von Selina Malfoy
„Verdammt!“
Fred kümmerte sich nicht um die irritierten Seitenblicke seiner Kunden, als er sich über die Schachtel selbstschreibender Federn beugte, die ihm beim Aufräumen eines Regals aus der Hand gefallen waren.
George warf ihm von seinem Platz hinter der Ladentheke einen warnenden Blick zu, doch er nahm ihn kaum wahr. Es gab wenig, was in den vergangenen Tagen zu ihm durchgedrungen war.
Acht Tage war es nun her, dass er Hermine nicht mehr gesehen hatte.
Er hatte auf Abstand gehen wollen, damit seine Gefühle für sie sich wieder abkühlten, aber schon jetzt, kaum mehr als eine Woche später, glaubte er den Verstand zu verlieren.
Er stellte die Federn zurück ins Regal und fuhr sich seufzend durch die Haare. „George, kommst du eine Weile allein zurecht?“ Er wartete kaum ab, bis sein Bruder ihm kurz zunickte und verschwand über die Treppe, die neben der Tür zum Lager nach oben führte, in der kleinen Wohnung, die er sich mit George teilte. Die Wohnungstür führte ihn direkt in die offene Wohnküche, von der aus man in die Schlafzimmer und ins Badezimmer kam. Er atmete erleichtert durch, als er sich von innen gegen die geschlossene Tür lehnte.
Normalerweise liebte er es an den geschäftigen Wochenenden im Laden zu stehen, aber im Moment wollte er einfach nur allein sein und seine Ruhe haben.
„Sehr gut. Genau zu dir wollte ich.“
Fred machte einen erschrockenen Satz nach hinten und stieß sich den Ellbogen unsanft am Türknauf. Er fluchte unterdrückt. Hermine saß mit gekreuzten Beinen auf dem Sofa und hatte ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoss liegen. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er vielleicht wirklich verrückt geworden war und sich nur einbildete, dass sie da saß. „Wie kommst du hier rein?“
„Flohpulver.“, erwiderte sie ungerührt und klappte das Buch zu. „Ich wollte euch nicht bei der Arbeit stören und weil eh bald Mittagspause ist, habe ich hier gewartet. Du bist früh dran.“
„Findest du es nicht etwas unhöflich einfach unangekündigt hier reinzuschneien?“ Er rieb sich mit zusammengebissenen Zähnen sein pochendes Ellbogengelenk und ärgerte sich über das unkontrollierte Herzklopfen, dass Hermines Anblick bei ihm verursachte. Genau deswegen hatte er in den letzten Tagen versucht ihr aus dem Weg zu gehen.
„Ach, du möchtest mit mir über Höflichkeit reden?“ Hermine stand vom Sofa auf und holte ein gefaltetes Pergament aus ihrer Hosentasche. Erst jetzt bemerkte Fred ihren Gesichtsausdruck. Sie sah wütend aus. Er schluckte, als sie das Pergament auseinander faltete. Er erkannte es genau, denn er selbst hatte es erst vor ein paar Stunden der alten Familieneule Errol an den Fuß gebunden. Es war seine Antwort auf die Einladung zu Rons Geburtstagsfeier in einer Woche. Hermine las die eilig dahin gekritzelten Zeilen vor und der eisige Blick, den sie ihm dabei über das Stück Papier hinweg zuwarf, traf ihn mehr als jedes böse Wort, das Angelina ihm je im Streit an den Kopf geworfen hatte.
„Habe leider einen Termin, den ich nicht verschieben kann. Ich wünsch euch viel Spaß. Feiert für mich mit. Fred.“
Sie knüllte die Nachricht zusammen und steckte sie achtlos zurück in die Hosentasche. „Ron ist viel zu gutmütig, um sich darüber aufzuregen, also bin ich hergekommen. Erst erscheinst du gestern das erste Mal in zwei Jahren nicht zum Familienessen und jetzt kommst du nicht zum Geburtstag deines Bruders und speist ihn mit so einer dünnen Ausrede ab? Was ist los mit dir?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu.
Fred bereute mittlerweile, dass er aus dem Laden geflüchtet war um allein zu sein. Nur eine halbe Stunde länger und er hätte George zu seiner Unterstützung gehabt.
Er wollte Hermine nicht erklären, warum er sich so benahm- er konnte es ihr nicht erklären. Aber ihm war klar, dass sie ohne eine Antwort nicht gehen würde, also begann er zu sprechen, auch wenn es nur hohle Phrasen waren und nicht einmal ein trübes Abbild dessen, was wirklich in ihm vorging.
„Es tut mir wirklich leid. Ich hätte persönlich absagen müssen. Das mit dem Zettel war daneben, aber ich habe einfach nicht nachgedacht.“
Ich hatte Angst dir zu begegnen. Du hättest versucht mich umzustimmen und ich hätte nachgegeben...
Er konnte in ihren Augen lesen. Ob sie wusste wie leicht sie zu durchschauen war? Sie war immer noch sauer, aber längst nicht mehr so wütend wie am Anfang. Sie konnte nie lange wütend auf jemanden sein- außer auf Ron. „Die Sache mit Angelina ist erst drei Wochen her und zusammen mit euch glücklichen Pärchen fühle ich mich einfach nicht wohl. Bill und Fleur, Harry und Ginny, Ron und du- sogar Percy und Penelope. Es ist im Moment einfach etwas zu viel für mich. Eigentlich wollte ich es niemandem sagen. Ich komme mir deshalb so albern vor.“
Ich kann es nicht ertragen dich mit Ron zusammen zu sehen. Er ist mein Bruder, aber wenn du in meiner Nähe bist, dann vergesse ich es beinahe. Ich schäme mich dafür. Euch so zu sehen ist eine Qual...
„Oh Fred...“
Hermine ließ ihre Arme sinken und kam auf ihn zu. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht hatte sich verändert. Ihr Blick war voller Mitgefühl und sofort wünschte er sich die Wut zurück, die darin gestanden hatte, als er die Wohnung betreten hatte. Sie nahm seine Hand in ihre, doch diesmal widerstand er dem Impuls sie ihr zu entziehen. Er wollte sie nicht wieder so verletzen wie beim letzten Mal.
„Es tut mir so leid. Daran habe ich gar nicht mehr gedacht.“, sagte sie zerknirscht und er fühlte sich wie ein Schwein, weil er ihr Mitgefühl nicht verdiente. Und er wollte es nicht. Was er wirklich wollte konnte sie ihm nicht geben. Sie zog ihn in eine tröstende Umarmung und am Liebsten wäre er in diesem Moment mit ihr ans andere Ende der Welt appariert.
Du riechst nach Weihnachten und Büchern...
Ich denke nur noch an dich.
In meinen Träumen sind wir zusammen. In meinen Träumen fühlst du das Gleiche wie ich.
Letzte Nacht träumte ich wir hätten uns im Hochsommer unter einem Apfelbaum geliebt. Du hast meinen Namen geflüstert und als ich wach wurde konnte ich dich immer noch hören.
Bitte halt dich von mir fern, bevor ich etwas tue, was ich mein Leben lang bereuen werde...
„Schon gut.“ Er löste sich widerwillig von ihr und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich sage doch es ist albern. Vergiss den blöden Zettel einfach und sag Ron, dass ich komme.“
„Wirklich? Das ist ja großartig! Ron wird sich so darüber freuen.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Wir halten den Pärchen-Kram in Grenzen. Versprochen! Ich gehe sofort und sage es Ron!“
Sie umarmte ihn noch einmal hastig und ging dann zum Kamin. Sie nahm eine Hand voll Flohpulver aus dem Schälchen, das auf dem Sims stand und stieg vorsichtig in die kalte Asche. Sie zwinkerte ihm noch einmal kurz zu. „Fuchsbau!“
Grüne Flammen loderten auf und sie war so plötzlich verschwunden, wie sie aufgetaucht war.
Zurück blieb Fred, dessen Finger noch immer auf seiner Wange lagen- dort wo ihre Lippen ihn berührt hatten.
Ich liebe dich. Was soll ich nur tun...?
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