
von Lady_Selena
Selena nahm an, dass sie irgendwo auftauchen würden, um jemanden zu foltern, zu entführen oder zu töten, doch sie hatte sich scheinbar geirrt. Sie war einmal mehr vor Malfoy Manor gelandet. Selena fragte deshalb
“Tom? Hast Du nicht gesagt, Du würdest mich brauchen? Es hatte sich so dringend angehört...
“Ist es auch. Zum Teil. Ich erklär es Dir oben.
Sie gingen in ihr Zimmer und als Selena die sauberen Sessel sah, fiel ihr ein, wo sie die letzten anderthalb Tage gewesen war, entschuldigte sich und ging sich im Schlafzimmer umziehen. Ihr Zorn auf ihren Mann war keinesfalls verflogen, aber dies hatte Zeit...
Erst einmal wollte sie wissen, was er von ihr wollte. Sie ließ sich absichtlich Zeit, sollte er nur warten!
Nachdem sie sich wieder in ihrer gewohnten Manier hergerichtet hatte, kehrte sie ins Vorzimmer zurück und ließ sich in ihrem üblichen Sessel nieder. Fragend blickte sie ihren Mann an und wartete auf seine Anweisungen.
Doch als er schwieg, ergriff sie das Wort zuerst. Auf Parsel fragte sie ihn
“Du sagtest, Du bräuchtest mich. Wozu?
“Ich brauche Informationen und Du kannst sie mir besorgen.
“Natürlich. Was? Von wem? fragte sie nüchtern.
“Du warst vor nicht allzu langer Zeit im Ministerium und hast diese Aurorin mit dem Imperiusfluch belegt. Erinnerst Du Dich?
“Ja, ich erinnere mich.
“Ich muss wissen, wie Askaban zur Zeit gesichert ist. Ich glaube, das Ministerium vermutet die Dementoren auf meiner Seite.
“Womit sie nicht ganz unrecht haben, nicht wahr?
“Ja, allerdings. Ich möchte, dass Du sie diesbezüglich befragst. Wenn sie es nicht weiß, lass es sie herausfinden.
Selena erhob sich, nickte und lief zum Schreibtisch.
Dort wollte sie eine Nachricht an die Aurorin schreiben, musste aber feststellen, dass keine rote Tinte zu finden war. Kurzerhand wandte sich ihrem Mann zu und fragte
“Ist der Gefangene noch im Keller?
“Ja, wieso?
“Ach, nur so.
Damit lief sie aus dem Zimmer und stieg die Stufen zum Verließ hinab, in dem sie selbst so lange eingesperrt war. Dort angekommen öffnete sie mit einem Schwung ihres Zauberstabs die Tür und trat in die dunkle, enge Kammer.
Dann ließ sie ihren Stab aufleuchten und schloss die Tür wieder hinter sich. Sie sah die zusammengekauerte, verängstigte Gestalt emotionslos an und sagte
„Streck deinen Arm aus.“ Ollivander gehorchte und sah sie mit großen, trüben Augen an.
Sie beschwor eine kleine Phiole herauf, zückte ihren Dolch und fügte ihm auf seinem Unterarm einen tiefen Schnitt zu. Dann ließ sie das dunkelrote Blut in die Phiole laufen, bis diese randvoll war. Danach verlies den Raum wieder, versiegelte die Tür und machte sich auf den Weg nach oben. An Ollivander dachte sie nicht weiter nach. Sie hatte was sie wollte.
Sie kehrte in ihr Zimmer zurück und Lord Voldemort fragte sofort
“Wo warst Du, Selena?
“Ich hab mir rote Tinte besorgt.
“Bei Ollivander? Du hättest nur etwas sagen müssen...
“Wieso? Er hat mir sehr bereitwillig seine blutrote Tinte gegeben. Lass mich nur schnell schreiben, bevor meine Tinte gerinnt.während sie dies sagte setzte sie sich an den Schreibtisch, nahm Feder und Pergament und kritzelte den Befehl.
Als sie fertig mit dem Schreiben war, öffnete sie das nächste Fenster und pfiff kurz durch die Zähne. Einen Moment später segelte Satan herein und nahm auf der Armlehne, ihres nun leeren Sessels platz. Die rotglühenden Augen Lord Voldemorts fixierten den schwarzen Vogel und er fragte skeptisch
“Hältst Du es für klug, die Nachricht von ihm, einem Raben, überbringen zu lassen?
“Ja, wieso denn nicht? Er überbringt doch immer meine Botschaften. antwortete sie verständnislos, während sie zu ihrem Sessel lief, sich setzte und anfing Satans Gefieder zu streicheln.
“Ich meine nur, dass es möglicherweise Verdacht erregen könnte, wenn ein schwarzer Rabe im Ministerium auftaucht und Briefe überbringt. Andere Magier sind den Anblick von Eulen gewohnt, die für die Postzustellung verantwortlich sind, nicht Raben.
“Da könntest Du allerdings Recht haben, Tom. Weißt Du, ich bin Satan so gewohnt, dass ich mir über so etwas gar keine Gedanken mache. Nicht wahr, mein Kleiner?“ fügte sie in normaler Sprache an ihren Vogel gewandt hinzu. Dieser schaute sie treu aus seinen schwarzen Knopfaugen an und schmiegte seinen Kopf in ihre Hand, um sein Frauchen so aufzufordern mit dem Kraulen fortzufahren, was Selena kurzzeitig unterbrochen hatte.
“Ich werde ihn trotzdem schicken. Ich vertraue Satan seit so langer Zeit und diese Botschaft ist von enormer Wichtigkeit. Nein, ich denke nicht, dass ich solch eine bedeutende Aufgabe einem anderen Boten überlassen werde sagte Selena nach kurzem Schweigen.
Lord Voldemort nickte bedächtig und sagte kalt und drohend
“Wie Du meinst. Aber ich warne Dich. Wenn Deine Sturheit meine Pläne gefährdet, wirst Du bestraft werden. Härter, als alle meine bisherigen Strafen zusammengenommen. Ich dulde keine Aufmüpfigkeit und kein Versagen mehr! Hast Du mich verstanden?
“Ja, Tom. Ich habe Dich verstanden. Du warst so unmissverständlich wie ich es selten bei Dir erlebt habe. Mit diesen Worten erhob sie sich und ließ Satan mit der Botschaft im Schnabel durchs Fenster entschwinden. Einen leise gemurmelten Segen für ihren treuen Gefährten auf den Lippen, der sie bedingungslos liebte, so wie es ihr Mann niemals tun würde.
Selena nahm wieder ihrem Mann gegenüber platz, schlug die Beine übereinander und wartete, ob von ihm irgendeine Reaktion kommen würde. Doch er schaute nur an ihr vorbei und schwieg. Selena dachte kurz daran auf sich aufmerksam zu machen und ihrerseits ein Gespräch zu beginnen, aber sie entschied sich dagegen. Dieses Spiel konnte sie ebenso mitspielen. Sie starrte in den Kamin und versuchte nicht allzu sehr an die vergangenen Tage nachzudenken. Doch immer wieder tauchte Chris’ Bild vor ihrem inneren Auge auf. Ihr bester Freund war tot. Ebenso Igor. Ihr Mentor. Nun war alles, was sie verband und ihr Geheimnis war, heraus. Traurigkeit überfiel sie eiskalt und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte niemanden mehr auf dieser Welt. Dieses gefühllose Monster ihr gegenüber, an das sie den Rest ihres Lebens, durch die Ehe, Schwüre und ihre eigene unerklärliche Liebe gebunden sein würde, hatte es geschafft ihr alles zu nehmen.
Selena versuchte ihre Tränen wegzublinzeln, damit er nicht auch noch die Genugtuung ihrer Trauer bekommen konnte. Allerdings vergeblich. Lord Voldemort entging nie etwas. Schon gar nicht wenn es um das Leid anderer ging, welches man bis zum letzten Tropfen auskosten konnte.
Mit einem hämischen Grinsen im Gesicht beobachtete er sie, sprach aber immer noch kein Wort. Selena, die dieses Gebaren nicht länger ertragen konnte, erhob sich und verließ ungeachtet seiner Proteste das Zimmer. Sie wusste, dies würde sie ihm noch büßen müssen aber im Moment wollte sie einfach nur allein sein. Bei sich zu Hause wäre sie jetzt gewiss in der Waffenkammer verschwunden und hätte sich verausgabt, bis sie nicht mehr hätte denken müssen. Aber hier?
Sie lief zur Treppe und begann die Stufen hinab zu steigen. Auf halber Treppe passierte es. Sie verlor den Boden unter den Füßen und wurde ein paar Meter empor gehoben, bis sie wehr- und hilflos unter der Decke schwebte. Hektisch suchte sie die Eingangshalle mit Blicken ab um die Quelle dieses Phänomens auszumachen. Schnell wurde sie fündig: Am oberen Treppenabsatz, lässig ans Geländer gelehnt, den Zauberstab etwas lustlos auf sie gerichtet, stand ihr Göttergatte und blickte neugierig zu ihr herauf. Selena vernahm seine leise Stimme, wenngleich er seine Lippen nicht bewegte.
“Ich hoffe Du lernst bald Gehorsam, Weib. Ich werde Deiner langsam überdrüssig. Sonst komme ich vielleicht noch auf die Idee, Dich zu beseitigen, weil ich keine Verwendung mehr für Dich habe. Jetzt komm, leiste mir Gesellschaft und unterhalte mich! Ich dulde keine Widerworte und Frechheiten von Dir!
Dann ließ er ruckartig seinen Zauberstab sinken und Selena landete mehr als unsanft von ihrer schwebenden Position auf der Treppe unter ihr.
“Komm! hörte sie die eiskalte Stimme über sich befehlen und rappelte sich mit schmerzenden Gliedern mühsam empor. Sie folgte ihrem Gatten in ihr gemeinsames Zimmer und gab, wie befohlen, ihr Bestes, ihn zu unterhalten. Heute hatte sie genug von ihm, doch auch genug von seinen ungerechtfertigten Strafen.
Sie sehnte eine Zeit herbei, in der sie in seinem Auftrag unterwegs sein konnte und so wenigstens etwas Ruhe vor seinen Grausamkeiten hätte.
Doch es vergingen einige Tage ehe Satan zurückkehrte.
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