von -Hermine-
Ihr Herz schlug schneller – Malfoy hatte ihr die wichtigste Kleinigkeit nicht erzählt. Wie konnte sie diesen Besen bremsen? Andie umklammerte den Stiel und fing an zu zittern, als sie immer näher an die Tribüne zu schoss. Ihre Haare flatterten im Wind und versperrten ihr teilweise die Sicht.
Zu ihrem Übel rutschte sie noch seitwärts weg. Es schien, als wäre sie schräg in die Luft geschossen.
Plötzlich nahm sie einen neuen Wind wahr und ihr Besen holperte plötzlich bevor er auf der Stelle stehen blieb. Eine weitere Hand umklammerte den Stiel, den sie mit beiden Händen so fest umklammert hielt, dass ihre Knöchel weiss hervor standen. Ihr Herz und ihr Atem rasten. Sie blieb knapp zwei Meter vor der Tribüne in der Luft stehen.
„Zweite Regel, Kingston.“, hörte sie Malfoy in einem strengen Ton sagen, „immer Augen offen halten.“
Andie nickte nervös und versuchte nicht nach unten zu sehen.
„Alles klar?“ Malfoy studierte ihr Gesicht mit zusammengezogenen Augenbrauen, „du hast Farbe verloren.“
„Ach ja?“, sagte Andie und bemerkte, dass ihre Stimme zitterte. Ihre Füsse umklammerten den hinteren Teil des Besens um nicht abzurutschen. Sie spürte, wie Malfoy den Besen langsam nach unten zog. „Ja. Aber vielleicht solltest du das positiv sehen, Kingston.“
Andie warf ihm einen schnellen Blick zu. „Nur Farbe verloren bedeutet dass du alle Körperteile noch dran hast. Ich an deiner Stelle würde mich freuen.“
Wiederum schaute sie auf und versuchte ihrer Stimme einen wütenden Klang zu geben. „Du hättest mir vielleicht sagen können wie man dieses Teil bremst.“
„Ich hätte nicht erwartet dass du es schon beim ersten Versuch hinbringst. Und auch wenn hätte ich vermutet, dass dich irgendeine Wand oder ein Vogel stoppen würde.“
Andie umfasste den Stiel noch mehr.
„Was auch fast passiert wäre, wenn ich dich nicht gerettet hätte.“
Andie presste die Lippen zusammen und war still bis sie es fertig brachte, ihn anzusehen. „Nimm deine Hand weg.“
„Was?“ Er lachte gekünstelt auf und schüttelte den Kopf, „du wirst nur den Boden rammen.“
Wenn sie könnte, würde sie seine Hand weg schlagen, doch das Risiko war zu gross.
„Bitte, nimm sie weg.“, wiederholte sie und versuchte ihrer Stimme Festigkeit zu geben.
Er schaute sie einen Moment an und hob dann beide Hände in die Luft. „Na gut. Schau wie du auf den Boden kommst, Kingston.“ Er schnaubte kurz auf und flog hinunter, worauf er elegant vom Besen sprang und erwartend nach oben schaute.
Es waren immer noch mindestens 5 Meter. Vielleicht war es doch nicht so schlau. Aber Andie wollte nicht, dass er so nahe bei ihr war. Sie wollte nur noch runter, und das auf, wenn möglich, schmerzfreie Weise.
Sie hatte sich nicht mehr gerührt, seid Malfoy ihren Besen hielt. Ihr Herz hämmerte immer noch gegen ihre Schläfen und langsam bekam sie Kopfschmerzen davon. Andie wusste, dass, wenn sie runter wollte, sich bewegen musste. Sie lehnte sich vorsichtig nach links, doch merkte, wie sie weiter nach rechts abrutschte.
Aus den Augenwinkeln konnte sie Draco erkennen, der seufzend den Kopf schüttelte. „Wenn es noch was wird heute, ich sehe dich im Schloss.“ Er warf den Besen hoch, fasste ihn mit einer Hand, und lief links aus dem Stadion.
Er liess sie alleine. Andie schaute ihm für einen Moment verdutzt und überrascht hinter her. Würde sie wieder in die Höhe schiessen und verloren gehen, würde sie es definitiv bleiben.
Andie schloss für einen Moment die Augen. Sie war nicht dumm, sie kam irgendwie wieder auf den Boden zurück. Wenn sie es nur mit einem Ruck versuchen würde…
Sie verlagerte ihr ganzes Gewicht zur linken Seite und bewegte sich – rutschte jedoch nach rechts weg. Ein weiterer Aufschrei wich ihr über die Lippen, und ihre Beine schlossen sich automatisch um den Besen, als sie, kopfüber, wie ein Affe, am Besen hing.
Würde Malfoy doch zurück kommen, hätte er eine Geschichte, die er womöglich im ganzen Schloss erzählen würde. Hoffentlich blieb er dort wo er war.
Falls sie jedoch nicht bald eine Lösung für ihr Problem finden würde, würde sie noch die ganze Nacht so hängen. Sie bliess die Haare aus dem Gesicht, und versuchte sich unter Ächzen auf den Besen zu ziehen, jedoch leider erfolglos.
Sie wusste nicht, wie lange genau sie schon in der Luft war. Ihre Hände fingen jedoch an zu schmerzen und jedes Mal wenn sie die Füsse bewegte, rutschte sie ein bisschen weg. Falls sie niemand finden würde, käme sie auf alle Fälle hinunter.
„Geniesst du die Aussicht?“
Andie zuckte. Als sie zur rechten und zur linken Seite schaute, erkannte sie niemanden. Sie schaute kopfĂĽber hinunter, sodass ihre Haare nach hinten fielen.
Der Junge aus dem Schloss stand unter ihr, die Hände in den Hosentaschen seiner dunklen Hose versteckt.
„Nicht wirklich.“, erwiderte Andie und war überrascht, wie ruhig ihre Stimme war. Sie musste doch schon eine Weile lang in dieser Position verharren. Zumindest so lange, bis sie sich daran gewöhnt hatte.
„Was tust du dann?“
„Ich…häng hier nur so rum.“ Andie verzog ihr Gesicht zu einem Grinsen und versuchte, die Röte, welche ihr automatisch ins Gesicht schoss, zu verstecken.
„Darf ich dir vielleicht behilflich sein?“, fragte der Junge und zog seinen Zauberstab. Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern richtete diesen auf ihren Besen. „Accio Besen.“
Das Fluggerät setzte sich in Bewegung und flog direkt auf ihn zu. Andie versuchte ihre Finger noch fester um den Stiel zu schliessen, bis der Boden so nahe war, dass sie loslassen konnte.
Mit einem dumpfen Aufschlag, landete sie im weichen Gras. Andie öffnete etwas benommen die Augen und schlug die Hände vor das Gesicht. Der Besen schien eigenwilliger zu sein, als gedacht.
Der Stiel schlug herum und erwischte sie an der Stirn. Andie duckte sich zur Seite.
Sie hörte einige Schritte und drehte sich wieder auf den Rücken, eine Hand auf die Stirn gedrückt.
„Wie sieht es aus?“
Andie blinzelte. Grosse, grau blaue Augen sahen sie besorgt an. Für einen Moment vergass sie was geschehen war – die Augen hielten sie für wenige Sekunden gebannt.
„Blau…“, flüsterte sie und merkte zu spät, was sie gerade gesagt hatte.
Der Mund des Jungen verzog sich zu einem Lächeln. „Ach ja?“
Wiederum wurde sie rot. „Ist es schlimm?“
Der Junge nahm ihre Hand vorsichtig in die Seine und hob sie sachte an. Andie hielt ihren Blick immer noch auf seine Augen gerichtet.
„Es blutet, aber nicht zu fest.“
Andie merkte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. Sie hasste Blut. Schon beim kleinsten Geruch wurde ihr übel. „Keine Sorge, ich bringe dich zu Miss Pomfrey, sie wird dir mit einem Zauber helfen können.“
„Nein!“, sagte Andie schnell und nahm sich sogleich etwas zurück, „ich meine…ich kann auch ein Pflaster drauf kleben. Das wird schon genügen.“
Er begutachtete sie für einen Moment ernst, bis seine Mundwinkel sich zu einem Lächeln erhoben. „Na gut. Komm, ich helf dir auf.“
Er half ihr auf die Beine und legte vorsichtshalber einen Arm um ihre HĂĽfte.
„Danke. Tut mir leid, dass du mich immer retten musst.“ Andie versuchte das Pochen in ihrer Stirn zu ignorieren und schaute kurz zu ihm auf, bis sie sich wieder dem Gras zuwandte.
„Es gibt keinen Grund, dass dir das Leid tun sollte. Es hätte in der Tat mir leid getan, hättest du die ganze Nacht dort oben verbracht.“ Andie verzog ihre Lippen zu einem schwachen Lächeln.
„Komm. Ich bringe dich in unseren Gemeinschaftsraum. Es sei denn, du möchtest gerne voraus gehen?“ Mit seiner freien Hand machte er eine einladende Geste.
„Nein…ich denke es ist besser, wenn du führst. Ich…bin noch nicht so geübt darin.“, erwiderte sie lächelnd und lief mit ihm über das Stadion, hinauf zum Schloss.
Seine Hand ruhte immer noch auf ihrer HĂĽfte, und sie merkte, wie warm es ihr wurde.
„Hättest du Lust auf einen kleinen Spaziergang, nachdem du verarztet bist?“
Er schaute sie fragend an und Andie studierte kurz seine Augen, von welchen es ihr schwerfiel sich zu trennen. „Ja…gerne.“
Vielleicht war es doch besser, dass Malfoy verschwunden war…
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel