
von Lancelot
Kapitel 13: Ein Schulprojekt
Die Erde ist bei weitem nicht der einzige Planet, der von einem Mond (auch Trabant oder Satellit) umrundet wird. Allein die beiden größten Planeten unseres Sonnensystems, Jupiter und Saturn, haben jeweils über fünfzig Monde, die sich auf diversen Umlaufbahnen um sie herum bewegen. Im Verhältnis zur Größe der Erde besitzt der Erdmond jedoch einen vergleichsweise großen Durchmesser, welcher lediglich von den Jupitertrabanten Ganymed, Kallisto und Io sowie von dem Saturnmond Titan übertroffen wird. Der Mond umkreist die Erde im Verlauf von durchschnittlich siebenundzwanzig Tagen, sieben Stunden und etwas über dreiundvierzig Minuten und seine Anziehungskraft führt auf der Erde zu den Gezeiten, die wir vor allem in Form von Ebbe und Flut in verschiedenen Ozeanen und Meeren wahrnehmen.
Albus rieb sich die Augen und blickte von dem Astronomiebuch, welches er vor sich liegen hatte, auf. Draußen war es bereits stockdunkel und ein heftiger Herbstregen trommelte lautstark gegen die Fensterscheiben der Bibliothek, wo er sich mit Rose einen Tisch teilte und versuchte, seine Hausaufgaben für Professor Sinistra zu erledigen. Nachts die Gestirne und Himmelskörper durch die großen Teleskope auf dem Astronomieturm zu beobachten, war durchaus etwas, das Albus gerne und mit Interesse machte. Aber sich die Grundlagen der Sternenkunde aus Büchern zu erarbeiten, war weit weniger spannend und gelegentlich ziemlich ermüdend. Dies galt vor allem, wenn er, wie gerade jetzt, drei Kapitel aus dem Buch Von Sternen und anderen Himmelskörpern - Grundlagen der modernen Astronomie für den morgigen Unterricht bei Professor Sinistra lesen musste.
Obwohl es schon ziemlich spät am Abend war, saßen noch zahlreiche Schüler in der Bibliothek und arbeiteten. Es ging langsam aber sicher auf die Weihnachtszeit zu und wie Albus von Sarah Perrin erfahren hatte, nutzten die Lehrer diese Wochen üblicherweise zu intensiver Arbeit, ehe die Stimmung in Hogwarts dann allmählich festlicher und geruhsamer wurde. Auch Rose saß konzentriert über ein Lehrbuch gebeugt und machte keinerlei Anstalten ihren Blick zu heben.
Albus fiel es dagegen schwer, sich weiterhin auf Planeten, Monde und Umlaufbahnen zu konzentrieren und seine Gedanken schweiften ab. Seit dem Einbruchsversuch in Professor McGonagalls Büro waren inzwischen drei Tage vergangen, aber natürlich war dieses Ereignis noch immer das Gesprächsthema Nummer eins in der ganzen Schule. Albus` Dad hatte ihn und Terrence eindringlich gebeten, Stillschweigen über das zu bewahren, was sie im Büro der Schulleiterin erfahren hatten, woran sich die beiden streng gehalten hatten. Lediglich Rose hatte Albus über alle Einzelheiten informiert. Ohne mit seinem Vater darüber gesprochen zu haben, ging Albus davon aus, dass dieser nichts dagegen hatte, wenn Rose Bescheid wusste.
Über das Zusammentreffen mit den beiden Einbrechern an sich zu sprechen, war ihm und Terrence nicht verboten worden. Und auch wenn Albus sich diesbezüglich in Zurückhaltung übte, erzählte man sich in den Gängen und Gemeinschaftsräumen der Schule schon bald die Geschichte, wie die beiden Erstklässler zwei brutale Einbrecher in die Flucht geschlagen und Hogwarts vor großem Schaden bewahrt hatten. Albus und Terrence waren zu Helden geworden und von Tag zu Tag wurde ihre Heldentat spektakulärer und mitreißender, wenn sie auch immer weniger dem tatsächlich Geschehenen entsprach. Und ein wenig genoss Albus durchaus die bewundernden Blicke und das anerkennende Schulterklopfen der meisten seiner Mitschüler. Sein plötzlich gewonnener Ruhm war sogar so groß, dass ihm einige Slytherins deutlich freundlicher begegneten als zuvor und Cameron und seine Gang es in dieser Situation vorzogen, ihn einfach in Ruhe zu lassen.
Leider gab es jedoch auch zwei Wermutstropfen, die Albus` positive Stimmung beträchtlich dämpften. Zum einen schien James gewisse Schwierigkeiten mit dem unerwarteten Heldenstatus seines jüngeren Bruders zu haben. Jedenfalls verhielt er sich seit dem Einbruch ziemlich merkwürdig und hatte kaum ein Wort mit Albus gewechselt. Zum anderen geriet Albus` Dad zunehmend ins Visier der Presse. Bereits in den Wochen nach dem Mord an Rodolphus Lestrange wurde im Tagespropheten immer mal wieder die Frage gestellt, wann es denn nun endlich Ermittlungsergebnisse des Aurorenbüros geben würde. Nach dem Einbruch in Hogwarts war die Stimmung nun endgültig umgeschlagen und der Tagesprophet übte unverhohlen Kritik am Ministerium und insbesondere an Harry Potter, dem Leiter der Aurorenzentrale.
Dabei tat sich erneut die Journalistin Hilary Hoax-Willington hervor, die in zwei aufeinander folgenden Leitartikeln die Frage stellte, ob man denn überhaupt noch Vertrauen in die Arbeit der Auroren habe dürfe oder ob das Ministerium Verdienste aus der Vergangenheit höher bewerten würde als die aktuelle Sicherheit der magischen Gemeinschaft und insbesondere der Schülerinnen und Schüler von Hogwarts. Es war offensichtlich, dass sich diese Kritik vor allem gegen Albus` Dad richtete. Und auch wenn in der heutigen Ausgabe des Tagespropheten ein Interview abgedruckt war, in dem Kingsley Shacklebolt das Aurorenbüro mit deutlichen Worten gegen derlei Verleumdungen in Schutz nahm und Harry Potter in zahlreichen aufgebrachten Leserbriefen Unterstützung erfuhr, war eine Atmosphäre der Unsicherheit wenn nicht gar der Unzufriedenheit unter vielen Hexen und Zauberern nicht zu verkennen.
Das, was für die magische Gemeinschaft Großbritanniens allgemein galt, galt natürlich umso mehr für die Schüler und Lehrer von Hogwarts. Die Tatsache, dass zwei vermeintlich gefährliche Verbrecher in die Schule eingebrochen waren und dort Mr. Filch, Albus und Terrence angegriffen hatten, löste ein Gefühl der Angst oder gar der Panik aus. So hatte eine Ravenclaw-Schülerin aus dem vierten Jahr Professor Bletchley mit einem Beinklammerfluch angegriffen, da sie ihn versehentlich für einen Todesser gehalten hatte. Und auch wenn Louis scherzend meinte, dass diese Vorstellung gar nicht so abwegig sei, verdeutlichte dieser Vorfall doch, wie angespannt die Atmosphäre in der Schule war.
