von mareen_manuela
Kapitel 8 - Here we go…
Draco schob den Zettel in sein „Geschichte der Magie“-Buch und machte sich auf, zu seinem Schlafsaal. Oder, genauer gesagt, zu seinem Badezimmer. Da er schon immer ziemlich gut in Zaubertränke gewesen war, wusste Draco von den Eigenschaften vieler Kräuter und entschied, dass seinen strapazierten Beinmuskeln Kamille gut tun könnte. Außerdem fühlte er sich besonders maßlos an diesem frühen Morgen und stieg in das heiße Wasser, auf dessen Oberfläche kleine, weiße Blüten umher schwammen. Oh, wenn Crabbe und Goyle mich jetzt sehen könnten. Draco hatte jedoch keine Bedenken deswegen. Er war sich seiner Sexualität sehr sicher und in diesem Augenblick brauchte er ein bisschen Dekadenz.
Es ist eine merkwürdige Sache, jemandem das Leben zu retten, den man hasste. Draco fühlte sich, als hätte er sich selbst betrogen. Er war nicht böse auf sich deswegen, stattdessen war er sauer, dass er sich selbst belogen hatte. An jedem vorangegangenen Tag, ob man ihn gefragt hätte oder nicht, hätte er jedem erzählt, dass sein Leben ohne Hermine Granger besser wäre. Doch die Wahrheit war ans Tageslicht gekommen - er wollte nicht, dass sie starb.
Während er den Abend und die Motive für all seine Handlungen gründlich überdachte, realisierte er, dass er, als er den Gemeinschaftsraum verlassen hatte, gar nicht daran gedacht hatte, dass sie Gefahr laufen könnte zu sterben. Er wollte einfach nicht, dass sie verletzt wurde. Dieser Gedanke durchflutete seinen Verstand und er untersuchte ihn genauer.
Er wollte nicht, dass sie verletzt wurde. Nicht körperlich, nicht seelisch und definitiv nicht sexuell.
Ein Gefühl, vielleicht auch eine Vorstellung, machte sich langsam in ihm breit. Da war eine Güte in Granger, eine Art… Reinheit, die nicht Neues war, aber die Tatsache, dass sich Draco plötzlich so fühlte, als ob er diese Güte beschützen müsste, war neu. Auf einmal war ihm so, als ob die Welt ihr Wesen brauchte, er es brauchte. Das bescherte ihm ein ungutes Gefühl.
Und um diese unangenehmen Gefühle noch zu verschlimmern, erinnerte er sich daran, dass, wenn er sie gleich gewarnt hätte, Longbottom und sie sich nicht aufgeteilt hätten. Draco schlug die Hand deprimiert ins Wasser und runzelte die Stirn. Er gab einen lausigen Beschützer ab.
*****
Hermine Granger hatte dem Tod schon früher ins Auge geblickt. Sie war von einem Basilisken versteinert worden, wurde von einer peitschenden Weide niedergeschlagen, während sie einen Mörder jagte und im Zaubereiministerium von einem Todesser verflucht. Durch einen blöden Schlangenbiss fast zu sterben, fühlte sich beinahe enttäuschend an. Sie wusste, eigentlich sollte sie aufgewühlter sein, doch sie konnte ihre Gefühle nicht ordnen. Hermine war ein bisschen verwirrt darüber, dass ihr Erzfeind sie gerettet hatte - das war… seltsam. Doch hauptsächlich machte sie sich darum Sorgen, die Gerüchte könnten aus dem Ruder laufen.
Hermine ging zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors, damit sie mit ihren Freunden zum Frühstück gehen konnte. Sie hoffte außerdem, sie könne die Dramatik auf einem Minimum halten, wenn sie sich auf den gemütlichen Raum beschränkte. Natürlich hatte sie Recht mit der Gerüchteküche. Na gut, dann war es das Beste, die Geschichte selbst klarzustellen. Sie hatte eine sehr starke Vorstellung davon, welche Art von „Entwicklung“ diese Geschichte sonst durchmachen könnte.
„Oh MERLIN, Hermine!“, rief Parvati überrascht, als sie den Fuß der Treppe erreichte. „Ist es wahr, dass Draco Malfoy dir das Leben gerettet hat?“ Das exotische Mädchen wirkte, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Hermine schnaubte.
„Guten Morgen, Parvati. Ja, ich fürchte, dass dem so ist.“
„Kannst du dich daran erinnern? Neville sagt, Malfoy hätte dich den ganzen Weg in den Krankenflügel getragen!“
Hermine seufzte und antwortete: „Ich war bewusstlos; eine Schlange hat mich…“
Gerade in diesem Moment kam ein Trappeln von Fußtritten die Treppe vom Jugenschlafsaal herunter. Harry, Dean, Ron und Colin stürzten in den Gemeinschaftsraum.
Ron und Harry eilten an Hermines Seite und gaben ihr abwechselnd knochenbrechende Umarmungen.
„Ich bin okay, Jungs. Wirklich. Mir geht es gut.“
Sie legte der kleinen Gruppe, die sich um sie versammelt hatte, die Geschichte dar. Dabei ließ sie natürlich die Krawatte außen vor und war froh, dass ihr alle auf einmal zuhörten. Sie musste es immer wieder erzählen und ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Als jedoch alle zum Frühstück gegangen waren, blieb Hermine höchst verärgert zurück. Keiner, nicht mal ihre besten Freunde, schienen sich darum zu kümmern, dass sie von einer Schlange gebissen wurde! Sie alle wollten nur etwas über Malfoy hören. Warum war er da gewesen? Warum hatte er sie gerettet? Wie war es, von ihm getragen zu werden? (Das zumindest ließ auch Harry und Ron böse gucken.) Sie wusste die Antwort auf diese Fragen nicht. Ganz ehrlich - sie wollte das auch alles wissen. Doch neben ihrer Neugierde war da auch ein großes Maß dunkler Vorahnung.
*****
Draco erfuhr weniger begeisterten Zuspruch durch seine Mitbewohner. Ganz besonders Pansy und Blaise schienen einen Wettkampf auszufechten, wer von beiden Draco zuerst mit Blicken töten konnte.
Mit seinen Augen rollend, sagte er schließlich mit gedehnt, träger Stimme in ihre Richtung: „Oh, werdet erwachsen. Es ist ja nicht so, dass ich sie da einfach sterben lassen konnte. Mit unserer Vergangenheit hätte das verdächtig ausgesehen. Und ich hab nicht die Absicht, wegen ihr nach Askaban zu gehen. Außerdem, wenn sie stirbt, wäre ich nicht mehr in der Lage ihr die ganze Schulsprecherarbeit aufs Auge zu drücken.“
Blaise ließ die Schultern sinken und seufzte. Er fand sich mit Dracos Argumentation ab, während Pansy immer noch Feuer spuckte. „Deshalb warst du also als Erster da draußen, oder was? Deine Arbeitselfen beschützen?“
Draco feixte teuflisch. Er hatte darauf gewartet, dass ihn jemand fragte, warum er da war. „Hab nur die Gryffintrottel überwacht, darauf geachtet, dass sie nicht irgendwas Unartiges im Dunkeln anstellen.“ Er wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und fügte hinzu: „Du weißt, Regeln sind Regeln. Würde nicht wollen, dass irgendwer der Schule verwiesen wird.“
Es schien so, als wäre Pansy von Dracos hinterhältigem (wenn auch falschem) Plan beeindruckt genug, um zu vergessen, dass sie eigentlich sauer sein wollte, weil er nicht laut lachend über dem bewusstlosen Schlammblut gestanden hatte.
Draco atmete vor Erleichterung tief durch. Um zu erfahren, ob Blaise irgendetwas mit Grangers Unfall zu tun hatte, musste er sich sein Vertrauen sichern. Dafür musste er nur die beste Methode herausfinden. Sein verschlagener Slytherinverstand konnte mit Leichtigkeit einen Tanz um jeden Hufflepuff oder Gryffindor, und selbst einige Ravenclaws, aufführen; ein Slytherin wie Blaise jedoch, war dafür zu intelligent. Draco musste sich seine Vorgehensweise gut überlegen.
„Mr. Zabini“, die barsche, trockene Stimme von Professor McGonagall unterbrach Dracos Gedanken. „Ihr Nachsitzen heute Abend wird Punkt 22 Uhr beginnen, genauso wie letzte Nacht. Bitte melden Sie sich wieder im Büro von Mr. Filch.“
„Ja, Ma'am“, antwortete Zabini frustriert und verdrehte die Augen, als die alte Frau fort ging.
„Worum zum Teufel ging es hier eben, Zabini?“, wollte Draco wissen.
Wieder rollte Blaise mit den Augen. „McGonagall hat mich mit einer Flasche Ogden's Bestem erwischt, die ich einem Fünftklässler aus Ravenclaw abgenommen hab. Ich war bis 1 Uhr in der Früh wach, um diesem stinkenden Squib dabei zu helfen, eine Sauerei von Myrte im zweiten Stock zu beseitigen. Dieser Bastard wollte nicht mal mich Magie benutzen lassen.“
Dracos Augen leuchteten vor Vergnügen auf, als er den stirnrunzelnden Jungen leise anlachte. „Nun, ich bin sicher, du und Argus hattet eine tolle Zeit, um euch kennen zu lernen. Wirst du ihn als Date heute Abend mitbringen? Wenn es Mitternacht schlägt, könnt ihr zwei euch zusammen in die Nacht davon machen.“ Goyle gluckste um die Kartoffelstücke in seinem Mund herum und Pansy kicherte. Blaise jedoch starrte Draco nur mit funkelndem Blick an.
„Na ja, ich hätte ihn gefragt, aber er hat gesagt, dass er mit dir hingehen würde.“
Draco grinste und ließ ihn diese Runde gewinnen. „Ah, touché, Zabini. Touché. Seh euch Lutscher im Unterricht!“ Er stand grinsend auf. Das war zu einfach gewesen. Zabini hatte letzte Nacht also Nachsitzen gehabt, … sehr interessant. Oder vielmehr gar nicht soo interessant. Könnte es einfach Zufall gewesen sein? Draco dachte über Zabinis Bemerkungen nach, während er zur Klasse ging.
„Ich würde die Prinzessin von Gryffindor gern von ihrem verdammten Sockel stoßen. Es ist an der Zeit, dass ihr jemand zeigt, wo sie hingehört. Ich würde ihr das verdammte Leuchten aus dem verflucht makellosen Gesicht wischen. Sie ist so verdammt prüde und mir wird schlecht von dem Stock in ihrem Arsch. Sie verdient es, wie ein Schwein im Schlamm gefickt zu werden.“
Hm, also vielleicht wollte Zabini sie gar nicht töten; aber warum würde er… nein, das ist lächerlich. Dann erinnerte Draco sich an seine kleine Wichs-Fantasie, die die Schulsprecherin beinhaltete. Okay, also nicht lächerlich, nur… ziemlich unwahrscheinlich.
*****
Während des Tages waren alle bester Laune und es gab so viel Geschwätz über den Halloween-Maskenball, dass Hermine und Draco von zu viel Aufmerksamkeit verschont blieben. Sie waren gerade dabei ihre Notizen für das Vertrauensschüler-Treffen, welches vor dem Abendessen angesetzt war, durchzugehen. Hermine hatte die meisten Regeln für den Tanz festgelegt, da Draco dazu tendierte etwas zu nachlässig zu sein. Draco hatte eine kurze Liste mit anderen „Ermahnungen“ für die Vertrauensschüler.
Sie hatten beide nicht mehr als „Hallo“ zueinander gesagt und ein paar Bemerkungen über das Meeting gemacht, bevor der Raum sich mit den Vertrauensschülern füllte. Die Leute drängten sich lässig auf dem Sofa und den Stühlen zusammen; einige der Schüler saßen auf dem Fußboden vor dem Kamin, während Hermine sie an ihre Pflichten, als verantwortungsvolle Schüler, die den anderen ein Vorbild waren, erinnerte. Lavender warf Padma einen durchtriebenen Blick zu und kicherte dabei, was ihr einen vorwurfsvollen Blick von Hermine einbrachte. Als sie fertig war, stand Draco auf und nahm ihren Platz vor der Gruppe ein. Hermine setzte sich in den großen, weichen Sessel, den er frei gemacht hatte, vorgewärmt durch seinen Körper, und nahm sich einen Moment Zeit, um den Schulsprecher zu betrachten.
Dumbledore hatte mit Draco eine gute Wahl getroffen. Er wurde respektiert (was erstaunlich genug war), war gründlich und fair. Und er war überraschend gut darin, Aufgaben den richtigen Vertrauensschülern zuzuweisen. Wie Hermine wusste, würde Lavender niemals die nächtlichen Rundgänge für die Gewächshäuser oder den Astronomie-Turm übertragen bekommen. Und, obwohl Malfoy sie in das Team zur Dekoration für den Tanz gesteckt hatte, war sie in keinster Weise für den Tanz an sich verantwortlich. Doch, was Hermine am meisten überraschte war, dass er ihr die Verantwortung für die ganze Arbeit, die jüngsten Schüler betreffend, übertragen hatte. Tatsächlich hatten Hermine und Draco deswegen eine hitzige Diskussion (über deren Ausgang Hermine schmollte), da Lavender zu „flatterhaft“ war, als dass man ihr Elfjährige anvertrauen könnte. Danach behielt Hermine das große Gryffindor-Mädchen gut im Auge und hoffte Malfoy beweisen zu können, dass er falsch lag. Aber es stellte sich schnell heraus, dass Draco Recht hatte und Hermine es anerkennen musste. Lavenders warmes Lächeln und allgemeine Freundlichkeit machten sie zum vertrauenswürdigen Liebling der nervösen Erstklässler.
Dracos plötzliche Bewegung holte Hermine aus ihren Gedanken. „Zum Schluss“, Draco sprach gedehnt, klang gebieterisch und warnend zugleich, „es war offensichtlich noch nicht klar genug ausgedrückt“, alle schienen sich etwas aufrechter hinzusetzen, „dass es einen Grund dafür gibt, wenn ihr zu zweit auf Rundgängen eingesetzt werdet. Und es ist bestimmt nicht so, damit ihr euch aufteilen könnt, um die Arbeit schneller hinter euch zu haben. Ich will nicht hören, dass das passiert, andernfalls folgen Konsequenzen. Ich denke, ich hab mich klar ausgedrückt.“ Draco sah zu Neville, drehte sich dann um und hielt demonstrativ Hermines Blick mit seinen Augen fest. Sie fühlte ihr Gesicht erröten, biss aber die Zähne zusammen und hielt seinem Blick stand. Er drehte sich wieder zur Gruppe, die die Szene gespannt verfolgt hatte, und entließ sie. Hermine schaute derweil hinüber zum Feuer und hatte ihre Arme schützend vor der Brust verschränkt.
Während die Vertrauensschüler ihre Pläne für die Rundgänge und Mitteilungen aus ihren Fächern nahmen, beschäftigte sich Draco mit seinen Sachen und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Hermine schnell ihre Tasche packte und, ohne irgendjemandem Tschüss zu sagen, den Raum verließ. Er machte ein finsteres Gesicht und warf sich seine Tasche über die Schulter.
*****
Hermine fuhr mit ihren Fingern über die feine, mit Perlen verzierte Halbmaske. Sie war mit Hunderten von glitzernden, schimmernden Silberperlen besetzt, die in warmem, zarten Gold und Rosa funkelten, während sie sie in ihrer Hand drehte. Die Maske war elegant und weiblich mit langen, glatten, schimmernden Bändern zum Umbinden und Hermine fand es schrecklich. Diese Dinger verbargen die Identität des Trägers nicht - nicht mal im Geringsten. Und es war irgendwie unheimlich, die Augen von jemandem nur durch eine Maske hindurch zu sehen. Das erinnerte sie an Todesser. Sie setzte sich an ihre Frisierkommode und beschloss, die Maske so schnell sie konnte abzunehmen.
Ihr Kleid jedoch, liebte sie! Es war ein langes, enges, verziertes Kleid. Überzogen mit den gleichen silber-gold-rosaroten Perlen, die sich über ihren Körper verteilten und (durch sexy Seitenschlitze) knapp über ihren Knöcheln ihre besondere Wirkung zeigten. Sie betrachtete sich im Schutz ihres Zimmers in dem großen Spiegel, fuhr mit den Händen über Hüften und Schenkel und fühlte sich, als stecke sie in einem fremden Körper. Das Oberteil hatte dünne, glatte, hauchzarte Riemchenträger, die zu denen der Maske passten; ein unaufdringlicher V-Ausschnitt betonte ihre vollen Brüste perfekt, ohne, dass sie sich entblößt fühlen musste. Die langen Schlitze an den Seiten gingen nicht höher als ihre Schulröcke, doch das Gefühl des Satin umfassten Stoffes, der ihre Beine umspielte, trug dazu bei, dass sie sich unglaublich sexy fühlte. Doch das Beste an dem Kleid waren die zwei langen, schimmernden Stoffbahnen, die von ihren Schultern über ihren Rücken hinab fielen. Sie waren mit ihren inneren Säumen an dem tiefen Rückenausschnitt ihres Kleides befestigt. Wenn sie die Zipfel griff und die Arme ein wenig abspreizte, dann verwandelten sich die glänzenden Bahnen in lange Libellen-Flügel, die bis zu ihren Knien reichten.
Hermine strich mit der Hand über ihren nervösen Magen, nahm einen tiefen Atemzug und band sich die Maske um den Kopf. Sie hatte ihre Haare verzaubert, so dass sie in einem eleganten, aber einfachen französischen Zopf lagen und ihren Nacken zeigten (eines ihrer liebsten Merkmale), wo die langen Bänder ihren freien Rücken kitzelten. Als sie aus ihrem Zimmer hinaus auf den Gang trat, dachte sie Los geht's…
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