von meistermieses
Harry schaute sich um. Seine Augen mussten sich erst einmal an das Tageslicht gewöhnen. Es schien früh am morgen zu sein, ein schöner Tag, so schien es war angebrochen. Harry musste angesichts der ersten Sonnenstrahlen ein wenig blinzeln, so dass er erst nach einigen Minuten dazu kam die Gegend genauer in Augenschein zu nehmen. Das war also der Ligusterweg, ein Weg wie jeder andere, gesäumt von Reihenhäusern auf beiden Seiten. Es war still, nichts schien ungewöhnlich zu sein. Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Und das war auch gut so, denn Harrys Erscheinen hätte in dieser Gegend für Aufsehen gesorgt. Harry sah an sich herunter. Er sah aus wie ein Bettler, in Lumpen gekleidet. Sein Umhang bestand nur noch aus einzelnen Fetzen und sah aus wie von Motten zerfressen. Ständig musste Harry sich seine Haarmähne aus dem Gesicht schieben, damit er überhaupt etwas sehen konnte und zum Überfluss stank er abscheulich. Wenigstens habe ich mir meinen Bart vor einigen Wochen mit einer scharfen Kante des Essenstablettes gestutzt dachte Harry in diesem moment und musste sogar ein wenig Lächeln. Immerhin etwas. Die frische Luft und die Sonne taten ihm gut, er hatte wieder ein wenig zu neuem Mut gefunden. Aber als er an sein Vorhaben dachte schluckte er schwer. Ja, er musste einfach in das Haus Nr. 7, egal was ihn dort erwartete. Das war sein einziger Plan im Verließ gewesen. Ligusterweg Haus Nr.7 war der einzige Ort an den er sich erinnern konnte. Irgendwie musste er seine Erinnerungen zurückerlangen und nur in diesem Haus konnte er mit der Suche nach seiner Vergangenheit beginnen. Langsam setze sich Harry in Bewegung. Er hoffte inständig, dass sich seine Situation nicht verschlimmerte, aber alles war besser als ohne Erinnerung an die vergangenen Zeiten zu Leben. Mit einem unguten Gefühl im Magen klopfte Harry an die Tür. Er wartete, aber niemand öffnete. Harry klopfte ein zweites und ein drittes Mal ohne Erfolg. Erst jetzt bemerkte er, dass die Haustür einen Spalt offen stand. Harry schaute kurz nach links und rechts, ob ihn jemand beobachtete und als er niemanden erblicken konnte, gab er sich einen Ruck und trat ein. Harry gelangte in einen Flur. Es war immer noch totenstill.
Er rief zaghaft „Hallo? Ist jemand zu Hause?“, aber Harry erwartete schon fast keine Antwort mehr. Zwar beunruhigte ihn die offene Haustür, aber große Sorgen machte er sich nicht. Im Flur und in der danebenliegenden Küche sah alles ganz normal aus. Der Hausbesitzer musste wohl vergessen haben die Tür zu zumachen. Auch das Wohnzimmer machte einen völlig normalen Eindruck, so dass sich Harry entschloss, sich erst einmal von den Strapazen zu erholen und auf die Hausbesitzer zu warten. Nach kurzem Suchen fand er ein Badezimmer mit Dusche. Ja, eine Dusche habe ich nötig war gleich Harrys erster Gedanke.
Vorerst brauchte er sich wohl keine Sorgen um seine Gesundheit machen. Offensichtlich war er hier erst einmal in Sicherheit, das Haus und die Umgebung machten einen friedlichen Eindruck. Auch sein Gefühl sagte ihm nichts gegenteiliges. Nun brauche ich nur noch anständige Kleidung war Harrys nächster Gedanke. Und tatsächlich, gleich im Wohnzimmer wurde er fündig. Jede Menge Kleidungsstücke waren auf einen Haufen geworfen. Harry musste schmunzeln. Wer auch immer das Haus bewohnte, es war kein Ordnungsfanatiker. Er betrachtete die Kleidungsstücke. Sie waren eindeutig zu groß für ihn, aber besser als seine Lumpen waren sie allemal. Nun denn, die Hausbewohner werden wohl ein wenig Verständnis für meine Situation aufbringen müssen, ich borge mir die Kleidung nur aus. Mit einem Packen Kleidung machte er sich auf ins Badezimmer, wo er sich entkleidetete und sich sogleich unter die Dusche stellte. Das warme Wasser floss über seinen Körper und Harry konnte innerlich und äußerlich festellen, wie der Dreck der letzten Jahre im Abfluss verschwand. Zum ersten mal seit langer Zeit fühlte er sich richtig gut. Er hatte ganz vergessen wie wohltuend so eine Dusche sein konnte. Harry duschte ausgiebig, trocknete sich danach ab und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Sogleich erschrak er. Sein Gesicht sah eingefallen aus, die Augen waren blutunterlaufen. Seine Haare hingen ihm strähnenartig herunter. Nein, dass kann so nicht bleiben dachte Harry und so begann er sich die Haare zu schneiden. Nach einer geschätzten Ewigkeit wie es Harry erschien, war sein Haar zumindest deutlich, nein sehr deutlich kürzer. Nun konnte sich er im Spiegel betrachten, ohne, dass es ihm peinlich wäre. Ja, so kann ich mich unter die Leute wagen, das ist zwar noch nicht perfekt, aber in ein paar Stunden mehrere Jahre wett zu machen ist auch sehr schwierig. Wieder musste Harry lächeln. Je länger er sich im Spiegel betrachtete, um so mehr gefiel er sich. Er zog sich mehr schlecht als Recht die Klamotten an und wollte gerade das Badezimmer verlassen, als er auf einmal Schritte vernahm, die sich auch noch der Badezimmertür näherten. Harry zuckte sofort zusammen und verhaarte wie angewurzelt Er war nicht in der Lage sich einen Zentimeter zu rühren. Die Schritte kamen immer näher und ehe Harry es sich versah wurde die Tür geöffnet und eine Gestalt trat ein. Als die Person ihn sah, blieb sie wie versteinert stehen. Es schien als hätte sie einen große Schock bekommen. Mit offenem Mund stand sie da, die großen Augen staunend auf Harry gerichtet. Auch Harry starte seinen Gegenüber an. Es war ein massiger breitschultriger junger Mann, etwa so groß wie er selbst und auch ungefähr in seinem Alter. Nach einiger Zeit hatte sich Harry wenigstens wieder etwas gefasst und lächelte seinen Gegenüber an. Der hingegen konnte sich nicht so schnell von diesem Schock erholen. Aber Harry sagte nichts. Was hätte er auch sagen sollen. Lieber ließ er erst einmal die weiteren Geschehnisse auf sich zukommen und lächelte den jungen Mann weiterhin an.
Endlich begann dieser zu sprechen.
„Harry“ war aber das einzige was er herausbrachte. Harry frohlockte innerlich. Immerhin wusste er nun seinen Namen. Er wartete weiterhin, irgendwann würde doch sein Gegenüber die Sprache wiedererlangen. Aber wenn es nach dem dümmlichen Gesichtsausdruck des jungen Mannes ging, schien das noch in weiter Ferne zu liegen.
Doch nach endloser Zeit, wie es Harry schien, war der Mann aus seiner Erstarrung erwacht.
„Harry, ich bin ja total überrascht dich zu sehen. Wir haben ja seit drei Jahren nichts mehr von dir gehört“ brach es aus ihm heraus. „ Zuerst dachten wir, du willst mit uns nichts mehr zu tun haben und nach drei Jahren tauchst du plötzlich wieder auf. Irgendein Zauberer war damals bei Vernon und hat ihm gesagt, dass du verschwunden bist. Ihn hat das natürlich nicht interessiert." Jetzt erst betrachtete er Harry. „Wie siehst du denn aus“, er rümpfte seine Nase „du stinkst auch furchtbar.“ Und als er Harrys Kleidungsstücke sah dämmerte es ihm. „Scheiße, was ist denn mit dir passiert? Wo kommst du her?“ Erst jetzt antwortete Harry „Ich erzähle dir alles im Wohnzimmer. Aber halte dich fest, es ist keine schöne Geschichte, du wirst mir vielleicht auch einiges nicht glauben.“ Und so erzählte Harry dem jungen Mann was er in den letzten drei Jahren erlebt hatte. Sein Gegenüber nahm die Geschichte bemerkenswert gefasst auf.
„Ah, das erklärt einiges. " Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu. „Ich bin übrigens dein Cousin Dudley, dass habe ich ja total vergessen zu erwähnen. Du kannst von Glück reden, dass Petunia und Vernon, meine Eltern, in Urlaub sind. Erst gestern sind sie abgereist. Ich glaube die wären nicht sehr froh über dein Erscheinen. Also ich glaube es nicht! Gestern Nacht komme ich völlig besoffen von einer Party nach Hause und wen treffe ich am nächsten Tag nichts ahnend im Haus. Harry Potter! Wie bist du eigentlich hereingekommen?
„Die Tür stand offen“
„Oh man ich muss ja wirklich total besoffen gewesen sein.
Gut für dich“, fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu. Nun konnte sich Harry nicht mehr zurückhalten. Er beugte sich vor und sprach mit Aufregung in der Stimme. „Dudley, kannst du mir etwas über mich, über meine Eltern, meine Freunde, meine Identität erzählen. Du weißt bestimmt einiges“, fügte Harry mit einem bittenden Blick hinzu. Schlagartig verschwand Dudleys Lächeln. Nach einigem Zögern antwortete er.
„Ja, ich kann dir etwas erzählen, aber nicht viel. Weißt du, unsere Familie ist nichtmagisch und meine Eltern sind Zauberern auch nicht sehr aufgeschlossen. Was ich dir erzählen werde wird dir nicht gefallen, aber es muss sein. Und mit einem Seufzer begann Dudley von dem Tod von Harrys Eltern und der danach folgenden Zeit von Harry im Ligusterweg zu erzählen. Mit den Worten „Und als du diesen Lord Irgendwas getötet hattest, wurden wir entlassen und durften wieder in den Ligusterweg einziehen" schloss er seinen Bericht. Harry konnte es nicht fassen. Er hatte seine Eltern verloren und konnte sich auch nicht an ihre Gesichter erinnern. Auch Dudley wusste nicht wie sie ausgesehen hatten, auf Harrys Nachfrage zuckte er nur mit den Schultern. Sein Onkel und seine Tante hatten ihn eher unterdrückt als beschützt, sogar Dudley hatte ihn ausgenutzt. Sein Cousin hatte sich aber, wie er behauptete, gewandelt. Dudleys Eltern hassten Harry zwar nicht mehr, waren ihm aber dennoch nicht wohlgesinnt. Das war nun sein Leben gewesen in der Muggelwelt. Aber über sein richtiges Leben, sein Leben in der Welt der Zauberer, davon hatte sein Cousin keine Ahnung. Nur die Schule für Zauberei, Hogwarts mit Namen, war Dudley bekannt. Und mit irgendwelchen Namen von Harrys früheren Freunden konnt er auch nicht dienen. Verzweifelt hatte sich Dudley zu erinnern versucht, aber es nützte nichts. Die einzige Verbindung von Harry zur magischen Welt war sein Name, irgend ein dunkler Lord sowie die Schule für Zauberei.
Dudley riss Harry aus seinen Gedanken. Er druckste herum. „Also Harry, wie soll ich sagen, es tut mir unheimlich Leid, was ich dir früher angetan habe. Kannst du mir verzeihen? Ich werde auch alles tun um dir zu helfen deine Identität wieder zu erlangen. In Dudleys Augen glitzerten Tränen. Als Antwort begann Harry den überraschten Dudley zu umarmen. Weinend lagen sie sich in den Armen. „Ja“ antwortete Harry. „Wie könnte ich meinem einzigen jetzigen Freund nicht verzeihen“ Auch er ließ seinen Gefühlen freien Lauf, zu froh war er endlich einer ihm wohlgesinnten Person aus seiner Vergangenheit begegnet zu sein. Nach einiger Zeit lösten sie sich von einander. Es herrschte eine bedrückende Stille. Jeder war in Gedanken. Harry bei seinen toten Eltern die er nicht kannte und seiner Identität von der er so wenig wusste und Dudley bei irgendwelchen Dingen, die er vielleicht zu erzählen vergessen hatte. Schließlich sagte Harrys Cousin „Ich werde uns erst einmal etwas zu essen machen. Du bist bestimmt hungrig und wie du aussiehst“, er bedachte Harry mit einem besorgten Blick, „ solltest du auf jedenfall noch etwas auf die Rippen bekommen. Gesund ist dein Körpergewicht auf gar keinen Fall.
Nach einem schönen und reichhaltigen Essen fällt es uns bestimmt leichter einen Plan zu entwickeln, mit dem wir dein kleines Identitätsproblem lösen können“ fügte Dudley lächelnd hinzu. Das ließ Harry sich nicht zweimal sagen, denn auch sein Magen begann zu knurren und so folgte er seinem Cousin in die Küche.
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