
von Lady_Selena
Als die Schreie verklungen waren und nur noch ein dunkler Schatten inmitten der Flammen auszumachen war, trat der Dunkle Lord hinter Selena.
Mit leiser Stimme flüsterte er
»Du magst den Anblick von Feuer.«
Es klang wie eine Feststellung und Selena nickte deshalb nur kurz.
»Ich werde nun diejenigen zum Schloss führen, die sich meiner Meinung nach dieses Privileg verdient haben.«
»Ja, tu das.«, sagte Selena abwesend, den Blick immer noch auf die prasselnden Flammen gerichtet.
Die Luft knisterte leise, als es zu schneien begann und immer größere Flocken über dem Feuer schmolzen und schließlich verdampften.
»Ich werde das nicht allein machen. Du kommst mit!«, sein Tonfall war leise und dennoch war die Drohung deutlich herauszuhören. Unsanft packte er sie am Oberarm und zog sie mit sich.
Gemeinsam schritten sie nun langsam die Reihen der Todesser und der anderen geladenen Gäste ab und verabschiedeten jene, die der Dunkle Lord für nicht würdig erklärte.
Selena schwieg die ganze Zeit über und setzte ein geziertes Lächeln auf, da dies offenbar von ihr verlangt und erwartet wurde.
Ihr fiel auf, dass der Dunkle Lord offenbar nur den Innersten Kreis seiner Anhängerschaft auswählte. Viele schickte er weg, die wenigsten blieben zurück.
Jene, die er verabschiedete hatte suchten schleunigst das Weite, verständlich, wie Selena fand. Niemand dieser niederen Todesser und deren Frauen hielten sich gerne in der Nähe des Dunklen Lords auf.
Selena stellte dann aber zufrieden fest, dass sie jeden der maskierten Todesser identifizieren konnte, die bleiben durften. Mittlerweile wurden die Flocken immer dichter und Selena befürchtete, dass ihr Umhang bald gänzlich durchnässt sein würde, wenn sie nicht schnell zurückkehrten.
Wieder näherte sich ihr der Dunkle Lord von hinten und umschlang ihre Taille bis seine Hände auf ihrem leicht gewölbten Bauch lagen. Genauso kalt wie der tosende Wind, blies er ihr in den Nacken und hauchte ihr einen Kuss auf, welcher Selena eine Gänsehaut bescherte.
»Sie sie Dir an, kleine Selena.«, flüsterte er auf Parsel, kaum lauter als der Wind und die knisternden Flammen, die allmählich niederbrannten.
Sie richtete ihren Blick auf die wartende Gruppe von zwölf Personen. Langsam musterte sie jeden einzelnen.
Narzissa Malfoy, die ihre Kapuze aufgesetzt hatte, um ihr Gesicht nicht dem eisigen Wind aussetzen zu müssen und ihren Kopf vor den nassen Flocken zu schützen. Die Hände hatte sie im Saum des Umhangs verkrallt, den sie fest vor ihrem Bauch zusammenhielt.
Daneben ihr Mann Lucius, nur durch das lange, blonde Haar erkennbar, welches man zwischen Maske und Kapuze im schwindenden Licht gerade noch erkannte und der sich schützend vor seine Frau stellte, die somit im Windschatten war.
Bellatrix Lestrange konnte Selena einfach erkennen, da auch sie den weiten Todesserumhang um sich geschlungen hatte und sich somit ihre Taille und ihre Kurven abzeichneten. Der Mann daneben, der hinter ihr Schutz suchte und immer wieder hektisch den Kopf hin und her bewegte, als würde er etwas suchen musste Rodolphus sein, Bellas Mann. Selena hatte von ihm bislang nur diese merkwürdige Angewohnheit wahrgenommen, wenn sie ihm flüchtig begegnete. Eine Nachwirkung der langen Haft in Askaban, hieß es. Sein Bruder Rabastan, der in etwa die gleiche Statur hatte und dessen markantes Kinn sie wahrnehmen konnte, stand neben ihm.
