von rodriquez
„Oma, Oma“, riefen die Kinder ganz aufgeregt. „Erzählst du uns wieder eine Geschichte?“
Jedes Mal, wenn meine Mutter, ihre Oma, bei uns zu Besuch war, wurde sie sofort von unseren Kindern belagert.
Es war schon immer so, auch in meinen Kindheitstagen.
Mom war einfach die beste Geschichtenerzählerin.
Ihre Geschichten klangen immer so lebensecht, dass man mitfiebern konnte, wenngleich sie immer einige Dinge hinzudichtete, und gewaltig ĂĽbertreiben musste.
NatĂĽrlich lieĂźen es sich meine Eltern nicht nehmen, ohne eine Sekunde zu verlieren, nach England zurĂĽckzukehren.
Schon bei der freudigen Nachricht: „Mom ich bin schwanger“, hörte ich im Hintergrund des Telefons, meinen Dad die Koffer aus dem Schrank ziehen.
Ihr Domizil in Australien haben sie, ihren Enkeln zu Liebe verlassen, aber nicht aufgegeben, wenn immer es ihre Zeit erlaubt kehren sie zur Erholung dahin zurĂĽck.
Doch sie sind zurück gekehrt ins triste, nasskalte London, haben ihre alte Wohnung wieder bezogen, die von uns nicht mehr benötigt wurde, und sie haben eine neue Praxis eröffnet.
An diesem bestimmten Abend engagierten wir die Oma als Babysitter, was ihr sehr entgegen kam, schlieĂźlich musste Dad fĂĽr eine Woche nach Australien, um die Aufsicht ĂĽber einen Anbau zu haben.
Aber auch ohne diesen Grund, verbrachte Susan Granger, alias Mary MacDonald sehr gerne ihre Zeit in Godrics Hollow, bei ihren Liebsten.
Harry und ich hatten uns ins Schale geworfen, Harry im schwarzen Smoking, und ich in einem traumhaften ozeanblauen Abendkleid, bereit um den zehnten Jahrestag der groĂźen Schlacht, in Hogwarts mit einem groĂźen Bankett zu feiern.
Natürlich würden wir viele unserer Freunde und Wegbegleiter wiedersehen, vor war das einstige goldene Trio als Ehrengäste geladen.
Mom half sehr gerne als Babysitter aus, und meistens saĂź sie dabei in einem Schaukelstuhl, und vor ihr auf dem warmen Teppich strahlten sie jedes Mal, drei Augenpaare an.
„Bitte, bitte, Granny, eine Geschichte“, bettelten sie stets.
Wie gewöhnlich erwartete ich ein sehr übertriebenes Abenteuer von Harry und mir.
Eines, indem wir nicht nur gegen böse Zauberer kämpfen würden, sondern es auch mit mehrköpfigen, blutrünstigen Monstern zu tun bekamen.
Zum GlĂĽck bekamen wir immer nur den Anfang der Geschichte mit.
„Also was wollt ihr hören?“, strahlte Mom die Meute an. „Die Kammer des Schreckens, oder…“
„Nein, etwas anderes“, bettelte der Kleinste, der sechsjährige James Sirius.
Seine große, achtjährige Schwester Lily, und unser Adoptivkind, der schon zehnjährige Teddy sahen ihn erwartungsvoll an.
Ted, von allen nur Teddy genannt, wir haben ihn offiziell adoptiert. Ihm aber seine Ehre, seinen eigentlich Namen gelassen: Lupin.
„Etwas anderes?“, wiederholte Mom überrascht.
„Ja“, lächelte der Kleine euphorisch. Seine grünen Pupillen blitzten. „Erzähl uns von unseren Großvätern. Erzähl uns von James und Sirius“.
„Und von Remus, Teddys Dad“, fügte Mom hinzu. „Denn der gehört auch zu den Rumtreibern.“
Teddys Augen begannen zu leuchten.
Harry stand neben mir an der Tür, und bekam zitternde, schweißnasse Hände.
Er hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt, und ich griff nach seiner Hand.
„So, Kinder, seid ihr bereit?“, fragte Mom.
„Ja!“ riefen drei Kehlen gleichzeitig.
„Dann schließt eure Augen und folgt mir in eine Geschichte vor langer, langer Zeit - Stellt euch vor, ihr wärt in Hogwarts, ihr kennt es in und auswendig, aus Erzählungen und Bilder. Stellt euch das Schloss und seine Ländereien vor.“
Erwartungsvoll blickte Mom in drei geschlossene Augenpaare.
„Seid ihr soweit? Könnt ihr es sehen? Die Geschichte beginnt in der großen Halle. Und zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass dieser Tag ein ganz wichtiger, aber für euch sehr schöner Tag werden würde. An diesem Tag wurden eure Eltern füreinander bestimmt. Wie so was sein kann? Seht selbst…“
Harry räusperte sich etwas unbehaglich.
Mom starrte ihn an, erzählte aber zunächst weiter: „Die Zeit, damit ihr einen etwaigen Eindruck bekommt, war das fünfte Schuljahr eurer Großväter, deines Vaters, und natürlich auch von mir und Grandma Lily. Es war der Tag unserer ZAG - Prüfungen. Könnt ihr sie sehen?“, fragte sie impulsiv. „Könnt ihr euch die große Halle vorstellen?“
Erneut räusperte sich Harry.
„Was hast du?“, fragte ich überrascht, während Mom empört unterbrochen hatte.
„Vielleicht solltest du ihnen erst einmal deine Geschichte erzählen, bevor die Kleinen sich wundern ... Mary“, versuchte Harry zu erklären.
NatĂĽrlich!
Die Kinder haben vielerlei verschiedene Geschichten gehört, aber sie alle handelten von Harry und mir, und sie kannten Mom als Oma Susan.
Einen kurzen Moment starrte Mom in unsere Richtung, schien darĂĽber nachzudenken, aber an ihrem Gesicht konnte ich erkennen, dass sie verstanden hatte, was Harry meinte.
„Der riesige, neue Zimmerbrunnen, in eurem Wohnzimmer – ist es das, was ich vermute, dass es sein könnte?“, fragte sie schließlich.
Harry nickte ihr zu. „Ausreichend für uns alle.“
„Und Teddy könnte seinen Vater leibhaftig sehen.“
Fragend, fast ängstlich, blickten sich die Kinder um. Harry konnte sie beruhigen.
„Machen wir einen Deal“, lächelte er. „Eure Omi erzählt euch heute – ihre Geschichte, ihre eigene persönliche Geschichte, bevor ihr das Andere hört, müsst ihr verstehen. Und Morgen dann, besuchen wir alle gemeinsam die Geschichte, die sie euch eigentlich jetzt erzählen wollte. Lasst euch überraschen, es wird eine völlig neue Erfahrung für euch werden, vielleicht sogar eine schöne Überraschung“, dabei funkelten seine Augen in Teddys Richtung.
„Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß, ärgert die Oma nicht so sehr ... und vergesst nicht ins Bett zu gehen.“
Der formelle Teil unseres Empfanges war recht schnell abgegolten.
Die Schulleiterin Minerva McGonagall begrüßte die Ehrengäste, uns – das Goldene Trio, Neville, sowie Minister Kingsley mit ein paar Danksagungen und Veranstaltungsinfos, übergab das Wort an den Minister, und schließlich spielten die Ghostriders auf, und das Fest in Anwesenheit der aktuellen Schülerschaft wurde ziemlich aufgelockert.
Die HĂĽllen fielen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Nachdem einige Hände geschüttelt, alte Freunde begrüßt waren, wagte sich sogar Harry auf die Tanzfläche.
Er schüttelte ergiebig seinen Kopf und seinen Körper zu teilweise harten Muggelklängen.
Musik fĂĽr harte Kerle eben, ganz nach Sirius Geschmack.
Augerechnet Harry, das Weichei…
Zuvor erfuhren wir Neuigkeiten ĂĽber unsere Freunde:
Neville Longbottom:
Ein einziger Hieb mit einem Schwert machte ihn zur Legende und zum Frauenschwarm.
Obwohl längst in festen Händen bei Hannah Abbott, standen die Verehrerinnen auch an diesem Abend Schlange, und konnten gar nicht genug vom „Basiliskenkiller“ bekommen. Immer wieder sah ich belustigt wie er den Hieb simulierte, mit dem er Naginis Kopf abtrennte.
Draco Malfoy:
Etwas kahl um die Stirn geworden, aber als einer der wenigen alten Syltherins war er an diesem Abend anwesend.
Auch wenn er und Harry wohl nie dicke Freunde werden wĂĽrden, so behandelte man sich doch mit Respekt.
Harry gelang es sogar den einst verhassten Jungen bei den Auroren unterzubringen. Und löste somit ein Versprechen seiner Ex-Freundin Ginny, gegenüber Malfoy ein.
Draco Malfoy erwies sich als hilfreich im Kampf gegen die Todesserlehrerschaft, während unserer Jagd.
Ginny:
Auch sie war gekommen, und sie war in männlicher Begleitung erschienen.
Was nicht weiter verwunderlich wäre, wenn sie nicht diesen Begleiter nun schon bereits seit mehr als einem halben Jahr an ihrer Seite gehabt hätte: Lee Jordan.
Seit mir nicht böse, wenn ich das etwas hart ausdrücke, aber Ginny war lange auf der Suche nach dem (Liebes-)Glück, wechselte ihre Liebschaften, wie andere die Unterwäsche, aber sie wirkte nie unglücklich dabei.
Sie genoss eben das freie Leben, wurde ein gefeierter Quidditchstar bei den Holyhead Harpies, und schwamm auf dieser Welle, bewundert zu werden.
Und zu guter letzt, natürlich unser langjähriger treuer Begleiter:
Ron. In Begleitung von Lavender.
Er hatte es also wahrgemacht, und sich zu ihr bekannt.
Und was wieder mich zufriedenstellte: Ron sah tatsächlich glücklich und zufrieden aus.
Lavender hatte alles im Griff und sich zu sehr zu ihrem Vorteil zu einer selbstbewussten Frau entwickelt, die Ron auch gelegentlich die Leviten lesen konnte.
Gemeinsam waren sie kurz nach ihrer Hochzeit in die Nähe von Biggin Hill, etwa 18 Kilometer südöstlich der Innenstadt Londons gezogen. Der Scherzartikelladen florierte so gut, dass er sich tatsächlich ein Häuschen für sich und Lavender leisten konnte.
Vier Sprösslinge, allesamt rothaarige Jungs hatten sie gezeugt, darunter sogar ein Zwillingspärchen, denen sie große Bürde auferlegten, indem sie ihnen Die Namen Fred und George gaben. Und bei meinem kritischen Blick auf Lavenders neuerlichen, im Ansatz geformten Bauch, rümpfte er die Nase. „Mom hat gesagt, ich solle ihr nicht alles nach machen. Jetzt wäre es aber genug, oder sie würde mir ein gewisses Teil abschneiden. Sie war nicht gerade begeistert, die ganze Rasselbande um die Ohren zu haben, jetzt wo doch endlich erst etwas Ruhe im Fuchsbau eingekehrt wäre“, flüsterte er uns zu.
„Sag mal Weasley“, höhnte Malfoy. „Hast du noch andere Hobbys? Ich dachte immer du wärst ein Wiesel? Karnickel trifft es wohl eher.“
Ron machte eine seiner üblichen, abfälligen Bemerkungen in Malfoys Richtung, und als dieser sich von uns abwandte, folgte noch die passende Handbewegung mit seinem Ringfinger. „Aber insgeheim, weiß ich natürlich, dass sie sich freut, wenn die Rasselbande im Fuchsbau ist. Mit Ruhe hatte es sie noch nie...“, fügte er flüsternd hinzu.
Die Ghostriders stimmte eine neue Runde an, sanfte, ruhigere Klänge, und jetzt sollte auch ich auf meine Kosten kommen. Ich forderte Harry zu einem Tänzchen auf. Einen Stehblues brachte er immerhin schmerzfrei zustande.
Er legte seine Arme um meinen Hals, drĂĽckte meinen Kopf auf seine Schulter, und eng umschlungen drehten wir uns ganz leicht im Rhythmus der Musik.
Es wurde mir richtig heiĂź, so eng beieinander. Ein Feuer loderte auf.
Mir war sofort klar: Dieser Brand wäre nur auf eine Art zu löschen...
Und noch während ich das dachte wunderte ich mich auch schon darüber, denn eigentlich bin ich ein eher zögerlicher Typ.
Verklemmt, wie Ginny früher behauptet hätte, aber Harry hatte sich nie beschwert, im Gegenteil: Ich hatte ihm richtig Feuer gemacht.
Wenn man verliebt ist, geht man die Sache eigentlich eher langsam an.
Harry und ich war das beste, verworrenste Beispiel dafĂĽr.
Zwar damals nicht aus moralischen GrĂĽnden, sondern weil ich wohl Zeit brauchte um mir meiner Sache ganz sicher zu sein.
Doch in diesem Augenblick blitzte Gier aus unseren beiden Augen.
Seine Blicke heizten mich an, sie waren so voller Leidenschaft, dass etwas in mir erwachte, etwas Triebhaftes. Und bei ihm offenbar auch, denn seit einiger Zeit krallte er seine Hände in meinen Hintern.
Meine Blicke sollten die Leidenschaft ausdrĂĽcken, die ich gerade fĂĽhlte.
Meine Augen redeten mit ihm, aber ohne Worte, so, wie er eben frĂĽher sehr oft viele Dinge in meinen Augen ablesen konnte. Und mit welcher Ausstrahlung er meine Lippen anstarrte.
Wir mussten hier raus, und zwar schnell, ich spĂĽrte seine Reaktion, als meine Augen immer wieder ĂĽber seine Brust zu seinem Bauch und tiefer wanderten.
Ja, ihr habt richtig gehört, auch nach zehn Jahren ist immer noch die Leidenschaft vorhanden, das Feuer, es ist nie erloschen.
Ja, wir machten uns gegenseitig an.
Über mehrere Stunden hatte dieses Spiel Bestand. Doch nun war ich an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr länger warten konnte. Aber hier? In Hogwarts?
Und zuhause wartete Mom mit den Kids. Keine Chance.
Ich wusste nicht wie lange ich das noch aushalten wĂĽrde.
Also nahm mich meinen ganzen Mut zusammen: „Gehen wir nach draußen? Ich brauche eine kleine Abkühlung.“
„Na ja, ob das eine Abkühlung wird, wird sich erst noch zeigen mein Liebe“, lächelte Harry verschmitzt. „Und klein wird sie mit Sicherheit auch nicht“.
Und lange warten brauchte ich auch nicht. Wir nahmen uns bei der Hand, entschuldigten uns bei keinem, marschierten einfach nach drauĂźen, liefen durch die Vorhalle, schnurstracks auf die Marmortreppe zu, bis ganz nach oben in den Astronomieturm.
Hier war es zugig, wie immer. Frische Luft berauschte unsere Sinne.
Doch wir fielen nicht, wie viele immer glauben, sofort ĂĽbereinander her.
Nein.
Harry zog mich an sich heran.
Er kĂĽsste mich sanft und fragend, dann leidenschaftlich.
Nach diesem Kuss mussten wir beide erst einmal Atem schöpfen.
„Hier … hier oben?“ fragte ich erstaunt.
„Ich wollte schon immer einmal testen, wie das in Hogwarts so funktioniert.“
Harry öffnete eine Flasche Champagner, die er heimlich eingesteckt hatte, zauberte noch zwei Gläser hervor, und wir nahmen einen kräftigen Schluck, bei dem wir uns stur in die Augen schauten, und dann küssten wir uns wieder.
Dieses Mal wurden meine Hände mutiger, wanderten über den Körper meines Mannes und öffneten die ersten Knöpfe seines Hemdes. Bald fiel Harrys Hemd zu Boden. Ich stieg aus meinem Kleid und machte mich an seiner Hose zu schaffen.
Und dann tat ich etwas, das ich noch nie so intensiv gemacht, aber mir immer vorgestellt hatte.
Ich kniete vor ihm und liebkoste ihn mit dem Mund.
Harry lehnte mit dem RĂĽcken an der Wand, und ich spĂĽrte, wie er bebte.
Was danach passierte, war so ziemlich das aufregendste, spannendste, war wir je erlebt haben.
Alles was an diesem Abend auf dem Astronomieturm geschah wurde zu einem erotischen Highlight, sogar das Überstreifen eines Kondoms. Und als er in mich eindrang, umklammerte ich mit meinen Beinen seinen Körper, hielt mich am Geländer fest und gab den Rhythmus vor, den ich brauchte.
Dabei feuerten wir uns gegenseitig mit Worten an, von denen ich bisher nicht einmal gewusst hatte, dass ich sie überhaupt kannte, geschweige denn aussprechen könnte.
Als unser Brand endlich gelöscht war, zogen wir uns unter weiteren heißen Küssen, langsam wieder an, und gingen mit noch langsameren Schritten wieder zurück in die große Halle, wo uns kaum einer vermisst hatte.
Mit einem genüsslichen Lächeln auf den Lippen strich ich kurz über Harrys Haare, um sie wieder in die richtige Form zu bringen.
„Warst du vorhin nicht Overdressed?“, fragte Ginny, mit einem hämischen Grinsen im Gesicht, und fingerte an Harry herum. „Zieh dir mal dein Hemd richtig an, die Knöpfe sind falsch zugeknöpft, und da…“, sie zupfte an seinem Hemd, kurz über dem Gürtel, „schaut ja alles raus. Mensch Hermine, passt du denn nicht auf, wie sich dein Mann kleidet, und außerdem“, Ginny starrte jetzt mit dem gleichen hämischen Blick in mein Gesicht. „Hattest du vorhin nicht einen BH unter dem Kleid, da bekommt man ja Gleichgewichtsstörungen, wenn du auf einen zuläufst … übrigens habe ich gerade einen vom Astronomieturm fliegen sehen, als ich mit Lee im Gewächshaus war…“.
Erschrocken blickte ich an mir herunter. Ginny prustete sofort los.
„Du hattest heute den ganzen Abend keinen BH an“, lächelte Harry, und leiser fügte er hinzu. „Ich musste dir zumindest keinen ausziehen...“
„Und? Hattet ihr einen schönen Abend?“, schmunzelte Mom bei unserer Rückkehr. Sie quälte sich müde von der Couch im Wohnzimmer hoch, rieb sich die noch verschlafenen Augen, und schaltete den Fernseher aus.
Langsam kam sie auf uns zu gelaufen. „Mein Gott“, rief sie. „Ihr hattet einen schönen Abend, könnt ihr mal das blöde Grinsen lassen.“
„Schlafen die Kids?“
„Wie Murmeltiere, aber lenk mal nicht ab, ihr habt doch nicht allen Ernstes Hogwarts entweiht?“
„Mom, bitte“.
„Ich tippe mal auf die Gewächshäuser … obwohl bei euch eher, den Astronomieturm“.
„Mom!“
„Mit Kondom, im Stehen, und deine Tochter hat ihren BH auf dem Turm verloren“.
Mit völlig ernstem Gesicht tätigte Harry diese Aussage. Fassungslos starrte ich ihn an. „Ach, und geblasen hat sie mir auch einen.“
„Meine Tochter?“, prustete Mom. „Das Erste hätte ich dir noch abgenommen...“
Ich schüttelte belustigt meinen Kopf. Harry schaffte es immer wieder ein ungezwungenes Gespräch mit meiner Mom hinzubekommen, und er hatte es geschafft, meine Mom mit der Wahrheit vom Gegenteil zu überzeugen.
„Was grinst du so hämisch meine Liebe?“
„Ach nichts, nichts“, säuselte ich vergnügt.
„Wenn du denkst, Harry hätte mich über den Tisch gezogen, dann hast du dich geirrt. Ich war nur über seine Ehrlichkeit sprachlos. Es ist doch schön, wenn man sich in eurem Alter noch so lieben kann.“
„In unserem Alter?“
„Ihr seid keine Achtzehn mehr, und habt schon lange eigene Kinder, warte mal ab, meine Liebe.“
„Ich fühle mich überhaupt noch nicht alt“, unterbrach Harry schmunzelnd. „Übrigens, ich könnte schon wieder.“
Mit einem unwiderstehlichen Lächeln blinzelte er mir zu.
„Harry!“ monierte ich lauthals.
„Und wenn es so wäre, dann wäre es doch etwas sehr schönes.“
„Apropos könnten wir das Reden vertagen“, unterbrach Harry. „Ich würde gerne noch mit meiner Frau ins Bett...“
„Okay, ich lasse euch ja in Ruhe. Es ist doch einfach schön, wenn man so ungezwungen miteinander umgehen kann. Wegen Morgen. Leihst du mir über Nacht deinen Zauberstab?“
Harry nickte ihr zu. „Phiolen findest du in der Säule des Brunnens. Gute Nacht, schlaf gut.“
„Ihr auch, aber seid nicht so laut, nicht dass ihr morgen Muskelkater habt.“
„Mom!“
„Gute Nacht, Schatz“, schmunzelte sie, und scheuchte uns mit ihrer Hand aus dem Wohnzimmer.
„Sie glaubt dir nicht“, flüsterte ich Harry beim Betreten unseres Schlafzimmers zu, „aber weil sie klug ist, würde sie das niemals zugeben. Es ist nur die Neugier die sie auffrisst.“
Bereits früh am nächsten Morgen rutschte James unter unsere Decke. „Aufstehen!“ rüttelte er an seinem Dad, und mich kitzelte er aufs übelste an der Fußsohle.
Laut quiekend zuckte ich zusammen.
Das ist etwas, wo ich überhaupt keinen Spaß verstehe, meine Füße sind höchst empfindlich!
Das hat der Kleine eindeutig von seinem Erzeuger. Zumindest strahlte mich dieser stolz an.
„Können wir jetzt endlich in dieses Denkdingens?“
„Wir haben doch noch den ganzen Tag Zeit, James“, versuchte ihn Harry abzuwimmeln. „Gib uns bitte noch fünf Minuten.“
„Nein, keine fünf Minuten. Ich will jetzt in dieses Denkdingens!“
Harry atmete schwer aus. „Das war bestimmt die Rache deiner Mom, die muss denen gestern alles erzählt haben, und sie richtiggehend heiß gemacht haben.“
„Du hast mich durchschaut!“
Mom stand in der offenen TĂĽr und strahlte in unser Schlafzimmer.
„Sie haben die Geschichte von Mary McDonald erfahren, und das Schicksal, das mit diesem Haus verbunden ist. Und ich bekam sie nur unter dem Vorwand ins Bett, indem ich sie auf das was heute folgen würde hinwies.“
„Und ihr denkt, das wäre eine gute Idee?“, fragte ich vorsichtig.
„Warum nicht?“, erwiderte Mom.
„Denkt ihr nicht, dass sie noch etwas zu jung sein könnten.“
„Auf keinen Fall“, tönte James. „Ich bin schon sechs!“
„Und damit fast erwachsen“, lachte Harry. „Aufgepasst, junger Mann, sollte ich bemerken, dass irgendeiner von euch Angst bekommt, breche ich sofort ab.“
„Ich habe keine Angst!“
Harrys Kompromiss beruhigte mich etwas, denn ich wusste, dass er seine Warnung strikt einhalten wĂĽrde.
Nach einem sehr kurz gehaltenen, gemeinsamen Frühstück, schlichen die Kids nervös um das Denkarium herum.
Mom kramte ein gläsernes Gefäß aus ihrer Tasche und hielt es Harry wortlos entgegen.
Ăśberhaupt war sie seit dem FrĂĽhstĂĽck sehr schweigsam und nachdenklich gewesen.
„Wir werden kaum alle sechs gleichzeitig können“, fragend blickte ich Harry an. „Wie teilen wir uns auf? Drei Zweierteams?“
„Wir werden alle gleichzeitig in den Nebel eintauchen können“, lächelte Harry. „Prinzip des Mannes.“
„Immer das Neuste, immer das Beste“, kam aus Moms Richtung.
„Bei diesem neusten Exemplar, muss man nicht vollständig in den Nebel eintauchen, es reicht schon wenn der Nebel die Augen berührt, das heißt, wir können uns alle im Kreis aufstellen, und gemeinsam die Geschichte erleben.“
Die Kids hatten sich erwartungsvoll an den Händen gefasst. „Mom?“ fragte ich und hielte ihr meine Hand entgegen.
Mom seufzte schwer, und lieĂź sich auf die Couch plumpsen.
„Was hast du Mom? Es ist doch eher eine angenehmere Erinnerung, denke ich doch zumindest, willst du etwa kneifen?“
In diesem Augenblick bemerkte ich beruhigend Harrys Hand auf meinem Arm. Fragend sah ich ihn an.
„Ich glaube das ist es nicht, Schatz.“
„Was meinst du damit?“
„Deine Mom hat keine Angst vor der Geschichte, sondern vor ihrer eigenen Courage. Ich vermute in dem was wir sehen werden liegt noch ein Geheimnis verborgen. Ein Geheimnis, dass sie uns schon lange hätte erzählen müssen.“
„Was meinst du damit?“, wiederholte ich langsam gesprochen uns starrte zwischen Harry und meiner Mom hin und her.
„Jetzt oder nie!“ lächelte Harry und streckte seiner Schwiegermutter die Hand entgegen. „Komm schon Tante“.
„Tante?“ ich verstand gar nichts mehr.
„Du bist wie James, arrogant übertrieben, aber in der Seele doch ein so lieber Junge.“ Meiner Mom standen die Tränen in den Augen, dennoch folgte sie Harrys Aufforderung, und ich wusste nicht warum sie das tat.
„Würdet ihr mich bitte aufklären?“ spielte ich die Genervte.
„Du hast zwei Kinder, wie sollen wir dich aufklären?“
„Harry!“, beleidigt schlug ich auf seinen Arm.
„Auch James brachte seine Umgebung immer wieder auf die Palme. Auf geht’s, sonst überlege ich es mir doch noch einmal“, sagte Mom und atmete noch einmal tief durch.
„Seid ihr bereit Kinder?“, sie nickten kräftig, aber ihre Knie schlotterten. „Dann neigt ganz leicht eure Köpfe nach vorne, und keine Angst, es ist alles nur eine Vorstellung, euch kann nichts passieren. Wir sind bei euch.“
Mom selbst füllte das Becken mit ihren Erinnerungen, und während der Nebel langsam nach oben stieg, starrte ich immer noch fragend in Harrys Gesicht.
Während der bläuliche Nebel uns immer mehr einschloss, zitterte Lily wie Espenlaub.
„Es ist wie ein Traum“, versuchte Harry unsere Große zu beruhigen. „Wenn du schreien willst, dann schrei, niemand außer uns wird es bemerken.“
Doch Lily erhob ihren Kopf und starrte selbstbewusst auf die Konturen, die sich langsam unter unseren Gesichtern bildeten. Ganz die Mama eben…
„Wenn ihr raus wollt, zieht einfach den Kopf zurück“.
Wir schwebten von der Decke hinab in die groĂźe Halle, direkt in die PrĂĽfungen hinein, ganz so, wie ich es schon einmal erlebt hatte. Nur waren es damals Snapes Erinnerungen.
Ich war gespannt, wie es sich anfühlen würde, die Szenen aus Mom’s Erinnerungen zu erleben.
„Der sehr großer Raum, wie ihr sicher alle wisst, ist die große Halle von Hogwarts“, erklärte Mom, erheblich selbstbewusster.
Mit staunenden, weit aufgerissenen Augen erkundeten die Kids den riesigen Raum.
„Alle Tische, an denen sonst die Schüler der vier Häuser sitzen, werden zu diesem Anlass weggeräumt“. Die vier Haustische waren verschwunden, stattdessen waren viele kleinere Einzeltische aufgestellt, alle gleich ausgerichtet, und an jedem saß ein Schüler, alle waren sie vertieft in ein Pergament.
Es war still, unheimlich still, nur das Kratzen der Federn störte diese Stille.
„Prüfungen! ZAG-Prüfungen“, erklärte Mom weiter. „Fast allen Schülern standen die Schweißperlen auf der Stirn, und das lag nicht an dem tollen warmen Frühsommertag.“
Durch die vielen Fenster strahlte die Sonne herein, und erhellte und erwärmte den Raum zusätzlich zu den Anstrengungen, den Qualen, die die Prüfung verursachten.
„Und jetzt schaut euch erst einmal um, ob ihr jemanden erkennt.“
Ein flüchtiges Lächeln schlich sich auf Mom’s Gesicht. Sie ergriff Lilys Hand, und führte sie zum Tisch eines hübschen, rothaarigen Mädchens.
Angestrengt versuchten James und Teddy ein bekanntes Gesicht zu finden. Jetzt zitterte auch Teddy vor Aufregung.
Ich wusste wo ich hinschauen musste, und so reichte ein Blick zurĂĽck ĂĽber meine Schulter.
Und wieder kribbelte es bedenklich in meinem Magen.
James folgte meinem Blick und erkannte ebenso, das gleiche schmale Gesicht, den gleichen Mund, die gleichen Augenbrauen, die gleichen pechschwarzen Haare, und die im Nacken abstehenden Haare.
„Opa James“, schrie er auf. „Da, da sitzt er, er sieht fast genauso aus, wie du Dad!“
Harry lächelte ihm bestätigend zu.
„Nur die Nase ist länger als deine, und die Augen nicht grün, sondern braun“.
James gähnte ausgiebig, und fuhr sich durchs Haar, das noch unordentlicher wurde.
„Das ist Professor Flitwick“, deutete Harry in Richtung unseres ehemaligen Lehrers.
Dann, mit einem Blick auf Professor Flitwick, drehte sich Harrys Dad um und grinste einem Jungen zu, der ein paar Tische hinter ihm saĂź.
Und wieder brannte ein Feuer in meiner Magengrube.
Ich griff nach Mom’s Arm, und bemerkte die Gänsehaut die sich bei ihr gebildet hatte, und erneut schlichen sich ein paar versteckte Tränen in ihre Augen.
Lily schreckte vor Aufregung zusammen, wie einst ihre Mom, als ich ihn erkannte. Wir sahen, wie Sirius zu James gewandt den Daumen in die Höhe streckte.
Auch Sirius saß ganz lässig auf seinem Stuhl, den er nach hinten gekippt hatte, und auf zwei Beinen wippte.
„Ist das…?“, stammelte Lily.
„Ja, Schatz“, schluckte Mom, und ihr Gesicht zitterte, die Tränen fielen in Strömen.
„Opa sieht richtig toll aus“, staunte Lily, und ergriff Mom’s anderen Arm.
Sein dunkles Haar fiel ihm mit einer Art beiläufiger Eleganz in die Augen.
„Mom?“ fragte Lily plötzlich, und ich wusste wen sie entdeckt hatte.
„Das bin ich Schatz“, lächelte Mom. „War ich nicht ein hübsches Mädchen?“
Unsere Augen richteten sich auf das Mädchen, das hinter Sirius saß, und ihm hoffnungsvolle Blicke zuwarf.
„Du ziehst ihn ja förmlich mit deinen Blicken aus“, spornte ich meine Mom an.
Endlich schlich sich auch auf ihr Gesicht ein Lächeln, und sie schwelgte offensichtlich in schönen Erinnerungen.
„Mom du sahst wirklich toll aus, eine richtige Lady und kein Vergleich mit mir, mit deinen hochgesteckten Haaren, im genau gleichen Farbton, wie die meinigen. Als ich zum ersten Male in dieser Erinnerung war, dachte ich, das sind die gleichen Augen die ich jeden Morgen im Spiegel vor mir sehe.“
„Was redest du Kind? Du warst und bist auch hübsch…“
„Was ihr auch der brave Harry, immer wieder versuchte, klar zu machen.“
„Wir hätten Zwillinge sein können, wenn du nicht, mehr Aufmerksamkeit deinem Aussehen gewidmet hättest. Ein leichtes Rouge auf den Wangen, die Augenlider mit Lidschatten nachgezogen, die Fingernägel lackiert, und…“, ich schaute ihr mahnend ins Gesicht. „Etwas was ich schon bei Ginny angemahnt hatte, einen tiefen Einblick in deine Intimsphäre.“
„Tja, man tut eben was man kann, und man zeigt was man hat.“
Ich richtete meine Blicke wieder zu meiner Mom, sie war offensichtlich mit ihrer PrĂĽfung fertig.
„Ganz die Tochter“, schmunzelte ich erneut. „Als eine der Ersten fertig. Nur das Flirten hast du mir nie beigebracht.“
„Das würde ich so … nicht sagen“, lächelte Harry verliebt. „Du hast es nur auf eine andere Art getan. Eine liebevolle, aber nicht unreizvolle Art.“
„Ist das dein Dad?“, hörte ich die Stimme meiner Tochter, und richtete meinen Blick, zwei Plätze von Mom entfernt.
Teddy stand starr und regungslos vor seinem Vater und Lily nahm ihn liebevoll in den Arm, auch Harry gesellte sich zu den Beiden.
„Remus Lupin.“, bestätigte er. „Teddys Dad. Einer der größten Zauberer aller Zeiten, und ein wahrhafter Freund.“
Remus war noch in seine Prüfungen vertieft, er wirkte bleich und kränklich. „Du kannst wahrlich stolz auf deinen Vater sein, Teddy. Er war ein großartiger Mensch und Freund, und ich bereue keine Minute, die ich mit ihm verbringen durfte.“
„Das bin ich“, antwortete Teddy, und versuchte Remus zu greifen, doch sein Griff ging durch seinen Vater hindurch. „Das bin ich. Und ich bin stolz, dass er für mich gesorgt hat, dass er mir eine Familie gegeben hat. Ihr seid mehr als meine Pflegeltern. Ihr seid meine Familie, eine bessere Wahl hätte er nicht treffen können. Und ich habe sogar Geschwister bekommen.“
„Ist das Peter, die Ratte?“ fragte James. “Zumindest sieht dieser Junge aus, wie eine hässliche Ratte.“
Und tatsächlich starrte er auf einen kleinen Junge mit mausgrauem Haar und spitzer Nase.
Wurmschwanz wirkte bedrĂĽckt, was mich auch heute nicht verwunderte.
Ich wandte meinen Blick von diesem Scheusal ab, und widmete mich wieder dem Techtelmechtel zwischen Mom und Sirius. Dabei fiel mein Blick, wieder auf einen Schmierzettel, auf dem James einen Schnatz und die Initialen L. und E. kritzelte.
„Lily Evans“, murmelte ich vor mich hin.
Die Blicke zwischen Mom und Sirius waren sehr intensiv, intensiver, als ich sie in Erinnerung hatte, vielleicht auch, weil es dieses Mal nicht Snapes Erinnerungen waren. Und mir kam ein erster Verdacht.
Während Flitwick die Prüfungen beendete, und alle Schüler sich auf den Weg nach draußen machten, blieben die Mädchen beisammen.
Zusammen mit Mom und Lily folgten wir der Meute nach draußen, im Windschatten vorn Mom’s jüngerem Ich und Harrys Mom.
„Hat dir die Frage zehn gefallen, Moony?“ hörte ich Sirius fragen. Und ich sah, wie gespannt Teddy auf ein Wort, den ersten Ton aus dem Mund seines Vaters wartete.
„Erste Sahne“, grinste Lupin vergnügt, und Teddy schüttelte sich aufgeregt. „Nennen sie fünf typische Merkmale eines Werwolfs. Klasse Frage.“
„Meinst du, du hast alle Merkmale zusammengekriegt?“ fragte Harrys Dad in einem spöttisch besorgten Ton.
Abgelenkt wurde ich von meiner Mom, die sich hastig an mir vorbeidrängelte, und ganz dicht an Sirius vorbei schlich.
Sie schien sich absichtlich, ganz dicht vorbeizudrängen, ihre Brüste streiften platt seinen Oberarm.
Sirius lächelte ihr zu.
Mom! Wir mĂĽssen ein ernstes Wort reden!
„Du warst mit Sirius schon zusammen?“, nutzte ich die Abgelenktheit der Jungs.
Sie nickte mir schwach zu. „In aller Heimlichkeit, zu diesem Zeitpunkt wussten nicht einmal James und Lily, das wir schon ein Paar waren.“
Mom atmete tief ein.
„Es war eine schöne, ungezwungene Zeit. Wir trafen uns immer heimlich in der Nähe der heulenden Hütte, was aber bei Vollmond Tabu war.“
Unser Weg fĂĽhrte uns hinunter zum schwarzen See.
Ich nutzte die Atempause zu einer weiteren Frage: „Wie waren eigentlich deine Prüfungen?“
„Jahrgangsbeste“, antwortete sie stolz. „Zwar nicht in allen Fächern, aber im Schnitt.“
„Und bei der gerade gesehenen Prüfung?“
Sie verzog leicht ihre Mundwinkel. „Nun, da hatte ich ein kleines Problem mit Frage dreiundzwanzig…“
Während die vier Freunde und meine drei Jungs unter der Buche ihren Platz einnahmen, standen wir am Seeufer.
Harrys Dad gab den arroganten Snob, was vom Seeufer deutlicher zu erkennen war.
Man konnte aber auch sehen, dass die beiden Mädchen James arrogantes Spiel mit dem Schnatz aufmerksam verfolgten.
„Sirius ist in dich verliebt“, lächelte Lily Evans. „Und du in ihn“.
Lily hatte ihre Schuhe ausgezogen und badete ihre Füße im See. „Brrr, ist das kalt“, sie hüpfte wie ein Frosch, und blickte immer wieder hinüber zu diesem arroganten Hornochsen.
„Und du magst diesen arroganten Potter, auch wenn du es nicht zugeben willst.“
„Wenn er nur nicht so eingebildet wäre, dieser arrogante…“
„Red dich nicht raus, Lily. Du hast dich in den Schnösel verliebt.“
„In diesen …, ach vergiss es, das würde nicht gut gehen, ich mag keine Schnösel.“
James Spiel mit dem Schnatz wirkte auch von hier hochnäsig, und mein Eindruck, dass er damit nur Aufmerksamkeit erregen wollte, verstärkte sich. Immer wieder ließ James den Schnatz kurze Zeit los, wartete bis er etwa eine Armlänge entfernt war, dann griff er blitzartig wieder zu.
Auch meine leibhaftige Mom lächelte und schaute mehrfach in Richtung der Jungs, oder besser zu einem der Jungs.
Das Mädchen mit den dichten dunkelroten Haaren, war aus der Nähe noch attraktiver als ich sie von damals in Erinnerung hatte.
Lily war ohne Frage hübsch und äußerst attraktiv.
Lupin las aufmerksam in einem Buch und hatte ĂĽber seiner Schulter einen interessierten Beobachter.
James und Sirius lieĂźen kein Auge vom Seeufer.
Sie fixierten die Mädchen, was auch aus meiner heutigen Sicht klar zu erkennen war.
Keine der Beiden konnte es bestreiten, wenn selbst mehr diese andauernden Blicke auffallen.
Und wieder ging der Blick hinüber zum Wasser, zu den Mädchen.
„Du stehst auf diesen Potter, habe ich recht?“, wiederholte die junge Mary.
Lilys Gesicht verfinsterte sich. „Wenn er nur nicht so ein Idiot wäre.“
„Vielleicht tut er das nur um dich zu beeindrucken.“
„Das ändert nichts an der Tatsache, dass er ein Hornochse ist, genau, wie dein Sirius.“
„Mein Sirius?“, schluckte Mom.
„Glaubst du etwa, ich bin blind?“, Lily lächelte. „Wie lange geht das schon, zwischen euch?“
„Ein paar Wochen…“
„Mir ist langweilig“, sagte Sirius und wandte den Kopf.
„Das wird dich aufmuntern, Tatze“, antwortete James. „Schau mal, wer da ist…“
Sirius wurde sehr ruhig, und ein leises Lächeln schlich auf seine Lippen.
„Bestens“, sein Grinsen wurde immer hämischer. „Schniefelus.“
Die Gesichter der Mädchen wandten sich erschrocken auf Severus Snape.
„O, nein“, stöhnte Lily. „Jetzt geht das wieder los. Diese Idioten, können sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen?“
„Aber du musst schon zugeben, etwas seltsam ist dieser Snape schon.“
Von meinem Standort am See aus, konnte ich sehen, dass auch Snapes Blick starr auf den See und die Mädchen gerichtet war.
„Der steht genauso auf dich“, flüsterte Mom.
„Alles klar, Schniefelus?“, hörten wir James Stimme, absichtlich laut, um Aufmerksamkeit zu erwecken.
Snape reagierte so schnell, als hätte er einen Angriff erwartet. Seine Tasche fiel zu Boden, und mit seiner Hand tastete er unter seinem Umhang nach seinem Zauberstab.
Er hatte ihn schon halb erhoben, als James, „Expelliarmus!“ rief.
Snapes Stab flog einige Meter durch die Luft und fiel mit einem dumpfen Geräusch, hinter ihm ins Gras.
Sirius lachte bellend, wie ein Hund.
„Impedimenta!“ sagte er, als Snape mit einem Hechtsprung nach seinem Zauberstab angesetzt hatte.
Nun riss es ihn von den FĂĽĂźen.
Etliche Schüler hatten sich ringsumher dem Geschehen zugewandt, und sahen größtenteils belustigt zu, wie Snape am Boden keuchte.
James und Sirius gingen auf ihn zu, wobei James im Gehen ĂĽber die Schulter zurĂĽckblickte.
ZurĂĽck zum See, zurĂĽck zu uns.
„Wie ist die Prüfung gelaufen, Schniefelus?“ fragte James höhnisch.
„Ich hab ihn beobachtet, der war mit der Nase auf dem Pergament“, lachte Sirius.
„Diese Angeber!“, fluchte die junge Mom.
„Werden richtige Fettflecken drauf sein, man wird kein Wort lesen können“, höhnte James.
Einige Zuschauer lachten.
Im Hintergrund konnte man ein schrilles Wiehern von Wurmschwanz hören.
Snape unternahm einen weiteren Versuch aufzustehen, doch der Zauber schien ihn immer noch zu lähmen.
Er kämpfte gegen unsichtbare Fesseln.
„Ihr – wartet nur“, keuchte er und starrte unverwandt zu James hoch.
„Worauf denn?“ fragte Sirius kühl. „Was willst du machen, Schniefelus, deine Nase an uns abwischen?“
Snape fluchte um die Wette, eine Flut von Schimpfwörtern und Verwünschungen prasselten über seine Peiniger ein.
„Wasch dir den Mund“, sagte James abfällig. „Ratzeputz!“
Rosa Seifenblasen quollen aus Snapes Mund, und während er zu würgen begann, und Schaum seine Lippen bedeckte, war Lily nicht mehr zu halten.
Das war eindeutig zuviel.
In einem rasanten Tempo schritt sie dem Geschehen entgegen, dich gefolgt von meiner Mom, der der Schrecken ins Gesicht geschrieben stand.
„Lasst ihn IN RUHE!“
Erstaunt drehten James und Sirius ihre Köpfe.
Zwei Jungs und zwei Mädchen starrten sich funkelnd an.
James freie Hand schnellte augenblicklich zu seinem Haar, doch zu spät, Lily baute sich bereits wütend vor ihm auf, schnaubte und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust, während Mom mit zitternden Augen Sirius fixierte.
Lilys dichtes dunkelrotes Haar, das ihr auf die Schultern fiel, schlug heftig im Wind.
„Alles klar, Evans?“ fragte James erstarrt und seine Stimme klang plötzlich freundlicher, tiefer und gar nicht mehr arrogant.
Lilys smaragdgrĂĽne Augen funkelten und blitzen bedrohlich.
Sie blickte James mit tiefer Abneigung an, und fauchte, „lass ihn in Ruhe! Was hat er euch getan?“
„Nun“, antwortete James nachdenklich, „es ist eher die Tatsache, dass er existiert, wenn du verstehst was ich meine…“.
Viele der umstehenden Schüler lachten, so auch Wurmschwanz und Sirius, dessen Lachen aber plötzlich verstummte.
Mary hatte zu Lily aufgeschlossen, und funkelte Sirius mit dem gleichen Blick an, mit dem Lily, James fixierte.
Im näheren Umkreis gab es nur drei Personen, die nicht lachten, Remus Lupin, und diese beiden Mädchen.
„Du glaubst, du wärst lustig“, sagte Lily kalt. „Aber du bist nichts weiter als ein arroganter, lumpiger Quälgeist, Potter. Lass ihn in RUHE!“
„Wenn du mit mir ausgehst, Evans“, lächelte Harrys Dad, doch Lily regierte nicht auf das unmoralische Angebot.
„Komm schon … geh mit mir aus und ich richte nie wieder den Stab auf den ollen Schniefelus.“
Hinter ihm rappelte sich Snape langsam wieder auf, der Lähmzauber verlor an Kraft.
Während er weiter Seifenlauge spuckte kroch er hinüber zu seinem Zauberstab.
„Mit dir würd ich nicht ausgehen, selbst wenn ich nur die Wahl hätte zwischen dir und dem Riesenkraken“, erwiderte Lily, und an ihrer Stimmlage war zu erkennen, dass sie es ernst meinte.
„Na so ein Pech, Krone“.
Sirius wirkte belustigt und wandte sich wieder zu Snape. „Oh!“
Zu spät!
Snape hatte bereits seinen Zauberstab auf James gerichtet, und ein greller Lichtblitz schoss auf Harrys Dad zu.
Über eine Seite von James Gesicht zog sich eine klaffende Wunde, aus der Blut auf seinen Umhang spritzte. James wirbelte herum, und einen weiteren Lichtblitz später hing Snape kopfüber in der Luft, der Umhang war ihm über den Kopf gerutscht und man konnte magere, bleiche Beine und eine alte, schmutzige Unterhose sehen.
Die Umstehenden begannen zu johlen.
Sirius, James und Wurmschwanz brĂĽllten vor Lachen.
Für einen kurzen Moment schien Lilys ursprünglich, wütende Miene zu zucken, als wollte sie lächeln. „Lass ihn runter!“ sagte sie.
„Klar doch“, antwortete James und hob seinen Zauberstab erneut.
Snape stürzte und sackte auf dem Boden zu einem Häuflein Elend zusammen.
Schnell rappelte er sich wieder auf, strich seinen Umhang glatt und erhob erneut den Stab.
„Petrificus Totalus!“
Sirius hatte gedankenschnell gehandelt, Snape kippte vornĂĽber, steif wie ein Brett.
James und Lily starrten sich wortlos in die Augen.
„LASST IHN IN RUHE!“ schrie sie erneut, und hatte ihren eigenen Zauberstab gezückt.
Meine Mom stand wie angewurzelt daneben und schmachtete Sirius an, allerdings hatte ihre Blicke gleichzeitig eine warnende Wirkung.
„Du hattest nichts besseres zu tun, als Sirius in solch einem Augenblick schöne Augen zu machen?“, fragte ich erstaunt meine reale Mom.
„Was hätte ich tun sollen? Das war eine Sache, die nur James und Lily etwas anging, keiner von beiden, hätte ein weiteres Einmischen in ihre komplizierte Situation zugelassen.“
James und Sirius beäugten Lilys Zauberstab argwöhnisch.
„Ah, Evans, zwing mich nicht, dich zu verhexen“, sagte James in ernstem Ton.
„Dann nimm den Fluch von ihm weg!“
James seufzte, sah Sirius an und murmelte den Gegenfluch.
„Na bitte … du hast Glück, dass Evans hier ist, Schniefelus…“
„Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblütern wie der!“
Obwohl ich die Antwort kannte, zuckte ich immer noch erschrocken zusammen, auch Mom hatte eine Gänsehaut auf dem Arm.
„Was ist ein Schlammblut?“, fragte meine eigene Tochter.
„Das ist ein Schimpfwort für einen Zauberer, der nichtmagische Eltern hat“, erklärte ich ihr in Kurzform.
Mein Blick fiel zu Harry, der mit Teddy und James in Remus Nähe geblieben war.
Lily Evans blinzelte.
„Schön“, sagte sie kühl, „In Zukunft ist es mir egal. Und an deiner Stelle, Schniefelus, würde ich mir mal die Unterhosen waschen.“
„Entschuldige dich bei Evans“, brüllte ihm James hinterher und richtete seinen Zauberstab drohend in seine Richtung.
„Ich will nicht, dass du ihn zwingst sich zu entschuldigen“, schrie Lily in James Gesicht. „Du bist genau so schlimm wie er.“
„Was?“ James schnappte nach Luft. „Ich würde dich NIE eine – Du – weißt – schon – was nennen!“
„Zerwuschelst dein Haar, weil du glaubst, es wirkt cool, wenn es aussieht, als ob du gerade vom Besen gestiegen wärst, gibst mit diesem blöden Schnatz an, gehst durch die Korridore und verhext jeden, der dich nervt, nur weil du’s eben kannst – mich wundert’s dass dein Besen mit so einem Hornochsen wie dir drauf überhaupt abheben kann. Du machst mich KRANK!“
Sie wirbelte herum und eilte davon.
„Evans!“ rief ihr James hinterher. „Hey, EVANS!“
Doch Lily stolzierte weiter.
„Was ist los mit ihr?“ fragte James unschuldig.
Sirius schmunzelte.
„Wenn ich so zwischen den Zeilen lese, Mann, würd ich sagen, sie hält dich für ein bisschen eingebildet, das kann mir bei Mary hier nicht passieren.“
Sirius lächelte in Moms Richtung, die immer noch wie angewurzelt da stand. „Oder Mary?“
Mom stützte ihre Hände in die Hüfte, und schrie, „vergiss es, ihr seid doch beide vom gleichen Kaliber!“
Jetzt stolzierte auch Mom davon, ohne sich umzudrehen. „Warte auf mich, Lily“, rief sie Harrys Mom hinterher.
Sirius schluckte eingeschĂĽchtert.
„Was?“ fragte Harrys Dad. „Du wirst doch nicht? … Tatze … du … du, ihr seid zusammen?“
Die weiteren Worte waren nicht mehr zu verstehen, denn Mom war auĂźer ihrer Reichweite.
In schnellen Schritten hasteten sie zurĂĽck zum Schloss.
„Lily, warte doch … bitte.“
Erstaunt sah ich, dass Lily weinte, sie hatte Tränen in den Augen. Sie schluchzte.
„Nimm dir das doch nicht so zu Herzen, der weiß nicht was er sagt, außerdem wurde er gedemütigt. Die Männerehre musste sich wehren.“
„Evans! Hey, Evans!“ James und Sirius waren plötzlich wieder näher gekommen.
Lily schaffte es nicht, sich umzudrehen.
„Irgendwann werden wir unseren Kinder davon erzählen, und vielleicht können wir sogar darüber lachen“, versuchte James eine neuerliche Annäherung.