Selbst Rose war ganz blass geworden, als Albus ihr die Einzelheiten der Begegnung mit den beiden Einbrechern geschildert hatte. Und das, was er und Terrence über Yaxley erfahren hatten, hatte ebenfalls nicht zu ihrer Beruhigung beigetragen. Nichtsdestotrotz war sie gerade in diesem Moment wie immer hochkonzentriert über das Buch gebeugt, das vor ihr auf dem Arbeitstisch in der Bibliothek lag, während Albus wieder und wieder gähnen musste. Er beschloss, dass es keinen Sinn machte sich dazu zu zwingen, den Rest des Kapitels über Monde in sich hinein zu pauken. Er signalisierte Rose, dass er genug hatte, und stellte das Astronomiebuch in eines der hohen, vollgestopften Regale der Bibliothek zurück, ehe er sich auf den Weg in den Turm der Gryffindors machte.
„Hi Al. Warst Du auch fleißig?“
Es war Dominique, die drei dicke Bücher unter den Arm geklemmt hatte und ebenfalls dabei war, die Bibliothek zu verlassen.
„Ich müsste eigentlich noch etwas für Astronomie tun, aber ich kann einfach nicht mehr“, antwortete Albus leicht zerknirscht.
„Geht mir ähnlich. Ich mag auch nicht mehr und habe mir etwas Arbeit mitgenommen.“ Dominique deutete auf die Bücher, die sie sich offensichtlich ausgeliehen hatte. „Ich fürchte jedoch, dass das Ganze mehr der Beruhigung meines Gewissens dient als dass ich da wirklich noch hinein schaue.“
„Hast Du übrigens schon das neueste Gerücht gehört?“, fuhr Dominique fort während sie gemeinsam mit Albus in Richtung des Gemeinschaftsraumes ging. „In Hogsmeade sollen massenweise Auroren stationiert sein. Sie haben wohl eine komplette Kommandozentrale dort errichtet.“
„Sagt wer?“, fragte Albus skeptisch nach.
„Na ja, ich habe es von Phoebe Danbury gehört und die hat es von einer Freundin aus Ravenclaw, die ich allerdings nicht wirklich gut kenne. Diese Freundin wiederum…“ Dominique holte hörbar Luft und wiegte einsichtig ihren Kopf, was wie ein seitliches Nicken aussah. „Ok, ok. Derzeit sollte man wohl nicht alle Neuigkeiten glauben, die durch die Gänge und Hallen von Hogwarts schwirren.“
„Nein, sollte man wohl nicht“, stimmte Albus ihr zu. „Aber häufig ist an den Gerüchten natürlich auch ein bisschen was Wahres dran.“
„Trotzdem sollten wir uns an die Fakten halten. Und ich sollte nicht an der Verbreitung von irgendwelchen Gerüchten mitwirken.“
Dominique setzte ein selbstkritisches Lächeln auf und Albus versuchte vorsichtig ein anderes Thema anzuschneiden, welches ihm zu schaffen machte.
„Hast Du gestern oder heute eigentlich schon mit James gesprochen?“
Albus` und James` Cousine wusste jedoch sofort woher der Wind wehte und worum es Albus wirklich ging.
„Er ist im Moment nicht sonderlich gut auf Dich zu sprechen, nicht wahr?“
„Hat er das so gesagt? Und hat er gesagt, warum er sauer auf mich ist?“
„Nein, so hat er das nicht gesagt und so würde er das auch nicht sagen.“ Dominique blieb stehen und legte Albus beruhigend ihre freie Hand auf die Schulter. „Und zwar aus einem einzigen Grund - James weiß ganz genau, dass er keinen Grund hat, wütend auf Dich zu sein. Er ist auch nicht wirklich wütend oder sauer. Eher eifersüchtig.“
„Eifersüchtig?“, fragte Albus nach, obwohl er selbst auch bereits diese Vermutung angestellt hatte.
„Nun, nach dem Quidditchspiel war er der große Held des Hauses Gryffindor, der die Slytherins fast im Alleingang besiegt hatte. Alle freuten sich bereits auf die große Siegesfeier im Gemeinschaftsraum, aber noch ehe diese beginnen konnte, wurden wir von Professor McGonagall in die Große Halle gerufen, wo sie uns über den Einbruch informierte.“
Dominique hielt kurz inne, um sich die Einzelheiten jenes Abends in Erinnerung zu rufen.
„Ich weiß gar nicht mehr genau, ob McGonagall Terrence und Dich namentlich erwähnt hat. Jedenfalls hatte sich sehr schnell herumgesprochen, dass Ihr auf die Einbrecher getroffen wart. Und schon bald hieß es, Ihr hättet gegen irgendwelche gefährlichen Zauberer gekämpft und wäret dabei womöglich verletzt worden.“
Dominique seufzte und lächelte ein wenig gequält.
„Niemand wusste, was wirklich passiert war. Aber als alle Gryffindors zurück im Gemeinschaftsraum waren, gab es keine Siegesfeier und es wurde kaum noch über das Quidditchspiel gesprochen. Der Einbruch war das große Thema. Und Terrence und Du, Ihr wart nun die Persönlichkeiten des Abends. Plötzlich drehte sich alles nicht mehr um James sondern um seinen kleinen Bruder. Und inzwischen wirst Du ja als richtiger Held verehrt. Das ist nicht einfach für James.“
„Dabei war die ganze Sache gar nicht besonders heldenhaft“, wandte Albus leise ein. „Die beiden Einbrecher waren eh schon auf der Flucht und sind rein zufällig in uns hinein gerannt.“
„Na ja“, widersprach Dominique, „jetzt sei mal nicht zu bescheiden. Auch wenn nur ein Teil der Geschichten stimmt, die man sich über Euch erzählt, habt Ihr Euch schon recht tapfer geschlagen. Aber wie auch immer - James weiß, dass er eigentlich keinen Grund hat, sauer auf Dich zu sein und er wird sich mit Sicherheit schon bald wieder beruhigt haben.“
Albus wünschte sich sehnlichst, dass Dominique Recht behalten würde, aber weder an diesem Abend noch am nächsten Morgen am Frühstückstisch kam es zu einer Begegnung mit seinem Bruder. Stattdessen ereignete sich etwas, womit Albus schon gar nicht mehr gerechnet hatte. Sein verloren geglaubtes Zaubertränkebuch tauchte ganz unerwartet und unspektakulär wieder auf. Professor Lister hatte es schließlich doch in seinem Unterrichtsraum gefunden und Albus zurückgegeben, welcher darüber sehr froh war, hatte er sich doch nach den aufregenden Ereignissen der letzten Tage noch nicht um Ersatz gekümmert.
„Ein wenig merkwürdig ist das ganze schon“, meinte Rose, als Albus und sie am folgenden Tag nach dem Mittagessen gemeinsam mit den anderen Gryffindors und den Slytherins auf Professor Topshot und den Beginn des Unterrichts in Verteidigung gegen die dunklen Künste warteten.
Albus, der gerade mit einem Ohr gelauscht hatte, wie sich Kendrick und William über Eunice Filmores aristokratisches Gehabe lustig machten, hatte nicht mitbekommen, wovon Rose sprach und machte ein entsprechend verständnisloses Gesicht.
„Na die Sache mit Deinem Buch, das so überraschend wieder aufgetaucht ist“, wiederholte Rose ein klein wenig genervt. „Ich verstehe nicht, wieso Professor Lister es nun plötzlich einfach in dem Klassenzimmer gefunden hat, in dem es vor einigen Tagen seiner eigenen Aussage zufolge noch keine Spur von dem Buch gegeben hat.“
„Du weißt doch wie so etwas ist“, erwiderte Albus, der einfach nur froh war, das Schulbuch zurück zu haben. „Wenn man nach etwas sucht, findet man nichts und irgendwann, wenn man am allerwenigsten daran denkt, taucht es einfach wieder auf. Vielleicht hat jemand ein anderes Buch darauf gelegt oder es ist irgendwo dazwischen gerutscht…“.
