von black_swan
„Du hast es mir nie erzählt…“
Es war warm in dem kleinen Schlafzimmer und Lavenders Stimme war der erste Laut, der die schläfrige Stille seit Stunden durchbrach. Sie lag auf ihrer Seite des Bettes auf der Seite, hatte ihren Kopf auf die rechte Hand gestützt und blickte in Lycans Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen, doch sie war sich sicher, dass er wach war. Sie wusste, wie sein Atem klang, wenn er schlief.
Erst vor wenigen Wochen waren sie zusammen aus der gammeligen Bruchbude in diese kleine Wohnung gezogen, die zwar klein, aber ungleich heller und gemütlicher war. Seit die Anti-Werwolf-Gesetze zurück genommen worden waren, schwanden die Vorurteile ganz langsam und es war wieder möglich, Arbeit zu finden, wenn auch nicht unbedingt die beste.
Lavender kellnerte in dem Eissalon in der Winkelgasse, der früher Florean Fortescue gehört hatte und Lycan hatte sogar einen Job im Zauberministerium ergattern können, das es plötzlich sehr eilig hatte, die eben noch als „Untiere“ Verschrienen versöhnlich zu stimmen. Wirklich begeisternd war die Arbeit im Besenregulations-Kontrollamt zwar nicht, aber Lycan hatte noch nie zuvor in seinem Leben so viel Geld verdient und war zufrieden.
Jetzt öffnete er sein rechtes Auge und blinzelte zu Lavender hoch. „Was hab ich dir nicht erzählt?“
Lavender biss sich auf die Unterlippe. Die Worte waren ihr einfach so herausgerutscht, als sie seine Narben betrachtet hatte, die sein Gesicht wie ein feines Muster ĂĽberzogen. Das ganze vergangene Jahr ĂĽber hatte sie sie immer wieder heruntergeschluckt, weil sie sich alles andere als sicher war, ob sie diese eine Frage stellen durfte.
Lycan zog eine Augenbraue hoch und öffnete auch sein zweites Auge. „Sag schon“, ermunterte er sie. „Was willst du wissen? Aber ich sags dir gleich-“ Er blickte sie so ernst an, dass sie befürchtete, er hätte ihre Frage erraten und wäre darüber ärgerlich. „-selbst wenn du dich auf den Kopf stellst, Lavender Brown, ich weigere mich, neonfarbene Umhänge zu tragen!“
Einen Moment lang starrte sie ihn völlig entgeistert an, dann stimmte sie in sein bellendes Lachen mit ein.
„Das meinte ich doch gar nicht“, gluckste sie schließlich. „Obwohl ich mir Neonfarben an dir wirklich ganz toll vorstellen kann… Ich… äh. Ich wollte… na ja. Wissen, wie du zum Werwolf geworden bist und all das.“ Lavender schloss die Augen. Hoffentlich nahm er es ihr nicht übel, dass sie gefragt hatte. Vielleicht hatte er ja allen Grund dafür, es ihr nicht auf die Nase zu binden. Als sie die Augen wieder öffnete und vorsichtig zu ihn hinüberschielte, hatte er sich aufgesetzt. Sein Gesicht war nun völlig ernst und seine blaugrauen Augen blickten sie traurig an. „Ist keine schöne Geschichte, wie bei jedem von uns“, meinte er. „Aber das hast du dir wohl schon gedacht.“
Als Lavender zaghaft nickte, fuhr er fort: „Wenn du sie also hören möchtest, werde ich sie dir erzählen.“
Lycan nahm einen Schluck aus der Wasserflasche, die auf seinem Nachttisch stand und begann mit seiner Geschichte.
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