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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Vergebene LiebesmĂĽh

von Muggelchen

In einem fensterlosen muffigen Büro hockte Sid Duvall über der dicken Akte „Malfoy“. Er hatte eine Unstimmigkeit entdeckt, die ihm den letzten Nerv zu rauben schien. Die Worte von Miss Amabilis – Schwester Marie – klangen ihm in den Ohren, während er in den Unterlagen nach einem Beweis für ihre Aussage suchte, denn sie hatte behauptet: „Mr. Malfoy hatte einmal Besuch vom Minister persönlich und von Mr. Shacklebolt erhalten und danach war er so aufgebracht gewesen…“

Dieser Besuch hatte laut Unterlagen nie stattgefunden und genau das machte Sid, den Beistand von Mr. Malfoy, unruhig. Wenn eine magische Institution Wert darauf legte, ihre Arbeit akribisch auf Pergament festzuhalten, dann war es das Ministerium.

Nervös blätterte er in der Akte umher, doch Minister Weasley hatte Mr. Malfoy nicht ein einziges Mal im Mungos aufgesucht; jedenfalls gab es darüber keinen Bericht. Eine Stellungnahme zu dem Verhör, denn warum sonst sollten diese beiden Herren den Gefangenen aufgesucht haben, war jedenfalls nicht für die Nachwelt festgehalten worden.

Mit einem Male wurde seine TĂĽr aufgerissen und Sid zuckte erschrocken zusammen.

„Wie wäre es mit anklopfen?“, fragte er seinen Kollegen missgelaunt.
Der grinste nur fies, näherte sich ihm und warf ihm eine dicke Mappe auf den Schreibtisch, ohne auf das Tintenfass zu achten, welches angestoßen wurde und die Tinte überschwappen ließ, bevor er arrogant erwiderte: „Zwing mich.“
Auf die Mappe deutend fragte Sid den verhassten Kollegen: „Was soll das?“ Ihm wurde ein Blick geschenkt, der ihm sagen sollte, dass er für dumm gehalten wurde.
„Was soll das schon sein? Das ist Arbeit!“
„Ich habe genügend Arbeit“, beschwerte sich Sid, der es nicht leiden konnte, auf diese Weise behandelt zu werden.
Die Akte auf Sids Schreibtisch bemerkend riet ihm der Kollege mit selbstgefälligem Grinsen: „An deiner Stelle würde ich mich da nicht so reinknien.“
Ebenfalls kurz auf Malfoys Akte blickend fragte Sid skeptisch: „Ach ja? Und warum nicht?“
„Es könnte dich den Job kosten.“ Der Kollege schien sich darüber auch noch zu freuen.
Sid schnaufte wütend. „Wäre euch allen wohl sehr recht.“
„Und wie!“

Ohne eine Verabschiedung verließ der Kollege sein Büro. Sid legte eine Hand auf seine Stirn, um sich zu beruhigen, bevor er seinen Zauberstab zur Hand nahm, um den Schreibtisch von der Tinte zu befreien. Auch wenn ihm manchmal der Kontakt zu anderen Menschen fehlte, war er zumindest jetzt sehr froh, dass man ihn aus dem größeren Büro, welches er mit fünf anderen Mitarbeitern geteilt hatte, in dieses kleinere versetzt hatte. Man würde ihn für unkollegial halten, hatte man ihm kurz vorher an den Kopf geworfen. Seine Kollegen hatten ihn loswerden wollen, weil er sie ständig auf Kleinigkeiten aufmerksam gemacht hatte, die sie dann und wann bei ihrer Arbeit vernachlässigten. Die Vergeltung folgte sofort in Form dieses beengenden Büros, doch zumindest hatte er das ganz für sich allein; wenigstens die meiste Zeit über.

Den Inhalt der Mappe, die der Kollege gebracht hatte, betrachtete er mit zusammengezogenen Augenbrauen.

„Was habe ich denn mit dem Koboldverbindungsbüro zu tun?“, murmelte er. „Ich komme mit den Kobolden doch überhaupt nicht gut aus!“

Damit hatte sich auch schon eine Antwort gefunden, denn man wusste, dass er mit der oftmals schroffen Art der Kobolde Probleme hatte und das war der Grund, warum man ihm, der momentan Arbeiten aus allen möglichen Bereichen erledigen sollte, diesen Fall überlassen hatte. Es war vorhersehbar, dass er versagen würde, sollte er sich mit den Mitarbeitern von Gringotts verständigen. Die Kobold-Akte ließ er in seinem Posteingang verschwinden, um sie später – wenn er nach Malfoys Verhandlung überhaupt noch im Dienste des Ministeriums stehen würde – zu bearbeiten.

Die Frage, warum Minister Weasley und Mr. Shacklebolt den Gefangenen im Mungos besucht hatten, konnte nur Mr. Malfoy selbst beantworten und da die Verhandlung in wenigen Tagen beginnen sollte, musste er schnell handeln.

Pflichtbewusst meldete er sich bei seinem Vorgesetzten ab, der sich zunächst querstellen wollte, doch als Sid begonnen hatte, verschiedene Auszüge aus Arbeitsanordnungen zu zitieren, die seinen Besuch im Mungos rechtfertigten, winkte der Mann ihn ab, wenn auch sichtlich missgestimmt.

Kaum hatte Sid die entsprechende Station des Krankenhauses erreicht, wurde ihm auch schon von dem Wachmann geöffnet. Schwester Marie huschte über den Gang; genauso schnell wie das Lächeln über sein Gesicht.

Sie hatte ihn noch nicht bemerkt und richtete gerade einige Dinge auf einem Rollwagen an, da grüßte er mit sanfter Stimme: „Miss Amabilis, einen wunderschönen guten Tag.“ Schwester Marie hatte sich umgedreht und da sie sich eine Hand an die Brust hielt, fügte er hinzu: „Entschuldigen Sie vielmals, wenn ich Sie erschreckt haben sollte.“
„Mr. Duvall“, sie hielt ihm die Hand entgegen, die er sofort ergriff. „Ihnen auch einen guten Tag. Ich hatte mit niemandem gerechnet. Momentan ist keine Besuchszeit, aber die gilt für Sie ja sowieso nicht.“
„Wäre es wohl möglich, ein Wort mit Mr. Malfoy zu wechseln?“
„Natürlich, er ist gerade mit dem Mittagessen fertig. Normalerweise liest er jetzt ein wenig, aber ich werde ihn darüber informieren, dass Sie da sind.“

Nach einem schüchternen Lächeln ihrerseits ging sie den Gang hinunter und verschwand hinter einer Tür. Sid schlenderte derweil langsam auf das Krankenzimmer zu und kam gerade vor der Tür an, als Schwester Marie wieder hinaustrat und ihm mit einer Geste deutlich machte, dass er eintreten durfte.

„Mr. Duvall, noch immer erpicht darauf, mich während meiner Verhandlung zu vertreten?“, hörte Sid die arrogante Stimme seines Schützlings sagen.
„Nein“, war seine knappe, aber ehrliche Antwort, die Lucius sichtlich verdutzte. „’Erpicht’ bin ich keinesfalls darauf, Mr. Malfoy.“
Die Nase rümpfend fragte Lucius von oben heran: „Ja, warum um Himmels Willen belästigen Sie mich dann?“
„Ganz einfach, weil ich muss.“ Sid reichte seinem „Klienten wider Willen“ die Hand, die offensichtlich nur höflichkeitshalber geschüttelt wurde.
Ganz richtig vermutete Lucius mit einem fiesen Grinsen, das sein sonst so hübsches Gesicht auf groteske Art entstellte: „Man will Sie doch nicht etwa loswerden?“
„Ich befürchte genau das“, erwiderte Sid aufrichtig.
„Warum? Arbeiten Sie nicht gründlich genug?“ Lucius vermutete, dass man ihm einen Beistand gewährte, von dem man wusste, dass er stümperhafte Leistungen vollbringen würde.
„In diesem Punkt liegen Sie falsch. Ich arbeite sogar sehr gründlich; zu gründlich, um genau zu sein und das ist auch der Grund, warum ich Sie aufsuche, Mr. Malfoy. Wenn Sie so gütig wären Platz zu nehmen?“ Sid deutete mit einer Hand auf den kleinen Tisch mit den zwei Stühlen.
Gelangweilt stimmte Lucius zu. „Meinetwegen… Weswegen sind Sie hier?“
Nachdem auch Sid sich gesetzt hatte, erklärte er: „Es gibt da eine Abweichung bezüglich Ihrer Akte und der Aussage einer Dame, die ich vernommen habe.“
„Welche Dame?“
„Die Krankenschwester, die sich um Sie kümmert“, erwiderte Sid.

Sofort fiel Lucius der Tag ein, an dem Schwester Marie ihn darüber informiert hatte, dass sein Beistand – jener Mr. Duvall, der ihm gerade gegenübersaß – das Gespräch mit ihr gesucht hatte.

