von Lady_Selena
Er spürte, dass in dieser Mädchentoilette im zweiten Stockwerk ein Geheimnis verborgen war. Es war wie ein eisiger Windhauch, ein kleines Zucken in seinem Unterbewusstsein, jedes Mal wenn ihn seine nächtlichen Rundgänge an dieser Tür vorbeiführten.
Er war Vertrauensschüler. Warum sollte er nicht einfach einmal nachschauen, was es mit diesem undefinierbaren Gefühl auf sich hatte? Niemand würde ihm Fragen stellen... und falls doch, was kümmerte es Tom Riddle? Er konnte hervorragend lügen und eine Ausrede würde ihm in jedem Fall einfallen. So war es immer schon gewesen.
Es war halb 2 in dieser mondlosen Nacht und Tom drehte wie immer seine Runde. Allein, versteht sich. So hatte er schon immer operiert und würde es auch weiterhin tun.
Vor der Tür angekommen verspürte er wieder dieses Zucken in seinem Inneren. Er erhellte die Spitze seines Zauberstabs und legte seine blasse Hand mit den langen Fingern auf die Klinke. Er holte noch einmal tief Luft und trat in den Raum ein.
Mit dem Licht seines Zauberstabes durchsuchte er den Raum... und war enttäuscht. Dies war nur eine ganz gewöhnliche Schultoilette. Nichts geheimnisvolles war hier zu entdecken. Ein kurzer, zorniger Aufschrei entfuhr ihm und er beschloss das Badezimmer zu fluten.
Mit flinken Fingern drehte Tom einen Wasserhahn nach dem anderem auf und verstopfte die Abflüsse mit Papier. Dann, beim letzten Hahn, dem direkt gegenüber der Tür, hielt er inne. Dieser blieb trocken. Aber wie konnte das sein? In Hogwarts war nie etwas kaputt oder funktionierte nicht richtig. Und wenn, so wurde der Schaden doch immer schnellstmöglich behoben?
Verständnislos lief er noch einmal um die im Kreis angeordneten Waschbecken herum und beobachtete, wie sich das kühle Nass in die Becken ergoss, die bald darauf anfingen überzulaufen.
Vor dem letzten, dem trockenen Hahn blieb er erneut stehen. Als ihm Wasser in die Schuhe schwappte fluchte er auf und wütend schloss er mit seinem Zauberstab die Hähne wieder. Stille war die Antwort auf seinen Zauber, kein Rauschen war mehr zu hören.
Tom untersuchte den Hahn mit der leuchtenden Spitze seines Zauberstabes und hielt kurze Zeit später inne.
Auf dem Hahn war eine kleine Schlange eingraviert. Konnte das sein? Was machte das Wappentier seines edlen Ahns in dieser Mädchentoilette? Sollte er erneut einem Geheimnis, von dem niemand etwas wusste auf die Spur gekommen sein?
Er überlegte kurz, was er über Salazar Slytherin und Hogwarts wusste. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Unheimlich rot glühten seine Pupillen bei seinem Gedankenblitz auf.
"Die Kammer des Schreckens" flüsterte er in die stille Dunkelheit. Nur Slytherins Erbe sollte der Legende nach in der Lage sein, sie zu öffnen und das Grauen in seinem Inneren kontrollieren können.
Ein höhnisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Er war sich seiner Sache sicher. Wenn er nicht der Erbe Slytherins war, wer dann?
"Öffne Dich" sagte er auf Parsel und auf seinen Befehl hin, veränderten die Waschbecken ihre Position und gaben einen dunklen Tunnel frei.
Tom Riddle lief noch einmal zur Tür, öffnete sie einen Spalt und überprüfte, ob der Lärm, den die Waschbecken gemacht hatten, nicht einen Lehrer auf den Plan gerufen hätte. Doch alles blieb still.
So leise er konnte schloss er die Tür wieder und lief unerschrocken in den dunklen, feuchten Tunnel hinein.
Hinter ihm schloss sich der Eingang mit einem leisen Knirschen wieder. Er leuchtete sich mit seinem Zauberstab den Weg und lief, lief immer tiefer den abschüssigen Tunnel hinab, tief unter das Schloss, noch unter den Kerkern, den Räumen in denen seine Mitschüler schliefen. Er stieg über die Knochen von Tieren und fragte sich, woher diese wohl stammten.
Bald kam er in einen größeren Raum, zumindest klang es so. Der Hall seiner Schritte hatte sich verändert. Keine Besorgnis mehr, dass er irgendjemanden in der Schule wecken oder alarmieren könnte, richtete er seinen Zauberstab nach oben und schoss einen Feuerball in die Höhe. Für Sekundenbruchteile erhellte sich der riesige Raum, an dessen Eingang er stand.
Im kurzen Lichtschein, erkannte Tom Fackeln entlang der Wände, welcher er mit einem gekonnten Schlenker seines Zauberstabs entzündete. Dies löste in der gesamten Halle eine Kettenreaktion aus, als sich mindestens ein dutzend weitere Fackeln entzündeten und diese die Halle in flackerndes, orangerotes Licht tauchten.
Tom ging ein paar Schritte weiter nach vorne und schnappte nach Luft.
Vor ihm sah er eine riesige Statue seines ehrwürdigen Vorfahren Salazar Slytherin.
Ohne recht darüber nachzudenken, ließ er sich auf ein Knie nieder, senkte sein Haupt und flüsterte auf Parsel
„Oh, ehrwürdiger Salazar Slytherin. Dein Erbe ist zu Dir gekommen, um Dein edles Werk fortzusetzen und zu vollenden.“
Dann blickte er erneut nach oben in Slytherins steinernes Gesicht. Vor Schreck weiteten sich Toms Augen. Die Statue öffnete ihren Mund. Tom erhob sich wieder, lief ein paar Schritte nach vorn und rief, immer noch auf Parsel
„Sprich mit mir, oh, großer Slytherin!“
Ein Donner durchfuhr den großen Saal. Dann wirkte es kurz als ob der steinerne Slytherin seine Zunge herausstreckte und im nächsten Moment fiel Tom mit Schrecken ein, dass in der Kammer auch ein Monster hausen sollte. Es sollte zwar vom Erben Slytherins kontrollierbar sein, aber allmählich kamen ihm Zweifel auf. Was, wenn er sich geirrt hatte?
Dann, als sich das, was er für Slytherins Zunge gehalten hatte weiter in die Halle geschoben hatte, erkannte er eine riesige Schlange. Aus seinen Recherchen wusste er, dass es nur ein Basilisk sein konnte, andere Schlangen erreichten niemals solch gigantische Ausmaße.
Geistesgegenwärtig schloss er die Augen. Der Blick des Basilisken war schließlich für jeden tödlich.
Ein dumpfer Aufprall, verbunden mit einer kurzen Erschütterung ließ Tom annehmen, dass der Basilisk den Boden erreicht hatte. Sanft glitt das riesige Reptil auf ihn zu, Tom hörte sie näher kommen und da der Lichtschein, der durch seine geschlossenen Lieder gefallen war, plötzlich verlöschte, wusste er, dass die Schlange ihren Körper, einer Mauer gleich, um ihn aufgebaut hatte.
Jedes Scharren verstummte.
„Meissssssssssssster.“ Hörte Tom die Schlange sagen „Sssso lange habe ich gewartet. Endlich sssseid Ihr hier…“
Dann hörte Tom erneut einen dumpfen Aufprall, direkt neben sich, diesmal allerdings nicht so laut, wie das letzte Mal.
„Wirst Du mich töten edle Schlange?“ fragte er, die Augen immer noch geschlossen, die Stimme höher und ängstlicher, als er es von sich kannte. Tom hätte sich dafür am Liebsten geohrfeigt. Dieses Tier hatte ihn Meister genannt und er zeigte Schwäche.
„Nein… Niemalssss. Ich habe gewartet, um Euren Befehlen zzzzu folgen. Sssssso, wie mein einssssstiger Meissssster Sssssalazzzzzzzar Ssssssssslythsserin esssssss mir aufgetragen hat. Ihr könnt die Augen öffnen, Meissssssster.“
Sollte Tom der Schlange glauben schenken? Er wusste es nicht, aber die Neugierde siegte und er hob die Lider. Tatsächlich hatte der Basilisk ihren Körper um ihn zusammengerollt. Tom konnte kaum über die schuppige Haut sehen. Er schaute noch einmal kurz auf ins Gesicht Slytherins und meinte ein Lächeln auf den steinernen Lippen zu erkennen, welches er unbewusst erwiderte.
Dann besah er sich das Reptil, das ihn Meister genannt hatte. Es hatte die todbringenden Augen geschlossen und den schweren Kopf mit den giftigen Zähnen in einer Haltung, die an eine Verbeugung erinnerte. Sanft tätschelte er dem Untier den Kopf und flüsterte auf Parsel
„Wir werden zusammen das edle Werk von Salazar Slytherin vollenden. Dessen bin ich mir gewiss.“
„Jaa, Meisssssssster.“ Antwortete der Basilisk.
„Aber noch nicht heute Nacht. Es ist beinahe vier Uhr morgens und ich brauche Schlaf. Ich komme wieder.“
Die Schlange bejahte auch diesen Satz und glitt anmutig und geschmeidig davon, gab Tom Riddle den Weg frei, der sich unbeobachtet zurück in seinen Schlafsaal, zurück zu seinen schlafenden Mitschülern stahl. Er schlief noch lange nicht in dieser Nacht. Sein Kopf war voll von Plänen, wie man Hogwarts von wertlosen Schlammblütern befreien konnte.
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