von Hauself
Kein langes Herumgerede. - Viel Spaß! :-)
„Rose? Hey, Rose!“ Sie schreckte aus ihren Gedanken und schob wirsch die nervige Hand von sich, die ihr immer wieder vor dem Gesicht hin und her wedelte. „Al, was bei Merlins Bart willst du?“, stöhnte Rose unwillig auf und blickte ihren Cousin und besten Freund, zu seiner Erleichterung, endlich an. „Wo warst du schon wieder mit deinen Gedanken, hm?“, wollte Albus Severus Potter wissen und er folgte ihrem Blick, der unwillkürlich zum Ravenclawtisch gewandert war. Nun war es an Albus, unterdrückt zu stöhnen. „Oh nein, nicht schon wieder.“ Widerwillig wandte Rose ihre Aufmerksamkeit vom Objekt ihrer Begierde und sah Albus strafend an. „Du brauchst dich gar nicht über mich lustig zu machen, Albus Severus. Ich werde erst wieder normal sein, wenn er mir gehört.“
Seufzend schüttelte Albus den Kopf. Er und Rose waren seit jeher beste Freunde und, seitdem sie beide nach Gryffindor gekommen waren, unzertrennlich – was nun seit mittlerweile sechs Jahren der Fall war. „Ich verstehe nicht, warum er nie mit mir redet.“, sagte Rose und klang so resigniert, dass Albus ein Grinsen unterdrücken musste. „Rose, jetzt mal ehrlich. Du kennst Scorpius doch: Er ist in Ravenclaw. Strebsam, lernbegierig und sehr ruhig. Denkst du, er würde auf dich zukommen und einfach mit dir plaudern? Himmel, sie dich doch an! Bei dir würde jeder Kerl, der nicht vor Selbstbewusstsein strotzt, Angst bekommen.“ Strafend funkelte Rose ihn an.
Gut, es mochte nicht unbedingt weit hergeholt sein, was Albus soeben gesagt hatte. Wider Erwarten war Scorpius Malfoy so ganz anders als sein Vater. Mal davon abgesehen, dass er genauso gut aussah und auch den gewissen malfoyschen Stolz und die angeborene Arroganz hatte. Zumindest seinem Auftreten nach zu urteilen.
Zum Erstaunen aller war der Malfoy-Spross jedoch nach Ravenclaw gekommen – was ihm bestimmt das Missfallen seines Vaters eingebracht hatte – und die Eigenschaften dieses Hauses trafen vollkommen auf ihn zu. Scorpius war ein eifriger Schüler, hilfsbereit und fast immer mit einem Buch in der Hand anzutreffen. Er hatte ein paar gute Freunde, hielt sich aber abseits von großen Cliquen. Er spielte weder Quidditch noch schien er sonst irgendwelche besonderen Interessen zu haben. – Abgesehen vom Lesen.
Einzig das Zaubertrankbrauen-Talent seines Vaters schien er geerbt zu haben und dieses auch für seinen Vorteil zu nutzen. Ein Slytheringen konnte man nie ganz verstecken. Es gab Zeiten, in denen dieses sogar bei Scorpius Malfoy auftrat. Im ersten Schuljahr hatten viele Klassenkameraden einen Bogen um Scorpius gemacht. Der Vergangenheit seines Vaters nach nahmen alle an, dass Dracos Sohn ebenso wie sein Vater sein würde. Doch schon bald stellte sich heraus, dass dies ganz und gar nicht der Fall war. Scorpius war ein ruhiger Bursche, den man tatsächlich fast schon als schüchtern bezeichnen konnte. Er war allseits beliebt und man hielt ihn für einen der bestaussehendsten Schüler in Hogwarts. Doch entweder schien Scorpius die Meinung der anderen nicht zu teilen, oder er konnte sehr gut verstecken, dass er derselben Ansicht war.
Warum Rose sich gerade in ihn verliebt hatte, konnte sie selbst nicht sagen. Doch die Schmetterlinge im Bauch schwirrten mittlerweile seit Monaten darin herum, wenn sie nur an den Blondschopf dachte. Auch über die Sommerferien war dieses Gefühl nicht gewichen, hatte sich eher noch verstärkt. Nun waren es nur noch ein paar Tage bis Weihnachten und Rose hatte sich vorgenommen, noch vor den Winterferien Scorpius einen Schritt näher zu kommen. Doch sie wusste nicht, wie sie es anstellen sollte. Sie war zwar eine der beliebtesten Schülerinnen in ihrem Haus und auch die anderen mochten den quirligen Lockenkopf, aber wenn es um Scorpius ging, legte Rose eine ihr unbekannte Schüchternheit an den Tag. Sie hatte das gute Aussehen ihrer Mutter geerbt und auch deren Intelligenz. Zu Hermines Leidwesen und Rons Stolz jedoch die Faulheit ihres Vaters.
Rose lernte schnell und konnte sich Dinge bereits nach einem Mal hören sehr gut merken. Aber das Lernen war ihr verhasst, denn sie nutze ihre freie Zeit lieber für Gespräche mit ihren Freunden und Quidditch. Onkel Harry und ihr Vater waren völlig aus dem Häuschen gewesen, als sie ihnen erzählte, dass sie, zusammen mit Albus, in das Quidditchteam aufgenommen worden war. Ihre Mutter hatte nur seufzend die Augen verdreht. Sie hatte sich immer noch nicht damit abgefunden, dass Hugo der baldige Schulsprecher sein würde und Rose diejenige, die sich immer wieder Tadel und Strafarbeiten einheimste. Aber das störte diese nicht sonderlich. Sie war trotz allem bei den Lehrern beliebt, denn sie erzielte mit wenig Aufwand immer noch akzeptable Noten und war immer höflich und freundlich zu Professoren und Mitschülern.
Was nicht heißen sollte, dass sie sich mit dem einen oder anderen nicht schon angelegt hatte. Doch dies tat sie mit einer solchen Ungezwungenheit und einem Charme, dem fast niemand widerstehen konnte. Niemand – außer Scorpius. Dabei sagte Albus immer, dass Rose wirklich gut aussah. Sie war groß und schlank, hatte aber an den richtigen Stellen ein paar ansehnliche Kurven und die vererbten braunen Korkenzieherlocken und bernsteinfarbenen Augen taten ihr übriges, um das Gesamtbild annähernd perfekt zu machen. Albus meinte häufiger scherzhaft zu ihr, wenn sie nicht seine Cousine wäre, würde er sie sofort entführen und heiraten, damit niemand anderes sie bekommen würde.
Tatsächlich hatte es sich Al, seitdem sich die ersten Jungen für Rose interessierten, zur Aufgabe gemacht, sie vor Idioten zu schützen. Gab er nicht sein Einverständnis, dass der Junge nett und anständig war, durfte Rose sich nicht mit ihm treffen. Und obwohl sie sich schon des Öfteren über diese Regelung geärgert hatte, war sie Albus insgeheim dankbar. So hatte sie sich mit Sicherheit einige peinliche Dates erspart. Nicht, dass Rose schon viele gehabt hatte. In den letzten Monaten sowieso nicht. Schließlich gehörte ihr Herz mittlerweile nur noch einem: Scorpius Malfoy.
Rasch warf sie noch einen Blick zum Ravenclawtisch. Scorpius sah wirklich verboten gut aus. Er hatte das kantige Gesicht, die hohen Wangenknochen und die hellblonden Haare von seinem Vater geerbt. Seine Augen hatten einen einzigartigen Grünton, den Rose als Meergrün bezeichnet hätte. – Zumindest sah es so von weitem aus. Scorpius war groß und muskulös, obwohl er kein Quidditch spielte. Und auch wenn sein Gang aufrecht war und er den typischen Malfoy-Stolz nach Außen kehrte, bemerkte man in seiner Haltung immer eine leichte Unsicherheit. Wenn er verlegen war, hatte er die Angewohntheit, sich eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen. Rose liebte das an ihm und konnte sich nicht satt sehen. Wenn sie doch endlich mal in ein Gespräch mit ihm kommen würde…
Wieder war es Albus, der Rose aus ihren Gedanken riss. „He, beeil dich ein bisschen, ja? Wir haben gleich Verwandlung.“ „Oh Mist! Ich wollte doch noch die Hausarbeit von dir abschreiben.“, jammerte Rose und sprang auf. „Komm, lass uns schnell gehen. Vielleicht schaffe ich es dann noch.“ Mit dem Rücken zur Tür und immer noch Albus anblickend, ging sie voraus. „Wer sagt dir, dass ich dich abschreiben lasse und deine Faulheit noch unterstütze?“, wollte Albus wissen und setze einen strengen Blick auf, der Rose sehr an ihre Tante Ginny erinnerte. Sie machte einen gekonnten Augenaufschlag und klimperte mit den Wimpern. „Ach bitte Albus, du würdest doch nie riskieren, dass ich…“
In diesem Moment ertönte ein gedämpfter Knall und Rose spürte eine Mauer in ihrem Rücken. Sie taumelte, ihre Schultasche fiel zu Boden und sie wäre den ganzen Büchern bestimmt gefolgt, hätte sich nicht eine Hand in ihren Oberarm gekrallt und sie vor dem Sturz gerettet. Einen Augenblick lang lehnte sich Rose an ihren Retter, dann drehte sie sich um – und ihr Herz rutschte ihr in die Hose. Bei Merlin, etwas Peinlicheres konnte es doch gar nicht geben! Sie hatte Scorpius Malfoy umgerannt! „Oh ich… entschuldige… meine Augen… ich meine, ich habe…“, stammelte Rose und verfluchte das Gen der Weasleys, das sie bei jeder Kleinigkeit rot werden ließ. Sie blickte nach oben, denn trotz ihrer beachtlichen Größe von 1,77 m war sie immer noch ein ganzes Stück kleiner als Scorpius.
Dieser quittierte ihr Stottern mit einem verlegenen Lächeln und beugte sich hinab, um ihr die Bücher aufzuheben. „Kein Problem. Ich meine, es… Ich…“ Er verstummte und sammelte schweigend ihre Sachen auf, die er ihr in die Hand drückte und sich dann schleunigst umdrehte, um zu verschwinden. Rose hatte sich schneller gefasst, als sie angenommen hatte und bekam gerade noch seinen Ärmel zu fassen. „Ich, warte! Ähm, also, danke… Danke, dass du meine Sachen aufgesammelt hast. Und entschuldige, dass ich dich umgelaufen habe.“ „Schon okay.“ Einen Sekundenbruchteil sahen sie sich in die Augen und Rose wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu erwidern, als Scorpius sich umdrehte und diesmal endgültig ging. Rose wandte sich zu Albus um, der immer noch auf derselben Stelle stand und sie mit prüfendem Blick betrachtete. „Ein Wort, Albus Severus! Auch nur ein Wort über diesen Vorfall und du bist tot.“, zischte Rose und erhielt ein fröhliches Grinsen, während Albus sie am Arm packte und zum Verwandlungsklassenzimmer zog.
Rose hatte es natürlich nicht mehr geschafft, bei Albus abzuschreiben. Professor McGonagall zog ihr dafür 5 Hauspunkte ab, was wirklich gnädig gewesen war. Mittlerweile war die Klasse zu einer Partnerarbeit aufgeteilt worden und es war still im Klassenraum. – Still, bis auf ein leises Getuschel, das von Rose und Albus herrührte. Den strafenden Blick der Direktorin bemerkten sie nicht und auch das ermahnende Schnalzen der Zunge nahmen die beiden Freunde nicht wahr.
Mit dem Alter war Minerva ruhiger geworden und ließ ihren Schülern mehr durchgehen als früher, doch irgendwann wurde es auch ihr zu bunt. „Mr. Potter! Miss Weasley! Jetzt ist es genug.“ Der ärgerliche Ausruf der Professorin ließ die beiden Übeltäter zusammenzucken. „Ich habe mir Ihr Geflüster lange genug angehört. Sie werden bei einer Partnerarbeit zukünftig nicht mehr zusammen arbeiten, dass kann ich Ihnen garantieren.“ Ein strenger Blick traf Albus und Rose, die zumindest den Anstand besaßen, verlegen dreinzuschauen. „Mr. Potter – Sie setzen sich zu Mr. Zabini. Mr. Malfoy – zu Mrs. Weasley.“
McGonagall wandte sich bereits wieder dem Rest der Klasse zu, keine Zweifel daran hegend, dass ihrer Aufforderung nicht Folge geleistet wurde. Somit entging ihr auch Roses verzweifelter Blick, mit dem sie ihren Freund bedachte und das fröhliche Zwinkern, mit dem Albus diesen erwiderte, während er seine Sachen packte und sich, wie aufgetragen, zu seinem Klassenkameraden setze. Sofort begannen die beiden mit ihrer Aufgabe. Rose indessen warf Scorpius einen entschuldigenden Blick zu, als dieser sich zu ihr gesellte. Dies war nun schon das zweite Mal innerhalb eines Vormittags, dass Rose ihn in den Schlamassel ritt. Sogleich stellte sich das schlechte Gewissen bei ihr ein. Sie wollte ihm näher kommen, ja. Aber doch nicht auf diese negative Weise. Scorpius war ein eifriger Schüler. Ihm würde es bestimmt nicht gefallen, wenn sie im Unterricht ermahnt wurde, weil sie die ganze Zeit am Quatschen war.
Mit ihrem unschuldigsten Blick wandte sich Rose Scorpius zu, der sich mittlerweile wieder in die Arbeit vertieft hatte. „Tut mir Leid. Ich wollte nicht…“, begann sie, erhielt jedoch einen strafenden Blick ihres Gegenübers. „Lies das und sei still.“, ermahnte er sie. „Sonst werden wir heute mit der Partnerarbeit nicht fertig.“ „Entschuldige.“, wisperte Rose, dieses Mal kaum noch verständlich. „Ich wollte nur…“ Doch Scorpius hatte sich erneut über sein Verwandlungsbuch gebeugt und schenkte ihr keinerlei Beachtung mehr. Seufzend griff Rose nach ihren Buch und versuchte, sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ganze zehn Sekunden schaffte sie dies auch. Doch wie sollte sie sich auf die Aufgabe konzentrieren, wenn ihr immer wieder Scorpius männlicher Duft in die Nase stieg? Er roch himmlisch und sie musste sich zügeln, damit sie sich nicht einfach ein Stück zu ihm lehnte, um den Geruch weiter in sich aufnehmen zu können.
Schließlich gab sie es auf, die angegebenen Seiten zu Lesen, sondern wandte den Kopf zu Scorpius, um ihn betrachten zu können. Ihre Hände hielt sie fest umklammert, damit sie nicht in Versuchung kam, diese auszustrecken und Scorpius zu berühren. Wie konnte jemand nur so verdammt gut aussehen? Einen Seufzer unterdrückend, begnügte sich Rose damit, ihn einfach nur anzusehen. Bis… „Miss Weasley! Meine Ermahnungen scheinen bei Ihnen keinerlei Wirkung zu haben. Ich glaube, ich muss härtere Geschütze auffahren!“ Schuldbewusst zuckte Rose zusammen und erhaschte einen kurzen Blick auf Scorpius, der zu ihr sah und fast unmerklich mit dem Kopf schüttelte. Eine eiserne Faust schloss sich um Roses Herz, als sie aufstand, um sich die Strafarbeit von ihrer Professorin abzuholen.
„Rose, was bei Merlins Unterhose soll der Mist?“, herrschte Albus sie an. Die beiden saßen im Gryffindor Gemeinschaftsraum. Es war bereits nach Mitternacht, sodass außer ihnen niemand mehr hier unten war. „Schrei mich gefälligst nicht so an. Das war keine Absicht.“, giftete Rose zurück und das aufbrausende Wesen der Weasleys kam sofort zum Vorschein. „Oh bitte. Keine Absicht! Wie willst du denn Scorpius rum kriegen, wenn du immer nur in Ungnade bei ihm fällst?“, wollte er wissen. Rose senkte beschämt den Kopf. „Ich weiß es nicht. Es war wirklich keine Absicht, Al. Ich wollte ihn nur ein wenig anschauen, wenn er mir schon mal so nah ist. Und da…“ „Hast du dich natürlich sofort erwischen lassen.“, vollendete Albus und musste ein Grinsen unterdrücken, als er Roses verlegenes Gesicht bemerkte. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Immer wenn ich in seiner Nähe bin, geht irgendwas schief.“, sagte Rose verzweifelt. Albus hatte Mitleid mit seiner besten Freundin und legte ihr beruhigend den Arm um die Schultern, während er sie fest an sich zog.
„Du musst ein bisschen vorsichtiger sein, Süße. Scorpius ist ein Ravenclaw, der steht bestimmt nicht auf aufmüpfige junge Frauen, die sich eine Strafarbeit nach der anderen einheimsen.“ „Du hast gut reden! Es ist nicht so leicht, sich zurück zu nehmen. Ich versuche immer, mich gut zu benehmen, in der Hoffnung, er bemerkt es. Und genau dann mache ich alles falsch…“ „Das wird schon. Wir finden bestimmt eine Lösung. Scorpius wäre ein totaler Trottel, wenn er nicht erkennen würde, wie liebreizend du bist.“, versuchte Albus sie aufzubauen, obwohl er sie gerne noch ein wenig geneckt hätte. Stattdessen gab er ihr einen Kuss auf den Scheitel und erhob sich. „Lass uns eine Nacht drüber schlafen. Vielleicht war heute einfach nicht dein Tag und morgen klappt alles wunderbar.“ Mit diesen Worten verabschiedeten sie sich.
