von -Hermine-
Der Junge legte eine Hand auf die gegenüberliegende Steinmauer, welche kurz vibrierte. Andie wartete auf irgendeine weitere Regung – dass die Mauer verschwinden würde, sich auflösen würde, zerbröckeln würde oder vielleicht im Boden verschwinden würde. Doch nichts von dem passierte. Der Junge nahm die Hand weg und deutete ihr mit einer einladenden Geste den Vortritt.
Andie wusste was passieren würde. Sie würde wie immer in die Mauer laufen, zurückprallen um sich wieder den Kopf anzustossen. Stehen bleiben konnte sie jedoch auch nicht. Es erinnerte sie an die Situation am Bahnhof – vielleicht war es die gleiche Mauer. Andie atmete tief durch, lächelte nicht allzu überzeugend und versuchte sich wenigstens zu entspannen.
„Keine Angst.“, sagte er, als ob er ihre Gedanken lesen konnte, „es wird dir absolut nichts passieren. Das verspreche ich.“ Er legte seine Hand sanft auf ihren Rücken und gab etwas Druck. Er zwang sie nicht – er gab ihr auf irgendeiner Weise Mut.
Und auf irgendeine Weise vertraute sie ihm. Sie machte einen Schritt nach dem anderen, spürte die Kälte der Mauer als sie näher kam, schloss die Augen und machte einen weiteren Schritt – und nichts geschah. Kein Aufprall, keine blauen Flecken. Die Hand auf ihrem Rücken hatte sich nicht bewegt.
Andie öffnete die Augen und war überrascht. Sie hatte sich den Kerker anders vorgestellt.
„Herzlich willkommen in unserem Haus.“ Sie schaute hoch, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte. Sie lächelte und ging ein paar Schritte mit ihm. Er zog seine Hand zurück und verschränkte sie mit der anderen hinter seinem Rücken.
Der Gemeinschaftsraum war gewaltig. Er war hoch, glänzte in einem grün, schwarzen Licht und war generell im grünen Ton gehalten. Auf der linken Seite prasselte ein Feuer vor den grossen Sofas, die man aus Filmen wie Sherlock Holmes kannte.
Andie ging ein paar Schritte und lief die zwei Stufen hinunter. Der Gemeinschaftsraum war grösstenteils leer. Ein paar Schüler sassen auf den Sofas oder vor dem Kamin, schrieben Hausaufgaben oder unterhielten sich.
„Es ist riesig.“, sagte sie und schaute zur Decke.
„Unsere Räume liegen unter dem See von Hogwarts.“, erklärte der Junge, „darum ist das Licht auch grünlich. Ich hoffe du frierst nicht?“
„Nein…danke.“, sagte sie und erkundete den Raum weiter mit ihren Augen. Es rührte sie wie er sich anscheinend um sie sorgte. Sie bemerkte, wie er sie ansah und erwiderte seinen Blick. Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln, so wie er es häufig tat. Sein Lächeln gefiel ihr. Es wirkte beruhigend.
„Der Schlafsaal der Mädchen liegt zu unserer linken.“, er wandte sich ab und deutete auf eine Treppe die geschwungen nach oben führte, „der der Jungen liegt noch einen Stock tiefer. Ich vermute das deine neue Schuluniform oben auf deinem Bett liegt. Es wäre vielleicht grundsätzlich besser…wenn du den anderen Umhang anziehen könntest.“ Er verzog seine Lippen zu einem schrägen Lächeln und beugte sich etwas hinab, „die Slytherins sind nicht allzu gut auf Gryffindors zu sprechen.“
„Warum hast du mich dann gerettet?“, fragte Andie und schaute ihm in die Augen.
„Weil du ansonsten gefallen wärst.“, antwortete er, „und ganz nebenbei bemerkt…“, er legte wiederum eine Hand auf ihren Rücken und führte sie zum Zugang der Mädchenschlafsäle, „ist in jedem Bild, das in Hogwarts hängt, jemand zuhause. Ich hätte mich also vor versammelter Mannschaft blamiert und mein Ruf als Gentleman wäre somit zunichte. Hier sind wir.“
Andie blieb stehen und grinste. „Naja…danke trotzdem. Vielleicht wäre es ganz nützlich diesen Ruf beizubehalten. Ich mein nur…für alle Fälle.“
„Mit Sicherheit.“, lächelte er und verneigte sich kurz, „ich hoffe du entschuldigst mich, ich habe noch eine Sache die ich dringend erledigen sollte.“
„Klar, natürlich.“, nickte sie und machte einen Schritt auf die erste Stufe, „ich komme von hier auch alleine zurecht.“
„Dann bis bald Chaos girl.“
Andie lächelte und blieb einen Moment stehen, als er sich umwandte und aus dem Gemeinschaftsraum verschwand. Sie spürte die anderen Blicke der Schüler auf sich und bemerkte speziell zwei Mädchen, welche sie mit grossen Augen ansahen. Andie strich sich durch die Haare, machte kehrt und lief hinauf zum Schlafsaal.
Zwischenzeitlich war sie fast zu müde und zu erschöpft um noch etwas gross anzustellen. Sie griff in ihre Tasche, welche sie kurzerhand neben ihr Bett geworfen hatte, zog ihr Tagebuch hervor und hielt die wichtigsten Punkte fest.
20. Oktober
Ich bin ab jetzt in Slytherin und wurde schon zweimal gerettet. (Neuer Rekord innerhalb einer Stunde) Habe mich ca. eine halbe Stunde verlaufen, um dann von einem Jungen, dessen Namen ich nicht kenne…gefunden zu werden. Wir sind danach eine weitere halbe Stunde rumgelaufen und ich habe das Gefühl, sollte auf Schlaf komplett verzichten, da ich ansonsten zu wenig Zeit habe, die grosse Halle am nächsten Morgen zu finden.
Habe bisher Malfoy nicht gesehen und hoffe, dass das noch so bleibt.
Ich frage mich, was Hermine und die anderen machen… werde sie morgen im Klassenzimmer treffen.
Ich habe keine Ahnung wo das Klassenzimmer ist. Sollte womöglich doch auf Schlaf verzichten.
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