„Mein Gott, Potter. Bist du ein arroganter Schnösel…“, echauffierte sich Mom. „Du solltest langsam lernen, wann es genug ist, und du aufhören solltest.“
„Aufhören mit was?“, fragte James verwundert.
„Lass sie einfach in Ruhe“, keifte Mom. „Siehst du denn nicht…“
Doch Lily legte beschwichtigend ihre Hand auf ihren Arm, ohne sich zu James umzudrehen. „Lass ihn träumen, Mary. Unsere Kinder…“, sie lachte bitter, und kreiste mit ihrem Finger vor der Stirn, dabei wischte sie sich eine letzte Träne aus dem Gesicht, aber noch immer waren ihre geröteten Augen zu sehen.
„Natürlich“, lächelte James machomäßig. „Unser Sohn und ihre Tochter“, James Finger wanderte zwischen Mary und Sirius hin und her.
Meine Mom errötete.
„Oder hast du etwa geglaubt, ich hätte nicht bemerkt, dass du auf Sirius stehst?“
„James, lass gut sein“, schluckte sogar Sirius.
„Was? Stimmt doch, oder etwa nicht?“
„Wir werden trotzdem keine Kinder haben, zumindest keine gemeinsame“, kam aus Lilys Mund.
„Warum?“, James Augen weiteten sich. „Ich wäre keine schlechte Partie, Evans“.
James starrte sie an, nachdem sich Lily endlich umdrehte.
„Hast du etwa geweint? Das … das wollte ich nicht.“
„Du bist eingebildet, Potter, und selbstsüchtig“, wieder war es Mom, die das Wort ergriff.
„Ich … ich kann auch anders“, zum ersten Mal wirkte James unsicher. „Das bin nicht ich. Ich kann nicht anders in Lilys Gegenwart.“
„Wenigstens bist du ehrlich, aber gemeinsame Kinder? Unmöglich.“
„Wetten?“
„Wetten?“, wiederholte Mom. „Ich weiß, dass du gerne Spiele spielst, und die auch meist gewinnst, aber hier liegst du falsch. Also die Wette gilt“, Mom reichte ihm die Hand entgegen, während Lily nervös zusammenzuckte.
James erwiderte den Händedruck ohne zu zögern. „Du weißt was das bedeutet?“
Mom sah ihn fragend an.
Und meine reale Mom griff nervös nach meinem Arm.
Kommt jetzt das was Harry und sie vorhin angedeutet hatten?
„Du bist dazu bestimmt, unseren Kindern hiervon zu erzählen. Sollte ich Recht haben, dann wären unsere Kinder für alle Zeiten füreinander bestimmt.“
„Ich will dich als Clown auf meiner Hochzeit, du sollst die Gäste fröhlich stimmen, wenn du verlieren solltest.“
„Ich werde da sein, mit einer roten Pappnase“, noch immer drückten sie ihre Hände.
„Du kannst nur verlieren, weil du sogar gestraft bist, wenn du gewinnen solltest, Potter.“
„Und an was denkt da, das klügste Mädchen Hogwarts?“
„An die Patenschaft, die gegenseitige Patenschaft. Aber das wird nie eintreffen.“
Mom wandte sich ab, und zog die sprachlose Lily hinter sich her.
Das war es also!
Wieder einmal bewunderte ich Harrys Scharfsinn.
Ich spĂĽrte Harrys Atem in meinem Genick, und erfuhr eine leidenschaftliche Umarmung.
„Sei deiner Mom, bitte nicht böse“, flüsterte er in mein Ohr.
„Du hast es gewusst?“
„Was heißt gewusst? Wie lange haben wir spekuliert?“
„Du liegst wieder falsch MacDonald. Für Sirius und seine Tochter würde ich alles tun. Wenn es sein muss, sie sogar mit meinem Leben beschützen. Es wäre für mich die größte aller Ehren.“
Die zwei Mädchen warfen blitzartig ihre Köpfe herum.
„Wow, und das aus deinem Mund, Potter.“
„Mary“, rief Sirius. „James lügt nicht, denn ich würde das Gleiche für seinen Sohn tun.“
War das etwa ein flüchtiges Lächeln auf den Lippen der beiden Mädchen?
„James ist ein Kämpfer, bist du dir sicher, auf was du dich eingelassen hast?“, flüsterte Lily.
„Er wird doch keinen bleibenden Eindruck bei dir hinterlassen haben?“
„Vielleicht kann er ja doch über seinen Schatten springen, vielleicht sitzt ja doch tief in seinem Innern ein anderer, herzensguter Mensch.“
„Lily?“, fragte Mom. „Du bist doch nicht etwa…?“
„Und du bist doch nicht etwa in Sirius…?“
Mom schluckte spielerisch.
„Es würde mich nicht stören, die Wette zu verlieren, denn in einem hat Potter recht.“
„Was meinst du?“
„Auch ich würde alles für dein Kind tun.“
„Es notfalls mit meinem Leben beschützen“, ergänzte Lily.
Was Lily letzten Endes auch getan hatte.
Ich blickte abschließend in Mom’s Gesicht, und spürte, dass sie auf meine Frage wartete.
„James hat selten eine Wette verloren“, erklärte sie. „Und nur weil es eine gute Sache war bin ich darauf eingegangen. Es ist genau so gekommen, wie James prophezeit hatte…“.
Mom nickte, mit Tränen in den Augen.
„Aber das bedeutet dass, James und Lily…“
„…deine Paten sind“, erneut nickte Mom.
„Und ich hätte noch einen lebenden Paten.“
„Was meinst du mit hätte?“ staunte Mom.
Der Nebel lichtete sich. Wir standen wieder Arm im Arm in unserem Wohnzimmer.
Fast gleichzeitig erhoben sich alle Köpfe.
Nachdenkliche Gesichter blickten immer noch auf das Denkarium.
Teddy war der Erste, der sich aus unserer Mitte löste, und gemächlich durch das Wohnzimmer schlurfte.
„Alles klar mit dir?“, fragte Harry besorgt.
„Ja, ja“, schluchzte Teddy, „es ist nur…“
Sofort war Lily an seiner Seite, und nahm ihn tröstend in den Arm.
„Auch wenn ich euch unendlich dankbar bin, dass ich das erleben durfte, dass ich meinen Dad sehen konnte, ihn fast anfassen durfte, doch gebt mir ein paar Minuten. Allein … und ich bin glücklich, dass ich hier bei euch sein darf.“
Er hatte uns den Rücken zugewandt, damit wir wohl seine Tränen nicht sehen würden. Nur Lily ließ er in solchen Augenblicken an sich heran. Sie hatte schon von Anfang an, sein vollstes Vertrauen. Und ich war mir sicher, dass sie ihn auch in diesem Moment folgen würde, und dass er es ihr auch erlauben würde ihm zu folgen.
„Er sah krank aus, war ganz blass“, sagte er gedankenvoll.
„Wir hatten noch in der gleichen Nacht, Vollmond“, beruhigte ihn Mom, dann verließ er zusammen mit Lily das Wohnzimmer.
Ich lächelte, weil ich wusste, dass nur Lily ihn jetzt begleiten durfte, dass er nur in Lilys Gegenwart, seinen wahren Gefühlen freien Lauf lassen würde.
Mom hatte sich erschöpft auf die Couch fallen lassen, und James machte es sich auf ihrem Schoß bequem. Verträumt streichelte sie über seine Haare.
„Was meintest du vorhin mit hätte, Harry?“
Mom’s Blick richtete sich auf ihren Schwiegersohn.
„Nun“, begann Harry. „Hätte, weil du erst jetzt dazu stehst.“
„Das stimmt aber nicht ganz…“, unterbrach Mom traurig.
Harry beschwichtigte mit einer wedelnden Bewegung seiner Hand. „Lass mich doch erst einmal zu Ende reden“.
Er folgte ihr auf die Couch und ließ sich neben ihr nieder, dann blickte er erwartungsvoll in meine Augen, und wartete bis ich der Aufforderung folge leistete. Ich setzte mich auf Mom’s andere Seite.
„Hätte, weil du erst jetzt dazu stehst, waren glaube ich meine letzten Worte“, für Harry fort. „…aber dich schon früher, sehr früh sogar geoutet hast.“
Vier Augen starrten Harry fassungslos an.
„Ich habe es aber leider erst viel zu spät bemerkt, um ehrlich zu sein, eigentlich erst heute, bevor wir in deine Erinnerungen eingetaucht sind. Jahrelang hatte ich mir keine Gedanken gemacht, weil alles plausibel erschien, und eine Lösung nahe lag.“
Mom zuckte kurz mit ihrem Gesicht, und ich hatte den Eindruck, stolz und Freude zu erkennen.
Nur ich, stand wieder einmal auf dem Schlauch. „Klärt ihr mich auf?“
„Also da gibt es die Bienchen und die Blümchen…“, lächelte Harry verschmitzt.
„H-a-r-r-y!“ schrie ich empört. So laut, dass James mich völlig verstört anstarrte.
„O, o, dicke Luft“, schnaufte er. „Ich geh … dann mal … in mein Zimmer…“
Mom prustete vor Lachen, was mir einen weiteren Schrei entlockte. „M-o-m!“
„Auch wenn ich die Geschichte von den Bienchen gerne gehört hatte“, hörte ich die plappernde Stimme meines Sohnes, bevor er den Raum verließ.
Ich atmete wütend aus. „Wollt ihr euch nicht gleich miteinander verbünden?“
Harry schüttelte sich vor Freude. „Das liebe ich an meiner Frau am meisten. Ihren empörten Gesichtsausdruck, wenn ich etwas weiß, von dem sie keine Ahnung hat. Da hätte ich sie schon immer auf der Stelle vernaschen können.“
„Und ich könnte Oppugno fluchen…“.
„Siehst du, das ist es was ich meine, ein Gesicht zum Anbeißen.“
Mom entlockte es ein weiteres Schmunzeln.
„Du und James“, sie schüttelte ihren Kopf. „Sadisten, ersten Grades. Du bist wahrhaft sein Sohn, mit Lilys Augen. Ich erstarrte zur Salzsäure, als ich dir zum ersten Mal gegenüberstand.“
„Am Ende unseres ersten Schuljahres, in Kings Cross“, vervollständigte Harry.
Mom nickte.
„Du hast Hermine umarmt und mich angestarrt“, erinnerte sich Harry.
„Du siehst gut aus, Schatz, habe ich gelächelt, es scheint dir tatsächlich gut zu tun … und wie ich sehe, hast du sogar Freunde gefunden“
Ich sehe das Bild heute noch vor mir. „Die besten, die man sich vorstellen kann, Mom … das ist Ron … und das ist Harry … Harry Potter“, habe ich geantwortet.
„Du hättest ihn nicht vorstellen brauchen. Ich habe auf den ersten Blick Lilys Augen erkannt. Ich wusste, wer vor mir stand.“
„Ihr schweift schon wieder vom Thema ab“, drängelte ich genervt.
„Du warst etwas indisponiert, um es vorsichtig auszudrücken, als ich ein überraschendes Geschenk bekam. Alle, selbst ich dachten damals, es wäre von Gonni gewesen.“
„Der Nimbus 2000!“, schrie ich auf, und sah erwartungsvoll zu Mom.
„Hermine hatte uns geschrieben, dass es ihrem Harry, als erstem Schüler überhaupt…“
„Habe ich nicht“, unterbrach ich empört. „Ich habe nicht meinem Harry geschrieben!“
„…gelungen war ins Quidditch Team zu kommen.“. Mom überging meine Empörung schmunzelnd. „Quidditch hattest du übrigens falsch geschrieben.“
„M-o-m!“
„Also war der Nimbus in Wirklichkeit von dir“, sagte Harry.
Mom bestätigte mit einem Kopfnicken.
„Das ist noch nicht Alles, oder? Was bringst du noch mit mir in Verbindung?“
„Eine Umarmung, ein kurzes Gespräch nach Sirius Tod, wieder in Kings Cross. Dir ist ein Fehler unterlaufen.“
„Was hat sie dir gesagt?“ fragte ich in Erinnerung an diese Umarmungsszene. Eine Szene, die mich an meinen Augen zweifeln ließ.
„Erinnerst du dich an deine Worte, Mary?“
„Susan“, erwiderte Mom. „Wir wollen doch keine Verwirrung stiften. Aber, nein, Harry. Ich bekomme die Worte nicht mehr zusammen. Ich war selbst zu aufgewühlt.“
„Und hast unbedacht gesprochen.“
„Harry, raus damit“, forderte ich.
„Dein Pate Sirius ist zwar Tod, aber du bist nicht alleine, du hast immer noch Hermine und m ich, wir werden für dich da sein.“
„Das habe ich wirklich gesagt?“
„Damals nichts Verwerfliches. Auch nichts, über das man sich unbedingt Gedanken machen müsste. Erst heute ergibt es einen Sinn. Dann war da ein Sommerausflug, von dem mir Hermine erzählte, du hast ihr Godrics Hollow gezeigt, einen Ort, den eigentlich niemand auf der Landkarte finden sollte, außer er ist ein Zauberer.“
„Aber das hast nichts mit der Patenschaft zu tun.“
„Das alleine nicht, aber als mir Hermine später davon erzählt hatte, erwähnte sie einen beiläufigen Satz von dir: In dieser Kirche ist Harry getauft worden. Woher wusstest du das, wenn du nicht selbst dabei warst?“
„Klug kombiniert“, staunte Mom. „Dein Scharfsinn ist sensationell.“
Mein Reden!
Harry kramte in seiner Tasche und zog etwas daraus hervor, das er in seiner Faust versteckte.
„Hermine bekam in unserem dritten Jahr ein Weihnachtsgeschenk, von einem unbekannten Freund, dem gleichen Freund, von dem ich gleichzeitig einen Feuerblitz bekam, was mir aber eine gewisse junge Dame missgönnte, und ihn beschlagnahmen ließ“.
„Nur zu deinem Schutz!“, verteidigte ich mich. „Du wirst jetzt nicht auf dieser alten Kamelle herumreiten? Außerdem war dieser Besen eindeutig von Sirius, hat also nicht mit Mom zu tun!“
„Aber das hier!“, Harry öffnete seine Faust, und zum Vorschein kam mein Medaillon.
„Mein Medaillon? Wieso hast du das in deiner Tasche?“, fragte ich überrascht, griff automatisch danach, doch Harry zog es zurück, so dass ich es nicht greifen konnte. Gleichzeitig tastete ich nach meinem Medaillon an meinem Hals.
Erstaunt erkannte ich die Wahrheit in Harrys Worten.
Mom schluckte, und schien sichtlich beeindruckt.
„Das ist nicht dein Medaillon“, lächelte Harry. „Ich dachte allerdings zunächst auch, dass es das wäre.“ Immer noch fragend sah ich ihn an. „Dieses Medaillon war in deinem Geschenk, dem Spickoskop versteckt, das ich zu meinem Siebzehnten geschenkt bekam. Unverpackt. Ich dachte zunächst, dass es aus Versehen in die Verpackung gerutscht wäre, aber dann sah ich Deines um deinen Hals baumeln. Da ich es auch nicht öffnen konnte, legte ich es beiseite, und habe es seither vergessen. Erst vor ein paar Tagen ist es mir wieder in die Hände gefallen, als ich meinen alten Rucksack durchwühlte, den ich James zeigen wollte.“
„Es ist nicht Meines?“
„Es muss sich um das Gegenstück von Sirius Medaillon handeln, und das konnte nur einer Person gehören.“ Harry starrte Mom an, ich tat es ihm gleich.
„Kurz vor deiner Abreise hatte ich es in deinem Geschenk versteckt. Ein offizielles Geschenk wäre zu auffällig gewesen.“
Ich nahm meine Kette vom Hals und Harry lockerte seine Finger. Die Medaillons waren absolut identisch.
„Ich habe nur die Bilder ausgetauscht“, lächelte Mom, während mir in Harrys Medaillon, James und Lily, links, und Mary und Sirius, rechts, entgegenlächelten.
„Es tut mir leid, dass ihr das erst jetzt erfahren habt. Die Zeit schritt voran, und ich traute mich von Tag zu Tag weniger, euch von diesem letzten Geheimnis zu erzählen. James hätte mehr Anstand gehabt, als ich es jemals haben würde. Er wäre sogar auf meiner Hochzeit mit einer roten Pappnase erschienen. Er hatte sie sich schon besorgt. Hermine hielt sie in ihren Händen, als Sirius sie zu mir brachte. James war wahrlich nicht arrogant. Selbst in solchen schweren Zeiten entlockte er mir ein stilles Lächeln, das die Tränen um meine besten Freunde für einen kurzen Moment verdrängen konnte. Du kannst stolz auf deinen Vater sein, Harry. Zweifele niemals an ihm. Ich weiß, es muss ein Schock für dich gewesen sein, als du diese Erinnerung von vorhin zum ersten Male gesehen hast.“
Mit traurigen Augen sah sie Harry in die Augen.
„Die Zeit heilt alle Wunden“, antwortete Harry und umarmte seine Patentante.
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel