von Hauself
Die letzten goldenen Sonnenstrahlen küssten noch einmal die mit Schnee bedeckten Baumwipfel in Hogwarts, bevor die Sonne endgültig der kalten Nacht wich. In der Nähe der Zaubererschule, in dem kleinen Dorf Hogsmeade, gingen langsam die Laternen an und erfüllten die dunklen Gassen mit ihrem Lichterschein. Und während dicke Schneeflocken gemächlich vom Himmel auf die Erde herabfielen, erwachte das Dörfchen zum Leben.
Die Gerüche von Butterbier und gebrannten Mandeln drangen durch die Straßen und lockten die vielen Hexen und Zauberer, die in der klirrenden Kälte unterwegs waren, hinein in die warmen Pubs.
In den "Drei Besen" herrschte mittlerweile Hochbetrieb. An einem der Tische saßen zwei junge Leute, in ein Gespräch vertieft. „Die anderen wissen doch, dass wir uns um neunzehn Uhr treffen wollten, oder Albus?“, fragte Rose Weasley und blickte auf ihre Uhr. Albus Severus unterdrückte ein Seufzen. „Natürlich wissen sie das, Rose. Es ist gerade mal zwei Minuten nach neunzehn Uhr. Du kennst sie doch. Niemand ist so überpünktlich wie du.“ Er bemerkte das leichte Aufflackern von Verletztheit und strich seiner Freundin, die in all den Jahren fast wie eine Schwester für ihn geworden war, über den Arm.
„Sei nicht böse, Rose. Das war nicht ernst gemeint. Du kennst uns schon seit Ewigkeiten. Wann sind wir schon mal pünktlich gewesen?“ Ein kleines Lächeln umspielte Roses Lippen, als sie antwortete: „Aber du bist auch pünktlich, Albus. Nur die anderen…“ Sie unterbrach sich selbst, als ein hoch gewachsener junger Mann mit blonden Haaren an ihren Tisch trat. „Hey, Albus! – Rose.“ „Scorpius! Etwa auch hier, um dich aufzuwärmen?“ Albus grinste seinem Freund zu, während Rose nur nickte und dann den Kopf abwandte. Sie konnte und würde wohl nie verstehen, warum Albus mit Scorpius Malfoy befreundet war. Gut, sie waren beide in Slytherin. Aber jeder kannte die Geschichte von Draco Malfoy und da hatte Rose nicht erwartet, dass Albus sich mit jemandem wie ihn verstehen würde.
„Also, man sieht sich.“, sagte Scorpius gerade, als Rose aus ihren Gedanken wieder auftauchte. „Bis dann, Albus. – Mach’s gut, Rose.“ Wieder schaffte sie nur ein kurzes Nicken und blickte ihm hinterher, wie er davon stolzierte. Ganz der Vater, wie ihr Dad immer zu sagen pflegte. „Was macht der eigentlich nach seinem Abschluss?“, wollte Rose wissen und wandte sich wieder Albus zu. „Er übernimmt den Posten von Percys Assistenten.“ Rose schnaubte ungehalten. „Da sieht man es mal wieder, was Beziehungen so ausmachen. Sein Vater ist die rechte Hand von Percy und was macht sein Sohn? Wird Assistent des Ministers…“ „Rose, ehrlich. Ich verstehe nicht, warum du so ein schlechtes Bild von Scorpius hast. Er hat super Noten in der Schule. Vielleicht spielt die Beziehung, die sein Vater zu Percy hat, eine Rolle, aber in erster Linie hat er den Job bekommen, weil er wirklich gut ist.“ Rose schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht. Ich habe nie verstanden, warum…“
In diesem Moment wurde sie von lautem Gejohle und Lachen unterbrochen. „Da seit ihr ja!“, rief Albus erfreut und begrüßte seine Geschwister James und Lily, und Roses Bruder Hugo. Die Freunde ließen sich auf den freien Plätzen nieder und schon konnte man kaum ein Wort verstehen, denn alle quatschten durcheinander. Als die ersten Neuigkeiten ausgetauscht worden waren und jeder ein Butterbier in der Hand hielt, wurde es etwas ruhiger. James und Hugo sahen erst sich an, dann in die Runde, und räusperten sich. "Wir haben Neuigkeiten für euch."
"Wir sind angenommen worden, richtig?", platzte Albus erwartungsvoll heraus. Mit seinen grünen Augen und dem unglaublichen Wirrwarr von Haaren auf seinem Kopf, sah man schon von Weiten, dass er ganz nach seinem Vater, Harry Potter, kam. Ein Merkmal, über das er nicht immer glücklich war. Auch Rose mit ihrem braunen Lockenschopf, fing an, unruhig auf ihrem Stuhl herumzurutschen.
"Nun mal langsam.", mahnte Hugo, mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht. Er und James wussten genau, wie die beiden sich fühlten. Vor zwei Jahren waren sie nämlich in derselben Situation gewesen. Hugo Weasley und James Potter arbeiteten beide im Zaubereiministerium. Während Hugo sich für die Abteilung für magische Geschöpfe entschieden hatte, wollte James sich für magische Strafverfolgung einsetzen. Albus und Rose würden in ein paar Monaten ihren Hogwartsabschluss machen und hatten sich natürlich schon lange vorher Gedanken gemacht, was sie gerne mal werden möchten. Albus wollte in die Abteilung für Zaubertränke, Rose hingegen hatte sich sehr für die Heilung von Quidditchverletzungen interessiert, die oft nur mit umfangreicher Zauberei behandelt werden konnten und hatte sich daher für eine Ausbildung im St. Mungo Hospital, als Heilerin, beworben.
"Also gut.", begann James. "Sobald ihr die Schule beendet habt, sollst du, Albus, dich im Ministerium beim Leiter für Zaubertränke melden und Rose darf ihre Ausbildung im St. Mungo Hospital beginnen. Ihr erhaltet aber noch genauere Anweisungen mit einer Eule in den nächsten Tagen. Wir hatten nur schon die Erlaubnis, euch die freudige Mitteilung bereits heute zu machen."
"Man, ich werd bekloppt.", Albus grinste von einem Ohr zum anderen und stupste Rose an. "Jetzt werden wir endlich unser eigenes Geld verdienen. Ich werde mir von meinem ersten Gehalt eine Wagenladung Schokofrösche kommen lassen." Die anderen lachten, auch Rose stimmte mit ein, jedoch mit einem etwas zittrigen Lachen. Sie konnte es noch gar nicht fassen...
„Wir müssen uns auf jeden Fall schnellstens treffen, nachdem wir die Ausbildung begonnen haben.“, meinte Albus. „Schließlich müssen wir unsere ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt austauschen.“ „Klar, das werden wir. Wie wäre es mit den Weihnachtsferien?“, schlug Rose vor. Die Jungen stöhnten. „Wirklich, Rose. Was verstehst du denn unter schnell?“, lachte Albus und zog ihr spielerisch an einer braunen Locke. „Nun ja, da wir nun eine Ausbildung beginnen, müssen wir auch etwas dafür tun. Schließlich steht viel auf dem Spiel.“ James und Hugo schüttelten fast synchron die Köpfe. „Ich kann es nicht fassen, wie ähnlich du Mum bist.“, murmelte Hugo leise, doch seine Schwester hatte es dennoch gehört. „Was willst du mir damit sagen? Dass es schlecht ist, wie Mum zu sein?“
Hugo blieb eine Antwort erspart, als Lily sich zu Rose hinüberbeugte und ihr ins Ohr flüsterte: „Hast du Scorpius mal angesehen? Er sitzt mit seiner Truppe nur zwei Tische entfernt und scheint uns schon eine ganze Zeit lang zu beobachten.“ Rose wandte den Kopf und ihr Blick traf auf den von Scorpius. Ihr war es, als würde ein sanfter Hauch rosa auf seinen Wangen erscheinen, bevor er ihr frech zugrinste und sich dann abwandte. Irritiert schüttelte Rose den Kopf. Was hatte das nun zu bedeuten? Sie warf einen Blick auf die Uhr.
„Leute, ich will ja nicht drängen. Aber ich denke, wir sollten uns langsam auf den Weg machen. Es ist bald Sperrstunde.“ Die anderen stimmten ihr zu und so bezahlten sie. Es folgte eine große Abschiedszeremonie, da sie James und Hugo erst in einigen Monaten wieder sehen würden. Dann machte sich jeder auf den Heimweg. Nur Rose drehte sich noch einmal um und warf einen erneuten Blick auf Scorpius. Ein unangenehmes Gefühl beschlich sie, als sie bemerkte, dass er sie erneut beobachtet hatte. Dieses Mal jedoch unterbrach er nicht so schnell den Blickkontakt, sondern wartete, bis sie den Blick abwendete und ihren Freunden folgte.
TBC
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