren Auge erblickte, fühlte er eine tiefe Trauer, doch dann…

„Natürlich!“, brach es aus Harry heraus. „Die Wassermenschen!“
„Richtig, die handeln damit. Wenn jemand Schuppen von einem Knucker hat, dann sind es mit Sicherheit die Wassermenschen. Wenn du welche haben willst, musst du nur einen Weg finden, dich mit Ihnen zu verständigen“, erklärte Charlie.
„Das werde ich irgendwie hinbekommen. Danke Charlie! Ach, du hast keine Schuppen oder?“
„Nein, aber ich würde gern eine haben; als Andenken an eine der ausgestorbenen Arten“, sagte der Drachenfreund.
„Ich denke, das ließe sich einrichten. Vielen Dank nochmal und gute Nacht, Charlie.“
„Dir auch und lass mich wissen, ob du Erfolg hattest“, sagte Charlie verabschiedend, bevor sein Kopf aus dem Feuer verschwand.

„Was war das denn eben?“, hörte er Ginny hinter sich fragen, die eben erst von Pomona und Neville zurückgekommen war.
Nachdem Harry sich umgedreht hatte, erklärte er: „Ich habe deinen Bruder Charlie angefloht.“
„Wegen Knucker-Schuppen?“ Harry nickte, woraufhin Ginny fragte: „Sagst du mir auch, wofür die gut sein sollen?“
„Hermine braucht sie. Remus und ich helfen ihr. Ach ja, wir gehen morgen in die Winkelgasse und wenn du mitkommen möchtest…?“ Er kam auf sie zu und küsste sie auf den Mund.
„Werdet ihr da morgen nur nach irgendwelchen komischen Dingen Ausschau halten oder geht ihr auch in Läden, die mich interessieren könnten?“, fragte sie mit einem unterdrückten Lächeln, denn sie schien die Antwort bereits zu kennen.
„Ich glaube, das Erste trifft wohl zu. Tut mir Leid, Ginny, aber ich habe versprochen, dass ich Hermine helfe und…“
„Ist doch in Ordnung. Ich komme trotzdem mit; ich muss Fred und George einfach erzählen, wie toll ihre Feuerwerkskörper waren! Außerdem wollte ich mir bei Flourish und Blotts ein Buch kaufen“, beruhigte Ginny ihn.

Nach dem gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen erstellten Remus und Hermine bei Harry und Ginny erst eine Liste mit den Zutaten und sie überlegten sich Antworten, falls einer der Verkäufer fragen sollte, wozu sie bestimmte Pflanzen benötigen würden. Hermine erklärte, dass man in der Apotheke in der Winkelgasse bestimmt einige Zutaten bekommen würde, andere auch in dem Laden für Pflanzen und Trankzutaten, „Phantasmplantare“, in welchem sie jetzt schon zweimal gewesen war. Mr. Heed kannte sie bereits und würde ihr sicherlich auch Auskünfte über die fragwürdigen Zutaten geben.

Kaum waren sie per Apparation in der Winkelgasse angelangt verabschiedete sich Ginny auch schon und machte sich auf den Weg in den Bücherladen. „Wir treffen uns in zwei Stunden beim Eissalon und wenn ihr dann noch nicht da seid“, fügte Ginny gut gelaunt hinzu, „dann genehmige ich mir noch eine Stunde.“

„Gut“, sagte Harry und winkte ihr nach. An Hermine und Remus gewandt fragte er: „Wo gehen wir zuerst hin?“
„Wir könnten uns aufteilen. Einer geht in die Apotheke…“
Hermines Vorschlag wurde von einem lächelnden Remus unterbrochen. „Wir haben jetzt zwei Stunden! Wenn wir uns aufteilen, dann sind wir so schnell fertig, dass wir noch eineinhalb Stunden auf Ginny warten dürfen.“
„Remus hat Recht, Hermine. Lass uns das alles zusammen machen! Also auf in die Apotheke.“ Harry wartete keine Antwort ab, sondern marschierte einfach los.
„Na gut“, stimmte Hermine zu.

Höflich hielt Harry ihr die Tür der Apotheke auf, so dass erst Hermine und dann Remus eintraten. Drinnen roch es nach verschiedenen Kräutern, einige Gerüche waren sehr aufdringlich, andere süßlich, aber am durchdringendsten war der Gestank von einem Sud, der hinter der Theke im Arbeitsbereich des Apothekers in einem kleinen Kessel köchelte. Harry verzog das Gesicht und hielt sich eine Hand vor die Nase.

„Kunden! Hab ich mich doch nicht verhört“, sagte eine ältere Dame in einer Ecke des Ladens freundlich. Zuvor hatte man sie gar nicht sehen können, weil ihre Haare und ihre Kleidung genauso schneeweiß waren wie gestapelten die Säcke, vor denen sie saß, um ihnen etwas zu entnehmen. Die kleine Schaufel in den Sack fallen lassend erhob sich die Dame. Man hörte es laut knacken, woraufhin die Heilerin in Hermine beinahe der Versuchung erlag, der Frau die Kniescheiben untersuchen zu wollen.

„Guten Tag“, grüßten alle drei fast zeitgleich.
Auf ihre Kunden langsam zuhumpelnd fragte die alte Dame: „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Wir haben hier eine Liste mit Zutaten, die teilweise recht selten sind und wir wollten wissen, ob wir die bei Ihnen erwerben können.“ Hermine hielt ihr die Liste hin, die die Apothekerin das erste Mal nicht greifen konnte, weil sie offensichtlich schwer sehen konnte. Hermine ahnte, dass die Frau die hundert Jahre längst überschritten haben musste.
„Dann werden wir mal sehen“, murmelte die betagte Frau, die sich ihre Halbmondbrille zurechtrückte – Harry fragte sich in diesem Moment, ob er im hohen Alter auch mal so eine tragen würde – und die Liste beäugte.

