von LilienblĂĽte
Hogwarts, 7. September 1990
FĂĽnf Uhr nachts (und morgen frĂĽh ist auch noch Schule, vielleicht sollte ich mir ĂĽberlegen gar nicht mehr ins Bett zu gehen?)
Hallo meine Lieben, mein Name ist Nymphadora Tonks und ich werde euch von nun an live aus meinem Leben berichten. Vor genau zwei Stunden bin ich siebzehn Jahre alt geworden. Meine Mum, die es sich zur Gewohnheit gemacht hat, meine Geburtstagswünsche komplett zu ignorieren und mir stattdessen „eine Überraschung“ schickt, hat in diesem Jahr mal wieder komplett daneben gegriffen und mir ein Tagebuch geschenkt.
Ich, Nymphadora Tonks, die einen Stift nur in die Hand nimmt, um die unvermeidlichen Berge an Hausaufgaben zu bewältigen, soll Tagebuch schreiben. Ich, mit einem Leben, das jeden Monat in einem Chaos endet, soll das alles nun auch noch niederschreiben.
Aber weil ich meine Mum schließlich nicht kränken will – und gerade ohnehin nicht schlafen kann, weil ich noch zu aufgekratzt von der Überraschungsparty bin, die meine Freundinnen für mich organisiert haben, werde ich zumindest einen Beitrag in dieses Buch schreiben.
Nichtsahnend, dass ich schon in wenigen Minuten wieder geweckt werden würde, habe ich mich kurz vor Mitternacht in meinem Bettchen zusammengerollt. Ich bin so ein Mensch, der nie lange wach liegt – wenn ich mich hinlege, dann schlafe ich auch nach ein paar Sekunden. Und so war ich schon in meinen Träumen versunken als sich ein paar Minuten später Sharon und Mia hereinschlichen und ein Geburtstagslied an stimmten. Vollkommen verschlafen (ich bin der totale Morgenmuffel, wenn ich einmal schlafe hasse ich es wieder aufzuwachen) zog ich mir die Bettdecke über den Kopf. Es konnte doch unmöglich schon wieder Morgen sein, oder?
„Jetzt beweg dich, Süße. Wir haben nicht bis Mitternacht gewartet, um dir beim Schlafen zuzusehen, weißt du.“ Sharon war unbarmherzig und nahm mir einfach meine Bettdecke weg. Murrend richtete ich mich auf.
„Herzlichen Glückwunsch und willkommen im Club der Volljährigen!“ Sharon drückte mir einen Kuss auf die Wange und legte mir ein Geschenk auf die Bettdecke.
„Alles Gute“, wünschte mir auch meine Freundin Mia und stellte die Torte mit den Kerzen neben mein Geschenk.
„Dankeschön“, murmelte ich, noch immer nicht ganz wach. Ich griff nach dem Päckchen. Was da wohl drin war?
„Mensch, Dora, pass doch auf!“ Mia hatte noch versucht das Schlimmste zu verhindern, aber irgendwie war es mir gelungen, während ich nach dem Geschenk gegriffen hatte, die Torte umzuwerfen und mit den Kerzen die Bettdecke in Brand zu setzen. Erschrocken sprang ich aus dem Bett.
„Ich habe doch gleich gesagt, Dora und echte Kerzen vertragen sich nicht. Wir hätten diese Lichter nehmen sollen, die sich die Muggel zu Weihnachten in ihre Bäume hängen“, schimpfte Sharon, nachdem Mia meine Bettdecke mit einem Aguamenti vor dem Feuertod gerettet hatte.
„Einen Versuch war es wert. Ich dachte ihre Volljährigkeit könnte sich positiv auf ihre Ungeschicklichkeit ausgewirkt haben“, grinste Mia und ich musste lachen. Mein neues Lebensjahr damit zu beginnen eine Bettdecke in Brand zu setzen – das war mal wieder so typisch für mich.
