von Lilienblüte
In a perfect world
One we’ve never known
We would never need
To face the world alone.
Nymphadora Tonks schloss leise die Haustür hinter sich. Sie wollte ihre Eltern nicht wecken, schließlich war es mitten in der Nacht. Erschöpft lehnte sie sich im Hausflur an die Wand. Gerade erst kam sie von der Schlacht. Der Kampf gegen die Todesser hatte die junge Aurorin extrem ermüdet. Als wäre das noch nicht genug, hatte sie kurz darauf vom Tod ihres alten Schulleiters Albus Dumbledore, den größten Kämpfer gegen dunkle Magie, erfahren. Und zu guter Letzt hatte sie mit dem Mann, den sie liebte eine Diskussion führen müssen, in dem er ihr zum gefühlten hundertsten Mal erläutert hatte, warum genau er der Meinung war, dass er sie nicht verdiente. Wie oft musste sie ihm noch erklären, dass es ihr vollkommen egal war, wie er aussah, wie viel Geld er hatte und ob er ein Werwolf war oder nicht?
Tonks seufzte auf. Einen Mann, der sie nicht liebte, konnte sie wenigstens probieren, für sich zu gewinnen. Aber was machte man, wenn man einem Mann liebte, der zu wenig Selbstbewusstsein hatte, sich auf eine Beziehung einzulassen?
Die junge Aurorin fühlte sich überfordert. Remus war der erste Mann, in den sie sich verliebte, der sich Gedanken um sie machte – aber all das, was ihre Exfreunde vorher versäumt hatten, musste der nun mit vollkommen überzogener Intensität nachholen.
Natürlich kannte Dora die Gründe, warum Remus Lupin an einem derart unterirdischen Selbstbewusstsein litt. Als Werwolf hatte er in seinem Leben viel Diskriminierung und Hass erfahren. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es jemanden gab, den all diese Dinge kein bisschen störten.
They can have the world
We'll create our own
I may not be brave or strong or smart
but somewhere in my secret heart
Nur weil die meisten Menschen sich gegenüber Werwölfen feindlich verhielten, musste Nymphadora ja schließlich nicht genauso sein. Darauf kam es der jungen Frau kein bisschen an. Was spielte es schon für eine Rolle, ob er ein Werwolf war oder nicht? Nymphadora Tonks konnte sich nur zu gut daran erinnern, als er ihr die Wahrheit gestanden hatte. Es war bei einem der ersten Ordenstreffen gewesen, lange, bevor sie sich in ihn verliebte.
Aufgrund ihrer Reaktion war Remus mehr als überrascht gewesen. Er hatte sich auf Anfeindung vorbereitet und nicht auf Akzeptanz.
„Für mich macht es keinen Unterschied“, hatte sie ihm erklärt. Und er hatte sich gefreut, dass sie, ein junges Mädchen, von dem er niemals eine solche Reaktion erwartet hätte, so reagiert hatte.
Warum sollte der Umstand nun plötzlich, da sie beide ineinander verliebt waren, eine Rolle spielen?
I know love will find a way
Anywhere I go, I'm home
if you are there beside me
Aber sie vertraute darauf, dass er den Weg zu ihr fand. Sie vertraute darauf, dass er bemerkte, wie Unrecht er hatte. Am heutigen Abend war sie dem nach eigenem Empfinden ein ganzes Stück näher gekommen. In seiner Miene waren schon die Zweifel zu lesen gewesen, ob es nicht sein konnte, dass doch die anderen Recht hatten, die ihm sagten, er solle sich nicht so anstellen.
Das ganze vergangene Jahr hatte Dora verbracht, ohne Remus zu sehen. Und das, obwohl sie nach dem Kampf im Ministerium einander sehr nahe gekommen waren. Aber er war einfach gegangen, ohne irgendeine Erklärung, hatte sie in einer tiefen Verzweiflung zurück gelassen.
„Ich wollte dich nicht verletzen, Dora“, hatte er als Erklärung für dieses Verhalten gesagt. Aber verletzen konnte er sie nur auf eine Art und Weise: Indem er nicht bei ihr war. Solange sie Remus Lupin an ihrer Seite hatte, konnten ihnen keine Vorurteile der Welt etwas anhaben.
Like dark turning into day
somehow we'll come through
Now that I've found you
love will find a way
Remus Lupin wanderte über dunkle Straßen. Er war erst einmal bei Dora gewesen. An einem Weihnachten vor über einem Jahr, zu einer Anlass, der dem heutigen nicht gerade unähnlich war. Auch damals hatte sie ihn gerade davon überzeugt, dass sie ihn liebte und sich ein Leben zusammen mit ihm wünschte. Aber damals war etwas dazwischen gekommen und alte Selbstzweifel waren in ihm geweckt worden. Konnte es wirklich sein, dass er im Leben dieser wunderbaren Frau einen Platz verdient hatte? Sie hatte ihm gesagt, dass sie ihn liebte und es ihr egal war, was er war. Heute, zum allerersten Mal, als er ihren verletzten Gesichtsausdruck im Krankenflügel gesehen hatte, war ihm der Gedanke gekommen, dass er Dora keinen Gefallen damit getan hatte, als er sie vergangenen Sommer verlassen hatte. Sie hatte so verletzt ausgesehen … und nach allem, das er von den anderen Ordensmitgliedern gehört hatte, hatte sie sich im letzten Jahr komplett zurückgezogen gehabt und war ganz in ihrer Trauer um diese verloren gegangene Liebe aufgegangen.
Wenn sie so sehr litt, wenn er nicht bei ihr war und es ihm, wenn er ehrlich zu sich selbst war, auch miserabel ging, wenn er die junge, fröhliche Aurorin nicht in seiner Nähe hatte, konnte diese Liebe dann so falsch sein? Vielleicht musste er sich nur einfach einen Ruck geben. Vielleicht hatte Tonks Recht – und obwohl er ein Werwolf war, sollte er dieser Liebe eine Chance gegeben.
Deswegen ging Remus Lupin nun zu ihr. Er wollte ihr sagen, dass er sie liebte und eine Beziehung mit ihr probieren wollte. Er würde sich bei ihr für das vergangene letzte Jahr entschuldigen, in dem er durch seine Abwesenheit das getan hatte, was er durch sein Fortgehen hatte verhindern wollen: Sie zu verletzen.
Wenn er jetzt bei Tonks war und ihr seine Liebe gestand, wollte er sie nie wieder verletzen.
I was so afraid
Now I realize
love is never wrong, and so it never dies
“Remus?” Ted Tonks hatte ihm die Tür geöffnet.
„Ich … ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt“, murmelte er. Es war gerade sechs geworden und vermutlich hatte die ganze Familie Tonks noch in seeligem Schlaf gelegen, als er geklingelt hatte. Zu dumm, dass er es, nachdem er seine Entscheidung getroffen hatte, so eilig gehabt hatte, zu Dora zu gelangen.
„Nein, meine Frau und ich sind Frühaufsteher“, lächelte er. „Aber ich befürchte, Dora schläft noch. Sie kam ja erst mitten in der Nacht zurück nach Hause.“
„Dann werde ich warten.“
„Ich glaube nicht, dass das nötig ist. Ich bringe dich zu ihr. Wenn du gekommen bist, weil du deine Meinung geändert hast, bin ich mir sicher, dass sie dafür liebend gerne geweckt werden würde.“ Er betrachtete Remus einen Moment neugierig, dann konnte er seine Frage nicht mehr zurückhalten. „Du hast doch deine Meinung geändert, oder?“
Remus nickte und Doras Vater lächelte zufrieden: „Ich bringe dich zu ihr.“
Tonks saß in ihrem Zimmer auf dem Bett. Sie trug ihren Schlafanzug, aber eingeschlafen war sie bisher nicht. Obwohl sie müde von dem Kampf war, hielten sie ihre Gedanken wach. Wie sollte es jetzt, nach dem Tod ihres Anführers mit dem Orden des Phönix weitergeben? Wie sollten sie es ohne Albus Dumbledore schaffen, Voldemort zu besiegen? Aber nicht nur die Gedanken an die bevorstehenden Kämpfe quälten sie. Genauso schlimm fand es Nymphadora Tonks, dass Remus noch nicht aufgetaucht war. Nach der Szene im Krankenflügel hatte sie gehofft, dass er gleich danach zu ihr kommen würde. Aber so wie es aussah, hatte er noch immer nicht verstanden, dass ihr alles andere egal war, solange er nur bei ihr war.
Sie nahm sich vor, am heutigen Tage noch einmal mit ihm über alles zu reden. Über all den Schmerz, als er von ihr gegangen war. Über diesen Schmerz, der unmöglich erträglicher sein konnte, als ein bisschen Diskriminierung, welche ihr vom Ministerium entgegen gebracht würde, wenn sie mit ihm zusammen war.
In diesem Moment klopfte es an der Tür und ihr Vater steckte seinen Kopf zur Tür herein: „Dora, dein Freund stand gerade vor der Tür.“
Hoffnung flammte in diesem Moment in dem jungen Mädchen auf. Er war hier, er war zu ihr gekommen. Das konnte doch nur bedeuten, dass er endlich einmal auf sein Herz gehört hatte. „Er kann reinkommen“, rief sie voll freudiger Erwartung.
Im nächsten Moment stand Remus in ihrem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Entschuldigend sah er sie an: „Hoffentlich macht es dir nichts aus, dass ich mitten in der Nacht hergekommen bin!“
Aufgrund seiner Höflichkeit musste sie lächeln. Er war so wohlerzogen, fast schon altmodisch.
„Jeden anderen hätte ich um diese Uhrzeit mit einem nicht ganz so netten Zauberspruch aus meinem Zimmer befördert“, grinste sie. „Aber da du es bist und ich sowieso noch nicht geschlafen habe, mache ich mal eine Ausnahme.“
„Gut … ähm ….“ Trotz Tonks‘ Witz, mit dem sie versucht hatte, diese Situation etwas aufzulockern, verspannte sich Remus nun vollkommen. Nervös verschränkte er seine Hände ineinander und sah sie unsicher an.
Mit der sicheren Vermutung, dass er nicht mitten in der Nacht hergekommen war, um sie anzustammeln, sah Tonks ihn abwartend an. Früher oder später würde er das sagen, weswegen er gekommen war – und sie hatte die große Hoffnung, dass es ihm diesmal gefallen würde.
„Ich …. Dora…. Ich hab … ähm … nachgedacht.“
Wenn das so weiter ging, würde er hier noch eine Stunde rumstehen, ohne, dass sie herausfand, weswegen genau er gekommen war. Die junge Aurorin beschloss, ihm etwas auf die Sprünge zu helfen: „Bitte sag mir, dass du hier bist, um mir zu sagen, dass ich Recht hatte und dass du mich nun nie wieder verlassen wirst!“
Er schaute sie einen Moment lang an, dann kam er zögernd näher und setze sich zu ihr aufs Bett.
„Kannst du mir verzeihen?“, fragte er leise. Als Antwort darauf fiel ihm die Frau, die er liebte in die Arme.
Now I've found you
love will find a way
I know love will find a way
“Versprich mir, dass du jetzt bei mir bleiben wirst. Ich ertrage es nicht, wenn noch einmal alles kaputt gemacht wird, nur weil dich andere Menschen nicht so akzeptieren können wie ich es kann.“
„Ich werde bei dir bleiben.“
„Und du wirst nicht einfach wieder gehen, ohne mir ein Lebenszeichen zu hinterlassen? Du wirst mich nie wieder in dem Glauben zurücklassen, dass du mich verlassen hast und gestorben bist?“
Er sah der Frau, der er liebte feierlich in die Augen: „Ich verspreche es dir, Dora! Ich werde vom heutigen Tage an immer für dich da sein!“
There's a perfect world
shining in your eyes
And if only they could feel it too
the happiness I feel with you
they'd know
love will find a way
Überglücklich nahm sie seine Hand. „Das ist das Schönste, was du je zu mir gesagt hast. Ist es nicht ein bisschen unpassend, dass ich ausgerechnet nach dem heutigen Tage sagen kann: So glücklich war ich noch nie?“
Remus schüttelte den Kopf: „Nein. Es ist wie Professor McGonagall heute im Krankenflügel gesagt hat. Professor Dumbledore hätte sich über ein bisschen mehr Liebe in dieser Welt gefreut.“
Die beiden schwiegen einen Moment, beide dachten an das Opfer des heutigen Abends. An Albus Dumbledore, der seinen letzten Weg gegangen war.
„Es wird schwierig jetzt weiterzukämpfen“, seufzte Remus. „Ich kann mir den Widerstand gegen Voldemort nicht ohne ihn vorstellen.“
„Natürlich wird es nun schwer werden. Aber solange du bei bist, habe ich keine Angst – egal wie viele Todesser mir gegenüber stehen.“
„Und wenn dich nun Freunde und Familie verlassen, wirst du dann auch noch glücklich mit mir sein?“
„Remus. Fang bitte nicht schon wieder an. Die Menschen, die mir etwas bedeuten, sollten dich so akzeptieren, wie du bist. Als einen Werwolf, den ich über alles liebe. Und wer das nicht akzeptieren kann, auf den kann ich sehr gut verzichten. Der hat dann nämlich keinen Platz in meinem Leben verdient.“
Now I've found you
love will find a way
I know love will find a way
Sie hatte immer gehofft, dass er wieder zu ihr zurück kehren würde. Er liebte sie und so hatte er ganz seinen Weg zu ihr zurück gefunden.
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Ich hoffe, euch hat meine erste Songfic über mein Lieblingspaar gefallen. Weitere werden folgen.
(Song: "Love will find a way" aus König der Löwen 2)
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