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Fanfiction

Harry Potter und die Totenrelikte - Eine grimmige Feier

von Wizardpupil

Was war mit den darauf folgenden Tagen los? Wie konnte es sein, dass ihre Stunden teils so schnell, teils so langsam vergingen, als würde irgendwo jemand die Uhr je nach Lust und Laune mit variierender Geschwindigkeit drehen, hin und wieder sogar anhalten oder zurückdrehen, sodass es Harry vorkam, als würde er bestimmte Dinge zweimal erleben?
War er nicht gerade noch an der Stelle im Hof gestanden, wo Fred mit dem toten George verschwunden war? Jetzt jedenfalls saß er plötzlich an dem Tisch in der Küche, verzweifelte Gesichter um ihn herum.
Und schon war er im St. Mungo, blickte zusammen mit den anderen auf den bewusstlosen Bill hinab.
„Wird er jetst – wird er – su einem rischtigen Werwolf?“
Harry hörte die Antwort des Heilers auf Fleurs Frage nicht, denn da sprang die Zeit schon wieder. Da Georges Leiche bei Fred war, gab es kein Begräbnis, aber eine Trauerfeier in einer kleinen Zaubererkirche. Er hörte Mrs Weasley weinen, sah, wie Hermine Ron hielt, ihm etwas zuflüsterte, versuchte, ihn zu trösten. Wo war Ginny? Er musste Ginny auch trösten. Neben Mrs Weasley stand Percy. Wann war er wieder zur Familie hinzugestoßen?
George war tot. Harry erkannte bald, dass diese merkwürdigen Zeitsprünge jedesmal dann passierten, wenn er diesen Satz durch seinen Kopf gehen ließ. Es klang so unmöglich, das konnte einfach nicht wahr sein. George war tot?
In Rons Zimmer im Fuchsbau. Wenn es ihm schon so furchtbar ging – wenn seine Wahrnehmung so gestört war –, wie musste es dann erst den Weasleys gehen? Wie konnten Mr und Mrs Weasley überhaupt noch wissen, wer sie waren, wo sie waren, wenn er es kaum noch schaffte, die Zeit richtig zu erleben?
Erst rückblickend betrachtend war all das da, was er in scheinbaren Blackouts verpasst hatte. Und er sah den Heiler nicken, sah, wie Fleur ihr Gesicht in ihren Händen vergrub. Er erinnerte sich an die trostlosen und tristen zwei Tage bis zur Trauerfeier, in denen im Fuchsbau die schrecklichste Stimmung herrschte, die er je erlebt hatte. Spürte mehr Trauer und Verzweiflung als nach Sirius‘ oder Dumbledores Tod, konnte keinem der Weasleys in die Augen blicken, verbrachte die meiste Zeit mit Hermine, die aber so oft wie möglich zu Ron eilte, um ihm beizustehen. Er schaffte es nicht, zu Ginny zu gehen. Nicht einmal auf dem Weg zur Trauerfeier sprach er ein Wort mit ihr. In der Kirche hörte er Hermine zu Ron sagen, „wir werden Fred und George schon finden“, hörte Ron antworten, „sie haben mir nicht verziehen. Sie haben mir nicht verziehen und dann ist George gestorben und Fred verschwunden“, sah, dass nicht einmal Hermine darauf etwas zu erwidern wusste. Erblickte Ginny neben ihrem Vater, ihre Augen so trocken – sie hatte zu viel geweint seit Georges Tod, selbst wenn da noch Tränen wären, könnten sie ohnehin nicht ausdrücken, was Ginny fühlen musste. Harry wünschte, er könnte ihr helfen wie Hermine es mit Ron tat, aber er schaffte es nicht …
Und nun saß er da in Rons Zimmer, und Ron wünschte ihm eine gute Nacht und warf sich auf sein Bett. Als auch Harry sich hinlegte, schien die Zeit zum ersten Mal wieder ganz normal zu verlaufen. Er konnte nicht einschlafen und die Minuten zogen vorbei, während er sich im Bett wälzte. Ron war ebenfalls wach, das wusste Harry, aber er wollte nichts sagen, konnte es nicht. Sein Blick fiel auf den Kalender an der Wand neben dem Fenster, bevor er einschlief. Übermorgen war sein Geburtstag.

Vor ein paar Jahren noch hätte Harry wahrscheinlich nach dem Aufwachen gedacht, alles wäre ein schrecklicher Albtraum gewesen. Er war jetzt soweit, zu verstehen, dass so etwas wie der Tod von George tatsächlich geschehen konnte. Also machte er sich auch keine Hoffnungen, als er die Augen öffnete, obwohl der Tag verglichen zu den vorhergehenden großartig zu sein schien, mit hell scheinender Sonne, singenden Vögeln. Lächerlich märchenhaft. War das Wetter genauso verrückt wie er, nur dass es anders als er nicht die Zeit so seltsam wahrnahm, sondern die Sonne auf den Fuchsbau brennen ließ, wenn die Stimmung darin eher der finstersten, regnerischsten Nacht entsprach? Oder wollte es die Menschen im Fuchsbau aufheitern und schickte deshalb diese frühen Sonnenstrahlen? Das war noch lächerlicher und märchenhafter als das unerträglich fröhliche Gezwitscher der Vögel. Wenn Mr Weasley unter seinen Muggelartefakten doch bloß auch ein Gewehr hätte, dann könnte Harry jetzt hinausgehen und einen Vogel nach dem anderen von seinem Baum schießen …
Harry stand auf und sah, dass Ron nicht mehr in seinem Bett lag. Er war wohl wie jede Nacht seit Georges Tod nicht eingeschlafen. Diese war allerdings die erste Nacht gewesen, in der Ron Harry nicht aus Versehen zwischen drei und vier Uhr aufgeweckt hatte, weil er sich etwas zu unvorsichtig auf den Weg nach unten begab.
Harry zog sich um, griff nach seinem Zauberstab. Seit dem Angriff der Todesser rechnete er andauernd mit einem weiteren. Er hätte sich wohl nicht für paranoid gehalten, hätte es aber in Erwägung gezogen, dass er es mit seiner Angst, Voldemort könnte jeder Zeit im Fuchsbau erscheinen, ziemlich übertrieb – wenn nicht die anderen ebenfalls so denken würden wie er. Die Sicherheitsvorkehrungen um den Fuchsbau waren verschärft worden, viele Ordensmitglieder waren um ihn herum postiert, ebenso wie einige Auroren. Das Zaubereiministerium und der Orden des Phönix hatten nun beschlossen, auf einer gewissen Basis zu kooperieren. Nach dem Dilemma mit dem verräterischen Auroren hatte das Ministerium eingesehen, dass es scheinbar nicht sicher genug war vor den Todessern und Voldemort. Daher war der Kreis der Personen im Ministerium, die sich um den Schutz des Fuchsbaus und Harrys kümmerten, auf eine minimale Anzahl begrenzt worden: Drei Auroren, die nicht im Orden, aber sehr gut mit Kingsley befreundet waren, der Leiter der Abteilung für magischen Transport und zwei stark bewachte Angestellte dieser Abteilung, sowie – natürlich – der Minister Scrimgeour selbst. Harry war sehr erstaunt gewesen, als er erfahren hatte, dass Umbridge nicht bei diesen Leuten dabei war. Unter der Bedingung, dass tatsächlich nur diese sieben Personen aus dem Ministerium über den vollen Ausmaß der unterschiedlichen Schutzzauber, die auf dem Fuchsbau lagen, wussten, hatte sich der Orden des Phönix bereit erklärt, mit ihnen zusammenzuarbeiten und sie auch in einige seiner Pläne einzuweihen. Eine weitere Bedingung hatten sie allerdings auch gestellt: Die noch ausstehende Vorladung zu einer Anhörung Harrys sollte nie zustande kommen. Überraschenderweise hatte sich Scrimgeour sofort dazu bereit erklärt.
Harry konnte sich aber denken, woran das lag. Das Ministerium hatte einen großen Erfolg errungen: Obwohl die Todesser es geschafft hatten, die Hochzeit zu unterbrechen und sogar einen Anwesenden umzubringen und einen anderen schwerstens zu verletzen, war das Ansehen des Ministeriums gerettet worden durch die Festnahme eines Todessers. Fenrir Greyback war von Fleur zwar nicht getötet, dafür aber genug beschädigt worden, es nicht mehr zu schaffen, mit den anderen Todessern zu fliehen.
Greyback wurde im Ministerium festgehalten. Bis zu seiner Anhörung – die, wie Scrimgeour allen Weasleys, Harry, Hermine und dem Orden versichert hatte, mit der schlimmsten Strafe für den Werwolf besiegelt werden würde, die möglich war – würde versucht werden, Informationen aus ihm herauszubekommen. Harry wusste nicht, ob schon etwas Derartiges gelungen war – es interessierte ihn momentan überhaupt nicht.
Als wäre es ein Startschuss gewesen, eine Einleitung, der entscheidende Antrieb, der noch gefehlt hatte, hatte Georges Tod Harrys Plan noch genauer, strikter und einfacher werden lassen: Sobald er siebzehn Jahre alt war, würde er nach Godric’s Hollow gehen, vermutlich ohne Ron und Hermine. Hermines Vermutung, sie und Ron könnten das Haus seiner Familie gar nicht betreten, weil immer noch der Fidelius-Zauber auf ihm lag, kam ihm immer logischer vor, er war sich mittlerweile sogar sicher, dass das wahr war. Er wollte also gar keine Zeit mit Versuchen verschwenden, sondern gleich allein dorthin gehen. Er würde hoffen, dort irgendetwas Brauchbares zu finden, aber die Suche nach diesem Etwas sehr knapp halten, um bald darauf – nun wieder zusammen mit Ron und Hermine – frühzeitig nach Hogwarts zu gehen, von wo aus die Suche nach den Horkruxen erst richtig beginnen würde. Und wenn die drei die ganze Welt absuchen mussten – Harry würde, sobald die Jagd erst einmal begonnen hatte, nicht mehr schlafen, bevor er nicht alle Horkuxe gefunden und zerstört hatte.
Harry ging in die Küche. Ron war nicht dort – durch die offene Tür sah Harry, dass Ron mit Hermine im Hof stand –, dafür aber Mr Weasley. Er war der Weasley, der sich am schnellsten von Georges Tod erholt hatte. Beziehungsweise, was Harry für wahrscheinlicher hielt, der Weasley, der es am schnellsten geschafft hatte, die Erholung vorzutäuschen. Er sah auf, als Harry die Küche betrat, und zeigte ein schweres Lächeln.
„Morgen ist dein großer Tag, nicht wahr?“
Harry war überrascht. Er hätte nicht erwartet, dass sich jemand an seinen Geburtstag erinnerte. Es wäre ein bisschen viel verlangt gewesen, fand er, nach allem, was geschehen war.
„Ja“, antwortete er trotzdem. „Siebzehn. Endlich.“
Mr Weasley nickte, obwohl sein Bick vermuten ließ, dass er Harry nicht einmal richtig zugehört hatte. „Wir schmeißen eine Party für dich. Morgen im Hauptquartier.“
Das überraschte Harry sogar noch mehr. „Ich – nein, das ist nicht nötig. Ich könnte gar nicht feiern, nach –“ Er brach ab.
„Doch, wir planen das schon lange“, erwiderte Mr Weasley, diesmal mit festerem Blick. „Und wie ich schon bei der Hochzeit gesagt habe, wir brauchen jetzt eine Ablenkung.“
„Bei der Hochzeit“ traf es zwar nicht ganz, aber Harry konnte verstehen, dass Mr Weasley nicht „nach Georges Tod“ oder so etwas sagen wollte. Er beschloss, die Geburtstagsfeier einfach zu akzeptieren, nickte und setzte sich. Er blickte hinaus zu Ron und Hermine. Sie standen Hand in Hand da, mit dem Rücken zum Haus, sahen wohl einfach den Himmel an. Wie friedlich sie aussahen.
„Muss schön sein für die beiden, einander zu haben“, sagte Mr Weasley nach einer Weile. Harry wandte sich ihm zu, etwas errötet – er hatte nicht gewusst, dass Mr Weasley ihn beobachtet hatte. „Jeder braucht jetzt jemanden, an dem er festhalten kann.“
Harry nickte erneut, sagte aber nichts.
Er ging Ginny nun wieder aus dem Weg.
Und daran wollte er nichts ändern.

Scheinbar hatten alle von der Feier gewusst, aber niemand hatte ihm etwas erzählt. Es hatte wohl eine Überraschung sein sollen.
Aber die Ablenkung schien ihnen allen tatsächlich gut zu tun. Als Harry am nächsten Morgen das Wohnzimmer betrat, waren dort Ron und Hermine, Mr und Mrs Weasley. Und als sie ihn mit einem lauten einheitlichen „Alles Gute!“ begrüßten, wirkte ihr Lächeln zum ersten Mal seit Georges Tod wieder richtig ehrlich. Nur Mrs Weasley konnte er ihr Lächeln nicht voll und ganz abkaufen. Und Ginny war nicht dort, um ihm zu gratulieren.
Die Feier würde, wie Mr Weasley gesagt hatte, im Hauptquartier des Phönixordens, dem Grimmauldplatz Nummer zwölf, stattfinden, aber erst am späten Abend gegen neunzehn Uhr. Daher war dieser Tag im Fuchsbau letztlich doch nicht anders als die vorhergehenden – trist und unangenehm, kein Lachen war zu hören, kein Gespräch dauerte länger als ein paar Sekunden.
Harry wartete im Wohnzimmer ungeduldig darauf, dass die Stunden verstrichen. Er hatte nicht viel Interesse an der Feier – aber wenn sie vorbei war, würde er endlich nach Godric’s Hollow gehen.
Ron und Hermine verbrachten die Zeit wieder miteinander, vermutlich im Hof, Harry wusste es nicht genau. Dass sie nun so gerne zu zweit waren, erleichterte es ihm, ohne sie nach Godric’s Hollow zu gehen. Vielleicht hatten sie sogar nicht mehr vor, mit ihm nach den Horkruxen zu suchen; vielleicht hatte Ron es sich nach Georges Tod anders überlegt, und Hermine mit ihm …
Ginny sah er im Fuchsbau die ganze Zeit nicht. Er hatte allerdings das Gefühl, dass das nicht nur damit zu tun hatte, dass er ihr nun wieder aus dem Weg ging – sie schien sich ebenfalls vor ihm zu „verstecken“.
Wenn alles vorbei war, würde er wieder zu ihr kommen.
Wenn alles vorbei war, konnten sie wieder zusammen sein …
„Harry?“
Mrs Weasley hatte das Wohnzimmer betreten. Sie sah ihn besorgt an. Die Ringe unter ihren Augen waren tief.
„Du hast heute noch gar nichts gegessen“, sagte sie. In ihren Händen hielt sie ein Tablett mit Sandwiches. Sie stellte es vor ihm auf dem Tisch ab, lächelte ihm unsicher zu und drehte sich dann wieder um.
„Mrs Weasley“, sagte Harry hastig.
Sie drehte sich wieder um. „Ja?“
Harry stand auf; er fand, dass das notwendig war. „Es tut mir Leid. Alles.“
Mrs Weasley schien zu verstehen, was er meinte. Oder jedenfalls dachte sie es. Sie lächelte, nickte dankbar und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Wir haben übrigens sogar extra im Ministerium nachgefragt, um wie viel Uhr du geboren worden bist“, sagte sie. „Zwanzig Uhr zweiundzwanzig, hat man uns gesagt. Damit du uns auch nicht verlässt, bevor du wirklich siebzehn bist.“
Sie zwinkerte ihm zu, dann ließ sie ihn wieder allein. Und er dachte nach.
Es tat ihm wirklich Leid, dass er ihr nicht sagen konnte, was er vorhatte. Und Georges Tod tat ihm viel mehr Leid. Und natürlich fand er es schrecklich, dass es eigentlich seine Schuld war – die Todesser waren hinter ihm her gewesen, deshalb waren sie in den Fuchsbau gekommen, und deshalb war George gestorben. Aber andererseits … andererseits hatte er nicht das Gefühl, dass es tatsächlich seine Schuld war.
Er konnte es sich nicht erklären. Bisher hatte er sich immer für alles die Schuld gegeben, hatte sich immer verantwortlich gefühlt. Und trug er die Schuld an Georges Tod nicht genauso offensichtlich wie die an Sirius‘ Tod damals? Er empfand es nicht so. Irgendetwas hatte sich verändert. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm.
Er rührte kein Sandwich an, aber Hunger hatte er trotzdem keinen, als er sich mit Mr Weasley auf den Weg zum Grimmauldplatz Nummer zwölf machte. Die beiden waren die Letzten, die dort ankommen würden – die anderen waren schon vorher gegangen, um alles vorzubereiten. Sie apparierten direkt vor das Haus. Als Harry mit Mr Weasley die Stufen zu der Tür hochging, fiel ihm plötzlich ein, dass die Dursleys ja ebenfalls hier waren. Er hatte sie völlig vergessen – hatte nicht einmal daran gedacht, sich nach Petunias Zustand zu erkundigen.
„Wie geht es meiner Tante?“, fragte er Mr Weasley.
„Gut.“ Mr Weasley öffnete die Tür. „Sie ist aufgewacht, kurz nachdem wir sie hegebracht haben. Der Fluch hat keine bleibenden Schäden hinterlassen.“
Harry nickte erleichtert. Aber er bezweifelte, dass er deshalb keinen Wutanfall der Dursleys über sich ergehen lassen musste, sobald sie ihn sahen.
Mr Weasley schloss die Tür hinter ihnen. Harry war wieder im Haus seines Paten. Ihm wurde kalt, als er daran dachte; er ließ den Kopf sinken, als würde Sirius vor ihm stehen und er sich schämen für den Fehler, den er damals gemacht hatte – für den Fehler, der Sirius das Leben gekostet hatte …
Mr Weasley führte ihn durch den dunklen Gang und die Halle vor die Tür der Küche. Er lächelte ihm aufmunternd zu, dann öffnete er die Tür.
„Überraschung!“
Es war natürlich keine Überraschung, aber was machte das schon. Harry spielte mit, grinste und täuschte die Begeisterung vor, die scheinbar von ihm erwartet wurde, als er sich umsah.
Mr Weasley gesellte sich zu seiner Frau, neben der Ron stand, Hermine an seiner Seite. Charlie stand dahinter und neben ihm Ginny, die ihn nicht ansah. Moody und McGonagall, Neville und Luna waren auch da, sowie Lupin und Tonks, die von allen am meisten strahlte. Und hinter allen, über allen anderen hinausragend, stand Hagrid, der laut zu klatschen begonnen hatte, als Harry den Raum betreten hatte.
Bill und Fleur waren nicht hier. Sie waren noch im St. Mungos, wie Harry wusste.
Natürlich hatte Mrs Weasley einen Kuchen gebacken, natürlich war die Küche dekoriert worden. Girlanden hingen von der Decke, kleine goldene Schnatze regneten von oben herab und verschwanden auf halber Höhe knapp über ihren Köpfen, wie die Schneeflocken in der Großen Halle im Winter. Es wäre alles so schön gewesen, wäre George nicht tot, und würde diese düstere Zukunft nicht vor ihm liegen.
Harry packte seine Geschenke aus, die Augen aller auf ihn gerichtet – nur die von Ginny vermutlich nicht, aber Harry traute sich nicht, nachzusehen. So viele Geschenke hatte Harry noch nie auf einmal bekommen. Die übliche Packung Süßigkeiten von Ron, ein neues Buch über Quidditch von Hermine; ein hölzernes Brillenetui, verziert mit wunderschön geschnitzten Linien und Zeichen von Mr Weasley, eine goldene Uhr, ähnlich der, die Ron zu seinem siebzehnten Geburtstag bekommen hatte, von Mrs Weasley; einen ledernen Zauberstabhalter, den man sich wie eine Art Gürtel umschnallen konnte, von Charlie; und ein alt wirkendes Buch namens „Der Fluch – Über Wirkung und Bruch“ von Bill und Fleur (das würde mit Sicherheit das nützlichste Geschenk für ihn sein), das sie Mrs Weasley mitgegeben hatten. Harry fand es nicht gut, dass er von den Weasleys so viel bekam – sie hatten nicht viel Geld, und das Etui, die Uhr, der Zauberstabhalter und das Buch mussten ein Vermögen gekostet haben. Aber die anderen drängten ihn an, die restlichen Geschenke auszupacken, also tat er dies. Wie bei den vorigen machte er bei jedem ein erfreutes Gesicht – aber eigentlich fühlte er gar nichts, wollte all das nur so schnell wie möglich hinter sich bringen. Von Lupin bekam er ein neues Spickoskop, von Tonks eine Art …
„Armband“, sagte Tonks auf Harrys fragenden Blick hin. „Total hübsch, oder? Soll Glück bringen. Ich hab es einmal geerbt und ich glaube, es hat mir tatsächlich Glück gebracht.“ Sie sah Lupin lächelnd an. „Ich brauch es jetzt nicht mehr. Zeig mal, wie es auf deinem Arm aussieht!“
Harry streifte es über seine Hand auf sein Handgelenk. Überrascht stellte er fest, dass er es überhaupt nicht spürte, fast so, als würde es zu seinem Arm gehören. Es war golden und tatsächlich ziemlich hübsch – allerdings eher etwas für Mädchen, fand er. Er beschloss, es so bald wie möglich wieder abzunehmen, dankte Tonks aber sehr und behielt es noch an, um sie nicht zu enttäuschen.
Luna schenkte ihm einen Spiegel, der ihm angeblich jede Wahrheit sagen konnte, wenn er nur den Namen des Geistes erriet, der in dem Spiegel lebte. Als Luna das erklärte, musste Harry beinahe lachen – es war ein wunderbares Gefühl, ehrlich lachen zu müssen. Neville schenkte ihm – und Harry war einigermaßen überrascht – ein Erinnermich. „Ich hab zuerst gedacht, das wäre ganz schön gemein gewesen, als meine Oma mir damals eins geschenkt hat“, sagte Neville, „aber ich hab erkannt, dass das manchmal echt ganz nützlich sein kann. Jeder vergisst mal irgendwas.“ Harry stimmte Neville zu und bedankte sich mit dem vorgetäuschten Lächeln, das er nun schon so gut beherrschte. Hagrid schenkte ihm einen neuen Käfig für Hedwig, der sich zuverlässig selbst reinigte und den man, wann immer genug Platz in einem Raum war, um einiges vergrößern konnte.
Das war das letzte Geschenk.
Ginny hatte ihm nichts geschenkt.
Er konnte es ihr nicht verübeln.
„Also, dann!“ Mrs Weasley klatschte in die Hände; konnte es sein, dass sie diese Feier tatsächlich aufheiterte? Dass die Feier sie den Tod ihres Sohnes für einige Stunden vergessen ließ? „Zeit für das letzte und größte Geschenk!“
Harry legte die Stirn in Falten. Da kam noch etwas? Harry sah sich nach Ron und Hermine um – wie er blickten sie fragend drein; Ron schüttelte den Kopf und zuckte mit den Achseln, als er bemerkte, dass Harry ihn ansah.
Moody räusperte sich. „Würdest du bitte aufstehen, Harry?“
Harry war überrascht, so von Moody angesprochen zu werden. Nichtsdestotrotz erhob er sich. Er hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, wo immer dieses Gefühl auch herkommen mochte.
Moody stellte sich direkt vor Harry. Beide Augen waren direkt auf seine gerichtet. „Im Namen des gesamten Orden des Phönix möchten Minerva und ich dir die Mitgliederschaft anbieten.“
Harry spürte, wie sein Mund auffiel. Er klappte ihn schnell wieder zu, antwortete aber nicht. In seinem Kopf ging alles drunter und drüber. Natürlich, dachte er, deshalb ist Mrs Weasley überzeugt gewesen, ich würde meine Meinung noch ändern und ihnen erzählen, was Ron, Hermine und ich vorhaben. Sie wollten ihn in den Orden einladen, damit er sie in seine Pläne einweihte.
„Ich – also, ich …“ Harry wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Hagrid, der hinter Moody stand und der sein Zögern scheinbar auf begeisterte Sprachlosigkeit zurückführte, gab ein leises Lachen von sich und strahlte auf Harry hinab. Auch McGonagall und Moody lächelten ihm zu; sie glaubten wohl, sie hatten ihm einen großen Gefallen getan. Aber sie irrten sich.
„Was ist mit Ron und Hermine?“
Das Lächeln wich von Moodys Gesicht. „Oh, also – nun, wir dachten, du solltest zuerst aufgenommen werden, weil du ja –“
„Weil ich der Junge bin, der überlebt hat?“ Harry hasste die Kälte, die er in seiner Stimme hörte. „Weil ich weiß, was Dumbledore vorgehabt hat, und weil ich es euch vielleicht erzähle, wenn ich im Orden bin?“
„Nein, so haben wir natürlich nicht gedacht“, warf McGonagall hastig ein; ihr Mund war furchtbar schmal, unterstrich damit aber ausnahmsweise einmal nicht ihre Strenge, sondern etwas anderes. Harry konnte nicht ganz sagen, was. „Wir haben geglaubt, du würdest dich freuen, im Orden aufgenommen zu werden.“
„Ich möchte darüber nachdenken“, sagte Harry nur, ohne wirklich vorzuhaben, darüber nachzudenken.
Er schlängelte sich zwischen den Anwesenden hindurch auf die Tür zu. Als er sie öffnete und hinaustrat, warf er einen letzten Blick über seine Schulter – und stellte fest, dass Ginny nicht mehr da war.
Er warf die Tür etwas heftiger zu als er beabsichtigt hatte.
Ohne zu wissen, wo er hin wollte, ging er los. Er befürchtete, jemand würde ihm hinterherkommen, daher konnte er nicht erst überlegen, was sein Ziel sein sollte. Jedenfalls hatte er nicht vor, den Grimmauldplatz Nummer zwölf zu verlassen. Von hier wegzulaufen würde aus der Sache nur ein unnötiges Drama machen.
Seine Füße hatten ihn vor eine Tür geführt, die er noch nie gesehen hatte. Er blickte hinter sich; er war eine Treppe hinunter gegangen, stand also in einem Keller. Es war ihm egal, wohin die Tür führte – sicher war, dass er dahinter einen ruhigen Ort zum Nachdenken finden konnte.
Er öffnete sie – noch eine Treppe. Er lief die Stufen hoch, durch eine weitere Tür – und spürte plötzlich den Abendwind gegen sein Gesicht schlagen. Er stand im Freien.
Zumindest gab es in diesem Raum keine Decke. Es war auch weniger ein Raum als eher eine Art Innenhof, von Mauern umgeben. Durch ein Gittertor blickte Harry auf eine Straße. Das musste der Hintereingang des Hauses sein.
Und neben einem Mülleimer in einer Ecke des Hofes stand Tante Petunia.
Harry und Petunia sahen einander lange an, ohne ein Wort zu sagen. Als Harry dann gerade den Mund öffnen wollte, bewegte sich Tante Petunia plötzlich – sie lief direkt auf Harry zu – und an ihm vorbei.
„Nein, warte, Tante Petunia!“
Sie blieb tatsächlich stehen. Langsam drehte sie sich wieder um, sah Harry mit einem kühlen Blick an.
„Was?“, fragte sie in forderndem Ton.
„Ich möchte mich entschuldigen“, sagte Harry sofort; es fiel ihm nicht schwer, das zu sagen. „Für den Fluch, den ich dir aufgehetzt habe. Das war keine Absicht.“
Tante Petunia hob die Augenbrauen, scheinbar beeindruckt. Aber dann kräuselten sich ihre Lippen zu einem grausamen Lächeln.
„Du bist genau wie deine Mutter“, sagte sie; und es klang nicht wie ein Kompliment. „Lily hat mir auch oft etwas angetan und sich dann entschuldigt, als würde sie erwarten, dass dann alles wieder klar ist. Sie und dieser fürchterliche Junge … dieser Severus Snape.“
Harry erwiderte nichts, versuchte nicht einmal, seine Mutter zu verteidigen. Der Name von Snape hatte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken gejagt, der ihm das Gefühl gab, er wäre gelähmt. Aber auch ohne dieses Gefühl hätte er nichts gesagt – endlich wieder Informationen …
Aber Tante Petunia schien nichts mehr zu sagen zu haben. Sie wandte sich um, lief die Stufen hinunter. Harry stand immer noch da, bewegte sich nicht. Snapes Name hallte in seinem Kopf. Snape und seine Mutter … Wie konnte es sein, dass die beiden befreundet gewesen waren?
Plötzlich hallten wieder Schritte von den Treppen her zu ihm. Kam Tante Petunia etwa zurück?
Nein, es war nicht Petunia, die die Stufen hoch auf ihn zugelaufen kamen. Es waren Ron und Hermine – angeführt von Krummbein.
„Da bist du ja!“ Ron kam vor ihm zum Stehen, lehnte sich gegen die Wand und keuchte.
„Braver Krummbein!“ Auch Hermine keuchte. „Weißt du, Harry, er ist einfach plötzlich losgerannt und wir zwei sind ihm hinterher – und er hat uns zu dir gebracht!“
„Oder er hat was gerochen“, erwiderte Ron, plötzlich breit grinsend. Er zeigte auf die Spitze der Mauer, die den Innenhof umgab; dort saß eine andere leuchtend rote Katze, die Harry, Ron und Hermine beobachtete. Krummbein suchte am Fuß der Mauer nach einem Weg, zu der Katze hochzuklettern. „Ist das bei den Katzen genauso wie beiden Hunden? Vielleicht ist da oben ja läufig.“
„Nein, Ron, Katzen sind nicht läufig, sondern –“
„Ist doch jetzt egal“, unterbrach Harry sie, gehässiger als geplant. Aber er entschuldigte sich nicht für seinen Tonfall, sondern setzte hastig hinzu: „Eine Frechheit, was die veranstalten.“
„Der Orden?“, fragte Hermine, als sie Krummbein wieder auf die Arme nahm und die Katze auf der anderen Seite der Mauer auf die Straße sprang. „Ja, das ist wahr. Aber ich hab’s dir doch gesagt – der Höhepunkt stand noch aus. Jetzt ist er ja da. Wollen sich bei dir einschleimen, damit du ihnen von Dumbledores Plänen erzählst …“
„Und was, wenn sie Harry wirklich nur helfen wollen?“, warf Ron ein.
„Wir haben uns in den letzten Tagen doch schon darüber unterhalten, Ron.“ Hermine nahm Rons Hand. „Was der Orden zurzeit tut ist nicht in Ordnung.“
Ron sah Hermine kurz unsicher an; dann nickte er. Es war erstaunlich. Harry spürte einen Stich Eifersucht, als er sah, wie die beiden einander verstanden, wie sie die Hand des anderen festhielten. Er hasste sich für diese Eifersucht.
„Also, Harry, was tun wir jetzt?“, fragte Hermine dann an Harry gewandt. „Die Feier ist vorbei, es könnte jetzt theoretisch losgehen.“
„Wie spät ist es?“
Hermine sah Harry mit gerunzelter Stirn an. „Wieso willst du das wissen?“
„Um zwanzig Uhr zweiundzwanzig werde ich siebzehn“, sagte Harry. „Hat mir Mrs Weasley heute gesagt. Bevor ich nicht tatsächlich siebzehn bin, gehe ich nirgendwohin.“
„Sehr vernünftig, Harry“, sagte Hermine zufrieden; dann sah sie auf ihre Armbanduhr. „Allerdings müssen wir dann noch eine Viertelstunde hier warten.“
„Ihr müsst sogar noch länger warten“, entgegnete Harry. „Ich habe beschlossen, allein nach Godric’s Hollow zu gehen.“
„Ach, Mann.“ Ron rollte mit den Augen. „Harry, wir haben dir schon so oft gesagt –“
„Nein, ich meine nicht, dass ihr gar nicht mit mir nach den Horkruxen sucht“, sagte Harry schnell. „Ich glaube, du hast Recht, Hermine. Ihr könnt gar nicht in das Haus meiner Eltern, weil Pettigrew euch nicht das Geheimnis verraten hat. Ich gehe allein nach Godric’s Hollow, komme dann zurück und dann machen wir uns sofort auf den Weg nach Hogwarts. Das Schuljahr hat zwar noch nicht begonnen, aber wir können nicht so lange warten.“
Hermine sah aus, als wollte sie noch etwas erwidern, aber Harry schüttelte den Kopf.
„Das ist mein Plan und den werde ich nicht mehr ändern“, sagte er. „Während ich fort bin, könnt ich ja weiter über R.A.B. nachdenken. Wir sollten so schnell wie möglich herausfinden, wer er ist, er ist nämlich unsere wichtigste Spur.“
„Nun“, sagte Hermine – und Harry spürte sofort, dass sie etwas wusste; dieses Glitzern in ihren Augen war unverkennbar, „da hab ich euch etwas noch gar nicht gesagt.“
Harry wartete darauf, dass sie fortfuhr, aber sie sagte eine Weile nichts. Sie sah Harry nur unsicher an.
„Rück raus damit!“, sagte Ron.
„Also, ich hab’s bisher nicht gesagt, weil … naja …“ Sie betrachtete Harry weiterhin mit diesem unsicheren Blick. „Du hast so unangenehm reagiert, als ich vom Schleier angefangen habe, da hab ich gedacht … ich sag lieber nichts, verstehst du?“
„Nein“, sagte Harry. „Ich verstehe gar nichts.“
„Gut.“ Ron schnaufte. „Ich hab schon gedacht, ich wäre zu doof.“
„Ich wollte einfach Sirius nicht noch einmal erwähnen! Aber wo wir jetzt ohnehin in seinem Haus sind …“
„Soll das heißen, Sirius ist R.A.B.?“ Harry lachte. „Komm schon, das kannst du doch nicht –“
Aber jetzt hatte er es doch verstanden.
„Regulus!“
„Genau.“ Hermine lächelte. „Ist zwar nur eine Vermutung, aber ich halte es für sehr wahrscheinlich.“
„Regulus?“ Ron zog die Augenbrauen zusammen. „Sirius‘ Bruder? Also – also der Vater von – von Fred und George …“
„Ja“, sagte Hermine hastig, vermutlich, damit Ron jetzt nicht in den Gedanken an seine Brüder versank, „Regulus Black. Mir ist die Idee sofort gekommen, als ich erfahren habe, wer der richtige Vater von – also, als Regulus von deinem Vater im Fuchsbau erwähnt worden ist, Ron. Ich habe mich bei deinem Vater dann auch gleich nach Regulus‘ zweiten Vornamen erkundigt – Alphard.“
„Regulus Alphard Black …“ Harry hörte, dass er sehr leise sprach. „Und er war Todesser. Das passt.“
„Dann denkt ihr, das Medaillon ist hier?“ Rons Mund klappte auf. „Hier im Grimmauldplatz Nummer zwölf?“
„Möglicherweise“, sagte Hermine.
„Ganz sicher“, sagte Harry. „Ich bin mir ganz sicher.“
„Dann sollten wir sofort zu suchen beginnen!“ Ron zog seinen Zauberstab und sah um sich, als würde er erwarten, das Medaillon sei direkt hier irgendwo versteckt.
„Ihr fangt an und sucht weiter, wenn ich nicht mehr hier bin.“ Harry war gerade eine Idee gekommen. „Ich geh zu Lupin und unterhalte mich mit ihm. Vielleicht weiß er etwas über Regulus, Orte, an denen er gerne war. Damit wir wissen, wo wir suchen müssen, wenn das Medaillon nicht hier ist.“
„Klasse Idee!“, rief Ron zustimmend. „Ein großartiger Anfang für unsere Suche, findet ihr nicht?“
„Vielleicht ein bisschen zu großartig.“ Hermine sah immer noch so unsicher aus. „Was ist, wenn wir falsch liegen?“
„Es ist unsere einzige Hoffnung im Moment.“ Harry bemühte sich um ein zuversichtliches Lächeln; was heraus kam, wusste er nicht genau, aber wie ein richtiges Lächeln fühlte es sich nicht an.
Harry war schon lange nicht mehr so aufgeregt gewesen wie jetzt, als er wieder zurück ins Haus lief; das letzte Mal vermutlich, als er mit Dumbledore in der Höhle gewesen war, in welcher sie nach Voldemorts Medaillon gesucht, aber das von R.A.B. dort hinterlassene gefunden hatten. Und jetzt war wohl endlich geklärt, wer dieser R.A.B. war.
Ron und Hermine liefen die Treppe hoch, um in den oberen Stockwerken nach dem Medaillon zu suchen – sie sagten Harry, dass sie wussten, wo Regulus‘ Zimmer war. Harry hingegen machte sich auf den Weg zurück in die Küche, wo Lupin sich hoffentlich ebenfalls noch aufhielt.
Als er die Tür öffnete und die Küche betrat, in der keine Girlanden waren und keine keinen Schnatze mehr von der Decke regneten, fand er dort tatsächlich Lupin vor. Er und Tonks saßen am Küchentisch, ihre Zauberstäbe gezückt, und silbrig weißes Licht strömte aus deren Spitzen hervor. Zu ihren Füßen lag – wie Harry erstaunt erkannte – ein ebenso weißer Hirsch, um dessen Kopf ein gleichermaßen weiß leuchtender Rabe kreiste.
„Harry!“
Die Tiere verschwanden, als Lupin und Tonks zugleich aufsprangen.
„Wo warst du denn?“, fragte Lupin.
„Wo kam der Hirsch her?“ Harry dachte kurz nicht mehr an Regulus Black; der Hirsch-Patronus hatte ihn abgelenkt.
Lupin lächelte. „Das war mein Patronus.“
„Wieso ist Ihr Patronus mein Vater?“
„Erst einmal, wir sollten uns auch auf du einigen und dieses Siezen vergessen“, antwortete Lupin. „Du bist mit dem heutigen Tag erwachsen. Und was den Patronus betrifft – wie du habe ich mich schon immer sicher gefühlt, wenn ich an deinen Vater gedacht habe. Er hat mich auch beschützt, als ich noch jünger war. Und da der Patronus ein Beschützer ist, eine Gestalt, hinter der wir uns wohl fühlen …“
„Schon klar“, sagte Harry, der sich langsam wieder an das erinnerte, worüber er eigentlich mit Lupin sprechen wollte. „Was wissen Sie – weißt du über Regulus Black?“
Lupin hob die Augenbrauen. „Sirius‘ Bruder?“
„Regulus Alphard Back, Sirius‘ Bruder, ja.“
Lupin tauschte einen erstaunten Blick mit Ronks, die mit den Schultern zuckte.
„Wieso willst du etwas über Rab wissen?“, fragte Lupin.
Harry stutzte. „W-wie hast du Regulus gerade genannt?“
„Rab“, sagte Lupin, wobei er sich setzte; Tonks nahm ebenfalls Platz, aber Harry blieb stehen. „Das war sein Spitzname an der Schule. Du hast es ja schon gesagt – Regulus Alphard Black – R, A, B – Rab.“
„Aha.“ Harry war kurz erschrocken; er hatte gedacht, Lupin wüsste von dem Medaillon. „Also, weißt du irgendetwas über ihn? Oder – lass mich so fragen – wo hat sich Regulus gerne aufgehalten?“
Lupin sah Harry neugierig, fast schon misstrauisch an. „Wieso willst du solche Dinge wissen?“
„Gib mir einfach eine Antwort!“
Das war keine Bitte gewesen; sondern ein Befehl. Und Harry hatte sogar geschrien. Er hatte schon wieder die Beherrschung verloren. Was war los mit ihm?
„Entschuldigung.“ Er schloss die Augen, schüttelte den Kopf. Konzentrier dich. „Aber gib mir bitte eine Antwort.“
Lupin betrachtete – nein, beobachtete Harry noch eine Weile schweigend, fast so, als würde er darauf warten, dass er erneut zu schreien begann. Dann aber seufzte er und sagte:
„Nun, wo er sich so aufgehalten hat, darüber weiß ich herzlich wenig. Hier natürlich und in Hogwarts – und vermutlich im Hauptquartier von Voldemort, immerhin war er ein Todesser. Aber aus seinem persönlichen Leben weiß ich sonst nichts. Wir sind nie befreundet gewesen.“
In Harrys Hinterkopf bildete sich eine Idee, so schnell, dass er gar nicht wusste, woher sie kam; vermutlich war sie entstanden, weil Lupin von Regulus‘ persönlichem Leben gesprochen hatte. Seine Frau – Hetty Marquette … vielleicht hatte die das Medaillon?
Wenn es nicht ohnehin hier im Grimmauldplatz Nummer zwölf war.
Bitte lass es hier sein.
„Harry“, sagte Lupin, „bist du sicher, dass du mir nicht erzählen willst, warum du etwas über Regulus wissen willst?“
„Absolut sicher“, antwortete Harry sofort. Das ist eines der wenigen Dinge, die ich wirklich sicher weiß. „Wo sind alle anderen?“
„Die Weasleys sind gerade eben zurück in den Fuchsbau“, sagte Tonks. „Sie haben deine Geschenke mitgenommen.“
„Minerva ist zurück nach Hogwarts“, fügte Lupin hinzu. „Und Alastor und Hagrid –“
„Harry, Gott sei Dank!“
Hagrid kam hinter Harry durch die Tür in die Küche gestolpert und riss ihn an sich, zog ihn in eine heftige Umarmung. Wie üblich spürte Harry, wie einige seiner Rippen knacksten unter dem Gewicht Hagrids.
„Hab schon gedacht, du wärst einfach abgehau’n“, rief Hagrid direkt in sein Ohr. „Hätt dich sonstwer finden könn’n und sonstwas mit dir anstell’n!“
„Hagrid, ich war doch die ganze Zeit im Haus! Lass mich los!“
Als Hagrid das tat, erblickte Harry erst Moody, der hinter Hagrid ebenfalls in die Küche gekommen war.
„Um ganz ehrlich zu sein“, sagte er mit grimmiger Stimme, die Augen wieder beide auf Harrys gerichtet, „war das nicht gerade die Reaktion, die wir von dir auf unser Angebot erwartet haben.“
„Hermine, Ron und ich glauben, dass ihr mich nur aufnehmen wollt, weil ihr Informationen zu Dumbledores Pläne haben wollt“, sagte Harry geradeheraus; er hielt es weder für riskant, die Wahrheit zu sagen, noch für angebracht, zu lügen.
Moody starrte Harry an, ohne jede Veränderung in seiner Miene. „Das glaubt ihr, ja?“ Wartete Moody auf eine Antwort, oder warum sprach er so lange nicht weiter? Erst nach einigen Sekunden setzte er hinzu: „Wir wollen dir nur helfen.“
„Dann helft uns, indem ihr uns in Ruhe lasst“, sagte Harry.
Jetzt erst wandte Moody eines seiner Augen ab. Er richtete sein magisches Auge auf die Decke und Harry hatte das ungute Gefühl, zu wissen, wonach er blickte.
„Dann wirst du mir auch nicht sagen, wonach deine Freunde da oben suchen?“, fragte er, und bestätigte Harrys Vermutung.
„Nein.“
„Deine Entscheidung.“ Moody richtete das magische Auge wieder auf ihn. „Leider. Weihst du uns wenigstens noch in deine Pläne für heute ein? Ich schätze, nachdem du siebzehn bist, wird heute noch etwas passieren.“
Moody humpelte zu einem Stuhl neben Lupin und ließ sich darauf nieder. Alle sahen Harry erwartungsvoll an, Moody wie Lupin, Tonks und Hagrid.
„Um zwanzig Uhr zweiundzwanzig, wenn ich genau siebzehn Jahre alt bin, gehe ich nach Godric’s Hollow“, antwortete Harry. „Der Rest kann euch egal sein.“
„Du weißt also mittlerweile, wo Godric’s Hollow liegt?“, fragte Lupin.
Harry spürte, dass er wieder errötete. Nein, er wusste nicht, wo Godric’s Hollow war, und an diese Frage hatte er auch noch gar nicht gedacht.
„Ich kann dich hinbring’n.“
Harry wandte sich zu Hagrid um.
„Ich hab dich ja von dort auch weggeholt damals“, sagte Hagrid. „Du weißt ja …“
„Eigentlich – eigentlich wollte ich allein gehen –“
„Sogar ohne Ron und Hermine?“ Moody lachte. „Na, sieh mal einer an, da ist aber jemand mutig.“
Wieder wurde Harry ein wenig rot – diesmal aber vor Wut.
„Ich geh allein dorthin, weil Ron und Hermine nicht in das Haus meiner Eltern können“, erwiderte er. „Der Geheimniswahrer hat ihnen nie erzählt, wo es ist.“
„Ich hab noch ‘nen Zettel von Dumbledore.“ Hagrid steckte die Hände in zwei Taschen seines Mantels. „Hier irgendwo muss er doch sein … Da hat Pettigrew draufgeschrieb’n, wo das Haus is‘, weißt du.“
„Nicht nötig!“ Harry war selbst überrascht, dass er das sagte. „Du brauchst sie nicht zu suchen – ich will allein nach Godric’s Hollow.“
Natürlich. Dass Ron und Hermine das Haus seiner Eltern nicht sehen konnten war nicht der einzige Grund, warum er allein dort hin wollte. Er hatte es wohl schon die ganze Zeit gewusst. Er wollte allein nach Godric’s Hollow, weil er die Gräber seiner Eltern allein besuchen wollte, allein nach Informationen in seinem alten Zuhause suchen wollte …
„Es wäre schwachsinnig, ganz allein zu gehen, da könnte wer weiß was passieren“, sagte Moody. Harry rechnete es ihm hoch an, dass er nicht auf Harrys Sentimentalität herumritt; bestimmt hatte er, genauso wie die anderen auch, verstanden, warum Harry wirklich ohne Ron und Hermine nach Godric’s Hollow wollte. „Wenn dich Hagrid hinbringt, kann er auf dich aufpassen.“
Harry nickte. Er hielt es ebenfalls für das Beste, eine Wache dabeizuhaben. Allerdings fühlte er sich ein wenig schlecht dabei, als diese Wache nicht Ron und Hermine zu wählen.
„Jetzt, wo das geklärt ist“, sagte Lupin, „könnt ihr zwei los. Du bist seit einer Minute siebzehn, Harry. Herzlichen Glückwunsch.“
Harry hatte nicht mitbekommen, dass es schon zwanzig Uhr zweiundzwanzig gewesen war. Das Erstaunen hielt ihn für etwa eine Sekunde zurück – er war siebzehn, erwachsen … Es würde jetzt losgehen.
„Wie wollen wir nach Godric’s Hollow kommen?“, fragte Harry dann an Hagrid gewandt; er konnte sich nicht vorstellen, dass Hagrid das Apparieren beherrschte.
Hagrid grinste. „Ich würd‘ mal vorschlagen, wo wir schon im Haus von Sirius sind, könn’n wir auch gleich auf seine Lieblingsart zu reisen zurückgreif’n, was meinst du?“


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