
von Lady_Selena
Das Fieber blieb, schlimme Alpträume und Visionen quälten Selena. Sie durchschwamm Meere von Blut, in denen totgeborene Babys trieben, ohne Ziel. Nur mit dem Gefühl, dem ganzen Entrinnen zu müssen, kämpfte sie sich durch das viele Blut, dass langsam auf ihrer Haut gerann. Wenn sie jemals an Land kam, gab es überhaupt Land?- Selena konnte am Horizont keines entdecken, so würde sie mit einer dicken Blutkruste daraus hervortreten. Über ihr, am dunklen Himmel kreisten Aasgeier und schwarze Krähen, die hier und da und immer in ihrer Nähe Fleisch aus den leblosen, entstellten Körpern um sie herum pickten und fraßen.
Ein anderer Traum, eine andere Zeit. Sie lief durch einen düsteren Wald. Nackt. Warum sie keiner Kleider trug war ihr nicht ganz klar, aber da ohnehin niemand da war, der sie sehen könnte, störte es sie nicht. Plötzlich hörte sie ein Wimmern, dass von den Bäumen widerhallte. Zögerlich folgte sie dem Geräusch und stieß auf den Eingang einer dunklen Höhle. Ohne recht darüber nachgedacht zu haben, tastete sie ihren Körper nach ihrem Zauberstab ab. Panik stieg in ihr auf, als sie feststellte keinen dabei zu haben. Dann nahm sie einen flackernden Lichtschimmer aus dem Innern der Höhle wahr und beschloss diese zu betreten.
Ein Bild des Grauens bot sich ihr. Entsetzlich verstümmelte Kretins und hässliche Missgeburten starrten ihr aus großen, toten Augen entgegen. Grausame Wandgemälde, von der Farbe getrockneten Bluts erkannte sie im orangeroten Licht des Feuers in der Mitte. Wie angewurzelt, stand Selena am Eingang, wollte fliehen, doch ihre Beine verweigerten den Befehl.
Plötzlich stolperte eines der besonders hässlichen Exemplare, mit einem plattgedrückten Kopf auf sie zu und rief:
>>Mama!<<
Selena starrt es angewidert an, wie es mit ausgestreckten Armen immer näher auf sie zu kam. Es war nackt, dreckverschmiert und obgleich es bereits lief, hatte es immer noch eine Nabelschnur, die die Nachgeburt hielt.
>>W…w…wer seid ihr?<< fragte Selena in Todesangst.
>>Aber Mama,<< antwortete das kleine Geschöpf, dass nun begann sie mit der Nabelschnur einzuwickeln >>erkennst Du uns nicht? Wir sind Deine Kinder. Die, die Du nie haben wolltest.<<
>>Nein! D…das kann nicht… nein!... das ist nicht wahr…n…<<
Die Nabelschnur zog sich immer fester um sie herum und schnürte ihr nach und nach die Luft ab, wie eine Python, mit erstaunlicher Kraft.
Dann wachte sie, gebadet in kaltem Schweiß auf und rang nach Luft.
Aus glasigen Augen starrte sie Narzissa an, die neben ihr wachte. Die blonde Hexe nahm einen feuchten Lappen und wischte Selena über die Stirn, die bei der Berührung sofort wieder in unruhigem Schlaf versank.
Die erschöpfte Narzissa seufzte auf und fragte sich zum wiederholten Male, ob sie einen Heiler rufen oder was sie sonst für Selena tun könnte. Immer wieder murmelte die Kranke unverständliche Worte. Schüttelte sich im Fieber, riss panisch den Kopf hin und her.
Einmal mehr hob die blonde Hexe die Bettdecke, auf der Suche nach verräterischen Blutspuren, die bedeuten würden, dass ihre Herrin, erneut ein Kind verloren hatte. Aber alles blieb Blütenweiß, wenngleich etwas feucht von ihrem Schweiß.
Sie wollte nicht länger tatenlos zusehen, wie sich Selena quälte und so durchsuchte Narzissa ihre Bibliothek nach einem Buch über Heilkräuter. Einen vernünftigen Heiltrank anzuwenden, wie es die Heiler in St.Mungos tun würden, wagte sie sich nicht, aus Angst um das ungeborene Kind.
Mit ihren neugewonnenen Informationen machte sie einen Aufguss aus allen fiebersenkenden Mitteln, die sie finden konnte. Der Sud aus Eschen- und Pfefferminzblättern, Weidenrinde, Apfelschalen und Thymian stank widerwärtig und schmeckte bestimmt nicht besser. Sie süßte es ein wenig mit Honig, was wahrscheinlich den Geschmack noch schlimmer machte.
Sie wusste aus langjähriger Erfahrung, dass Flüssigkeitszufuhr bei Fieber äußerst wichtig war und so bekam Selena literweise diesen Gesundheitstee, ob sie wollte oder nicht. Mal heiß, lauwarm oder kalt.
Nach zwei Tagen dieser radikalen Therapie, besserte sich Selena Zustand schon wieder merklich. Sie hörte auf zu Halluzinieren, ihr Schüttelfrost verschwand und das Fieber senkte sich. Dennoch war sie noch zu schwach, um sich auf den Beinen zu halten und so kam es, dass Narzissa sie mit frischem Obst und Gemüse versorgte.
Als Selena wieder halbwegs genesen war, sprach sie mit ihrer Pflegerin
>>Danke Zissy. Danke für alles.<<
>>Nicht der Rede wert, Mylady. Ihr hättet das gleiche für mich auch getan.<<
Genaugenommen, nicht, schoss es Selena durch den Kopf, sie sagte aber
>>Hör bitte auf, mich Mylady zu nennen, Zissy. Ich bin Selena.<<
Die Angesprochen wurde kreidebleich und schüttelte langsam den Kopf.
>>Nein. Ich könnte das nicht, Mylady. Danke für das Angebot, aber ich muss leider ablehnen. Ich würde es nicht wagen, anders als Respektvoll, mit Euch, der Frau des Dunklen Lords umzugehen. Niemals.<<
Insgeheim hocherfreut über diese Worte von Ehrfurcht, die ihr einmal mehr zeigten, dass sie niemals wieder normale Freunde haben würde, antwortete Selena
>>Wenn dies Dein Wunsch ist. Doch sag mir, war der Dunkle Lord in meiner Krankheit hier, um sich nach meinem Befinden zu erkundigen?<<
Ein mitfühlender Ausdruck trat in Narzissas Augen, die als Antwort eigentlich genügten.
>>Nein, ich bedaure Euch mitteilen zu müssen, dass er dieses Zimmer seit Beginn Eurer Erkrankung nicht betreten hat. Vor wenigen Tagen hat er das Haus verlassen und ist seitdem auch noch nicht zurückgekehrt. Er meinte er ginge auf Reisen.<<
Stumme Tränen rannen über Selenas Gesicht, die auf ihren aufgesprungenen Lippen brannten. Ihre Pflegerin tupfte sie geflissentlich ab.
Eine weitere Woche verging, in der Narzissa der Schwangeren strikte Bettruhe verordnete, bis diese es nicht mehr aushielt. Sie war zwar noch schwach, aber gesund und das Wichtigste: Sie trug noch immer ihr ungeborenes Kind unter dem Herzen.
Sie begab sich im Morgengrauen aus dem Bett und ließ sich gleich wieder fallen, da ihr schwindlig war. Seit ihrer Genesung verbrachte Narzissa nicht mehr jede Nacht wachend an ihrem Bett, deshalb war sie allein.
Als sich ihr Kreislauf wieder stabilisiert hatte, ging sie ins Badezimmer und schaute sich im Spiegel an. Ihr Fazit: Sie sah schrecklich aus. Blass, eingefallen, mit tiefen Ringen unter den Augen starrte sie sich entgegen. Die Narbe auf ihrer Wange zeichnete sich noch deutlicher als sonst von der Haut ab und ihre aufgesprungenen Lippen taten ihr Übriges. Selena riss sich von ihrem traurigen Anblick los und beschloss ihre Lebensgeister mit einem heißen Bad zu wecken.
Nach einer halben Stunde verließ sie das heiße Wasser und beim Abtrocknen war sie froh, dass der heiße Dampf den Spiegel beschlagen hatte.
Sie verließ das Badezimmer wieder, nur ein Handtuch um die schlanke Gestalt geschlungen, und stieß beim Betreten ihres Zimmers fast mit ihrem Gatten zusammen, der gerade von seinen Reisen zurückgekehrt schien.
>>Ah… Dir geht es wieder besser. Sehr schön. Ich benötige Deine Hilfe bei einer wichtigen Angelegenheit.<<
>>Schön, dass Du Dich freust, dass ich wieder gesund bin. Vielen Dank übrigens dafür, wie Du Dich um mich gekümmert hast. Das war zu gütig und hat mir sehr geholfen.<< entgegnete Selena sarkastisch. Seine Augen blitzen bedrohlich und er antwortete eiskalt
>>Verzeih, dass ich der Pflege kranker oder verletzter Mitmenschen noch nie viel abgewinnen konnte. Dafür hat man Diener.<<
Selena schwieg. Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Nachdem einige ungemütliche Augenblicke verstrichen waren, brach sie das unangenehme Schweigen
>>Wo warst Du, während ich krank war?<<
>>Ich bin dem Haus entflohen, könnte man sagen. Das ganze Anwesen atmete den Gestank von Tod, Zerfall und Verwesung aus. Mehr als ich ertragen konnte. Ich hatte ohnehin wichtige Dinge zu erledigen.<<
Selena schluckte diesen Kommentar hinunter. Diesen Brocken musste sie erst einmal verdauen. Die Frage was er getrieben hatte, würde der Dunkle Lord sowieso unbeantwortet lassen und deshalb stellte Selena sie gar nicht erst.
Dann durchbrach er mit seiner leisen Stimme die Stille.
>>Ich brauche Deine Hilfe. Ich habe einen Plan, der schleunigst ausgeführt werden muss. Heute.<<
>>Tom? Ich hab heute das erste Mal das Bett wieder verlassen und bin noch sehr schwach. Brauchst Du unbedingt mich und falls ja, können wir damit nicht noch ein paar Tage warten, bis ich wieder zu Kräften gekommen bin?<<
>>Nein. Der Plan duldet keinen Aufschub. Ich habe schon zu lange gewartet. Wenn es nicht gar schon zu spät ist. Abgesehen davon, siehst Du aus wie das blühende Leben.<<
Er sagte dies mit einer solchen Überzeugung, dass sich Selena wirklich fragte, ob es stimmte, was er da sagte. Sie musterte ihn kurz und meinte, wenn er sein Schönheitsideal verkörperte, musste ihm ihre unnatürliche Blässe ja gefallen. Ein nicht gerade beruhigender Gedanke.
Sie atmete einmal tief durch und fügte sich dem Unvermeidlichen
>>Nun gut, Tom. Was hast Du vor?<<
>>Erst einmal zeihst Du Dir etwas an. Danach erkläre ich Dir den Rest.<<
Gehorsam verließ Selena das Zimmer und machte sich zurecht. Nachdem sie fertig war, kehrte sie zurück, doch fand den Raum verlassen vor. Erst im Speisezimmer traf sie wieder auf den Dunklen Lord, der bei einem herrlichen Frühstück saß. Sie gesellte sich zu ihm und erfreute sich an der ersten anständigen Mahlzeit seit langem. Auf ihren gewohnten morgendlichen Kaffee verzichtete sie jedoch, aus Angst um ihr Kind.
Nachdem das Frühstück beendet war, fragte sie, da Lord Voldemort keine Anstalten machte, das Gespräch von vorhin fortzusetzen
>>Nun gut, Tom. Was ist Dein Plan?<<
>>Auch wenn es Dir vielleicht missfällt. Ich habe vor, Harry Potter in eine Falle zu locken. Da er seit kurzem volljährig ist, steht ihm frei zu tun und lassen, was er will. Ich nehme an, er wird in Kürze das Haus seiner Eltern besuchen wollen. Dort, in Godrics Hollow, wo ich einst fast erfahren hätte, wie es ist zu sterben, werde ich ihn erwarten. Oder eigentlich wird meine liebe Nagini auf ihn warten.<<
Mit einiger Mühe gelang es Selena nicht die Augen zu verdrehen. Sie nickte nur stumm und ließ sich die weitere Vorgehensweise erklären.
Zwei Stunden später machten sie sich, Lord Voldemort mit Nagini auf den Schultern, auf den Weg. Unter Desillusionierungszaubern verließen sie das Herrenhaus und apparierten vor seinen Toren nach Godrics Hollow.
Sie kamen auf einem kleinen quadratischen Platz an, dessen Zentrum ein Kriegerdenkmal in Form eines Obelisken zierte. Lebhaftes Treiben ging von den Geschäften aus, die den Platz säumten. Selena hatte nicht wenig Lust, wenigstens ein paar der wertlosen Muggel zu töten oder zumindest ein bisschen zu quälen. Doch sie hielt sich zurück.
