von LilienblĂĽte
Re-Kommis:
@iriS: Ups, das mit Snape habe ich ausgebessert ^^ Mit deiner Vermutung zu Rudolph liegst du ĂĽbrigens ziemlich gut, wie du in diesem Kapitel sehen wirst.
Und ja, langsam kommt Emmeline ĂĽber diesen schlimmen Verlust hinweg.
@GringottsGoblin: So, in diesem Kapitel werden schon mal eine Menge Geheimnisse gelĂĽftet. Und ein neues wird aufgegeben.
Will … ja, an Emmeline kann er sich echt die Zähne ausbeißen. ^^
Viel SpaĂź bei dem neuen Kapitel und danke fĂĽr eure Kommis!
Kapitel 13 – Ethans Geheimnis
„Wer war er?“
„Du hast keine Silbe von ihm erwähnt!“
Ich war keine zwei Sekunden im Gemeinschaftsraum, als ich auch schon die neugierigen Fragen meiner Freundinnen beantworten musste. Wieder zurück in Hogsmeade waren Will und ich nämlich ausgerechnet Lily und Alice in die Arme gelaufen. Klar hatten die beiden bemerkt, dass ich in letzter Zeit mal öfter unauffindbar war, aber sie hatten sich nicht groß Gedanken darüber gemacht. Seit Ethans Tod hatte ich mich von den beiden zu sehr distanziert.
„Jetzt weiß ich, warum du in letzter Zeit wieder so viel fröhlicher bist! Es liegt an ihm“, sagte Alice mit einem breiten Grinsen.
„Wie kannst du ihn nur vor uns geheim halten?“, fragte Lily, deren Neugierde größer war als ihre Wut auf mich nach unserem kleinen Streit am Nachmittag. „Du hast zum ersten Mal nach Sturgis wieder einen Freund und du sagst uns kein Wort!“
„Du hast einen neuen Freund?“ Sirius, der die letzten Worte von Lily gehört hatte, trat zu uns und sah mich neugierig an.
Ich verdrehte die Augen: „Ich habe … ich habe keinen neuen Freund. Der Junge, mit dem ihr mich gesehen habt, das war Will Woodcraft. Er war ein guter Freund von Ethan und wir treffen uns manchmal und reden über alte Zeiten.“
„Er sah mir aber nicht so aus, als würde er in dir nur die kleine Schwester seines toten Freundes sehen“, meinte Alice mit hochgezogenen Augenbrauen. „Der Typ war bis über beide Ohren in dich verliebt, das konnte man schon auf zehn Meter Entfernung sehen.“
Ich sah verlegen zur Seite. Selber war mir der Gedanke heute Morgen ja auch schon gekommen. Aber ich hatte mein Leben gerade wieder so einigermaĂźen im Griff, um mich mit irgendwelchen GefĂĽhlen auszueinander zu setzen, war es definitiv zu frĂĽh.
Am nächsten Morgen war ich gerade mit Lily und Alice auf dem Weg zu Kräuterkunde, als Sirius zu uns aufschloss.
„Dieser Rudolph ist da und er möchte dich sprechen“, flüsterte er mir ins Ohr und zog mich von meinen Freundinnen weg.
Überrascht sah ich ihn an: „Was will der denn von mir?“
„Ich weiß nicht, er sagte nur, er müsse dich sprechen. Mehr wollte er mir nicht verraten.“ Zögernd sah Sirius mich an und fuhr sich durch seine Locken: „Emmeline … ich würde gerne mitkommen.“ Ich hatte Sirius am vorigen Tag alles erzählt, was Will über Rudolph vermutete und die Möglichkeit, dass Rudolph mit in die Todesgeschichte meines Bruders verstrickt war, machte ihm scheinbar Angst.
„Wenn Will Recht hat … und Rudolph mehr weiß, als er zugibt, dann ist es gefährlich für dich, allein mit ihm zu reden. Was, wenn er Angst hat, dass du etwas herausfindest und dich nun Ethan hinterher schicken möchte?“
„Und vorher dir Bescheid sagt, damit es auch genug Zeugen gibt?“ Ich zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf. Ich konnte selber nicht erklären, warum ich Vertrauen zu Rudolph hatte. Vielleicht, weil Ethan ihn immer sehr geschätzt hatte oder auch einfach nur, weil Rudolph so jungenhaft und harmlos aussah. Bei allem Misstrauen, dass ich den meisten Menschen nach Ethans Tod entgegen brachte, fiel es mir bei Rudolph schwer zu glauben, dass er in seinen Tod verstrickt war.
