An Heiligabend ging sie voller Vorfreude auf das Essen und den Spaß am Weihnachtstag zu Bett. Sie dachte an das Geschenk ihrer Eltern das in ihrem Koffer darauf wartete, ausgepackt zu werden. Auf jeden Fall würde sie Eion für die ganze Arbeit etwas Hühnchen vom Buffet mitbringen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, weckte sie Daphne auf und gemeinsam sahen sie sich ihre Geschenkeberge am Fußende des Bettes an. Noch mehr Geschenke?
Mina packte als erstes das Geschenk ihrer Eltern aus.
Es war eine schwarze Kiste, glänzend wie Ebenholz und mit silbernen Verschlüssen. Obenauf lag ein Brief. Sie öffnete ihn und erkannte sogleich die Schrift ihres Vaters.
Liebe Mina.
Ich hoffe, ihr habt ein schönes Weihnachtsfest in Hogwarts. Aber … ihr seid ja in Hogwarts. Das wird auf jeden Fall, magisch!
Deine Mutter und ich haben lange überlegt, was wir dir schenken könnten und haben uns schließlich hierfür entschieden. Es passt zu dir und deinem Haus.
Ach, wie gerne würden wir dein Gesicht sehen, wenn du es auspackst, aber ich kann es mir vorstellen.
Dieses Geschenk ist sehr alt. Quasi ein Familienerbstück. Es hat einmal meiner Großmutter gehört, die es dann deiner Mutter geschenkt hat. Und nun hat deine Mutter sich überlegt, es an dich weiterzugeben.
Denke daran, dass es äußerst wertvoll ist, was du hier in den Händen hältst und benutze es daher nur zu besonderen Anlässen. Du wirst schon etwas damit anfangen können, immerhin bist du unser kleines, großes zauberhaftes Mädchen.
Wir wünschen dir und deinen Freunden ein friedliches Weihnachtsfest.
In Liebe, Mum und Dad
Gespannt und äußerst vorsichtig ließ Mina die Verschlüsse aufschnappen. Sie hob den Deckel an und wollte ihren Augen nicht trauen. Dort auf dem nachtschwarzen Samt lag ein Schmuckset, das alleine in seiner Ausführung schon mehre Milliarden Pfund wert sein musste. Großer Gott, was hielt sie da in den Händen?
Es war ein großzügig verziertes Collier mit vielen kleinen Smaragden, und doch wirkte es nicht übertrieben. Im Gegenteil, es war übertrieben unauffällig. Dazu waren eine passende Haarspange, Ohrringe und ein Armband vorhanden. Sie atmete tief ein, strich über das kalte Silber, in Blüten- und Blattform und musste Lächeln. So etwas war wahrscheinlich nicht einmal im Malfoyschen Familienschatz vorhanden. Dankbar schloss sie die Kiste und legte sie mit dem Brief ganz unten in ihren Koffer.
Sie nahm das nächste Päckchen in die Hand, stellte erstaunt fest, dass es ebenfalls von ihren Eltern war. Sie riss das Geschenkpapier herunter und musste grinsen. Plätzchen. Eine ganze Dose voll. Ein Zettel sagte ihr, dass sie nicht von ihrer Mum, sondern von Ibarela gebacken worden waren.
Sie nahm das nächste Geschenk vom Stapel. Es war von Blaise. Sie packte es aus und fand eine Tüte Schokoladenkessel. Es waren kleine verzauberte Schokoladenkessel, deren Cremefüllung, wie bei einem echten Kessel, kochte und blubberte. Sie musste lachen, als sie einen Zettel daran fand, auf dem leicht gekrakelt stand: Eigenkreation – hoffentlich schmeckt es dir. Frohes Fest, Blaise. Wir sehen uns.
„Was hat Blaise dir geschenkt?“, fragte Daphne, die das Lachen richtig interpretiert hatte.
„Selbst gemachte Schokoladenkessel, deren Cremefüllung kocht und blubbert und du?“
„Gefleckte Schokofrösche…“
„Wie bitte?“
„Ja, rosa-braun gefleckte Schokofrösche. Ebenfalls eine Eigenkreation. Und das alles in einem Einmachglas mit Zuckergras und Zuckerleiter. Das sind Wetterfrösche aus Schokolade.“, sie lachte.
Mina betrachtete das Glas mit großen Augen.
„Das ist allerdings was besonderes.“
Sie griffen nach dem nächsten Geschenk und meinten beide wie aus einem Mund: „Das nächste ist von mir!“
Wieder lachten sie und packten aus, danach fielen sie sich dankbar um den Hals. Daphne hatte ein Armband bekommen, von dem sie Mina erzählt hatte. Es hatte verschiedene Anhänger die durch Magie bewegt wurden. Mina hatte ihrem Vater das Geld geschickt und ihn gebeten, es zu kaufen. Eine Woche später hatte sie es gehabt. Mina selber hatte von Daphne ein Zaubertrankbuch geschenkt bekommen, das einige Anmerkungen zu Zaubertränke und Zauberbräue enthielt und ihr sicher nützlich sein konnte.
Mina hatte jetzt nur noch zwei Päckchen.
Das eine erkannte sie sofort. Es war von ihrer Großmutter. Sie packte es aus und hob ein hübsches schwarzes Kleid in die Höhe. Es war das Kleid, dass sie sich schon ewig gewünscht hatte. Samt und Chiffon trafen sich darin, durchwirkt von silbernen Fäden. Vorne wurde es geschnürt, wie eine Korsage. Die Ärmel waren zur Hälfte aus Chiffon, der Rest des Kleides aus Samt. Unter dem Rock befanden sich zwei Lagen feiner Tüll, um ihm den nötigen Stand und dir gewünschte Form zu geben. Er schwang wie eine Glocke hin und her. Sie hätte nie gedacht, dass sie es bekommen würde. Sie würde ihrer Großmutter eine Eule schreiben und ihr danken. Dann legte sie das Kleid auf die Seite. Sie würde dieses Kleid nur an ganz besonderen Tagen anziehen. Das zweite Geschenk war in schwarzes Geschenkpapier eingewickelt.
Sie sah Daphne an.
„Weißt du, von wem?“
„Nein, vielleicht steht was drin.“
Mina riss das Geschenkpapier ab. Drinnen lag wirklich ein Zettel. Die Schrift darauf war gestochen, scharf, leicht kursiv, klein und eng.
„Von wem ist das denn?“, fragte Daphne.
„Ich habe keine Ahnung.“, erwiderte Mina ehrlich.
Sie nahm den Zettel auf. Diese Schrift hatte sie noch nie gesehen. Dort standen folgende Worte:
Ich hoffe, dieses Geschenk nützt ein wenig, um weiter zu kommen. Lese es mit Verstand.
Fröhliche Weihnachten wünsche ich dir.
Ein Freund
Mina runzelte die Stirn: „Seltsam.“
„Los zeig, was ist das für ein Buch?“
Sie hob es hoch. Auf dem ledernen Umschlag stand nichts. Nur auf dem Buchrücken war ein verblasster Schriftzug. Sie bekam heute wirklich nur alte, wertvolle Dinge oder Süßigkeiten geschenkt.
Sie schlug es auf. Zaubertränke stand da einfach nur.
Sie zog die Augenbrauen hoch.
„Um was geht es?“
„Zaubertränke.“
Daphne lachte: „Vielleicht von Malfoy.“
„Ja, vielleicht.“
Aber Mina spürte, das der Gedanke, dass Malfoy ihr etwas schenken sollte, noch dazu ein Zaubertrankbuch, nicht richtig war.
Mina hatte noch nie in ihrem Leben ein solches Weihnachtsmahl verspeist. Selbst nicht zu Hause und da verausgabte Ibarela sich schon immer. Hundert fette gebratene Truthähne, Berge von Brat-und Pellkartoffeln, Platten voll niedlicher Cocktailwürstchen, Schüsseln voll Buttererbsen, Silberterrinen voll dicken, sahnigen Bratensafts und Preiselbeersauce – und, über den Tisch verteilt, stapelweise Zauber-Knallbonbons. Diese phantastischen Knallbonbons waren nichts gegen die schwächlichen der Muggel, mit dem kleinen Plastikspielkram und den knittrigen Papierhütchen, wie sie sie von Kindergeburtstagen und ähnlichen Veranstaltungen kannte. Sie zog mit Blaise an einem, und es knallte nicht nur, sondern es ging los wie eine Kanone und hüllte sie in eine Wolke blauen Rauchs, während aus dem Inneren mehrere weiße Mäuse und ein Admiralshut hervorkamen. Mina sammelte die Mäuse mit Hilfe eines Schockzaubers ein, die würde sie neben dem Hühnchen Eion schenken und Blaise nahm den Hut an sich. Drüben am Hohen Tisch hatte Dumbledore seinen spitzen Zauberhut gegen eine geblümte Pudelmütze getauscht und kicherte fröhlich über einen Witz, den Professor Flitwick ihm soeben erzählt hatte.
Dem Truthahn folgte farbenprächtiger Plumpudding, Percy Weasley biss sich fast die Zähne an einem Silbersickel aus, der in seiner Portion versteckt war. Mina hatte herzlich gelacht. Jeder unterhielt sich mit jedem, während sie alle an einem Tisch saßen und die Feindschaften unter den Häusern waren scheinbar vergessen.
Zusammen mit Harry beobachtete sie, wie Hagrid nach mehr Wein verlangte und sein Gesicht immer röter wurde, bis er schließlich Professor McGonagall auf die Wange küsste, die zum Erstaunen von Harry und Mina, unter ihrem leicht verrutschten Spitzhut errötete und anfing zu kichern. Mina und Harry waren darüber hinaus so sehr in Lachen verfallen, dass sie von der Bank fielen und sich den Bauch haltend auf dem Boden lagen.
Snape, der die ganze Szene stillschweigend beobachtete, ohne sich daran zu beteiligen, schmunzelte amüsiert.
Als Mina schließlich vom Tisch aufstand, war sie voll, überglücklich und kurz vorm Platzen. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie so viel gefrühstückt hatte. Bei dem Gedanken, noch mehr essen zu müssen, wurde ihr schon ganz schlecht. Sie verabredete sich mit den Anderen für die Schneeballschlacht draußen und eilte schnell in die Eulerei.
Eion saß auf seiner Stange und flog auf sie zu, als sie den Turm betrat. Zärtlich begrüßte sie ihn und dann gab sie ihm die Mäuse und das Hühnchen. Dankbar heulte er und setzte sich auf ihre Schulter. Sie lächelte, eilte schnell in den Schlafsaal, nahm ihren Wintermantel und eilte in Richtung Eingangshalle. Sie erreichte diese gerade, als jemand aus der Großen Halle kam.
Mit vom Gehen wehenden Umhang blieb er stehen. Ihre Blicke trafen sich. Schwarz traf Rot. Sie wich nicht aus.
„Einen schönen Uhu, haben Sie da, Miss Circeni“, sagte Snape ruhig.
Sie lächelte stolz: „Dankeschön.“
„Von wem?“
„Oh, ich bekam ihn von meinen Eltern. Als Eintrittsgeschenk sozusagen.“
Snape streckte die Hand aus und strich dem Uhu über das Gefieder. Eion kniff die Augen zusammen.
„Er scheint Sie zu mögen.“
„Das freut mich. Aber nun gehen Sie. Ihre Freunde warten.“
Der Zaubertranklehrer nickte ihr zu und ging den Gang hinunter. Mina drehte sich noch einmal um.
„Professor?!“
Er drehte sich um: „Ja?“
„Fröhliche Weihnachten.“
Er stutzte, lächelte kurz: „Fröhliche Weihnachten, Miss Circeni.“
Dann verschwand er. Mina grinste, schlüpfte in ihren Wintermantel und ging nach draußen.
Die Kinder verbrachten einen glücklichen Nachmittag mit einer wilden Schneeballschlacht draußen auf dem Schulgelände. Mit glühenden Wangen, verschwitzt und schwer atmend, kehrten sie schließlich lachend ins Schloss zurück und gingen in die jeweiligen Gemeinschaftsräume um sich umzuziehen und aufzuwärmen.
Nach dem Tee – es gab Brote mit kaltem Braten, Pfannkuchen, Biskuits und Weihnachtskuchen – fühlten sich endgültig alle vollgestopft und dem Erbrechen nahe (sogar Blaise schwor, nichts mehr essen zu können), und waren zu müde um vor dem Schlafengehen noch groß etwas anzufangen. Man verabschiedete sich bis zum nächsten Tag und ging in die Schlafsäle.
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