Ich, Nymphadora Tonks, bin der tollpatschigste Mensch in der ganzen Welt. Ob ich nun Geschirr fallen lasse, über meine eigenen Füße und diverse unbekannte Gegenstände stolpere, in Trickstufen hängen bleibe oder eben Bettdecken in Brand setze – all das gehört bei mir zum Alltag und die Menschen in meiner Umgebung haben sich längst dran gewöhnt. Was sie trotzdem nicht daran hindert, mich damit zu ärgern (siehe Sharon und Mia).
„Hoffen wir mal, dass unser Geschenk, den Brandanschlag überlebt hat“, meinte Sharon und warf mir das Päckchen zu, das ich natürlich prompt fallen ließ. Während ich mich bückte, um es aufzuheben, war ich froh, dass die beiden mir nichts Zerbrechliches geschenkt hatten.
Ungeduldig riss ich das Papier auf und heraus kam ein total cooles neues Piercing.
„Wow, das ist echt super“, freute ich mich und steckte es gleich an meinen Bauchnabel. Mia und Sharon hatten eine echt gute Auswahl bei ihren Geschenken. Mit Piercings konnte man mich immer erfreuen und ein so cooles, welches die Form einer Wespe hatte, war einfach nur genial. So konnte jeder sehen, dass ich Fan der Wimbourner Wespen war.
„Ach, und das ist von deinen Eltern“, deutete Mia auf ein Päckchen auf meinem Nachttisch. Ich seufzte laut und Sharon und Mia grinsten vor lauter Vorfreude. Dass meine Mum zielsicher meinen Geschmack verfehlte wussten sie nach sechs Geburtstagen in Hogwarts längst.
„Was hat sie ihrer süßen Nymphadora wohl dieses Jahr geschenkt“, zog Sharon mich auf Mia kicherte hinter vorgehaltener Hand.
Etwas weniger ungeduldig als noch eben bei dem Geschenk von Mia und Sharon öffnete ich das Päckchen. Es war nicht zu übersehen, welcher Elternteil welches Geschenk gekauft hatte Von Daddy war ganz sicher die Besentinktur („So bringen Sie auch den ältesten Besen zum Strahlen!“) und die vielen Packungen Schokofrösche. (Ich bin nach den Teilen total süchtig.)
Meine Mum hatte die in sie gesetzten Erwartungen vollkommen erfüllt und schaffte es mit einem Buch über die Ausbildungsmöglichkeiten zur Heilerin (unglaublich nützlich, da ich doch Aurorin werden möchte) und diesem Tagebuch (wo ich so unheimlich gerne schreibe) ihr Geschenk vom letzten Jahr (Eine Garnitur Handarbeitsutensilien!!!) noch zu übertrumpfen. Die üblichen Geburtstagskarten lagen ganz unten. Selbst bei den Geburtstagskarten hatten es die beiden nicht geschafft, sich auf eine zu einigen und deshalb jeder eine gesendet.
Hey Kleine,
ich wĂĽnsche dir alles Gute zum Geburtstag. Nach heute darf ich dich eigentlich nicht mehr Kleine nennen, schlieĂźlich bist du nun erwachsen. Aber du wirst immer meine kleine Tochter bleiben, ganz egal, wie alt und erwachsen du wirst.
Zur Volljährigkeit wünsche ich dir alles Liebe.
Dein Dad
An Nymphadora
Ich wünsche dir in deinem neuen Lebensjahr alles erdenklich Gute und hoffe, dass all deine Wünsche erfüllt werden. Du bist volljährig, das bedeutet, für dich beginnt nun ein völlig neuer Lebensabschnitt. Nach dem Gesetz bist du ab dem heutigen Tage volljährig und du hast neue Aufgaben zu erfüllen. Es wird Zeit sich für einen Beruf zu entscheiden. Aus diesem Grund habe ich dir dieses Buch zur Heilerausbildung beigelegt. Ich bin sicher, du wirst es interessant finden. Das Tagebuch soll dein treuer Freund in deinem Leben als Erwachsene werden. Vielleicht schaffst du es mit deinem Tagebuch ein wenig Ordnung in dein Leben zu bringen.
Liebe GrĂĽĂźe, Mum
„Mein treuer Freund in schlechten Zeiten“, murmelte ich ungläubig und hob das Tagebuch auf. „Glaubt ihr, es wird mich gegen Suzie verteidigen?“
Sharon lachte, aber Mia sah mich ernst an: „Tagebücher helfen echt, das kannst du mir glauben. Ich habe als Kind auch mal Tagebuch geschrieben – “
„Welche Sache, die komplett idiotisch ist, hast du eigentlich nicht irgendwann mal gemacht?“, warf Sharon ein.
„ – und es hat echt geholfen“, redete Mia weiter, ohne auf Sharon einzugehen. Wenn man alles niedergeschrieben hat, dann hat man einen viel besseren Überblick über alles Wichtige und gerade dir, Dora, wird das sicher helfen, schließlich ist dein Leben das komplette Chaos.“
„Vielen Dank auch“, grinste ich. Sauer war ich wegen diesem Kommentar nicht. Mia hatte schon Recht – das Chaos suchte mich und war dabei niemals erfolglos. Egal ob es um die Schule, meine Eltern oder um die Liebe geht – bei mir artet einfach alles immer in eine Katastrophe aus. Nach siebzehn Jahren bin ich in der Lage das Ganze mit Humor und einer ordentlichen Portion Sarkasmus so hinzunehmen – ich bin nun einmal die Chaos-Queen.
„Eine Geburtstagskarte, die klingt wie ein Lebensratgeber, so etwas bekommt auch nur meine Mum hin“, murmelte ich und vergrub die Karte in einer meiner Nachttischschubladen irgendwo zwischen alten Federkielen und Blubbels bestem Kaugummi.
„Wenigstens denkt sie an deinen Geburtstag“, hob Sharon den „Vorteil“ meiner Mum heraus. Ob das nun ein Vorteil ist Geburtstagskarten mit Berufsvorschlägen und sinnlose Geschenke zu bekommen lasse ich einfach mal so dahin gestellt, aber in diesem Punkt macht es keinen Sinn mit Sharon zu streiten. Ihre Eltern lieben ihre beiden Brüder abgöttisch und haben für Sharon nicht viel übrig. Im letzten Jahr hat tatsächlich niemand aus ihrer Familie an ihren Geburtstag gedacht.
„So. Süße, schnapp dir dein heißestes Outfit und los geht’s. Unten ist Party angesagt.“
Ich war echt überwältigt. Mia und Sharon hatten es tatsächlich geschafft eine Überraschungsparty für mich auf die Beine zu stellen. Und nicht nur das – ihnen war es auch gelungen ein paar Gäste aus anderen Häusern reinzuschmuggeln. Mein Interesse galt dabei besonders einem – Matthew Carrol, Jäger der Ravenclawmannschaft und Vertrauensschüler. Er ist intelligent, humorvoll und gutaussehend – und mein heimlicher Schwarm. Wie nicht anders zu erwarten stehen die Hälfte der Mädels unserer Schule auch auf ihn – aber wen interessierte das schon heute Abend? Er war auf meiner Party!
Gut, vermutlich war das mehr Sharons Aussehen und ihrem freizĂĽgigen Kleidungsstil zu verdanken, denn er schien nicht zu wissen, dass ich der Grund war, weswegen hier unten heute Party war.
Aber sehen wir das Positive: Ich habe heute zum ersten Mal mit ihm geredet. Unser Gespräch war vielleicht nicht das längste, was ich je geführt habe (um ehrlich zu sein kommt es sogar in die Top 3 der peinlichsten Gespräche meines Lebens), aber es kann definitiv als ein Fortschritt zum Anschmachten aus der Ferne gesehen werden.
Nachdem ich die Glückwünsche von Freunden und Mitschülern entgegen genommen hatte und ich mich von Dylan losreißen konnte, der mit mir unbedingt einen Geburtstagstanz hinlegen wollte – dabei kann ich Tanzen ähnlich gut wie Arithmantik – bin ich zu Matthew hinüber gegangen. Der stand mit einem älteren Jungen aus meinem Haus, der eingeladen war, weil er Sharons derzeitige Flamme war, in einer Ecke und trank Cocktails.
„Na, habt ihr beiden für das Geburtstagkind auch einen Cocktail?“ Ja, mit genau diesem blöden Spruch habe ich versucht, mit Matthew ins Gespräch zu kommen.
„Klar, bringst du ihr den?“ Matthew drückte mir einen Cocktail in die Hand und wandte sich dann wieder an seinen Freund.
„Wer hat denn heute überhaupt Geburtstag?“, hörte ich ihn seinen Kollegen mäßig interessiert fragen.
„Irgendeine Freundin meiner Süßen. Ich frag gleich mal nach, wer es ist. Wir können uns hier schließlich nicht kostenlos besaufen, ohne wenigstens zu wissen, wem wir die Party zu verdanken haben.“
„Du weißt nicht zufällig, wessen Geburtstag wir heute feiern, oder?“ Ich konnte mein Glück kaum fassen, dass er tatsächlich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich gerichtet hatte. Deswegen starrte ich ihn erst einmal eine Weile grinsend an, bevor ich mir darüber klar wurde, dass er eine Frage gestellt hatte.
„Ähm was?“ Trotz des Anblicks seiner wunderschönen blauen Augen und seiner vollen Lippen versuchte ich mich zu konzentrieren.
Er wiederholte seine Frage und ich sah ihn voller Freude an – stolz darauf, dass ich ihm die Frage beantworten konnte: „Doch, das weiß ich zufällig.“
„Sieht sie wenigstens gut aus? Sharon hat durchblicken lassen, dass sie mich ziemlich attraktiv fände.“
Sharon hatte WAS getan?
„Hoffe, sie hat keine pinken Haare“, meinte Matthew mit einem abfälligen Blick auf meine Haare. „Sie ist nicht zufällig blond, schlank und blauäugig, dann wäre ich nämlich interessiert.“
Ich schluckte. Und ehe ich irgendeinen Einfluss darauf nehmen konnte, hatte ich mich bereits in eine blonde, schlanke Lady mit blauen Augen verwandelt. Super, ging es noch peinlicher?
Aber diese Frage hätte ich mir nicht stellen sollen, denn Sharon wollte mir beweisen, dass es ging:
„Dora, hier will dir noch jemand gratulieren!“, rief sie quer durch den Raum und warf mir eine zusammengeknüllte Chipstüte an den Kopf.
Die beiden starrten mich an. Sharons Derzeitiger amĂĽsiert, Matthew ziemlich perplex.
„Du – bist das Geburtstagskind?“, stieß er hervor und er hätte nicht entsetzter sein können, wenn man ihm mitgeteilt hätte, dass sich Professor Snape in ihn verliebt hat.
„Ähm ja.“ In Stillen gratulierte ich mir zu dieser wahnsinnig intelligenten Antwort.
„Na dann – kannst du den Cocktail ja selber trinken. Ich bin dann mal schlafen. Morgen ist Unterricht.“ Mit diesen Worten verschwand Matthew. Es war ganz offensichtlich, dass er mein Interesse nicht teilte.
So, inzwischen ist es zwei Stunden später. Meine Party wurde gegen vier Uhr morgens von einer schlecht gelaunten Professor Sprout beendet und als Gastgeschenk haben sie alle einmal Nachsitzen gratis bekommen. Aus mir unerfindlichen Gründen hat Professor Sprout etwas gegen Partys mitten in der Woche.
Matthew hatte natürlich Glück. Er war schon lange nicht mehr auf meiner Party, was bedeutet, dass ich ihm nicht mal beim Nachsitzen näher kommen kann. Gut, nach der überdeutlichen Abfuhr von gerade kann ich den Verdacht nicht loswerden, dass er mir gar nicht näher kommen will.
Aber ich werde nicht aufgeben. Sharon hat mir versprochen, mir bei meinem Vorhaben zu helfen. Noch vor Weihnachten werde ich ein Date mit Matthew Carrol haben!
Fazit des Tages: Dafür, dass ich erst dachte, ich wüsste nicht, was ich hier reinschreiben soll ist es doch ganz schön viel geworden, oder? Vielleicht hat meine Mum ja doch nicht so daneben gegriffen mit ihrem Geschenk!
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel