
von Lady_Selena
Sie spülte sich den Mund mit klarem Wasser aus, stützte ihre Hände auf den Waschbeckenrand und blickte in den Spiegel. Ihr Gesicht wirkte ganz normal, ein wenig blasser als sonst vielleicht, aber doch normal. Sie hatte auch nicht das Gefühl krank zu sein. Mit ihrem Handrücken befühlte sie ihre Stirn. Nicht heiß, kein Fieber.
Und dann noch dieses merkwürdige Glitzern in ihren Augen. Ihre Augen wirkten glücklich, lebendig, obwohl sie alles andere fühlte, als das.
Plötzlich klopfte es an die hölzerne Badezimmertür, die sich gleich danach öffnete.
Im Türrahmen stand ihr Mann, der sie von oben bis unten musterte, dann fragte er kalt
>>Was ist los mit Dir, Selena?<<
>>Keine Ahnung, Tom. Mir ist einfach nur furchtbar schlecht.<<
>>Gestern Kopfschmerzen, heut ist Dir übel. Jeden Tag ein neues Wehwehchen. Deine gesundheitliche Konstitution macht mich nachdenklich…<<
Selena schluckte nach diesem Kommentar. Ihr war immer noch übel. Der Geruch von frischgebackenen Brötchen, zog wie eine Wolke in das Badezimmer. Selena kam es sofort wieder hoch. Aus zusammengebissenen Zähnen presste sie hervor
>>Lass mich bitte kurz allein, Tom.<<
Zum Glück fragte er nicht weiter nach und verließ das Bad. Kaum hatte sich die Tür geschlossen, hing Selena auch schon wieder über der Toilettenschüssel und spuckte.
Nachdem sie sich erneut den Mund ausgespült hatte, im Versuch den bitteren Geschmack auf der Zunge loszuwerden, wurde ihr klar, was mit ihr nicht stimmte.
Langsam formte sich ein Gedanke in ihrem Geist, der schnell Gewissheit wurde.
Sie war schwanger.
Eiskalte Schauer liefen ihr über den Rücken. Was, wenn…? –Nein, den Gedanken an ihre letzte Schwangerschaft und deren Ausgang, verdrängte sie schnell wieder. Sollte sie es ihrem Mann sagen? Jetzt? Später?
Unbewusst legte sie ihre Hand auf ihren flachen Bauch. Nichts war dort zu spüren, doch sie wusste genau, dass da etwas war. Etwas, das es verdiente beschützt zu werden.
Sie war schwanger.
Und diesmal würde sie dafür sorgen, dass das Kind das Licht der Welt auch erblickte. Koste es was es wolle.
Ein grausames Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie dem leeren Raum mitteilte
>>Ich bin schwanger!<<
Allmählich flaute ihre Übelkeit etwas ab und sie beschloss, sich erst einmal anzuziehen. Noch schnürte sie ihr Mieder so eng, wie sie es gewohnt war. Bald würde sie das nicht mehr können, dachte sie glücklich.
Ihr ging es merklich besser, jetzt konnte sie auch die verschiedenen Düfte, die in der Luft lagen, besser vertragen.
Freudestrahlend begab sie sich ins Frühstückszimmer und setzte sich ihrem Gatten gegenüber, der bereits fertig zu sein schien. Er hatte nur noch seine Tasse Tee vor sich stehen.
>>Du hast auf Dich warten lassen, Selena…<< begann er zu sprechen, nachdem sie Platz genommen hatte.
Selena atmete tief durch, nahm einen kleinen Schluck ihres Kaffees, den Bruno ihr eingegossen hatte und beschloss, ihm die Wahrheit zu sagen.
>>Ja, Tom. Es tut mir auch leid. Ich habe über Deine Worte, bezüglich meiner Gesundheit nach gedacht. Ich bin nicht krank, Tom. Ich bin höchstwahrscheinlich schwanger.<<
Er schwieg einen Moment, keine Gefühlsregung war zu erkennen. Selena wurde einmal mehr nervös.
>>Bist Du Dir dessen Gewiss?<<
>>Ja, Tom. Ich bin mir sicher.<<
Sein Nacken versteifte sich sichtbar. Die Muskeln traten hervor und konzentriert sah er ihr in die Augen. Sie wusste genau, was er in ihrem Geist zu finden hoffte. Einen Hinweis, ob sie ihn betrogen hatte, in seiner Abwesenheit. Mit ruhigem Gewissen ließ sie ihn gewähren, sie hatte sich nichts vorzuwerfen.
Nach einigen Minuten zog er sich wieder aus ihrem Geist zurück. Dann lächelte er sie kaum merklich an
>>Ich sehe keine Schuld in Deinem Herzen. Scheinbar ist es Dir tatsächlich gelungen, meinen Erben zu empfangen. Ich weiß, dass ihr Frauenzimmer, die Erfüllung nur in Kindern finden könnt, deshalb werde ich Sorge tragen, dass Du es auch bekommst, Selena. Dies ist ein Versprechen Lord Voldemorts.<<
>>Ich liebe Dich, Tom.<<
Er sah sie an, mit undefinierbarem Gesichtsausdruck. Was er wirklich dachte, konnte Selena nicht erahnen. Wenigstens klang sein Versprechen so, als würde versuchen, sein Temperament zu zügeln.
Selena widmete sich nun endgültig ihrem Frühstück, auch wenn sie kaum einen Bissen herunterbekam.
Nach dem Frühstück wollte ihr Gatte ein wenig in ihrer Bibliothek stöbern und Selena begleitete ihn.
Er suchte gewiss nach dem Dieb, doch leider wurde er nicht fündig. Selena las unterdessen in einem alten Grimoire. Viel Wissen gab es ihr allerdings nicht. Dämonen interessierten sie nicht besonders, sie glaubte mehr in ihre eigene Macht.
Irgendwann am späten Vormittag löste sie sich von ihrer Lektüre und fragte ihren Mann, das, was ihr auf der Seele brannte
>>Sag mal, Tom, freust Du Dich eigentlich?<<
Verwirrt schaute er sie an
>>Worüber?<<
>>Na über unser Kind?<<
>>Wieso sollte ich mich darüber freuen?<<
>>Einfach so. Ich freu mich doch auch…<<
Einen Moment dachte er über ihre Worte nach und sagte dann
>>Ich freue mich darüber, dass meine Mühen doch nicht vergebens waren, aber über einen Erben, den ich, der ich unsterblich bin, nicht brauche, da sehe ich keine besondere Veranlassung zur Freude. Es genügt mir zu wissen, dass Du glücklich bist.<<
Selena nickte kurz und widmete sich wieder ihrem Buch. Was hatte sie erwartet? Das er vor Freude Luftsprünge machte? Ihr womöglich sagte, dass er sie liebte?
Schweigend schüttelte sie mit dem Kopf, um sich selbst ihre unausgesprochenen Fragen zu beantworten. So etwas würde sie nie hören, nicht von ihm, nicht vom Dunklen Lord. Niemals. Damit musste sie sich abfinden.
>>Tom?<<
Er drehte sich zu ihr um und schaute von dem Buch auf, dass er gerade in der Hand hielt
>>Ja?<<
>>Wie lange gedenkst Du eigentlich noch hierzubleiben, in Deutschland?<<
>>Willst Du zurück?<<
>>Nein, Tom. Vorerst nicht, deshalb frag ich ja. Was würdest Du von einer kleinen… Auszeit, so etwas wie einem Urlaub halten?<<
>>Klingt verlockend, Selena. Allerdings kann ich mir das nicht allzu lange leisten.<<
>>Das ist mir bewusst, Tom. Bleiben wir also noch ein paar Tage?<<
>>Eine Woche, nicht länger.<<
>>Danke, Tom.<<
Dann wies sie Bruno an, das Mittagsmahl auf der Terrasse zu servieren. Dort genoss Selena den schönen Sommertag, während ihr Gatte mürrisch dreinschaute. Er schätzte Sonne offensichtlich nicht besonders.
Die Woche verging für Selenas Geschmack viel zu schnell und auch zu ruhig. Sie unternahmen, zumeist in der Abenddämmerung, ausgedehnte Spaziergänge. Wie am Anfang ihrer gemeinsamen Zeit, dachte Selena glücklich.
Doch irgendwie vermisste sie auch Britannien. Dort hatten sie mehr Macht, dort konnte sie im Prinzip machen, was sie wollte und bedauerlicherweise ließ sich ihr Gatte auch nicht dazu hinreißen, irgendwelche Gewalttaten zu begehen.
>>Du hattest doch schon genug Unheil angerichtet, während meiner Abwesenheit, oder irre ich mich da. Die Geschichte mit der Post sieht sehr nach Deiner Handschrift aus.<v sagte er eines Abends, nachdem er sich die Titelseiten der hiesigen Zeitungen angesehen hatte.
Schmunzelnd antwortete sie
>>Wie kommst Du denn darauf?<<
>>Du brauchst nicht zu lügen. Was ist passiert?<< zerschnitten seine Worte förmlich die Luft, wie ein eisiger Windhauch.
>>Was passiert ist? Ich war auf der Eulenpost, Satan war noch nicht zurückgekehrt. Der Postbeamte hat sich geweigert den Brief zu befördern, den ich Dir senden wollte. Er verlangte den vollständigen Namen des Empfängers. Hätte ich in so öffentlich darauf schreiben sollen? –gewiss nicht. Dann ist er frech geworden. Dafür musste er sterben. Mich beleidigt man nicht.<<
Ein sanftes Lächeln umspielte seine Lippen.
>>Du solltest lernen, Dein Temperament zu zügeln. Meinst Du nicht, diese Reaktion, war ein klein wenig… übertrieben?<<
Entgeistert starrte sie ihren Mann, den Dunklen Lord an. Hatte der Meister der Zerstörung jetzt tatsächlich gesagt, ihre Tat sei übertrieben?
>>Nein, das denke ich eigentlich nicht, Tom. Ich finde meine Reaktion vollkommen gerechtfertigt. Abgesehen davon, werde ich gewiss nicht verdächtigt. Alle Hinweise, die die Auroren bisher haben, verlaufen im Sande. Steht zumindest so in den Berichten und die hiesige Presse unterliegt kaum einer Zensur, weshalb ich annehme, dass es stimmt.<<
>>Das möchte ich auch für Dich hoffen. Nun denn, wir sind ohnehin nicht mehr lange hier. Ich schlage vor, wir brechen im Morgengrauen auf.<<
>>Natürlich, Tom.<<
Für einen Sonntag, Ende August, war die Abreise geplant. Alles war soweit vorbereitet: die Koffer gepackt, Bruno aufgetragen, allen eventuellen Gästen über den Verbleib der Herrin keinerlei Auskunft zu geben, außer der, dass sie auf Reisen sei und er nicht wisse, wann sie gedenkt zurückzukehren.
Es war noch Dunkel, als Selena viel zu früh ihr Bett verlassen musste. Ihr Körper schien auch noch nicht ganz wach zu sein, da auch von ihrer morgendlichen Übelkeit keine Spur war. Das würde noch kommen, war sie sich sicher. Sie freute sich auf den Tag, an dem das alles vorbei sein würde.
Doch sie sagte sich einmal mehr, schwanger sein ist keine Krankheit, zog ihr neues Kleid an, in der Hoffnung, dass es ihrem Gatten gefiel und verließ das Haus. Sie konnte noch die Sterne am Firmament erkennen, wenngleich am Horizont bereits ein blassrosa Streifen zu sehen war.
Müde ließ sich Satan, nach ihrem Pfiff, vom Dach aus zu ihr heruntersegeln und landete auf Selenas Arm. Nachdem er sicher saß, apparierte sie gemeinsam mit ihrem Mann zurück nach Großbritannien, direkt vor das Tor von Malfoy Manor.
Dort angekommen flatterte sofort Satan empört davon, er hasste das Apparieren. Dann zog der Dunkle Lord seinen Zauberstab, richtete ihn auf das Tor und murmelte etwas. Gedämpftes, blaues Licht verließ die Zauberstabspitze, doch auf Selenas fragenden Blick hin, führte er nur seinen Zeigefinger an die Lippen, um ihr Schweigen zu gebieten.
Selena verstand diesen Wink zwar nicht, gehorchte aber dennoch.
Das Tor öffnete sich, wie von Geisterhand gezogen. Lord Voldemort wies Selena mit einem Kopfnicken an, ihm in Richtung Haus zu folgen.
Selena fand es merkwürdig, sich anzuschleichen, wie zwei Einbrecher, aber eigentlich wunderte sie sich bei ihrem Mann über nichts mehr.
Die Sonne brach eben über den Horizont und verbreitete ihr goldenes Licht über der Welt.
Mit der gleichen Methode, die er schon beim Eingangstor angewandt hatte, öffnete der Dunkle Lord die Eingangstür des Herrenhauses und betrat gleich danach die Eingangshalle.
Selena folgte ihm auf den Fuß, dann vernahmen beide einen spitzen Schrei, Gepolter aus den oberen Räumen und plötzlich wurde die Eingangshalle von Licht durchflutet, welches die Kerzen des Kronleuchters verströmten.
Am oberen Treppenabsatz konnte Selena den Hausherren Lucius stehen sehen, mit einem smaragdgrünen Morgenmantel und Hausschuhen bekleidet, daneben Bellatrix in einem Weinroten Bademantel, mit einer Kordel verknotet. Sie sahen feindselig, mit erhobenen Zauberstäben nach unten, doch durch die wirren, ungekämmten Haare wirkten diese Grimassen eher komisch, als furchteinflößend. Selena konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, doch verstummte sofort beim strengen Blick, den ihr Gatte ihr zuwarf.
>>Sehr schön. Lucius, Bella, ihr seid also wach. Ich sehe euch in fünf Minuten in angemessener Kleidung im Salon.<<
Mit diesen Worten schritt der Dunkle Lord aus, um in den Salon zu gelangen, dicht gefolgt von Selena, die noch einen Blick über die Schulter zurück warf. Bellatrix schaute drein, als wäre sie soeben geohrfeigt wurden. Doch dann verschwanden die beiden Todesser auch sofort in ihre Gemächer.
Exakt fünf Minuten später standen die beiden in der Türschwelle des Salons und näherten sich auf Knien dem Dunklen Lord, um ihn angemessen zu begrüßen.
Selena genoss dieses Schauspiel immer noch sehr. Diese Demütigung und Zurschaustellung der Macht ihres Gatten.
Nachdem die Todesser sich wieder aufgerichtet hatten, befahl Lord Voldemort mit seiner kalten, hohen Stimme
>>Ruft Severus Snape. Sofort.<<
>>Bei allem Respekt, Mylord.<< begann Bellatrix zögerlich zu sprechen. >>Deshalb habt ihr uns so früh aus den Betten geholt?<<
>>Hüte Deine Zunge, Bella! Ich habe anderes zu tun, als auf Deine Schlafgewohnheiten Rücksicht zu nehmen.<< zischte der Dunkle Lord gefährlich leise.
>>Vergebt mir, Mylord.<<
Unterdessen hatte Lucius seinen linken Ärmel aufgekrempelt und sein Dunkles Mal berührt. Einige bange Minuten vergingen, dann läutete die Türglocke und der blonde Todesser eilte aus dem Raum um die Tür zu öffnen. Bella war sichtlich nervös. Unruhig trat sie von einem Bein auf das andere.
Schließlich kamen der Hausherr und sein Gast in den Salon. Unterwürfig begrüßte auch Severus seinen Gebieter. Selena saß einfach lächelnd daneben.
>>Ihr habt mich rufen lassen, Mylord?<<
>>Ja, Severus. Wie schreitet Deine Lehrersuche voran?<<
>>Schlecht, sehr schlecht. Niemand möchte die Posten übernehmen.<<
>>Das habe ich mir schon gedacht. Was hältst Du von den Carrows?<<
Angewidert verzog Severus kurz das Gesicht.
>>Alecto und Amicus? Ich weiß nicht. Einige der Schüler haben vergangenes Schuljahr gegen die beiden gekämpft, wie Ihr wisst. Haltet Ihr es für klug, die Schüler mit den beiden zu konfrontieren?<<
Ein grausames Lächeln und ein boshaftes Glitzern der Augen, traten auf Lord Voldemorts Gesicht, als er eiskalt sagte
>>Ja. Diese Possen müssen den kleinen Biestern ausgetrieben werden.<<
>>Sehr wohl, Mylord.<< antwortete Severus mit einer leichten Verbeugung >>Wenn dies Euer Wunsch ist, Mylord und ich keine weiteren Kandidaten finde, werde ich sie einstellen.<<
>>Danke Severus. Du darfst dann gehen.<<
Danach befahl er die Carrows zu bestellen
Die beiden Geschwister, Alecto und Amycus Carrow, waren Selena vom ersten Moment an unsympathisch. Beide wirkten sie plump und ungepflegt.
Sie freuten sich diebisch, über die Aussicht, Lehrer zu werden, Alecto gackerte die ganze Zeit unerträglich vor sich hin.
Dann verabschiedeten sie sich schließlich und Selena war ungemein erleichtert, da ihr Körper allmählich wach wurde und sie schleunigst das Badezimmer aufsuchen musste.
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