von Sethereth
Draco saß am Fenster und blickte stumm auf das Gelände. Doch sein Blick war auf nichts bestimmtes, sondern in die Ferne gerichtet. Es war jetzt schon eine Weile her und doch verging kein Tag wo er nicht an diese Frage und die daraus resultierenden Gedanken und Erkenntnisse dachte.
Endlich hatte er verstanden. Die Antwort auf die Frage lautete: Allein.
Früher hatte das ihm nichts ausgemacht, doch heute – schon.
Er hatte gelernt, das Liebe zu zeigen nicht anderes als Schwäche war.
Und Schwäche war was für Weicheier.
Ihm war immer gesagt worden, dass man mit Geld alles haben konnte.
Geld im Übermaß, falsche Lächeln, falsche Liebe, falscher Stolz…Dekadent.
Er war zur Herzenskälte und zur Arroganz erzogen worden.
Er hatte das so lange gedacht und sogar danach gelebt.
Er war stolz gewesen.
Er war eitel gewesen.
Er war immer etwas Besseres als alle anderen
Doch jetzt…jetzt war er verwirrt.
Er hatte immer alles gehabt und war doch ärmer als alle anderen gewesen.
Denn jemand hatte ihm eine einzige Frage gestellt und damit sein komplettes Weltbild erst zum wanken und später sogar zum einstürzen gebracht.
Denn es war genau die Person auf ihn zugekommen, die er all die Jahre gehasst, beschimpft, verachtet und gequält hatte.
Hermine Granger. Der Bücherwurm, die größte Streberin in Person und die die von ihren beiden Freunden verehrt, beschützt und abgöttisch geliebt wurde.
Warum ausgerechtet Sie es getan hatte wusste er nicht. Doch im Endeffekt war es nicht wirklich darauf angekommen, dass es sie gewesen war, sondern dass es überhaupt geschehen war. Später als er die Antwort hatte, würde er ihr noch sehr dankbar dafür sein, dass es doch sie gewesen war. Es macht eben doch einen Unterschied wenn man Freunde nah, Feinde aber noch näher bei sich hält. Sie hatte es auf jeden Fall geschafft. Zu 100 % war sie in seinen Gedanken, ließ ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Er wusste es damals noch nicht, aber sie hatte ihn mit einer einzigen Frage die Augen geöffnet, hatte ihn einfach ins kalte Wasser geschmissen und ihn somit gezwungen der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.
Dabei war die Frage ganz simpel gewesen. Simpel und trotzdem genial. Genau wie sie selbst.
„Was bist du, Draco Malfoy?“ hatte sie gefragt, sich dann umgewandt und ihn allein gelassen.
Am Anfang hatte er es abgetan und sich aufgeregt, dass sie, das Schlammblut, es gewagt hatte, ihn, das Reinblut, überhaupt anzusprechen.
Doch konnte er einfach nicht aufhören über diese Frage nachzudenken. Denn eins konnte man wirklich nicht über dieses Mädchen behaupten. Sie tat nichts sinnloses. Alles was sie tat, ihr ganzes Leben hatte immer irgendeinen sinnvollen Hintergrund. So musste es also auch mit dieser Frage sein, und Draco war fest entschlossen, herauszufinden wie oder was sie damit gemeint haben könnte.
Ich zeige dir, was es heißt, allein zu sein
Ich trinke Tränen, schwarzen Wein
Ich folge dir tief, tief in die Nacht
Bis in den Abgrund deiner Seele steige ich hinab
Draco fühlte seit dieser Erkenntnis nichts. Er hatte es am Anfang nicht glauben wollen, doch sie hatte mal wieder Recht gehabt. Wie üblich. Es war Fakt: Er war allein.
Die Frage war jetzt nur, warum? Warum hatte sie ihm diese Frage gestellt? Warum wollte sie, dass er diese grauenhafte Erkenntnis hatte? Sie hatte ihm die Augen geöffnet, für was?
Dafür dass es sich mies fühlte? Falls es das tatsächlich gewesen sein sollte, so hatte sie ihr Ziel erreicht. Er fühlte sich zum kotzen. Und gleichzeitig war in ihm ein Entschluss herangereift.
Er würde nicht mehr so weiter machen, wie bisher.
Es war ihm jetzt klar geworden als er ihre Worte und den Hinweis darauf richtig verstanden, und wissen wollte, ob es stimmte.
Sie hatte schon wieder Recht!
Er achtete zum ersten Mal seit langer Zeit bewusst auf sein Umfeld und er war geschockt. Er war umgeben von vielen Leuten, von seinen Freunden und trotzdem, war er allein.
Von wegen hart aber gerecht. Er war, nachdem er sich distanzierte und abwartete, wer wirklich zu ihm stehen würde, sehr sehr enttäuscht worden. Denn außer einem einzigen, waren sie weg geblieben. DAS hatte ihm endgültig die Augen geöffnet.
Danach hatte er einen Trennstrich hinter seinem alten Leben gezogen.
Ich suche nach der, die mich zum Weinen bringt
Liebe macht süchtig, betrunken und blind
Ich suche nach dem Weg aus der Leere
Die mein Leben bestimmt
Ich laß es Tränen regnen
Und Sie? Was tat sie? Als das Gerücht die Runde gemacht hatte, dass Draco Malfoy sich endlich die Mühe gemacht hatte die Spreu vom Weizen zu trennen und nun sehr alleine dastand, hatte sie gelächelt.
Draco war maßlos entsetzt gewesen. Sie, eine Gryfindor, hatte ein mieseres Lächeln drauf, als der halbe Slytherinhaufen zusammen. So wie sie da stand und einfach nur gefühlskalt lächelte, hätte sie viel besser nach Slytherin gepasst, als nach Gryfindor.
Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt
Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt
Ich schenk' dir mein gefrorenes Herz
Ich will, daß Du es für mich wärmst
Draco lernte seine Lektion. Denn nichts anderes war es gewesen. Er blieb, mit Ausnahme von Blaise Zabini, der treu zu ihm gehalten hatte, allein. Doch lernte er jetzt auch etwas anderes. Das was er jetzt tat und lernte. Was er jetzt fühlte und was ihn formte, war ganz allein Seins. Niemand konnte ihm dieses Gefühl wieder nehmen.
Wochen später erhielt er eine Nachricht, die ihn stutzig machte.
„Weißt du jetzt, was es heißt allein zu sein? Fühlt es sich jetzt immer noch so gut an? Oder begreifst du endlich den bittersüßen Schmerz? Nun solltest du etwas neues lernen.
Lerne den Unterschied zwischen Liebe und Hass kennen, oder gibt es keinen? „
Dieser Brief war so intensiv und heftig geschrieben, dass Draco ihn mehrmals lesen musste um sicher zu sein, dass er ihn richtig verstanden hatte.
Was sollte das jetzt schon wieder heißen? Natürlich gab es einen Unterschied von Liebe zu Hass, allerdings nur einen kleinen, zugegeben.
Er überlegte, wo es nicht klar war ob Liebe oder Hass, oder beides im Spiel war. Er musst gar nicht lange nachdenken, sein Vater war das beste Beispiel. Draco hatte immer gedacht, dass er seine Mutter liebte, doch gleichzeitig behandelte er sie wie seine Untergebene. Und ihn? Hasste er ihn? Denn lieben tat er ihn auf jeden Fall nicht.
Man könnte es als eine Art dulden beziffern, aber war das eine Art von Liebe? Ganz sicher nicht.
Verdammt. Warum hatte sie ihm diesen Brief geschrieben? Denn dass der Brief von ihr kam, darüber hatte Draco keine Zweifel.
Ich verirre mich - nichts ist mehr klar
Ich bin da wo vor mir keiner war
Nicht fähig zu lieben oder liebe ich die Qual
Liebe ich den Schmerz - bin ich nicht normal?
Er dachte nach. Nein für ihn war Schmerz nicht von Nöten, damit er etwas fühlen konnte. Bei seinem Vater jedoch war er sich da nicht ganz so sicher. Vielleicht mussten er alle für die er etwas empfand, also seine Mutter und er bedingt, zuerst leiden lassen, damit er sie lieben konnte.
So abwegig war die Sache nicht, denn es hieß nicht umsonst:
'Man verletzt die, die man liebt!'
Doch diesen Spruch auf seinen Vater anzuwenden war nicht möglich, da Draco sich nun fast sicher war, dass sein Vater seine Mutter nicht wirklich liebte. Er hatte sie geheiratet, weil man dies in reinblütigen Familien eben schon immer so getan hatte. Doch von Liebe hatte da nie einer gesprochen.
Er seufzte. Da wäre er wieder bei seiner Erziehung angelangt. Liebe war in seiner Familie nicht von nöten, wenn man stattdessen Geld haben konnte.
Doch in einer Sache war er sich immer sicher gewesen. Er liebte seine Mutter und sie liebte ihn. Da konnte er mit Sicherheit von Liebe sprechen.
Aber sie war auch die große Ausnahme, ansonsten für alles andere war sein Gefühl eher Richtung Hass eingependelt. Allenfalls Zuneigung wäre noch drin gewesen.
Gab es nun wirklich so einen Unterschied zwischen den beiden Gefühlen? Und konnte man nicht gleichzetig beides empfinden, auch noch für ein und die selbe Person?
Diese Vorstellung war absurd, und doch fand er sie berechtigt.
Vorallem, was noch wichtiger war? War er auch so wie sein Vater? War er überhaupt in der Lage zu lieben?
Oder war es für ihn schon zu spät?
Ich suche nach der, die meinen Geist nach Hause bringt
Ich suche nach der, für die ich diese Lieder sing'
Nur eine Nacht in meinem Zimmer
Wir wachen auf und leben für immer
Ich laß es Tränen regnen
Er dachte lange darüber nach. Auch warum sie den Schmerz bittersüß genannt hatte. Schließlich wurde es ihm dann doch zu bunt und er nahm sich vor Hermine selbst zu fragen.
Und wehe sie konnte ihm keine zufrieden stellenden Antworten geben.
Nach der letzten Schulstunde passte er sie ab und zog sie in einen ruhigen Gang.
„Was soll das alles Granger?“ fuhr er sie grob und gleichzeitig aber auch verzweifelt an.
Hermine, die ihn zu allererst mit großen Augen angesehen hatte, lächelte jetzt plötzlich auf eine so weibliche Art und Weise, dass sie ihm komplett den Wind aus den Segeln nahm.
„Hast du es denn immer noch nicht verstanden?“ wollte sie wissen und betrachtete ihn jetzt eingehend.
Draco wollte etwas erwidern, besann sich dann aber doch anders. Es gab Tatsachen die sprachen eben einfach für sich. Und eine davon war es eben, das Hermine Granger einen brilianten Verstand besaß. Er konnt sich entweder total peinlich benehmen und ihr eine Beleidigung oder etwas herabwürdigendes an den Kopf knallen oder einfach die Tasache akzeptieren, dass er es eben tatsächlich noch nicht verstanden hatte und und so zuckte er nur mit den Schultern und beließ es dabei.
Hermine nahm das mal als nein auf.
„Bist du der Meinung, dass es einen Unterschied zwischen Liebe und Hass gibt? Du musst entweder einen sehen oder nicht. Und egal wie du dich entscheidest, ob ja oder nein, diese Entscheidung steht.“
Sie wandte sich von ihm ab und machte sich auf den Weg, den Gang zu verlassen. Doch sie wandte sich noch einmal um.
„Ich gebe dir einen kleinen Tipp. Entscheide dich für eins der beiden. Egal was aber du solltest es bald tun. Liebe kann sich manchmal in Hass verwandeln, den man nur kalt genießen kann. Ich denke das Gefühl ist dir bekannt wie fast jedem von uns. Enttäuschungen in der Liebe hat doch jeder von uns schon mal durchgemacht. Doch manchmal ist es auch anders herum. Hass kann sich unter seltenen Umständen auch in eine verzweifelte und hemmungslose Liebe verwandeln. Und wenn diese einmal brennt, dann brennt sie. Überleg dir gut, welchen Weg du für dich nimmst. Liebe oder Hass, beides hat seine Reize aber auch seinen Preis. Die Antwort überlasse ich dir“
Damit ging sie.
Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt
Bin ich nur glücklich, wenn es schmerzt
Ich schenk' dir mein gefrorenes Herz
Ich will, daß Du es für mich wärmst
Draco blieb zurück und überlegte ob er schon einmal wirklich geliebt hatte. Dieses Mädchen brachte ihn dazu bis in sein innerstes zu gehen und die Antwort darauf war Nein. Richtig geliebt hatte er noch keine.
Doch das würde er jetzt ändern.
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