Doch wenn Rose gestern einen schlechten Tag gehabt hatte, schien sich auch der Rest der Woche gegen sie verschworen zu haben. Auch in den nächsten Tag lief alles schief, was sie auch anpackte. Und, sowie das Schicksal es wollte, war Scorpius immer in der Nähe, wenn Rose im Unterricht beim Quatschen ertappt wurde, einen Zauberspruch vergeigte oder ihre Teetasse fallen ließ. Am Freitag war der Lockenkopf völlig mit den Nerven am Ende und auch Albus schaffte es nicht, sie aufzumuntern. „Kopf hoch, Rosie. Nur noch zwei Stunden Zaubertränke und dann ist erstmal Wochenende.“ Doch er erhielt nur einen entmutigenden Blick von seiner Freundin, während sie sich auf ihre festen Plätze im Kerker fallen ließen. „Lassen Sie Ihre Sachen gleich in der Tasche.“, ertönte Slughorns Stimme durch den Raum. „Es gibt heute eine Partnerarbeit. Ich möchte keine zwei Schüler aus demselben Haus zusammen sehen, also bilden sie bitte Paare.“
Es kam, wie es kommen musste. Schnell setzen sich die Schüler zusammen und am Schluss blieben Rose und Scorpius übrig. Sich in ihr Schicksal ergebend, ließ sich Rose auf dem Stuhl neben Scorpius nieder und war froh, dass Zaubertränke eines ihrer besseren Fächer war. Somit konnte hoffentlich nicht ganz so viel schief laufen.
„Als nächstes muss Nieswurz in den Trank.“, murmelte Scorpius eine halbe Stunde später konzentriert. „Nur eine Prise. Rose, könntest du…?“ Rose hatte eine Handvoll über den Kessel gehalten und wollte gerade eine Prise abzwacken, als sie Scorpius durchdringender Blick traf. Erschrocken zuckte sie zurück. Genau in diesem Moment öffnete sie jedoch beide Hände und der komplette Bestand an Nieswurz fiel in den Kessel. „Achtung!“, schrie Scorpius, packte Rose und warf sie mit sich auf den Boden. Keine Sekunde zu früh, denn in diesem Augenblick explodierte der Kessel.
„Miss Weasley, Mister Malfoy!“, ertönte da auch schon die zornige Stimme des Zaubertranklehrers und geschlagen hob Rose den Kopf.
Zum Ende der Stunde, als der letzte Schüler den Kerker verlassen hatte, standen Rose und Scorpius mit gesenkten Köpfen vor Professor Slughorn. „Sie werden beide hier bleiben und den Kerker säubern. Ohne Zauberei. Und sie werden erst gehen, wenn alles wieder glänzt.“, wies der Professor die beiden an. „Aber Professor, es war meine Schuld. Scorpius…“, begann Rose kleinlaut, doch fest dazu entschlossen, den Blondschopf nicht ihre Tollpatschigkeit büßen zu lassen.
Doch sie wurde sofort unterbrochen. „Es interessiert mich nicht, welcher Dummkopf von ihnen zu viel Nieswurz in den Trank gegeben hat, Miss Weasley.“, knurrte Slughorn. „Fakt ist, dass dies eine Gemeinschaftsarbeit war und selbst wenn sie die Schusselige gewesen sind, die die dreifache Menge der Zutat in den Trank gekippt haben, hätte Mr. Malfoy dies, sollte er genug Intelligenz besitzen und wissen, wie man den Trank braut, verhindern müssen. In zwei Stunden werde ich nachsehen, wie weit Sie beide gekommen sind.“ Mit diesen Worten ließ Slughorn Eimer und Putzmittel erscheinen und verließ den Kerker.
Scorpius schnappte sich sofort die nötigen Utensilien und begann mit der Arbeit. Rose jedoch starrte ihn eine Weile schweigend an. „Es tut mir so leid, Scorpius. Ehrlich! Es war keine Absicht… Setz dich doch einfach auf einen Stuhl und lass mich die Arbeit machen.“ Sie ging zu ihm und wollte ihm den Putzlappen entreißen, doch er zog seine Hand vorher weg und warf ihr nur einen unergründlichen Blick zu, bevor er weiter arbeitete. „Professor Slughorn hat Recht. Es war eine Gemeinschaftsarbeit, also werden wir die Strafe beide absitzen.“ „Aber…“ „Kein aber, Weasley! Fang einfach an!“, fauchte Scorpius da unerwarteter weise und trieb Rose mit seinem schroffen Ton Tränen in die Augen. Schweigend machte auch sie sich an die Arbeit und unterdrückte nur mit Mühe die kleinen Schluchzer, die sich in ihrer Kehle sammelten.
Wieso meinte es Merlin nur so schlecht mit ihr? Alles, was sie anfasste und auch nur im Entferntesten mit Scorpius zu tun hatte, ging schief. Vielleicht war es ihr einfach nicht vergönnt, ihm näher zu kommen und ihm zu zeigen, dass sie im Grunde genommen eine nette und liebenswürdige Person war. Wahrscheinlich war es besser, aufzugeben und Scorpius in Ruhe zu lassen. Schließlich hatte sie ihm durch ihre Unachtsamkeit Nachsitzen aufgebrummt und dies war ihm bestimmt in den ganzen letzten fünfeinhalb Jahren niemals passiert.
Rose warf dem Blondschopf einen kurzen Blick zu und wischte sich dann Verstohlen die Tränen aus den Augenwinkeln. Nun gut, auch wenn es sie unglücklich machen würde, aber sie würde die Finger von Scorpius lassen und ihn nicht mehr mit ihren peinlichen – wenn auch ungewollten – Aktionen in Verlegenheit bringen. Sie war kein dummes Gör, wie er vielleicht denken mochte. Sie würde sich erwachsen verhalten und ihn in Ruhe lassen. Sie ignorierte das merkwürdige Gefühl im Magen, erledigte schweigend ihre Strafarbeit und verließ nach drei Stunden, genauso stumm, mit Scorpius den Kerker.
Die nächste Woche verlief ohne weitere Zwischenfälle und Scorpius konnte sein Leben als erstklassiger Schüler weiterführen. Rose war zwar froh, dass alles wieder in mehr oder weniger geordneten Bahnen verlief, doch ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, wann immer sie Scorpius sah. Sie mied seine Gegenwart und versuchte, ihm nicht allzu oft sehnsüchtige Blicke zuzuwerfen. Sie hatte sich geschworen, ihn in Ruhe zu lassen und eine Weasley hielt ihre Versprechen. Vor ihren Mitschülern gab sich Rose wie eh und je, doch wenn sie mit Albus allein war, konnte sie nicht verhindern, dass sie urplötzlich eine Traurigkeit überfiel, die nicht einfach abzuschütteln war. Albus, als wahrer Freund, erkannte natürlich die Veränderung seiner Freundin und bemerkte auch, wie sie sich immer häufiger in sich zurückzog und Stundenlang abdriftete, um ihren Gedanken nachzuhängen.
Die gesamte Woche vor Weihnachten zerbrach sich Albus darüber den Kopf, wie er Rose helfen konnte. Er wog jede andere Möglichkeit ab, nachdem Schneeballschlachten, ein Ausflug nach Hogsmeade und allerlei Scherze nicht gefruchtet hatten. Schließlich blieb ihm nur noch eine einzige Möglichkeit. Nach längerem Hin und Her erschien es ihm jedoch sinnvoll, zumindest einen Versuch zu starten. Wenn dieser fehlschlug, musste Rose ja nichts davon erfahren. Und wenn es klappte, umso besser. Gesagt, getan. An dem Wochenende vor Weihnachten setze Albus seinen Plan in die Tat um.
Es war der Tag vor Heiligabend, als Rose sich frühzeitig vom Gryffindortisch erhob, obwohl sie vom Abendessen kaum etwas runter bekommen hatte. „Ich geh schon mal in den Gemeinschaftsraum.“, informierte sie Albus, der ihr gegenüber saß. „Tu das. Ich komme gleich nach.“ Ganz in Gedanken machte sich Rose auf zum Gryffindorturm und schrak zusammen, als sie hart mit jemandem zusammenprallte. Sie setze schon zu einer zerstreuten Entschuldigung an, als sie ihr Gegenüber in Augenschein nahm. Innerlich stöhnte sie auf. Sie hatte niemand geringeren als Scorpius Malfoy umgerannt – mal wieder. „Scorpius. Entschuldige. Ich hab dich nicht gesehen. Wirklich, es war keine Absicht. Ich war wohl nur mal wieder zur falschen Zeit am falschen Ort.“, stammelte Rose und bemerkte, dass ihre Wangen unter dem fragenden Blick Scorpius’ zu glühen begannen.
„Ich habe das Gefühl, dass du dich jedes Mal entschuldigst, wenn wir uns treffen.“, sagte Scorpius und sein Gesichtsausdruck war unergründlich. Verlegen senkte Rose den Kopf. „Ich weiß. Es mag dir so vorkommen, dass alles Absicht ist, was mir passiert. Aber du musst…“ Sie verstummte, als er einen Finger unter ihr Kinn hob und sie sanft zwang, ihn anzusehen. „Schau mal, was dort über uns hängt.“ Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Rose folgte seinem Blick. „Ein Mistelzweig.“, wisperte sie überflüssigerweise. „Mhm. Kennst du den Brauch, der dem Mistelzweig anhaftet?“, wollte Scorpius wissen. Rose wusste, dies war eine rhetorische Frage, doch ihr Mund wollte nicht still schweigen. Daher platze es aus ihr heraus. „Diejenigen, die unter einem Mistelzweig stehen, müssen sich küssen.“ „Richtig.“, murmelte Scorpius und sah ihr in die Augen.
Bevor Rose überhaupt wusste, wie ihr geschah, hatte er sich zu ihr hinunter gebeugt und presste seine Lippen sanft auf ihre. Sofort löste sich ein glücklicher Seufzer aus ihren Inneren und sie konnte Scorpius’ Grinsen förmlich spüren, auch wenn sie es durch ihre geschlossenen Augen nicht sah. Der Kuss war von kurzer Dauer und als Scorpius’ Lippen sich zurückzogen, öffnete Rose widerwillig ihre Augen. „Ich dachte, du bist schüchtern.“, rutschte es ihr heraus. Scorpius lächelte. „Das bin ich auch. Aber ich dachte mir, bei jemandem, der so tollpatschig und liebenswürdig unbeholfen in meiner Nähe ist, sollte ich meine Schüchternheit besser ablegen.“ Wenn es überhaupt noch möglich war, wurden Roses Wangen noch röter. Himmel, war das peinlich. Dennoch konnte sie es nicht verhindern, die nächste Frage zu stellen. „Wieso hasst du mich nicht?“ Einen Moment lang sah Scorpius sie schweigend und nachdenklich an.
„Ich hege ganz andere Gefühle für dich, als Hass.“, murmelte er schließlich und nun bildete sich auch auf seinen Wangen ein leichter Rotschimmer. „Aber spätestens, als Albus mit mir ein ernstes Gespräch geführt hat, habe ich mich getraut, einen Schritt auf dich zu zu machen und nicht von dir weg.“ Auf Roses verwirrten Gesichtsausdruck hin erklärte er zögerlich: „Albus hat mir einiges über dich erzählt, was dich mir in einem anderen Bild darstellte. Zuerst dachte ich, du machst die ganzen Dinge, wie mich anrempeln usw. extra, um mir zu schaden. Daher habe ich versucht, auf Abstand zu gehen. Weil ich mich in dich verliebt habe. Aber bei deiner Begabung, in jedes noch so kleine Fettnäpfchen zu treten…“ Rose starrte ihn aus großen, bernsteinfarbenen Augen an. „Sag das noch mal.“, forderte sie. „Aber bei deiner Begabung…“ „Nein. Das davor.“, verlangte sie mit leicht zitternder Stimme.
„Ich habe mich in dich verliebt, Rose Weasley. Und deine Tollpatschigkeit und der Hang zur Faulheit machen dich bei all deinen Vorzügen nur noch liebenswürdiger.“ Ganz langsam stahl sich ein Lächeln auf Roses Gesicht. „Oh, Scorpius!“ Sie ließ sich in seine Arme sinken und er fing sie auf. Und da der Mistelzweig immer noch über ihren Köpfen hing, machten sie sich gleich noch einmal daran, dem Brauch nachzukommen. Und diesmal dauerte der Kuss länger. Und länger. Und länger…
Ende
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