„Klären Sie mich auf, Mr. Duvall.“
„Nun, Schwester Marie hatte einmal erwähnt, dass Minister Weasley und Mr. Shacklebolt Sie aufgesucht hatten. Sie sagte, nach dem Besuch wären Sie sehr verärgert gewesen?“ Am Ende des Satzes hatte er die Stimme leicht angehoben, um Maries Aussage nun als Frage zu stellen.
„Ja, da behält die Gute Recht. Es war ein“, Lucius suchte nach einem passenden Wort, um nicht krude zu klingen, „überaus unangenehmes Erlebnis.“
„Inwiefern unangenehm?“, wollte Sid wissen.
„Zunächst einmal hatte man keine Rücksicht darauf genommen, dass ich gerade erst von meiner Behandlung zurückgekommen war, die immer äußerst schmerzhaft waren. Ich war benommen, konnte noch immer nichts sehen und wurde in diesem Zustand ’verhört’.“
Der Tonfall war Sid nicht entgangen. „Warum lassen Sie es so klingen, als hätte es sich nicht um ein Verhör gehandelt?“
Anstatt zu antworten fragte Lucius selbstgefällig: „Klären Sie mich lieber darüber auf, welche Abweichungen Sie gefunden haben wollen!“
„Der Besuch der beiden Männer ist nicht in Ihrer Akte vermerkt worden. Das ist die Unstimmigkeit, über die ich gestolpert bin.“
„Ah“, machte Lucius erleuchtet. „Das ist kein Wunder, wenn Sie mich fragen. Das bestätigt mir nur meinen Verdacht.“
„Welchen Verdacht, Mr. Malfoy?“
„Dass mir einer der beiden Veritaserum ins Glas getan hat, was ich natürlich nicht sehen konnte.“
Sid hob beide Augenbrauen und forderte Lucius dazu auf: „Schildern Sie mir doch bitte, was Sie über diesen Tag noch wissen.“
„Es war abends gewesen, direkt nach meiner Behandlung. Ich war schon soweit, mich zur Nachtruhe zu begeben, da führte Marie die beiden Herren ins Zimmer. Sie bestanden auf eine Unterredung. Ich war so schwach“, Lucius stellte sich selbst gern als Opfer dar, „dass Marie mir an den Tisch helfen musste. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, wollte ich einen Schluck Wasser nehmen. Sie müssen wissen, Mr. Duvall, dass Marie mir das Glas immer auf dieselbe Stelle auf den Tisch stellte und so war es auch dieses Mal gewesen, das hatte ich hören können. Das Glas war jedoch nicht da, als ich danach greifen wollte. Ich musste erst um ein Schluck Wasser bitte und einer der beiden Herren reichte es mir.“

Für Sid war es eindeutig, dass man seinem Gegenüber damals etwas ins Getränk getan haben musste, denn es gab keinen anderen Grund, mit dem Glas eines Patienten zu hantieren.

„Was ist geschehen, nachdem Sie getrunken hatten?“
„Nun, es war Mr. Shacklebolt gewesen, der mich darüber unterrichtet hatte, dass ich nach nur zwei Fragen, die ich beantworten sollte, auch schon wieder in Ruhe gelassen werden würde.“ Lucius legte den Kopf schräg. „Das ist sehr eindeutig, finden Sie nicht?“
„Ja, das finde ich durchaus. Würden Sie mir sagen, welche Fragen man Ihnen gestellt hatte?“
„Das waren zwei Fragen über eine Muggelbande, derer man nicht Herr werden konnte. Offenbar wollte man die Informationen, die ich gegen einen geringen Hafterlass durchaus bereit war zu geben, lieber auf unkomplizierte Weise erlangen.“
Sid hatte genau zugehört, bevor er bestätigt haben wollte: „Sie verhandeln mit dem Ministerium?“
„Nach diesem Vorfall nicht mehr. Es liegt doch auf der Hand, dass man mir nicht mehr die Möglichkeit einräumen wollte, auf übliche Art meine Verurteilung zu mildern. Sie wissen ja sicherlich, Mr. Duvall, dass es Gang und Gäbe des Ministeriums ist, mit Haftinsassen zu handeln, sollte man somit an nützliche Informationen kommen. Es gab in der Vergangenheit nicht wenige Gefangene, die Askaban auf diese Weise entkommen konnten.“

Sofort musste Sid an seinen damaligen Schuldirektor Igor Karkaroff denken.

„Ich konnte bisher wenigstens auf sieben Jahre hinunterhandeln, doch ich denke, die meisten möchten mich wohl bevorzugt lebenslänglich hinter Gittern sehen. Deswegen hat man sich nicht mehr bemüht, mit mir zu verhandeln.“
„Was ist danach geschehen?“
„Ich habe beide damit konfrontiert; habe Ihnen an den Kopf geworfen, dass sie mir Veritaserum gegeben haben, doch sie hatten sich nicht dazu geäußert.“ Misstrauisch kniff Lucius die Augenlider zusammen, bevor er wissen wollte: „Was genau haben Sie vor, Mr. Duvall?“
„Ich denke, dass ich Ihnen mit dieser Information wenigstens noch zwei Jahre Hafterlass zugute kommen lassen kann.“
Bedrohlich leise sagte Lucius: „Das, Mr. Duvall, ist sehr dünnes Eis, auf dem Sie sich bewegen, sollten Sie in dieser Richtung irgendetwas unternehmen.“
„Ich denke…“
„Nein, das tun Sie offensichtlich nicht! Ich möchte nicht, dass Sie mir dazwischenfunken!“ Natürlich erwähnte er nichts Genaues.
„Ich verstehe nicht, Mr. Malfoy. Es ist doch eindeutig!“
Lucius zischte durch zusammengebissene Zähne, als er verlangte: „Halten Sie sich da raus! Ich habe keine Beweise, dass man mir Veritaserum gegeben hat, selbst wenn einiges dafür spricht, doch nur aufgrund von scheinbar haltlosen Beschuldigungen eines Gefangenen wird man den Minister nicht belangen. Was meinen Sie, warum ich nicht längst eine Beschwerde eingereicht habe? In den Augen des Gamots lässt meine Glaubwürdigkeit leider zu wünschen übrig und meine Erinnerung an diesen Moment taugt nichts, denn sie ist schwarz. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch rein gar nichts sehen.“

Einen Moment lang überlegte Sid, was er tun könnte. Die Erinnerungen seines Klienten waren wertlos und würden vorm Gamot nicht als Beweis anerkannt werden. Zudem war es fraglich, ob man den Vorwurf eines Häftlings gegen den Minister ernst nehmen und ihm nachgehen würde.

„Haben Sie noch eine andere Erinnerung an diesen Vorfall, die vielleicht wichtig sein könnte?“ Zunächst schüttelte Lucius den Kopf, doch dann fiel ihm noch eine einzige Sache ein.
„Da war das Geräusch einer Feder.“
„Man hat Ihre Aussage mitgeschrieben?“, fragte Sid erstaunt nach.
„Was habe ich denn eben gesagt?“ Seinen Beistand schien Lucius nicht für sehr helle zu halten.
„Ich werde versuchen…“
„Sie werden das schön sein lassen, Mr. Duvall. Ich warne Sie, durchkreuzen Sie mir ja nicht meine Pläne!“
„Welche Pläne?“, fragte Sid irritiert nach.
„Ich glaube, Sie haben mich lange genug behelligt!“ Lucius stand bereits auf, um seinen Gast zur Tür zu begleiten.
„Aber…“
„Kein Aber! Sollten Sie als mein Beistand nicht das tun, was ich sage?“
„Nein, Mr. Malfoy. Ich soll in Ihrem Sinne handeln und das werde ich auch“, konterte Sid mutig.
„Sie werden nichts tun, haben Sie verstanden?“

Sid näherte sich der Tür, an der der Blonde bereits wartete, bevor er ihm in die Augen blickte und ihm mit Entschlossenheit ins Gesicht sagte: „Ich werde die Mindeststrafe für Sie herausschlagen und zwar auf meine Art.“ Sein Gegenüber mit dieser Aussage imitierend grinste Sid ihn überheblich an, um deutlich zu machen, dass er sich von seinem Klienten nicht einschüchtern ließ. „Guten Tag noch, Mr. Malfoy.“

Nachdem sein Gast gegangen war, tigerte Lucius nervös in seinem Krankenzimmer auf und ab. Wenn sein Beistand es wagen sollte, den Minister öffentlich zu beschuldigen, dann könnte er demnächst in Askaban mit Mr. Duvall als Zellengenosse rechnen, dachte er aufgewühlt.

Zurück im Ministerium kam Mr. Duvall auf seinem Weg ins Büro an einen jungen, rothaarigen Mann vorbei, der gerade am Informationsschalter stand und dort mit der älteren Dame sprach, doch er beachtete ihn nicht und setzte seinen Weg fort.

Die Dame am Schalter schien genervt, antwortete jedoch ruhig und langsam: „Wie ich es Ihnen schon mehrmals mitgeteilt habe, Mr. Weasley, ist die Öffentlichkeit von der Verhandlung Mr. Malfoys ausgeschlossen.“ Ron wollte gerade etwas sagen, da schnitt sie ihm das Wort ab. „Und ja, ich weiß sehr wohl, dass Sie einer der Söhne des Ministers sind, doch das ändert nichts an der Tatsache, dass es keine Zuschauer geben wird und ich bitte Sie ganz höflich“, sie atmete tief durch, „nicht noch einmal zu kommen und zu fragen, denn es wird sich daran nichts ändern!“
„Das ist nicht fair!“, nörgelte Ron, der sich schon so auf die Verhandlung gefreut hatte. „Werde ich nicht einmal als Zeuge gebraucht?“
„Wenn, dann würde mir darüber keine Information vorliegen. Guten Tag, Mr. Weasley.“ Sie blickte an ihm vorbei. „Der Nächste bitte!“

Ein rundlicher Mann drängte sich nach vorn, so dass Ron den Schalter verließ und kopfhängend durch die Vorhalle des Ministeriums schlenderte. Er hätte dem alten Malfoy am Montag zu gern dabei zugesehen, wie der nervös auf seinem Stuhl hin und her rutschte, während man ihm seine Schandtaten vorlas, doch offensichtlich wurde nichts daraus.

So machte sich Ron auf den Weg zu seinem nächsten Ziel: Malfoy Manor. Durch einen der Kamine im Ministerium fragte er zunächst nach, ob er vorbeikommen dürfte.

„Das wird nicht möglich sein, Mr. Weasley“, sagte Draco formell.
„Hatten wir uns nicht schon geduzt?“ Ron hatte irritiert geklungen, denn er erinnerte sich noch sehr gut an die Hochzeitsfeier.
„Nicht dass ich wüsste, aber wie es aussieht, ist der Punkt erledigt. Also Ron, was willst du?“
„Warum darf ich nicht kurz bei dir vorbeischauen? Ich kann nicht lange sprechen, hinter mir warten noch andere darauf, den Kamin benutzen zu dürfen.“
„Etwas Beeilung, wenn ich bitten darf“, hörte Draco jemanden hinter Ron rufen.
„Du darfst nicht kommen, weil das Haus für die nächsten Wochen wegen des Mutter-Kind-Schutzes nur für enge Familienangehörige zugänglich ist“, erklärte Draco gewissenhaft.
Nickend, weil er sich die Situation mit Ginny ins Gedächtnis rief, die Harry nicht hatte besuchen dürfen, bot er an: „Die Drei Besen? Treffen wir uns dort in einer Viertelstunde?“
„Kannst du mir nicht einfach sagen, was du von mir…“
„Geht es da vorne nicht etwas SCHNELLER?“, drängte einer aus der Schlange hinter Ron, der sich daraufhin umdrehte.
„Bei Merlin, nehmen Sie doch einen anderen Kamin, wenn es Ihnen zu lange dauert. Ich hab das hier gleich geklärt!“

Der Mann und auch Ron schauten den Gang hinunter, in welchem sich die ganzen Kamine befanden und die Schlangen dort waren noch länger.

„Also, Draco? Die Drei Besen in einer Viertelstunde!“

Abrupt beendete Ron die Verbindung, so dass Draco gar nicht mehr antworten konnte. Gleich im Anschluss nahm er erneut eine Handvoll Flohpulver, um so schnell wie nur möglich nach Hogsmeade zu gelangen. Er purzelte aus dem Kamin des Hinterzimmers, in welchem Rosmerta einen Zugang für Gäste eingerichtet hatte.

Wegen des Geräuschs kam die Wirtin ins Hinterzimmer, bevor sie den neuen Gast erkannte und freundlich grüßte: „Hallo Ron, lange nicht gesehen. Komm doch nach vorn in die gute Stube.“ Mit roten Wangen, denn für Rosmerta hatte er wie in alten Tagen noch immer eine Schwäche, kam er ihrer Aufforderung nach. Sie platzierte ihn an einen gemütlichen Tisch an der Wand und sagte, bevor er den Mund öffnen konnte: „Lass mich raten: ein Butterbier?“
„Ja genau, dass Sie das immer noch wissen...“
„So lange ist es nun auch wieder nicht her“, schäkerte sie lächelnd, bevor sie ihn allein ließ.

Als Harry den Orden des Phönix übernommen und mit der DA vereint hatte, da traf man sich gelegentlich mit einem Verbündeten in einem Zimmer von Rosmerta. Einige Menschen hatten damals die Todesser finanziell unterstützt, sich jedoch im gleichen Atemzug Hilfe suchend an Harry gewandt. Es war pure Angst gewesen, weshalb diese Hexen und Zauberer schon beim ersten Besuch der Todesser zugesagt hatten, den Dunklen Lord mit all ihrem Hab und Gut zu unterstützen, doch im Herzen waren sie gute Menschen, die um ihre Lieben fürchten mussten. Die Zeitungen waren voll gewesen mit Artikeln über Familien, die ausgelöscht worden waren, weil sie sich Voldemorts Halunken nicht hatten beugen wollen.

Wenig später traf Draco ein, den Ron zu sich heranwinkte.

„Dein Ruf hat mich wirklich überrascht“, sagte Draco, während er sich zu Ron an den Tisch setzte. Allein hatten sich die beiden jungen Männer noch nie getroffen.
„Tut mir Leid, aber da mich die Zwillinge im Stich lassen – zumindest einer von ihnen – suche ich jemand anderen für meine Pläne.“
Die Frage konnte man an Dracos Miene ablesen, doch nichtsdestotrotz stellte er sie: „Was denn für Pläne bitteschön?“
„Willst du ein Butterbier?“ Ron hob bereits seinen eigenen Krug und deutete auf ihn, während er Rosmerta anschaute, die sofort verstand und ein weiteres Butterbier zapfte.

„Es geht um eine Überraschung für Harry und eigentlich waren Fred und George eingeplant, aber die meinten neulich, dass einer von ihnen im Laden bleiben müsste.“
Verständnislos schüttelte Draco den Kopf, bevor er sagte: „Könntest du bitte von vorn anfangen? Ich kann deinen Gedankengängen leider nicht ganz folgen.“
„Du weißt aber, was eine ’Überraschung’ ist oder?“, scherzte Ron, der nach Dracos bösem Blick sofort ernsthaft erklärte. „Die Überraschung für Harry ist ein Quidditch-Spiel, das wir auf dem Spielfeld von Hogwarts austragen möchten und zwar Anfang März; um genau zu sein am sechsten. Dumbledore hat schon zugesagt“
„Schöne Überraschung, aber was habe ich dabei verloren?“
„Ich brauche noch einen Treiber. Fred oder George, steht noch nicht ganz fest, jedenfalls wird einer von beiden Treiber und einer fehlt noch.“
„Wie kommst du auf mich?“, fragte Draco verdutzt.
„Du hast in der Schule damals auch gespielt“, er haderte mich sich, „und gar nicht mal so schlecht.“
„Ich war Sucher, niemals Treiber“, stellte Draco klar, um sich herauszuwinden, doch Ron hielt dagegen.

„Du kannst dich aber bestens auf einem Besen halten und beim Training hab ich gesehen, dass du mit den Schlägern genauso hervorragend umgehen kannst, deswegen.“

Rosmerta brachte gerade das Butterbier an den Tisch, welches der Blonde nachdenklich zu sich heranzog, doch er trank nicht.

Eine Absage wollte er noch nicht erteilen, stattdessen fragte Draco: „Wie soll das ablaufen, das Spiel? Gegen wen spielen wir?“
„Wir spielen gegen Eintracht Pfützensee, beziehungsweise sind Angelina und ich sowie Oliver im Hogwarts-Team. Wir drei werden bei Eintracht Pfützensee also ersetzt.“
„Oliver?“
Ron blickte Draco an, als würde der nicht nur eine lange Leitung haben, sondern auch noch auf ihr stehen, doch er half ihm auf die Sprünge: „Na, Oliver Wood kennst du sicherlich noch.“
„Natürlich“, stimmte Draco zu. „Aber er war früher doch immer Hüter.“
„Den Job habe ich übernommen“, sagte Ron stolz. „Oliver, Ginny und Angelina sind die drei Jäger, ich der Hüter, du und einer der Zwillinge die Treiber und Harry...“
„Der Sucher, was sonst“, sagte Draco mit einem Schmunzeln auf den Lippen. „Und Harry weiß nichts von seinem Glück?“
„Nein und du wirst ihm bitte auch nichts davon erzählen“, sagte Ron ein wenig drohend.
„Wäre ja sonst keine Überraschung mehr…“
„Eben! Ginny muss Harry noch dazu bringen, demnächst mit dem Training anzufangen, zumindest ein bisschen, denn er saß lange nicht mehr auf einem Besen.“
„Ich auch nicht“, warf Draco ein.
„Na bestens, dann trainierst du gleich mit!“
„Fällt auch gar nicht auf“, gab Draco zu bedenken.
Rons Stirn schlug Falten. „Bist du denn nicht im Slytherin-Team?“
„Slytherin hat viel zu wenig Schüler, da bekommen wir kein Team zusammen“, erklärte er dem Rothaarigen.
„Das gibt’s nicht.“ Über diese Aussage war Ron sehr verwundert. „Slytherin hat kein Quidditch-Team?“
„Ich sagte doch schon, warum das nicht geht.“
„Ich kann es aber nicht glauben. Da muss es doch eine Lösung für geben! Wie viele Schüler hat Slytherin überhaupt?“, wollte Ron wissen.
„Wir sind mit mir zusammen genau zwanzig, davon fünf Erstklässler.“
„Und unter den fünfzehn Schülern, die nicht mehr in der ersten Klasse sind, wollen sich keine sieben für ein Quidditch-Team finden?“ Draco schüttelte den Kopf. „Krass“, betitelte Ron diese Misere. „Kann man da nichts anderes tun?“
„Was denn bitteschön? Sollen wir an die Türen der anderen Häuser klopfen und die in unser Team aufnehmen, die vom eigenen Haus abgelehnt wurden, weil sie zu schlecht waren?“, sagte Draco mit sarkastischem Unterton.
Ron zog unschuldig beide Augenbrauen in die Höhe und antwortete lässig: „Warum nicht?“
„Weil das keine Slytherin-Mannschaft wäre, sondern eine kunterbunt gemischte.“
„…die für das Haus Slytherin spielt!“, stellte Ron klar. „Ich verstehe deine Einwände nicht ganz, Draco. Es steht nirgends geschrieben, dass die Spieler aus dem Haus stammen müssen, für das sie spielen.“

In Gedanken ging Draco die Situation durch und er nahm sich vor, in dem Buch „Geschichte Hogwarts’“ nachzulesen oder – was wesentlich einfacher wäre – einfach Hermine zu fragen, die zwar Quidditch nicht sonderlich zu mögen schien, den Wälzer jedoch auswendig kennen sollte.

„Hey, träumst du?“, hörte er Ron fragen. Nachdem er aufgeblickt hatte, fragte Ron offenbar zum wiederholten Male: „Bist du nun mit dabei? Ich wüsste nicht, welchen ehemaligen Hogwartsschüler ich sonst fragen sollte.“
„Ich bin kein ’ehemaliger’ Schüler“, stellte Draco richtig.
„Nein, bist du nicht, aber du hast unser Alter, warst früher schon im Team. Ich sehe da kein Problem und Dumbledore auch nicht. Also…?“
Sich einen Ruck gebend stimmte Draco zu: „Abgemacht!“
„Cool, danke!“, sagte Ron lächelnd, bevor er seinen Krug hob und mit Draco anstieß.

Die beiden unterhielten sich nach Dracos Zusage noch eine Weile, während sie ihr Butterbier tranken. Es stellte sich heraus, dass Ron einer der zwölf Hochzeitsgäste gewesen war, mit denen er Brüderschaft getrunken hatte. Der gemeinsame Nenner „Quidditch“ brachte unerwartet allerhand Gesprächsstoff.