Während die Apothekerin die Liste studierte, sah Hermine sich aus lauter Verlegenheit im Laden um. Die Regale reichten bis unter die Decke und waren voll gestopft mit kleinen Töpfchen, Schälchen und Gläschen – ganz unten auf dem Boden standen die hüfthohen Töpfe, Schalen und Gläser, ähnlich wie in Severus’ Büro und in seinem Labor. Sie betrachtete versiegelte Ampullen, birnenförmige Phiolen, verschieden große Messkolben, Behälter aus Holz, Metall oder Emaille und in ihrem Innern wusste sie, welche Zutaten in welchen Gefäßen aufbewahrt wurden. Flubberwürmer sollte man im Glas aufbewahren, Phönixtränen in luftdichten Ampullen, damit sie nicht verdunsteten und getrocknete Affodillwurzeln waren in atmungsaktiven Holzbehältern am besten aufgehoben – zusammen mit einem Billywig-Stachel, damit Ungeziefer fern bleiben würde, weil sie diese magischen Insekten fürchteten.

„Hermine!“, sagte Harry, weswegen sie sich umdrehte.
„Ich sagte“, begann die Apothekerin erneut, „dass ich nicht einmal die Hälfte der Zutaten auf Lager habe. Ein paar könnte ich bestellen, aber es kann sehr lange dauern.“ Das Sprechen strengte die Dame sehr an.
„Wir würden dann gern das mitnehmen, das Sie auf Lager haben“, antwortete Hermine, der es unangenehm war, so weit weg mit ihren Gedanken gewesen zu sein.

Es war nervenaufreibend, wie lange die alte Dame dazu benötigte, alle Zutaten zusammenzusuchen. Andererseits hatte Hermine deswegen etwas Zeit, sich den Laden noch genauer zu betrachten. Durch eine offen stehende Tür konnte sie ins Lager schauen, welches sehr geräumig wirkte. Ganz hinten machte sie eine weitere Tür aus, deren dahinter liegender Raum sich vor ihr verbarg. Überall an den Wänden hingen Löffel aus verschiedenen Metallen, auch welche aus Gold. In einer Ecke, sehr eingestaubt und voller Spinnweben, befand sich ein Standmörser mit einem massiven Stößel so groß wie ein kleines Ruder.

„Es tut mir Leid“, sagte die Apothekerin, „wenn es etwas dauert.“ Es war der Frau sichtlich unangenehm, nicht mehr so gut bei Fuß zu sein. Darüber hinaus lief sie leicht gebeugt und sie schien Schmerzen in den Knien zu haben. Sie besorgte alles per Hand, nichts mit dem Zauberstab und Hermine erinnerte sich daran, wie Severus ihr einmal gesagt hatte, sie sollte sich gleich angewöhnen, ihre Zutaten auf altmodische Weise an den Tisch zu holen, um Unfälle zu vermeiden.
„Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“, bot Hermine an.
„Das wäre nett. Die Beeren des schwarzen Nachtschattens finden Sie…“ Hermine griff selbstsicher in ein Regal und zog einen undurchsichtigen, nicht beschrifteten Behälter aus Metall hinaus. Die Apothekerin schaute verblüfft drein. „Woher wissen Sie…?“
„Was? Dass die Beeren hier drin sind? Das ist der einzige Behälter aus Bronze zwischen den ganzen anderen Beeren“, erklärte sie, als wäre das die logischste Sache der Welt, denn die gesuchten Beeren sollte man nicht dem Sonnenlicht aussetzen. Die ältere Dame lächelte gutmütig.

Mit Hermines Hilfe waren die Zutaten viel schneller zusammengesucht, so dass die Apothekerin sich nun daran machte, die Waren zu verpacken. Zunächst zögerte Hermine, doch sie fragte, ob sie auch hier helfen könnte und die Dame ließ sie daraufhin sofort hinter den Tresen kommen. Die verschiedenen Zutaten wickelten sie gemeinsam in Papier oder füllten sie in kleine Wegwerfbehälter, als sich plötzlich die Tür öffnete und ein Kunde mittleren Alters eintrat.

„Ich brauche unbedingt Stachelschwein-Pastillen, Gretchen“, sagte der Mann vertraut klingend.
„Sag mir nicht, dass Winfrid wieder Furunkel hat.“ Den Kopf schüttelnd fügte sie hinzu: „Ich sag dir, das kommt von dem vielen Süßen, das er isst.“
„Ich kann es ihm nicht verbieten“, nörgelte der Herr, der möglicherweise von einem zuckerkranken Verwandten oder Freund sprach, vermutete Hermine, denn Diabetiker waren für Furunkel recht anfällig.

Sich umsehend fand Hermine die Pastillen und reichte das Glas der älteren Dame, was die und auch der Kunde mit einem verwunderten Lächeln kommentierten. Während die Apothekerin den Herrn bediente, packte Hermine ihre eigenen Waren weiter ein, so dass sie durch Zufall in dem Moment fertig geworden war, als der Kunde den Laden wieder verließ.

Wieder den privaten Bereich des Tresens verlassend wartete Hermine zusammen mit Remus und Harry darauf, bezahlen zu können, was leider auch etwas Zeit in Anspruch nahm, denn Hermine musste die Dame daran erinnern, wie viel von welcher Zutat sich in welchem Päckchen befand.

„So, das macht dann 262 Galleonen“, sagte die ältere Dame und allen dreien entgleisten bei dem hohen Preis gleichzeitig die Gesichtszüge. „Machen wir 250 draus, weil sie so hilfsbereite Kunden waren.“
„Ich hab gar nicht so viel bei mir“, gestand Hermine.
Helfend sprang Harry ein. „Kein Problem! Wenn Sie kurz warten würden? Ich bin mal eben bei Gringotts.“

Zehn Minuten später waren die Zutaten bezahlt. Noch immer war Hermine ein wenig über den Preis schockiert und sie fragte sich, was die andere Hälfte der noch fehlenden Zutaten wohl kosten würde, als sie die Tür von außen ins Schloss zog und auf ein Schild starrte, auf dem in großen Buchstaben geschrieben stand „Neuer Inhaber wegen Geschäftsaufgabe gesucht“. Vorhin hatte sie das Schild gar nicht bemerkt, weil Harry ihr die Tür aufgehalten hatte.

„Hermine?“, fragte Remus, so dass sie ihren Blick von dem Schild abwandte und sie sich wieder dem Tagesplan widmete. Der Text des Schildes hatte sich in ihren Hinterkopf eingebrannt.
„Gehen wir zu Phantasmplantare. Ich hoffe, dass Mr. Heed da ist.“ Sie ging vor und wies den Weg.
„Ich bin mal kurz bei Fred und George und hole mir eine Gummischlange oder auch zwei“, informierte Harry, der gleich darauf verschwand und nach nur dreißig Sekunden – Rekordzeit – wieder zurückkam, denn in der Regel konnte man sich von den Zwillingen nur schwer losreißen.

Mr. Heed war tatsächlich vor Ort und er erkannte Hermine wieder.

„Ah, guten Tag, junge Dame. Ich hoffe doch, Sie bringen das Geschenk für den Professor nicht zurück?“, fragte er scherzend.
„Nein“, erwiderte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Wir würden gern bestimmte Dinge kaufen. Viele sind nicht sehr geläufig und einige… Na ja, einige könnten vielleicht einen falschen Eindruck erwecken.“
Mr. Heeds Gesichtszüge wurden sehr ernst. „Von welchen Dingen sprechen wir? Schwarzmagisches gibt es bei mir nicht!“
„Warten Sie doch ab. Hier, sehen Sie.“
Sie reichte ihm ihre Liste, auf der die eben erworbenen Zutaten schon gestrichen waren, doch auch die überflog Mr. Heed, bevor er die Stirn runzelte und murmelte: „Ich glaube, ich habe gerade ein Déjà-vu.“ Er tippte auf einen Punkt auf der Liste. Von oben herab sagte er schroff: „Von dem Gespenstischen Steinregen sollten Sie wirklich die Finger lassen, sonst fallen Sie Ihnen ab. Ist einem meiner Händler damals passiert! Warum wollen Sie den überhaupt haben?“
Erbost über seinen Tonfall konterte Hermine: „Ich denke nicht, dass ich mich vor Ihnen rechtfertigen muss.“
„Sie wissen genau wie ich, dass mit den Früchten überwiegend schwarzmagische Tränke hergestellt werden und Sie wissen auch, dass das nicht erlaubt ist. Ich bin drauf und dran, Sie bei der Magischen Strafverfolgungspatrouille zu melden!“ Mr. Heed schien sehr empört. „Ich bin schon einmal von einem meiner Kunden angeschwärzt worden, weil ich fragwürdige Zutaten besorgt habe und das wird nicht noch einmal geschehen!“
„Mr. Heed“, beschwichtige Remus allein mit dem gütigen Klang seiner Stimme. „Wir arbeiten zusammen an einem Projekt.“ Er deutete auch auf Harry, bevor er fortfuhr: „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Miss Granger hier“, er legte eine Hand auf Hermines Schulter, „ist Heilerin. Sie hat im Mungos mit Bestnoten abgeschnitten.“ Mr. Heed hob anerkennend eine Augenbraue. „Sie wird demnächst auch ihren Meister in Zaubertränken absolvieren und darüber hinaus in zwei Monaten bei der ’Körperschaft der Zaubertränkemeister’ eine Neuheit vorstellen.“
„Tatsächlich?“, fragte Mr. Heed begeistert, dessen Laune sich mit einem Male um 180 Grad gewendet hatte. „Ich werde die Tagung auch besuchen! Verraten Sie mir etwas über Ihre Neuheit?“
„Ich“, Hermine war verlegen, „nein, ich denke, ich sollte im Vorfeld besser nichts darüber sagen.“
„Oh, das verstehe ich nur zu gut. Ein guter Freund – ein ehemaliger guter Freund – hatte mir einmal die Arbeit von mehreren Jahren gestohlen und dafür das Patent beim Ministerium angemeldet, was ich schon viel früher hätte machen sollen. Haben Sie das schon getan? Wenn nicht, dann rate ich Ihnen, so schnell wie…“
„Das ist schon erledigt, Mr. Heed“, versicherte Hermine freundlich.
„Gut, dann werde ich mal sehen, inwiefern ich Ihnen behilflich sein kann.“

Erneut ging Mr. Heed die Liste durch und murmelte bei jeder Zutat einen Namen, wahrscheinlich den Namen eines Händlers oder Bekannten, von dem er diese Zutaten besorgen könnte. Nur bei zweien sog er Luft durch die Zähne ein und sagte leise zu sich selbst: „Au, das wird schwierig.“

Nach einer ganzen Weile blickte er auf und sagte selbstsicher: „Das wird kostspielig.“
Betreten blickte Hermine zu Harry hinüber, der einmal nickte und ihr auch verbal die Gewissheit gab: „Ich habe genug abgehoben.“
Sie schenkte ihm ein dankendes Lächeln, bevor sie sich an Mr. Heed wandte und fragte: „Haben Sie alles?“
„Was ich nicht habe, beschaffe ich schnell über den Kamin. Nur zwei Zutaten müssten Sie selbst besorgen. Ich kenne da einen Händler, von dem ich weiß, dass er sie haben wird, aber ich kaufe schon seit Jahren nichts mehr von ihm. Er nimmt Wucherpreise und zieht einen bei jeder Gelegenheit über den Tisch. Die Adresse gebe ich Ihnen gern, aber sagen Sie bloß nicht, dass ich Sie schicke!“
„Nein“, Hermine schüttelte den Kopf, „das werden wir bestimmt nicht.“

Es war eine Adresse aus Frankreich, die Mr. Heed ihr gegeben hatte. Hermine hatte nicht gehört, wie viel Harry für die Zutaten hatte bezahlen müssen, aber sie ahnte, dass es nicht wenig gewesen war, weil er ihr, nachdem sie den Laden verlassen hatten, schmunzelnd nahe legte: „Damit rettest du gefälligst seine Seele, Hermine, hast du verstanden?“
„Ich tu mein Bestes“, antwortete sie grinsend.

Remus trug bereits die Papiertüte aus der Apotheke, während Harry nun die von Phantasmplantare unter den Arm geklemmt hatte. Ginny, die sie im Eissalon trafen, der trotz des kühlen Wetters gut gefüllt war, trug eine Tasche in der Hand, in der ihre Brüder ihr wahrscheinlich einige interessante Dinge mitgegeben hatten.

„Sag mal, Harry“, begann Hermine, „weißt du, ob Bill und Fleur jetzt noch bei ihren Eltern in Frankreich sind?“
Es war Ginny, die antwortete: „Ja, sie kommen in zwei Tagen zurück.“
„Dann werde ich sie anflohen. Vielleicht können sie mir die beiden Zutaten noch schnell besorgen und mitbringen.“
„Was fehlt noch? Der Gespenstische Steinregen und die Leuchtorgane von dem Drachenfisch?“, fragte Harry.
„Ja, und die Schuppen von dem Knucker“, vervollständigte Hermine, „aber du hattest ja gesagt, dass Charlie dir einen Tipp gegeben hätte.“
„Ich werde es versuchen“, bestätigte Harry zuversichtlich, „und wenn ich es nicht schaffen sollte, mit den Wassermenschen in Kontakt zu treten, dann werde ich wohl Albus fragen müssen.“
Verwundert wollte Remus wissen: „Warum fragst du ihn nicht gleich?“
„Weil es Dinge gibt, die ich allein meistern möchte. Was soll’s? Wenn ich es nicht hinbekomme, dann gehe ich hoch in sein Büro und bitte ihn drum. Es ist ja nicht so, als würde dabei viel Zeit draufgehen.“

In seinem Vorhaben bestärkte Hermine ihn, so dass er sich, nachdem sie Hogwarts erreicht hatten, von den dreien trennte, um zum großen See zu gehen. Er war davon überzeugt, dass es nicht allzu schwer sein würde, mit Wassermenschen zu kommunizieren. Man könnte sich mit Händen und Füßen verständlich machen – Gabrielle machte es heute manchmal noch so, denn sehr gut beherrschte sie die Sprache ihres Schwagers noch nicht.

Am großen See angelangt hielt Harry es plötzlich nicht mehr für so möglich, mit den Wassermenschen zu reden, denn der See war mit einer Eisschicht überzogen. Nur hier und da klaffte ein Loch, meist am Ufer, doch das könnte reichen, beruhigte sich Harry. Als er sich einem dieser Löcher näherte, da überlegte er bereits, wie er auf sich aufmerksam machen sollte. Er könnte mit einer Hand wiederholt auf das Wasser schlagen, so wie er es einmal in einer der unzähligen Sendungen gesehen hatte, die Dudley sich immer angeschaut hatte, doch damit hatten die Trainer keine Wassermenschen gerufen, sondern Delfine. Für einen Augenblick kam ihm der absurde Gedanke, Wassermenschen könnten womöglich Winterschlaf halten. Sich selbst verlachend schüttelte er den Kopf.

Er kniete an dem Loch nieder und zögerte er einen Moment, doch letztendlich machte er das, was ihm logisch schien – er schlug aufs Wasser. Kurzzeitig hielt er inne, bis er erneut auf die Oberfläche schlug, einmal sogar so stark, dass er sich im Gesicht nass spritzte.

Nach einer Weile glaubte er, etwas im Wasser sehen zu können; etwas, das sich sehr schnell bewegte. Wieder und wieder schlug er auf das Wasser und jedes Mal sah er kurz, nachdem er seine Hand weggenommen hatte, unter den Wellen, die er verursacht hatte, einen Schatten, der lebendig schien.

Sein Herz rutschte ihm in die Hose, als ein großer Tentakel aus dem Wasser schoss und ihn umstieß. Gleich darauf wurde er vorsichtig von Saugnäpfen befühlt.

„Wäh“, machte Harry, als er den Tentakel abwehrte – nicht grob, sondern nur von sich stieß wie einen Hund, der einen ansprang. „Nicht doch du! Dich meine ich nicht.“ Harry tätschelte den Tentakel, bevor er das Wort an den Krake richtete und nicht sehr ernst gemeint fragte: „Du kannst nicht einen von den Wassermenschen für mich holen oder?“ Der Tentakel machte sich noch einmal lang, um sich kurz, aber kräftig, an Harrys Wange festzusaugen, bevor er in Windeseile wieder im Wasser verschwand. „Na toll“, sagte Harry angeekelt, als er sich mit den Fingern über die Wange fuhr.

Aufgeben wollte er noch nicht, weswegen er erneut auf das Wasser schlug, diesmal viel aggressiver. Die Geräusche, die er verursachte, musste man unter Wasser gut hören können und er wusste ganz genau, dass sie ihn auch hörten, aber sie kamen nicht zu ihm hinauf. In der Unterwasserwelt war ein „Harry Potter“ kein Grund, um alles stehen und liegen zu lassen und irgendwie gefiel ihm der Gedanke, weswegen er erst recht weitermachen wollte. Es musste einige unter ihnen geben, die ihn kannten; die ihn damals beim Trimagischen Turnier gesehen hatten, als er sich dazu entschlossen hatte, nicht nur Ron zu befreien.

Wie lang er schon versuchte, einen Wassermenschen an die Oberfläche zu locken, konnte Harry nicht genau sagen, aber da seine Hand durch die Kälte schon völlig gefühllos war, musste er schon eine ganze Weile hier hocken. Sollte jemand vom Schloss hinunterblicken und das Szenario beobachten, dann würde es ihn nicht wundern, wenn gleich einige freundliche Medi-Magier vom Mungos kommen würden, die ihn mitnehmen wollten.

Es war zwecklos, dachte Harry. Er müsste, auch wenn es ihm nicht gefiel, Albus um Hilfe bitten, weil er selbst diese Aufgabe nicht bewältigen konnte. Albus konnte die Sprache der Wassermenschen, zumindest jener Wassermenschen, die in diesem See lebten, denn es gab viele verschiedene Arten, deren Aussehen und Sprache sehr voneinander abwichen.

Seufzend wandte er sich zum Gehen ab, da hörte er hinter sich plötzlich ein Klack-Geräusch. Langsam drehte er sich um und obwohl er sich vorgenommen hatte nicht zu erschrecken, zuckte er beim Anblick des grünhäutigen und nicht sehr hübsch anzusehenden Wesens zusammen; auch, weil er den auf ihn gerichteten Speer schwerlich ignorieren konnte.

„Hallo“, grüßte Harry eingeschüchtert und rang sich derweil ein Lächeln ab. Als der Wassermensch seine Zähne fletschte, da fiel ihm wieder ein, dass viele Lebewesen das Zeigen von Zähnen als Drohgebärde verstanden, so vielleicht auch die Wassermenschen. Ohne freundlich zu lächeln kam er einen Schritt näher, so dass er nun dem Speer sehr nahe war, um zu zeigen, dass seine Absichten friedlicher Natur waren.

Sich niederkniend sagte Harry: „Verstehst du mich?“

Ein Schnalzen mit der Zunge war die Antwort, gefolgt von einem gurgelnden Geräusch, was Harry als „Nein“ deutete. Er war ganz froh, dass der Wassermensch nicht versuchte, in dessen Sprache mit ihm zu reden, denn die Laute dieser Wesen waren an Land unerträglich anzuhören.

„Knucker“, sagte Harry sehr knapp und der Wassermensch legte den Kopf leicht schräg. Er verstand nicht. „Ähm, wie sag ich es am besten?“, fragte Harry sich selbst, während er eine Hand durch sein wirren Haar fuhr. „Schuppen!“ Doch auch mit diesem Wort erreichte er nichts. Leise fluchend setzte er sich auf einen Stein in der Nähe, um nachzudenken, doch da spürte er etwas in seiner Gesäßtasche. „Ja, natürlich!“ Die Zeichnung von dem Knucker, die er gestern Abend aus einem Buch kopiert hatte, trug er noch bei sich.

Das Pergament entfaltend näherte er sich erneut dem Wassermensch, dessen Speer nicht mehr bedrohlich auf ihn gerichtet war.

„Hier“, sagte Harry nur deswegen, weil er die akustische Untermalung für sich benötigte. Er zeigte dem Wassermenschen die Zeichnung und deutete auf den Körper des Drachens, besonders auf eine Stelle, in der man mit Halbbögen einige Schuppen angedeutet hatte. Der Wassermensch betrachtete die Zeichnung sehr genau, blickte danach Harry an und nickte einmal, bevor er verschwand.

„Er hat es verstanden!“ Das Gefühl, das sich in Harry ausbreitete, war unbeschreiblich. Er hätte nicht geglaubt, dass ihm das gelingen würde und doch hatte er es geschafft. Hermine würde stolz auf ihn sein. Zwar hatte er keinen Drachen getötet, aber immerhin die Schuppen eines ausgestorbenen Tieres besorgen können.

Der Wassermensch kam wenige Minuten später in Begleitung zurück. In seiner Hand befanden sich drei weiß glitzernde Gegenstände von der Größe einer halbierten Schokofroschkarte, die zwischen dessen Fingern fast unmerklich hindurchblitzten. Den Speer hielt nun der andere Wassermensch. Sich vor das grüne Wesen kniend, welches halb aus dem Wasser ragte, sah er dabei zu, wie die Hand mit Schwimmhäuten zwischen den Fingern sich öffnete und die ersehnten Schuppen des Knuckers präsentierte.

Bis über beide Ohren grinsend wollte Harry gerade zugreifen, da schloss sich die Hand blitzschnell und die andere wurde gehoben, die mit der Handfläche nach oben zeigte und eine fordernde Geste machte.

„Natürlich, du willst etwas im Tausch haben.“ Harry nickte und überlegte bereits, was er anbieten könnte. Er tastete seine Jackentaschen ab, aber er hatte nichts bei sich, was den Wassermenschen interessieren könnte, es sei denn, er mochte Gummischlangen – eine davon hatte er aus dem Laden der Zwillinge noch bei sich; als „Wegzehrung“, wie er es Hermine vorhin erklärt hatte.

Harry hielt in einer wartenden Geste einen Zeigefinger nach oben, nickte noch einmal und rannte dann zum Schloss. In seinem Kopf malte er sich bereits passende Tauschgegenstände aus, doch ihm wollte nichts einfallen, was für so seltene Knucker-Schuppen wirklich angemessen wäre, denn er hatte keinesfalls vor, die Wassermenschen übers Ohr hauen. Sie waren nicht dumm und würden sich ihm nie wieder zeigen, sollte er mit wertlosen Glasperlen zurückkommen. Es musste was Seltenes sein, etwas, dass sie bestimmt nicht hatten. Seine Gedanken führten ihn weg von Drachen und hin zu Schlangen – genau genommen zu einer Riesenschlange.

„Basilisken-Schuppen“, rief Harry triumphierend.
Das Gemälde neben ihm an der Wand fragte verdattert: „Was bitte?“

Der Weg in die Kammer wäre viel zu mühselig und zeitaufwändig, weswegen er mit dem Hauch eines schlechten Gewissens die Kerker ansteuerte, um sich an Severus’ privaten Vorräten zu bedienen, denn was Hermine konnte, konnte er schon lange. Er würde als Wiedergutmachung nochmal in die Kammer gehen und so viele Schuppen von dem Basilisken holen, wie Severus es wollte, doch jetzt musste er erst einmal die ausleihen, die sein Kollege mitgenommen hatte. Sicherlich könnte er auch Severus fragen, ob er die Schuppen haben könnte, doch der würde Erklärungen fordern, die Harry geben musste und wenn Severus erfahren sollte, dass alles nur darauf hinauslief, eine Zutat für „Der Ewige See“ zu erlangen, würde Harry nichts bekommen.

Die TĂĽr zur Vorratskammer war nicht einmal abgeschlossen. Wahrscheinlich weil Ferien waren und Severus mit keinen Dieben rechnete. Mit dreien der sechs Schuppen, die so groĂź wie eine Hand waren, rannte er zurĂĽck zum See.

Die Wassermenschen konnte er nicht sehen und er hoffte innig, dass er sie nicht zu lange hat warten lassen, sie vielleicht sogar verärgert hatte, weil sie nicht verstanden hatten, dass er etwas für sie holte. Kaum hatte er das Loch im Eis erreicht, da tauchten die beiden bereits auf. Der eine, mit dem Harry schon ganz zu Anfang kommuniziert hatte, öffnete erneut seine Handfläche und hielt ihm die drei weißen Schuppen entgegen, während Harry ihm die drei großen Basiliskenschuppen im Austausch anbot.

Der Wassermensch hielt inne und blickte mit erkennbarem Erstaunen auf die riesigen Schuppen in Harrys Händen. Als er die Hand mit den Knucker-Schuppen wieder zurückzog, da ahnte Harry Böses. Er hoffte nicht, dass sein Tauschangebot eine Beleidigung wäre und beobachtete argwöhnisch, wie der Wassermensch dem anderen etwas ins Ohr flüsterte, der daraufhin im Wasser verschwand.

„Nicht zufrieden, was?“, fragte Harry enttäuscht, doch er wusste, dass sein feuchtes Gegenüber seine Worte nur als eine Folge komischer Geräusche wahrnehmen musste, so wie Harry auch deren Sprache wahrnahm.

Der Wassermensch kam zurĂĽck und ĂĽberreichte dem anderen einen prallen Sack, den der wiederum Harry ĂĽbergab. Nachdem er den Sack entgegengenommen hatte, gab er wie in einem Ritual die drei Basiliskenschuppen an den Wassermenschen, der sich nach besiegeltem Tauschhandel einmal verbeugte, bevor beide untertauchten.

Der prall gefüllte Sack enthielt zu Harrys Überraschung ausschließlich Knucker-Schuppen; sehr viele Knucker-Schuppen! Genügend, um Charlie ein dickes Dankeschön nach Rumänien zu schicken. Die Zutat von dem Basilisk schien von so hohem Wert zu sein, dass der Wassermensch einen entsprechenden Gegenwert hatte anbieten wollen. Wassermenschen waren fair, das hatte er damals schon gehört, doch jetzt hatte er es selbst erfahren dürfen.

Freudestrahlend und wegen der Kälte ein wenig bibbernd ging er mit dem Sack in der Hand zurück ins Schloss, doch im vierten Stock traf er weder auf Hermine noch auf Remus.

Beide befanden sich in den Kerkern, denn Hermine braute den dritten Wolfsbanntrank und Remus sah dabei zu, sehr zum Leidwesen des Zaubertränkemeisters, der in dessen Anwesenheit äußerst befangen schien.

„Ich bin wirklich mal gespannt, ob Harry es alleine schafft“, sagte Hermine zu Remus, während sie die letzte Zutat in den Kessel warf und in einer bestimmten Reihenfolge umrührte. Ihr war bewusst, dass Severus, der sich einen Tisch weiter mit seiner eigenen Forschung befasste, jedes Wort ihrer Unterhaltung mit Remus aufmerksam verfolgte, auch wenn er auffallend beschäftigt wirkte.
„Warum sollte er es nicht schaffen? Ich traue ihm das zu.“ Remus beobachtete mit Genugtuung, wie Hermine das Vanillearoma in den Kessel tropfen ließ. „Ich weiß nicht, ob wir uns morgen und übermorgen treffen können, Hermine. Ich werde nach dem heutigen Abend sehr…“

Er suchte nach einem passenden Wort, doch das war gar nicht notwendig. Hermine wusste, denn er hatte es ihr einmal, als sie am Grimmauldplatz in der KĂĽche beieinandergesessen hatten, in einer ruhigen Minute geschildert, wie schmerzhaft die durch den Wolfsbanntrank bewusst wahrgenommene Verwandlung in einen Werwolf war; von der RĂĽckverwandlung gar nicht zu reden.

„Das ist in Ordnung. Morgen werde ich wenig machen und übermorgen“, sie blickte zu einem in seinen Unterlagen wild blätternden Severus hinüber, „hat jemand Geburtstag.“ Mit seinen Bewegungen hielt Severus inne und es schien, als würde er mit sich kämpfen, nicht doch einmal kurz zu ihr hinüberzusehen. Sie grinste, denn das war der Beweis, der er jedes Wort wachen Ohren verfolgt hatte.

Den Trank in einen Kelch fĂĽllend reichte sie ihm Remus, der ihn in einem Zuge leerte.

„Ah“, machte Remus am Ende, während er das Gesicht verzog. „Jetzt habe ich mir doch die Zunge verbrannt!“
„Hier, trink etwas Wasser hinterher“, riet sie ihm, doch Severus hielt dagegen.
„Das empfehle ich nicht! Lupin sollte in der nächsten Viertelstunde nichts zu sich nehmen, aber das weiß er sicherlich.“
„Ja, das hast du mir damals bereits erklärt“, stimmte Remus zu.
„Was denn, nicht einmal einen Schluck Wasser?“, fragte Hermine ungläubig.
„Nicht einmal Wasser. Der Trank mag sich zwar jetzt bereits in seinem Magen befinden, aber alles, was er nun zu sich nehmen würde, könnte den Trank noch nachträglich verwässern; die Wirkung leicht abschwächen.“ Severus blickte auf und fügte hinzu: „Eine verbrannte Zunge wird heute Abend im Vergleich zu anderen Empfindungen wohl nicht sehr ins Gewicht fallen.“

Wo Severus Recht hatte, hatte er Recht. Hermine nickte und notierte sich diese Information im Hinterkopf. Sich gerade an Remus wendend kam sie nicht dazu, mit ihm zu sprechen, denn es klopfte.

„Ob das Harry sein wird?“, wunderte sich Remus.
„Warum sollte er klopfen?“ Hermine blickte zu Severus hinüber, denn es war sein Labor und er müsste den Gast empfangen.
Der blickte jedoch nur auf und blaffte: „Nun öffnen Sie schon!“

„Sirius?“ Über das unerwartete Auftauchen seines Freundes freute sich Remus sehr, doch bei Severus sah das natürlich anders aus.
„Black, was tun Sie hier?“, fuhr er seinen unerwünschten Gast an.
„Ich bin gleich wieder weg. Ich wollte nur Remus begleiten.“ Sirius lächelte breit.
„Mich begleiten?“, wiederholte der Werwolf verdutzt.
„Ja, heute ist doch Vollmond!“ Er schlug Remus auf die Schulter. „Ich dachte, wir könnten mal wieder zusammen, du weißt schon, durch den Wald streifen.“
„Und Ihr Territorium markieren?“, kam es nüchtern aus der hinteren Ecke des Labors von Severus.
Zum Tränkemeister hinüberblickend sagte Sirius: „Ja, vielleicht! Ich könnte – natürlich nur, wenn ich nett wäre – dir auch ein paar von den unzähligen Einhornhaaren mitbringen, die tief im Verbotenen Wald überall an den Sträuchern hängen und nur darauf warten, ’gepflückt’ zu werden“, stichelte Sirius.
„Wenn Sie die in der Schnauze tragen sollten, dann verzichte ich gern auf die durch Hundespeichel verunreinigten Haare.“ Schnaufend widmete sich Severus wieder seinen Unterlagen.

Es klopfte erneut und diesmal war es tatsächlich Harry, der wegen seiner feuchten Kleidung, dem zerzausten Haar – wirrer als sonst –, dem Schmutz auf dem Umhang und der gesunden Farbe auf den Wangen einen abgekämpften Eindruck machte, doch er lächelte zufrieden.

„Was hast du denn da an der Wange?“, fragte Sirius mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Wo?“ Harry tastete sein Gesicht ab, fühlte jedoch nichts.
Nachdem Sirius sich genähert hatte, stellte er kichernd fest: „Das ist ein Knutschfleck!“
„Was? Kann nicht sein! Von wem denn?“
„Das wirst du uns sagen müssen“, erwiderte Sirius frech schmunzelnd.
Plötzlich fiel es Harry wieder ein. „Ach so, nein, das war nur der Krake.“ Der Saugnapf musste ihm einen kleinen Bluterguss ähnlich einem Knutschfleck beschert haben.
Amüsiert bemerkte Severus: „Verehrer von Ihnen finden sich wohl in jeder Spezies wieder.“

Wegen dieser Bemerkung kurz die Nase rĂĽmpfend hob Harry den Sack in seiner Hand und strahlte Hermine an.

„Nein, du es wirklich geschafft. Oh Harry, ich bin so stolz auf dich!“, sprudelte es fröhlich aus Hermine hervor. Als sie den Sack entgegennahm und seine eiskalten Hände spürte, da sagte sie im mütterlich fürsorglichen Ton: „Himmel, du solltest jetzt wirklich ein heißes Bad nehmen!“
„Wäre es unangemessen darum zu bitten, sich wieder aus dem Labor zu entfernen?“, brummte Severus. In erster Linie meinte er damit Remus und Sirius, aber auch Harry, weil der feuchte Spuren auf dem Boden hinterließ. Remus und sein bester Freund mussten kein zweites Mal dazu aufgefordert werden.

In der Heulenden HĂĽtte, die Remus und Sirius ĂĽber den Geheimgang unter der Peitschenden Weide erreicht hatten, kamen Erinnerungen auf. Sirius war, nachdem er Ron damals die Ratte abgenommen hatte, nicht mehr hier gewesen, im Gegensatz zu Remus.

„Wir hätten ihn töten sollen“, murmelte Sirius. Remus äußerte sich nicht dazu, denn innerlich stimmte er zu. Sie hätten Peters Leben ein Ende setzen sollen, bevor der entkommen konnte. „Wir hätten einiges damit aufgehalten.“
„Vergiss es, Sirius, du kannst nichts an dem ändern, was geschehen ist.“
„Aber er läuft noch frei herum!“, zeterte Sirius. „Er hat es nicht verdient, am Leben zu sein.“
Ein wenig irritiert sagte Remus: „Ich dachte, er wäre tot?“
„Da gehen die Meinungen wohl auseinander. Ich bin sicher, dass er es wieder irgendwie geschafft hat, diese verdammte Ratte.“
„Lass es gut sein“, beschwichtigte Remus seinen Freund, „denn wenn er leben sollte, dann ist das ein Leben in Angst. Jeder kennt sein Gesicht und seine Untaten. Er müsste sich Tag und Nacht verstecken oder nur noch in seiner Animagusform umherirren.“
Sich an ein Gespräch erinnernd sagte Sirius: „Tonks hatte gesagt, er wäre tot.“
Remus nickte. „Man hat seinen Stab gefunden, schon vor Jahren.“
„Wenn ich ihn eines Tages in die Finger…“
Freundlich, aber dennoch bestimmend unterbrach Remus: „Bitte, lass uns nicht mehr von ihm reden. Er ist es nicht wert.“

Sich wie üblich seiner Kleidung entledigend, weil er sie nicht im Prozess der Verwandlung zerreißen wollte, murmelte Remus bibbernd: „Ich hasse den Winter!“
„Hier.“ Sirius reinigte per Zauberspruch eine Decke, die er von dem zusammengebrochenen Bett gezogen hatte. „Wirf sie dir solange über.“

Während sie auf Remus’ Verwandlung warteten, unterhielten sich die beiden Männer ein wenig. Über alte Zeiten, aber auch über das Jetzt und Heute.

„Wie geht’s Anne?“
„Gut“, entgegnete Sirius knapp.
„Du bist doch noch immer nicht sauer, weil sie bei ’Stock und Hut’ angefangen hat?“
Verzweifelt klingend erwiderte Sirius: „Ich weiß nicht, warum sie das getan hat. Hat sie Angst, ich könnte nicht für sie sorgen?“ Remus lachte auf, was Sirius mit einem bösen Blick zur Kenntnis nahm. Vielleicht, dachte Remus, hatte Annes Arbeitsaufnahme bei Sirius Komplexe und Unsicherheiten ausgelöst.
„Sie hat mir erzählt, dass endlich ihr Wunsch in Erfüllung gegangen ist und das gönnst du ihr nicht?“, fragte Remus lächelnd.

Gerade wollte Sirius etwas erwidern, da fuhr Remus stöhnend unter seiner Decke zusammen.

„Geht’s los?“, fragte Sirius leise, obwohl er die Anzeichen zu deuten wusste.

Die Augen fest zusammengekniffen nickte Remus. Man konnte seine Zähne knirschen hören, was Sirius immer in den Ohren schmerzte. Es wurde durch die Krämpfe verursacht, die die Verwandlung begleiteten. Seine Atmung beschleunigte sich und Remus brach in Schweiß aus, was Sirius äußerlich so gelassen wie nur möglich beobachtete, denn kalt ließ ihn die Veränderung seines Freundes nie; schon damals nicht. Bemitleiden wollte er ihn nicht, doch es tat ihm in der Seele weh.

Mittlerweile atmete Remus schnaufend, sein ganzer Leib zitterte. Haare begannen aus jedem Teil der Haut zu sprießen und dann ertönte das fürchterlich laute Geräusch von knackenden Knochen, die in ungeheuerlicher Geschwindigkeit wuchsen und sich krümmten; den menschlichen Körper in die tierische Form zwangen. Remus hechelte bereits.

„Schrei ruhig. Du weiß, dass mir das nichts ausmacht“, log Sirius ermutigend und Remus hielt nicht mehr zurück und schrie wie am Spieß.

Ganz in der Nähe der Heulenden Hütte kam ein Mann in die Drei Besen gerannt. Als Rosmerta und all die anderen Gäste aufblickten, sahen sie den Bürgermeister höchst persönlich, der kreidebleich im Gesicht schien.

„In der Heulenden Hütte spukt es wieder!“, sagte er ganz außer Atem.

Viele der Gäste, auch Rosmerta selbst, gingen vor die Tür und lauschten. Unmenschliche Laute wurden durch den beißend kalten Wind an ihr Ohr getragen.

„Das war schon lange nicht mehr“, sagte einer der Gäste.
Ein anderer stimmte zu und vermutete laut: „Das sind bestimmt keine Geister, das weiß ich; habe immerhin selbst einen Zuhause.“
Die Besitzerin von Besenknechts Sonntagsstaat hielt sich eine Hand an ans Herz und sagte mit zittriger Stimme: „Das sind Dämonen!“

Alle atmeten erschrocken ein, denn vor solchen Wesen, dass hatte man ihnen schon in der Kindheit eingetrichtert, musste man sich in Acht nehmen. Die Heulende HĂĽtte war den hartgesottensten BĂĽrgern unheimlich.

„Das hört sich scheußlich an“, sagte jemand anderes mit Furcht in der Stimme.
Rosmerta verschränkte gelassen die Arme vor der Brust, um sich vor der Kälte zu schützen, bevor sie beiläufig klingend zu ihren Gästen sagte, derweil an den armen Remus denken musste, den sie sehr lieb gewonnen hatte: „Ja, Dämonen. Gehen wir besser wieder rein.“

Ihre Gäste kamen der Aufforderung nach, während Rosmerta noch einen letzten Blick auf das alte Haus warf, aus dem die schmerzvollen Schreie drangen und sie wünschte sich, dass sie irgendwie helfen könnte, bevor sie sich ihrer Machtlosigkeit bewusst wurde und sich wieder in ihren Pub begab. Es gab keine Hilfe.

„Es ist gleich vorbei, Remus“, sagte Sirius mit ruhiger Stimme, doch Remus konnte es gar nicht hören, so laut wie er winselte und schrie, manchmal auch schon jaulte, weil die Schnauze länger wurde und die langen Zähne durchs Zahnfleisch brachen. Tränen rannen über die bereits stark behaarten Wangen und Sirius musste sich sehr zusammennehmen. Er würde es ertragen; den Anblick und die grauenvolle Geräusche, die sich immer mehr wie die eines Tieres anhörten. An seinen Freund herantreten durfte er nicht, denn im Augenblick der Metamorphose war Remus nicht ganz Herr über seine Motorik und Sirius wollte es nicht riskieren, sich einen Prankenhieb einzufangen.

Sich einige Minuten später vor Remus niederkniend, der nun auf dem Boden kauerte und dabei wimmernde Laute von sich gab, sagte Sirius: „Jetzt ist’s vorbei, Moony.“

Der Werwolf würde noch einen Moment benötigen, um sich von den Strapazen zu erholen. Sirius verwandelte sich noch nicht in Tatze, denn er müsste nachher erst die Tür öffnen, damit sie beide in den Wald stürmen könnten.

Etwas später blickte Moony auf; seine Atmung war schon ruhiger geworden.

„Besser?“, fragte Sirius mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Moony erhob sich. Ein bejahendes Schnaufen war Antwort genug, so dass Sirius seinen Freund dazu aufforderte, ihm zu folgen.

Draußen angelangt sagte Sirius mit im Gesicht abgezeichneter Vorfreude: „Jetzt geht der Spaß los!“

Kaum hatten diese Worte seinen Mund verlassen, da war es auch schon Tatze, der sich nun an der Seite von Moony befand und einmal auffordernd kläffte, bevor er den Weg einschlug und in Richtung Wald lief. Durch den Schnee konnte Tatze nicht ganz so schnell rennen, aber im Wald selbst lag er kaum noch, so dass sie, wie in alten Zeiten, ungebremst hetzen konnten und nebenbei ein paar Kiefernmarder aufschrecken.

Beinahe hatte Sirius es vergessen wie es war, den weichen Waldboden an seinen Pfoten zu spüren oder die vielen Tiere wittern zu können. Er hielt inne und schnupperte. Eine Zwergspitzmaus musste hier irgendwo in der Nähe sein. Neugierig hielt er seine Schnauze auf den Boden und trottete schnüffelnd bis hin zu einem Baum, aus dessen Wurzelwerk der aufgescheuchte Nager zu fliehen versuchte.

Moony war von einer kleinen Fledermaus abgelenkt, die sich mit zitternden Bewegungen an der Rinde eines riesigen Baumes hochzog. Während er nach oben blickte, sah er den Vollmond durch die Wipfel blitzen, doch Wehmut konnte nicht in ihm aufkommen, denn Tatze zwickte ihm spielerisch in die Hinterläufe und forderte zum Wettrennen auf.

Dem schwarzen Hund nachjagend rannten sie immer tiefer in den Wald, witterten immer mehr Tiere und auch Zentauren, vor denen sie keine Furcht zu haben brauchten. Mit heraushängender Zunge machten sie nach einiger Zeit an einem kleinen Teich halt, um sich zu erfrischen, bevor es diesmal Moony war, der Tatze schelmisch umstieß und davonrannte; der große Hund hinterher.

In dieser Nacht wurden ein paar schöne Erinnerungen aus der Vergangenheit aufgefrischt. Es war wie früher; genauso spannend, genauso vergnüglich – nur der Hirsch fehlte ihnen sehr.


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Manchmal ist es auch sehr schade, dass eine Figur verschwindet und im nächsten Band nicht mehr vorkommt. Dazu zählt beispielsweise Gilderoy Lockhart, den ich sehr mochte, weil er so furchtbar eitel war und ich mir einen Spaß daraus machte Leute aus dem Showbusiness mit seiner Charakterisierung zu veralbern.
Rufus Beck