
Musiktipp ist diesmal der hier
Zugeständnisse
Gedankenverloren packte Lily ihre Kleider in ihren Koffer, verstaute sorgfältig Pergamente, Bücher und Federn in ihre Schultasche und legte ihre Schuluniform auf die restlichen Kleider in ihrem Koffer. Seufzend strich sie den Stoff ihres Umhanges glatt. In zwei Stunden ging der Zug zurück nach Hogwarts. Lily war erleichtert.
Die letzten Ferientage hatte sie bei Sophie verbracht. Bei ihrer besten Freundin hatte sie versucht über ihre Gefühle zu James klar zu werden. Sie dachte, dass der Abstand zu ihm ihr gut tun würde. In den ersten drei Tagen war es auch so. Lily fühlte sich befreit und sie musste nicht ständig fürchten, dass er ihr über den Weg lief. Doch in den letzten drei Tagen hatte sie angefangen ihn zu vermissen.
Sophie ahnte nichts über ihre verwirrten Gefühle. Vielleicht war es auch besser so. Sie würde es eh nicht verstehen. Außerdem hatte Lily Angst, dass ihre beste Freundin sie verurteilen würde.
Lily war am späten Abend nach Hause gekommen. James hatte sie kommen gesehen. Er hatte sich an seine Tür gelehnt und sie beobachtet, wie sie in ihr Zimmer verschwand. Sie hatte ihn nicht mal angesehen. Dass es sie viel Überwindung gekostet hatte ihn nicht anzusehen, ahnte er nicht. Seufzend hatte er sich in sein Zimmer eingeschlossen. Warum konnten sie nicht darüber reden was im Bad passiert war?
„Lily, mein Engel, bist du so weit?“
Erschrocken drehte sich Lily um und erkannte ihre Mutter an der Tür stehen.
„Ja, bin ich.“ Sie schloss den Koffer und hievte ihn vom Bett runter.
„Mum? Kann ich dich was fragen?“
Andrea trat ins Zimmer und strich Lily über die Haare. „Klar Liebling.“
„Was wäre, wenn James und ich uns nicht mehr anschreien würden?“
Ihre Mutter strahlte. „Das wäre wunderbar.“
Lily schluckte und wich den Blick von ihrer Mutter aus. „Und was wäre wenn James und ich … wenn wir uns gern hätten.“
„Das wäre toll.“
Lily schloss die Augen. „Auch wenn es über das geschwisterliche hinausging?“
Andrea blickte ihre Tochter verwirrt an. „Wie meinst du das?“
Lily hob den Blick. „Was wäre wenn wir uns lieben würden?“ Sie hatte es ausgesprochen und wartete gespannt auf die Reaktion ihrer Mutter.
Andrea lachte leise. „Darüber muss ich mir keine Gedanken machen, wie es wäre, denn so ist es ja nicht. Ich kann es mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ihr euch nicht streiten würdet. Es ist so alltäglich geworden.“ Sie tätschelte Lilys Wange. „Lily, ihr müsst euch nicht lieben. Es würde mir wirklich schon reichen, wenn ihr euch nicht ständig streitet. Euer Gekeife ist schlimmer als es früher zwischen dir und Petunia war. Aber ehrlich gesagt, verstehe ich euch eh nicht. Entweder ihr schreit euch an oder ihr redet tagelang kein Wort miteinander.“ Andrea machte eine kurze Pause und musterte ihre Tochter. Sie sah betrügt aus. „Mach dich fertig Liebling. In zehn Minuten fahren wir los.“
Andrea drehte sich um und verließ Lilys Zimmer. Lily schaute ihr nach und als ihre Mutter aus ihrem Blickfeld verschwunden war, sah sie James. Hatte er etwa was mitbekommen?
Er stand regungslos im Flur und sah sie einfach nur an. Dieses nichts tun machte Lily rasend. Wenn er was gehört hatte, warum sagte er dann nichts? Und wenn er nichts gehört hatte, warum sah er sie so an?
„Was ist denn?“, keifte Lily ihn an.
„Ni-nichts“, stotterte James zurück. „Warum hast du sie das gefragt?“, fragte er leise.
Warum sagte dieser Typ „nichts“ um dann doch mit der Sprache rauszurücken?
Lily ließ die Schultern hängen. „Weil es mich interessiert hat. Dich etwa nicht? Aber jetzt weißt du ja was sie davon hält.“
Sie schnappte ihren Koffer und polterte mit ihm die Treppe runter. „Kommst du Potter?“, rief sie über ihre Schulter hinweg.
James war sich sicher, dass wenn er in naher Zukunft graue Haare bekommen würde, Lily daran schuld wäre. Sie war in den letzten Tagen nicht da gewesen. Und er wusste einfach nicht, was jetzt zwischen ihnen war. Er war sich eigentlich sogar sicher, dass er und Lily endgültig geschiedene Leute wären und dann fragte sie ihre Mutter so etwas. Kopf schüttelnd schlurfte er in sein Zimmer um seinen Koffer zu holen und trug ihn ebenfalls nach unten in die Küche, wo Lily, Andy und Sam schon auf ihn warteten.
„Da bist du ja endlich“, murrte Sam. „Steigt ins Auto. Und kein Gezanke.“
James verdrehte die Augen. „Ja Dad.“
Sie liefen raus auf die Strasse. Während Lily sich hinten rein setzte, half James seinen Dad mit den Koffern.
Andrea, die sich nach vorne gesetzt hatte, drehte sich zu ihrer Tochter um. „Lily, bedrückt dich etwas?“
Sie schüttelte schnell den Kopf, verspannte sich aber, als sich James zu ihr setzte. Als er sich anschnallte, streifte seine Hand die von Lily. Sie lag flach auf den Sitz. Ihr Blick schnellte zu ihm.
„’Tschuldigung“, murmelte er.
Lily legte ihre Hand kurz um seine und streichelte mit ihrem Daumen über seinen Handrücken. Sie war so schön warm und weich. Aus Angst, dass ihre Mutter es sehen könnte, ließ sie sie aber schnell wieder los und knetete ihre Hände in ihrem Schoss. Unsicher blickte sie in James´ Augen, der sie nicht weniger unsicher ansah. Manchmal wünschte er sich, sein Vater hätte so einen noblen Schlitten, bei dem man einfach ein schwarzes Fenster hochfahren lassen konnte. So hätte er wenigstens Lilys Hand halten können, ohne sich beobachtet zu fühlen. Wie sollte er nur die Fahrt zum Bahnhof aushalten, ohne sie zu berühren. Und vor allem, wie sollte er die Fahrt nach Hogwarts überstehen?
„Du hast mir gefehlt“, flüsterte er ihr kaum verständlich zu.
Lily schluckte schwer. „Du mir auch“, hauchte sie ihm zu und konnte die Tränen nur schwer hinunterschlucken.
„Dad, machst du das Lied ein bisschen lauter? Ist eines meiner Lieblingslieder“, bat James seinen Vater und blickte Lily fest in die Augen.
I’ve made up my mind
don’t need to think it over
if I’m wrong I am right
don’t need to look no further
this ain't lust I know this is love
But if I tell the world
I’ll never say enough
cos it was not said to you
and that’s exactly what I need to do
if I end up with you
Should I give up
or should I just keep chasing pavements
even if it leads no where,
or would it be a waste
even if I knew my place should I leave it there.
Should I give up
or should I just keep chasing pavements
even if it leads nowhere
Lily schloss die Augen und lauschte dem Text. James hatte einen guten Musikgeschmack. Aber das Lied sprach ihr aus der Seele. Sie hatte ihn wirklich vermisst und in diesem Moment, genau hier im Auto, traf es sie wie ein Schlag: Sie hatte sich in James verliebt. Es war nicht nur Verlangen … es war so viel mehr.
„Das darf nicht war sein“, flüsterte sie leise. „Bitte nicht.“ Gequält sah sie zu James rüber. Eine einzelne Träne hatte sich aus ihrem rechten Augenwinkel gelöst und lief ihr über die Wange. „Lily was ist los?“, fragte James sie flüsternd. Lily war am Ende, sollte sie es ihm sagen? Sollte sie ihm ernsthaft sagen, dass sie sich in ihn verliebt hatte? Oder sollte sie einfach schweigen?
Sie biss sich auf die Unterlippe. Das konnte sie ihm hier unmöglich sagen. Nicht hier im Auto. Nicht vor ihren Eltern. „Es ist nichts, James“, murmelte sie. „Alles in Ordnung.“ James schnaufte. Er glaubte ihr nicht, reichte ihr dennoch ein Taschentuch. „Warum glaubst du immer, du könntest mich anlügen?“, raunte er ihr leise zu. Lily nahm das Taschentuch und prustete rein.
„James lass es doch gut sein. Ja?“, funkelte Lily ihn an. „Vorab“, nuschelte er ihr zu und blickte aus dem Fenster. Es regnete, mal wieder. Die Wassertropfen prasselten auf das Autodach. Wie gerne würde er wissen wollen, was in ihr vorging. Was sie dachte, fühlte, wollte. Er seufzte tief. „Aber bitte Lily, hör auf zu weinen, es tut mir weh, dass zu sehen.“ Er drückte kurz ihre Hand. Seine Eltern waren angeregt in ein Gespräch über die Umgestaltung des Gartens vertieft. Sie konnten unmöglich mitbekommen was auf dem Rücksitz passierte. Lily wischte sich mit der freien Hand über die Wangen und wischte sich so die Tränen weg. „Ich befürchte, wenn wir nach Hause kommen, erkennen wir unseren Garten nicht mehr“, lachte Lily leise. Vielleicht war es die beste Lösung, wenn sie das Thema wechselte. James grinste sie verschmitzt an. „Oh ja, ob sie uns endlich eine Baumhaus bauen?“ Sein Augenzwinkern konnte man nicht wirklich deuten.
„Und ein Swimmingpool. Ich will einen Swimmingpool“, lächelte Lily. James leckte sich über die Lippen, warum kamen ihm nun solche Fantasien in den Kopf? „Lily? Darf ich dich etwas fragen? Was ist nun mit uns? Darf ich dich in Hogwarts mal sehen? Ich mein, ähm … alleine?“, er wackelte nervös mit seinem Knie.
Lily legte ihre Hand auf sein Knie, so dass er aufhörte zu wackeln. Das machte sie nervös. Der ganze Kerl machte sie nervös.
„Willst du das denn?“, fragte sie ihn vorsichtig.
„Ja verdammt“, platzte es aus ihm heraus. Etwas lauter als beabsichtig, denn sein Vater schaute in seinen Rückspiegel nach hinten.
„Nicht streiten Kinder!“
Lily wollte ihre Hand von James Knie weg ziehen, aber er legte seine Hand auf ihre.
„Natürlich will ich das.“
Lily wurde etwas rot und blickte auf ihre Hände.
„Wie soll das funktionieren James? Wir können das unmöglich geheim halten. Wo sollten wir uns den treffen?“, fragte sie flüsternd. Keiner von beiden ging auf Sam ein. Dieser war aber auch schon wieder in das Gespräch mit Andrea vertieft.
James zog die rechte Augenbraue hoch. „Ich bin ein Marauder. Glaubst du etwa ich wüsste nicht wo man ungestört sein kann?“
Lily schaute ihn fragend an. „Ich vergaß dass du ein Weiberheld bist.“
James verzog sein hübsches Gesicht zu einer Grimasse. „Hey, verurteile mich nicht. Ich bin auch nur ein Kerl. Aber …“, er stockte und zog zitternd die Luft ein. „Aber … wenn wir … ich würde keine andere mehr anschauen.“
Lilys Herz setzte einen Schlag aus, nur um dann doppelt so schnell wie vorher zu schlagen. War das also kein Spiel für ihn? Meinte er es wirklich ernst? In ihrem Kopf drehten sich die unterschiedlichsten Gedanken. Wollte er mit ihr zusammen sein? Verstand sie das richtig? Sie brauchte Gewissheit. „Heißt das, du willst mit mir zusammen sein?“, fragte sie ihn unsicher. Wenn er jetzt nein sagen würde, würde sie sich nicht nur zum Vollidioten machen. Es würde ihr auch unbeschreiblich wehtun.
„Wir sind da“, sagte Andrea und schaute über ihre Schulter zurück. Ihr Blick fiel auf Lilys Hand, die auf James Knie lag, doch sie machte keine Bemerkung darüber. Sam parkte das Auto direkt vor dem Bahnhof.
„Was für ein Glück wir doch haben“, lachte er vergnügt. „Direkt am Eingang.“
James stöhnte auf und lehnte seinen Kopf an die Kopflehne. Er war Lily noch eine Antwort schuldig, aber wie sollte er ihr die Antwort geben, ohne dass seine Eltern es mitbekommen würden. Lily zog ihre Hand von ihm weg und wollte aussteigen, doch James schnappte schnell nach ihren Arm und hielt sie fest. Seine Antwort war einfach nur ein Nicken.
Ihre Eltern machten sich am Kofferraum zu schaffen und holten ihre großen Koffer aus ihm, um sie auf Gepäckkarren umzuladen. Lily drehte sich schnell um und sah, dass ihre Eltern mit James Koffer beschäftigt waren. Schnell beugte sie sich zu James und ließ ihre Lippen über seine streifen. Sie stöhnte innerlich auf. Sie war sich absolut sicher, dass das niemals gut gehen würde. Früher oder später würden sie erwischt werden. Eigentlich war sie erstaunt, dass sie noch nicht erwischt wurden.
James hätte sie am liebsten gepackt und richtig geküsst, aber er war sich sicher dass spätestens da alles vorbei wäre. Er wollte das mit ihr so sehr, also müsste er sich zusammen reißen. „Wir werden einen Moment finden, in dem wir ungestört sein können. Vertrau mir!“, hauchte er ihr schnell zu und streichelte über ihre Wange. Sie fühlte sich so weich und zerbrechlich an und ihm war klar, dass er derjenige sein könnte, der sie zerbrechen könnte.
Doch dass wollte er um jeden Fall vermeiden, er würde ihr nicht weh tun, niemals. Lily stieg aus und nahm ihrer Mutter ihre Eule Sookie ab. James atmete einmal tief ein und aus und stieg ebenfalls aus. Er schob den Gepäckkarren mit seinem und Lilys Koffer in Richtung Gleis 9 ¾. Lily umarmte ihre Mutter vor der Absperrung.
„Bis Weihnachten meine Süße und schreib zwischenzeitlich mal. Ich wünsche dir ein schönes letztes Jahr.“
Andy küsste ihre Tochter auf die Wange. James hatte seinen Dad in eine Umarmung gezogen und umarmte nun auch Andy, während Lily Sam nur die Hand reichte.
„Tschüss Samuel“, murmelte sie und war auch schon durch die Absperrung verschwunden. „Tschüss Mum 2. Wir sehen uns Weihnachten und pass mir gut auf Dad auf. Und du pass mir gut auf Mum 2 auf“, lachte er Sam an und folgte Lily mit dem Gepäckkarren durch die Absperrung.
Vor ihm stand die rote Lock, die sie beide nach Hogwarts bringen würde. Immer wieder auf neue war er von diesem Prachtteil angetan. Schnell lenkte er seinen Blick auf die kleine Rothaarige neben ihn. Sie wirkte so verlassen zwischen der Menschenmenge.
„Hey“, raunte er ihr zu. „Auf in ein neues Jahr und ich habe das Gefühl, das wird das Beste von allen.“ Er ergriff ihre Hand und steuerte mit dem Gepäckwagen auf die Lock zu.
„James bitte lass mich los, ich schaff das heute sonst nicht mehr“, bettelte sie.
Von ihrer Hand strömte eine wohlige Wärme durch ihren ganzen Körper.
Sie ließ den Blick über die Menge schweifen, hoffentlich waren Black, Remus und Pettigrew sowie Sophie noch weit weg. Als sie niemanden von den vieren sah drehte sie sich zu James um.
„Wann kann ich dich sehen, James?“
Sie biss sich auf die Lippe. So schnell wie möglich wäre am Besten. Ihr wäre jetzt sogar eine Toilette im Zug recht. Hauptsache mit James allein.
„Wenn wir losgefahren sind, werde ich auf die Toilette gehen. Folge mir einfach.“
Er konnte also Gedanken lesen. Lily lächelte und nickte.
„Okay, wenn der Zug los gefahren ist. Und woher soll ich wissen auf welche Toilette du gehst?“
„Nimm einfach ein Abteil neben den von mir und den restlichen Marauder. Du wirst es nicht überhören, wenn ich das Abteil verlasse.“
Sie zog ihre Hand aus James Griff und kletterte in den Zug.
„Gut, ich weiß ja welches Abteil ihr immer besetzt. Bis später.“
Noch ein letzter sehnsüchtiger Blick in seiner Richtung und sie ging den Gang entlang. James würde sich um ihre Koffer kümmern. Das hatte er schon immer so gemacht.
Wenn sie so darüber nach dachte, hatte sie mit ihrem Stiefbruder einen guten Fang gemacht. Lächelnd schüttelte sie den Kopf. Nicht nur mit ihrem Stiefbruder, sondern auch mit ihrem Freund. Glücklich schob sie die Abteiltür auf und setzte sich nervös hin. Aus ihrem Rucksack zog sie ein Buch. Sie las, nahm jedoch die Worte nicht wahr. Nach und nach füllte sich der Bahnsteig mit Schülern und deren Familien. Lily konnte es gar nicht abwarten, bis der Zug endlich los fuhr. Sie hörte, wie die Marauder das Abteil neben ihr in Beschlag nahmen und kurz darauf fuhr der Zug tatsächlich los. Lily konnte einen Freudeschrei gerade so unterdrücken. Sie wollte schon aus dem Abteil stürmen, doch Sophie, ihre beste Freundin machte ihr einen Strich durch die Rechnung, als sie genau in diesem Moment die Tür öffnete. „Hey, da bist du ja. Ich dachte schon Potter hätte dich zuhause gelassen.“
„Ähm, nein … hat er nicht“, stotterte Lily.
Sophie warf ihre blonden Haare nach hinten und setzte sich ans Fenster. „Seit wann sitzen wir so nah bei den Maraudern?“
Lily zuckte mit den Schultern. Sie stand unschlüssig vor der Tür und spürte Sophies verwirrte Blicke.
„Was ist? Willst du dich nicht hin setzen? Du bist ganz schön komisch in letzter Zeit.“
„Ähm …, ich muss mal aufs Klo“, nuschelte Lily und stürmte aus dem Abteil.
Sophie blickte ihr verwirrt hinter her, zuckte aber mit den Schultern und schlug die Hexenwoche auf. Lily stolperte auf dem Gang umher. Jetzt wusste sie nicht, wo James hin war. Sie war kurz davor in Tränen auszubrechen. Beste Freundinnen konnten echt furchtbar sein.
Ein Pssssst ließ sie verwirrt den Gang auf und ab schauen und da stand er frech an der Tür von der Toilette gelehnt. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, als sie auf ihn zu steuerte.
„Ich dachte schon du würdest einen Rückzieher machen“, begrüßte James sie, als er ihre Hände in seine nahm und sie in die Toilette rein zog.
„Sophie kam gerade als ich gehen wollte“, entschuldigte Lily sich bei ihm. Er sollte nicht denken, sie hätte es mit Absicht getan.
James zog sie näher zu sich und strich ihr einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Lily, bist du dir wirklich sicher, dass du das hier möchtest? Es wäre … ähm, schmerzhaft für mich, wenn du es danach nur wieder beenden würdest“, sagte er und strich mit seinen Lippen über ihre Wangen.
Lily schloss die Augen. Sie genoss seine weichen Lippen, wie sie ihre Wange streichelten. Genießerisch seufzte sie auf. „Du hast Angst, dass es für dich schmerzhaft sein könnte? Mal ehrlich James, wer hat von uns beiden den Ruf nichts anbrennen zu lassen. Wenn jemand angst haben sollte, dann ich, denn du könntest hier raus gehen und ein Mädchen läuft dir über den Weg, dass für dich interessanter ist. Ich sollte angst haben, nicht du.“
„Lily, ich hab dir im Auto doch gesagt, dass ich ab jetzt nur noch dich will. Dass will ich eigentlich schon länger, ja ein James Potter ließ nie was anbrennen, aber er steht auch zu seinem Wort“, nuschelte er gegen ihren Hals, an dem er sich hinab küsste. „Ich hab dich die letzten Tage wirklich vermisst, Lily.“ Sie schob ihn sachte von sich.
„Wirklich?“, fragte sie.
„Jaaa“, hauchte er zurück und presste seine Lippen gegen ihre.
Lily schlang ihre Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Nichts anderes wollte sie hören. Er hatte genau das gesagt was sie hören wollte. Zufrieden seufzte sie in den Kuss hinein. James ließ seine Finger durch ihre langen Haare gleiten. Langsam, ohne sich aus dem Kuss zu befreien, setzte er sich auf die Toilette und zog Lily mit sich, die sich auf seinen Schoß setzte.
„Ich glaube ich bin in dich verliebt“, seufzte Lily.
„Oh Lily“, stöhnte James. Seine Lily war in ihn verliebt? Dass sie es nur glaubte blendete er gekonnt aus.
„Ich brauch es nicht zu glauben, Süße. Ich weiß, dass ich in dich verliebt bin“, hauchte er und knöpfte ihren Umhang auf. Langsam schob er diesen von ihren Schultern und ließ ihn auf den Toilettenboden fallen. Er küsste sich ihren Hals entlang.
Lilys Wangen glühten vor Aufregung. Das zu glauben war schwer.
„Zu wie vielen hast du das schon gesagt? Zu allen, die es hören wollten?“
„Zu keiner. Du bist die Erste“, murmelte er abwesend. „Und zu wie vielen hast du es gesagt?“
Empört schnaufte Lily auf. „Ich habe so was in dieser Richtung noch nie zu jemand gesagt.“ Ihre Stimme wurde leiser. „Wie denn auch, ich hatte so ein Gefühl noch nie.“
Sie schauten sich lange schweigend in die Augen und versuchten darin zu lesen, was der andere wohl fühlte und dachte.
„Lily … bist du … bist du noch … ähm … wie soll ich es sagen?“
„Unberührt?“
James nickte. Er wusste nicht was ihm lieber wäre. Einer Seite, wäre es schön der Erste bei ihr zu sein, aber er wäre dann der Junge, der ihr eventuell wehtat. Auf der anderen Seite, wenn er nicht der Erste wäre, müsste er zugeben dass er tierisch eifersüchtig wäre, aber er wäre zumindest nicht der gewesen, der ihr wehgetan hätte.
Lily studierte sein Gesicht. Er wirkte angespannt. Zärtlich nahm sie seinen Kopf in ihre Hände.
„Warum schaust du mich so an?“
„Ich weiß nicht was mir lieber wäre“, gab er zu. „Also … auf was muss ich mich einstellen?“
„Unberührt“, antwortete sie ihm und ihre Wangen färbten sich leicht rosa.
„Oh, okay.“ Er presste seine Stirn gegen ihre. „Ich werde vorsichtig sein, also … ähm … wenn wir … wenn es so weit sein sollte … was es natürlich noch nicht ist. Ich will dich nicht drängen oder so. Ich will … ich will nur das du das weißt“, stotterte er zusammen.
Lily musste leise kichern. Noch nie hatte sie einen unsicheren James Potter erlebt, der vor sich her stotterte.
„Ich glaube es erübrigt sich zu fragen wie es bei dir aussieht. Ich weiß ja dass du nicht gerade wie ein Mönch gelebt hast. Du wirst wohl Erfahrung für zwei haben, oder?“
James machte eine Grimasse. „Stört dich das?“
„Nein. Es ist nur, ich hab Angst, eine von vielen zu werden“, hauchte sie und knabberte an seinem Ohrläppchen.
„Keine Angst, Lily. Das wirst du ganz bestimmt nicht“, stöhnte er leise auf. Er biss ihr leicht in den Hals um sie von seinem Ohrläppchen weg zu bekommen, würde sie so weiter machen gäbe es kein bald, sondern nur ein jetzt und hier.
„Au!“, beschwerte sich Lily und schlug ihn leicht auf die Schulter. „Für was war das?“
„Ich wollte nur deine Jungfräulichkeit schützen“, schmunzelte er. „Nämlich wenn du das tust, was du gerade getan hast, ist die in Gefahr. Sei mir gefälligst dankbar.“
„Ohhhh, du bist mein Held.“ Sie schmollte ihn kurz an, bevor sie ihren Mund für was anderes benutzte. Denn der war zum küssen da
Vielleicht hatte James Recht und sie sollten sich wirklich nur auf die Lippen des anderen konzentrieren. Sein erstes Mal in einer Zugtoilette zu haben war bestimmt nicht besonders aufregend. Außergewöhnlich ja, aber ganz bestimmt nicht bequem.
Zaghaft stupste sie seine Unterlippe mit ihrer Zunge an. „Klopf klopf“, kicherte sie und James öffnete schmunzelnd den Mund. Das was er mit Lily hatte war definitiv anders, als das was er mit all den anderen Mädchen hatte.
Was hauptsächlich an Lily lag, kein anderes Mädchen hatte ihn bisher so verzaubert wie sie. Sie war so so Lilyhaft. Und das schönste war, morgen würde nicht ganz Hogwarts über alles Haargenau bescheid wissen, wie es immer bei den anderen Mädchen gewesen war. Diese Geschwätzigen Tussen konnten nichts für sich behalten. „James, wann werd ich dich wieder sehen?“, fragte Lily atemlos zwischen zwei Küssen.
„Heute noch irgendwann. Ich werde mir was einfallen lassen.“
„Sicher?“, fragte sie ihn unsicher.
„Klar, glaubst du etwa ich lass mir einen Guten-Nacht-Kuss entgehen?“
„Prongs, bist du immer noch da drin?“
Sirius Stimme hallte klar und deutlich durch die Tür.
„Ähm … jaha“, antwortete James ihm schnell.
„Haste Durchfall oder was?“
Lily musste ein Kichern unterdrücken, als sie James Gesicht sah, der fieberhaft nach einer Antwort suchte.
„Oh ja“, stöhnte er dann. „Ich habe ganz schlimme Blähungen. Das kann ich euch nicht im Abteil zumuten.“
Lily schlug sich die Hand vor den Mund um ihr Lachen zu ersticken und wäre dabei beinah von James Schoß gerutscht, der sie gerade noch so festhalten konnte.
„Soll ich Moony fragen, ob er was dagegen hat? Der reist doch immer mit ner halben Apotheke rum“, fragte Sirius durch die geschlossene Tür.
„Nee Pad, ist schon okay. Ich komm gleich. Gib mir noch 5 Minuten.“
James blickte Lily an. Als er hörte, dass Sirius gegangen war sagte er: „Ich muss zurück Süße.“
Er legte seine Lippen auf ihre und küsste sie leidenschaftlich. Nach endlosen Minuten, die den beiden aber nur wie wenige Sekunden vorgekommen waren, löste er sich von ihr.
„Ich sag dir irgendwie bescheid“, hauchte er und küsste sie kurz aber liebevoll.
Er verließ die Toilette und Lily tat es ihm, nach dem sie den Umhang vom Boden gefischt hatte und ihn überzog nach wenigen Minuten gleich. Als sie in das Zugabteil trat, sah Sophie sie abwartend an.
„Sorry Süße. Ich hab mir den Magen verstimmt“, nuschelte Lily und lies sich ihr gegenüber auf den Sitz Fallen. Sophie legte ihre Hand auf Lilys Stirn.
„Du bist auch total heiß, hoffentlich hast du kein Fieber, Süße“, sagte sie.
„Quatsch, ich hab schon kein Fieber.“
Sie lehnte ihre Stirn an die Fensterscheibe und hoffte so auf Abkühlung. Hoffentlich würden sie bald ankommen. Es war schwer zu ertragen, dass James gerade ein Abteil weiter saß und sie nicht bei ihm sein konnte. Das dachte sie zumindest, denn Sophie kam auf die wahnwitzige Idee mal bei den Marauder vorbei zu schauen. Lily wusste das ihre blonde Freundin auf Remus stand. Wahrscheinlich war nur er der Grund, warum sie unbedingt rüber wollte. Da Lily eine gute Freundin war, ging sie eben mit.
Sophie klopfte und schob die Abteiltür auf.
„Hey ihr“, strahlte sie und ließ sich ohne schon gebeten worden zu sein, neben Remus nieder. Lily stand unschlüssig in der Tür und ihr Herz klopfte, als sie sah, dass neben James der einzig freie Platz war. Langsam ging sie auf eben diesen zu und ließ sich zitternd nieder. Sie schaute ihm kurz in die Augen und konnte in diesen lesen, dass er, genau wie sie, die Toilettenwände um sich wünschte.
„Was wollt ihr?“, fragte Sirius, ohne von der Schokofroschkarte aufzublicken.
„Hallo sagen“, lächelte Sophie. „Und euch fragen wie eure Ferien waren.“ Sie blickte zu Lily, die völlig steif neben James saß. „Nicht wahr Lily? Ach ich vergaß, du wirst wohl wissen wie die Ferien der anderen drei waren. Hast sie bestimmt öfters gesehen.“
Lily nickte nur stumm und setzte sich auf ihre Hände. So war die Versuchung James zu berühren nicht so groß. Obwohl sie merkte dass sie immer mehr zu seiner Seite kippte. Hatte denn dieser verdammte Kerl einen Magneten in sich? Sie hätte jubeln können, als der Zug um eine Kurve fuhr und sie so auf James kippte, dieser streichelte ihr unbemerkt von den anderen, die ebenfalls nach ihrem Gleichgewicht suchten, über den Rücken. „Ich geh eine Runde … ähm … laufen. Ähm nee Remus ist schon okay bleib du nur da“, sagte sie als Remus sich erhob und lächelte Sophie kurz an.
James blickte ihr hinter und rätselte ob er ihr jetzt eigentlich folgen sollte, oder nicht. Wenn er jetzt ebenfalls aufstehen würde, wäre es mehr als auffällig. So blieb er sitzen und begann ein Gespräch mit seinen Freunden. Vielleicht war es nicht verkehrt für einen Moment Lily aus seinen Kopf zu verbannen. Er dachte ohnehin schon viel zu viel an sie.
„Man, solche verregnete Ferien hatten wir auch noch nie. Seht mal wie blass ich bin. Das ist total unsiriusly“, beklagte sich Sirius über den verregneten Sommer.
James prustete vor Lachen in seinen Kürbissaft. „Unsiriusly? Pad, wie kommst du nur immer auf solche Sachen?“, fragte er belustigt.
„Sie kommen einfach so über mich“, erklärte dieser trocken. „Sag mal Prongs, wie lief's eigentlich mit ähm, ach keine Ahnung, deiner Nachbarin?“, fragte Sirius ihn.
„Ähm, nicht gut, sie war nervend“ James starrte aus dem Fenster, musste Sirius davon wieder anfangen? Wenn er an sie dachte, dachte er automatisch an Lily. Er hatte sie den ganzen Abend über verglichen.
„Wie hieß sie nochmal?“, fragte Sirius und schnipste mit dem Finger.
„Keine Ahnung, da bin ich echt überfragt“, sagte James und zuckte mit den Schultern.
„Sie muss ja wirklich voll die Trantüte gewesen sein, wenn du nicht mal mehr ihren Namen weißt. Hast doch sonst so ein Gedächtnis. Du merkst dir sogar die Namen von den Schnecken, die ich mir kralle.“
Remus musste über die beiden leise lachen. „Naja, vielleicht hat unser James ja momentan eine andere im Kopf.“
James lief rot an, hatte Remus etwa etwas gemerkt? „Ach was Moony. Ein James Potter ist für alle da“, lachte er und hoffte sich die Hitze in seinem Kopf nur einzubilden.
Remus Augenbraue wanderte in Richtung seines Haaransatzes. Sirius neben ihm ries den Mund auf.
„Nun bin ich aber neugierig, Prongs. Wer ist sie?“ Sirius sah ihn leicht gekränkt an. James hatte eine Neue, und er, sein bester Freund, Berater in allen Lebenslagen, erfuhr es nicht als erstes?
„Was? Ich habe niemanden, klar?“, antwortete James ihnen patzig. „Ich habe sogar die Schnauze voll von Frauen. Sie machen nur Ärger. Ich werde erst mal enthaltsam leben.“
Ja, das war eine gute Ausrede, warum er in der nächsten Zeit keine Dates haben wird. Er hatte Lily versprochen, dass es keine andere geben wird und um trotzdem den Schein zu bewahren, musste er einen Grund haben, warum er sich nicht mehr für andere Mädchen interessierte.
Sirius schaute ihn skeptisch an und wollte schon was sagen, doch James schnitt ihn das Wort ab, bevor es über seine Lippen kam.
„Und nein, ich bin nicht schwul geworden.“
Sirius schloss missmutig seinen Mund. Warum musste James ihn auch so gut kennen?
Die Abteiltür wurde aufgeschoben und Lily kam wieder herein und lies sich gefrustet auf ihrem Platz nieder.
„Die werden immer frecher“, beschwerte sie sich.
„Warum Lils, was war denn?“, fragte Sophie, nahm die Augen jedoch nicht von Remus.
„Ach ich hab so einem kleinen Stöpsel gesagt, er solle nicht im Gang rennen, da hat er mir die Zunge rausgestreckt und gemeint, dass ich ihm gar nichts zu sagen hätte, ich sei ja nicht seine Mutter“, erklärte Lily, sah aber ein, dass sie verloren hatte. Sophie hing gebannt in dem Blick mit Remus fest und hatte ihr nicht zugehört. Sirius döste vor sich hin, Peter schnarchte leise. Und James vermied ihren Blick. Am liebsten wäre sie aufgestanden und in ihr Abteil gestürmt.
Nach kurzer Überlegung beschloss sie, es wäre vielleicht wirklich besser, wenn sie das Abteil wechseln würde. Seufzend stützte sie sich vom Sitz ab und wollte aufstehen, aber James ergriff ihr rechtes Handgelenk und hielt sie so fest. Hastig drehte sie ihren Kopf zu ihm und schaute ihn fragend an.
„Wo willst du hin?“, fragte er sie.
„In mein Abteil. Hier ist eh jeder mit sich selbst beschäftigt und drüben kann ich wenigsten ein gutes Buch lesen.“
Mit seinem Daumen streichelte James ihr über das Handgelenk. „Okay Evans dann viel Spaß“, sagte er und leckte sich unbewusst über die Unterlippe. Sie dachte, dass er nur mit sich beschäftigt wäre? Dabei kreisten seine Gedanken doch nur um sie, konnte sie dass denn nicht sehen? Er blickte ihr in die Augen. Aus ihnen sprach die Sehnsucht, die er jede Sekunde empfand, in der er Lily nicht in seinen Armen halten konnte.
Lily schluckte schwer. Konnte er dieses Lecken über seine Lippen nicht lassen? Das machte sie ziemlich scharf. Wie von Geisterhand gelenkt, setzte sie sich wieder neben ihn und nahm die Höllenquallen der Sehnsucht auf sich. Noch nie kam ihr die Zugfahrt nach Hogwarts so lang vor.
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