von meistermieses
Harry erwachte. Noch ein wenig verschlafen öffnete er die Augen und sah sich um. Auf einem anderen Sofa lag sein Cousin und schlief friedlich. Harry dachte an den gestrigen Tag zurück. Er war unheimlich glücklich, dass er seine alten Freunde wieder gefunden hatte, doch trotzdem war er auch ein wenig betrübt. Harry wünschte sich so sehr seine Erinnerungen vollständig wieder zu erlangen. Diese Erinnerungen waren ein Teil von ihm, und ohne sie fühlte er sich seltsam leer. Hoffentlich konnte ihm dieser Dean weiterhelfen. Harry stand auf, ging duschen und zog sich an. Erst jetzt fühlte er sich vollständig ausgeruht und bereit für neue Taten. Die Dusche hatte ihm gut getan.
Harry schaute auf seine Uhr. Bald würden Ron und Hermine kommen. Hoffentlich hatten sie gute Neuigkeiten.
Nun fiel sein Blick auf den immer noch schlafenden Dudley.
„Dudley, du kannst doch nicht den ganzen Tag verschlafen! Raus aus den Federn!“
Sein Cousin schaute Harry schlaftrunken an.
„Was, jetzt schon?“
„Bald kommen Ron und Hermine und ich glaube es macht keinen guten Eindruck, wenn du hier noch faul rumliegst.“
Dudley erschrak. War es schon so spät?
„Gleich, nur noch eine Minute. Versprochen“
Bevor Harry etwas seinem Cousin erwidern konnte durchbrach eine andere Stimme plötzlich die Stille.
„Wer seid denn ihr? Ist Ron bei euch?“
Augenblicklich drehte sich Harry um.
Ein junger rothaariger Mann, vermutlich etwas älter als er, der Ron ziemlich ähnlich sah, war gerade aus dem Geheimgang hervorgekommen. Als dieser Harrys Gesicht sah zuckte er ruckartig zusammen.
„Oh mein Gott! Harry Potter, das ist doch nicht möglich.“
Aber im Gegensatz zu Ron hatte dieser Mann bessere Nerven. „Doch du bist es, daran besteht kein Zweifel.“ Rasch schritt er auf Harry zu und umarmte ihn.
„Man bin ich froh dich zu sehen. Seit dem du und Fred weg wart, war es hier nur halb so lustig. Fred kann zwar nicht mehr zurückkommen, sagte der rothaarige Mann mit trauriger Stimme, aber immerhin bist du jetzt wieder hier. Wieso hat mir eigentlich mein idiotischer Bruder Ron nichts erzählt? Ich hatte ihm eine Nachricht geschrieben, dass wir uns heute mit Dung hier treffen, aber er hat sich nicht gemeldet. Weißt du vielleicht, was gestern passiert ist, und wo er jetzt ist? Ich habe seit gestern morgen nichts mehr von ihm gehört.“
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu. „Was ist hier eigentlich los, es scheint fast als hätte ich einiges verpasst“ und als sein Blick auf Dudley fiel „Wer ist das eigentlich.“
Harry schaute seinem Gegenüber ins Gesicht. Das war also Rons Bruder George. Ron hatte ihm schon einiges von George erzählt. Nun, ihm kann ich auch vertrauen dachte Harry und antwortete.
„Ich werde dir jetzt meine Erlebnisse der letzten drei Jahre erzählen, aber bitte halte dich fest. Es ist eine unglaubliche Geschichte.“
„Da bin ich ja mal gespannt“ antwortete ihm George und machte es sich auf einem freien Sessel bequem.
Harry begann nun schon zum insgesamt vierten Mal seine Erlebnisse zu berichten. Nachdem er geendet hatte ergriff George das Wort. „Vielleicht hat dir Ron schon von mir erzählt, ich bin sein Bruder George.“ Als Harry nickte fuhr George fort. „Jetzt wird mir einiges klar. Aber das kriegen wir schon hin, du hast schon viel schlimmere Sachen überstanden. Da mache ich mir mehr Sorgen um Ron. Anscheinend hat er Hermine nach Strich und Faden belogen, aber das muss er alleine ausbaden. Selbst Schuld, wenn man sich auf Dung verlässt.“ Er schaute auf seine Uhr „Es ist schon viertel vor zwölf, eigentlich sollte Dung längst hier sein.“
„Was, schon so spät?“ entgegnete Harry George erschrocken. „Wir waren um elf Uhr hier mit Hermine und Ron verabredet.“
„Nun dann werden sie sich halt ein wenig verspäten. Bei Ron ist eine Stunde Verspätung fast schon normal“ antwortete ihm George lachend.
„Ihr habt bestimmt Hunger nehme ich an“ Als Harry nickte fuhr George fort. „Mein Vorschlag. Wir gehen einfach gemeinsam durch einen Geheimgang in die Küche von Hogwarts und stibitzen uns etwas zu Essen. Das dauert nicht sehr lange und ist allemal besser als hier mit knurrendem Magen auf Ron, Hermine und Dung zu warten."
Harry stimmte George zu. Das war auch in seinem Interesse. Sein Magen knurrte und wenn die anderen sich verspäteten konnte er auch nichts dafür. Dudley war schon abmarschbereit. Auch er hatte natürlich gegen ein großes Frühstück nichts einzuwenden.
„Na dann mal los. Zieht euch die Kapuzen tief ins Gesicht. Ich glaube zwar kaum, dass dort wo wir lang gehen sich irgendjemand aufhält, aber sicher ist sicher“ rief George seinen beiden Begleitern zu, bevor er den Raum verließ.
Ginny erwachte. Sie räkelte und streckte sich. Ausnahmsweise einmal hatte sie gut geschlafen. Kurze Zeit später war sie schon aufgestanden und frühstückte. Währenddessen dachte sie an den gestrigen Abend zurück. Zuerst hatte sie sich große Sorgen um Ron und Hermine gemacht. Sie waren ihr ein und alles und ohne sie hätte sie jede Hoffnung verloren. Doch die schöne Nachricht hatte sie aufgemuntert. Ron und Hermine würden heiraten. Es war einfach unglaublich. Sie freute sich sehr für ihre beiden Freunde, doch auch Wehmut erfasste sie. Warum konnten ihre Freunde glücklich sein und sie nicht? Immer wenn sie an das Glück von Ron und Hermine dachte, musste sie unweigerlich an Harry denken. Und schon war die Freude dahin. Es war wirklich zum Verzweifeln. So hin und hergerissen zwischen Freude und Trauer saß sie eine geraume Zeit einfach nur da, bevor sie aufstand und wieder in ihr Zimmer ging. Was sollte sie mit dem heutigen Tag anfangen? Vielleicht spazieren gehen? Ja, das war eine gute Idee, aber zuerst wollte sie nach Hermine sehen. Ginny war neugierig, vielleicht war ja Ron bei mir. Sie kramte die Karte der Rumtreiber hervor, eine der wenigen Erinnerungsstücke, die ihr von Harry geblieben waren.
„Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin“
Mit einem Mal erschien auf der Karte Hogwarts mit all den Gängen und Sälen. Sie fuhr mit dem Finger über einen Raum, der mit Bibliothek gekennzeichnet war. Überrascht schaute sie auf. Hermine war nicht in der Bibliothek. Die gewissenhafte Hermine versäumte einen Arbeitstag, nein dass war sehr merkwürdig. Ginny musste lächeln. Vielleicht hatte ihr Bruder Ron seine Finger im Spiel. Vermutlich machten sie es sich gerade irgendwo schön gemütlich. Ja das wird es wohl sein.
Ginny wollte gerade die Karte wieder weglegen, als sie auf einen ihr bekannten Namen aufmerksam wurde. Sie staunte nicht schlecht. In der Küche von Hogwarts befand sich ihr Bruder George. Was der dort zu suchen hatte? Einige Meter hinter ihm bemerkte sie zwei weitere Namen.
Schlagartig zuckte Ginny zusammen. Ihr Herz machte einen Satz. Das konnte nicht möglich sein! Ginny rieb sich die Augen. Nein, es war keine Einbildung. Harry Potter war in diesem Moment in Hogwarts, daran bestand kein Zweifel. Die Karte der Rumtreiber sagte immer die Wahrheit. Wie in Trance folgte sie mit einem Finger ihrem Geliebten, bis dieser auf einmal nicht mehr auf der Karte zu finden war. Ginny wusste sofort, wo sich Harry jetzt befand. Der Raum der Wünsche war der einzige Ort in Hogwarts, den die Karte nicht aufspüren konnte. Zitternd legte Ginny sie beiseite. Sie konnte nur noch an Harry denken. Unglaubliche Sehnsucht erfasste sie. Sie musste jetzt unbedingt zu ihm, keine weitere Sekunde so schien es ihr, könnte sie noch ohne ihn aushalten. So apparierte Ginny nach Hogsmeade ohne überhaupt einen Gedanken daran zu verschwenden, wieso Harry sich versteckt hielt und niemand ihr etwas über sein Auftauchen erzählt hatte.
Hermine stand bewegungslos im Raum. Sie konnte es immer noch nicht richtig begreifen. Irgendetwas musste passiert sein, dessen war sie sich ganz sicher. Aber was?
Sie schaute Ron verzweifelt an, der ihren Blick aber nur mit einem schulterzucken beantwortete. Offensichtlich hatte er auch keine Ahnung.
Plötzlich hörte sie ein lautes Geräusch hinter sich. Hermine drehte sich um und bemerkte mit Erstaunen, dass ein ihr bekannter Mann aus dem Geheimgang kroch. Dung! Was machte der denn hier? Vielleicht hatte er ja etwas mit Harrys verschwinden zu tun. Das traute sie ihm ohne weiteres zu. Hermine richtete ihren Zauberstab auf ihn und rief. „Was hast du hier zu suchen?“
Dung schaute sehr überrascht Ron an, dessen Gesicht bei Dungs auftauchen eine kreideweiße Farbe angenommen hatte.
„Was hat denn die hier zu suchen? Ich dachte wir wollten uns nur zu dritt treffen?“
„Wie zu dritt? Ron, was ist hier eigentlich los?“ Hermine hatte das dumpfe Gefühl, dass ihr Freund ihr etwas verheimlichte. Als dieser immer noch nicht antwortete platzte Hermine der Kragen.
„Raus mit der Sprache. Was hast du schon wieder angestellt? Wir haben doch schon genug Probleme wegen Harry und trotzdem machst du noch Geschäfte mit Dung hinter meinem Rücken. Wir wollten uns doch vertrauen, aber wie es scheint, ist das dir mal wieder entgangen!“
„Wie Harry lebt und ist hier?“ Dung hatte sich wieder eingeschaltet. „Wieso weiß ich davon nichts?“
Hermine stöhnte auf. Auch das noch. In ihrer Wut hatte sie unabsichtlich Harrys Namen erwähnt und das ausgerechnet in der Anwesenheit von Dung. Damit war die Ruhe dahin. In kürze würde jeder erfahren, dass Harry hier war. Und das war alles Rons Schuld. Mit zornigem Blick starrte sie ihn an.
„Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, oder traust du dich schon nicht mehr?“
Ron schaute seine Freundin angsterfüllt an. Jetzt steckte er wirklich in der Klemme. Siedend heiß fiel ihm plötzlich ein, dass er Georges Nachricht gar nicht gelesen hatte. Vermutlich war sie der Grund für Dungs erscheinen hier. Aber wo war George?
Ron wollte gerade Hermine alles beichten, als sich die Tür öffnete und George mit Harry und Dudley im Schlepptau eintrat.
Alle Blicke waren auf die Neuankömmlinge gerichtet.
Hermine fasste sich als erste „George, könntest du mir bitte sagen, was hier los ist. Deinem Bruder scheint es die Sprache verschlagen zu haben. Vielleicht kannst du ihm ja ein wenig auf die Sprünge helfen.“ Und als sie das Essen bemerkte, dass die drei in ihren Händen hielten fügte sie hinzu. „Ihr kommt doch nicht etwa aus der Küche. Das ist doch Diebstahl!“
„Hey Ron! Da musst du alleine durch, tut mir Leid. Sag ihr einfach die Wahrheit, auch wenn es schwerfällt. Das ist das Beste, glaub mir. Und um deine Frage zu beantworten Hermine. Wir waren wirklich in der Küche. Ihr hättet die beiden ja fast verhungern lassen. Ein Glück, dass ich genau weiß, wo hier etwas Essen zu finden ist.
Die Hauselfen können ja heute ein bisschen mehr kochen. Dann fällt unser kleiner Diebstahl überhaupt nicht auf“ fügte Rons Bruder lachend hinzu. Hermine bedachte George mit einem ärgerlichen Blick und wandte sich abermals an Ron.
„Jetzt bis du an der Reihe. Es wird langsam Zeit, dass du dich am Gespräch beteiligst!“
Ron druckste herum. „Nun, ich habe wirklich großen Mist gebaut.“
„Das ist ja ganz was neues. Komm bitte ausnahmsweise mal gleich zum Punkt.“
„Ja Ron, rede nicht um den heißen Brei herum, sondern sag ihr doch gleich, dass Harry und Dudley in Dungs Auftrag unsere Produkte an die Schüler in Hogwarts verkauft haben. Und Hermine, drei mal darfst du raten wer Dung die Scherzartikel mitgegeben hat.“ Ron schaute seinen Bruder ärgerlich an. Jetzt war es heraus. Nervös knete er seine Hände. Er betete, dass Hermine nicht gleich explodieren würde. Hoffentlich gab sie ihm noch eine Chance.
Hermines Stimme riss Ron aus seinen Gedanken.
„Ron, stimmt das was dein Bruder gerade gesagt hat?“ Er nickte. Jetzt fürchtete er sich noch mehr davor was kommen würde. Hermines Tonfall war sehr ernst gewesen und das war nicht gut. Ron befürchtete schon das Schlimmste.
Doch bevor er sich noch weitere Gedanken machen konnte hatte eine neue Person den Raum der Wünsche durch den Geheimgang betreten. Ron stockte augenblicklich der Atem, als er Ginny erkannte. Und nicht nur ihm erging es so.
Ginny blickte sich verwundert um. Mit so vielen Personen hatte sie nicht gerechnet.
Im nu hatte sie Harry ausfindig gemacht. Er stand umrahmt von George und einer anderen Person, die sie nicht kannte in der Nähe der Tür. Ginny wurde es warm ums Herz. Sie konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie wollte ihren Geliebten jetzt einfach nur noch umarmen.
Mit raschen Schritten lief sie an Ron, Hermine und Dung vorbei, direkt auf Harry zu und stürzte sich Hals über Kopf in seine Arme.
Für Harry passierte alles wie in Zeitlupe. Zuerst der Streit zwischen Ron und Hermine, dann tauchte auf einmal diese junge rothaarige Frau auf, die er von Dudleys Foto her kannte. Überrascht musste Harry feststellen, dass die junge Frau auf ihn zulief und noch überraschter war er, als sie sich in seine Arme warf. Im selben Moment, als sie ihn berührte passierte das Unglaubliche. Eine Welle von vergessenen Erinnerungen strömte durch Harrys Gehirn. Ihm wurden in Sekundenbruchteilen Bruchstücke seiner früheren Erlebnisse bewusst, aber immer wenn er eine Erinnerung fassen wollte, wurde sie schon von der nächsten verdrängt. Harrys Kopf schmerzte fürchterlich. Er wünschte sehnlichst, dass es aufhörte. Sein Gehirn konnte so viele neue Erinnerungen nicht verkraften. Aber es nützte nichts. Der Strom der Erinnerungen schien nicht abzureißen. Harrys Augen traten aus ihren Höhlen hervor, seine Knie gaben nach und schließlich stürtzte er, mitsamt Ginny, ohnmächtig zu Boden.
Harrys Gedächtnis war zwar wieder hergestellt, aber zu welchem Preis?
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