„Du hattest erzählt“, begann Draco, „dass euer Sponsor abgesprungen ist.“ Ron nickte, denn darüber hatten sie sich während der Hochzeitsfeier lang und breit unterhalten. „Was macht ein Sponsor so?“
Ron stutzte einen Augenblick, erzählte aber gewissenhaft: „Er gibt hier und da ein paar Galleonen für das Team aus, was sonst? Außerdem kann er dafür kostenlos Werbung mit uns machen. Wir nehmen aber nicht jeden. Das Angebot vom Tagespropheten haben wir dankend ausgeschlagen.“ Mit einem großen Schluck Butterbier schien Ron noch im Nachhinein auf diese Entscheidung zu trinken, doch Draco war nachdenklich geworden.
„Inwiefern ’Werbung machen’?“, wollte er wissen.
„Wir hatten einmal die Firma ’Nimbus Rennbesen’ als Sponsor, aber die sind abgesprungen, weil sie mit Viktor Krum an ihrer Seite einen der besten Werbeträger überhaupt bekommen haben, da brauchten sie nicht noch Eintracht Pfützensee. Krum ist da als ’Berater’ angestellt, aber wenn du mich fragst, ist er dank Harry zu deren Aushängeschild geworden. Der muss nur ein wenig rumlaufen, einen Nimbus in der Hand halten und wird dafür schon bezahlt.“
„Dank Harry?“, fragte Draco nach.
„Devlin Whitehorn, der Firmengründer von Nimbus, ist eines Tages an Harry herangetreten und hat ihm ein Ohr abgekaut, um ihn für sein Unternehmen zu gewinnen. Harry hat daraufhin den Spieß umgedreht und Whitehorn bearbeitet. Der wollte danach nicht mehr Harry haben, dafür aber Krum und es hat geklappt.“
„Harry ist clever.“
Nickend stimmte Ron zu. „Ich glaube sogar, es hat ihm Spaß gemacht.“

Beide hatten gleichzeitig den letzten Schluck genommen. Ron wollte sich gerade verabschieden, da hielt Draco ihn auf und wollte etwas wissen, was Ron hellhörig werden ließ.

„Was, wenn jemand Sponsor werden möchte, dessen Vergangenheit nicht ganz vorzeigbar ist?“ Verlegen schaute Draco ihm in die Augen, danach auf seinen leeren Krug, während er auf eine Antwort wartete.
„Das Team entscheidet darüber.“ Ron konnte sehen, wie ein kleiner Hoffnungsschimmer in seinem Gegenüber zu erlöschen drohte, da fügte er noch schnell hinzu: „Aber wenn jemand aus dem Team ein gutes Wort einlegen würde, wäre das kaum ein Problem.“

Diese kleine Andeutung genĂĽgte, um seinen ehemaligen MitschĂĽler wieder zuversichtlich zu stimmen, doch Ron konnte sich nicht zusammenreimen, auf was Draco mit dieser Frage hinauswollte.

Weniger zuversichtlich war Sirius, der gelangweilt Zuhause darauf wartete, dass Anne von der Arbeit kommen würde. Er hatte etwas zu Essen gemacht, musste aber feststellen, dass er viel zu früh mit der Zubereitung begonnen hatte. Zum Glück gab es Wärmezauber, die eine Mahlzeit nicht auskühlen ließen.

Ihr neues Haus in Thamesmead West lag nahe an der Themse. Sirius hatte darauf bestanden, einen Ort zu finden, dessen Bevölkerungsdichte sehr gering war. Das dazugehörige Grundstück war groß und sorgte für eine angenehme Isolation, denn im Hinterkopf hatte Sirius behalten, dass gewisse Leute weiterhin einen Groll gegen ihn hegten. Rodolphus und Rabastan waren laut Kingsley noch immer auf freiem Fuß. Ähnlich wie Hogwarts hatte Sirius prophylaktisch einige Muggelabwehrzauber auf das Haus gelegt, worüber Anne sich beschwert hatte, denn der Postbote brachte seitdem keine Briefe mehr.

Wie sie denn Freunde mit nachhause bringen könnte, hatte sie einmal gefragt. Seufzend erinnerte sich Sirius an ihre Einwände, weswegen er sich nach dem Einzug hatte umstimmen lassen, zumindest den Briefträger von der Muggelabwehr auszunehmen. Das Leben in der Muggelwelt war eine große Umgewöhnung für Sirius, auch wenn sie ihm einigermaßen vertraut war. Wenn sie unterwegs waren, musste er ständig darauf achten, nicht seinen Zauberstab zu ziehen. Wenigstens hatten sie einen Kamin, der ans Flohnetzwerk angeschlossen war, doch ihm fiel niemand ein, den er kontaktieren könnte. Früher, erinnerte sich Sirius seufzend, da hatte er viele Freunde; viele Menschen um sich herum, die ihn bewunderten.

Sich ein Glas Weißwein genehmigend reflektierte Sirius sein jetziges Dasein. Die vielen Menschen um ihn herum waren Annes Freunde, vielleicht auch irgendwann mal seine. Außer Remus und Harry hatte er niemanden, den er Tag und Nacht ungestraft anflohen könnte und das tat er nur sehr selten, damit man ihn nicht für einsam hielt. Arthur konnte er nicht einfach kontaktieren, um zu fragen, ob sie noch zusammen einen heben gehen wollen; der Minister hätte dafür sowieso keine Zeit. Seine Cousine Andromeda war stets sein Liebling gewesen, doch der Kumpel von damals war sie lange nicht mehr. Narzissa hingegen war für ihn ein Buch mit sieben Siegeln, welches er aus freien Stücken noch immer nicht zu öffnen wagte.

Das Geräusch eines sich im Schloss drehenden Schlüssels kündigte Anne an, weswegen er sein Weinglas abstellte und zum Flur laufen wollte, um sie zu begrüßen. An der Tür blieb er jedoch stehen und rief sich ins Gedächtnis, dass sie neulich einen Scherz gemacht hatte, der nicht böse gemeint war, ihn aber wie aus heiterem Himmel getroffen hatte. Sie hatte gesagt, er wäre wie ein Hund, der zur Tür gelaufen käme, um das Frauchen zu begrüßen.

So ging er zurück zu seinem Sessel, während er hören konnte, dass Anne bereits eingetreten war. Die nacheinander folgenden Geräusche waren ihm vertraut: der Schlüsselbund, den sie auf der Kommode ablegte, das Reiben von Stoff, als sie sich den Mantel auszog. Das klackernde Geräusch ihrer Schuhe, die sie sich von den Füßen strich.

Auf NylonstrĂĽmpfen betrat sie das Wohnzimmer.

„Du bist ja doch da.“ Sie freute sich, was er an dem Klang ihrer Stimme hören konnte. „Ich dachte schon, du wärst weggegangen.“
„Wohin sollte ich denn gehen?“ Sein Weinglas wurde für ihn wieder interessant und so nahm er es vom Tisch, um daran zu nippen.
„Zu deinen Freunden“, erwiderte sie irritiert. Sie schien zu lächeln, was er hören, aber nicht sehen konnte, als sie schäkerte: „Ich bin es gewohnt, dass du mich im Flur begrüßt.“
Mit einer so eisigen Stimme, die er selbst bereute, schlug er vor: „Dann solltest du dir besser einen Hund kaufen. Ich bin mir sicher, dass der dir diesen Wunsch erfüllen würde.“

Er brauchte gar nicht ĂĽber seine Schulter zu sehen, denn er wusste nur zu gut, dass sie wie versteinert hinter ihm stehen musste und seine Worte zu verdauen versuchte.

Mit warmer Stimme stellte sie ihm die Frage: „Warum bist du so?“
„Wie bin ich denn?“, fragte er kraftlos zurück, was ihr vor Augen hielt, dass er keine Lust auf eine Unterhaltung hatte.
„Du bist traurig und du bist gelangweilt.“ Es war kein Vorwurf, nur ihre Meinung.

Mit einer Äußerung hielt er sich zurück und so lauschte er ihren weichen Schritten, bis er ihr Gesicht plötzlich sehen konnte, denn sie hatte sich niedergekniet.

„Was möchtest du? Dass ich Mr. Hatter meine Kündigung auf den Tisch lege?“ Bevor ihm ein passendes Argument einfiel, fügte sie noch hinzu: „Damit wir beide vierundzwanzig Stunden wie Kletten zusammen verbringen können? Was meinst du, wie lange wir brauchen, bis wir uns nicht mehr ertragen können? Wir würden sicherlich so enden wie meine Eltern – geschieden.“ Sie musste gar nicht erwähnen, dass ihre Eltern sich nicht mehr sehen wollten, weswegen auch nur ihre Mutter zur Hochzeit gekommen war. „Ich will das nicht, aber ich weiß nicht, was ich sonst tun kann, damit du unsere Ehe nicht bereust.“
„Ich bereue sie doch gar nicht“, winselte Sirius beschämt.

Langsam nahm sie auf einer der breiten Armlehnen des Sessels Platz, um kurz darauf wie in Zeitlupe auf seinen SchoĂź zu rutschen, weswegen seine Mundwinkel nach oben schossen.

„Da ist es ja wieder!“, jubelte Anne und legte ihre Arme um seinen Hals.
„Was?“
„Das freche Grinsen“, flachste sie gut gelaunt. „Ich hab es so vermisst.“ Ein Kuss auf seinen Mund sollte ihre Worte unterstreichen.
„Ich grinse nicht“, nörgelte er scherzhaft, „und schon gar nicht frech.“
Sie spielte mit seinen langen schwarzen Haaren, legte den Kopf schräg und teilte Sirius mit: „Mr. Hatter hat mir Montag frei gegeben, weil ich gestern und heute so lange gearbeitet. Ach ja“, fiel ihr ein, „du hast mir noch gar nicht erzählt, wie dein Abend mit Remus war.“
„Mit Moony“, verbesserte er.
„Mit wem?“
„So haben wir ihn schon früher genannt, wenn er mit seinem ’haarigen Problem’ zu kämpfen hatte.“
„Ach so, und wie war es nun gewesen?“ Sie klang sehr neugierig.
„Es war“, Sirius atmete tief durch, „befreiend! Ja, das ist das richtige Wort dafür.“

Sie gab ihm erneut einen Kuss auf die Lippen.

„Also, was wollen wir am Montag machen?“, fragte sie enthusiastisch, während sie ihre Hände in seinen Haaren vergrub.
„Lass uns darüber beim Essen nachdenken.“
„Nein, du hast doch nicht etwa gekocht?“ Ihre Nase bewegte sich wie die eines Kaninchens. „Ich rieche gar nichts.“
„Zauberei, schon vergessen? Es ist wärmeisoliert.“
„Kann man es auch essen?“ Dieser Scherz bescherte ihr einen Klaps auf den Po.
„Sei nicht so frech. Komm…“, er stand auf und nahm sie währenddessen auf seine Arme, um sie an den Tisch zu tragen. „Wir essen etwas und lassen uns was Schönes für Montag einfallen.“

Nachdem er sie neben dem Stuhl abgesetzt hatte und sie sich gesetzt hatte, um sich von ihm bedienen zu lassen, da sagte sie: „Was wir morgen machen, das weiß ich jetzt schon.“
Den Zauber entfernend, der das Essen schützte, fragte er neugierig: „Was?“
„Wir bleiben einfach im Bett.“ Als er aufblickte, sah er sie verführerisch mit einem Auge zwinkern.
„Und was ist mit dem Frühstück?“
„Du kannst es uns ans Bett zaubern.“ Er reichte ihr den Teller und erst da lief ihr das Wasser im Munde zusammen. „Sirius, das ist…“
„Dein Leibgericht, ich weiß.“
„Dafür hast du dir eine Belohnung verdient!“
„Die ich mir aussuchen darf?“, fragte er keck.
„Erst einmal sehen“, sie warf ihm einen verspielten Blick zu, „ob mir davon auch nicht schlecht wird.“
„Du unverschämtes…“
„Mhhh“, machte sie nach dem ersten Happen, womit sie ihn unterbrach.

Beide aßen gemütlich und schmiedeten Pläne für Montag. Anne verstand, wie er sich fühlen musste, aber sie wollte so gern als Hutmacherin weiterarbeiten, wollte im gleichen Atemzug aber Sirius glücklich wissen, so dass sie nach einem Moment fragte: „Sag mal, du hast mir nie erzählt, ob du irgendwelche Hobbys hast.“
„Ich…“ Sein plötzliches Verstummen konnte ihrer Meinung nach nur bedeuten, dass er keine hatte.
„Woran hast du früher Gefallen gefunden?“, wollte sie wissen.
„Mit ’früher’ meinst du vor meiner Zeit in Askaban? Denn während dieser Zeit gab es nicht sehr viel, an dem ich mich erfreuen konnte.“

Es war zu bemerken, dass sein Gemüt von einer Sekunde zur anderen umgeschlagen war, denn er blickte starr auf seinen Teller und die Hand, die seine Gabel hielt, bewegte sich nicht mehr. Als wäre er selbst weit weg, begann er bedächtig zu erzählen.

„Ich fand Gefallen an dem blauen Himmel, wenn ich aus dem kleinen Loch gesehen habe, das sich ein Fenster schimpfte.“ Übergangslos zeugte seine Stimme von einem Teil in Sirius, der sehr verletzlich schien und bisher nie ans Tageslicht gekommen war. „Die Vögel“, hauchte er weltvergessen. Seine Augen wanderten ziellos über den hübsch dekorierten Tisch. „Ganz selten kam eine Möwe an die Fensteröffnung und dann wurde ich ganz still.“ Er hatte so leise gesprochen, als säße gerade ein solcher gefiederter Freund in der Nähe.

„Sie sollte nicht erschrecken, sollte bei mir bleiben.“

Erschüttert hörte Anne zu, doch gleichzeitig war sie auch erleichtert, denn Sirius hatte noch nie über seine Zeit im Gefängnis gesprochen.

„In solchen Augenblicken hab ich die Vögel genau betrachtet; sie um ihre Freiheit beneidet. Sie waren so lebendig, ganz anders als ich selbst.“
Um der Situation den Ernst zu nehmen, denn Sirius war ganz offensichtlich noch nicht bereit, freiheraus über seine Erlebnisse zu sprechen, fragte sie mit verhaltener Stimme: „Ist mal ein Vogel in deine Zelle geflogen?“

Ein seliges Lächeln verscheuchte seine gequälten Gesichtszüge und er nickte zurückhaltend, als dürfte er ihr davon eigentlich gar nicht erzählen.

„Ja“, bestätigte er flüsternd. „Und er war sogar noch da, als ein Dementor zu mir kam, um…“ Sorgenfalten formten ein Dreieck über seiner Nasenwurzel, als er sich daran erinnerte, wie die schwarzen, stinkenden Ungetüme ihn seines Glückes beraubt hatten. „Der Dementor hatte den Vogel nicht ein einziges Mal angesehen und ich konnte mir nicht erklären, warum. Das hat mich eine Weile beschäftigt. Mir war eine Idee gekommen und ich hab mich in Tatze verwandelt. Sie haben mich tatsächlich in Ruhe gelassen. Tiere waren für sie nicht interessant und dann…“ Seine Hände begannen zu zittern, so dass er die Gabel beiseite legte. „Eines Tages, nachdem jemand vom Ministerium bei mir gewesen war, da stand meine Tür offen.“ Er blickte sie mit großen Augen an. „Einfach so, die ganze Nacht über und ich wusste nicht, ob ich das nur träumen würde. Hab mich ein paar Stunden lang nicht getraut nach vorn zu krauchen, um nachzusehen.“
Mit einer Hand umfasste Anne seine zitternde. „Was hast du dann getan?“
„Tatze“, flüsterte er. „Niemand wusste etwas von Tatze.“ Seine Augen begannen zu leuchten. Peter, James und er selbst hatten sich nie als Animagus registrieren lassen. „Ich habe so gehofft, dass ein Hund außerhalb der Zellen den Dementoren genauso egal wäre wie ein Vogel.“
Sie lächelte zuversichtlich. „So bist du entkommen.“ Es war nicht als Frage formuliert, denn es lag auf der Hand. Zudem nickte Sirius bestätigend.

„Ich bin als Tatze hinaus auf den Gang gelaufen. Da waren nur Türen, kein Mensch war zu sehen, ab und zu Dementoren. Ich bin immer weiter nach unten gelaufen. ’s waren eine Menge Stufen. Keiner hat mich beachtet, aber in der Küche…“ Er musste kräftig schlucken. „Ich dachte, jetzt hätte man mich erwischt. Da waren viele Männer gewesen und alle haben mich angestarrt.“ Den Kopf schüttelnd, als würde er selbst im Nachhinein sein Glück kaum fassen können, schilderte er: „Sie haben nichts getan, nur geschaut mit ihren schwarzen Augen. Einer ist auf mich zugekommen. Der Mann war wirklich gruselig, Anne. Seine kalte Miene, seine Augen...“

Nur langsam gewann er Abstand von der Erinnerung, so dass er aufgrund seiner eigenen Worte weniger ergriffen war. Seiner Frau die Hand drückend erzählte er mit tränenverschleierten Augen, aber mit Freude im Gesicht, was danach vorgefallen war.

„Der Mann hat die Tür nach draußen geöffnet.“ Als er das Szenario reflektierte, war es ihm noch immer unverständlich, dass man ihn nicht ergriffen hatte. „Er hat einfach die Tür geöffnet und mich hinausgelassen und da stand ich plötzlich… auf den Felsen an der tosenden Brandung.“
Von seiner Geschichte ganz gefesselt fragte sie: „Wie bist du da weggekommen?“
Seine Antwort ließ sie stutzen, denn er murmelte: „Ziel, Wille, Bedacht.“
„Was?“
Er schaute ihr in die Augen; die aufgekommenen Tränen waren längst wieder versiegt. „Ich wusste nicht, ob ein Schutzzauber über der Insel lag und wie weit der reichen würde, also bin ich als Tatze ins Meer gesprungen. Ich dachte, ich müsste sterben, so kalt war das, aber es war noch immer erträglicher als die Kälte, die von den Dementoren ausgeht.“ Er schüttelte sich, weil ihm ein Schauer über den Rücken lief. „Die Insel war irgendwann weit weg und ich habe mich zurückverwandelt. Dann dachte ich immer nur an das, was man mir in der Schule beigebracht hatte: Ziel, Wille, Bedacht. Ich bin appariert, aus dem Wasser heraus.“
„Wo bist du gelandet?“, wollte sie mit erstauntem Gesichtsausdruck wissen.
Einmal schnaufend erwiderte er: „Im Wasser. Ich konnte keine große Strecke hinter mich bringen, aber ich hatte auch kein näheres Ziel vor Augen. Ein paar Mal wiederholte sich das. Da war nur das weite Meer. Meine Beine waren schon wie abgestorben. Ich habe mich gefragt, ob das wegen der eisigen Kälte so war oder ob ich sie beim Apparieren verloren hatte.“ Er zwang sich selbst zu guter Laune und schlug sich auf den Oberschenkel. „Aber wie du siehst, ist alles noch da.“
Sie legte ihre Hand auf seine, die noch immer auf seinem Schenkel ruhte. „Ja, alles noch da“, bestätigte sie mit sanfter Stimme.

Ohne Eile nahm sie ihn in den Arm; er brauchte Trost. Mit tiefen Atemzügen brachte er seine aufgewühlten Gefühle unter Kontrolle, während er sich mit beiden Händen an sie klammerte, wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.

Aufgewühlt war auch Hermine. Sie hatte eben Besuch von Bill und Fleur gehabt, die ihr aus Frankreich tatsächlich die Leuchtorgane des Drachenfisches mitgebracht hatten. Aufgrund des hohen Preises dieser Zutat musste sie die beiden vertrösten, denn so viel Galleonen hatte sie nicht hier. Das Problem war nur gewesen, dass die Fruchtkapseln des Gespenstischen Steinregens noch fehlten. Der französische Händler, von dem Mr. Heed – offenbar zu Recht – nichts mehr wissen wollte, hatte diese Zutat bestellen müssen. Als Fleur sie am nächsten Tag abholen wollte, hatte der Mann einen äußerst unanständigen Handel vorgeschlagen, den Fleur natürlich erbost ausgeschlagen hatte. Also keine Fruchtkapseln, dachte Hermine niedergeschlagen, doch sie machte Fleur keinen Vorwurf.

Doch Hermine war weniger aufgewĂĽhlt, weil ihr noch eine Zutat fehlte, sondern eher, weil sie es gewagt hatte, Severus deswegen zu fragen.

„Sie müssen den Verstand verloren haben“, warf er ihr in kühlem Tonfall vor, während er an seinem Schreibtisch saß, um noch einige Dinge für den morgigen ersten Schultag nach den Weihnachtsferien zu erledigen. Die Schüler würden heute Abend zurückkommen.
„Ich habe Ihnen ganz höflich eine Frage gestellt und erwarte…“ Er blickte auf und seine grimmige Miene verschlug ihr glatt die Sprache.
„Ich warne Sie“, drohte er säuselnd, „wagen Sie es ja nicht, in meinen Räumlichkeiten irgendeinen fragwürdigen Trank zu brauen. Denken Sie tatsächlich, ich wüsste nicht, was Sie mit dieser Zutat vorhaben?“
„Ich möchte doch nur wissen, wo man den Gespenstischen Steinregen herbekommt. Wächst der in der Umgebung? Ich habe gelesen…“
Er unterbrach sie. „Das ist das Einzige, das Sie wirklich perfekt beherrschen, nicht wahr? Lesen!“ Severus verzog angewidert das Gesicht und widmete sich gleich wieder seinen Aufgaben.
„Also helfen Sie mir nicht!“
„Nein.“

Sie blieb einen Moment lang in seinem Büro stehen und blickte verärgert zu Boden, während Sie dem kratzenden Geräusch seiner Schreibfeder lauschte.

Ihr fiel ein, dass sie ihm noch nicht mitgeteilt hatte, wie seine Magiefarbe am Tag des Ferienbeginns ausgesehen hatte. Sie hatte es zusammen mit Remus in Harrys Denkarium sehen können und womöglich wäre dies ein passender Moment, ihn aus der Reserve zu locken.

„Die Veränderung Ihrer Magiefarbe lässt mich vermuten…“
„Halten Sie Ihren Mund! Ich bin der Meinung, ich habe mich sehr deutlich ausgedrückt als ich Ihnen sagte, Sie könnten mir auf meine Frage schriftlich antworten, was Sie bisher allerdings nicht für notwendig erachtet haben.“
„Meine Güte, wir stehen uns gegenüber und können die Sache auch sofort klären“, wetterte sie zurück, doch er hatte seine Aufmerksamkeit bereits wieder den Pergamentrollen gewidmet, die er nach und nach entrollte, um sie zu lesen und sich Notizen zu machen. „Severus?“ Er ignorierte sie, wie sie es hätte ahnen müssen.

Trotzköpfig begann sie damit, in ihrer Tasche zu wühlen, was Severus nicht entging, denn er blickte einige Male neugierig zu ihr hinüber, ohne dabei den Kopf zu heben. Sie zog ein Stück Pergament heraus. Nur mit den Augen folgte er ihr, als sie sich dem kleinen Pult näherte und sich setzte. Sie begann zu schreiben und auf einem Stück Pergament, welches rechts auf seinem eigenen Schreibtisch lag, formten sich zeitverzögert wie von Geisterhand Buchstaben, was er mit rasendem Puls feststellen musste. Sie verwendete das magische Papier.

Auf seinem Teil des Blattes formten sich die Worte „Ihre Magiefarbe verändert sich, wenn Sie in der Nähe von anderen Menschen sind.“.

Mit weit aufgerissenen Augen schaute er zu ihr hinüber und zu seinem Schrecken blickte sie ihn herausfordernd an. Er fühlte sich ertappt und schaute ruckartig weg, um sich wieder seiner Arbeit zu widmen, doch er konnte es nicht verhindern zu bemerken, dass sich weitere Worte auf dem Stückchen Pergament bildeten. Aus den Augenwinkeln las er „Bei Remus hatte sich ein Teil seiner Magiefarbe leicht geändert, als Harry ihn berührt hatte. Bei Ihnen ist die Farbe allgemein heller geworden und das nur, weil sie zwischen Harry und Remus gesessen hatten.“. Er versuchte, ihre aufdringliche Art der Kommunikation zu ignorieren, doch als er erneut schwarze Buchstaben erkennen konnte, da musste er einfach lesen. „Interessiert Sie das alles wirklich nicht?“

Es ärgerte ihn, dass diese Informationen und ihre Fragerei ihn unentschlossen machte, denn er schwankte hin und her zwischen der Möglichkeit, ihr ein für allemal alles zu erklären oder die Sache, wie er es ursprünglich vorhatte, einfach zu vergessen. Sie ließ ihn jedoch nicht vergessen und zündelte mit einem immer wieder ausgehenden Streichholz an seiner Hoffnung herum. Hoffnung war ein angenehmes Gefühl, auch wenn es sich bei ihm in Grenzen hielt, denn er wusste von den Auswirkungen, die die zerschlagene Variante mit sich brachte.

Ein weiteres Mal erblickte er ihre Handschrift. Sie hatte geschrieben „Wenigstens habe ich Sie zum Nachdenken motiviert.“.

Sie unterlieĂź es nicht, sich weiterhin schriftlich mitzuteilen und er brachte es nicht fertig, sie aus seinem BĂĽro zu werfen. Mit jedem ihrer geschriebenen Worte wurde er zorniger, aber auch unsicherer, was ihn nur noch wĂĽtender machte. Er mĂĽsste sie loswerden, bevor sie diesen Nerv zu sehr strapazierte.

Während in den tiefen Hogwarts eine angespannte Stimmung herrschte, hatte sich in Albus’ Büro eine sehr lauschige Atmosphäre ausgebreitet, obwohl Remus anfangs das Schlimmste befürchtet hatte, als er von Albus auf einen Tee eingeladen worden war.

„Du weißt, dass ich deine Fähigkeiten sehr schätze, Remus“, sagte Albus mit väterlicher Stimme.
Remus glaubte zu verstehen und sagte abwinkend: „Ich weiß, dass es die Eltern der Schüler sicherlich nicht erfreuen würde, wenn ein… Na ja, wenn jemand wie ich zum Lehrpersonal gehören sollte.“
Albus lächelte unerwartet breit. „Gleich gestern hatte ich den Schulrat über die notwendige Kündigung des Lehrers für die Pflege magischer Geschöpfe kontaktiert und natürlich auch meine Empfehlung in Bezug auf einen neuen Lehrer ausgesprochen. Der Schulrat hat unverzüglich die Eltern angeschrieben und es kamen bereits viele Rückmeldungen.“
„Es war auch zu schön, um wahr zu sein“, hauchte Remus, bevor er sich einen großen Schluck Tee genehmigte, um den Kloß in seinem Hals hinunterzuspülen. Sein Fluch hatte ihm das Leben schon immer schwer gemacht.

Von seinem Schreibtisch holte Albus einen kleinen Stapel mit Briefen, deren Umschläge bereits geöffnet waren und er hielt sie Remus entgegen.

„Ich werde mich nicht darum kümmern können, Remus.“

Verdutzt nahm er die Briefe entgegen. Schreiben, die seiner Meinung nach die Empörung der Eltern beinhalten würden. Böse Worte darüber, wie man die Frechheit besitzen könnte, einen Werwolf überhaupt als Lehrer vorzuschlagen. Es war ihm ein Rätsel, warum Albus ihm die Schreiben überreicht hatte, doch ohne zu Murren steckte er sie in seine Innentasche.

„Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest?“
„Sicher Albus, vielen Dank für den Tee.“

Als Remus die Wendeltreppe nach unten ging, hielt er unbewusst eine Hand an seine Brust, denn darunter, unter seinem Umhang, befanden sich die Briefe, die ihm so nahe an seinem Herzen jetzt schon Schmerzen bereiteten. Es wollte sich im nicht erschließen, warum Albus ihm den Schriftverkehr anvertraut hatte. Gelesen hatte der Direktor die Rückmeldungen der Eltern auf jeden Fall. Die Angst, durch böse Worte tief verletzt zu werden, hielt ihn dennoch nicht davon ab, sich in eine Nische auf dem Gang zu verdrücken, um seiner Neugier auf der Stelle nachzugeben.

Mit zittrigen Fingern zog er einen der Briefe aus seiner Innentasche. Der Absender verriet, dass es sich um die Rückmeldung der Eltern von Shaun Smith handelte, von dem Harry ihm einmal erzählt hatte. Mit zittrigen Fingern entnahm er den Brief und las.


„Sehr geehrter Professor Dumbledore,

von unserer Seite aus haben wir keine Bedenken, Mr. Lupin als Lehrer an Ihrer Schule zu wissen. Wir danken Ihnen fĂĽr Ihre Offenheit.

Anbei ein Schreiben fĂĽr Mr. Lupin mit der Bitte, es an ihn weiterzuleiten.

Mit freundlichen GrĂĽĂźen,
Margreta und Davis Smith“


Tatsächlich befand sich in dem Umschlag noch ein weiterer, der noch nicht geöffnet war und auf den man seinen Namen geschrieben hatte. Remus lehnte sich mutlos an die Steinwand, denn er konnte nicht einmal eine Vermutung darüber anstellen, was die Smith’ ihm mitzuteilen hatten. Er würde es jedoch nie erfahren, sollte er weiter mit sich hadern, also öffnete er den Umschlag und entnahm den Brief. Er atmete einmal tief durch, bevor er die an ihn gerichteten Worte erst überflog, beim zweiten Mal verdutzt alles komplett las.


„Sehr geehrter Professor Lupin“ lautete die Anrede, womit das Ehepaar deutlich machte, dass sie ihn bereits als Lehrer sahen.

„Meine kleine Nichte ist eine begeisterte Sammlerin der Schokofroschkarten und hat demnächst Geburtstag. Es wäre sehr freundlich von Ihnen, die beiliegende Schokofroschkarte mit einer kleinen Widmung zurückzusenden. Der Name meiner Nichte lautet Eloise und sie würde sich bestimmt sehr darüber freuen.

Im Ăśbrigens begrĂĽĂźen mein Mann und ich den Vorschlag des Schulrates, einen kompetenten und fachkundigen Lehrer einzusetzen. Wir wĂĽnschen Ihnen ein angenehmes Schuljahr.

Mit freundlichen GrĂĽĂźen,
Margreta Smith“


Eine Schokofroschkarte mit seinem Bild war beigefügt. Gerührt von dieser Anfrage legte Remus seine Fingerspitzen auf die Lippen, bevor er den Brief ein weiteres Mal las, um auch sicherzugehen, dass er sich nicht getäuscht hatte. Sein Abbild auf der Schokofroschkarte lächelte ihn schüchtern an.

Die anderen Briefe musste er auf der Stelle öffnen, so dass er die Nische verließ und sich auf eine der steinernen Bänke auf dem Gang setzte. Nach und nach las er die persönlich an ihn gerichteten Schreiben. Nur ein weiteres Elternpaar bat ebenfalls um ein Autogramm, welches sie verschenken wollten, doch die anderen hatten ihm mit aufrichtigen Worten mitgeteilt, wie sehr sie ihn uns seine Rolle im Krieg schätzen würden. Ein einziges Mal konnte er zwischen den Zeilen lesen, dass ein „Freund von Harry Potter“ als Lehrer willkommen war. Remus war ein bekannter Mann und es störte ihn keinesfalls, dass Harrys Vertrauen ihm gegenüber auch die Meinung der Öffentlichkeit verändert hatte.

Nachdem er alle Briefe gelesen hatte, nahm er sie in die Hand und lief zurück zum Büro des Direktors, der ihm öffnete, noch bevor er klopften konnte. Er kam auch nicht dazu, das Wort an Albus zu richten, denn der ergriff die Gelegenheit auf der Stelle.

„Remus, da bitte ich dich heute schon, mich zum Tee zu besuchen und dann sage ich dir nicht einmal, dass du morgen anfangen kannst“, informierte ihn Albus mit lebendig zwinkernden Augen.
„Ich hab den Job.“ Es klang so, als würde Remus darum bitten, in den Arm gekniffen zu werden.
„Du wirst heute Abend den Schülern vorgestellt werden, also erscheine bitte rechtzeitig zur Lehrerversammlung, bevor wir in die große Halle gehen.“
„Ich fasse es nicht“, murmelte Remus freudestrahlend.
„Ach und hier“, Albus reichte ihm einige Unterlagen, „der Stundenplan und die Themen für die Klassen. Es tut mir Leid, dich damit so zu überrumpeln.“
„Das muss dir wirklich nicht Leid tun, Albus, wirklich nicht“, versicherte er überglücklich.
Dem neuen Kollegen freundschaftlich an die Schulter packend erklärte Albus: „Ich denke, es hat Eindruck beim Schulrat geschunden, dass nicht nur von mir, sondern auch von Severus eine Empfehlung ausgesprochen worden war, denn ich konnte mich nicht zurückhalten zu erwähnen, dass der Vorschlag ursprünglich von ihm kam. Es war zudem sehr hilfreich, dass der Schulrat in den Briefen an die Eltern auch seine eigene positive Meinung über dich zum Ausdruck gebracht hat. Noch nicht alle Eltern haben sich geäußert und viele werden es auch sicherlich nicht tun, weil sie so eine Entscheidung nicht infrage stellen wollen.“
„Ich denke“, sagte Remus heiter, „ich werde mich bei jemanden bedanken müssen.“
„Tu das, mein Freund, tu das.“

Die Briefe und die Unterlagen von Albus brachte Remus zunächst auf sein Zimmer, bevor er sich auf den Weg in die Kerker machte. Er lauschte kurz an der Tür, um sich zu vergewissern, dass er nicht wieder während einer hitzigen Diskussion hineinplatzte, doch er konnte rein gar nicht hören, so dass er schon dachte, es wäre niemand im Büro. Er klopfte und hörte im Anschluss ein ruppiges „Herein“ von Severus.

Im BĂĽro war auch Hermine anwesend und sie machte den gleichen, schlecht gelaunten Eindruck wie Severus. Beide schienen sich gestritten zu haben, doch keiner sagte etwas.


„Severus, ich wollte dir danken für…“
„Ihr Dank für die monatlichen Wolfsbanntränke kommt ein wenig später“, unterbrach Severus ihn grantig.
„Du weißt, dass ich dir dafür dankbar bin, aber nein: Ich wollte mich wegen etwas anderem bedanken und zwar für deine Empfehlung“, Severus blickte irritiert auf, „mich als Lehrer für die Pflege magischer…“
„Ich habe nie eine Empfehlung ausgesprochen!“, stellte Severus klar.
„Nicht?“ Jetzt war es Remus, der verdutzt war.
„Das gestern Früh war ein Scherz gewesen!“
„Aha“, machte Remus enttäuscht klingend, doch seine gute Laune kam schnell zurück. „Dann danke ich eben für deinen Scherz, Kollege.“
„Wie bitte?“

Hermine blieb mucksmäuschenstill und grinste währenddessen in sich hinein.

Erklärend gab Remus zum Besten: „Albus wird deinen Scherz wohl missverstanden haben, wofür ich natürlich nicht böse bin.“
„Ich fasse es nicht… Man nimmt mich doch sonst nicht ernst“, beschwerte sich Severus, der sich offensichtlich auf den Schlips getreten fühlte. Seine Worte entlockten Hermine ein Kichern, weshalb er sie mit einem bösen Blick strafte. An Remus gewandt brachte Severus zweideutig zum Ausdruck: „Wenigstens weiß ich, was ich bei Ihnen zu erwarten habe.“
„Hoffentlich nur Gutes“, wünschte sich Remus, der sich nicht vorstellen konnte, dass Severus seinen „Scherz“ bereuen würde.
„Sie werden dann in Zukunft nicht gerade schlecht verdienen, Lupin. In dieser Hinsicht…“
Jetzt schritt Hermine ein. „Sie wollen ihm doch wohl kein Geld für den Wolfsbanntrank abknöpfen?“
„Warum nicht?“
„Weil die Zutaten von der Schule bezahlt werden und ich finde, dass man Kollegen unterstützen sollte.“
„Sollte man?“, fragte Severus gereizt zurück. „Auch so jemanden wie Svelte?“
„Der ist kein Kollege mehr“, konterte Hermine schnippisch.

Es war für Remus unübersehbar, dass Severus und Hermine momentan nicht gut aufeinander zu sprechen waren, weswegen er sich lieber verabschiedete. Noch beim Hinausgehen wurde er Zeuge dessen, wie die beiden sich gegenseitig herausforderten, doch momentan interessierte ihn das nicht. Er selbst würde als Erstes Tonks über diese gute Neuigkeit Bescheid geben. Wenn sie erfahren würde, dass er nach all den Jahren wieder als Lehrer in Hogwarts arbeiten durfte, würde sie sicherlich aus allen Wolken fallen. Danach würde er Sirius anflohen, bevor er zu Harry und Ginny gehen würde, um sich bei ihnen persönlich als neue Lehrkraft vorzustellen.

Nach langer Zeit fĂĽhlte er sich endlich wieder allen anderen Menschen gleichgestellt. Remus bemerkte nicht, wie in den Kerkern, die er eben hinter sich gelassen hatte, die Luft brannte.

„Ich habe erfahren“, begann Hermine dickköpfig, „dass der ’Gespenstische Steinregen’ an Orten wächst, an denen kein einziger Sonnenstrahl dringen kann. Haben Sie einen Tipp für mich, Severus?“

Seelenruhig schrieb er noch einen Punkt auf seine Liste, doch da die nun fertig war, musste er sich eine neue Beschäftigung suchen, um seine Schülerin mit Nichtachtung zu strafen. Er legte seine Pergamente zur Seite und entschloss sich, zu einem seiner Schränkchen zu gehen, um eine kleine Inventur seiner Zutaten durchzuführen, was er allerdings vor einigen Tagen bereits erledigt hatte.

„Ah“, machte sie und ahmte damit den sonst von ihm so gern benutzten Tonfall nach. „Wenn Sie sich mit einem Problem nicht befassen, dann existiert es nicht. Ist das Ihre Devise?“
„Es ist sehr freundlich von Ihnen, sich selbst als ’Problem’ darzustellen“, konterte er mürrisch. „Es heißt ja so schön ’Einsicht ist der erste Weg zur Besserung’. In diesem Sinne gratuliere ich Ihnen zu Ihrer Erkenntnis. Wenn Sie sich nun bitte dazu entschließen könnten, jemand anderen zur Last zu fallen?“ Er blickte sie an und hob eine Augenbraue. „Svelte vielleicht?“
„Wo finde ich die Pflanze? Sie haben sie damals für ’Der Ewige See’ doch auch bekommen! Haben Sie sie bei Mr. Heed erworben?“ Ihre Fragerei war ihm lästig, doch er fand keine Möglichkeit, ihr das Reden zu vermiesen.
„Nein!“ Seine Antwort war knapp gewesen, aber zumindest war es eine.
„Der Händler in Frankreich?“
„Von diesem Scharlatan würde ich nicht einmal etwas kaufen, wenn er der letzte Händler für Trankzutaten wäre.“ Severus öffnete eine Vitrinentür und begann damit, wahllos kleine Fläschchen in die Hand zu nehmen und sie sich zu betrachten.
„Severus.“ Sie seufzte. „Ich denke, den Inhalt des Schrankes müssten Sie längst auswendig kennen. Warum sagen Sie mir nicht einfach…?“
Mit eisiger Stimme unterbrach er, ohne von einer Phiole mit einem Gripsschärfungstrank aufzusehen: „Sollten Sie den Trank brauen, Hermine, dann werde ich Ihre Fortschritte zum Scheitern bringen.“
„Sie würden sabotieren?“, fragte sie ungläubig nach. Er äußerte sich nicht dazu und ließ seine Aussage und vor allem ihre Deutung so im Raum stehen, weswegen sie hinzufügte: „Na, wenigstens sind Sie ehrlich.“
„Glauben Sie mir, der Trank selbst wird Sie nicht weiterbringen. Wozu ihn brauen?“

Nun versuchte er es auf die beschwichtigende Art und Hermine lieĂź sich drauf ein.

„Ich könnte während des Brauens auf wichtige Hinweise stoßen, die mir später weiterhelfen könnten.“
Ihr einen Blick schenkend schüttelte er den Kopf. „Wir haben auch nicht ’Schlafes Bruder’ hergestellt, um ein Gegengift finden zu können. Das Original hat keinerlei Wert für Sie, es sei denn, Sie wären so wahnwitzig und wollten einen Selbsttest durchführen.“
„Vielleicht sollte ich das wirklich tun?“

Ihre Provokation war nicht ernst gemeint, doch Severus war von ihren Worten gleichermaßen erschrocken und erzürnt. In Windeseile war er auf sie zugestürmt, so dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Seine Stimme bescherte ihr eine Gänsehaut.

„Sollten Sie tatsächlich so naiv sein…“
„Bin ich nicht!“, warf sie ein.

Sie erinnerte sich daran, als sie ihn unverblümt gefragt hatte, ob er den Trank, der die Seele zerreißen würde, vor der Einnahme verändert hätte, was er verneint hatte.

„Sie haben nicht nur den ewigen See eingenommen!“ Sie legte ihren Kopf leicht schräg. „Sie haben mir bereits einen Hinweis gegeben. Kapitel 10 von ’Schützende Hände’, nicht wahr? Sie haben nicht nur einen Trank eingenommen, sondern zwei!“ Seine steinerne Miene bröckelte, doch er blieb stumm. „Sie haben mir geraten, ich sollte einen Schritt weiter denken und das habe ich getan. Sie haben ’lacus aeterna’ durchaus eingenommen, aber nicht, bevor Sie sich sicher sein konnten, dass Sie ein – wie Sie so schön sagten – ’winziges Überbleibsel’ bewahren würden, das von diesem schrecklichen Trank nicht angerührt werden würde.“ Severus wollte sich von ihr abwenden, doch sie ergriff mit beiden Händen seine Oberarme und zwang ihn, ihr zuzuhören. „Und ich wette es war Albus gewesen, der Sie damals davor gewarnt hatte, dass alles für immer verloren sein würde.“ Sein Gesicht wurde kalkweiß, doch Hermine wollte nicht aufhören, nicht jetzt. „Nach dem Krieg… Es passierte etwas mit Ihnen, was Ihnen selbst unheimlich war, denn Sie fühlten plötzlich wieder etwas.“

Sie lieĂź ihn nicht gehen, als er sich aus ihrem Griff herauswinden wollte, sondern packte nur noch fester zu. Er sollte all ihre Gedanken erfahren.

„Anfangs war es nur in Harrys Anwesenheit gewesen, als Sie eine Veränderung an sich festgestellt haben. Haben Sie in dem Moment, in dem Sie ihm diesen ersten Hinweis gegeben haben, die Hoffnung gehabt, er könnte Ihnen helfen?“ Eine Antwort erwartete sie gar nicht, denn sie konfrontierte ihn nun mit ihrer Theorie. „Ich vermute, dass es vielleicht Harrys freundschaftliche Art und Weise gewesen sein könnte, aber ich bin mir ganz sicher, dass es auch mit seiner Magie zu tun haben muss. Die hat Sie berührt, Severus! Seine bloße Präsenz hat etwas in Ihnen geweckt, das Sie für tot gehalten haben.“

Es tat ihr Leid, dass Severus im Moment so schwächlich wirkte. Ihre Worte hatten ihn paralysiert. Zu einer Äußerung war er nicht fähig. Möglicherweise blieb er still, weil er erfahren wollte, was sie wusste oder was sie glaubte zu wissen, weshalb er sie weder unterbrach noch gegen sie anging.

„Ich frage mich nur, warum Sie so etwas für ’notwendig’ gehalten haben, Severus.“

Peinlich berührt blickte er zu Boden. Auf die Frage, warum es seiner und Albus’ Meinung nach keinen anderen Weg gegeben haben sollte, hatte sie noch keine genaue Antwort gefunden. Sie wollte ihn ermutigen, denn sie hatte offensichtlich ein Thema angesprochen, das ihm sehr unangenehm war und so verwendete sie eine Stimme, die sie früher benutzt hatte, um mit Patienten zu sprechen, die ohne Hoffnung waren.

„Sie merken es doch Tag für Tag, dass sich etwas in Ihnen regt und das ist ein Zeichen dafür, dass es nicht so ausweglos ist wie Sie denken. Lassen Sie mich Ihnen helfen.“ Die Bitte wollte er beinahe annehmen, doch dann fügte sie flehend hinzu: „Lassen Sie uns Ihnen helfen.“

„Uns“ rückte auf Anhieb seine Gefühlslage wieder gerade, denn dass auch Remus von alledem zu wissen schien, machte ihn rasend. Mit beherrschter Miene blickte er auf. Die Abscheu in seinen Augen war unübersehbar, als er sich endlich äußerte.

„Sie irren sich!“, fauchte er. „Mir gefällt nicht, dass Sie mich wie einen unsicheren, gebrochenen Patienten behandeln, der völlig angstverzerrt alle Möglichkeiten ausschlagen würde, seine Situation zu verbessern.“

Mit beiden Händen ergriff er ihre Handgelenke, um sie von seinen Oberarmen zu entfernen. Seine Augen funkelten böse.

„Ihnen entgeht dabei, dass ich selbst schon viele Jahre recherchiert habe. Wenn Sie glauben, dass Sie in nur wenigen Monaten etwas erreichen, was ich in zwei Jahrzehnten nicht geschafft habe, dann überlege ich ernsthaft, Sie mit einer Nadel zu stechen, so aufgeblasen wie Sie sich geben, so allwissend.“ Er rümpfte die Nase.
„Ich irre mich? Das können Sie nicht ernst meinen, Severus. Dann frage ich Sie, wer es gewesen war, der zu Weihnachten so verzweifelt klang, weil ich noch keine Lösung gefunden habe? Das waren ja wohl Sie!“, schnaufte sie wütend. „Und Sie haben mit dem ganzen Mysterium überhaupt erst angefangen und da muss ich fragen: Warum haben Sie das?“ Gerade wollte er das Wort ergreifen, da zeterte sie aufgebracht: „Wenn Sie davon ausgehen, dass niemand Ihnen helfen können wird, warum all diese Hinweise? Jetzt sage ich Ihnen mal was.“ Sie hob drohend einen Zeigefinger. „Sie haben Angst! Sie haben eine Heidenangst!“

Seine Atmung beschleunigte sich und er ballte aggressiv seine Fäuste. In seinem Gesicht war die weiße Farbe einem warnenden Rot gewichen.

„Nennen Sie mich etwa einen Feigling?“
Hermine nahm sich fest vor, sich nicht einschüchtern zu lassen und so ließ sie ihrem Frust freien Lauf. „Das habe ich nicht gesagt! Ich sagte, dass Sie Angst haben und für diese Behauptung, mein Lieber, ist der Irrwicht Beweis genug!“
„Es ist doch seltsam“, säuselte er beunruhigend leise, „dass wir denselben haben. Möglicherweise spiegelt sich in dem Ihren die Angst wider, mich mit Ihrer ’Rettungsaktion’ vollends zu entseelen? Denn das, auf was Sie hinauswollen – eine Heilung – könnte mich auch das Leben kosten.“

Sie schluckte, denn nun begann er, sie mit ihren eigenen Waffen schlagen zu wollen, auch wenn sie nicht genau wusste, warum ihr Irrwicht damals seine Form angenommen hatte.

„Wir brauchen uns gar nicht so lange bei ’Ängsten’ aufzuhalten, Severus. Wie wäre es stattdessen mit ’Wünschen’?“, warf sie ihm ohne Vorwarnung vor die Füße, so dass er für einen Moment mit sich ringen musste. Diesen Augenblick nutzte sie. „Von Albus weiß ich, dass sich niemand hier im Schloss mit Vielsafttrank in mich verwandelt hat.“ Die Gesprächsführung hatte sie längst an sich gerissen und eine Sache wollte sie ihm ganz deutlich vor Augen führen. „Ich war nicht dort oben, wo Sie mich gesehen haben wollen und da ich – wie Sie sehr wohl wissen – nicht auf den Kopf gefallen bin, kann es nur eine mögliche Erklärung für mein mysteriöses Auftauchen geben.“

Bisher hatte sie es vermieden, in einem ruhigen Moment ĂĽber diese Erkenntnis nachzudenken, doch es war nicht von der Hand zu weisen.

„Ich weiß genau, was Sie in Nerhegeb gesehen haben!“ Viel leiser fügte sie hinzu: „Ich weiß nur nicht, warum?“

Ihre Worte hatten ihn erschlagen. Verzweifelt versuchte er, eine Antwort auf dieses „Warum?“ zu finden und er wünschte sich eine, wegen der er sich nicht rechtfertigen müsste.

„Es wäre doch möglich“, begann sie ruhig, „dass Sie meine Hilfe wünschen und deswegen haben Sie mich in dem Spiegel…“

Als er wegschaute, verstummte sie auf der Stelle. In dem Augenblick, als sie seinen einsichtigen Gesichtsausdruck wahrnahm, schossen ihr noch andere vorstellbare Erklärungen durch den Kopf; plausible, logische Antworten und sie war wie vom Blitz getroffen, denn besonders eine machte ihr schwer zu schaffen.


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