Albus konnte seinen Gedanken nicht zu Ende führen, denn in diesem Moment betrat Professor Topshot das Klassenzimmer und die Blicke aller Schüler richteten sich gespannt auf ihn. Inzwischen kannten die Erstklässler ihren Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste schon ganz gut und erkannten an seinem Gesichtsausdruck und der Art, wie er das Klassenzimmer betrat, dass sie heute wieder einmal keine gewöhnliche Unterrichtsstunde zu erwarten hatten.
„Dunkle Machenschaften und schwarze Magie sind nun endgültig keine bloße Theorie mehr. Sie sind Realität und sie haben Hogwarts erreicht.“
Professor Topshot sprach mit leiser, eindringlicher Stimme, die die Wirkung dessen, was er sagte, noch verstärkte. Er hatte augenblicklich die uneingeschränkte Aufmerksamkeit aller Schüler und auf zahlreichen Gesichtern war Verunsicherung wenn nicht gar Furcht zu lesen. Albus war sich nicht sicher, ob Professor McGonagall es gutheißen würde, was Topshot hier tat. Aber Topshot hatte eben einen etwas eigenwilligen Unterrichtsstil, der gelegentlich ein wenig theatralisch war.
„Mr. Potter und Mr. Clark haben dies am eigenen Leib erfahren und sie haben sich vorbildlich geschlagen.“
Albus seufzte innerlich. Es fehlte ihm gerade noch, dass Terrences und seine Heldentat nun auch durch die Lehrer im Unterricht weiterverbreitet und ausgeschmückt wurden. So langsam war es wirklich genug.
„Mit äußerst wirkungsvollen Schockzaubern gelang es ihnen, sich gegen zwei Zauberer, die in unsere Schule eingebrochen sind, zur Wehr zu setzen und sie in die Flucht zu schlagen.“
Eigentlich war es genau ein Schockzauber gewesen und der war nicht gerade übermäßig wirkungsvoll. Aber Albus hielt es nicht für ratsam, seinen Lehrer zu unterbrechen und diese Details richtig zu stellen, obwohl er genau das am liebsten getan hätte.
„Deswegen“, fuhr Professor Topshot fort, „werden Sie weiterhin Schock- und Schildzauber üben und auch noch weitere Zauber erlernen, die es Ihnen ermöglichen, sich im Ernstfall erfolgreich zu verteidigen. Aber…“ Es folgte eine kurze Pause, in der Professor Topshot seine Schülerinnen und Schüler nochmals mit bohrenden Blicken fixierte. „Aber darauf können wir uns nicht beschränken. Wir müssen vielmehr lernen, wie schwarze Magier denken, fühlen und handeln. Wir müssen herausfinden, wonach sie streben und was sie fürchten. Und deswegen beginnen wir ein großangelegtes Projekt, bei dem wir uns mit dem Einbruch beschäftigen, der vor wenigen Tagen hier in Hogwarts stattgefunden hat.“
Die meisten Schüler reagierten mit großer Begeisterung auf diese Ankündigung und in der Klasse wurde es schlagartig unruhig. Es wurde gemurmelt und geflüstert und William sagte so laut, dass jeder es hören konnte: „Das ist ja super krass.“
Professor Topshot wartete, bis sich die Unruhe wieder gelegt hatte und sprach dann, nun wieder mit ziemlich normaler Stimme und in üblicher Lautstärke, weiter.
„Die Festnahme der Einbrecher wollen wir selbstverständlich den Auroren überlassen und natürlich wird unser Projekt vollkommen ungefährlich sein. Aber ich fordere Sie auf, in Teams von jeweils drei Ermittlern Überlegungen anzustellen und Nachforschungen zu betreiben. Wer könnten die Einbrecher sein? Was wollten sie in Hogwarts? Wie sind sie in das Schloss eingedrungen? Verfolgen Sie die Berichterstattung im Tagespropheten, nutzen Sie die Bibliothek und befragen Sie Leute, die Ihnen vielleicht wertvolle Informationen geben können.“
„Und ich denke, ich muss nicht extra betonen, dass ich nicht von Ihnen erwarte, den Fall wirklich zu lösen“, fuhr Topshot nun mit einem breiten Grinsen im Gesicht fort. „Jede Gruppe muss jedoch eine sinnvolle Theorie entwickeln und diese in unserer letzten Unterrichtsstunde vor Weihnachten präsentieren. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen und bin mir sicher, dass Sie eine Menge bei Ihrer gemeinsamen Arbeit lernen werden.“
Nachdem Professor Topshot mit der Erläuterung seines Projektes geendet hatte, herrschte zunächst einmal Chaos, denn er überließ den Schülern die Einteilung der Gruppen selbst, was nicht gerade zügig ablief. Schließlich hatten sich jedoch alle Teams gefunden und Albus und Rose saßen gemeinsam mit Terrence an einem Tisch im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Die meisten Gruppen hatten beschlossen, entweder im Klassenzimmer zu bleiben oder in die Bibliothek zu gehen, aber Albus und Terrence war es tatsächlich gelungen, Rose davon zu überzeugen, dass man sich im Gemeinschaftsraum am besten zusammen setzen konnte, um erst einmal die grundlegenden Dinge ihrer gemeinsamen Arbeit zu besprechen.
„Ich glaube, dieses Projekt wird eine ziemlich entspannte Sache“, meinte Terrence, der sich einen Becher Kürbissaft geholt hatte und genussvoll daran nippte. Da alle anderen Gryffindors außer den Erstklässlern normalen Unterricht hatten, war der Gemeinschaftsraum völlig ausgestorben.
„Stimmt“, pflichtete ihm Albus bei und öffnete ein Packung essbarer Zauberstäbe in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. „Topshot lässt uns offensichtlich alle Freiheiten.“
„Ich finde, das Ganze ist eine ziemliche Luftnummer“, widersprach Rose kopfschüttelnd. „Aber mir ist schon klar, dass Ihr mich jetzt wieder für eine Streberin haltet.“
„Quatsch!“, entgegneten Albus und Terrence absolut gleichzeitig aber nicht allzu überzeugend.
„Was Topshot sagt, hört sich alles gut an. Wie schwarze Magier denken, fühlen und handeln. Herausfinden wonach sie streben und was sie fürchten.“ Es gelang Rose ganz gut, Professor Topshots Tonfall nachzuahmen und dabei ziemlich sarkastisch zu klingen. „Aber in Wirklichkeit ist das doch gequirlter Koboldmist.“
„Hast Du etwa gerade Kobolde beleidigt, Rose?“
Sie überging Albus` Bemerkung und machte ihrem Ärger weiter Luft.
„Topshot lässt uns alle ein wenig herum spekulieren statt uns etwas Vernünftiges beizubringen. Das Thema ist natürlich interessant, aber da kommt doch nichts dabei heraus.“
„Du mochtest Topshot von Anfang an nicht besonders, oder?“, wagte Terrence vorsichtig nachzufragen.
„Es geht nicht um mögen oder nicht mögen. Ich finde, er hat zu Beginn des Schuljahres einfach nur mehr oder minder interessante Geschichtchen erzählt statt richtigen Unterricht zu machen. Als er dann angefangen hat, uns das Duellieren beizubringen, war das etwas ganz anderes. Das fand ich super. Ich wünschte nur, er würde damit weiter machen.“
„Wenn ich ihn richtig verstanden habe, will er das Duellieren ja auch fortsetzen. Ich glaube nicht, dass wir uns jetzt in jeder Stunde mit dem Projekt beschäftigen.“
„Hoffen wir, dass Du recht behältst.“
Rose schien sich etwas beruhigt zu haben und schnitt ein anderes Thema an, das ihr offensichtlich ein wenig Unbehagen bereitete.