Neben ihr flüsterte ihr Mann auf Parsel. Doch die Stimme entfernte sich. Selena beeilte sich ihm zu folgen.
Aus dem Augenwinkel, nahm sie rechts von sich eine Bewegung war, die sie veranlasste sich umzudrehen. Erschüttert starrte sie in lächelnde Gesichter und näherte sich dem Denkmal, dass sich sicherlich wegen ihnen verändert hatte, bis auf wenige Schritte, während sie auf Parsel ihren Mann zurückrief.
>>Schau Dir das an, Tom! Diese Frechheit! Vor allem die Inschrift: Gewidmet James und Lily Potter, die beim Kampf gegen Sie-wissen-schon-wen, ihr Leben lassen mussten sowie ihrem Sohn Harry, der als Kleinkind den Unnennbaren besiegte, zu einem schrecklich hohen Preis, seiner Familie.<< Sarkasmus und Wut ließen sich nicht aus ihrer Stimme verdrängen.
Lord Voldemort gluckste. Selena schaute mit fragendem Blick instinktiv in die Richtung, aus der das merkwürdige Geräusch drang. Doch sie sah nur leere Luft vor sich.
>>Kampf…besiegte…zu köstlich. Die Potters haben weder gekämpft, noch wurde ich besiegt oder gar vernichtet, wie es so lange geglaubt wurde. Bei Gelegenheit, erzähle ich Dir vielleicht einmal, was sich damals WIRKLICH zugetragen hat.<<
Selena musste nun selbst Kichern. Es stimmte. Diese Inschrift gab keinesfalls die Fakten wieder. Bei diesem Gedanken wurde sie dann allerdings zornig. Sie zog ihren Schlangenzauberstab und richtete ihn auf die Statue. Dann begann sie einen Fluch zu murmeln, der dieses Wunschbild zerstören sollte. Allerdings hatte sie kaum zwei Silben gesprochen, als schraubstockfest nach ihrem Handgelenk gegriffen wurde und ihr Mann sie dazu zwang, den Zauberstab sinken zu lassen. Wie er sie so zielgerichtet erwischte, war ihr und würde wohl auch immer ein Rätsel bleiben. Er war wirklich ein beeindruckend mächtiger Zauberer. Bedrohlich zischte er, ganz nah an ihrem Ohr
>>Untersteh Dich! Alles muss so bleiben, wie es ist. Er darf keinerlei Verdacht schöpfen, sonst ist mein Plan ernsthaft gefährdet und Du des Todes! Ich warne Dich! Wenn auch nur eine Spur von Dir hier entdeckt wird, töte ich Dich!<<
Selena wusste genau, dass dies keine leere Drohung war. Sie zwang sich dazu, eine Entschuldigung zu murmeln und steckte, nachdem er ihre Hand losgelassen hatte, den Zauberstab zurück in ihren leichten Umhang.
Dann führte er sie, geleitet von seiner Stimme an einer Ruine vorbei, die sicherlich einst das Haus der Potters war, bis vor ein Haus, wie es unzählige in diesem Ort zu geben schien.
Scheinbar wusste ihr Gatte aber ganz genau, was er genau vor beziehungsweise in ausgerechnet diesem Haus wollte.
Plötzlich ertönte ein Klicken, das klang wie das Zurückschnippen des Türriegels und Selena nahm an, dass ihr Gatte zerstörungsfrei und ungesagt das Schloss geöffnet hatte. Beinahe lautlos betraten sie das Haus und Selena zischte ihrem Gatten auf Parsel zu
>>und Du hast gemeint, Malfoy Manor roch nach Tod und Verwesung. Wie nennst Du dann das hier?<<
>>Widerlich.<< antwortete er trocken. Selena kicherte. Der undefinierbare Gestank von Alter und Krankheit hing dick in der Luft. Sie meinte, hier war schon seit Ewigkeiten nicht mehr gelüftet wurden.
Der Dunkle Lord löste seinen Desillusionierungszauber und Selena tat es ihm gleich. Mit gezückten Zauberstäben stießen sie eine Tür, nach der anderen auf. Die erste war nur eine Abstellkammer, die so von Spinnweben überwuchert war, dass man annehmen konnte, dass der Hausbewohner seit Ewigkeiten nicht mehr saubergemacht hatte.
Bei der zweiten hatten die beiden Schwarzmagier mehr Glück. Sie gelangten direkt in ein Wohnzimmer, auf dem zentimeterdicke Staubschichten lagen. Nagini war unterdessen von den Schultern ihres Herrn geglitten und schaute sich ihrerseits im Haus um. Die dunklen Vorhänge waren zugezogen und ließen kaum Licht in den düsteren Raum. Nur ein einzelner Sonnenstrahl fiel zwischen den Vorhängen hindurch und beleuchtete den aufgewirbelten Staub, der bei jedem Schritt der Magier aus dem Teppich aufstieg.
Überall lagen Bücher herum, die sicherlich noch nie jemand aufgeschlagen hatte.
Auf dem Tisch standen Teller mit Essensresten, die in Kürze sicherlich pelzig sein würden. Ein klammes Gefühl beschlich Selena und sie fragte
>>Tom? Wo sind wir hier?<<
Dieser schaute nicht gleich zu ihr, sondern schien gedanklich in weiter Ferne zu sein. Dann antwortete er
>>Du wirst es gleich erfahren, Selena. Nagini hat sie gefunden.<<
Wer auch immer >sie< war, sie befand sich im Obergeschoss des Hauses, in welches die beiden Schwarzmagier nun eilten. Nagini befand sich in Angriffsposition vor einer Tür, die augenscheinlich ins Schlafzimmer der Gesuchten führte. Die Schlange wich zurück, als sie ihren Meister bemerkte.
Dieser betrat, dicht gefolgt von Selena den kleinen, mit schmutzigen Kleidungsstücken überladenen Raum. Vormittägliches Licht fiel durch die spärlichen Gardinen, die komplett vergilbt waren.
>>Wer ist da?<< sprach die kleine, zusammengesunkene Gestalt vom Bett aus, die versuchte mit ihren milchigen Augen die Eindringlinge zu erkennen.
Galant verbeugte sich der Dunkle Lord vor der altersschwachen Frau und zischte wie ein eisiger Windhauch
>>Lord Voldemort beehrt die große Historikerin Bathilda Bagshot mit seinem Besuch.<<
Man konnte förmlich sehen, wie sich alle Haare an Bathildas Körper aufstellten, doch nach einer kurzen Pause fuhr der Dunkle Lord fort
>>Ich bedaure zutiefst, dass ich keinen Platz in Ihren Werken gefunden habe. Es wäre doch zu ergötzlich gewesen, eine Abhandlung über meine Wenigkeit zu lesen. Für diesen Makel sehe ich nur einen Ausweg…<< er richtete seinen Zauberstab auf die alte Frau.
>>Aber, wie denn, junger Mann? Ich kann kaum mehr etwas sehen. Ich habe immer nur die Zeit bis zum zwanzigsten Jahrhundert untersucht, warum sollte ich jetzt damit anfangen? Ihr seid nicht der erste große schwarze Magier, den ich getroffen habe. Nein, keineswegs. Ihr haltet Euch für unbesiegbar, dass dachten auch andere vor euch, aber keiner war es wirklich. Könnt ihr einer alten Frau, die ihr Leben gelebt hat, nicht etwas Ruhe gönnen?<<
>>Das werde ich… Avada Kedavra!<<
Ihr Mann machte kurzen Prozess. Sie spürte, dass er wütend war, deshalb machte sie sich gleich an die Arbeit. Es musste schnell gehen, solang der Körper noch warm war. Sonst würden sie zu viel riskieren.
Mit einem Schwebezauber brachte Selena die Leiche der alten Frau in eine aufrechte Position und der Dunkle Lord begann kompliziert anmutende Bewegungen mit seinem Zauberstab und murmelte lange Beschwörungen.
Ein helles Licht drang aus Bathildas leblosem Körper und ihr Kopf klappte nach hinten weg. Es wirkte bizarr, so als wenn sie geköpft worden wäre, man allerdings die haut im Nacken unversehrt gelassen hätte.
Aus dem Hals wanden sich zuerst die Innereien hervor. Das Herz zog Arterien und Venen hinter sich her, die sich mit leisen, ploppenden Geräuschen auch aus Fingerspitzen und Zehen lösten. Immer feiner wurde das Aderngeflecht, welches aus Bathildas Hals emporstieg. Die Lungen wurden herausgelöst und nahmen, wie Flügel, ihren Platz neben dem Herzen ein.
Der Verdauungstrakt folgte und neben der schwebenden Leiche bildete sich allmählich ein anatomisch korrektes Modell des Innenlebens einer alten Frau. Selena kam der groteske Gedanke in den Sinn, dass das gar kein Modell war, etwas angewidert sah sie weiter zu, wie sich jeder einzelne Muskel an seinen Platz begab.
Als nächstes drängte sich Bathildas einstiger Schädel aus dem abgetrennten Hals und schwebte unter den strengen Blicken Lord Voldemorts zu der Stelle, in der Luft, wo er hingehörte. Das restliche Skelett folgte und die Wirbelsäule zog Nervenbahnen, die immer feiner wurden, aus jeder erdenklichen Körperregion.
Selena wusste nicht, ob sich Lord Voldemort diesen Aufwand absichtlich machte, oder ob es einfach dazugehörte. Auf jeden Fall verbanden sich die Knochen wieder mit Muskeln und Sehnen, die Nerven und Adern bahnten sich die Wege zurück an ihre Plätze, bis scheinbar zwei Menschen vor ihnen standen: eine Frau, die nur noch aus einer äußeren Hülle bestand und einer Frau, der man die Haut abgezogen hatte.
Er ließ seinen Zauberstab sinken und die Eingeweide stürzten in einem unförmigen Klumpen zu Boden. Dann atmete er tief durch, scheinbar erschöpft. Selena hielt die Hülle immer noch mit ihrem Schwebezauber in der Luft.
>>Jetzt kommt der schwere Teil. Wenngleich ich nicht in Erinnerung hatte, wie anstrengend diese Zauber sind.<< meinte der Dunkle Lord zu Selena, die sofort ungläubig nachfragte
>>Du hast so etwas schon einmal gemacht?<<
>>Nein, nicht direkt. Ich habe einige Tests gemacht. Mit ausgesuchten Opfern.<<
>>Wie geht es weiter?<<
>>Nagini! Komm zu mir. Selena, Du musst jetzt stillhalten.<<
Nagini glitt anmutig über den dicken Teppich und schnüffelte kurz an den Eingeweiden, die darauf lagen. Doch bevor sie einen Happen der appetitlichen Mahlzeit nehmen konnte, ließ der Dunkle Lord sie mit einem Schlenker seines Zauberstabs über die leere Hülle Bathildas schweben. Mit dem Schwanz zuerst lenkte er die Schlange in ihren neuen Körper. Es mutete merkwürdig an, wie der kräftige muskulöse Reptilienkörper die Haut an manchen Stellen bis zum Zerreißen spannte und andere völlig unausgefüllt blieben. Ganz zu schweigen vom Anblick eines Schlangenkopfes auf einem Menschenkörper.
>>Nicht loslassen und auch nicht wackeln, Selena! Das ist wichtig, sonst ist Nagini in ernsthafter Gefahr!<<
Er vollführte noch weitere komplizierte Bewegungen mit seinem Zauberstab, während er in einer Sprache vor sich hinmurmelte, die Selena nicht verstand. Ein blaugrüner Schimmer ging von dem grotesk verzerrten Körper aus, der plötzlich in Bewegung geriet. Die Regionen, die vorher dick und unförmig waren, schrumpften zusammen, die leeren Bereiche füllten sich mit fester Substanz. Unter der Haut schien es zu brodeln, doch dann hörte es plötzlich auf und das blaugrüne Licht erlosch. Vor ihnen stand eine perfekte Bathilda Bagshot.
>>Tom, das ist gruslig.<< Doch er betrachtete nur zufrieden sein Werk und beachtete sie nicht weiter. Stattdessen fragte er auf Parsel und an Nagini gewandt.
>>Es ist vollbracht. Wie fühlst Du Dich?<<
>>Sehr gut, Meister. Ein merkwürdiges Gefühl, Hände zu haben oder so weit obern zu stehen, ohne angreifen zu wollen.<< dann ließ sich Nagini, im Körper Bathildas, auf die Knie nieder und begann sich an den Eingeweiden gütlich zu tun.
Daraufhin verließ ihr Meister, von Selena begleitet das Haus. Sorgsam schloss er die Tür, packte Selena am Arm und disapparierte gemeinsam mit ihr.
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