Anfang November wurde es sehr kalt. Die Berge im Umkreis der Schule wurden eisgrau und der See kalt wie Stahl. Allmorgendlich war der Boden mit Reif bedeckt.
Von den oberen Fenstern aus konnte man Hagrid sehen, wie er, warm angezogen mit einem langen Mantel aus Maulwurffell, Handschuhen aus Hasenfell und gewaltigen Biberpelzstiefeln, die Besen auf dem Quidditch-Feld entfrostete.
Mina beneidete den Wildhüter um die, wenn auch groben, doch warmhaltende Kleidungsstücke. Sie traf man jetzt erst Recht mit Schal und meistens auch einem sehr dicken Pullover an. Sie fror rund um die Uhr. Was dazu führte, dass sie meistens auch noch Blaises Umhang bekam.
Der braunhäutige Junge schien offensichtlich absolut kälteresistent zu sein, denn er hatte immer noch das Hemd mit kurzen Ärmeln an.
Die Quidditch-Saison hatte begonnen. Am Samstag würde die erste Partie beginnen: Gryffindor gegen Slytherin. Wenn die Gryffindors gewinnen sollten, dann würden sie den zweiten Tabellenplatz in der Hausmeisterschaft erobern. Mina hoffte für die Spieler, dass sie alle an ihrem Besen festfrieren würden, denn so war die Gefahr geringer, dass sie beim Fliegen herunterfielen.
Am Tag vor dem Quidditch-Spiel standen fast alle Schüler in einer Pause im eiskalten Hof. Harry, Ron und Hermine standen nicht weit entfernt von Mina, Daphne, Blaise und ein paar anderen Slytherins. Die Drei hatten sich um ein kleines hellblaues Feuer geschart, dass Hermine heraufbeschworen hatte und das man in einem Marmeladeglas mit sich herumtragen konnte. Mina nahm das Hermine sehr übel, denn sie hätte sich jetzt auch gerne gewärmt, aber sie würde sich nicht die Blöße geben, jemanden vor Hermines Ohren zu fragen, was das für ein Zauber war. Die Drei standen mit dem Rücken zum Feuer und wärmten sich, als Snape über den Hof kam. Er grüßte einige Slytherins knapp. Besorgt stellte Mina fest, dass er noch immer hinkte. Nervös rückten die drei Gryffindors näher aneinander. Wahrscheinlich befürchteten sie, dass es nicht erlaubt war. Vielleicht war es doch besser, wenn sie den Zauber nicht kannte.
Unglücklicherweise für sie, musste Snape jedoch den unschuldigen Blick der Drei bemerkt haben, denn er hinkte zu den drei Gryffindors herüber. Das Feuer hatte er nicht gesehen, doch er schien ohnehin nach einem Grund zu suchen, um ihnen eine Lektion zu erteilen.
„Was hast du da in der Hand, Potter?“, schnarrte er.
Harry zeigte dem Zaubertranklehrer das Buch. Dieser betrachtete es. Mina konnte den Titel nicht erkennen.
„Bücher aus der Bibliothek dürfen nicht nach draußen genommen werden“, hörte sie Snape sagen. „Gib es mir. Fünf Punkte Abzug für Gryffindor.“
Ein triumphierendes Grinsen lief über das Gesicht der Slytherins.
„Diese Regel hat er gerade erfunden“, zischte Harry, als Snape fortgehinkt war. „Was ist eigentlich mit seinem Bein?“
Mina zog eine Augenbraue hoch. Harry fragte sich das auch?
„Weiß nicht, aber hoffentlich tut’s richtig weh“, sagte Ron verbittert.
Leider ein wenig zu laut, denn die Slytherins, die die Unterhaltung mitbekommen hatten und die auch bemerkt hatten, dass Snape hinkte, warfen ihm tödliche Blicke zu und knirschten mit den Zähnen.
Strahlend hell und kalt zog der Morgen herauf. Die Große Halle war erfüllt mit dem köstlichen Geruch von Bratwürsten und dem fröhlichen Geschnatter all derer, die sich auf ein gutes Quidditch-Spiel freuten.
„Mina, du solltest auch was essen!“, sagte Blaise gerade alarmiert, während er sich ein Würstchen in den Mund schob.
„Warum?“
„Du wirst noch magersüchtig, wenn du so weitermachst.“
„Ach was. Ich habe noch nie viel gegessen! Und morgens krieg ich außer Saft und Obst nicht runter.“
„Aber ein gutes Frühstück ist doch wichtig.“
„Blaise, nicht jeder kann so viel essen wie du. Und nicht jeder will es.“
„Probier wenigstens den Schinken.“
Jetzt war ihr Kopfschütteln geradezu panisch: „Ich esse, wenn ich morgens überhaupt etwas esse, das nicht Obst ist, nur den Schinken von Ibarela.“
„Wer ist Ibarela?“
„Unsere Hauselfe.“
„Ihr habt eine Hauselfe?“
„Ja, aber Dad behandelt sie sehr gut. Und auch Mum ist froh, dass sie ihr bei der Arbeit etwas unter die Arme greift. Außerdem ist sie keine Gefangene. Dad hat ihr freigestellt zu gehen, wann immer sie will.“
„Und geht sie?“
„Natürlich nicht!“
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