von meistermieses
Ginny hielt schon seit Stunden Harrys Hand. Obwohl die Nacht hereingebrochen war, konnte niemand sie von Harrys Krankenbett wegbewegen. Sie hoffte sehnlichst, dass ihr Freund sich erholen würde. Ginny schluchzte. In Gedanken war sie wieder einmal bei den Ereignissen im Raum der Wünsche.
Die kurze Zeit in der sie in Harrys Armen gelegen hatte, war für sie der schönste Moment in den letzten Jahren gewesen. Sie hatte sich lange nicht mehr so unheimlich glücklich und geborgen gefühlt. Als Harry aber plötzlich ohnmächtig zu Boden sank, war für Ginny die Welt zusammengebrochen. Sie war für kurze Zeit wie erstarrt, da sie ja auch nicht wusste was mit ihrem Geliebten passiert war. Ihre Freunde waren zum Glück schon besser informiert. Schnell waren sie mit dem ohnmächtigen Harry ins Mungos appariert. Ein sichtlich überraschter Dean Thomas hatte ihn dann sofort untersucht. Während sie alle gespannt auf die Untersuchungsergebnisse warteten, wurde Ginny in die Geschehnisse der letzten Tage eingeweiht. Erst darauf hin war ihr vieles klar geworden. Jetzt verstand sie endlich, wieso Harry sich versteckt gehalten hatte und ihr niemand etwas von seinem Auftauchen erzählt hatte. Ginny schluckte schwer. Es war ihre Schuld, dass ihr Liebster im Krankenhaus lag. Blind vor Liebe war ihr gar nicht bewusst geworden, dass etwas mit Harry nicht stimmte. Als sie ihn zusammen mit George auf der Karte der Rumtreiber gesehen hatte, hätten bei ihr die Alarmglocken klingeln müssen. Nicht ohne Grund hatten ihre Freunde ihn vor ihr ferngehalten. Aber sie hatte alle Vorzeichen ignoriert und somit den schrecklichen Zustand, in dem sich nun ihr Freund befand, heraufbeschworen. Wie sollte sie sich das jemals verzeihen können.
Wieder einmal brach Ginny in Tränen aus. Es stand nicht gut um ihren Freund. Für die Ärzte war Harrys Zustand absolutes Neuland. Er lebte zwar, aber wie es um sein Gehirn bestellt war konnte niemand sagen. Sie mussten abwarten, bis Harry sein Bewusstsein wiedererlangen würde. Dann würden sie erfahren, ob sein Gehirn bleibende Schäden davongetragen hatte.
Wenn er überhaupt aufwachte, aber daran wollte Ginny schon gar nicht mehr denken.
Die anderen waren schon lange gegangen. Aber Ginny würde bis zum bitteren Ende Harry am Krankenbett Gesellschaft leisten. Drei lange Jahre hatte sie auf ihn gewartet und jetzt wo er zurückgekehrt war, würde sie ihn niemals mehr verlassen. Immer noch schluchzend küsste sie seine warme Stirn. Das Leben war so ungerecht! Warum musste denn gerade sie so schrecklich leiden?
„Ron wie soll es jetzt mit uns weitergehen?“ Es war schon später abend, Hermine und ihr Freund waren gerade aus dem Krankenhaus nach Hause disappariert. Harrys Zustand war stabil und sie hätten sowieso nichts mehr für ihn tun können. Nun hieß es also abwarten und hoffen.
Jetzt wo Harry gut versorgt war, musste sich Hermine um ihr eigenes Problem kümmern und das hieß Ron!
Sie wusste nicht ob ihre Beziehung so noch einen Sinn hatte. Ohne Vertrauen ging es nicht und Ron hatte ihr Vertrauen missbraucht und sie so tief verletzt. Was hatte der sich nur dabei gedacht? Nun, sie würde sich anhören was er zu sagen hatte und dann konnte sie immer noch entscheiden wie es mit ihnen weitergehen würde. Klar liebte sie Ron noch, aber sie konnte sich ja auch nicht alles gefallen lassen. Irgendwann war auch ihre schier unendliche Geduld erschöpft.
Sie sah ihn weiterhin fragend an. Woran er wohl gerade dachte?
Hermines Frage hatte Ron sichtlich getroffen. Er hatte gehofft, dass sie dieses Thema erst am nächsten Morgen ansprechen würde, aber da hatte er sich getäuscht. Nun, dann musste er sich jetzt damit auseinandersetzen. Ron ärgerte sich über seine eigene Dummheit und Unfähigkeit. Er liebte Hermine über alles. Für ihn ging mit ihr die Sonne auf und wieder unter. Und trotzdem hatte er ihre Beziehung so leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Nicht nur, dass er sie belogen hatte. Nein, er war auch nicht mutig genug gewesen es zuzugeben. So musste Hermine alles aus Georges Mund erfahren. Das hatte sie wahrscheinlich am meisten getroffen. Er schaute seiner Freundin traurig ins Gesicht. Ron würde es ihr nicht verdenken, wenn sie die Beziehung jetzt beenden würde.
Aber es war noch nicht aller Tage abend. Er würde um seine Hermine kämpfen, koste es was es wolle. Ein wenig Mut war in ihm zurückgekehrt. Jetzt würde er sich zusammenreißen und endlich einmal etwas tun, was er in den letzten Tagen grob vernachlässigt hatte: Die Wahrheit zu sagen.
„Hermine, es tut mir wirklich schrecklich Leid. Was ich getan habe war einfach absolut dämlich. Dafür gibt es auch keine Entschuldigung, so etwas hätte ich niemals machen dürfen.
Ich liebe dich so sehr und hoffe, dass du genauso viel für mich empfindest. Du bist mein Licht im Dunkeln. Ohne dich kann ich nicht leben. Ich würde alles für dich tun, einfach alles. Ich weiß, dass ich sehr viel Mist gebaut habe und bin mir auch absolut bewusst, dass es so nicht weitergehen kann. Aber jetzt, wo unsere Beziehung auf der Kippe steht, habe ich solche Angst dich zu verlieren. Gib mir bitte noch eine letzte Chance. Ich verspreche dir hoch und heilig, dass es nicht vergebens ist. Ich werde aus meinen Fehlern lernen, so dass so etwas niemals mehr passieren wird.
Bitte!!“
Ron schaute Hermine mit flehendem Gesichtsausdruck an. Jetzt war alles gesagt und er konnte nur noch hoffen.
Rons Ansprache hatte Hermine sehr berührt. Endlich einmal war er ehrlich gewesen. Aber dennoch hatte er sie sehr verletzt. Die schönen Worte konnten nicht alles wettmachen. Sie war ein wenig verunsichert und wusste nicht genau, was sie tun sollte. Ihr Verstand sträubte sich dagegen Ron noch eine letzte Chance zu geben, aber ihr Herz sprach eine andere Sprache. So innerlich zerrissen hatte sie sich lange nicht mehr gefühlt. Nun sie würde die Entscheidung vertagen. Es war eine wichtige Angelegenheit und sie wollte jetzt nach diesem anstrengenden Tag nicht etwas entscheiden, was sie hinterher noch bereuen würde.
Mit ernstem Gesichtsausdruck antwortete sie Ron „Ich werde es mir überlegen.
Ich gehe nun schlafen. Du kannst dich ja in Ginnys Bett legen“ fügte sie nach einer kurzen Pause noch hinzu.
„Dein Wille sei mir Befehl.“ Hermines Antwort war zwar nicht die, die er erhofft hatte, aber sie war besser als nichts. Er merkte, dass sie innerlich mit sich kämpfte. Das war nun seine Chance. Morgen wollte er wenigstens einmal alles richtig machen. Er musste ihr unbedingt beweisen, dass seine Worte keine hohlen Phrasen gewesen waren, sondern, dass er sich wirklich verändern wollte. Und ganz langsam begann in seinem Gehirn eine unglaubliche Idee Gestalt anzunehmen. Ron musste lächeln. Für seine kuriosen Ideen war er schon bekannt. Doch diesmal war er sich auch noch sicher, dass seine Idee nicht nur eine unglaubliche, sondern auch eine sehr gute war. Das würde der ultimative Liebesbeweis werden. Hermine würde ihm daraufhin bestimmt verzeihen.
Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er in Ginnys Zimmer. Er musste am nächsten Tag unbedingt ausgeruht sein, denn sein Plan konnte, wenn überhaupt, nur mit einem klaren Kopf funktionieren.
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