
Die Tage des Sommers flossen zäh dahin und in den Klassenzimmern, in denen sie ihre Arbeiten schrieben, war es schwül und heiß. Für die Prüfungen hatten sie neue, ganz besondere Federn bekommen, die mit einem Zauberspruch gegen Schummeln behext waren.
Es gab jedoch nicht nur theoretische, sondern auch praktische Prüfungen. Professor Flitwick rief sie nacheinander in sein Klassenzimmer und ließ sich zeigen, ob sie einen Ananas-Stepptanz auf seinem Schreibtisch hinlegen konnten. Mina verließ den Raum mit einem Strahlen und der vollen Punktzahl. Bei Professor McGonagall mussten sie eine Maus in eine Schnupftabakdose verwandeln – Punkte gab es, wenn es eine schöne Dose wurde, Punktabzug, wenn sie einen Schnurrbart hatte. Bei Mina tat sich gar nichts. Sie verließ den Raum mit Punktabzug, hängendem Kopf und Tränen in den Augen. Blaise und Daphne benötigten eine volle Stunde um sie zu beruhigen und zu trösten. Snape machte sie fast alle nervös; sie spürten seinen Atem im Nacken, während sie verzweifelt versuchten, sich an die Zutaten für den Vergesslichkeitstrank zu erinnern.
Mina verließ die Prüfung nach einer von zwei Stunden und strahlte über das ganze Gesicht. Sie hatte Snape ihre Phiole abgegeben, in aller Ruhe ihren Kessel und ihre restlichen Zutaten weggeräumt oder eingesteckt und war dann mit einem freundlichen Lächeln für Professor Snape und mit einem aufmunterndem Lächeln für die Schüler, die ihr verwundert hinterher sahen, aus dem Kerkerraum gegangen. Snape hatte ebenso verwundert geschaut, wie die Schüler. Dann besann er sich eines besseren und schnauzte die Schüler an, weiterzuarbeiten.
Die allerletzte Prüfung hatten sie in Geschichte der Zauberei. Eine Stunde lang mussten sie Fragen über schrullige alte Zauberer beantworten, die selbst umrührenden Kessel erfunden hatten, und dann hatten sie frei, eine ganze herrliche Woche lang, bis es Zeugnisse gab. Als der Geist von Professor Binns sie anwies, ihre Federkiele aus den Händen zu legen und ihre Pergamentblätter zusammenzurollen, ließ sich auch Harry von den Jubelschreien der Anderen mitreißen, obwohl er ganz sicher nicht in der Stimmung dazu war.
Während Mina, Daphne und Blaise sich im Strom der Schüler mitreißen ließen, der auf das sonnendurchflutete Schlossgelände hinauspilgerte, hörte Mina Hermine sagen: „Das war leichter als ich dachte. Die Benimmregeln für Werwölfe von 1637 und den Aufstand von Elfrich dem Eifrigen hätte ich gar nicht pauken müssen.“
Das ging noch ungefähr so weiter, bis Ron sie endlich bat, aufzuhören über die Prüfungen zu reden, weil ihm sonst schlecht würde.
Sie wanderten in Richtung See und nahmen schließlich unter einem schattigen Baum Platz, nicht weit entfernt von Harry, Ron und Hermine. Die Weasley-Zwillinge und Lee Jordan kitzelten die Tentakeln eines riesigen Tintenfischs, der sich im ufernahen warmen Wasser suhlte.
Mina streckte sich auf dem Gras aus: „Endlich keine Lernerei mehr.“
„Ach komm, gib es zu. Das Meiste hast du wahrscheinlich gar nicht gebraucht!“, neckte Blaise sie.
„Mag sein. Aber ich hatte mich sicherer gefühlt.“
„Wie war Zaubertränke eigentlich bei dir? Du warst so schnell weg …“
„Es war ganz prima. Ich war sogar ein wenig enttäuscht, dass Professor Snape einen so einfachen Trank genommen hatte.“
„Einfach? Ich hatte erst total vergessen, was ich wie und wann benötige. Und ich hatte nichts von dem Zeug getrunken!“, erwiderte Blaise und sah sie schockiert an.
Mina lachte hell auf: „Oh, Blaisey. Den hatten wir doch gestern Abend noch geübt.“
„Ja, aber Professor Snape hat mich total nervös gemacht.“
Mina setzte sich auf und zupfte einige Grashalme aus.
„Soll ich … mal fragen gehen, wie du abgeschnitten hast?“
„Das würdest du tun?“
„Ja.“
„Meinst du, er sagt es dir?“
„Ich weiß nicht … Aber man kann es ja mal versuchen.“
Einige Meter neben ihnen sprang Harry auf und rannte, gefolgt von Ron und Hermine, hinunter zu Hagrids Hütte, als wäre Du-weißt-schon-wer persönlich hinter ihm her.
Grundgütiger, was war denn in Potter gefahren? Hatten Punktverlust, Prüfungen und Sonne ihm so sehr zugesetzt, dass er jetzt vollkommen den Verstand verlor?
Mina zuckte die Schultern, stand auf und klopfte sich Erde vom Rock.
„Also ich geh dann mal, bis gleich.“
Blaise und Daphne sahen ihr verwundert hinterher.
„Ein seltsames Mädchen.“
„Ja, aber nett. Manchmal frage ich mich, was sie in Slytherin soll … Und dann, dann ist sie wieder so böse, dass ich denke, Slytherin ist doch sehr passend.“, erklärte Blaise.
Daphne nickte: „Der Sprechende Hut wird schon wissen, was er getan hat … Aber …“
„Aber was?“
„Nun, mir ist gerade aufgefallen, dass sie für ihr Alter doch schon sehr erwachsen ist.“
Blaise nickte: „Erwachsener als wir alle.“
Mina brauchte nicht lange um Professor Snape zu finden. Er kam gerade aus den Kerkern. Mina eilte auf ihn zu.
„Einen schönen Nachmittag“, sagte er sanft.
„Gleichfalls, Professor.“
„Was machen Sie denn hier drinnen. Ist Ihnen das Wetter nicht schön genug?“
„Doch doch, aber ich wollte Sie was fragen.“
„Sie? Von all meinen Schülern, hätte ich am wenigsten erwartet, dass ausgerechnet Sie …“
„Nein, nicht ich.“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich bin sozusagen nur stellvertretend hier.“
„Für wen, wenn ich fragen darf?“
„Blaise Zabini.“
Ein Lächeln lief über seine Lippen: „Mr Zabini?? Ja … Sein Trank war außergewöhnlich.“
„Also war er gut?“
„Nun nicht so perfekt wie ihrer, aber er war doch … gut. Wenn man bedenkt, unter welchem Zeitdruck, er hatte ja sehr spät angefangen, unser Mr Zabini, der Trank entstand, ist er gut. Ich denke, ich werde ihm die Hälfte der Punktzahl geben.“
„Die Hälfte!?“
„Ist das zu viel?“
„Ich weiß nicht, immerhin habe ich Blaises Trank nicht sehen können … aber ich denke, es ist doch mehr, als er zu denken wagt.“
„Nun, er war gut, aber verbesserungswürdig. Da ist die Hälfte schon ganz angebracht, denke ich.“
Mina strahlte über das ganze Gesicht. Dann verabschiedete sie sich eilig von Snape und rannte zu Blaise und Daphne zurück. Währenddessen hetzten Harry, Ron und Hermine immer noch wie vom Teufel gejagt, an ihr vorbei in das Schloss.
Jetzt hatten auf einmal drei einen Sonnenstich.
„Und?“, fragte Blaise als Mina zu ihnen kam und sich keuchend ins Gras fallen ließ.
„Er … war … zufrieden … er … war … gut, aber … verbesserungswürdig …“, keuchte sie.
„Und weiter?“
„Hälfte der Punktzahl.“
Blaise starrte sie an, als käme sie vom Mond.
„Ist das wahr?“
„Ja.“
Jetzt strahlte er. Der stets gut gelaunte Blaise kehrte zurück: „Na dann feiern wir doch. Wer von euch möchte ein Stück Schokolade?“
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