Rudolph nahm mich in den Arm, als ich – ohne Begleitung von Sirius – hinter den Gewächshäusern Rudolph traf.
Mit einem schlechten Gewissen schaute er mich an:„Emmeline, es tut mir Leid, dass ich dich gestern im Unklaren lassen musste. Es lag nicht an dir oder daran, dass ich dir nichts sagen wollte, es lag an deinem Begleiter. Ethan hat Will nicht vertraut und ich empfinde dieses Misstrauen als gerechtfertigt.“
„Das hat Will mir erzählt. Aber ich verstehe nicht, warum. Will hätte niemals Ethans Geheimnisse verraten. Er leidet sehr darunter, dass Ethan in seinen letzten Monaten ihm kein bisschen Vertrauen mehr geschenkt hat.“
„Woher weißt du, dass er dir das nicht nur vorspielt, um über seinen Verrat hinwegzutäuschen?“
„Weil ihm Ethan zu viel bedeutet hat, als dass er ihn verraten hätte.“
Rudolph schüttelte den Kopf: „Emmeline, ich glaube das nicht. Wenn ich dir nun Ethans Geheimnis verraten werde, wirst du es für dich behalten? Ich möchte es dir sagen, denn ich finde als seine Lieblingsschwester hast du ein Recht zu erfahren, wie es zu seinem Tod gekommen ist. Allerdings möchte ich nicht, dass Will es erfährt. Das wäre, als würde ich Ethan verraten.“
Einen Moment begegneten sich unsere Blicke, dann nickte Rudolph zufrieden. Er wusste, dass ich Ethans Geheimnis erfahren wollte und dafür alles versprochen hätte.
„Gehen wir ein paar Schritte, Emmeline. Es wird eine Weile dauern, Ethans Gesichte zu erzählen.“
Wir wanderten über die Ländereien von Hogwarts, vorbei an den Gewächshäusern und vorbei an der Klasse, die gerade Einhörner bei Professor Kesselbrand durchnahmen.
„Ich weiß nicht genau, wo ich die Geschichte beginnen soll, Emmeline. Ethan hat in letzter Zeit so vieles versucht vor dir zu verbergen, weil er dich nicht in Gefahr bringen wollte. Beginnen wir die Geschichte mit dem Ethan, der vor dir noch nichts verheimlich hat. Dem Jungen, der aus einer reinblütigen Familie kam, aber mit wachsendem Misstrauen all euren Traditionen gegenüber stand. Ethan hat niemals etwas auf die Herkunft eines Menschen gegeben. Das war schon so, noch bevor du nach Gryffindor kamst, aber deine Einteilung hat das Ganze verstärkt. Er sah all deine Probleme – die Reaktion deiner Familie, deine Zwillingsschwester, die dich verstieß und er konnte nichts dagegen tun. Ich glaube, das war der Moment, an dem er angefangen hat, die ganze reinblütige Welt in Frage zu stellen. Euren Eltern gegenüber hat er es immer verborgen. Nur Ethan hat sich nicht getraut bei euch auszubrechen. Er war nie mutig und er hatte Angst vor euren Eltern. Er wusste nicht, wie sie reagieren würden, wenn sie seine Ansichten heraus fänden. Er hatte es auch so schon schwer genug. Eure Eltern waren immer enttäuscht von Ethan, weil er nicht so begabt war, wie sie es gerne gehabt hätten und die meisten seiner Freunde aus unserem Haus haben sich von ihm abgewandt, nachdem seine kleine Schwester zum schwarzen Schaf wurde. “
Rudolph hielt einen Moment mit seiner Erzählung inne: „Das ist der Ethan, von dem du noch alles mitbekommen hast. Ethan hatte zwar andere Einstellungen als deine Eltern, aber es kam für ihn nicht in Frage sich dem Ärger deine Eltern auszusetzen, indem er solche Ansichten öffentlich machte oder sich gegen ihren Willen durchsetzte. Alles sah danach aus, als würde Ethan den Weg gehen, den Leute aus eurer Schicht gehen. Schule, ein Beruf, reinblütige Ehefrau und reinblütige Kinder. Aber dann trat jemand in sein Leben, für den es sich lohnte, die Gefahr zu vergessen und seine Familie zu verlassen.“
Vollkommen überrascht starrte ich Rudolph an. Mit dieser Erklärung hätte ich niemals gerechnet! Mein großer Bruder – verliebt?
