von Pensively
Kapitel 11 – Bad Men
Vor dem Mittagessen saĂź Hermine allein in der Bibliothek und grĂĽbelte vor sich hin.
Wieso Snape? Wieso ausgerechnet Snape? Musste sie denn immer in so einen Schlamassel hinein geraten. Da blieben die Katastrophen in die sie ständig zusammen mit Ron und Harry verwickelt war – man glaubt es kaum! – zum ersten Mal seit sie in Hogwarts war, aus, und sie musste sich Hals über Kopf in ihren Zaubertränkeprofessor verknallen. War sie denn noch ganz bei Trost? Erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, was sie da eigentlich zuletzt geträumt hatte. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Was fand sie an Snape? Er sah nicht einmal besonders gut aus, nein, da war irgendetwas anderes, das sie in seinen Bann zog. War es die Tatsache, dass er so viel erfahrener war als die Typen in ihrem Alter? Sehnte sie sich nach so etwas? Oder sie hatte einfach ihre Schwäche für Bad Boys – nein, Bad Men – entdeckt. Wie dem auch sei. Wie konnte es sein, dass sie ausgerechnet bei diesem Lehrer Extrastunden haben würde? Vorausgesetzt, sie schickte Dumbledore eine positive Rückmeldung. Sollte sie das tun? Noch am gestrigen Abend war sie sich so sicher gewesen. Das war kurz bevor sie eingeschlafen war und diesen Traum hatte. Diesen Traum mit diesem unglaublichen Mann. Mit diesem unglaublich intelligenten und erfahrenen Mann. Einem Mann, der so viel reifer war als –
„Hey Granger!“ Hermine sah auf. Cormac McLaggen steuerte geradewegs auf sie zu. Unwillkürlich stöhnte sie auf. Cormac, dem dies nicht entgangen war, da er jetzt unmittelbar vor dem Tisch stand, an dem sie saß, meinte: „Stöhnst du wegen mir? Find ich gut, wenn ich so was Süßes wie dich zum Stöhnen kriege.“ Hermine verdrehte die Augen. Wie konnte man nur so … so unglaublich … dafür gab es gar keinen Ausdruck! Sie versuchte angestrengt keine Mine zu verziehen und stattdessen den Umständen entsprechend höflich zu fragen: „Was willst du schon wieder?“
„Hey, hey … weshalb bist du immer so abweisend?“ Als Hermine keine Antwort gab, fuhr er fort: „Ich dachte mir, dass ich dich hier finden würde.“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Tatsächlich? Und was führt dich zu mir? Ich wüsste keinen Grund, warum wir miteinander reden sollten“, entgegnete Hermine genervt und erschreckte sich fast selbst vor ihrem Tonfall. Diese Sache mit Snape machte ihr offenbar wirklich zu schaffen. Doch Cormac ließ sich nicht einschüchtern. „Ich schon. Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, am Wochenende nach Hogsmeade zu gehen.“ „Kommt ganz drauf an, mit wem.“ „Scheinst wohl schlecht gelaunt zu sein. Ich lass dich mal besser alleine.“ Und er wandte sich tatsächlich ab und machte sich Richtung Bibliotheksausgang, wobei er skeptisch von Madame Pince beäugt wurde.
Das hätte Hermine nun wirklich nicht erwartet. Sie kannte Cormac als einen selbstüberzeugten Draufgänger, der sich von nichts und niemandem so leicht abwimmeln ließ. Mit einer Mischung aus Unsicherheit, Genugtuung und Bedauern sah sie ihm hinterher.
„Hey! Cormac!“, hörte sie sich rufen und Cormac blieb sofort stehen, fast so als hätte er genau darauf gewartet. Er drehte sich herum und Hermine glaubte ein selbstgefälliges Grinsen hinter seiner momentanen, aufgesetzten Maske zu erkennen. Fast bereute sie es, dass sie sich so leicht hatte hinreißen lassen. Doch da musste sie jetzt durch. „Komm doch noch mal hier hin“, rief sie zögernd. Das ließ er sich kein zweites Mal sagen. Er zog sich einen Stuhl heran, setzte sich und blickte Hermine erwartungsvoll an. „Wo gedächtest du denn hin zu gehen?“ Ein verführerisches Lächeln umspielte jetzt seine Lippen. „Nun, ich dachte, wir könnten zusammen etwas trinken gehen … in den Drei Besen vielleicht?“ Hermine versuchte sich vorzustellen, wie sie diese Zusammenkunft überleben sollte. Sie und Cormac an irgendeinem Tisch in den Drei Besen. Was hatte er wohl vor? Bestimmt sollte es nicht darauf hinaus laufen, dass sie sich nur nett unterhielten. Nein, dafür war er nicht der Typ. Cormac war jemand, der nicht unbedingt wenige Verehrerinnen hatte. Doch er schien sich Hermine ausgesucht zu haben und wenn sie genauer darüber nachdachte, schmeichelte sie das sogar, obwohl sie ihn schlicht für ein Arschloch hielt. Davon abgesehen hatte Hermine kein Interesse an ihm. In keiner Weise, nicht einmal an einem rein freundschaftlichen Verhältnis.
„Also gut. Wann?“ „Ich dachte, am frühen Samstagabend. So gegen halb sechs?“, fragte er. Hermine entging nicht der Blick, der auf ihrem Oberkörper haftete. „Aber nur, wenn du dir in Zukunft mehr Mühe gibst“, sagte sie schnippisch. Als sie seinen fragenden Blick bemerkte, fuhr Hermine fort: „Mehr Mühe, dein Gaffen in meinen Ausschnitt nicht ganz so offensichtlich zu zeigen. Kommt nicht so gut, Cormac.“ Überrascht blickte er sie an. „Dass du schlagfertig bist, wusste ich ja. Aber so …“ Ihr entging nicht der leichte Anflug von Anerkennung in seiner Stimme. Er willigte ein: „Geht klar. Also dann, Samstag um halb sechs. Im Gemeinschaftsraum?“ „Okay.“ Elegant erhob er sich, zwinkerte ihr frech zu und verließ die Bibliothek. Unwillkürlich streifte ihr Blick seinen Hintern. Sie musste zugeben, dass er ganz so schlecht wirklich nicht war – zumindest was sein Aussehen betraf. Das war ihr noch nie aufgefallen.
Nachdenklich kramte sie ein StĂĽck Pergament aus ihrer Tasche und griff zur Feder:
Sehr geehrter Professor Dumbledore,
verzeihen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. Ich brauchte einfach noch etwas Zeit, um mir die Sache durch den Kopf gehen zu lassen. Aber ich habe mich entschieden. Ich möchte das Angebot annehmen, vorausgesetzt, Professor Snape hat sein Einverständnis noch nicht zurückgezogen.
Ich danke Ihnen nochmals und erwarte Ihre Antwort,
Hermine Granger
„Hey Hermine!“, rief Ron ihr mit vollem Mund zu, als sie sich neben ihn auf die Bank setzte. Die Große Halle war bereits voll besetzt. „Wo bist du gewesen?“
„Würdest du das bitte lassen?“, fragte sie entnervt. „Was denn?“ Ron blickte sie unschuldig an. „Ich glaube, Hermine meint deine Essgewohnheiten“, erklärte Harry schmunzelnd. „Ja, so könnte man es nennen.“ Hermine verdrehte die Augen. „Okay, okay“, murmelte Ron, schluckte die letzten Bissen, die er noch im Mund hatte, hinunter und fragte erneut, diesmal mit vollkommen deutlicher und essgeräuschfreier Stimme: „Also. Wo warst du?“ Hermine hob amüsiert eine Augenbraue und antwortete: „In der Eulerei.“ „In der Eulerei?“, fragte Ron. „Hast du deinen Eltern geschrieben oder wieso?“ „Nein. Ich hab Dumbledore geschrieben.“
„Dumbledore?!“, fragten Harry und Ron wie aus einem Mund. Und während Hermine ihnen alles erzählte, unterbrach ihr rothaariger Freund sogar vorübergehend das Essen. Als sie fertig war, war sie dankbar darum. Andernfalls wäre wohl der gesamte Inhalt aus seinem jetzt offen stehenden Mund heraus gefallen. „Jetzt guckt nicht so blöd! Wo liegt das Problem?“ Ron sah sie immer noch entgeistert an und als er sich halbwegs gefangen hatte, sagte er: „Wir sprechen hier immerhin von Snape, Hermine! Ich meine, ich bin froh, wenn die Weihnachtsferien nächste Woche endlich anfangen, damit mein Nachsitzen beendet ist! Und du … du willst dich allen Ernstes freiwillig in seinen Kerker einbunkern lassen?“ Hermine sah aus dem Augenwinkel wie Harry, der ihnen gegenüber saß, zustimmen nickte, was ihre Stimmung nicht sonderlich hob. „Jetzt macht aber mal halblang! Erstens bunkert Professor Snape mich nicht ein, er unterrichtet mich freundlicherweise, um mir einen guten Start in mein Studium in einem Jahr zu ermöglichen und - “ „Hermine! Snape ist alles, aber bestimmt nicht freundlich!“, warf Ron ein. „Da steckt doch irgendwas hinter! Wetten, er hat nur vor, dir während dieses Extraunterrichts Extrapunkte abzuziehen, damit Gryffindor bloß nicht den Hauspokal gewinnt? Und das wird er extra machen!“ Harry fing an zu lachen und Hermine kochte vor Wut. „Professor Snape wird mir überhaupt nichts extra abziehen! Wenn er wirklich nur aufs Punkteabziehen aus wäre, dann hätte er allein bei dir in den gewöhnlichen Zaubertrankstunden genug Gelegenheiten, Ronald!“ Harry gluckste. „Wo sie Recht hat, hat sie Recht.“ Ron öffnete den Mund, hielt inne und schloss ihn wieder. Er griff zu einem Hähnchenschenkel, biss hinein und sagte: „Mach was du willst, Hermine. Aber heul dich anschließend nicht bei mir aus, wenn Snape gemein zu dir war!“ „Ron!“ „Was?“ Harry lachte: „Deine Essgewohnheiten.“ Ron verdrehte die Augen.
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