
von Bella14
Es war Donnerstag. Heute würde er seine kleine Tochter wieder sehen dürfen.
Wie jeden Donnerstag stand Ron Weasley in seiner kleinen Wohnung in London vor dem Spiegel seines dunklen Kleiderschrankes und zog sein kanariengelbes T-Shirt an, da die kleine Rose es so liebte. Wie jeden Donnerstag würde er ihr keinen Wunsch abschlagen. Und wie jeden Donnerstag würde er erneut diese Stufen hinauf gehen, die ihn zu der Frau brachten, die er all die Jahre lang geliebt hatte. Und schließlich verloren hatte.
Doch auch wie jeden Donnerstag schluckte Ron seine Ängste mit einem großen Becher schwarzen Kaffe hinunter und putzte sich die Zähne. Es sah schlimm aus in seiner Wohnung- seit einiger Zeit hatte er schon nicht mehr aufgeräumt. Leere Pizza schachteln, die sich zu seiner Enttäuschung nicht von selbst in den Mülleimer warfen, noch halbvolle Bierdosen und Wasserflaschen. Sein Bett war ungemacht und das Laken hätte dringend mal in die Wäsche gemusst. Die Wand im Wohnzimmer brauchte einen neuen Anstrich, die Tapete löste sich in Streifen ab und das ungewaschene Geschirr überfüllte die Spüle. Ron hatte diese Haushaltszauber nie drauf gehabt. Und seine Mum weilte seit einiger Zeit an einem Ort, wo sie in Frieden ruhen konnte. Noch immer versetzte ihm der Gedanke an seine Mum einen tiefen Stich ins Herz- er hatte in diesen Tagen kein leichtes Leben gehabt. Doch der Tod von Molly Weasley war schon fast vier Jahre her und Ron wusste, dass sie ihm den Hals umdrehen würde, wenn sie ihn jetzt in seiner billigen Wohnung sehen könnte.
Seine Brüder hatten ihn aus dem Fuchsbau geschmissen, als er völlig verdreckt und betrunken an dem Tag zu ihnen gekrochen war, als Hermine Granger ihn verlassen hatte.
Hermine. Die Frau, die er immer geliebt hatte. Die wunderschönste und liebevollste Frau, die er je kennen gelernt hatte. Sie war gegangen, hatte ihm die Tür vor der Nase zu geschlagen.
Die Tränen war ihm und ihr über das Gesicht gelaufen und sie hatte ein kleines, rothaariges Mädchen an der Hand gehalten, dass ihre beiden weinenden Eltern mit einem so verzweifelten Blick angesehen hatte, dass Ron immer noch jedes mal schweißgebadet aus seinem Alptraum aufwachte, wenn er diese Augen sah.
Ron, bitte geh! Geh jetzt! Hatte sie verzweifelt geschrieen und dann die Tür für immer verschlossen. Vor Gericht hatte sie das Sorgerecht bekommen und sie hatten sich auf diesen Donnerstag geeinigt. Der Donnerstag, der seit sieben Jahren sein Leben bestimmte.
Langsam spuckte er die Zahnpasta in den laufenden Wasserstrahl und trocknete sich den Mund ab. Er hatte einen bitteren Geschmack im Hals und musste husten.
Und seine liebste Hermine, seine Liebe, die Liebe seines Lebens, war zu dem Mann zurückgekehrt, der ihm schon einmal alles genommen hatte.
Doch Ron hielt stand- nur für seine Tochter. Er war Vater- und er wollte ein guter Dad für die kleine Rose sein, die damals mit ansehen musste, wie ihre Eltern sich getrennt hatten.
Der plötzliche Schmerz durchschoss Ron Weasleys Herz und er musste sich auf den Duschrand setzen. So viele Jahre und doch bereitete ihm dieser unendliche Schmerz, der nicht mehr zu verbannen war, Höllenqualen. Qualen, mit denen er gelernt hatte zu Leben. Zu Leben, um für seine Tochter ein guter Dad zu sein. Ein Dad, der es wert war, geliebt zu werden. Er hatte gelernt, hinunterzuschlucken.
Ron warf sich nach einigen stillen Minuten seine braune Jacke über, fuhr sich noch einmal über das leicht stoppelige Gesicht und machte sich auf den Weg, um wie jeden Donnerstag einen schönen sonnigen Tag mit der kleinen Rose zu erleben und wieder einmal dem entgegen zu treten, was das Schicksal aus ihnen gemacht hatte.
Wie jeden Donnerstag.
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