„Tschüss Mummy“, sagte Rose und umarmte mich. Ich drückte meine 6-jährige Tochter an mich und streichelte ihr übers Haar.
„Tschüss meine Süße.“
Sie ließ mich los und umarmte Ron. Dann fehlte ja nur noch einer, wo war Hugo? Ich sah mich um. Er hatte vorhin noch neben mir gestanden.
„Suchst du den hier?“, fragte Harry lachend und als ich mich umdrehte, sah ich, wie Harry Hugo in seinen Armen hielt und ihn kitzelte. Hugo lachte und quetschte dazwischen heraus:
„Lass mich runter, Onkel Harry!“
„Onkel Harry? Na warte!“, sagte Harry und ließ Hugo runter, „Aber verabschiede dich erst mal von deinen Eltern.“
Als Hugo vor mir stand, streckte er die Hand aus und sagte:
„Tschüss Mummy, bis Morgen!“
Mein Sohn glaubte doch nicht wirklich, dass er mit einem Händeschütteln davonkäme. Wenn ja, dann hatte er sich gewaltig geirrt.
„Du spinnst doch, lass dich umarmen“, sagte ich stur und bevor er sich wehren konnte, hatte ich ihn schon in meine Arme geschlossen.
„Ohh, Mum!“, meinte er, „Ich bin doch schon groß!“
„Genau, Hermine, er ist doch schon groß. Zwar erst einen Meter groß, aber schon groß“, sagte Ron grinsend. Ich ließ Hugo los und sah zu, wie er sich von Ron verabschiedete.
„Wir passen auf sie auf, versprochen“, sagte Ginny, „und hab viel Spaß. Es wird sicher ein toller Abend.“
„Sag mal, kann das sein, dass hier jeder Bescheid weiß, nur ich nicht?“, fragte ich.
Mir war es immer noch schleierhaft, was Ron vorhatte. Er war heute nach dem Mittagessen einfach verschwunden und erst vor ½ Stunden wieder aufgetaucht. Dann hat er mir nur gesagt, dass er etwas geplant hat und dass die Kinder heute bei Harry und Ginny übernachten würden. Alle wüssten schon Bescheid.
Für mich kam es aber total unerwartet.
Jeder, der mich, Hermine Weasley, kennt weiß, dass ich es hasse, wenn ich irgendetwas nicht weiß. Ich würde jetzt ja in die Bibliothek gehen und dort nach einer Antwort suchen, aber ich glaube kaum, dass ich dort etwas finden würde. Also, was bleibt mir anderes übrig, muss ich mich überraschen lassen.
„Mummy, Daddy, ihr könnt jetzt gehen“, sagte Hugo ungeduldig.
„Ja, Hugo hat vollkommen recht. Wir haben ja jetzt Tante Ginny und Onkel Harry“, stimmte Rose zu.
„Rosie! Hör auf mich „Onkel“ zu nennen. Dann fühl ich mich immer so alt“, meinte Harry.
„Du bist ja auch schon alt-“
„-Onkel Harry“, sagte Hugo und Rose frech.
„Na wartet!“, rief Harry und lief den beiden hinterher. Sie verschwanden aus meinem Blickfeld, als sie aus der Terrassentür rannten.
„So Hermine, bist du bereit?“, fragte mein Mann grinsend.
„Und wie! Ich will es jetzt endlich wissen“, sagte ich sofort.
„Na dann, lass uns rausgehen. Von hier aus können wir nämlich nicht apparieren“, meinte Ron und öffnete die Haustür.
„Tschüss ihr zwei und viel Spaß“, sagte Ginny und umarmte mich. Ich ging durch die Tür, die mein Ehemann immer noch aufhielt und wartete auf ihn.
„Wo geht’s denn jetzt hin?“, drängte ich, „Nur ein kleiner Tipp, bitte!“
„Du wirst es ja gleich sehen“, sagte Ron, „Du siehst übrigens toll aus.“
Oh, Mann! Nach so vielen Jahren werde ich immer noch rot, wenn mein Mann mir Komplimente macht. Er hatte mir gesagt, dass es ein besonderer Abend werden würde. Als er dann ein weißes Hemd aus dem Schrank kramte (was er sonst kaum anzog), wusste ich, dass ich mich auch umziehen sollte. Also zog ich mein Lieblingskleid an. Es war ein rotes Sommerkleid, das ich mir vor zwei Jahren mit Ron gekauft hatte.
„Danke“, sagte ich verlegen, „Du siehst selbst aber auch nicht schlecht aus!“
Bei ihm war es bei dem weißen Hemd, einer Jeans und seiner braunen Jacke geblieben. Ich musste zugeben, dass er mir so am besten gefiel.
„Danke auch“, sagte er und auch seine Ohren wurden rötlich, „Schließ deine Augen und mach sie erst wieder auf, wenn ich es dir sage. Es soll doch eine Überraschung werden.“
Ich nickte und schloss meine Augen. Oh, das war alles so aufregend.
Ich spürte, wie Ron meine Hand in seine nahm.
„Bereit?“
Ich drückte seine Hand, als Zustimmung und kurz danach spürte ich das wohlbekannte Gefühl des Apparierens.
Der Wind kitzelte leicht auf meiner Haut und ich hörte leises Blätterrascheln. Das sagte mir aber auch nicht gerade viel.
Ron ließ meine Hand los.
„Du kannst die Augen jetzt aufmachen, Schatz.“
Ich lächelte und öffnete sie langsam:
Wir waren auf einer Wiese. Sie lag auf einem kleinen Berg und rundum war nur Natur und keine Menschenseele war in Sicht. Vor mir lag unsere Picknickdecke, auf der ein prallgefüllter Picknickkorb stand und ein Blumenstrauß lag.
Ich drehte mich um und sah in den wolkenlosen Himmel. Die Sonne würde bald untergehen! Ich liebe Sonnenuntergänge!
„Wow! Ron, ich-“, sagte ich. Doch ich wusste gar nicht genau, was ich sagen sollte. Es war einfach alles zu schön, um irgendwelche Worte dafür zu finden.
Also mussten statt Worte eben Taten sprechen. Ich ging auf ihn zu, legte meine Arme um ihn und küsste ihn.
Zweiter Versuch erfolgreich durchgeführt.
„Heißt das es gefällt dir?“, fragte Ron verlegen.
„Ja und wie! Es ist einfach fantastisch!“, sagte ich freudestrahlend und gab ihm noch einen Kuss.
Plötzlich hörte ich ein Grummeln.
„Upps, das war dann wohl mein Magen“, sagte Ron.
„Oh, du hast ja auch schon seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen. Also worauf warten wir dann noch?“
„Weiß ich auch nicht“, sagte Ron und wir setzten uns auf die Decke.
Ron hatte selbstgeschmierte Sandwichs, Erdbeeren und Rotwein eingepackt. Wir aßen zuerst die Sandwichs und ich schaute mir währenddessen die Umgebung genauer an.
„Hier ist es wirklich super, aber wie kamst du auf diesen Ort?“
„Na ja, es hat schon einige Zeit gedauert bis wir diesen Platz gefunden haben, aber letztendlich war es dann dieser Ort, der alle Anforderungen erfüllt hat“, sagte Ron grinsend.
„Wer ist „wir“ und welche Anforderung?“, fragte ich sofort neugierig.
„Also hauptsächlich Rose, Hugo und ich, aber James, Albus und Lilly waren manchmal auch dabei“, erzählte Ron, „Na ja und die Anforderungen, die waren ganz verschieden. Es sollte dir eben gefallen...“
„Das tut es auf jeden Fall! Jetzt weiß ich auch endlich, wo ihr immer wart. Von wegen Quidditchspielen oder Molly und Arthur besuchen.“
„Das waren nur Notlügen. Ich wollte eben, dass dieser Abend eine totale Überraschung bleibt. Glaub mir, dafür bin ich so einige Schokofrösche losgeworden. Aber Hauptsache alle haben dichtgehalten!“
„Oh, du Armer“, sagte ich und streichelte sein Bein, „Von den eigenen Kindern, Neffen und eigener Nichte erpresst“.
„Die Kids waren ja nicht so schlimm. Harry hat mich viel mehr Schokofrösche gekostet! Und so was nennt sich „bester Freund...“
Ich lachte, das war wieder so typisch für Harry. Er war umso älter er wurde umso kindlicher geworden. Aber Harry konnte ja auch nie so richtig „Kind“ sein, also musste das eben jetzt kommen.
„Oh! Sieh mal! Die Sonne geht gleich unter!“, rief ich aufgeregt. Ron lächelte und sah mich an.
„Komm her“, meinte er und klopfte auf das Stück Decke neben sich. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und rutschte zu ihm rüber. Ich lehnte mich an ihn und er legte seinen Arm um mich.
„Deswegen sind wir doch hier“, sagte Ron leise, „Weißt du, ich habe mir gedacht, dass so ein Abend zu zweit einfach mal wieder nötig wäre. Wir haben das schon ewig nicht mehr gemacht, geschweige denn einen Sonnenuntergang geguckt. Obwohl du sie doch so liebst.“
„Danke“, flüsterte ich und kuschelte mich noch mehr an meinen wunderbaren Mann, „Das ist genau das richtige.“
Die Sonne war schon ein wenig hinter dem Berg verschwunden, als ich meine Augen von Ron abwandte. Die Farben verschwammen in sich und alles war rot, gelb oder orange. Es sah unglaublich toll aus!
Wir genossen einfach den Moment, nur wir zwei.
Natürlich liebte ich meine Kinder über alles, aber die Momente, in denen nur Ron und ich alleine waren, waren in letzter Zeit viel zu wenige gewesen.
Als die Sonne ganz hinter dem Berg verschwunden war, spürte ich, wie Ron meinen Kopf küsste.
Diese kleinen Gesten liebte ich. Ich hatte ganz vergessen, dass ganz tief in meinem Mann ein Romantiker steckte, der jedoch nur selten zum Vorschein kam. Klar braucht jede Frau irgendwie ein bisschen Romantik, aber ich brauchte wirklich keine Dauerromantik. Deshalb war ich wahrscheinlich auch mit Ron verheiratet.
Nein, natürlich nicht nur deswegen, aber es war auf jeden Fall einer der Aspekte warum.
Ich starrte noch ein wenig in den bunten Himmel, den die Sonne hinterlassen hatte. Ron stand währenddessen auf. Er schüttelte merkwürdig sein Bein, ich glaube es war eingeschlafen...
Sah auf jeden Fall lustig aus, wie er da so rumsprang, um das Kribbeln loszuwerden.
Ich wandte mich wieder dem Himmel zu und trank einen Schluck Wein. Nach kurzer Zeit räusperte sich Ron und ich sah auf.
Er hielt den kunterbunten Blumenstrauß in der Hand. Den hatte ich völlig vergessen.
„Äh“, sagte Ron, „Hast du den schon gesehen? Ich hab ihn extra für dich besorgt. Hier sind all deine Lieblingsblumen. Sonnenblumen, ähh...ah hier, Tulpen.... scheiße wie heißen die noch mal... ähh... ä-“
Bevor er noch etwas sagen konnte stand ich auf, ging zu ihm und küsste ihn (das unterbrach ihn dann auch).
„Margariten“, flüsterte ich nach dem Kuss.
„Genau!“, sagte er, „Ja und noch die ganzen anderen, die ich mir nie behalten kann.“
Er gab mir den Strauß und ich roch daran. Oh, der Geruch war himmlisch. Daraufhin küsste ich Ron noch mal und danach umarmte ich ihn einfach.
„Scheint so, als hat auch das dir gefallen“, sagte Ron grinsend als wir uns von einander lösten.
Ich nickte und nahm seine Hand. Dann zog ich ihn wieder zu unserer Decke. Wir machten uns über die Erdbeeren her und redeten über unsere vorherigen gemeinsamen Sonnenuntergänge.
„Weiß du noch, wie wir damals mit Harry am Strand den Sonnenuntergang geschaut haben. Das war toll“, sagte ich und dachte an die Zeit zurück, „Fast so schön, wie heute...“
„Ja, das war auch schön. Nur damals wusste ich das irgendwie noch nicht so richtig zu würdigen“, meinte Ron und nachdem er eine Erdbeere gegessen hatte murmelte er noch, „Dachte das wäre nur so ein Frauending. Aber es ist eigentlich auch ziemlich schön, so als Mann zu zuschauen.“
„Hab ich doch gesagt“, sagte ich uns schon viel mir wieder ein neues Erlebnis ein, „Oder kannst du dich noch an unseren ersten Sonnenuntergang mit Rosie erinnern? Sie hat die ganze Zeit geschrieen!“
„Und wie ich mich da noch dran erinnere! Es war furchtbar. Ich hab die ganze Zeit versucht sie zu beruhigen, aber nichts hat genützt!“
Und wir redeten so begeistert weiter über all die gemeinsamen Sonnenuntergänge, dass wir gar nicht merkten wie es dunkler und dunkler wurde.
Als wir es bemerkten, legten wir uns nebeneinander auf die Decke und betrachteten den Himmel. Wir schauten schweigend zu, wie es immer dunkler wurde und wie immer mehr Sterne am Himmel zu sehen waren.
Als es richtig Nacht war, rutschte ich näher zu Ron und er legte seinen Arm um mich, sodass ich mit dem Kopf auf seiner Schulter lag. Ich starrte in den Sternenhimmel.
Wozu hatten die Leute eigentlich Fernsehen, wenn es doch so tolle Dinge gab, wie den Himmel. Okay, jeden Abend nur Sterne gucken würde wahrscheinlich auch langweilig werden. Also Fernseher: Ihr seit genehmigt!
Für einen Abend war es jedoch ein tolles Erlebnis.
„Siehst du die Sterne da? Das ist der „große Wagen“, ein Sternenbild“, sagte ich leise zu Ron und deutete in den Himmel.
„Großer Wagen? Also bei Trelawney haben wir nur „Dreiköpfige Schildkröte“ und so was gelernt...“, sagte Ron und lachte.
„Was für ein Schwachsinn. Bei den Muggeln heißt das da „Großer Wagen“, weil es halt so aussieht. Das macht wenigstens Sinn. Auch wenn man nicht zu viel von ihren Duftölen eingeatmet hat!“, sagte ich.
„Stimmt! Sieht echt aus, wie ein Wagen“, meinte Ron, „Sieh mal da! Der Mond!“
Ich schaute in die Richtung, in die Ron zeigte. Dort war der Mond, gelb und „halb“.
„Sieht toll aus. Du hast dir aber echt eine tolle Nacht ausgesucht für so was“, sagte ich beeindruckt, „Keine Wolke in Sicht!“
„Tja“, sagte Ron, „Ich hab eben gute Verbindungen zu dem da oben, der fürs Wetter zuständig ist.“
Ich musste lächeln. Mein Lächeln wurde jedoch schnell durch ein Gähnen ersetzt.
„Müde?“, fragte Ron gefühlvoll.
„Ja, und wie!“, antwortete ich, „Ich habe heute Mittag mein Versprechen eingelöst und mit den Kindern Fangen gespielt. Dabei hab ich eins gemerkt: Ich bin nicht mehr so in Topform wie früher.“
„Mir reicht das alle mal“, sagte Ron und wir küssten uns noch mal.
Nach einer Weile spürte ich, wie mir kalt wurde und schon hatte ich Gänsehaut. Ich kuschelte mich näher an Ron, um was von seiner Körperwärme abzubekommen und schlang meinen linken Arm um seinen Bauch.
„Ist dir kalt?“, fragte Ron sofort. Er kannte mich verdammt gut (Ja, auch Hermine Weasley fluchte in ihren Gedanken).
Ich nickte und schon griff er mit seinem freien Arm in den Korb und zog eine Decke hervor. Dann breitete er sie liebevoll über uns aus, sodass auch ja kein Körperteil von mir kalt wurde.
„Ich bin auf alles vorbereitet“, sagte Ron und legte sich wieder flach hin.
Zusammen schauten wir uns die Sterne an und ab und zu zeigte Ron mir hier und da einen besonders hellen Stern oder ein selbsterfundenes Sternenbild.
Irgendwann fielen meine Augen zu und mein letzter Gedanke bevor ich einschlief war der, dass Ron recht hatte.
Es war wirklich einfach mal wieder Zeit gewesen zu einem Abend zu zweit.
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