von Lilienblüte
Re-Kommis:
@klothilde: Ja, Emmelines Plan kann ich auch gut verstehe, auch wenn er nicht ganz ungefährlich ist. Aber wenn das mein Bruder gewesen wäre ...
@iriS: Ja, Ethan wird in dieser Gecshichte immer eine Rolle spielen. Weil ich einfach denke, wenn man seinen Bruder verliert, spielt das eine Rolle, auch das ganze Leben noch. Und deswegen wird er auch noch in den viel späteren Chaos auftauchen. Bis wieder was von Daphne kommt, musst du noch zwei Chaps warten. In den Ferien wird es wieder eine Menge Daphne geben, das verspreche ich ^^
@all: Danke für eure Reviews. Und weiter geht es.
Kapitel 12: Bester Freund und böser Verdacht
In den folgenden Wochen traf ich mich immer wieder mit Will. Auch wenn er mir zunächst nicht weiterhelfen konnte, tat es uns beiden gut, uns an Ethan zu erinnern. Wir sprachen stundenlang von ihm. Er erzählte mir Erlebnisse aus seiner Schulzeit mit Ethan, von den Streichen, die sie ausgeheckt hatten und den kleineren Streitereien, die es immer mal wieder gegeben hatte. Und ich erzählte Will wie Ethan als Bruder gewesen war, welchen Platz er in unserer Familie inne gehabt hatte und wie sich das alles schließlich verändert hatte.
All die Monate, in denen ich versucht hatte, über Ethans Tod hinweg zu kommen, war ich allen Erinnerungen aus dem Weg gegangen und hatte so viele Gedanken wie möglich an ihn unterbunden. Erst jetzt merkte ich, dass diese Methode vielleicht gar nicht die beste gewesen war. Mir ging es viel besser, seitdem ich jemanden hatte, der Ethan genauso gut gekannt hatte wie ich und mit dem ich mich über meinen großen Bruder austauschen konnte. Es tat mir wahnsinnig gut, mich an Ethan zu erinnern.
Ohne dass ich es richtig bemerkte, war auch schon Juni geworden. Die Abschlussprüfungen, vor denen ich in diesem Jahr ziemliche Angst hatte, standen vor der Tür. Aber bevor es so weit war, konnten wir alle zusammen noch einen wunderschönen Tag in Hogsmeade genießen.
Ich wollte zuerst mit meinen Freundinnen ein wenig durch die Läden schlendern und für später waren wir mit den Rumtreibern in den „Drei Besen“ verabredet.
Ich hatte mir fest vorgenommen, der magischen Post ebenfalls einen Besuch abzustatten. Vor einigen Tagen war es Will endlich gelungen, wieder Kontakt zu Rudolph aufzunehmen und ich war schon sehr gespannt, ob er es geschafft hatte, ein Treffen zwischen Rudolph und mir zu arrangieren.
Als wir uns gerade auf den Weg ins Dorf machten, wurden wir von einer Gruppe Slytherins überholt. Unter ihnen war auch Daphne, die mich seit dieser Nacht, in der Ethan gestorben war, keines Blickes mehr gewürdigt hatte. Und dabei hatte es sich in jener Nacht zwischen uns beiden wieder so angefühlt wie früher.
Alice plapperte zuerst fröhlich weiter, bemerkte aber sehr schnell, dass sowohl Lily als auch mir die Begegnung gerade die Laune verdorben hatte.
„Irgendwann wird Daphne einsehen, dass du als ihre Zwillingsschwester wichtiger bist als ihre gesellschaftliche Stellung“, versuchte Alice mich aufzumuntern. Ich zuckte nur mit den Schultern. Den Glauben daran hatte ich spätestens in den letzten Monaten verloren. Zwischen Daphne und mir würde es nie wieder so werden, wie es einmal gewesen war.
„Und Severus wird sich sicher auch bald von der Clique abwenden“, fügte Alice an Lily gewandt hinzu. Lily warf Alice einen ähnlich ungläubigen Blick wie ich zu und schüttelte den Kopf: „Er gerät immer tiefer hinein. Erst hat er nur hin und wieder mit ihnen Hausaufgaben gemacht, aber inzwischen ist er doch kaum noch ohne diese zwielichten Typen anzutreffen. Und ich vertraue ihnen einfach nicht. Avery und Mulciber sind unheimlich, ich verstehe nicht, wie er seine Zeit mit denen verbringen kann. Und er wird immer mehr wie sie.“
„Lily, er wird nicht immer mehr wie sie. Schniefelus war schon immer böse, nur du siehst es erst, seitdem er angefangen hat, mit diesen Leuten herumzuhängen“, war mein wenig sensibler, aber sehr ehrlicher Kommentar. Ich hatte keine Ahnung, dass ich damit eine Snape-Rumtreiber-Diskussion entfachte.