Ein Mann und eine Frau folgten und Selena hatte keine Probleme sie als Mrs und Mr Yaxley zu identifizieren. Er war zwar ebenso maskiert, wie die anderen und seine Frau hatte Selena bislang nie gesehen, doch sein Umhang flatterte wild im Wind und gab die für ihn typische teure Kleidung mit den vielen silbernen und goldenen Stickereien preis. An seiner Hand schimmerte eine große, protzige Armbanduhr und ein ebenso übertriebener Goldring, den er über dem fellverbrämten Handschuh trug. Seine Frau war ähnlich gekleidet und derart mit Schmuck behangen, dass sich Selena kurz wunderte, dass sie das Gewicht nicht nach unten zog und sie aufrecht stehen konnte.
Danach sah sie zwei Todesser, die, ebenso wie Rodolphus, einen gehetzten Eindruck machten. Selena war sich sicher es mit Antonin Dolohow und Augustus Rookwood zu tun zu haben, die sie erst vor einiger Zeit zusammen mit den anderen aus Askaban befreit hatte. Im flackernden Schein des Feuers sah sie denselben Ausdruck in ihren Augen, der nur bei den entflohenen Häftlingen wahrnehmbar war. Zudem bemerkte sie Dolohows langes Gesicht mit der fahlen Haut unter der Maske.
Im Gegensatz zu den beiden ehemaligen Inhaftierten wirkte der folgende Mann bei bester Gesundheit. Walden Macnair hatte sie vorhin bereits erkannt und auch im schwindenden Licht fiel es ihr nicht wirklich schwer. Er hatte während Selena die Gäste musterte die Augen gesenkt gehalten doch nun, da sie ihn ansah, begegnete er den Blick und trotz der Maske erkannte sie, dass er lächelte.
Neben Walden stand Severus Snape. Ihn erkannte sie an den schwarzen Haarsträhnen, die ihm über der Maske ins Gesicht hingen. Doch auch ohne dieses Indiz wäre seine Gestalt unverkennbar.
Zu Guter letzt entdeckte sie Avery, der ein klein wenig Abseits stand. Nach allem, was sie über ihn wusste, hatte er in der Vergangenheit bei wichtigen Aufträgen versagt und musste so schon oft vom Dunklen Lord bestraft werden. Sie erkannte ihn lediglich am scheuen Blick, den er gelegentlich in ihre Richtung warf.
Während Selena sie eingehend betrachtete, wurde die Gruppe immer unruhiger und gelegentlich hörte man geflüsterte Worte, die der Wind verschlang, ohne dass Selena sie hörte. Niemand wagte es allerdings laut auszusprechen, was er dachte.
»Ich habe sie mir angesehen.« , wisperte Selena dann auf Parsel und ohrfeigte sich innerlich dafür seinem Befehl so bereitwillig nachgegangen zu sein, ohne den Zweck zu erahnen.
»Was siehst Du?« , fragte er weiter, während Selena unter seinen Händen vor Kälte erschauderte.
»Was ich sehe? –zwölf Personen. Davon neun Männer und drei Frauen. Zehn der Personen sind Todesser, zwei sind nur die Ehefrauen.« , erwiderte sie ganz pragmatisch.
Offensichtlich enttäuscht glitten seine Hände von ihrem Bauch und er legte sie auf ihre Schultern.
»Ich sehe Unentschlossenheit, Unsicherheit. Sie sind erwartungsvoll und wissen nicht, ob sie sich freuen sollen oder nicht. Sie sind ungehalten über die Verzögerung und doch wagen sie es nicht ihren Unmut zu bekunden aus Respekt, aus Angst. Du solltest Dir angewöhnen in ihre Herzen zu blicken, nicht auf ihr Äußeres!« , bemerkte der Dunkle Lord dann ungehalten, ehe er sie losließ.
Beinahe zärtlich küsste er sie dann vor seinem Publikum auf den Mund und wandte sich dann ihnen zu.
Die Blicke der Gäste waren ihm sicher und Selena wurde sich allmählich bewusst, dass er mit ihnen spielte. Er genoss offensichtlich jede Gefühlsregung, die er mit bebenden Nüstern nahezu einatmete. Durch die Rüge wenige Augenblicke zuvor achtete sie mehr auf die seichten Rührungen der Anwesenden. Einige starrten sie beinahe ungläubig und schockiert an, andere eher mitfühlend, auch Eifersucht war im Spiel. Einer der Todesser, Macnair, hatte aus Schamgefühl vielleicht, das Gesicht zur Seite gedreht und blickte nun betreten zu Boden.
»Meine Freunde.«, rief der Dunkle Lord laut und breitete die Arme aus. »Ich möchte euch nicht zwingen mitzukommen. Wer von euch drängendere Verpflichtungen hat, dem sei es freigestellt nun zu gehen.«
Seine Worte klangen so, als wäre es sein Wunsch, sie fortzuschicken. Unruhig bewegten sich einige der nur noch schemenhaft wahrzunehmenden Gestalten. Offenbar konnten auch sie es kaum erwarten, zu verschwinden, doch wieder einmal hatte Selena das Gefühl, dass ihr Mann die Situation auskostete.
Sie spürte eindeutig, dass sich die Männer und Frauen bewusst waren, dass er sie loswerden wollte, zum Teil wollten sie es vielleicht auch selber, doch gleichermaßen wagten sie es nicht zu gehen. Dieser Zwiespalt war sicherlich nicht gerade besonders angenehm, dachte sie dann.
»Lass uns gehen, Tom. Mir ist kalt.« , flüsterte sie auf Parsel.
»Keiner?«, fragte er beinahe hoffnungsvoll in die Runde, ehe er nach einer kurzen Pause weitersprach.
»Nun denn, wie ihr wisst, ist meine Frau im fünften Monat schwanger und die Kälte ist ihr nicht besonders zuträglich.«
Erleichtert seufzten einige der Anwesenden auf.
»Ich werde euch nun Einlass gewähren in mein Zuhause. Hütet euch, mit einer Menschenseele darüber zu sprechen. Dies ist mein kleines Geheimnis. Den Ort gebe ich euch bewusst nicht preis, da ich der Störungen, überdrüssig bin, die es mit sich brächte. Nun denn. Folgt mir.«
Unter leisem Geraune schritten sie auf die Burgruine zu, die sie in einiger Entfernung ausmachen konnten. Selena erinnerte sich, wie es zu Anfang auf sie gewirkt hat, diese offensichtlich verfallene Ruine zu betreten. Sie würden überrascht sein, dachte sie lächelnd und blickte ihren Gatten von der Seite an, dessen Gesichtsausdruck sie unmöglich deuten konnte.
Nach wenigen Minuten erreichten sie die Burg und sie traten durch das geöffnete Tor, welches nur für Selena und den Dunklen Lord sichtbar war. Die anderen Gäste schauten sich neugierig um und Selena versuchte sich daran zu erinnern, wie es auf diese wirken musste, durch dieses verfallene Gemäuer zu gehen.
Sie vernahm leises Getuschel um sich herum, doch fing sie nur Wortfragmente auf, die keinen Sinn ergaben.
Dir Gruppe betrat die niedrige Eingangshalle und mit einem Schlenker seines Zauberstabes entzündete er ein gutes Dutzend Fackeln entlang der Wände, die ein schummriges orangerotes Licht verbreiteten.
Es musste irreal wirken, plötzlich in einem abgeschlossenen Raum zu stehen, wo man doch von außen gesehen hatte, dass nur noch die Grundfesten standen.
Der Dunkle Lord führte sie in den Speiseraum, der sich in der Zwischenzeit grundlegend verändert hatte. Die Tische waren zu einer langen Tafel angeordnet, die genügend Platz für alle bot und an der Wand war ein reich bestücktes Buffet aufgebaut.
Am gegenüberliegenden Ende des Raumes entdeckte Selena ein altes Grammophon, und davor war großzügig Platz gelassen. Hatte ihr Mann tatsächlich für eine Tanzfläche gesorgt?
Galant führte Lord Voldemort seine Frau an die Stirnseite des Tisches und half ihr, sich zu setzen. Kurz fragte sich Selena, warum er diese Inszenierung vollführte, doch als er, nachdem sie sich gesetzt hatte, eine kurzen Kuss auf die Lippen hauchte, beschloss sie, nicht weiter darüber nachzudenken.
Er stellte sich nun selbst hinter seinen Lehnstuhl und wartete, bis sich alle Gäste platziert hatten.
Selena am nächsten setzte sich Walden nieder, ihm gegenüber, in der Nähe des Dunklen Lords, Bellatrix.
Ruhig und geduldig blieb er stehen und legte seine Hände locker auf die Stuhllehne. Dann musterte er einmal die nun sitzenden Anwesenden und begann dann leise zu sprechen.
»Liebe Freunde.«, sagte er kalt, während seine Augen düster blitzten. »Bedient euch am Buffet. Ich hoffe der Abend wird eine Freude für uns alle. Nehmt nun eure Masken ab, damit ihr das Fest genießen könnt.«
Seine Stimme und seine gesamte Haltung straften seine Worte Lügen, doch niemand wagte einen Einwand. Dann begab er sich zu den kalten Speisen und lud sich den Teller voll, während die Masken verschwanden.
Selena blieb auf ihrem Platz. Als Gastgeberin stand es ihr nicht zu, sich als Erste zu bedienen.
Die kleine Hauselfe Lola kam sogleich auf sie zu und fragte, ob sie ihr etwas bringen durfte. Gerne hätte sie das Angebot angenommen, doch da ihr Mann bereits demonstriert hatte, dass er selbst dafür sorgte, lehnte sie harsch ab.
Nachdem das größte Gedränge vorbei war, erhob sich Selena nun und betrachtete das kalte Buffet mit verschiedenen Brot-, Käse- und Wurstsorten, teils importiert, teils einheimisch. Daneben befanden sich einige Salatsorten und frisches Obst.
Sie belud sich ihren Teller mit Letzterem und kehrte auf ihren Platz zurück.
»Guten Appetit«, wünschte sie der Gesellschaft und wartete nicht auf die Antworten, als sie begann Frucht für Frucht langsam und genüsslich zu verzehren.
Niemand sagte ein Wort und Selena fühlte die bedrückende Stimmung, wie sie eher auf einer Beerdigung herrschte.
»Stehen Dir die anderen Speisen nicht an, dass Du gleich mit dem Nachgang beginnst?« , fragte der Dunkle Lord zwischen zwei Bissen auf Parsel.
»Doch, doch. Nur steht mir der Appetit mehr nach frischem Obst, Tom.«
»Wie Du meinst.«
Selena nickte bestätigend und fuhr ungerührt fort.
Zäh schleppten sich die Minuten dahin, bis auf das gelegentliche Klappern des Bestecks war kein Ton zu vernehmen.
Schließlich hatten alle ihr Mahl mit mehr oder weniger Nachschlägen beendet. Familie Yaxley wohl eher mehr, aber daran störte sich niemand. Der dunkle Lord tupfte sich noch kurz mit der Serviette den Mund ab, ehe er seinen Zauberstab zückte und die benutzten Teller verschwinden ließ und stattdessen mehrere Flaschen Wein auf dem Tisch erschienen. Eine weitere Bewegung seines Stabes und eine Flasche entkorkte sich von selbst und goss jedem der Anwesenden etwas von der blutroten Flüssigkeit in den Kelch.
Als die Flasche über ihrem Kelch verweilte und ihr kostbares Inneres preisgab, schaute sie ihren Gatten irritiert von der Seite an. Ein eisiger Blick aus seinen scharlachroten Augen ließ sie jäh verstummen, als hätte er sie unter Strom gesetzt. Er schien unmissverständlich zu sagen, dass es ein Befehl war diese Gabe anzunehmen, ganz gleich, welche Bedenken sie hegen mochte.
Nachdem die Flasche geleert war, öffnete er eine zweite, die auch den Verbliebenen einschenkte. Als schließlich der letzte Weinkelch gefüllt war, schwebte die Flasche in die Mitte des Tisches zurück und der Dunkle Lord griff nach seinem Trinkgefäß.
Auf halben Weg hielt zum Mund hielt er inne, hob den Kelch leicht an und sagte
»Auf unseren Sieg.«
»Auf den Sieg des Dunklen Lords«, echoten die Anwesenden und Selena tat es ihnen gleich. Sie führte ihren Kelch unter den Augen des Dunklen Lords an ihre Lippen und nippte kurz daran. Der Wein schmeckte köstlich, doch wagte sie es nicht mehr davon ihre Kehle hinabrinnen zu lassen, aus Angst um ihr ungeborenes Kind. Behutsam legte sie ihre Hand auf den Bauch und streichelte ihn beruhigend.
Der Dunkle Lord wandte sich ab, während sie den Kelch wieder auf dem Tisch stellte.
»Nun denn, was gibt es für Neuigkeiten?«, fragte er kalt in die Runde. Plötzlich schienen alle sehr beschäftigt damit, das weiße Tischtuch zu betrachten.
Süffisant lächelnd ließ er den Blick über seine Untergebenen gleiten.
»Dolohow!«, donnerte er plötzlich. »Wie nah bist Du den Verrätern von Potterwatch? «, verächtlich spuckte er das letzte Wort förmlich aus.
Der große ernst dreinblickende Mann rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum.
Doch dann erstattete er ruhig und bedacht seinen Bericht.
»Nicht viel näher. Meine Männer und ich haben ernsthafte Probleme ihnen habhaft zu werden. Wenigstens senden sie nicht mehr regelmäßig, soweit haben wir sie verunsichert. Sie wechseln leider sehr oft den Standort und durch den Kontakt zum Phönixorden haben sie effektive Schutzzauber. Aber wir werden weiterhin unser Bestes geben, um sie in die Fänge bekommen. Einige der Involvierten haben wir auch schon identifiziert, ihre Passwörter und Pseudonyme sind lächerlich, dennoch sind sie unaufspürbar.«.
Tief sah der Dunkle Lord in die dunklen Augen des Todessers und sagte dann.
»Keine erfreulichen Nachrichten, Dolohow. Euer Bestes ist offensichtlich nicht gut genug. Wenigstens hast Du mich nicht belogen. Dein Glück. Ich bin allerdings sehr unglücklich mit diesen verräterischen Volksverhetzern. Wenn Du weitere Männer brauchst, teile es mir mit. Ich will sie nicht länger dulden müssen!«
Dann wandte er sich abrupt von dem Mann ab, der offensichtlich erleichtert ausatmete und »Danke, Mylord«, murmelte.
»Rabastan! Wie steht es mit dem Tagespropheten? Gibt es immer noch diese Querulanten oder konntest Du diese zum Schweigen bringen?«
»Die Journalisten fahren alle unseren Kurs oder sind untergetaucht, Eure Lordschaft.«
»Machen die Untergetauchten Ärger?«
»Nein, Mylord.«
»Was ist mit dem Klitterer?«
Einen Augenblick lang hing das Wort in der Luft. Jeder der Anwesenden, ausgenommen Selena, wusste was es damit auf sich hatte. Sie runzelte kurz die Stirn und versuchte zu ergründen, was diese Frage bedeutete.
»Lovegood hat seinen Kurs nicht geändert.«, antworte Rabastan langsam.
Der Dunkle Lord schlug mit geballter Faust auf dem Tisch, sodass sein Kelch umkippte und das linnene Tischtuch mit dem Wein getränkt wurde. Er schenkte dem keine Beachtung und funkelte Rabastan unheilverkündend an, welcher sogleich zurückzuckte.
»Haben wir eine Handhabe gegen ihn?«, fauchte er nun.
»Ich denke schon. Er ist Witwer und Vater einer Tochter, die in Hogwarts zur Schule geht. Wenn wir diese in die Fänge bekämen, können wir Druck auf ihn ausüben.«
»Seit wann weißt Du davon?«, fragte der Dunkle Lord zornig weiter.
»Einige Stunden erst.«
»Severus? Wann beginnen die Schulferien?«
»Morgen.«, antwortete der Schulleiter prompt.
»Fährt sie nach Hause?«
»Ich müsste nachsehen, aber ich denke, sie hat sich nicht in die Liste derer eingetragen, die die Ferien in Hogwarts verbringen. Die Carrows verbreiten genug Angst und Schrecken, um alle zu vertreiben.«
»Rabastan, Rodolphus? Ihr werdet morgen den Zug anhalten. Wie ihr das anstellt, ist mir gleich. Schafft sie nach Malfoy Manor. Es wäre doch gelacht, wenn ich einen Potterunterstützer dort draußen dulden würde!«
»Sehr wohl, Mylord.«, murmelte Rabastan demütig.
»Potterunterstützer?« , fragte Selena auf Parsel und einen Moment schaute sie ihr Mann verwirrt an.
»Ja, kleine Selena. In jeder Ausgabe seines Schundblattes fordert er die Leser dazu auf, sich gegen mich zu stellen und Potter zu helfen, wo sie nur können.«
»Ich dachte, Potter sei verschwunden?«
»Ist er auch.« , gab der Dunkle Lord unbehaglich zu und widmete sich dem nächsten seiner Anhänger.
»Yaxley. Gibt es Neuigkeiten aus dem Ministerium?«
Entspannt lehnte er sich zurück und begann mit leiernder Stimme zu berichten
»Thicknesse steht immer noch unter dem Imperiusfluch und genießt es sichtlich der Minister zu sein. Die meisten Schlammblüter sind unterdessen zu ihren Anhörungen erschienen, wurden verurteilt und haben ihre Zauberstäbe abgegeben. Die, die nicht aufgetaucht sind, haben wir zur Fahndung ausgeschrieben, doch sie sind untergetaucht. Wenn wir sie fassen, werden sie vorgeführt und nach Askaban gebracht. Ansonsten gibt es keine nennenswerten Veränderungen.«
Der Dunkle Lord nickte kurz, anscheinend war er zufrieden mit den Entwicklungen.
»Macnair. Was gibt es neues von den Werwölfen?«
»Nur Gutes, Mylord. Ich habe mit mehreren Männern ein gutes Verhältnis hergestellt, die in der Hackordnung Greybacks weit oben stehen. Palan ist sein erster Offizier, könnte man sagen und mit ihm treffe ich mich gelegentlich. Auch Greyback hat sich beruhigt, seitdem wir den Werwölfen wieder gestatten, Zauberstäbe zu besitzen. Des Weiteren lassen wir ihnen, auf Euren Vorschlag hin, Mylord, auch mehr Freiraum. Nach dem jetzigen Stand der Dinge kann man sagen, die volle Loyalität der Werwölfe auf unserer Seite zu haben.«
»Das sind wirklich gute Neuigkeiten. Arbeite daran, dass es so bleibt.«
»Gewiss, Mylord.«
»Severus? Neuigkeiten aus Hogwarts?«
»Keine, Mylord. Alles ist in bester Ordnung, die Carrows sind vorzügliche Lehrer und seitdem sie das Nachsitzen überwachen sind auch die kleinen Rebellionen zurückgegangen. Die Lehrer akzeptieren die derzeitigen Machtverhältnisse, weil ihnen nichts anderes übrigbleibt.«
»Schön gesagt, Severus.«
»Möchte sonst irgendjemand etwas mitteilen?«
Vereinzeltes Kopfschütteln war zu sehen, doch niemand erhob die Stimme.
Der Dunkle Lord schien jetzt erst zu bemerken, dass sein Kelch leer war. Dann nahm er den dunkelroten Fleck auf dem Tischtuch wahr und rief die Hauselfen herbei, die es sofort austauschten und ihm den Kelch wieder füllten.
Er trank genüsslich davon und richtete seinen Zauberstab auf das Grammophon in der Ecke und leise Musik ertönte.
Ein Zeitlang war die Musik das einzige Geräusch im Raum, bis die Anwesenden begannen leise miteinander zu sprechen.
»Wo ist Lucinda, Walden? Ich hatte mich schon darauf gefreut, sie einmal wiederzusehen.«, begann Narzissa zögerlich.
»Ihr verlangte es nicht nach Gesellschaft.«
»Aber warum nicht? So ein Ereignis lässt man sich doch nicht entgehen!«, fiel Mrs. Yaxley in das Gespräch ein.
»Da haben sie wohl recht, Verehrteste, doch ich konnte sie nicht zwingen. Eine unter dem Imperiusfluch stehende Frau wäre für uns alle sicherlich keine Bereicherung.«
Lautes Gelächter folgte seiner Bemerkung. Der Dunkle Lord indes beobachtete die Szenerie mit unergründlicher Miene.
»Tanz mit mir, bitte.«, sagte Selena dann sanft und wartete auf seine Reaktion. Mit ihrem Zauberstab deutete sie auf das altertümliche Grammophon, auf dem sie eine Platte mit einem wunderschönen Walzer platzierte.
Mit einem kratzenden Geräusch setzte die Nadel auf der Kupferscheibe auf und die Musik begann leise und klingend durch den Raum zu strömen.
Bereitwillig streckte sie ihre Hand aus und hoffte nun, dass der Dunkle Lord sie ergriff.
Er folgte widerspruchslos ihrer Aufforderung und nahm ihre rechte Hand in seine Linke. Langsam und bedächtig führte er sie in die Mitte des Parketts.
Mit einer schwungvollen Bewegung, drehte sich Selena auf sein Zeichen hin einmal um die eigene Achse und kam vor ihm zum Stehen. Seine rechte Hand umfasste Selenas Taille und hielt sie sanft fest.
Ihre Füße bewegten sich automatisch zum Klang der Musik, geführt von ihm, durchtanzten sie gemeinsam den Saal, jede Veränderung seiner Schrittfolge erspürte sie und fügte sich seiner Führung.
Gefühlte Ewigkeiten vergingen, währenddessen sich Selena in seinem brennenden Blick verlor. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, nur, dass dieser Tanz niemals enden sollte.
Die anderen Gäste hatten sich unterdessen um die Tanzfläche versammelt und wagten es nicht, diese ebenfalls zu betreten, gebannt bildeten sie einen Kreis um das Paar, welches den gesamten Platz für sich beanspruchte.
»Wo hast Du so tanzen gelernt?« , hauchte Selena auf Parsel, während der Dunkle Lord sie erneut eine Pirouette drehen ließ.
»Das bleibt mein Geheimnis, Selena.«
Er küsste sie unter dem Applaus der Gäste in aller Öffentlichkeit innig auf den Mund und Selena hörte auf, sich über dieses Geheimnis Gedanken zu machen. Die Musik verklang kurze Zeit später und ein neues Stück begann.
Der Dunkle Lord führte Selena unter erneutem Applaus von der Tanzfläche und nahm an der Stirnseite des Tisches Platz.
Zögernd folgten die drei verblieben Paare ihrem Beispiel und begannen ebenfalls zu tanzen. Die alleinstehenden Männer sahen sich betreten um und entdeckten nur Selena, die noch frei war. Dennoch wagten sie es nicht, sie aufzufordern. Rookwood und Dolohow nahmen als erste wieder Platz und unterhielten sich angeregt über ihre vergangenen gemeinsamen Aufträge.
Der Dunkle Lord lächelte Selena von der Seite her süffisant an und meinte leise
»Du gehörst mir. Denk nicht daran, Dich von einem Anderen führen zu lassen.«
In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie die letzte Minute in Waldens Richtung geschaut hatte, der offenbar mit dem Gedanken spielte, sie aufzufordern. Verlegen senkte sie den Blick und nickte gehorsam.
Als das nächste Lied begann, tanzte Bellatrix mit ihm, Narzissa wurde von Severus geführt und Mrs. Yaxley von Rookwood.
Es verging etliche Zeit, doch eine zweite Gelegenheit, die Tanzfläche zu betreten bot sich ihr nicht. Auch, als ihr Mann mit Bellatrix tanzte, blieb sie zurück am Tisch und ließ sich von den Hauselfen Saft bringen, anstelle des schweren Weines.
Bellatrix warf ihr immer wieder triumphierende Blicke zu, während sie tanzten, doch Selena ignorierte diese so gut es ging.
Schließlich beendete der Dunkle Lord das Fest zu einer relativ frühen Stunde und die Gäste verließen die Burg.
»Danke, Tom.«, hauchte Selena dann.
»Für was?«
»Dafür, dass Du mir diesen Tag ermöglicht hast. Doch, bitte verzeih, ich bin nun erschöpft und würde mich gern zur Ruhe begeben.«
»Schlaf gut, meine Selena.«, verabschiedete er sie und gab ihr einen harten Kuss auf den Mund. Als Selena dann ins Bett kroch, hatte sie eine bittere Ahnung, was sie diese Nacht noch erwartete und einige Stunden später bewahrheitete sich diese, als sie unsanft aus den Schlaf gerissen wurde.
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