von snape
Kapitel 6
Kapitel 6
Sie wusste im Nachhinein gar nicht mehr, wie sie den Rest der Stunde überstanden hatte. Als alle ihre Plätze gereinigt und eine Trankprobe bei Snape abgegeben hatten, stolperte sie eilig mit den anderen Schülern aus dem Raum.
Snape hatte sich keine einzige Regung mehr anmerken lassen und irgendwann hatte sie aufgehört ihn anzustarren und auf ein Zeichen zu warten, dass sie das nicht geträumt hatte.
Er hingegen spürte ihre Augen die ganze Zeit auf sich ruhen und erst, als alle den Raum verlassen hatten, konnte er wieder befreiter atmen.
Nachdem das Mittagessen und der restliche Unterricht ohne Zwischenfälle vorüber gegangen waren, wollte sie sich vor dem Abendessen noch kurz ausruhen und lümmelte sich in ihren Lieblingssessel im Gryffindorgemeinschaftsraum.
Doch als sie die Augen schloss, machte ihr Herz einen großen Hüpfer und ihr Magen zog sich angenehm zusammen.
Da waren seine Augen wieder, die sie anschauten, sich in ihre Seele bohrten und dabei einen Schauer über ihren gesamten Körper schickten.
Schnell öffnete sie ihre Augen wieder, unsicher, ob nicht doch ein Seufzer ihre Lippen verlassen hatte. Aber keiner schien sich für sie zu interessieren und sie war das erste Mal dankbar dafür.
Als sie zum Abendessen in die große Halle kam, war sie schlagartig wieder nervös, als sie ihn am Lehrertisch sitzen sah, und er guckte sie die ganze Zeit an!
Fast wäre sie über ihren Umhang gestolpert und ließ sich schließlich schnell und in der Hoffnung nicht errötet zu sein, zwischen Ron und Ginny nieder.
Als sie die Halle betreten hatte, konnte er seine Augen nicht mehr von ihr lassen. Nach dem „Zwischenfall“ während seines Unterrichtes hatte er sich verboten, darüber nachzudenken, aber das Wiedersehen mit ihr ließ alles über ihn hereinbrechen.
Diese Augen, dieses Lächeln und nicht zu vergessen das unglaublichste und schönste Geschenk, das er je bekommen hatte. Von ihr.
Erst nachdem sie sich fast panisch gesetzt hatte und nun von Weasley verdeckt wurde, bemerkte er, dass Albus ihn wohl schon eine Weile betrachtet hatte und hoffte, dass seine Zeit als Spion wenigstens etwas genutzt hatte, auch wenn es ihm scheinbar in letzter Zeit immer schwerer fiel, seine Emotionen zu unterdrücken.
„Was gibt's, Albus“ schneidend verließen diese Worte seine Zunge und er war zufrieden, wie glaubwürdig es klang.
„Ich würde dich gerne nach dem Essen in meinem Büro sprechen, Severus.“
Und damit stand der alte Mann auf und verließ die Große Halle. Verärgert, dass diese harmlose Aussage einem Befehl gleichkam, sprang auch Snape auf und rauschte aus dem Essenssaal.
Als er um halb neun das Büro des Schulleiters betrat, staunte er nicht schlecht, als er Hermine Granger vor dem Schreibtisch sitzen sah. Albus, wie immer mit einem Glitzern in den Augen, stand auf und bat Snape den zweiten Stuhl vor dem Tisch an.
„Nun, Miss Granger. Severus. Ich habe euch heute hier herbestellt, um über etwas Wichtiges mit euch zu sprechen. Professor Snape hat mir von dem Unfall am See erzählt und die Magie erwähnt, die sowohl er, als auch sie gespürt haben. Hinzukommt, dass mir zu Ohren gekommen ist, dass sie Miss Granger, heute das Vergnügen hatten, einen Trank zur vollen Zufriedenheit von Professor Snape zu brauen.“
Bei dieser Aussage kam aus beiden Mündern ein entrüstetes Schnaufen, was den Schulleiter zu einem Schmunzeln veranlasste.
„Miss Granger, in welcher Stimmung befanden sie sich, als sie den Trank zubereitet haben?“
„Ich weiß zwar nicht, was das damit zu tun hat, aber ich muss zugeben, dass ich ein bisschen ungehalten war.“
Kaum hatte sie diesen Satz beendet, hörte sie ein Geräusch, dass sie so noch niemals zuvor gehört hatte und als sie den Kopf drehte und den Ursprung ausgemacht hatte, wurde ihr Herz von einem ungewohnten Gefühl erwärmt, das sie aber nicht genauer bestimmen konnte.
Neben ihr saß der griesgrämigste, zynischste und ernsteste Mann, den sie kannte und er lachte.
Er lachte mit seinem ganzen Gesicht, von seinem Mund bis hin zu seinen Augen, die seltsam erstrahlten, als könnten sie selbst ihr Glück nicht fassen, endlich wieder solch ein Gefühl ausdrücken zu dürfen.
Albus sah seinen Freund erstaunt und zugleich erfreut an. Auch er, der zweifelsfrei am Meisten mit Severus zu tun hatte, hatte ihn erst ein oder zwei Mal lachen sehen und selbst dann war es nichts im Vergleich zu diesem offenen und wirklichen Lachen, was dieser Mann jetzt ausstrahlte.
Als er sich wieder beruhigt hatte, presste er immer noch belustigt hervor: „Ein bisschen ungehalten? Albus, du hättest sie sehen sollen, ich war froh keine ihrer Zutaten zu sein. Sie hat alles, was ihr unter die Finger kam, regelrecht zerrissen…“
Jetzt mussten auch Hermine und Dumbledore schmunzeln.
„Aber warum stellst du diese Frage, Albus?“
Dumbledore ging auf diese Frage nicht weiter ein, sondern beschwor einen Kessel, einen Arbeitstisch, die Zutaten für den Trank der letzten Unterrichtsstunde und alle weiteren Utensilien, die gebraucht wurden, herauf.
„Und nun Miss Granger, brauen sie bitte erneut diesen Trank.“
„Severus, ich möchte, dass du jeden ihrer Schritte genau überwachst:“
Hermine fand das alles zwar sehr seltsam, aber schließlich wollte sie dahinter kommen, was unten am See mit ihr passiert war. Inzwischen dachte sie nämlich wirklich, dass sich etwas verändert hatte, in ihr oder mit ihr und das machte ihr unstreitbar Angst.
Also begann sie wie am Morgen die Zutaten zu zerkleinern, die Flamme zu kontrollieren und die richtigen Schwenkbewegungen ihres Zauberstabes und der Kelle auszuführen.
Aber es ging ziemlich daneben. Obwohl sie hätte schwören können, dass sie alles genauso wie im Unterricht gemacht hatte, sah ihr Trank einfach erbärmlich aus. Weder die Farbe stimmte, noch war die Konsistenz in irgendeiner Weise in der Nähe des erwünschten Ergebnisses.
Als sie aufblickte, bekam sie noch mit, wie Snape Dumbledore erstaunt anblickte, also musste sie wenn nicht alles, so doch zumindest einiges, richtig gemacht haben.
Sie verstand gar nichts mehr und Snape scheinbar auch nicht.
Nur der Schulleiter grinste in sich hinein und weidete sich für Hermines Geschmack etwas zu sehr an ihren verständnislosen Blicken.
„Ich falle am Besten gleich mit der Tür ins Haus. Sie sind ein besonderer Mensch, Miss Granger, eine besondere Hexe, um genauer zu sein. Sie besitzen eine außergewöhnliche Magie. Sie werden mit genügend Training bald in der Lage sein, ohne Zauberstab zu zaubern, und zwar alle Zauber!“
Snape zog scharf die Luft ein und Hermine konnte nicht begreifen, was der Schulleiter von Hogwarts, der mächtigste Zauberer, den sie kannte, soeben mit feierlicher und fast ehrfürchtiger Stimme verkündet hatte. Natürlich gab es gewisse Zauber, die man ohne Zauberstab ausführen konnte, aber das waren nur sehr wenige; es erforderte vollste Konzentration und selbst dann gelang dies nicht Jedem. Und jetzt eröffnete ihr Dumbledore, dass sie in der Zukunft in der Lage sein sollte, völlig ohne Zauberstab auszukommen? Das wäre ein so enorm großer Vorteil gegenüber Voldemort und seinen Anhängern, dass sie überwältigt auf den Boden starrte, nur um in der nächsten Sekunde wieder aufzuschauen.
„Sie müssen sich irren, Sir. Das kann nicht sein. Ich bin fleißig und lerne schnell, aber ich bin nichts Besonderes. Ich will nichts Besonderes sein.“ Fügte sie noch leise hinzu.
Snape hatte die ganze Zeit über angestrengt nachgedacht und blickte erstmals bei diesen verzweifelt geflüsterten Worten auf.
Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und nicht mehr losgelassen.
Er wusste was für ein schreckliches Gefühl es war, anders zu sein, angestarrt zu werden oder Gerüchte über sich zu hören, die schrecklicher und grausamer wurden, je mehr die Menschen einen fürchteten.
Und das war etwas, was sie mit Sicherheit würde durchmachen müssen und davor würde er sie nur zu gerne bewahren.
„Albus, bist du dir auch hundertprozentig sicher? Wie kannst du das nach einem Experiment überhaupt wissen. Wenn du dir nicht sicher bist, lass sie in Ruhe!“ setzte er mit lauter und erregter Stimme hinterher.
Erstaunt blickten Hermine und Albus ihn an.
Snape hatte die Augen weit aufgerissen, die Finger um die Armlehnen gepresst und wirkte auf einmal unglaublich angespannt und wie Hermine mit einem Stich in ihrem Herzen merkte, unglaublich verletzlich. So als hätte er ihre letzten Worte genau verstanden und alle ihre Befürchtungen selbst schon durchlebt.
Natürlich, in seiner Tätigkeit als Doppelspion wurde ihm wahrscheinlich auf beiden Seiten nur Misstrauen entgegengebracht.
Wie allein dieser Mann eigentlich war, wurde ihr in diesem Moment erschreckend vor Augen geführt und alles in ihrem Körper zog sich vor Mitleid zusammen.
Und er, der niemanden hatte, versuchte ihr zu helfen und Dumbledore von der Idee abzubringen.
Am liebsten hätte sie ihn in ihre Arme geschlossen und ihm versprochen, dass er nicht allein sein musste, dass sie für ihn da war.
Aber wollte sie denn überhaupt für ihn da sein? Was war mit den letzten Jahren, in denen er sie, verhöhnt oder ignoriert hatte? War die letzte Zeit nicht einfach nur zu verwirrend gewesen, als das sie sich ihrer Gefühle sicher sein konnte? Ja sie sah ihn jetzt mit anderen Augen, sie hatte Mitleid mit ihm und verstand einige Wesenszüge an ihm jetzt besser als vorher, aber mehr war da definitiv nicht!
Dass sie seit dem Moment im Gryffindorturm ihre Augen nicht länger als einen Wimpernschlag geschlossen hielt, aus Angst wieder seine Augen zu sehen und dieses angenehme Gefühl in ihrem Bauch zu fühlen, verstaute sie einfach in der hintersten Ecke ihres Gehirns.
„Severus, ich bin mir sicher. Ich fühle die Magie, die sie umgibt mit jedem Jahr stärker werden. Sie gibt ständig Magie ab, deswegen gelingen ihr die Tränke nicht. Sie verändert die Zutaten, wenn sie sie anfasst. Und deshalb hat der Blumenkranz am See eine eigene „Botschaft“ an den Seemenschen geschickt. Ob er es als Angriff gesehen hat oder als etwas anderes, werde ich noch herausfinden, aber eins steht fest, sie ist außergewöhnlich. Ich verstehe, wo deine Befürchtungen liegen, und ich verspreche euch beiden, dass niemand davon erfährt, solange Miss Granger das nicht möchte.
Severus, du wirst sie zwei Mal in der Woche unterrichten. Miss Granger, seihen sie unbesorgt. All das klingt in ihren Ohren wahrscheinlich unglaublich und sie fürchten sich, aber ich versichere ihnen, dass ich meine schützende Hand über sie halte.“
„Professor Dumbledore, wieso ist mir der Trank heute Morgen gelungen? Und ist es nicht zu gefährlich, wenn Professor Snape mich unterrichtet? Wenn Voldemort das herausfindet, ist nicht nur sein Leben in Gefahr, sondern der Überraschungseffekt dahin, mal abgesehen davon, dass er mich dann wahrscheinlich liebend gern in die Finger kriegen möchte.“
„Ich nehme stark an, dass negative Energien den Magiefluss blockieren. Daran werden wir noch arbeiten. Ich denke es ist von Vorteil, wenn sie die Magie abrufen können, unabhängig von ihren Emotionen. Zum Zweiten, ich schätze ihre Sorge um Professor Snape, aber er arbeitet nicht länger als Spion bei Voldemort. Aus sicheren Quellen wissen wir, dass seine Tarnung aufgeflogen ist und ich hielt es nicht für angebracht, diese Aussage auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, wenn dadurch das Leben von Professor Snape in Gefahr gebracht werden würde.
Und nun gehen sie schlafen. Das waren viele Informationen auf einmal. Sollten noch weitere Fragen auftauchen, scheuen sie sich nicht, zu mir zu kommen.“ Setzte der Schulleiter sanft hinterher.
Hermine verließ allein das Büro von Dumbledore, da dieser noch etwas mit Snape zu besprechen hatte. Sie war völlig fertig und nicht fähig einen klaren Gedanken zu fassen.
Irgendwie schaffte sie es zum Gryffindorturm zu gelangen, sich auszuziehen und oh Wunder auch einzuschlafen.
Als ebensolches betrachtete sie auch die Tatsache, dass sie traumlos bis zum nächsten Morgen durchschlief.
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