„Ich fürchte übrigens, dass Denise ziemlich sauer auf uns ist. Das heißt vor allem auf mich.“
„Warum denn das?“, fragte Albus und musste umgehend einen Blick von Rose über sich ergehen lassen, der deutlich machte, dass sie die Frage für völlig überflüssig und ihn für ziemlich unsensibel hielt.
„Nun, das ist doch ziemlich klar. Sie hat erwartet, dass sie mit uns beiden in einer Gruppe sein würde. Stattdessen muss sie jetzt mit Anne Roth und Luise Nott zusammenarbeiten.“
„Oh ja. Mit zwei Slytherins im Team wird sie viel Freude haben“, sagte Terrence grinsend, während Albus seinerseits ein Grinsen unterdrücken musste, da Terrence auf Roses Rangliste unsensibler Mitschüler gerade den Platz über ihm eingenommen hatte.
„Nun, es ist schon verständlich, dass Denise nicht gerade erfreut über ihre Gruppe ist“, war Albus bemüht, den Abstand zu Terrence noch ein wenig auszubauen und gleichzeitig auf ein anderes Thema zu kommen. „Aber es macht schon Sinn, dass wir drei ein Team bilden. Schließlich haben wir einige Informationen über den Einbruch, die die anderen nicht haben und die wir auch an niemanden weitergeben dürfen.“
„Das ist richtig“, nahm Rose den Quaffel auf und war nun völlig in ihrem Element. „Und deshalb sollten wir zum Thema kommen. Wir wollen schließlich wirklich etwas heraus bekommen und nicht nur irgendeine blöde Theorie für Topshot aufstellen. Also, wie gehen wir vor?“
„Ich schlage vor“, begann Albus, „dass wir uns zuerst einmal über diesen Yaxley informieren. Dieser Name ist das Konkreteste, das wir haben.“
„Aber den Namen dürfen wir doch gar nicht verwenden“, wandte Terrence ein.
„Nicht in der Präsentation für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Doch ich stimme Rose zu, dass wir schließlich wirklich herausfinden wollen, was es mit dem Einbruch auf sich hat.“
Albus war vom Jagdfieber gepackt worden, aber Terrence stand dem Ganzen deutlich skeptischer gegenüber.
„Und Ihr glaubt wirklich, dass wir etwas herausfinden können, das die Auroren nicht entdecken?“
„Wahrscheinlich nicht“, räumte Albus etwas ungeduldig ein. „Aber wir sollten es zumindest versuchen. Unsere Eltern haben in ihrem ersten Schuljahr schließlich auch den Stein der Weisen hier in Hogwarts gefunden und die Rückkehr Voldemorts verhindert.“
„Ich habe zwar mal wieder keine Ahnung wovon Du sprichst“, erwiderte Terrence mit einem resignierten Lachen, „aber ich gebe mich geschlagen. Lasst es uns versuchen.“
„Also was Yaxley betrifft habe ich mich schon einmal ein wenig schlau gemacht“, sagte Rose und erntete dafür einen anerkennenden Blick von Terrence, während Albus nicht im Geringsten überrascht war, dass sie schon intensive Recherchearbeit geleistet hatte.
„Nicomedes Yaxley war, wie Ihr bereits wisst, ein Todesser. Während der ersten Schreckensherrschaft Voldemorts hat er wohl keine große Rolle gespielt. Er war damals auch noch ziemlich jung. Die meisten Historiker, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben, gehen dennoch davon aus, dass er bereits zu jener Zeit in den engsten Kreis der Todesser aufgenommen wurde. Er erhielt das Dunkle Mal wohl im letzten oder vorletzten Jahr, bevor Voldemort durch den Angriff auf Albus` Dad seine Macht verlor.“
Albus und Terrence hatten Roses ersten Ausführungen gebannt verfolgt, doch nun machte Albus bei Terrence wieder den leicht verzweifelten Gesichtsausdruck aus, den dieser aufsetzte, wenn er Erzählungen oder Berichte über die magische Welt nicht oder nur unzureichend verstand. Rose schien dies ebenfalls bemerkt zu haben.
„Es ist schwer für Dich, all dies zu verstehen, nicht wahr? “, wandte sie sich an Terrence und wartete seine Reaktion kaum ab, ehe sie fortfuhr. „Für jemanden, der wie Du aus einer Muggelfamilie stammt, ist es natürlich nicht möglich, sich in der Welt der Zauberer und Hexen sofort zurecht zu finden. Aber mit der Zeit wirst Du es schaffen, so wie es meine Mum geschafft hat. Ihre Eltern waren ebenfalls Muggel und heute ist sie immerhin die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Magische Strafverfolgung im Ministerium.“
Rose musterte Terrence, der jedoch in Gedanken versunken schien und nicht reagierte, so dass sie weitersprach.
„Ich glaube, dass es nicht sinnvoll wäre, Dir jetzt jedes Detail zu erklären. Es würde viel Zeit kosten und wahrscheinlich wenig bringen. Aber Albus und ich werden Dir dabei helfen, so schnell wie möglich mehr über die magische Welt zu erfahren. Also mach Dir nichts draus, wenn Du jetzt nicht alles verstehst.“
Albus befürchtete schon, dass Terrence seiner Verzweiflung Ausdruck verleihen würde und anfangen würde zu jammern. Doch er hatte sich gründlich getäuscht, denn Terrence nickte Rose entschlossen zu und kniff die Augen als Zeichen seiner Konzentration ein wenig zusammen, was Rose als Zeichen auffasste, ihren Bericht über Yaxley fortzusetzen.
„Ich konnte in keinem der Bücher, die ich gelesen habe, Informationen oder auch nur Hinweise darüber finden, was Yaxley in den Jahren von Voldemorts physischer Abwesenheit gemacht hat. Er war jedoch während der ganzen Zeit auf freiem Fuß und stieg nach der Rückkehr Voldemorts in der Hierarchie der Todesser ziemlich schnell auf. So war er derjenige, der im Auftrag Voldemorts das Zaubereiministerium unter die Kontrolle der Todesser brachte und als Leiter der Abteilung für Magische Strafverfolgung dort die zweitwichtigste Position nach dem Minister, der allerdings unter Yaxleys Imperiusfluch stand, einnahm.“
Rose zögerte ein wenig, als wäre sie sich nicht ganz sicher, wie sie weiter machen sollte.
„Alle Experten, die über Voldemort und seine Zeit geschrieben haben, sind sich weitgehend einig, dass die Gruppe der Todesser nicht im organisatorischen Sinne hierarchisch aufgebaut war. Es gab also keine höher gestellten Personen, die Befehle erteilen konnten oder niedrigere Ränge, die Befehle ausführen mussten. Das einzige, was jemandem Autorität innerhalb der Gruppe verlieh, war die Nähe zum Dunklen Lord selbst. Diejenigen, denen Voldemort am meisten vertraute und mit denen er sich beriet, wurden respektiert und geachtet.“
Albus, Rose und Terrence erschraken heftig, als plötzlich Alexander den Gemeinschaftsraum betrat und die drei ziemlich verdutzt anstarrte.
„Äh, habt Ihr William und Kendrick gesehen?“, fragte er und schaute sich suchend im ganzen Raum um. „Die beiden wollten in die Bibliothek gehen, um etwas nachzuschauen, und jetzt kann ich sie nicht mehr finden.“
„Hier sind sie jedenfalls nicht“, antwortet Terrence etwas kurz angebunden.
„Und in unserem Schlafraum auch nicht“, ergänzte Albus. „Dort war ich vorhin, um die essbaren Zauberstäbe zu holen. Am besten wird es sein, Du schaust nochmal in der Bibliothek oder in Topshots Klassenzimmer nach.“
Alexander blickte nicht gerade hoffnungsfroh drein, aber er nickte und verschwand wieder durch den Ausgang des Gemeinschaftsraums. Albus hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass sie Alexander so abgefertigt hatten, aber sie wollten alleine sein, damit Rose ihren Vortrag fortsetzen konnte, ohne dabei belauscht zu werden. Und Albus fand das, was sie zu berichten hatte, in höchstem Maße interessant.
„Also manche Autoren stellen gewissermaßen Rangfolgen von Todessern auf, die Voldemort besonders nahe standen. Ich glaube, das ist nicht übermäßig seriös aber nichtsdestotrotz ganz aufschlussreich. Zu Beginn von Voldemorts zweiter Schreckensherrschaft werden hierbei vor allem Bellatrix Lestrange, Lucius Malfoy und Severus Snape genannt. Als Bellatrix und vor allem Malfoy in Ungnade fallen, wird schließlich Yaxley von einigen dieser Autoren zu den bedeutendsten der Todesser gezählt. Aber was das betrifft, sind sich die Experten nicht wirklich einig und es werden durchaus noch andere Namen genannt.“
„Entschuldige, Rose“, unterbrach Terrence vorsichtig ihren Redefluss, „aber jetzt muss ich mich doch vergewissern. Bellatrix Lestrange war die Ehefrau des Todessers, der kürzlich im Verbotenen Wald ermordet wurde, oder nicht?“
„Das ist richtig.“
„Und dieser Lucius Malfoy war der Vater von Scorpius?“
„Der Großvater. Und er ist noch am Leben und als einziger der führenden Todesser rechtmäßig auf freiem Fuß.“
„Dann wurde er vor Gericht freigesprochen?“, fragte Terrence verwundert.
„Über den Fall Malfoy weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau Bescheid“, gab Rose unumwunden zu. „Auf jeden Fall gab es einen langwierigen Prozess, der - so glaube ich zumindest - nicht mit einem Freispruch endete. Dennoch saß Lucius nicht lange in Askaban. Dessen bin ich mir sicher.“
„Und wer war dieser Snape, den Du noch erwähnt hast?“
„Severus Snape war nicht wirklich ein Todesser.“ Dieses Mal war es Albus, der die Frage beantwortete. „Er spionierte Voldemort im Auftrag Dumbledores aus und spielte somit eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Dunklen Lord.“
„Albus heißt mit zweitem Namen Severus, ist also nicht nur nach Dumbledore sondern auch nach Snape benannt worden“, ergänzte Rose und Albus hoffte, dass sie noch etwas mehr über den Mann erzählen würde, von dem er noch immer ziemlich wenig wusste, auch wenn er in dem Gespräch mit Neville vor einigen Wochen zumindest ein paar Informationen erhalten hatte.
Rose ging jedoch nicht weiter auf Snape ein, sondern nahm ihre Ausführungen über Yaxley wieder auf.
„Wie die meisten Todesser nahm Yaxley an der Schlacht von Hogwarts teil. Dabei war er bereits außer Gefecht gesetzt, wie alle Historiker übereinstimmend berichten. Im Durcheinander der Schlacht, möglicherweise während des entscheidenden Duells zwischen Voldemort und Albus` Dad, konnte er jedoch fliehen. Von da an verliert sich seine Spur.“
„Jedenfalls bis er vor wenigen Tagen in Hogwarts eingebrochen ist“, ergänzte Albus. „Und das zu einer Zeit, in der bereits zwei weitere ehemalige Todesser gewaltsam ums Leben gekommen sind. Das dürfte doch wohl kaum ein Zufall sein, nicht wahr?“
„Natürlich habe ich mir darüber auch Gedanken gemacht“, war es wieder Rose, die sich äußerte. „Aber auch wenn ich genauso wenig wie Du an einen Zufall glaube, konnte ich zwischen diesen drei Todessern bisher keine Verbindung ausmachen.“
„Außer, dass sie alle drei Todesser waren.“
Rose überging diese Bemerkung von Albus kommentarlos und warf ihm lediglich einen ihrer leicht genervten Blicke zu.
„Samuel Nott, Rodolphus Lestrange und Nicomedes Yaxley gehören alle drei einer unterschiedlichen Generation von Todessern an und in keinem der Bücher, die ich gelesen habe, werden sie in irgendeinem besonderen Zusammenhang gemeinsam erwähnt.“
„In diesem Fall sollten wir uns vielleicht zunächst einmal mit dem Einbruch selbst beschäftigen“, war Albus bemüht, sich wieder ernsthaft in das Gespräch einzubringen.
„Ganz meine Meinung“, griff Rose seinen Vorschlag umgehend auf, während Albus auf derart vehemente Zustimmung ihrerseits mit einem verdutzten Blick reagierte.
„Denn die entscheidende Frage“, fuhr Rose mit zunehmend leuchtenden Augen fort, „ist meiner Meinung nach diejenige nach dem Ziel des Einbruchsversuchs. Was wollten Yaxley und sein Mittäter in Hogwarts stehlen?“
Offenbar war dies genau der Punkt, auf den Rose hinaus wollte, auch wenn Albus im Moment noch nicht erkennen konnte, wie sie eine Antwort auf diese Frage finden sollten.
„Zuerst einmal können wir mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass die beiden Einbrecher nicht bekommen haben was sie wollten. Folglich befindet sich das Objekt - was immer es ist - noch in Hogwarts. Des Weiteren denke ich, dass wir ebenfalls davon ausgehen können, dass Yaxley und der unbekannte Zauberer nicht einfach hinter irgendwelchen wertvollen Gegenständen her waren, um sich zu bereichern. Denn dann hätten sie sich sicherlich ein leichteres Ziel als Hogwarts ausgesucht. Außerdem sprechen die ganzen Umstände mit den beiden Morden an Nott und Lestrange sowie die Tatsache, dass Yaxley selbst ein Todesser war, dagegen.“
„Du meinst also, es ging bei dem Einbruch um etwas, das mit Voldemort oder den Todessern zu tun hat?“, fragte Albus mit einem leicht skeptischen Unterton.
„Ich weiß, dass ich mich hier im Bereich der Spekulation befinde. Und ich könnte durchaus vollkommen danebenliegen. Andererseits bin ich davon überzeugt, dass wir ein paar Annahmen brauchen, ansonsten stochern wir völlig im Dunkeln herum.“
„Also lieber gezielt in die falsche Richtung gehen als gar keine Richtung haben?“
Albus erwartete, dass er für diese Bemerkung mindestens einen bösen Blick kassieren würde, aber stattdessen musste Rose, wenn auch ein wenig widerwillig, lächeln.
„So hätte ich es nicht ausgedrückt. Aber ja - das trifft es.“
Albus schlug die Stirn in Falten und deutete ein leichtes, zustimmendes Nicken an.
„Und wenn die Richtung stimmt, könnten wir vielleicht eine echte Chance haben“, sagte er beinahe im Flüsterton und verspürte tatsächlich eine gewisse Zuversicht.
Albus plötzlicher, vorsichtiger Optimismus schien auch Terrence anzustecken.
„Wir haben nichts zu verlieren, oder? Für Topshot reicht's allemal. Wenn Rose bei der Projektpräsentation einfach nur das vorstellt, was sie uns eben gerade erzählt hat - auch ohne den Namen Yaxley zu nennen - machen wir einen super Eindruck und erhalten mindestens zwanzig Punkte für Gryffindor.“
„Und ich habe noch ein bisschen mehr, wenn es auch lediglich weitere Vermutungen sind“, ergriff nun wieder Rose voller Energie das Wort, worauf Albus und Terrence voller Spannung so nahe an den Tisch rückten, dass Terrences Becher, in dem glücklicherweise nur noch ein kleiner Rest Kürbissaft war, scheppernd auf den Boden fiel.
„Also“, setzte Rose erneut an, nachdem Terrence den Becher wieder an seinen Platz gestellt hatte, „ich möchte zunächst noch einmal auf das zurückkommen, was ich vorhin über Yaxley gesagt habe. Wir können die Phase seiner Aktivität und seines Aufstiegs innerhalb des Kreises der Todesser ziemlich genau eingrenzen. Es handelt sich um die Zeit kurz vor Voldemorts erfolglosem Angriff auf Harry Potter bis zum endgültigen Fall des Dunklen Lords. Demzufolge sollten wir unser Augenmerk auf diesen Zeitraum legen.“
Albus rechnete kurz nach und kam zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei mindestens um siebzehn Jahre handelte. Er sagte jedoch nichts und konzentrierte sich weiter auf das, was Rose erläuterte.
„Des Weiteren wissen wir, dass die beiden Einbrecher versucht haben, in McGonagalls Büro einzubrechen. Yaxley und sein Begleiter gingen also offenbar davon aus, dass was immer sie suchten, dort zu finden wäre. Möglicherweise, weil sie es mit dem Schulleiter von Hogwarts in Verbindung bringen.“
„Aber Professor McGonagall war in der fraglichen Zeit doch noch gar nicht Schulleiterin“, wandte Albus nun ein.“
„Richtig“, stimmte Rose zu. „Ich spreche auch nicht von Professor McGonagall. Es geht vielmehr um Albus Dumbledore.“
Die beiden Jungen brauchten einen Moment, um diese Neuigkeit zu verarbeiten. Dann meldete sich Terrence zu Wort.
„Du meinst also, Dumbledore hätte etwas besessen, von dem Yaxley wusste und das er nun stehlen wollte.“
„Exakt“, bekräftigte eine strahlende Rose, die sich offenbar freute, dass Terrence ihre Theorie für nachvollziehbar hielt. „Und Yaxley ging folglich davon aus, dass Dumbledore dieses Etwas in seinem Büro aufbewahrte und dass es sich noch immer dort befindet.“
„Das bedeutet, wir müssten herausfinden, was Dumbledore in der fraglichen Zeit besessen und möglicherweise in Hogwarts aufbewahrt hat“, fasste Terrence Roses Erkenntnisse noch einmal zusammen.
„Und es müsste etwas äußerst Bedeutsames sein, wenn Yaxley nach so vielen Jahren ein so hohes Risiko eingeht um in seinen Besitz zu gelangen“, spann Rose ihre Gedanken weiter. „Ein besonders wertvoller Gegenstand, eine wichtige Information oder ein mächtiges Artefakt.“
„Der Stein der Weisen“, entfuhr es Albus, worauf Terrence ihn mit großen Augen anstarrte.
„Diesen Stein hast Du doch vorhin bereits erwähnt.“
Albus nickte, musste Terrence jedoch enttäuschen, indem er ihn über das Schicksal des Steins aufklärte.
„Der Stein der Weisen wurde zerstört, nachdem Voldemort mit seiner Hilfe versucht hatte, seinen Körper und somit sein richtiges Leben wieder zu erlangen. Und das weiß Yaxley mit Sicherheit auch. Also ist er hinter etwas anderem her.“
„Der Stein der Weisen kann es in der Tat nicht sein“, meinte Rose nachdenklich. „Aber Dumbledore war damals der führende Kopf im Kampf gegen Voldemort. Und wenn ihm der Stein der Weisen anvertraut wurde, galt das gleiche vielleicht auch für andere Dinge, die für Voldemort oder seine Anhänger interessant waren.“
„Somit stellt sich jetzt natürlich die Frage, wie wir herausfinden können, was für einen bedeutenden Gegenstand Dumbledore in Hogwarts aufbewahrt hat.“ Terrence lehnte sich zurück und schaute erwartungsvoll zuerst zu Rose und dann zu Albus.
„In der Bibliothek habe ich bisher keinen hilfreichen Hinweis gefunden, was das betrifft“, sagte Rose, während sie einen kleinen Bogen Pergament und eine selbstauffüllende Schreibfeder aus ihrer Schultasche holte und vor sich auf den Tisch legte. „Deshalb sollten wir uns darauf konzentrieren, möglichst viele Leute zu befragen, die uns möglicherweise weiterhelfen können. So gesehen ist Topshots Projekt vielleicht doch gar nicht so schlecht, schließlich können wir nun ganz offiziell im Rahmen dieses Projekts Nachforschungen anstellen und Interviews führen.“
Sie nahm ihre Schreibfeder zur Hand und gemeinsam begannen die drei eine Liste mit Personen zu erstellen, die sie befragen wollten. Ganz oben auf der Liste standen Hagrid und Neville, zu denen Albus und Rose ein so gutes Verhältnis hatten, dass die beiden sicher gerne zu einem solchen Gespräch bereit wären. Des Weiteren bekam Albus den Auftrag, sich mit Serafina Finnigan zu unterhalten, die sich nun wieder in Hogwarts aufhielt und über den Ermittlungsstand des Ministeriums Bescheid wusste. Sicherlich würde sie Albus keine wirklich vertraulichen Dinge erzählen, aber einen Versuch war es in jedem Fall wert. Des Weiteren nahm Rose Professor McGonagall auf die Liste auf, wobei die drei lange darüber diskutierten, ob es angemessen und überhaupt möglich sei, der Schulleiterin solche Fragen wegen eines Schulprojektes zu stellen. Und schließlich beschlossen Albus und Rose, Briefe an ihre Eltern zu schicken, in denen sie über Professor Topshots Projekt berichten und einige Fragen formulieren wollten, auch wenn sie wenig Hoffnung hatten, wirklich brauchbare Antworten zu bekommen.
„Manchmal ist mir Rose fast ein wenig unheimlich“, flüsterte Terrence Albus etwas später geradezu ehrfürchtig zu, obwohl die beiden Jungen inzwischen alleine im Gemeinschaftsraum saßen. Rose hatte sich wie üblich in die Bibliothek zurückgezogen, um etwas zu arbeiten, während sich Albus und Terrence noch nicht dazu aufraffen konnten, sich mit ihren Hausaufgaben zu beschäftigen.
„Na ja. Ich meine die ganze Recherchearbeit, die sie gemacht hat“, ergänzte Terrence, da Albus nicht so recht zu wissen schien, worauf er hinaus wollte. „Und ihre ganzen Überlegungen, die sie uns da gerade präsentiert hat. Das war doch unglaublich beeindruckend. Außerdem drückt sie sich manchmal nicht wirklich wie eine Erstklässlerin aus, finde ich. Eher wie eine Lehrerin…“
„Jetzt übertreibst Du aber ein bisschen“, widersprach Albus, wobei er Terrence durchaus in Ansätzen zustimmen musste, als er etwas darüber nachdachte. Er kannte Rose seit er denken konnte und hatte schon immer sehr viel Zeit mit ihr verbracht, so dass ihre Art ganz selbstverständlich für ihn war. Sie war schon immer vernünftiger, zielstrebiger und wissbegieriger als er gewesen, was ihrer engen Freundschaft nie geschadet hatte. Aber Albus konnte sich schon vorstellen, dass Rose auf jemanden, der sie neu kennen lernte, ziemlich beeindruckend und vielleicht sogar etwas respekteinflößend wirkte.
Roses Theorie über Yaxley und den Einbruch hatte selbst Albus verblüfft. Dennoch blieben Zweifel bestehen. Vieles von dem was Rose äußerst schlüssig vorgetragen hatte, gründete doch sehr stark auf Vermutungen. Was wäre beispielsweise, wenn gar nicht Yaxley der Initiator des Einbruchs gewesen war, sondern sein unbekannter Komplize. Wenn dieser über Informationen verfügte, dass in Hogwarts etwas Wertvolles oder Mächtiges aufbewahrt wurde, das zu stehlen sich lohnte. Dann hatte die ganze Sache womöglich überhaupt nichts mit Dumbledore oder Voldemort zu tun. Und Yaxley war an dem Einbruch vielleicht nur beteiligt, weil er bereits zuvor in Hogwarts gewesen war und sich auskannte, wie Professor McGonagall erwähnt hatte. In diesem Fall würden Rose, Terrence und Albus ihre Suche wahrscheinlich in eine völlig falsche Richtung vorantreiben. Aber Albus war sich gleichermaßen der Tatsache bewusst, dass sie in diesem Fall überhaupt keine Anhaltspunkte für ihre Ermittlungen hatten. Und genauso wie Rose und Terrence war auch Albus von der ganzen Angelegenheit zu sehr fasziniert, um nicht zumindest den Versuch wagen zu wollen, etwas über die Hintergründe des Einbruchs, in den Terrence und er nun schon einmal so stark verwickelt waren, herauszufinden.
Die erste Gelegenheit dazu ergab sich bereits am Freitagnachmittag, als Rose und Albus Hagrid ihren gewohnten Besuch abstatteten. Dieses Mal hatten sie Terrence überredet sie zu begleiten, obwohl er dies zunächst nicht für eine gute Idee gehalten hatte. Er war der Auffassung, dass Hagrid möglicherweise gesprächiger wäre, wenn er es nur mit Albus und Rose zu tun hätte, die er gut kannte. Die beiden waren sich jedoch einig, dass die Anwesenheit von Terrence, und somit der gesamten Projektgruppe, dem Besuch etwas Förmliches verlieh. Und Albus und Rose waren sich ziemlich sicher, dass Hagrid gerne ihre Fragen beantworten würde, wenn es sich dabei um ein Unterrichtsprojekt eines der Lehrer von Hogwarts handelte.
Als sie schließlich zu viert um Hagrids gewaltigen Tisch herum saßen und gemeinsam Tee tranken, war es ganz offensichtlich, dass es kein Fehler gewesen war Terrence mitzunehmen. Es war nicht zu übersehen, dass er sich in der Hütte des Halbriesen äußerst wohl fühlte und vom Gastgeber sehr angetan war. Er bestaunte Hagrids überdimensionale Einrichtungsgegenstände, interessierte sich anscheinend tatsächlich für dessen langatmige Erzählung über seine Erfahrungen mit violetten Riesenkröten und schien sogar Gefallen an Hagrids selbstgebackenen Keksen zu finden, obwohl diese genau so hart wie immer waren. Der Höhepunkt war jedoch, dass Fang, der bei Albus` und Roses bisherigen Besuchen nie mehr als höchstens seine Augenlider bewegt hatte, sich unter größter Kraftanstrengung erhob, gemächlich zu Terrence trottete und sich von diesem graulen ließ. Spätestens in diesem Augenblick hatte auch Hagrid Terrence in sein Herz geschlossen und war allerbester Laune.
„Fand ihn am Anfang etwas merkwürdig, Euren Professor Topshot“, erzählte Hagrid mit lauter Stimme und ein wenig schmatzend. „Ein Amerikaner eben. Iss aber ein feiner Kerl und hat ziemlich schräge Ideen. Erinnere mich an ein Projekt über den Riesenkraken im Großen See. Und einmal wollte Topshot mit seinen Viertklässlern den Verbotenen Wald umgraben. Hat geglaubt, dass dort der sagenhafte Schatz von Guntram dem Verstoßenen versteckt sei. McGonagall hat der Sache dann ein Ende gemacht. War zu gefährlich.“
„Bei unserem Projekt geht es vor allem um die Frage, was die beiden Einbrecher, die in die Schule eingedrungen sind, stehlen wollten“, begann Albus das Gespräch in die gewünschte Richtung zu lenken.
„Wir vermuten, dass es sich um etwas handelt, das Dumbledore in Hogwarts aufbewahrt hat, als er Schulleiter war“, präzisierte Rose. „Hast Du da vielleicht eine Idee?“
Hagrid steckte sich noch ein paar Kekse in den Mund und kaute darauf herum, während er nachdachte.
„Da wär natürlich der Stein der Weisen. Aber der kann`s nich` sein.“
Albus stieß innerlich einen leichten Seufzer aus und sah, dass sowohl Rose als auch Terrence die Augen verdrehten. Aber natürlich war zu erwarten gewesen, dass auch Hagrid zunächst dieses berühmte Artefakt in den Sinn kommen würde. Schließlich war Albus selbst ebenfalls als erstes der Stein der Weisen eingefallen.
„Vielleicht Gryffindors Schwert“, machte Hagrid einen weiteren Vorschlag. „Iss jedenfalls was ganz außergewöhnliches und bestimmt sehr wertvoll.“
„An das Schwert habe ich auch schon gedacht“, griff Rose Hagrids Idee auf. „Es tauchte in dem Jahr in Hogwarts auf, als Onkel Harry den Basilisken in der Kammer des Schreckens damit tötete. Und soweit ich weiß, hat Dumbledore es danach in seinem Büro aufbewahrt, wo es sich bis heute befindet.“
„Nur dass es inzwischen McGonagalls Büro ist“, warf Terrence ein.
„Also ich erinner` mich nich` mehr an alle Einzelheiten. Aber das Schwert lag auf keinen Fall die ganze Zeit so friedlich im Schulleiterbüro wie Du's beschrieben hast, Rose.“
Hagrid fuhr sich mit der rechten Hand durch seinen langen, widerspenstigen Bart, was Albus als Zeichen dafür deutete, dass er angestrengt nachdachte.
„`n paar Schüler haben versucht es zu stehlen. War in dem Jahr, als Snape Schulleiter war. Ich glaub` Deine Mum war dabei, Albus. Und Neville.“
„Meine Mum und Neville wollten das Schwert Godric Gryffindors stehlen?“ Albus war ob dieser Neuigkeiten einen Moment lang völlig perplex. „Und Snape war Schulleiter in Hogwarts?“
„Das mit Snape wusste ich“, meinte Rose an Albus gewandt. „Er war in dem Jahr nach Dumbledores Tod Schulleiter, als Voldemort die Herrschaft der magischen Welt an sich riss. Aber das mit Gryffindors Schwert ist mir völlig neu. Was weißt Du noch darüber, Hagrid?“
Die Blicke der drei richteten sich nun derart gespannt auf Hagrid, dass dieser sich ein klein wenig unwohl zu fühlen schien.
„Nich` viel, ehrlich gesagt. Aber ich erinnere mich, dass Dumbledore nach seinem Tod das Schwert Deinem Dad hinterlassen hat, Albus. Es gab aber Probleme. Das Ministerium war nich` einverstanden und wollte die Waffe nich` freigeben. Sie haben gesagt, Dumbledore dürfe das Schwert gar nicht vererben. Kenn` mich bei zaubereigesetzlichen Bestimmungen nich` so aus, aber jedenfalls es gab rechtlichen Streit.“
„War das bevor oder nachdem Voldemort die Kontrolle über das Zaubereiministerium übernommen hat?“, hakte Rose nach.
„Muss davor gewesen sein. Als Rufus Scrimgeour noch Minister war. Tapfer aber ziemlich unsympathisch. Ich weiß davon aber nur aus Erzählungen, hab's damals nich` direkt mitbekommen. Musst Deinen Dad fragen, Albus. Oder Neville.“
„Warum Neville?“
„Iss alles echt lang her, was Ihr wissen wollt. In der Schlacht gegen die Todesser hier in Hogwarts hat Neville Gryffindors Schwert gehabt. Daran erinner` ich mich. Und nach der Schlacht haben Harry und Neville beschlossen, dass es in Hogwarts bleiben soll. Wo es noch immer iss - in Professor McGonagalls Büro.“
Rose nickte und rieb sich die Augen, schien aber beschlossen zu haben, nicht weiter nachzufragen. Und auch Albus hatte den Eindruck, dass Hagrid alles über das Schwert Godric Gryffindors gesagt hatte, was er wusste.
„Gab es außer dem Schwert noch etwas Wertvolles oder Mächtiges, das Dumbledore in Hogwarts aufbewahrt hat?“
Albus wollte die Gelegeheit nutzen, dass Hagrid so bereitwillig Auskunft gab. Und schließlich war es nicht sicher, dass das Schwert wirklich die richtige Spur war.
„Würd` Euch gern helfen. Aber ich weiß nich` was es noch gewesen sein könnte. Und Dumbledore hat mir vertraut, müsst Ihr wissen.“
Unverkennbarer Stolz schwang in Hagrids Stimme mit.
„Ich hab` Albus` Dad zu den Dursleys gebracht, nachdem Voldemort versucht hat ihn zu töten. Und Dumbledore hat mir den Stein der Weisen anvertraut und mich zu den Riesen geschickt, um sie für unsere Seite im Kampf gegen die Todesser zu gewinnen.“
Hagrid schluckte und Albus spürte eine tiefe Traurigkeit bei dem so robust und unbezwingbar wirkenden Halbriesen, als er von Dumbledore erzählte.
„War ein guter Mensch, Albus Dumbledore. Auch wenn manche versucht haben, ihn schlecht zu machen. War immer für mich da. Und hat immer allen geholfen, die ihn gebraucht haben.“
„Wer hat versucht Dumbledore schlecht zu machen?“, erkundigte sich Albus, der bisher immer nur positives über seinen Namenspaten gehört hatte.
„Lohnt sich nich` darüber zu reden“, antwortete Hagrid ein wenig unwirsch. „Aber ich hab` hier irgendwo noch ein altes Fotoalbum. Sind Bilder von Dumbledore drin. Auch n` paar von Euren Eltern, Rose und Albus.“
Hagrid erhob sich von seinem Stuhl und wollte die Tür des überdimensionalen Eichenschranks öffnen, in dem er fast all seine Habseligkeiten aufbewahrte. Als er sich jedoch ein wenig unbeholfen vom Tisch wegdrehte, stieß sein mächtiger Körper gegen die Tischplatte und brachte diese so stark ins Wanken, dass der Teller mit den Keksen sowie zwei der Teetassen auf den Boden fielen. Eine der beiden Teetassen zersprang in mehrere Teile, während die hart gebackenen Kekse heil blieben, sich jedoch im ganzen Raum verteilten.
„Beim Schrumpfhörnigen Schnarchkackler!“, fluchte Hagrid so laut, dass Fang, der inzwischen wieder tief und fest geschlafen hatte, erschrocken den Kopf hob und seinem Herrn einen verwunderten Blick zuwarf.
„Bin manchmal n` bisschen ungeschickt“, sagte Hagrid mit einer entschuldigenden Geste und ging vorsichtig zu seinem Mantel, der neben der Eingangstür hing. Nachdem er eine Zeit lang in der Manteltasche herumgekramt hatte, brachte er den rosafarbenen Regenschirm hervor, der Albus bereits zuvor schon bei Hagrid aufgefallen war und richtete ihn wie einen Zauberstab auf die am Boden liegenden Scherben der zerbrochenen Tasse.
„Reparo!“
Und augenblicklich setzten sich die Scherben selbstständig wieder zusammen und die Tasse war wie neu.
„Accio Kekse!“
Dieser Zauber funktionierte weniger gut als der erste, denn die im ganzen Raum verstreuten Kekse kamen zwar sofort angeflogen, landeten aber nicht wie von Hagrid wohl beabsichtigt auf dem Teller, den er inzwischen wieder auf den Tisch gestellt hatte, sondern bombardierten Hagrid selbst.
„Bin nich` der allerbeste Zauberer, müsst` Ihr wissen“, meinte Hagrid erklärend und begann die Kekse, die an ihm abgeprallt waren, mit der Hand einzusammeln, wobei ihm Albus, Terrence und Rose sogleich halfen.
„Was hat es denn eigentlich mit diesem Regenschirm auf sich?“, wollte Albus wissen, als alle Kekse wieder auf dem großen Teller lagen. „Sah ja so aus, als wäre das Dein Zauberstab.“
„Iss auch so“, antwortete Hagrid. „In gewisser Weise jedenfalls. Als damals ?Ihr-wisst-schon-wer` die Kammer des Schreckens das erste Mal geöffnet hat, wurd` ich beschuldigt. Ich wars nich`, aber keiner hat mir geglaubt. Außer Dumbledore. Er hat dafür gesorgt, dass ich wenigstens in Hogwarts bleiben konnte. Durfte aber nich` mehr in` Unterricht gehen und sie haben meinen Zauberstab zerbrochen.“
Albus hatte gewusst, dass Hagrid damals vom Unterricht ausgeschlossen worden war, aber das mit dem Zauberstab war ihm neu.
„Dumbledore hat später meinen kaputten Stab soweit gerichtet, dass ich n` bisschen damit zaubern konnte. Natürlich nur heimlich. Und er hat den Stab durch dem rosa Regenschirm getarnt.“
Erneut stand Hagrid auf und ging, dieses Mal äußerst vorsichtig, zu dem riesigen Eichenschrank, aus dem er eine längliche und ziemlich edel aussehende purpurfarbene Schachtel heraus holte.
„Inzwischen hab` ich nen richtigen Zauberstab und darf ganz offiziell zaubern. Ollivander hat ihn extra für mich gemacht und Kingsley Shacklebolt hat ihn mir überreicht, als er noch Zaubereiminister war. Für meine Verdienste beim Kampf gegen ?Ihr-wisst-schon-wen`.
Stolz öffnete Hagrid die Schachtel und zeigte seinen Gästen den Zauberstab aus dunklem Eichenholz.
„Benutz` aber trotzdem immer meinen alten Schirm. Bin's so gewohnt.“
Da es inzwischen schon spät war, brachte Hagrid die drei zurück ins Schloss und versprach, bis zu ihrem nächsten Besuch das alte Fotoalbum heraus zu suchen. Davon abgesehen, dass Hagrid wie immer interessante Dinge zu erzählen gewusst hatte, war sich Albus nicht ganz schlüssig darüber, ob sie den Einbruch betreffend etwas Hilfreiches erfahren hatten. In jedem Fall war das Schwert Godric Gryffindors erst einmal in den Mittelpunkt ihres Interesses gerückt, obwohl Rose und er ursprünglich nicht der Auffassung waren, dass es Yaxley und seinem Komplizen darum gegangen war. Der nächste Schritt war jetzt jedoch klar vorgegeben. Rose, Terrence und Albus mussten dringend ein Gespräch mit Neville führen.
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