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Fanfiction

Harry Potter und die Totenrelikte - Von Angesicht zu Angesicht

von Wizardpupil

Als Harry erwachte, wusste er sofort, dass nicht sehr viel Zeit vergangen war. Er fühlte, dass der Angriff erst einige Sekunden her sein konnte, denn die Stelle an seinem Bauch, auf die er gefallen war, schmerzte immer noch sehr. Umso überraschender war es für ihn, als er die Augen öffnete und sein Kopf von strahlendem Licht durchflutet wurde, das auf der Haut brannte wie nur eines es konnte: das der Sonne. Er wollte seine Hand heben und seine Augen vor dem blendenden Licht schützen – aber er konnte sie nicht bewegen. Tatsächlich, stellte er fest, konnte er keinen einzigen Körperteil bewegen, abgesehen von seinem Kopf. Es schockierte ihn nicht allzu sehr: Er hatte genau damit gerechnet.
Als seine Augen sich dem neuen Licht angepasst hatten und er begann, seine Umgebung wahrzunehmen, sah er erst nichts als eine riesige, leere Halle; in den weißen Mauern klafften bogenförmige Löcher – ob es Tore oder Fenster waren, konnte Harry nicht sagen. Durch sie schien das orangefarbene, glänzende Licht des Morgengrauens, das, da war sich Harry sicher, nur dort so strahlen konnte, wo die Sonne direkt über einem lag. Und als er hochblickte, erkannte er, dass er das sogar wörtlicher nehmen müsste als erwartet:
Statt einer gewöhnlichen Decke hing über ihm der leuchtende Himmel, durchzogen von nur wenigen Wolken – und die Sonne in der Ferne schien direkt über seinem Kopf zu hängen. Er wandte den Blick nach unten, auf den glatten, spiegelnden und strahlend weißen Boden. Nichts schien in dem Raum zu sein – sogar Harry war an nichts angebunden, war einfach auf den Boden gefesselt, als hätte er darin Wurzeln geschlagen. Aber war er allein? Das konnte er sich nicht vorstellen. Und ja, da waren sie – neben seinem eigenen Spiegelbild im Boden zogen sich Schatten langsam über die weiße Fläche. Jemand kam vom hinten an ihn heran. Er hatte keinen Zweifel, wer es war. Aber irgendwie schaffte das Herannahen von Lord Voldemort es nicht, ihn aufzuregen.
„Harry Potter … endlich …“
Er hörte die Worte – und fühlte nichts als eine erwartungsvolle, bereitwillige Ruhe; jetzt war es Zeit, ihm entgegenzutreten. Er wusste, was Voldemort versuchen würde, wusste, dass es nicht funktionieren konnte – und noch bevor er das zu verstehen beginnen würde, hätte Harry ihn schon zum Schleier gelockt.
„Ich war nicht sicher, wie lange du auf dich warten lassen würdet“, sagte Voldemort, während seine Schritte sanft, aber mit einem seltsamen Nachdruck von den weißen Mauern, dem glatten Boden widerhallten – seine, sowie die der Todesser, die ihm folgten. „Aber ich habe gehofft, dass du bald kommst …“
Voldemort trat vor Harry. Die roten Augen leuchteten bedrohlich, und obwohl der Rest seines Gesichts von dem Kragen und der Kapuze seines schwarzen Mantels (der, bestrahlt von der Sonne, um einiges heller zu sein schien als er war) bedeckt war, konnte Harry sehen, dass Voldemort lächelte. Wie konnte es auch anders sein? Immerhin, so schien es für ihn, hatte er gewonnen.
„Offenbar“, sagte Voldemort,s eine Stimme ruhig und eben, „hat Severus seine Rolle erfolgreich gespielt.“
Harry spürte, dass seine Augen sich weiteten, und Voldemorts Grinsen wurde so breit, dass die Enden seines Mundes über dem Rand des Kragens hervorstachen.
„Mir hat er von seinem Plan vorher nichts verraten“, fuhr Voldemort fort, „aber das kann ich ihm verzeihen. Ich wüsste nicht, wie ich dich ansonsten hätte hier her bringen können, ohne die Aufmerksamkeit der restlichen magischen Welt zu erregen. Und vorerst hätten meine Freunde und ich gerne unsere Ruhe mit dir –“
„Du hast keine Freunde“, zischte Harry – in Parsel. „Und du wirst nie welche haben – Tom Riddle.“
Für einen Moment schien Voldemort tatsächlich erstarrt zu sein, das Lächeln auf seinem Gesicht verschwunden – dann kehrte es zurück, und mit ihm trat der angsteinflößendste Blick auf die Schlangenfratze, mit dem Harry jemals bedacht worden war. Trotz der Ruhe, die er immer noch fühlte, lief ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter, und alle Härchen in seinem Nacken, auf seinen Armen und Beinen stellten sich auf.
„Du versuchst, mich zu verärgern?“ Voldemort lachte leise. „Du glaubst, das wird dir helfen? Oder möchtest du die letzten Momente deines wertlosen Lebens einfach dazu nutzen, mich – wie sagt man … auf die Palme zu bringen?“
Die Todesser hinter Harry lachten im Chor, aber Voldemort hob seine Hand und sie alle verfielen mit einem Mal in Schweigen.
„Ich habe Neuigkeiten für dich, Harry Potter, die diesen deinen genialen Plan wohl zunichte machen werden. Denn das hier … sind nicht die letzten Augenblicke deines Lebens, egal, wie wertlos es noch sein mag.“
Sofort verlor Harry einiges seiner Gelassenheit – wusste Voldemort … wollte er ihn gar nicht umbringen?
Voldemort wandte sich von Harry ab, trat einen Schritt zur Seite und rief seinen Todessern zu: „Dieses letzte Jahr war ein unglaubliches. So vieles ist geschehen – und so vieles nicht. Erst letzte Nacht habe ich es endlich geschafft, euch den Zugang zu Hogwarts ebenfalls zu ermöglichen.“ Er warf seitlich einen Blick auf Harry; Harry hörte zu, war aber zu beschäftigt damit, gegen seine unsichtbaren Fesseln anzukämpfen, um überrascht zu sein; und doch sagte Voldemort zu ihm:
„Ja, es überrascht dich vielleicht, Harry Potter, aber Hogwarts wäre schon immer für mich betretbar gewesen. Zumindest, seit ich vor einem Jahr den Geheimgang entdeckt habe, der von dem Haus meiner Familie in die Kammer des Schreckens führt. Die Schutzzauber, die den Durchgang versperren, hätten mir nie etwas ausmachen können – im Gegenteil, sie waren extra dafür gemacht worden, dass nur ich Zutritt zu allem habe, was dahinter liegt! Ich und all meine Vorfahren – deren Porträts in der Halle zwischen dem Haus und dem Schloss hängen, die mich beobachtet und lobgepreist haben, jedesmal, wenn ich mich zu ihnen begeben habe – hätten dank unseres ehrenwerten Blutes jederzeit durch diese magische Mauer gehen und nach Hogwarts gelangen können! Aber ich wollte nicht einfach ins Schloss – ich wollte es für meine Todesser erreichbar machen, damit diese dafür sorgen, dass der Orden des Phönix beschäftigt ist – während ich hier das Ministerium, ohne es überhaupt zu betreten, gestürzt und seine Gefängnisfestung übernommen habe!“
Während er sein Gesicht langsam wieder den Todessern zuwandte, sagte er: „Dass sie zurückgekehrt sind, ohne ihre Aufgabe, die werte Sybill Trelawney zu entführen, erfüllt zu haben, ist zu verkraften; ich wollte nur sicher gehen, dass die Prophezeiung – die Teile, die ich nicht kannte – das aussagen, was ich vermutet habe: Dass der Junge mit der Macht, mich zu besiegen, durch Liebe gerettet wird, dass diese Liebe seine Macht ist. Doch auch ohne mich dessen versichert zu haben, habe ich Cruelo Cupido getrunken. Hätte ich es nicht getan, wäre mir viel Zeit erspart geblieben.“
Eine Hand schloss sich plötzlich um Harrys Hals. „Und nun wird dich deine Liebe auch nicht mehr retten, Harry Potter!“, zischte Voldemort ihm ins Ohr. „Und das, obwohl wir hier im großen Raum der Liebe sind!“
„Also wirst du mich doch töten, Tom?“, presste Harry in Parsel hervor. Voldemorts Hand drückte noch fester zu – aber mit der wenigen Luft, die er noch bekam, fügte er hinzu: „Wirst du mich töten, so, wie du deine Freundin Eileen getötet –“
Die Hand ließ los, aber ein Schmerz, wie er ihn nicht einmal vom Cruciatus-Fluch gekannt hatte, durchfuhr Harry, ließ ihn zucken und schreien.
„Sprich nicht von Dingen, die du nicht verstehst, Potter“, sagte Voldemort, ebenfalls in Parsel, bevor er wieder zu seinen Todessern sah. „Aber seine Frage ist berechtigt, und ihr alle sollt die Antwort hören. Nein, Harry Potter wird nicht sterben. Nicht heute, nicht durch meine Hand, und –“ (er verengte seine Augen in Harrys Richtung) „– sicher überhaupt nicht so bald.“
Harry traute seinen Ohren nicht – das durfte nicht sein, er konnte sich nicht so geirrt haben! Wenn Voldemort nicht versuchen würde, ihn zu töten – der Plan, den er mehr oder weniger auf die Beine gestellt hatte, wäre dahin …
Harry hörte das Murmeln der Todesser hinter sich. Sie klangen verwirrt; sie hatten dasselbe erwartet wie er.
„Ihr habt richtig gehört“, rief Voldemort. „Harry Potter, der Junge, der meinen Todesfluch überlebt hat, wird auch weiterhin leben. Seid nicht enttäuscht, meine Todesser! Ich habe vieles für euch getan – unter dem Haus meines Vaters habe ich eine fantastische, versteckte neue Welt erbaut, mit Hallen so groß wo die in Hogwarts, Schlafgemächern für jeden – Illusion vielleicht, aber ihr hattet einen Ort, an dem ihr leben konntet, wie ihr es verdient habt. Ich habe euch Angriffe erlaubt, wo sie nicht notwendig waren, euch töten und jagen lassen. Versteht also, dass ich euch natürlich von Zeit zu Zeit belogen – oder euch die Wahrheit einfach verschwiegen habe. Potters Tod ist schon seitlanger Zeit nicht mehr Teil meines Planes.“
„Was hast du dann für mich –“
„WIRST DU ENDLICH AUFHÖREN, SEINE ERWÄHLTE SPRACHE ZU BENUTZEN, DU –“
„Nana, Bellatrix – beruhige dich doch.“ Voldemort klang nicht so, als wäre er zornig. „Potter soll sprechen, wie er möchte. Tatsächlich bin ich gar nicht so sicher, ob er noch eine andere Sprache als die meines ehrenwerten Vorfahren beherrschen wird, wenn ich mit ihm fertig bin.“
„Verzeiht die Frage, mein Lord – was genau habt Ihr denn für den Jungen geplant?“
Als Harry die Stimme hörte, kam in ihm nicht die Wut auf, die er erwartet hätte – auf Snapes Worte folgte viel mehr eine fast schon beunruhigende Neugier: Hatte er ihm wirklich die ganze Für alles nur für Voldemort vorgespielt? Die Geschichte mit seiner Mutter, und seiner, Harrys Mutter – die Rachegelüste, alles nur aufgesetzt? Er konnte es sich nicht vorstellen – aber die Folgen wären verheerend: Die Horkruxe wären gar nicht zerstört; die Falle wäre zugeschnappt und Harry war Voldemort ausgeliefert und – und was immer er mit ihm vorhatte.
„Severus!“ Voldemort verschwand wieder aus Harrys Blickfeld. „Wie froh ich bin, dass du deine Stimme erhebst! Ich hatte schon Angst, bei unserem kleinen Gefangenen käme Zweifel hoch, ob du überhaupt hier bist. Oh ja, Potter –“ (als wäre er appariert, erschien er plötzlich wieder – lautlos – vor Harry) „– Severus mag seine Meinung oft geändert haben – ich kenne seine Geschichte und seine tiefsten Triebe bis heute noch nicht genau – aber letztlich hat er sich für die richtige Seite entschieden. Denn es gibt nur noch zwei Seiten, mein junger Freund, auch wenn man dir anderes beigebracht haben mag.“ Voldemort machte eine Pause, betrachtete Harry eingehend, als würde er nachdenken; und dann sagte er leise: „Cornelius Fudge, der, gierig nach Macht, aber all seiner Macht beraubt, sich in meiner Macht sonnen wollte – wusstest du, dass Fudge seine Feinde und Konkurrenten mit ein wenig Gift aus dem Weg geräumt hat, um überhaupt erst als Minister in Frage zu kommen? Dolores Umbridge, die ihre Ideale vertreten möchte und erkannt hatte, dass sie den meinen entsprechen, und sich so doch noch meinen Truppen angeschlossen hat … Horace Slughorn, den die Angst – und eine völlig andere Machtsucht als die von Fudge zu mir getrieben hat. Viktor Krum, mit einem Kopf voller Stroh, der mir folgt, weil er es so gelernt hat und es nicht besser weiß!“ Voldemort stieß ein hohes, kaltes Lachen aus; es klang ein wenig wie das Kratzen an einer Tafel, ein wenig wie der Schrei einer Katze – und gleichzeitig wie das Zischen einer Schlange. Andauernd das Zischen einer Schlange … mittlerweile war das wohl ein natürlicher Teil von Voldemorts Stimme geworden. „Sie alle – und viele mehr – sind keine richtigen Todesser. Nie gewesen. Aber sie folgen mir. Denn, Potter, eines wirst auch du schon bald lernen – in einer Zeit wie diesen – einer extremen Zeit … Krieg, zum Beispiel – da entscheidet sich auch jeder selbst für ein Extrem.“
Für einen Moment dachte Harry darüber nach, erneut zu versuchen, Voldemort zu verärgern, indem er über Snape sprach, darüber, wie er ihm geholfen hatte – aber etwas sagte ihm, dass es besser wäre, das nicht zu tun. Die Stimme in seinem Kopf, die immer ein bisschen geklungen hatte wie Hermines – und sich jetzt endlich anhörte wie seine eigene.
„Aber nun …“ Voldemort ging einige Schritte nach hinten. „… zurück zu meinem Plan. So lange er im Gange ist, so lange funktioniert er schon. Und so lange bist du schon direkt betroffen, Potter, auch wenn du es nie gemerkt hast.“ Sein Blick wurde so erschreckend, so … Harry hätte es tödlich genannt, wüsste er es nicht besser, dass er seine Meinung sofort ändere – dieser hier war eindeutig der furchteinflößendste, mit dem er jemals angesehen worden war, nicht der, den Voldemort vorhin aufgesetzt hatte. „Du dachtest, du wärst unter die Propheten gegangen, nicht wahr, werter Potter?“
Harry verstand erst nicht im Geringsten, worauf er hinaus wollte. Voldemort schwieg, als wolle er ihm Zeit geben, zu begreifen …
Und das tat er dann auch. Es wurde ihm so schlagartig klar, als hätte er es die ganze Zeit schon geahnt (… hatte er das vielleicht?)
„Vor einem Jahr“, sagte Voldemort – nun selbst in Parsel, als wolle er nicht, dass die Todesser es ebenfalls verstanden, „begann ich, etwas zu riskieren, und unsere im Grunde bedrohliche Verbindung zu meinem Gunsten zu gebrauchen. In deinen Träumen habe ich dir falsche Bilder, erlogene Geschehnisse geschickt – um dich auf jede erdenkliche falsche Fährte zu lenken, und gleichzeitig einen Nutzen daraus ziehen zu können, solltest du dich von mir täuschen lassen – woran natürlich kein Zweifel bestand. Die Totenrelikte der Gründer …“ Er stieß ein leises, überlegenes und hämisches Lachen aus. „Als ob diese Legende für mich von Bedeutung wäre. Aber hättest du sie gefunden – nun, es hätte nicht geschadet, sie zu besitzen! Es war wahrhaftig Severus“, sprach er in Englisch weiter, „der mich dazu überredete, weiter darauf zu warten, dass du die Relikte findest, nachdem etwas anderes – das, was ich wirklich von dir wollte, auch wenn ich nicht wusste, ob du es hast – und du hattest es letztlich auch nicht – auf unerwartetem Weg zu mir zurückgekehrt ist.“ Er feixte. „Aber irgendwann wurde mir die Warterei zu lang – ich habe Ollivander freigelassen und losgeschickt, damit er dir berichtet, mein Zauberstab –“ (er zog eben diesen, vollständig und heil, aus seinem Ärmel) „– sei zerbrochen, und damit er dich darüber aufklärt, wo mein Hauptquartier sich befindet. Dieses wollte ich an dem Tag ohnehin mit meinen Todessern verlassen – durch ein kleines Missgeschick meinerseits hast du da ja erfahren, dass Dolores Umbridge nun auf meiner Seite steht, aber das war letztlich ebenso egal wie das meiste, was ich im vergangen Jahr törichterweise angestellt habe.“ Er lachte. „Was sagt man dazu, ich kann einen Fehler eingestehen! Aber Schluss mit den Ablenkungen. Nun – mir war klar, dass du, angelockt von meiner angeblichen Entmachtung durch den zerbrochenen Zauberstab, in mein Hauptquartier eindringen würdest – und ich war relativ überzeugt, dass du die Totenrelikte mit dir bringen würdest, hättest du sie bereits gefunden. Das war nicht der Fall –und dein Gefolge hat mich dazu gebracht, meinen Todessern zu folgen und das Haus zu verlassen. Nicht, weil ihr mich eingeschüchtert habt – rede dir diese sinnlose Hoffnung gar nicht erst ein, Potter. Aber für den Kampf war die Zeit noch nicht ganz gekommen, als ich, verborgen von den mächtigsten Schutz- und Unsichtbarkeitszaubern, neben dir im Haus meines Vaters stand. Und nun endlich …“ Er sprach wieder Parsel. „… sollst du dein Schicksal erfahren, Harry Potter. Ich weiß, dass du bereits erfahren hast, wie ich meine Unsterblichkeit gesichert habe – dass du bereits Kenntnis über meine Horkruxe gewonnen hast. Doch dank meines Dieners Severus, der in der vergangenen Stunde für mich die Orte, an denen meine Horkruxe versteckt sind, überprüft hat, weiß ich auch, dass du sie nicht gefunden hast. Aber zwei meiner Horkruxe sind bereits zerstört worden – das Tagebuch … und der Ring.“
Natürlich – Voldemort hatte offenbar viel Zeit in dem Haus der Gaunts verbracht, also musste er erkannt haben, dass der Ring verschwunden war. Aber warum erzählte Voldemort ihm all das? Wieso sprach er nun, da er Harry endlich da hatte, wo er ihn wohl schon seit Ewigkeiten wollte, von seinen –
Harry keuchte laut auf, und sein Mund öffnete sich. Das also hatte Voldemort mit ihm vor. Deswegen wollte er ihn nicht töten.
„Das Tagebuch habe ich bereits ersetzt“, fuhr er fort, „und die Platzierung meines Seelenteils in Gryffindors Helm war bisher der einfachste Horkruxprozess, obwohl Amelia Bones einen großen Kampf geliefert hat – ich nehme an, dass es umso einfacher wird, je mehr Horkruxe man bereits erschaffen hat. Und daher schrecke ich auch nicht davor zurück, heute meinen zweiten zerstörten Horkrux zu ersetzen. Was ihr heute erleben dürft“, wandte er sich an die Todesser, während Harry mit aller Kraft versuchte, sich von den Fesseln zu befreien, „hat noch niemand mit angesehen – ohne dabei zu sterben. Um genau zu sein, wird einer von euch dieses Spektakel gar nicht überleben.“
Es war aussichtslos – magielose Kraft würde dem, was immer Harry festhielt, nichts entgegensetzen können. Er versuchte zu erfühlen, ob irgendwo in seinem Umhang noch sein Zauberstab war, aber er spürte ihn in keiner seiner Taschen. Voldemort sagte nichts mehr, und eine beunruhigende Stille lag über der Halle. Harry wartete, dass etwas geschah; er konnte Voldemort nicht mehr sehen, er stand wieder hinter ihm, seinen Todessern gegenüber, und schwieg – und dann –
„Bellatrix …“
Wieder Stille – aber nur von kurzer Dauer.
„J-ja, mein Herr?“
„Tritt vor“, befahl Voldemort, ohne es wie einen Befehl klingen zu lassen. Harry hörte Bellatrix‘ einzigen, langsamen Schritt. „Dir wird heute eine große Ehre zuteil werden, meine Liebe. Du hast mir immer gut gedient – mir fällt niemand ein, der besser geeignet wäre, mir in diesem letzten meiner größten Unterfangen zu helfen.“
„Ich werde alles tun, mein Lord!“, rief Bellatrix entzückt. „Wen? Wen soll ich umbringen?“
„Oh – niemanden, Bellatrix, du wirst niemanden umbringen. Deine letzte und größte Aufgabe sieht anders aus.“
„L-letzte, mein Lord?“
„Komm zu mir, Bellatrix.“ Harry konnte Voldemorts Grinsen förmlich hören. „Komm zu mir, an meine Seite und an die unseres … Erzfeindes.“ Ein paar Todesser begannen unsicher zu kichern, aber Bellatrix‘ schallendes Lachen blieb aus. „Was ist denn, Bellatrix? Nicht amüsiert? Auf dem falschen Fuß aufgestanden?“ Selbst das leiseste Gekicher erstarb nun aber, als Voldemorts Stimme immer leiser, immer bedrohlicher wurde. „Also, komm, Bellatrix, wir haben genug Zeit verschwendet. Komm!“
Dieses letzte Wort war nichts anderes mehr als ein klarer, strikter Befehl – so klar und strikt sogar, dass vermutlich selbst Harry ihn befolgt hätte. Er hätte nicht anders gekonnt. Bellatrix‘ Schritte aber klangen so zaghaft, als würden sie gegen ihren Willen geschehen, als würde Voldemort sie magisch erzwingen. Doch Harry war sicher, dass das nicht so war – Bellatrix würde keinen Befehl ihres Herrn verweigern.
„Mit dem Rücken zu ihm“, wies Voldemort sie leise an; seine Stimme klang ehrfurchtsvoll, als wäre er furchtbar aufgeregt. „Das ist es, meine Liebe – du musst nicht zittern, alles wird gut sein – perfekt sogar …“
Harry wusste, was als nächstes passieren würde – nun, eigentlich wusste er es nicht. Nicht genau. Er wusste, was Voldemort vorhatte, wohin es führte – und dass sein Ende gekommen war, nicht Voldemorts. Voldemort hatte es geschafft, er würde gewinnen – war schon dabei, zu gewinnen. Und das, obwohl Harry selbst schon siegesgewiss gewesen war. Harry hatte jetzt nur noch eine Chance – Snape. Wenn Snape nicht ihn, sondern Voldemort belogen hatte, wenn Snape immer noch auf Dumbledores Seite stand, war noch nicht alle Hoffnung verloren.
Oder doch. Zumindest für Harry. Snape würde Voldemort einfach machen lassen, dann würde er Voldemorts neuen Horkrux einfach zerstören, schließlich den in Voldemorts Körper und letztlich Voldemort selbst.
Der neue Horkrux. Harry Potter, der Junge, der lebt; Voldemorts neuer Anker für Unsterblichkeit. Hatte den Todesfluch überlebt, um so viele Jahre später dem, der ihn hatte töten wollen, dienlich zu sein – dienlicher, als die meisten Todesser es jemals gewesen waren.
„Hier, im Raum der Liebe“, rief Voldemort, „der Macht des Einen, der mir eine Bedrohung ist, werde ich diesen Einen zu einem Teil von mir machen! Und du, Bellatrix, wirst das ermöglichen! Sehrt euch um, Todesser, prägt euch das Bild der Liebe ein – nichts ist hier! Diese ganze Halle ist leer! Und sogar die Decke der großen Halle von Hogwarts ist eine überzeugendere Nachbildung des Himmels draußen als die Decke hier! Wie viel verschwendeten Platz diese Halle einnimmt, wie unnötig das Studium der Liebe ist … Aber bald wird das alles vorbei sein! Ich, Lord Voldemort, werde bald dafür sorgen!“
Und dann begann es. Voldemort senkte seine Stimme, begann, in – war es eine Sprache? – in einem Tonfall zu reden, der höchstens an Parsel erinnerte, flüsternd und zischend, wispernd und murmelnd. Harry hatte das Gefühl, dass es kälter wurde in der Halle, kälter und dunkler, während Voldemorts unverständliche Worte auf seine Ohren drückten, sich in das Innere seines Kopfes einbrannten. Es war nicht die Angst, die er angesichts des Dunklen Mals über Gringotts und über Askaban, nicht die bedrückende Klemme, die er in der Nähe von Dementoren fühlte, aber es war ein ähnliches – und in jedem Fall ähnlich unangenehmes – Gefühl, das wie eine Schlange durch seinen Körper zu kriechen schien, seine bewegungsunfähigen Glieder noch mehr lähmte; dass Bellatrix direkt hinter ihm stand, wurde ihm, deutlich bewusst, als ihr Körper so stark zu zittern begann, dass er es auch spüren konnte. Und dann –
Stille.
Angespannt und düster hing sie über dem Raum der Liebe, der immer noch in dieser unheimlichen, unnatürlichen Dunkelheit lag. Harry wusste, dass es noch nicht vorbei war, und doch hoffte er mit aller Macht, dass etwas schief gegangen war für Voldemort, das es schon geschehen war, aber nicht funktioniert hatte –
Ein grüner Lichtblitz, so hell, dass Harry ihn sehen konnte, als wäre er direkt vor seinen Augen entstanden – Harry spürte Bellatrix‘ Körper von seinem wegfallen, zu Boden gleiten – bevor er mit einem lauten Geräusch aufprallte. Dann lösten sich die unsichtbaren Fesseln plötzlich und auch Harry landete flach auf dem Boden …
„Es ist vollbracht!“, hallte Voldemorts Stimme laut durch die Halle. Harry lag da, bewegte sich nicht, hielt die Augen geschlossen; durch seine Lider konnte er erkennen, dass sich der Raum wieder aufhellte. Er fühlte sich nicht anders als vorher. Was war passiert? Hatte es funktioniert?
„Es ist – vollbracht!“, wiederholte Voldemort, offenbar überzeugt davon, dass ihm der Zauber gelungen war. „Was ihr gerade gesehen habt, Todesser, war eine meiner entscheidendsten Taten, einer meiner wichtigsten Erfolge überhaupt. Ihr werdet vielleicht nie verstehen, warum – aber das macht nichts.“ Schnelle Schritte in Harrys Richtung; er öffnete seine Augen, sah den Saum von Voldemorts Umhang vor sich.
„Steh auf, Harry Potter!“
Harry tat es – nicht, weil irgendeine unbezwingbare Macht in seinem Körper ihn dazu brachte, sondern weil er es für das Richtige hielt, für das Nötige. Seine Augen hielt er nun wieder fest geschlossen – Voldemort durfte sie nicht sehen. Noch nicht.
„Severus – hast du gebracht, was du mir versprochen hast?“
„Ja, mein Herr.“ Snapes Schritte waren um einiges leiser als Voldemorts, fast lautlos, aber doch nahm Harry sie wahr – langsam und entschlossen, zielstrebig zugleich. Als Snape neben ihm zum Stehen gab, unterdrückte Harry seine Neugier, ließ seine Augen geschlossen – dann zuckte er unweigerlich zusammen, als er spürte, wie ihm etwas über den Kopf gestreift wurde. Wie eine Kette blieb es um seinen Hals hängen, und etwas Schweres fiel gegen seine Brust, als die Finger, die die Kette hielten, losließen. Etwas wurde in seine offene Hand gedrückt – langsam schloss er die Finger darum; es war der Griff von etwas, das sich wie ein Zauberstab anfühlte, hölzern, dünn und glatt. In seine andere Hand wurde ebenfalls etwas gepresst, etwas Kleineres, aber Schwereres.
„Ausgerüstet mit den Relikten der Großen Vier“, sagte Voldemort leise, als etwas quer über Harrys ausgestreckte Arme gelegt wurde. „Nach meinem Slytherin-, meinem Hufflepuff-, meinem Ravenclaw- und meinem Gryffindor-Horkrux ist hier nun mein wahrer Hogwarts-Horkrux … Seht her!“, rief er in die Halle hinein – und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Mein Zauberstab ist nun sicher in meiner Tasche verwahrt, denn im Grunde werde ich ihn nicht mehr brauchen. Das Urteil ist gefallen, das Ministerium ist mein – der Krieg ist vorbei, und wir haben gewonnen, meine treuen Todesser!“
Jubelschreie, die den ganzen Raum zu erfüllen schienen – keiner der Todesser gedachte mehr seiner toten – von seinem Führer ermordeten – Kollegin Bellatrix. Harry wartete zitternd, seine Augen immer noch verschlossen, auf irgendetwas. Eine Idee, was er nun tun sollte – konnte er es riskieren, Ravenclaws Zauberstab zu benutzen, wenn er ihn schon hatte? Oder sollte er den Becher Hufflepuffs und den Zauberstab fallen lassen und von dem Schwert Gebrauch machen?
Nein, hörte er sich denken, das Schwert wird dir nichts nützen, und auf keinen Fall benutzt du den Todesfluch. Die Todeskammer. Du musst zum Schleier kommen. Es muss möglich sein …
„Zeig ihm die Wahrheit.“
Es war kein Befehl, nicht einmal eine Aufforderung. Es war eindeutig ein Vorschlag. Und Harry fand, dass Snapes geflüsterte Worte dem entsprachen, was er tatsächlich tun sollte. Das wusste er.
Als er die Relikte fallen ließ, war das verursachte Geräusch lauter und dröhnender, als er erwartet hatte. Es schnitt durch Voldemorts Rede, durch die Rufe der Todesser, und danach war es sofort still in der Halle. Harry öffnete seine Augen, drehte sich um und blickte zu Voldemort und den Todessern, die sich in der anderen Hälfte der Halle sammelten, die von der, in der Harry stand, nicht zu unterscheiden war. Während die Gesichter der Todesser hinter Masken verborgen waren, starrte Voldemort ihn mit unverblümtem Schock, ungläubig und fassungslos an.
„Nichts ist vorbei, Voldemort!“, rief Harry, Snape an seiner Seite. „Du hast mich genauso wenig besiegt wie du Dumbledore jemals richtig besiegen könntest!“
Die Blicke aller fuhren nach oben in Richtung des Himmels, als dort ein Licht noch heller als die Sonne erschien; erst dachte Harry schon, eben diese Sonne sei explodiert und der Feuerball, der auf die Erde zuraste, würde dem Aufeinandertreffen von Lord Voldemort und dem Jungen, der lebt, ein besonders überraschendes Ende bereiten – aber dann formte sich aus dem Feuerball ein fast goldene, lichte Gestalt, und wunderschöne Musik erfüllte den Raum der Liebe, eine Musik, die genau hier her gehörte.
„Nein!“, brüllte Voldemort, seine Arme erhebend – aber bevor er etwas tun konnte, war Fawkes der Phönix schon auf Harrys ausgestreckter Hand gelandet. Das Feuer umfasste Harry, und noch bevor der Zauber, den Voldemort in diesem Moment ausstieß, ihn erreichen konnte, wurde Harry aus der Halle gerissen – und im selben Augenblick war er dort, wo er hinwollte. Als er Fawkes‘ Schwanzfedern losließ und der Phönix in einem weiteren Feuerball verschwand, stand Harry schon neben dem Bogen mit dem Schleier.
Er hörte ein Geräusch hinter sich, drehte sich um – und sprang gerade noch rechtzeitig zur Seite, bevor die weiße Kugel, die wie aus dem Nichts erschienen war, ihn treffen konnte. Aber sie schien gar nicht für ihn bestimmt zu sein: Sie flog einmal quer durch die Halle und verschwand dann durch die Mauer auf der anderen Seite. Harry glaubte zu wissen, was das war: Voldemort hob den Apparierschutz auf.
„POTTER!“
Harry wirbelte erschrocken herum – Voldemort stand nun direkt vor ihm. Seine Augen kochten vor Wut, und seine Hände zitterten – und sie umschlossen den Griff von Gryffindors Schwert.
„Jetzt wirst du mir nicht mehr entkommen!“, zischte Voldemort in Parsel. „Dafür werde ich auf Nummer sicher gehen!“
Harry konnte nicht ausweichen – hinter ihm war der Schleier, durch den durfte er nicht gehen, und er konnte auch nicht schnell genug von dem Podium springen. Seine Augen weiteten sich, als der Schmerz ihn durchfuhr …
Voldemorts Grinsen war das letzte, was er sah, bevor er seitlich umkippte, das Schwert Gryffindors immer noch in seinem Bauch, von dem Podium rollte und auf den Boden fiel …
Nein, so durfte er nicht sterben, er konnte doch gar nicht sterben! Doch, erwiderte Harry selbst, doch, du kannst nur so sterben …
Harry konnte es nicht wissen, aber er war sich so sicher, dass er das Gefühl hatte, er würde es wissen. Er wusste es, als wäre er dabei gewesen – und er war dabei gewesen, auch wenn er es nicht mitbekommen hatte damals – er war nur ein kleines Kind in sein Gitterbett gewesen. Aber nun, da er seine Erinnerung von dieser Nacht einmal in allen Details hatte sehen können, wusste er, dass er in sie zurückgehen konnte, wann immer er wollte, dass er kein Denkarium brauchte, um die Nacht erneut anzusehen, in der seine Zukunft besiegelt worden war. Und als er hier langsam starb, sah er sie noch einmal, und der Beweis, dass alles richtig war, was er über diese schicksalhafte Nacht vermutet hatte, seit er Frank Longbottom in das Haus seiner Eltern gefolgt war, kam zu ihm Szene für klare Szene, Bild für Bild …

„Lily, du musst nicht sterben, wenn du nicht möchtest.“
„Geh weg! Bitte geh weg!“
„Ich kann nicht einfach gehen, wie du sicher weißt, du dummes, narrenhaftes Gör. Severus muss es dir erzählt haben, auch wenn mir nicht klar ist, warum. Ich muss das Kind töten – aber nicht dich.“
„Nein! Nicht Harry, bitte nicht Harry! Mich! Töte mich stattdessen!“
„Ich kann niemanden anstellte des Jungen töten. Ich könnte euch beide beseitigen, dich und dein Kind – aber es muss nicht sein. Severus hat mir alles von deinen Fähigkeiten erzählt – brillante Meisterin der Zaubertränke, fähigste Beschwörerin deines Jahrgangs – vieles davon könnte nützlich für mich sein.“
„Niemals! Niemals werde ich dir helfen!“
„Dann geh zumindest zur Seite! Ich habe Severus versprochen, dich zu verschonen! Ich würde dich sofort töten, hätte ich nicht dieses Verständnis für seine Gefühle …“
Harry lag in seinem Bett, hörte all die Worte, aber verstand natürlich keines davon. Aber er wusste, dass seine Mutter aufgeregt war, und das mochte er überhaupt nicht. Er begann zu weinen.
„Hör doch dein armes Kind an, Lily Potter. Übergib es mir einfach, und seine Qualen haben ein Ende –“
„NIEMALS!“
„So, das reicht! Geh zur Seite!“
Für kurze Zeit war nur das Geschrei des Kindes zu hören.
„Soso“, sagte Voldemort dann, „immun gegen den Imperius? Ja, ich sehe es in deinen Augen … Nun, dann musst du eben sterben, Lily, obwohl ich – was tust du denn da?“ Voldemort lachte. „Auch noch zauberstablose Magie! Was, hast du den Fidelius-Zauber aufgehoben? Das wird dir nichts mehr nützen – ein letztes Mal, geh zur Seite –“
„Nein!“
„Avada Kedavra!“
Während Lily noch nicht einmal auf dem Boden aufgeschlagen war, stieg Voldemort schon über sie hinweg. Harry sah hoch aus seinem Bett, blickte hoch in Voldemorts hässliches, nasenloses Gesicht, verzogen in einem entzückten Lächeln, in die glänzenden roten Augen …
Er hob den Helm, richtete den Zauberstab auf Harry, begann, Worte zu murmeln – dann war da das grüne Licht –
Etwas ließ das Licht abprallen – zumindest sah es so aus. Er fiel zurück auf Lord Voldemort, der zu überrascht war, um zu reagieren – der Fluch traf ihn, und während sein Körper zu Staub zerfiel, flüchtete der eine, völlig zerrüttete Teil seiner Seele aus dem Haus, und seine unglaubliche Kraft durchbrach die Mauer und hinterließ nur Trümmer – und ein anderer Teil seiner Seele, der, den er abgespalten hatte, der letzte Rest der heilen Seele, die er einst gehabt hatte, zog nicht in den Helm ein. Kein Horkrux entstand in dieser Nacht, denn der Horkrux-Zauber war gescheitert. Angezogen von der Liebe, mit der dieser arme Junge beschützt war, angezogen von der uralten Magie, die Lily Potter erweckt hatte, platzierte sich diese Seele in dem Körper des Jungen.
Kein Horkrux. Das Gegenteil, erschaffen nicht durch den Mord, sondern durch die Seelenspaltung und die Liebe der Mutter. Harry Potter, der machtlose Säugling, schaffte in dieser Nacht, was Voldemort seit Jahren versuchte: Durch diese ungewöhnlichen Umstände zum Totenrelikt geworden, war Harry unsterblich …

Harry …
Eine Stimme … die Stimme einer Frau? Wer war das? Harry sah nichts, alles war schwarz …
Harry!
Oder doch die Stimme eines Mannes? Langsam wurden in der Dunkelheit Gestalten erkennbar, aber er konnte nichts Genaues ausmachen …
Harry, du musst aufwachte! Harry –
„Potter!“
Harry schreckte hoch. Er wusste nicht, wo er war, hatte vergessen, was geschehen war. Ein stechender Schmerz in seinem Bauch ließ ihn hinunterblicken – sein Umhang war zerrissen und eine blutrote, frische Narbe kennzeichnete die Stelle, an der –
An der das Schwert ihn durchbohrt hatte. Er war ein Totenrelikt gewesen – seine Seele, oder vielmehr die von Tom Riddle, war unsterblich gewesen, aber sein Körper nicht unzerstörbar. Voldemort hatte getan, was nötig gewesen war, um ihn richtig umzubringen: Er hatte seinen Körper tödlich verletzt. Harry war tot. Es konnte nicht anders sein.
„Wenn Sie glauben, dass Sie tot sind, Potter“, hörte Harry Snapes knurrende Stimme, „haben Sie wohl doch weniger begriffen, als Sie dachten und ich schätzte.“
Harry sah hoch in Snapes Gesicht. Dann blickte er zur Seite – dort stand der Schleier auf seinem Podium.
„Wieso?“, war alles, was Harry hervorbrachte; hatte er überhaupt richtig in Erinnerung, was geschehen war?
„Wieso Sie nicht tot sind?“ Snape rollte mit den Augen. „Dachten Sie wirklich, Dumbledore hätte jemals Ihr Leben aufs Spiel gesetzt?“
„Ich – ich – ein Totenrelikt.“ Harry schüttelte seinen Kopf, schluckte. „Ich bin ein Totenrelikt. Gewesen. Wenn man mich – wenn man meinen Körper zerstört – dann bin ich keines mehr, und damit sterblich – und ich bin …“
„Gestorben? Nicht wirklich.“
„Aber warum nicht?“, rief Harry; er saß immer noch am Boden, konnte sich nicht bewegen; er war einfach zu verwirrt – nicht, dass er nicht dankbar war, dass er scheinbar noch lebte – aber er konnte es nicht verstehen! Wie war das möglich?
„Der Liebeszauber“, sagte Snape nur, und als Harry ihn verständnislos anblickte, fügte er hinzu: „Der Liebeszauber, der durch Ihre Mutter erweckt wurde und durch Dumbledore mithilfe des Blutschutzes – nun, wollen wir es am Leben erhalten nennen.“
„Der wirkt doch nur bis zu meinem siebzehnten Geburtstag!“, erwiderte Harry – das machte alles keinen Sinn, er musste tot sein und sich jetzt einreden, dass dem nicht so war!
„Das gilt natürlich für den Schutz durch Ihre Tante. Dieser brach, als Sie erwachsen wurden. Aber jeder andere Schutz durch das Blut und die Liebe Ihrer Mutter bleibt darüber hinaus erhalten.“
„Aber ich habe außer meiner Tante keinen Blutsverwandten mehr!“, erwiderte Harry. „Der Schutz muss endgültig verwirkt sein!“
„Blut des Feindes.“
Harry runzelte die Stirn. „Was –“ Doch dann verstand er. „Er – Voldemort! Er hat mein Blut genommen!“
„Der Dunkle Lord hat einen Fehler begangen, ganz recht. Er hat Ihren Schutz verstärkt, nicht vermindert, als er Ihr Blut nahm. Als er Sie vorhin erstochen hat, wurde Ihr Körper zerstört, und Sie sind tatsächlich auf eine gewisse Art und Weise gestorben – der Seelenteil des Dunklen Lords hat Ihre Seele verlassen, aber der Schutzzauber durch die Liebe Ihrer Mutter hat Sie vor dem endgültigen Tod bewahrt – durch sie ist es dem Dunklen Lord unmöglich gewesen, Sie zu töten.“
Er drehte sich um, und Harry folgte seinem Blick – Voldemort lag am Fuß des Steinpodiums, offenbar bewusstlos.
„Kein Todesfluch hätte Sie umbringen können, weil Sie ein Totenrelikt waren“, sagte Snape. „Und wenn der Dunkle Lord das erkannt hätte, so müsste er einfach auf die Idee gebracht werden, Gryffindors Schwert zu benutzen. Das hat er aber von allein getan, was die Sache erleichterte – als Sie diesen scheinbar toten Zustand erreicht haben, habe ich mithilfe von Fawkes Ihre Wunde geheilt.“
„Fawkes! Ist er immer noch –?“
Zur Antwort kam Fawkes hinter dem Schleier hervor geschwebt, landete auf Snapes Schulter und blickte hinunter auf Harry.
„Ihre Lage schien ein wenig kritisch“, fuhr Snape fort, „aber wir konnten Sie zurückholen. Allerdings sind Sie nun –“
„Sterblich.“ Harry nickte. „Sterblich und nicht mehr mit Lord Voldemort verbunden –“
Er brach ab, als ihm etwas einfiel; mit einer schnellen Bewegung griff er zu seiner Stirn hoch – aber die Blitznarbe war immer noch da, er konnte sie deutlich fühlen.
„Und nun ist es Zeit, die Sache zu beenden“, sagte Snape. Fawkes schlug mit den Flügeln und entfernte sich von Snape, der zu dem Phönix hochsah. „Denkst du, dass ich mich als der Sache wert erwiesen habe?“
Fawkes stieß einen einzigen, klaren Ton aus, dann stürzte er sich auf Gryffindors Schwert hinab, umklammerte es mit seinen Krallen und verschwand in seinem Feuer aus der Kammer.
Snape wandte sich an den bewusstlosen Körper Voldemorts.
„Halt!“, rief Harry plötzlich; er stand auf, ignorierte den Schmerz in seinem Bauch. „Halt – ich muss ihn töten! Die – die Prophezeiung –“
„Die Prophezeiung ist völliger Unsinn“, sagte Snape, ohne sich zu Harry umzudrehen. „Sie diente uns nur noch insofern, dass wir mit den übertriebenen Sicherheitsvorkehrungen rund um Sybill Trelawney den Dunklen Lord auf eine gänzlich falsche Fährte locken konnten. Die Todesser mussten sie abwechselnd beschatten, bevor sie nach Hogwarts zurückkehrte, aber es gab nie eine passende Gelegenheit, sie zu entführen, was Seine Lordschaft natürlich schrecklich erbost hat.“ Jetzt wandte er sich um; ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. „Es war ein äußerst interessanter Zufall, dass Sie ausgerechnet dann Little Hangleton aufgesucht haben, als ich Trelawney für den Dunklen Lord beschatten musste.“
Die Erinnerung an den Glatzkopf im Gehängten Mann kehrte sofort in seinen Kopf zurück, erschien ihm aber so unwichtig, dass er sie gleich wieder verdrängte. Mit angehaltenem Atem sah er zu, wie Snape auf Voldemort zuschritt. Dort lag er, hilflos und entmachtet. So lange Zeit hatte er Harry bedroht, seine Freunde umgebracht, und jetzt hätten alle Zauberer und Hexen, wirklich jeder beliebige, ihm alles antun können, was sie wollten, so, wie er dort am Boden kauerte.
„Erst der Horkrux …“ Snape richtete seinen Zauberstab auf Voldemort – das grüne Licht – und nach kurzem Warten begann Voldemort, sich zu regen. „Der Horkrux ist zerstört, bleibt nur noch …“
Voldemorts Kopf wackelte nach beiden Seiten, als er sich ein wenig aufrichtete – und dann öffnete er seine Augen.
Überrascht starrte Harry auf das dunkle Braun, das sich hinter den Lidern verborgen hatte. Keine roten Augen mehr. Die Seele des Tom Riddle, wie er einst gewesen war, war zu Lord Voldemort zurückgekehrt.
Voldemort schaffte es, seine Augen ganz zu öffnen. Er sah sich um, als wüsste er nicht genau, wo er war, die Stirn gerunzelt, der Mund leicht offen – dann fiel sein Blick auf Snape, und seine Augen weiteten sich in Entsetzen.
Ein zweiter grüner Lichtblitz.
Und es war vorbei.


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