„In den Sommerferien vor unserem letzten Schuljahr hat er sie auf einem seiner einsamen Spaziergänge kennen gelernt. Sie war ein Muggelmädchen und stammte aus der Nähe eures Heimatdorfes. Das Mädchen, nennen wir sie Melanie, war Ethans große Liebe. Die beiden hätten füreinander alles aufgegeben. Jeder, der Melanie und Ethan zusammen sah, wusste, dass sie füreinander bestimmt waren. Und auf einmal hat Ethan den Mut gefunden, seine Flucht zu planen. Melanie hat ihm den nötigen Halt gegeben, immer wieder beteuert, wie egal es ihr ist, wenn sie seinetwegen in Gefahr gerät.“ Während er von den beiden gesprochen hatte, war ein Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen gewesen. Er hatte die beiden wohl öfter zusammen erlebt und gespürt, wie viel sie einander bedeuteten. Doch nun verdüsterte sich sein Blick: „Und dann hat irgendjemand sie verraten. Außer Ethan wussten nur Will und ich davon. Deswegen vertrauen wir ihm nicht. Will ist so wie ihr aus einer reinblütigen Familie. Für ihn dürfte es keine Schwierigkeit gewesen sein, zu euren Eltern zu gehen und ihnen die Wahrheit zu sagen …“
„Da … da musst du dich einfach täuschen“, sagte ich mit tonloser Stimme. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Will Ethan so etwas angetan hätte. Nicht nach den letzten Wochen. Nicht nach all den Gesprächen, die ich mit ihm über Ethan geführt hatte, in denen immer und immer wieder zu spüren gewesen war, wie sehr wir beide Ethan vermissten. Ethan war sein bester Freund gewesen und Will empfand es als so schmerzlich, dass Ethan ihm zum Schluss nicht mehr vertraut hatte.
„Er ist der Einzige, der es gewesen sein kann“, murmelte Rudolph bedauernd.
„Dann, dann hat jemand anders davon mitbekommen … Will hätte Ethan niemals verraten. Er litt darunter, dass Ethan Abstand von ihm genommen hat.“
„Ich bin überzeugt, dass es Will war, tut mir Leid, Emmeline. Deswegen wollte ich die Geschichte nicht vor ihm erzählen. Nachdem deine Eltern erfahren hatten, dass Ethan eine Muggelfreundin hatte, wurden sie wütend. Sie beschlossen, ihn zu verheiraten – an ein ehrbares Mädchen, welche man in den Familienstammbaum eintragen konnte. So ist die Verbindung mit dieser Reinblüterin zustande gekommen. Natürlich wollte Ethan sich nicht in sein Schicksal fügen, nicht jetzt, nachdem er gemerkt hatte, wie anders das Leben sein kann. Melanie hielt zu ihm. Sie wusste, dass es nur eine Chance für sie beide gab, zusammen zu sein und ermutigte ihn immer wieder zu diesem Schritt. In der Nacht, als sie zusammen flüchten wollten, ist er erwischt worden. Ich weiß nicht, ob Will es herausgefunden und die beiden verraten hat oder ob zufällig einer von deinen Eltern ein Geräusch gehört und nachgeschaut hat. Auf jeden Fall hat Melanie in jener Nacht umsonst auf ihn gewartet. Sie wollten im Morgengrauen mit einem Schiff nach Amerika reisen. Wir dachten alle, mit der Flucht würde sich das Problem erledigen. Die beiden wären weit genug fort und keiner würde sie auf der anderen Seite des Meeres je finden. Ich habe ihm versprochen, ein Auge auf dich zu haben. Und du solltest ihnen hinterher reisen, falls es für dich auch an der Zeit sein würde, die Familie zu verlassen. Melanie und Ethan hatten alles so genau durchgeplant – sie hatten nicht damit gerechnet, dass ihnen mitten in der Nacht jemand dazwischen kommen würde.“
Tränen liefen mir die Wangen hinunter. Rudolphs Erzählungen klangen so ergreifend. Während er mir von meinem Bruder und seiner Freundin erzählt hatte, hatte ich die beiden wirklich vor mir gesehen. Jetzt, wo ich wusste, warum Ethan von meinen Eltern getötet wurde, war sein Tod noch viel trauriger. Jahrelang hatte er nicht gewusst, wo er hingehörte und was er denken sollte. Ausgerechnet, in dem Moment, in dem er seinen Platz im Leben gefunden hatte, hatte er gehen müssen.
„Was in jener Nacht geschehen ist, kann ich genauso wie du nur mutmaßen. Ich kann dir nur sagen, wieso das alles geschehen ist. Daran, dass deine Eltern ihn getötet haben, weil sie lieber einen toten Sohn haben wollen als einen, der mit einem Muggelmädchen durchbrennt, besteht für mich kein Zweifel. Aber ich dachte mir, vielleicht hilft es dir ein wenig, wenn du weißt, wofür dein Bruder sein Leben riskiert hat.“
Ich nickte unter Tränen: „Ich bin froh, dass ich es jetzt weiß.“ Einen Moment lang sagte keiner von uns beiden was, dann stellte ich Rudolph die Frage, die mich am meisten belastete: „Warum hat er mir nichts gesagt? Hatte er kein Vertrauen zu mir? Warum hat er mir nicht gesagt, dass er seine große Liebe kennen gelernt hat?“
„Emmeline, er hatte Vertrauen zu dir. Er hat dich sehr, sehr geliebt. Und gerade deswegen konnte er dir nichts sagen. Du weißt, was mit ihm geschehen ist. Ethan hat dir nichts gesagt, weil er dich schützen wollte.“
Und dann erinnerte ich mich an seinen letzten Tag. Das Mittagessen, bei dem er so furchtbar nervös gewesen ist. Mich hatte es damals verwundert, aber niemals hätte ich gedacht, dass Ethan tatsächlich fliehen wollte und deswegen so unglaublich nervös war.
Ich erinnerte mich an seine letzten Worte an mich: „Es ist besser, wenn du nichts weißt, Emmeline! Glaub mir, das wäre zu gefährlich. Für uns beide!“
Ich war gar nicht darauf eingegangen, hatte nicht gemerkt, dass hinter diesem Satz das gefährliche Vorhaben steckte, unsere Familie zu verlassen. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich ihn aufgehalten?
Wohl kaum, musste ich mir die Frage beantworten. Ich hatte gewollt, dass er sich gegen unsere Eltern wehrte. Ich hatte gehofft, dass er für sein eigenes Leben kämpfen würde und genau das hatte ihn am Ende sein Leben gekostet.
„Wer ist sie? Wenn sie Ethans große Liebe war, möchte ich sie kennen lernen.“
Rudolph schaute zur Seite: „Tut mir Leid, Emmeline. Ihren Namen werde ich dir nicht verraten. Ich will sie nicht in noch mehr Gefahr bringen, als sie es ohnehin schon ist.“
„Glaubst du, ich würde sie verraten? Wenn sie Ethan so viel bedeutet hat, dass er sein Leben für sie riskiert hat, würde ich dann nicht alles zunichte machen? Mein großer Bruder war die Person, die mir am nächsten stand. Ich würde niemals sein Vertrauen derart missbrauchen – und wenn er zwanzig Jahre unter der Erde liegt.“
Aber Rudolph schüttelte den Kopf: „Nein, Emmeline. Du wohnst noch bei deinen Eltern. Du hast noch zu viele Verbindungen zu dem Haus. Ethan würde mich dafür verantwortlich machen, wenn dir oder Melanie etwas geschieht, nur weil ich dir verraten habe, wer sie ist.“
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