„Du bist zu viel mit Black zusammen“, fauchte Lily mich an. „Ich weiß, dass Potter und Black Sev nie mochten. Aber nur weil Potter und Black ihm seit dem ersten Schultag das Leben zur Hölle machen, heißt es nicht, dass Sev deswegen irgendwie ein schlechter Mensch wäre.“
„Vielleicht sind Potter und Black sogar mit schuld daran, dass Sev jetzt mit solchen Menschen zusammen ist.“
Alice warf mir einen warnenden Blick zu. Sie wusste, dass Diskussionen über Snape immer besonders heikel waren. Denn Lily entging, was dem Rest von uns mehr als klar war – dass Severus Snape ein jämmerlicher Außenseiter war, der auch noch bis über beide Ohren in den dunklen Künsten steckte. Aber ich konnte natürlich den Mund nicht halten.
„Ach, zwingen sie Schniefelus mit vorgehaltenem Zauberstab sich mit solchen Idioten abzugeben?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Hätten sie nicht dafür gesorgt, dass Sev von der gesamten Schule verspottet wird, hätte er sich seine Freunde aussuchen können. Jetzt nimmt er die, die ihn trotz der Tatsache, dass die beliebtesten Schüler der Schule ihn seit Jahren fertigmachen, noch in ihre Clique aufnehmen.“
„Vielleicht nimmt er auch einfach die Clique, in der Loser wie er und Avery freiwillig geduldet werden.“
„Severus ist kein Loser!“
Lilys Augen blitzen vor Zorn und ich wollte schon etwas wenig Freundliches erwidern, aber Alice schob sich zwischen uns und hob die Hand: „Hey, jetzt macht mal halblang, ihr beiden. Lily, ich weiß dass du eine schlechte Meinung von James und Sirius hast, aber du kannst den beiden nicht alles in die Schuhe schieben. Sie verhalten sich Snape gegenüber nicht immer korrekt, aber sie allein haben ihn nicht zum Außenseiter gemacht. Das hat er mit seinem Verhalten auch von ganz allein hinbekommen. Und dir, Emmeline, könnte es auch nicht schaden, wenn du ein bisschen die rosarote Brille abnehmen könntest und siehst, dass dein Sirius nicht so ein toller Mensch ist, wie du immer glaubst.“
„Ich hab keine rosarote Brille …“, fing ich an, doch Lily, die sich jetzt richtig in Rage geredet hatte, unterbrach mich: „Du weißt genau, dass wir Recht haben. Seit vier Jahren bist du davon überzeugt, dass Sirius der tollste Mensch ist, der dir im ganzen Universum begegnet ist. Wenn du ein bisschen genauer hinschauen würdest, könntest du uns Recht geben. Oder findest du es fair, wie er Sev behandelt oder wie er ein Mädchen nach dem anderen abserviert?“
Ich zuckte mit den Achseln: „Snape hat es nicht anders verdient, er verhext James und Sirius schließlich auch, sobald sie ihm den Rücken zudrehen und Sirius kann nichts dafür, dass er ein besserer Zauberer ist und seine Sprüche meist größeren Schaden anrichten.“
„Und dass er den Mädchen dieser Schule die Herzen bricht, findest du auch in Ordnung, oder? Schließlich ist Sirius ja so ein toller Mensch, er darf machen, was er will. Er kann nie irgendwas dafür.“
„Das ist seine Sache, Lily“, unterbrach ich sie scharf. „Er will keine feste Beziehung, das ist kein Geheimnis. Also sollen seine Kurzzeitfreundinnen bitte nicht so tun, als hätten sie nicht vorher gewusst, worauf sie sich einlassen.“
Lily schnaubte, aber diesmal war Alice schneller.
„Das stört dich als seine beste Freundin echt nicht?“, fragte sie mich.
„Wieso sollte es? Dass zwischen Sirius und mir ist etwas vollkommen anderes. Mich würde er niemals im Stich lassen. Das weiß ich und das reicht mir.“
„Das glaubst du jetzt noch. Aber so, wie wir Sirius kennen, wird das auch nicht mehr lange dauern. Du bist auch nur ein Mädchen, Emmeline. Eines Tages wird er dich genau so abservieren wie alle anderen Mädchen.“
Mit dieser Ansprache war Lily deutlich zu weit gegangen. Meine Freundschaft mit Sirius in Frage zu stellen, war das Schlimmste, was man tun konnte.
„Wie schön, dass du das weißt, Lily, wo du ihn so gut kennst“, fauchte ich und ging dann schneller. Meinen Tag wollte ich jetzt ganz sicher nicht mehr mit Lily zubringen.
Will stand an der Theke, als ich die Magische Post betrat.
„Emmeline. Gut, dass du kommst. Ich hab meinem Chef schon Bescheid gesagt, dass ich Schluss mache, sobald du da bist. Wir werden heute einen kleinen Ausflug machen.
Erstaunt sah ich ihn an. Das konnte nur eines bedeuten: Es war Will endlich gelungen, Kontakt mit Rudolph herzustellen.
„Rudolph wartet im Tropfenden Kessel auf uns.“
Sofort sank meine Aufregung und ich sagte enttäuscht: „Der Pub ist in London. Wie sollen wir denn da heute Nachmittag hinkommen? Das schaffe ich frühestens in den Ferien. Vergiss nicht, ich bin noch nicht siebzehn, ich kann nicht apparieren.“
Will lächelte: „Aber du hast einen Freund, der bereits volljährig ist und es dir zeigen wird. Das Seit-an-Seitapparieren ist gar nicht so schwer.“
Zehn Minuten später standen wir am Ortsausgang von Hogsmeade und ich hielt Wills Arm fest umklammert.
„Beim ersten Mal ist es ein leicht komisches Gefühl“, warnte mich Will vor, bevor Hogsmeade vor meinen Augen verschwamm. Die Welt um uns herum drehte sich. Will wurde in einen mächtigen Strudel gezogen und ich, die an seinem Arm hing, gleich mit. Der Strudel wurde immer stärker und mir wurde übel. Dann war es plötzlich vorbei.
„Merlin, Emmeline, geht es dir gut?“, fragte Will erschrocken, als er mein Gesicht sah.
„Sieht man das nicht?“, zischte ich hinter zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich musste gerade alle meine Kraft aufwenden, um mich nicht zu übergeben.
Besorgt stützte mich Will mit einer Hand und führte mich erst einmal zu einer Bank.
„Leg dich hin. Dann wird es dir gleich besser gehen.“
Mir war es gerade vollkommen egal, dass wir uns auf einer überfüllten Straße befanden. Ich folgte Wills Anweisung und legte mich hin. Er bettete meinen Kopf in seinen Schoß und so saßen wir ein paar Minuten da. Dann wurde das Gefühl in meinem Magen wieder besser und mein Kopf deutlich klarer.
„Ich kann jetzt wieder aufstehen, danke“, sagte ich, leicht verlegen, als ich bemerkte, dass Will die ganze Zeit meinen Kopf gestreichelt hatte. Der sollte nun um Himmels Willen nicht auf falsche Gedanken kommen.
Ich setzte mich auf und zum ersten Mal bemerkte ich, dass wir uns mitten in der Winkelgasse befanden. Hier herrschte reges Treiben. Den schönen Sommertag nutzten viele Hexen und Zauberer für einen Einkaufsbummel.
„Übernimm dich nicht, Emmeline. Rudolph wartet sicher auf uns. Wir können auch noch eine Weile sitzen bleiben, bis du dich wieder fit fühlst“, sagte Will mit sehr besorgter Stimme.
„Es geht schon, danke“, erwiderte ich und wünschte, er würde seinen Arm von meiner Hüfte nehmen. Ich wusste, dass Will es nur nett meinte … aber dennoch – für mich fühlte es sich nicht richtig an.
Langsam, da Will der Meinung war, ich sollte mich noch schonen, gingen wir zum Tropfenden Kessel. Als wir in den Laden eintraten, mussten sich meine Augen erst einmal an das Dunkle gewöhnen. So sehr auch alle immer vom Tropfenden Kessel als ihren Lieblingspub schwärmten, ich würde mich in dieser Kneipe niemals wohl fühlen. Vielleicht erinnerte sie mich zu sehr an die düsteren Läden, die ich mit meinen Eltern in der Nokturngasse besucht hatte. Ein bisschen Licht hätte dem Tropfenden Kessel sicher nicht geschadet.
„Rudolph!“ Will winkte einem der Kellner zu und der kam zu uns herüber. In der Zeit, in der ich Rudolph nicht gesehen hatte, hatte er sich kaum verändert. Er sah jünger aus als Will, obwohl er mit ihm in einem Jahrgang gewesen war. Will war groß, breitschultrig und wirkte mit seinen dunklen Haaren und dem markanten Gesicht viel älter als Rudolph, der mindestens zwei Köpfe kleiner und deutlich schmächtiger war. Und mit den blonden Haaren, die er sich immer wieder aus dem Gesicht streichen musste und dem Gesicht, das noch sehr dem eines Teenagers ähnelte, sah er wirklich kaum älter aus als ich.
„Emmeline.“ Rudolph schloss mich in eine Umarmung. „Es tut mir so Leid – alles. Mir fehlt Ethan auch schrecklich.“
„Du kannst sie jetzt loslassen. Emmeline ist wohl kaum zum Kuscheln hergekommen“, mischte sich Will feindselig ein und Rudolph ließ mich los. Über meine Schulter sah er zu Will hinüber und sagte kühl: „Will. Hätte nicht gedacht, dass ich dich nochmal sehe.“
„Glaub mir, ich tue das nur für Emmeline.“
Überrascht hörte ich diesem Wortwechsel zu. Ich hatte bisher gedacht, dass die beiden sich untereinander genauso gut verstanden, wie sie es mit Ethan getan hatten. War das alles erst entstanden, als Ethan sich von Will abgewendet hatte und nur noch Rudolph vertraut hatte?
„Setzt euch beide.“ Rudolph wies uns einen Tisch zu und Will und ich setzten uns.
Rudolph verschwand kurz an der Theke und kehrte dann mit einem Butterbier für jeden von uns zurück.
„Weißt du, was mich interessiert, ist, warum du so viel wie möglich über Ethans letzte Monate erfahren willst“, sagte Rudolph, während er sich uns gegenüber setzte. „Du hattest doch immer so ein gutes Verhältnis mit ihm. Wäre er nicht zu dir gekommen, wenn ihn etwas bedrückt hätte?“
Ich schluckte. Mit dieser Frage hatte Rudolph mich wirklich getroffen.
„Rudolph, reiß dich zusammen. Auch wenn wir heute Informationen von dir wollen, berechtigt dich das nicht, solche gemeine Fragen an Emmeline zu stellen.“
Rudolph sah mich mit seinen großen blauen Augen entschuldigend an: „Ich wollte dir damit nicht zu nahe treten, Emmeline. Es interessiert mich wirklich. Warum möchtest du, fast ein Jahr nach seinem Unfall, von seinen letzten Monaten erfahren?“
„Weil ich nicht glaube, dass es ein Unfall war.“
Ein Schatten zog über Rudolphs Gesicht, aber er fing sich sofort wieder: „Ausgeschlossen. Niemand hätte einen Grund gehabt, Ethan zu töten. Vielleicht war er nicht der beliebteste Schüler der Schule, aber niemand hatte etwas gegen ihn. Und in eurer Familie bist du doch das schwarze Schaf, oder?“
„Ethan sollte heiraten. Und er wollte dieses Mädchen nicht heiraten. Vielleicht hatte er vor, zu gehen … und ich wollte von dir wissen, ob du von irgendwelchen Fluchtplänen wusstest.“ Noch während ich diese Sätze sagte, schwand meine Hoffnung. Nach Rudolphs Aussagen war mehr als eindeutig, dass er noch viel weniger wusste als Will.
„Nein. Von Fluchtplänen weiß ich nichts“, sagte Rudolph entschieden. „Ethan hatte längst aufgegeben, gegen den Willen eurer Eltern anzukämpfen.“
Kurze Zeit später standen wir wieder in der sonnigen Winkelgasse.
„Emmeline, mach nicht so ein trauriges Gesicht. Ich verspreche dir, dass wir noch herausfinden werden, was wirklich in der Nacht geschehen ist, in der dein Bruder sein Leben lassen musste“, versuchte Will mich aufzumuntern.
„Wenn nicht einmal Rudolph als sein Vertrauter davon wusste …“, begann ich, aber Will unterbrach mich.
„Rudolph wusste sehr viel mehr, als er uns heute verraten hat. Vergiss nicht, ich war ziemlich lange gut mit ihm befreundet. Ich erkenne, wenn er lügt. Rudolph weiß, dass es kein Unfall war. Das konnte ich seinem Gesicht ablesen.“
Überrascht guckte ich Will an. Damit hatte ich gar nicht gerechnet.
„Entweder hat Rudolph etwas damit zu tun oder er will Ethan auch nach seinem Tod nicht verraten“, sagte Will bestimmt.
„Wieso sollte Rudolph etwas mit seinem Tod zu tun haben?“
„Ich weiß es nicht. Aber wenn Rudolph dir nur nichts verraten hat, weil ich dabei war und er mir nicht vertraut, warum hat er dann diesem Treffen zugestimmt? Dann hätte er mir gleich gesagt, dass er mich nicht sehen will. Ethan ist unter so mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Niemand weiß, was geschehen ist. Ausschließen können wir beide nicht, dass Rudolph etwas mit seinem Tod zu tun gehabt hat!“
Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.
Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel