von One_of_the_Old
LXXXIII Familiengeheimnis?
Ginny und Harry betraten lächelnd und Händchen haltend den Salon. Überrascht sah Hermine vom Sofa zu ihnen auf. „Guten Mittag, ihr zwei”, begrüßte sie die Beiden mit einem vielsagenden Lächeln. Ginny ließ Harry los und ging eilig zu Hermine, um ihr um den Hals zu fallen. „Na? Was habt ihr angestellt, Gin?” „Wir? Wir sind doch immer artig”, antwortete sie Hermine mit einem strahlenden Lächeln und küsste sie sanft. Harry kam zu ihnen und auch von ihm bekam Hermine einen zärtlichen Kuss. „Guten Morgen, Hasi.” Harry setzte sich zwischen seine Mädels und sah zu einer grinsenden Hermine. „Wann bist du aufgestanden?” „Kurz, nachdem Laura aus dem Bad wieder zurück war, Harry.” „Hast du dich nicht gewundert, wo wir sind?” „Nö, Gin. Du warst ja nicht zu überhören.” Hermine zwinkerte ihr zu und Ginny lief knallrot an. „Nicolas und Laura?” „Sind mit Luna und Neville direkt nach dem Frühstück zum Einkaufen in die Winkelgasse. Die haben nix mitbekommen.” Ginny atmete erleichtert und ziemlich geräuschvoll aus. „Mein Bruder?” „Ist im Laden und Lavender ist bei ihrer Großmutter. Die Zwei wollen uns in den nächsten Tagen verlassen und Lavender plant mit ihrer Großmutter den Umzug in die Highlands.” „Pansy?”, fragte Harry nach. Hermine hob ihre Schultern. „Gute Frage. Ich habe sie heute noch nicht gesehen.” Er nickte langsam. Nachdenklich machte Harry sich daran, nach seiner Post der letzten Tage zu schauen. Er hatte bisher einfach nicht den Nerv dazu gehabt, sie durchzusehen. „Etwas Wichtiges dabei?”, fragte Ginny nach einer Weile neugierig. Harry schüttelte langsam seinen Kopf. „Das Übliche!”, gab er knapp zurück. Hermine zog ihre Stirn kraus. „Das heißt jetzt was?” „Einladungen, Kontoauszüge, Bettel- und Liebesbriefe”, zwinkerte Harry ihr zu. „Ach? Liebesbriefe sind also üblich bei dir?”, fragte Ginny entrüstet nach. „Einladungen?”, wollte Hermine wissen. Harry nickte und gab ihr die entsprechenden Briefe. „Der ist von Katerina und Elias!”, freute sie sich und las das edle Stück Pergament mit der aufwendigen Goldprägung. „Sie wollen am Samstag den ersten August heiraten.” Mit leuchtenden Augen sahen Ginny und Hermine zu Harry. „Unsere erste offizielle Einladung zu dritt!”, flüsterte Ginny.
Hermine strich ihr beruhigend übers Bein. „Wird schon nicht so schlimm werden, Süße. Ich freue mich schon riesig darauf.” „Ich eigentlich auch”, antwortete Ginny deutlich fröhlicher. Harry sah seine Mädels fragend an. „Braucht ihr dann noch was Neues zum Anziehen?” Beide schüttelten ihren Kopf. „Wir haben doch unsere Kleider, Harry.” „Außerdem sind unsere Kleiderschränke im Schloss prall gefüllt.”, antworteten seine beiden entschlossen. Harry lächelte über die Einigkeit der Beiden in diesem Punkt. Hermine sah auf den nächsten Brief. „Das ist eine Einladung zu Kingsleys Amtseinführung”, meinte sie überrascht. Harry nickte. „Ist am ersten Juli. Hat er mir schon am Freitag verklickert. Wir kriegen einen Orden angesteckt, meinte er.” „He? Warum so missmutig?”, fragte Ginny leise nach. „Ist doch nicht so schlimm, Harry.” Er hob seine Schultern und zog Ginny kurz zu sich heran, um ihr einen Kuss zu geben. „Vielleicht, Ginny. Wir werden sehen.” Hermine sah ihn misstrauisch an. „Was ist los?” Harry erzählte ihr und Ginny endlich von Kingsleys Befürchtungen, was ihre offiziellen Auftritte angeht. „Er meint also, wir werden bei so etwas zur Zielscheibe?” „Ja, Ginny. Solange der Attentäter nicht gefasst ist, ist das wohl der Fall.” „Na ja. Immerhin dürfte das im Ministerium wohl schwerfallen” Harry nickte langsam. „Stimmt, Mine! Und bei Katerina und Elias ist es ja eine private Feier.” Auch sie bekam einen Kuss. „Kommen wir also nun zur holden Weiblichkeit”, stellte Ginny genervt fest und sah auf einen der Packen mit Briefen, die noch auf dem Tisch lagen. „Harry?” Er drehte sich mit fragendem Blick zu Hermine „Darf ich mal?” Sie deutete schüchtern auf die Abrechnung des Vormonates von Gringotts, der schon leicht staubig aussah. Harry lächelte aufmunternd. „Klar, Mine! Einer muss ja ein Auge darauf haben. Für mich sind das eh alles böhmische Dörfer.” Hermine seufzte leise und öffnete kopfschüttelnd das ziemlich dicke Couvert. Sie überflog die Pergamentseiten und ihre Augen wurden immer größer. „Mine?”, fragte Ginny verständnisvoll schauend nach. „Alles OK mit dir, Süße?” Hermine schüttelte immer wieder ihren Kopf und starrte auf die einzelnen Seiten.
Mit fassungslosem Gesicht starrte sie irgendwann von der letzten Seite zu Harry und wieder auf das Pergament. „Weißt du eigentlich, wie viel von deinem Geld bisher in den Wiederaufbau der Schule geflossen ist?”, fragte sie gereizt nach. Harry hob seine Schultern, ging zum Sekretär und nahm den ersten Satz Unterlagen der Bank aus einer Schublade. „Rechnen kannst du ja”, gab er lapidar zurück und reichte ihr den Umschlag. Er selbst widmete sich, gemeinsam mit Ginny, seiner Fanpost. Sie amüsierten sich über die schwülstigen Formulierungen und machten sich einen Spaß daraus nach Rechtschreibfehlern zu suchen. Genervt raffte Hermine irgendwann die Papiere zusammen und verschwand. „Meine Güte!”, ärgerte sich Ginny leise. „Was hat sie nur?” Harry hob seine Schultern. „Ich weiß es nicht, Ginny. Minerva meinte die Reparaturen würden mich nicht allzu sehr belasten, als der Schulrat uns darüber befragt hat.” Er machte sich daran, seine Briefe zu beantworten. Ginny wachte mit Argusaugen darüber, dass er nicht allzu nette Worte für die Hexen verwendete, die Harry ihr Herz und noch einiges mehr schenken wollten. Zwei der Damen beschränkten sich sogar darauf, sich einfach nur von ihm schwängern lassen zu wollen. Wegen des frühzeitigen Erhalts der Blutlinie argumentierten sie und hatten zur Bekräftigung der Beschreibung ihrer körperlichen Vorzüge Aktaufnahmen beigelegt. Ginny warf diese direkt in den Kamin. „Hey? Und was ist, wenn ich die gern aufgehoben hätte?”, witzelte er mit einem Zwinkern. „Frag doch mal Lav-Lav, ob du das von ihr bekommst.” Ginny grinste diabolisch. Harry schüttelte langsam seinen Kopf. „Sie ist die Verlobte deines Bruders!”, gab er entrüstet zurück und widmete sich wieder dem Briefeschreiben. Nach einer Weile lehnte er sich lächelnd zurück und ließ sich von Ginny die Schultern massieren. „Oh ja! So ist es schön, meine kleine Rose”, seufzte er behaglich und legte seinen Hinterkopf gegen Ginnys Bauch, da sie hinter ihm stand.
„Was ist denn das da noch für ein Stapel?”, fragte sie leise nach. „Das sind die Bitten um Geld und diejenigen, die sich beschweren, nichts aus dem Fond erhalten zu haben. Was mich daran erinnert, dass ich heute ja noch zu Kingsley und ins St. Mungo muss.” „Wozu denn ins Krankenhaus?” „Ich habe der kleinen Sophie versprochen sie zu besuchen, Ginny.” „Lieb von dir.” Harry bekam einen Kuss und Ginny wuschelte durch seine Haare, als Hermine wieder den Salon betrat. „Na, Hasi? Hast du dich wieder beruhigt?” Hermine sah Harry beleidigt an und schnaufte unwillig. Sie ließ sich neben ihn fallen, schmiss die Papiere und eine Dokumentenmappe auf den Tisch und dirigierte Ginny mit der Hand auf ihre Knie. Harry ignorierend sah sie die Jüngere liebevoll an und legte ihre Arme um sie. „Weißt du eigentlich, dass wir, wenn wir diesen Hans guck in die Luft, nicht mehr am Hacken hätten, eine hervorragende Partie wären, Gin?” Harry lächelte über Ginnys ärgerliches Gesicht. „Wage es ja nicht, ihn auch nur schief anzusehen, Hermine!”, fuhr die Rothaarige auf. „Ich mach dich einen Kopf kürzer, wenn du Harry was antust.” Hermine lächelte entwaffnend und drückte Ginny etwas fester. „Sehr schön! Genau das, was ich hören wollte!” Sie küsste Ginny zärtlich. „Sorry Süße, aber ich musste sicher sein, dass mit dir wirklich wieder alles in Ordnung ist, bevor ich euch diesen Zahlenwust verklickere.” „Eigentlich müsste ich dir böse sein, dass du mir nicht direkt vertraust, aber nach dem, was ich in der letzten Zeit angestellt habe, kann ich dich verstehen, Mine.” Ginny kuschelte sich an Hermines Schulter und sah sie abwartend an. „Alsooo…”, begann Hermine. Ihr Vortrag ging über eine halbe Stunde. Sie hatte herausgefunden, dass Harry durch die diversen Verliese und Beteiligungen an Firmen über fast unbeschränkte Barmittel verfügte. Zumindest für die nächsten dreihundert Jahre, bei gleichbleibendem Verbrauch. Da aber nach Ausbau und Renovierung der Schule diese Posten wegfallen würden, schätzte sie grob, dass es noch viel länger reichen würde, wenn sie nicht arbeiten würden. Neben Harrys Beteiligung an Georges Laden gingen Pachtzahlungen von diversen Läden aus der Winkelgasse im Verlies seiner Eltern ein.
„Die sind aber eigentlich nicht der Rede wert. Man merkt, dass die Familie deines Vaters eine sehr soziale Ader hatte”, stellte sie lächelnd fest. „Meist sind es vom Umsatz abhängige Zahlungen im Bereich zwischen ein und fünf Prozent. Das tut wirklich niemandem weh, Harry.” Der nickte zufrieden „Woher kennst du die Verträge, Mine?” „Ich habe Winky in das Verlies deiner Eltern geschickt und mir dies hier …” Sie zeigte auf die Dokumentenmappe. „… herbringen lassen. In dieser Mappe sind außer der Pachtverträge auch noch weitere, für uns sehr interessante Urkunden und Unterlagen.” Missbilligend sah Hermine zu Harry. „Du hättest dir die Liste echt mal genauer ansehen können, Harry.” Der machte eine beschwichtigende Handbewegung. „Ich hatte deutlich Wichtigeres zu tun, Mine.” Hermine schüttelte ihren Kopf und bat Ginny die Mappe vom Tisch zu nehmen und zu öffnen. „Hältst du sie? Dann erkläre ich euch die Dokumente.” Ginny nickte und Hermine erläuterte den Beiden nach und nach den Inhalt und dessen Bedeutung für Harry, bis der sie lachend unterbrach. „Stopp, Mine! Mir ist ja schon ganz schwindelig.” Zärtlich küsste er ihre Wange, auf der sich vor Aufregung rote Flecken gebildet hatten. „Immer langsam, Schatz. Um Geld brauchen wir uns also nicht zu sorgen?” Hermine schüttelte breit grinsend ihren Kopf. „Außerdem bin ich mit der halben englischen Zaubererschaft irgendwie verwandt oder verschwägert und ich bin Mitglied in diversen magischen Zirkeln und Gemeinschaften, wie dem Merlinorden, dessen höchste Auszeichnung ich wohl demnächst erhalten werde?” „Genau!”, strahlte Hermine. „Dann habe ich auch noch das Anrecht drei Sitze im Gamot zu beanspruchen und ich gehöre zu der Gruppe derer, die den Minister wählen.” Hermine nickte erneut. „Oh Mann! So viel zu meiner Freizeit.” Missmutig schauend ließ Harry sich gegen die Sofalehne fallen. „Kommt da noch etwas?” „Nur noch eine Kleinigkeit.” Hermine bekam sich fast nicht unter Kontrolle vor Aufregung. Sie hielt ein unbeschriebenes Blatt Pergament in der Hand, das leicht zitterte.
Ginny sah sie neugierig an. „Was ist das? Warum bist du so aufgeregt?” Sie legte ihre Hand sanft über Hermines Herz. „Merlin, Süße! Du kriegst ja gleich einen Herzkasper!” Beunruhigt schauend griff Harry nach dem Pergament und Ginny setzte sich rittlings auf Hermines Knie. Hermine schluckte ein paarmal, weil ihr Hals vor Aufregung ganz trocken war. Ihr Atem ging schnell und ihre Lider flatterten unruhig. Ginny streichelte sanft über Hals und Wangen ihrer Freundin, bevor sie Hermine fest in die Arme nahm und zärtlich küsste. „Bitte komm wieder runter, Mine. Du machst mir Angst”, wisperte sie der zitternden Hermine zu. „Die brauchst du nicht zu haben”, flüsterte diese zurück. Hermine hielt Ginnys Kopf sanft fest. Erneut trafen sich ihre Lippen. „Danke!” Hermine erwiderte Ginnys Umarmung und beide sahen zu Harry, der sie lächelnd ansah, während er seine Arme um beide legte. „Verrätst du uns, warum du so aufgeregt bist, Mine?” „Ich habe etwas schier Unglaubliches herausgefunden, Harry.” Hermine seufzte leise. „Und das nur durch einen dummen Zufall. Aber jetzt, wo ich es weiß, verstehe ich endlich.” Nun war es Harry, der Hermine beruhigend über die Wange streichelte. „Bitte erzähl doch endlich.” Hermine räusperte sich. „Rufst du bitte den Brief deiner Mutter zu dir?” „Warum?” „Bitte, Schatz!”, drängelte Hermine. Harry streckte seine flache Hand aus und der Brief erschien darauf. „Lies ihn!” Harry entfaltete das Pergament und las erneut die Zeilen seiner Mutter. „Was meinst du, Mine?” „Schau dir ihre Worte bitte einmal ganz genau an.” Harry sah verwirrt drein. Ginny jedoch machte große Augen. „Die Worte Schlüssel, Familie und Schatz sind in Großbuchstaben geschrieben”, stellte sie überrascht fest. „Ich bin davon ausgegangen, dass sie diese Begriffe betonen wollte, weil sie ihr wichtig sind”, erklärte Harry. „Ein Hinweis für mich, dass eine Familie wichtiger ist, als alles Gold der Welt.” „Das dachte ich auch, als ich ihn gelesen habe”, bestätigte Ginny ihnen. „Deshalb war ich auch so komisch, nachdem ich den Brief gelesen hatte.” Harry erinnerte sich an Ginnys ängstliche Reaktion und die darauffolgenden unruhigen Stunden während der Nacht.
Hermine nickte langsam. „Ich auch. Aber sie haben noch eine andere Bedeutung.” Hermine nahm Ginny zwinkernd ihre Kette ab. „Mine? Warum ...” „Keine Sorge, Gin. Du bekommst sie gleich wieder zurück. Hermine hielt den Gryffindorlöwen gegen den Brief in Harrys Händen. Er leuchtete golden und die Worte auf dem Blatt veränderten sich.
Lieber Harry, liebste Schwiegertochter.
Wenn ihr diese Zeilen entziffern könnt, hast du, Harryschatz, die Hexe fürs Leben gefunden und das Erbe deiner Ahnen angetreten. Erst nach der Überprüfung durch den Geheimniswahrer der Familie erhält die Kette die Macht euch das zu offenbaren, was der größte SCHATZ der FAMILIE ist. Erst dann wird sie zum alles offenbarenden SCHLÜSSEL. Steigt in unser Verlies und sucht nach der Dokumentenmappe mit den Verträgen. Darin findet ihr einen besonderen Bogen Pergament. Er ist sehr alt und weist euch den Weg. Hütet dieses Geheimnis vor allen und jedem, denn auch Freunde, können zu Feinden werden.
Eure Lily und James
Hermine legte Ginny ihre Kette wieder um und gab ihr einen Kuss. „Na? Was sagt ihr dazu?” Ihre Augen strahlten und auf ihren Wangen erschienen wieder rote Flecken vor Aufregung. Harry starrte stumm auf den Brief seiner Mutter, der sein vorheriges Aussehen wieder angenommen hatte. Ginny tippte ihn sanft an. „Gibst du mir bitte das Pergament, das Mine in der Hand hatte, als sie hereinkam?” Harry nickte langsam und reichte ihr das Blatt. Er sah fragend zu Hermine. Die nahm nun ihre eigene Kette ab und hielt den Löwenanhänger gegen das Pergament in Ginnys Hand. Wieder leuchtete das Papier auf und eine alte Seekarte wurde sichtbar. „Wie hast du das herausgefunden?”, fragte Harry leise nach. „Ich habe mich beim Lesen nach vorn gebeugt und der Anhänger ist gegen das Pergament gekommen, Harry. Da es augenscheinlich unbeschrieben war, bin ich davon ausgegangen, dass es ein Schutz- oder Trennblatt war, das irgendwo dazwischen gehörte. Ich war gerade auf der Suche nach der richtigen Stelle.” „Kannst du erkennen, wo das ist?” Hermine schüttelte ihren Kopf. „Nein, Gin. Ich weiß nur, dass hier wahrscheinlich Norden ist.” Sie tippte auf die obere schmale Seite des Blattes. Harry nickte langsam. „So, wie die Schrift über die Seite verläuft, schätze ich das auch Mal. Bei Karten ist oben immer Norden.” „Oh! Doch was in Geografie hängen geblieben?”, neckte Hermine ihn grinsend. „Ein wenig”, gab Harry lächelnd zurück. Inzwischen schien das Bild der Karte vollständig zu sein. Hermine zog ihre Stirn kraus. „OK! Leider gilt diese Regel wohl nur für modernere Karten. Siehst du das da? Der Pfeil deutet nach links und ist mit einem 'N' gekennzeichnet.” Hermine drehte das Blatt ins Querformat, so dass die Pfeilspitze nach oben deutete. Ginny zeigte auf die Schriftzeichen, die rund um das verzeichnete Eiland verliefen. „Mann sind die verschnörkelt! Die kann man ja kaum lesen.” „Das bedeutet Insula Avalonis, Gin. Hab es in der Küche schon entziffert.” „Gut und schön”, meinte Harry die Stirn runzelnd. Aber was haben wir und vor allem diese Karte damit zu tun, dass du vor lauter Aufregung kurz vor einem Kollaps stehst?” Hermine verdrehte ihre Augen. „Das ist Latein du Schnellmerker! In unserer Sprache heißt das so viel wie: Die Insel Avalon.”
Hermine strahlte über das ganze Gesicht. „Die wichtigste Insel der Zauberergemeinschaft in ganz Britannien und deine Familie weiß, so wie es aussieht, wo sie liegt.” Sie küsste Harrys krause Stirn und freute sich wie ein kleines Kind. Auch Ginny war inzwischen von Hermines Euphorie angesteckt worden. Mit kugelrunden Augen und rosigen Wangen starrten die Mädchen auf das Pergament und drehten es immer wieder in die verschiedensten Richtungen, um die schriftlichen Vermerke zu entziffern. Harry hatte ein ganz dummes Gefühl bei diesem Fund. Irgendwas in ihm nährte den Zweifel daran, dass es eine gute Idee wäre, sich mit diesem Problem mehr zu befassen, als es einfach nur zur Kenntnis zu nehmen und ab zu haken. 'Immerhin soll ich es ja auf jeden Fall geheim halten. Oh Mann!' Er erhob sich langsam, holte das Bild seiner Eltern zu ihnen auf den Couchtisch und lehnte es gegen eine Vase, die darauf stand. Die vier Personen auf dem Bild und seine Mädels, die wieder nebeneinander saßen, sahen Harry überrascht an. „Habt ihr mitbekommen, worüber wir gesprochen haben?”, begann er leise. Alle auf dem Bild schüttelten den Kopf. Harry nickte bedächtig. „Mine hat durch Zufall etwas heraus gefunden, Dad. Etwas, dass mit deinem Brief und unserer Familie zu tun hat, Mum.” Harry nahm den Mädchen das Pergament aus der Hand und hielt es vor das Bild. Seine Eltern warfen sich einen vieldeutigen Blick zu, während die Karte wieder verschwand. Sein Vater trat vor und kratzte sich verlegen am Kopf. Er sah zu Ginny und Hermine. „Nehmt es mir bitte nicht übel, aber im Moment darf ich euch dazu noch nichts sagen. Es ist nämlich so, dass das, was ihr wegen Ginny gemacht habt, erst nach der Hochzeit und eigentlich auch erst nach Ablegen des Eheschwures geschehen sollte.” Harrys Mädels sahen drein, wie begossene Pudel. Lily kam zu ihrem Mann. „Nun schaut doch nicht so traurig, Mädchen. Nach der Hochzeit erfahrt ihr es ja.” Ginny und Hermine stiegen nun endgültig die Tränen in die Augen. Sie nahmen sich gegenseitig in den Arm und schnieften leise vor sich hin.
Erschrocken sah Lily zu ihnen hinüber. „Habe ich etwas Falsches gesagt?”, fragte sie und sah dabei zu Harry. Der nickte und setzte sich vorsichtig zwischen seine Mädchen, um sie zu trösten. Verdattert sah Lily nun zu James. „Was habe ich denn Schlimmes gesagt?”, flüsterte sie ihm zu. „Du hast nicht daran gedacht, dass sie nicht zu zweit sind, Schatz.” Lily nickte verstehend. „So, wie ich meinen Sohn einschätze, heiratet er entweder beide oder keine.” „Das ehrt ihn zwar, stellt uns aber vor ein großes Problem, Lily.” „Meinst du nicht, dass wir vielleicht doch? Immerhin hat der Greif keine Bedenken gehabt.” James schüttelte seinen Kopf. „Nicht heute, Lily. Lass noch ein wenig Zeit verstreichen. Noch sind sie mit anderen Dingen vollauf beschäftigt.” Harrys Eltern zogen sich auf das Sofa vor ihren Kamin zurück und beobachteten aus dem Bild heraus, wie sich Harry liebevoll um Ginny und Hermine kümmerte. Sirius sah die Beiden neugierig an. Remus jedoch sah fasziniert zu den Dreien auf dem Sofa im Salon. „Harry ist einfach unglaublich”, flüsterte er hörbar. „Was meinst du?”, wollte Peter mit seiner komisch quietschig- quäkigen Stimme wissen. Neidvoll und begehrlich starrte er zu den Mädchen. „Ein kleiner Kuss, ein paar liebe Worte und schon lächeln sie wieder.” „Ich denke, er beeinflusst sie irgendwie mit Magie”, gab Peter zurück. „Und ich denke, du wärst ein netter Mitternachtshappen für Moony, beim nächsten Vollmond!” Erschrocken sah Peter in Sirius zornfunkelnde Augen. „Und hör auf die Mädchen so an zu sabbern!” Peter sah böse zurück. „Das sagt gerade der...” Sirius Hand schnellte hervor und griff nach Peters Kragen. Mühelos hob er den viel Kleineren zu sich hoch. „Halt einfach deine Klappe und deine Augen in Zaum, du miese kleine Ratte!” Er öffnete seine Faust und Peter plumpste zu Boden. „Tatze!”, fuhr Lily ihn an. „Nur eine kleine Erinnerung, Lily. Nur ein freundschaftlicher Rat.” Harrys Mum sah seinen Paten mit einem vernichtenden Blick an. James sah fragend zu Remus, der aber nur seine Schultern hob.
„Na, meine Schönen? geht's wieder?”, fragte Harry sanft. Beide nickten zaghaft, lächelten aber leicht. Hermine stand auf, trug das Bild seiner Eltern wieder zurück und hängte es an seinen Platz. „Hermine?” „Ja, Lily?” „Tut uns wirklich leid.” „Schon gut! Ihr habt ja recht. Außerdem müssen Ginny und ich uns daran gewöhnen, dass nicht alles und jeder so einfach über unsere Situation hinweg sieht. Es gibt halt Regeln und die setzen uns eben auch mal Grenzen, die nicht so leicht zu verdauen sind.” Stolz sah Lily sie an. „Albus hat recht! Ihr schafft das schon irgendwie.” Beide lächelten sich zu und Hermine ging wieder zu Harry und Ginny. Hermine sortierte die Papiere wieder in die Mappe und hielt diese im Arm. „Was schaust du mich so an, Harry?” „Nichts, Mine. Ich hatte nur eben das Gefühl, dass …” Ein lauter Knall unterbrach ihn. Die Drei starrten sich an. Ein erstickter Angstschrei ließ Harry aufspringen. Als er durch die Tür zur Eingangshalle sah, erkannte er Pansys Umhang. Sie hatte sich schützend über einen Körper geworfen, als der Schutzzauber ausgelöst wurde. Dumbledores verzerrte und anklagend schauende Gestalt zerbarst gerade in einer Staubwolke. Harry kniete sich neben das wimmernde Mädchen. „Bitte! Ich habe mich geändert!”, flüsterte sie immer wieder „Ich weiß, Pans.” Harrys beruhigende Stimme ließ sie aufsehen. „Mum braucht Hilfe!” Hermine half Pansy auf. „Lass mich mal nachschauen. Gin? Du hilfst mir bitte und du Harry verschwindest mit ihr von hier.” „Aber meine Mum…”, begehrte Pansy auf. Hermines Blick brachte sie zum Schweigen. „Harry!”, fuhr Hermine ihn an. „Haut endlich ab!” Harry stand auf und zog Pansy von ihrer leblosen Mutter weg. „Komm mit, Pans! Wir gehen in den Salon. Dann brauchen sie uns nur zu rufen, wenn was ist.” Hermine wartete, bis Harry durch die Tür war, und schnitt mit dem Zauberstab die blutverschmierte Kleidung auf. „Verdammte Scheiße! Sie blutet wie ein Schwein”, fluchte Hermine leise aber deutlich vor sich hin. „Mine? Was soll ich tun?” Hermine schaute gar nicht auf, als sie Ginny Anweisungen entgegen bellte, was sie zu tun oder, was Winky zu besorgen hätte, nachdem sie die Elfe zu sich gerufen hatte. Sie arbeitete völlig mechanisch und hochkonzentriert daran, Pansys Mum die Chance zu verschaffen vielleicht doch noch lebend ins Krankenhaus zu gelangen.
„Ausziehen!”, kommandierte Harry, nachdem er die Tür vom Salon angelehnt hatte. Geschockt starrte Pansy ihn einfach nur an. Harry griff nach ihrer Schulter und schüttelte sie ordentlich. „Raus aus den Klamotten!”, befahl er erneut. Diesmal deutlich energischer. Pansy nickte unmerklich und zog sich langsam die besudelte Kleidung vom Körper. Harry rief währenddessen Tommy und Tammy zu sich. „Tommy? Du gehst bitte ins Ministerium und holst jemanden von der magischen Polizeibrigade hierher. Sag ihnen, es wäre dringend.” Der Elf verneigte sich und verschwand. Harry wandte sich Tammy zu. „Du bringst mir bitte eine Schale mit Wasser und frische Kleidung für Pansy. Diese Sachen, versucht ihr bitte wieder sauber zu bekommen.” Tammy verneigte sich und ging, nachdem sie Pansys Kleidung zusammengeklaubt hatte, hinaus. Winky kam mit der Waschschale und einer dicken Decke zu Harry. „Tammy bringt gleich die Kleider”, piepste die Elfe diensteifrig. Harry griff nach dem Waschlappen und tauchte ihn ins Wasser. „Das ist ja fast kalt”, monierte er. „Für Miss Parkinson ist es besser so”, antwortete Winky vorsichtig. Harry nickte und drehte sich herum. Pansy stand nur mit Strümpfen bekleidet vor dem brennenden Kamin und zitterte leicht. Ihr Blick war starr auf Harry gerichtet. Als er sie mit dem Waschlappen berührte, um sie von dem inzwischen weitestgehend geronnenen Blut zu befreien, zuckte sie kurz zurück. „Sorry, Pans. Ich dachte du hättest mitbekommen, dass es fast kaltes Wasser ist”, entschuldigte sich Harry leise und wusch sie ab. Die gereinigten Körperstellen suchte er direkt nach Verletzungen ab. Erleichtert stellte er fest, dass Pansy nur leichte Abschürfungen an Armen und Händen und am Körper diverse blaue Flecke davongetragen hatte. Er legte ihr die Decke um und fachte das Feuer stärker an. Danach setzte er sich mit ihr auf den Knien in einen Sessel direkt vor den Kamin und hielt sie leicht im Arm.
Stocksteif saß sie da und starrte in die Flammen. Pansy schluckte trocken, bevor sie zu sprechen versuchte, schwieg dann aber doch. „Wo du gewesen bist, brauche ich dich wohl nicht zu fragen”, begann Harry mit ruhiger Stimme zu sprechen. „Du warst bei dir zu Hause und bist deinem Vater begegnet.” Pansy nickte und lehnte sich vorsichtig an Harry. „Er hätte gar nicht da sein dürfen”, krächzte sie heiser. „Mum ...” Pansys besorgter Blick flog zur angelehnten Salontür und danach wieder zum Kamin. „Mum und ich haben in der Küche gesessen und geredet, als er plötzlich in der Tür stand. Er hat sofort angefangen herum zu brüllen und sich ein Messer gegriffen. So ein großes, zum Braten schneiden aus dem Messerblock auf der Arbeitsplatte vom Küchenschrank. Der steht da, seit ich denken kann, weißt du?” Pansy fing stärker an, zu zittern. „Ich kenne die Dinger, Pans.” „Natürlich tust du das. Was plapper ich hier nur für einen Mist?” „Schon gut, Pans. Erzähl einfach weiter.” Beruhigend streichelte Harry über Pansys Kopf. „Jedenfalls ist er damit direkt auf mich zu, um… Mum ist aufgesprungen …” Sie brach in Tränen aus und drückte sich fest an Harry. Ihr Gesicht in seine Schulter gepresst, löste sich der Schock, den sie erlitten hatte, in Tränen auf. Beruhigend sprach Harry auf sie ein, bis sich Pansy wieder etwas im Griff hatte. Gerade als sie weitersprechen wollte, kam Ginny weiß wie eine Wand und wütend schauend durch die Tür herein. „Harry?!”, brachte sie mühsam beherrscht heraus. Pansy sprang direkt auf und machte zwei Schritte von Harry weg. „Es ist nichts …” Sie hob abwehrend ihre Hände und die verrutschende Decke gewährte tiefe Einblicke auf ihren nackten Körper. Irritiert sah Ginny sie an und brach in schallendes Gelächter aus. „Vergiss es, Pansy!” Sie kam zu Harry und zog ihn vom Sessel hoch. „Kommst du bitte mal? Wir haben da draußen ein kleines Probl…” Weiter kam Ginny nicht. Hinter ihr tauchte ein dürrer junger Mann mit stechenden Augen und kurz geschorenen Haaren auf. Er trug den Umhang der magischen Polizeibrigade. Hinter ihm kam Tammy mit der frischen Kleidung für Pansy in den Salon. „Aha!”, stieß er giftig hervor. „Wusste ich es doch, dass sie mal wieder etwas vertuschen wollen.” Er deutete mit anklagendem Blick auf den Kleiderstapel auf Winkys Armen. „Haben wohl schon die Spuren beseitigt?” Sein Blick fiel auf die Waschschale, deren Inhalt jetzt blutrot war. „Dann gehe ich wohl recht in der Annahme, dass das dort die Täterin ist?” Er deutete auf Pansy, die den Mann fassungslos anstarrte. „Ich? Ich habe nichts…” „Das sagen alle!”, schnitt der Mann ihr das Wort ab und griff direkt in die Flohpulverschale auf dem Kaminsims. Mit der anderen packte er Pansy bei der Hand, was die Decke komplett verrutschen ließ und warf schon das Flohpulver in den Kamin, als Harry einschritt.
„Was glauben sie eigentlich, was sie gerade tun?”, fragte er gefährlich leise nach. „Ich nehme die da, wegen versuchten Mordes an ihrer Mutter fest. Ihr Hauself sagte das”, erwiderte der Mann ungerührt und sehr von sich überzeugt. „Tommy!”, brüllte Harry los. Ginny machte vor Schreck einen Satz nach hinten und Pansy wurde kreidebleich und tastete vorsichtig nach der Wolldecke auf dem Boden. Der Elf erschien und verneigte sich. „Hat Tommy etwas falsch gemacht?” „Was hast du genau zu diesem Herrn gesagt?” „Tommy hat ihn gebeten, in den Grimmauldplatz mitzukommen. Tommy hat ihm gesagt, dass Mrs Parkinson schwer verletzt wurde und es darum ginge, den Täter dingfest zu machen.” Harry zwang sich zu einem freundlichen Lächeln. „Danke, Tommy. Alles in Ordnung. Du kannst gehen.” Der Elf verschwand wieder, genau wie Harrys Lächeln. „Loslassen!” „Den Teufel werde ich …” Harry schlug gegen den Arm des Mannes, mit dem er Pansy am Weglaufen hinderte, und hielt ihn daran fest. „Hey! Was fällt …” Harry ignorierte ihn. „Ginny? Kümmere dich bitte um Pansy und wenn ihr mit ihrer Mutter so weit seid, dann bringt sie bitte ins Mungo. Ich komme dann nach”, würgte er den Einwand des Polizisten ab. Harry verschwand und landete im Atrium des Ministeriums. Er schleifte den zeternden und sich sträubenden Mann unter den teilweise fassungslosen teilweise hämischen Blicken der Anwesenden Zauberer und Hexen quer durch die gut besuchte Halle direkt zu den Fahrstühlen. Harry zerrte den Polizisten danach durch das entsprechende Stockwerk zum Büro seines Vorgesetzten. Dort angekommen stieß er die Tür kräftig auf, ignorierte die Vorzimmerdame und betrat direkt das Büro des Leiters der magischen Polizeibrigade. Der eigentlich recht gemütlich aussehende Endfünfziger mit Kurzhaarschnitt und Schnauzer sah ihn wütend an. „Was fällt ihnen ein, hier so hereinzuplatzen?”, fuhr er auf. „Was fällt ihnen ein, mir so einen inkompetenten Idioten ins Haus zu schicken?”, konterte Harry barsch. Der Mann stutze. „Sie sind?” „Harry Potter! Sieht man das nicht?” Dem Leiter der magischen Polizeibrigade entwich etwas die Farbe aus dem Gesicht. „Doch natürlich, Sir. Ich habe nur im ersten Moment nicht genau hingesehen.” „Scheint in ihrer Abteilung ein weitverbreitetes Problem zu sein.” „Bitte?”
Der Blick des Mannes fiel auf seinen Untergebenen. „Es war alles klar, Chef! Das Opfer lag in der Eingangshalle und Mr Potter kümmerte sich wieder einmal um die Täterin. Er hat diesmal sogar Beweismittel vernichtet, um sie zu schützen.” Der Leiter der Polizeibrigade sah aus, als würde er gleich platzen. „Sie sollten Aussagen aufnehmen und nicht die komplette Abteilung vor dem Ministerium blamieren!”, schrie er aufgebracht. „Aber sie sagten doch, ich solle das klären!” „Ja! Genau das sagte ich. Die Umstände klären, wie es sein kann, dass Mrs Parkinson schwer verletzt in der Eingangshalle des Grimmauldplatz Nummer zwölf liegt!” Der schnauzbärtige Mann presste die Hände vors Gesicht und schüttelte seinen Kopf. „Mann! Was soll ich nur mit ihnen machen?” Der Polizist hob die Schultern. „Raus hier und tun sie endlich ihren Job!”, zischte sein Chef leise. Er nahm die Hände vom Gesicht und sah unbehaglich zu Harry. „Ich gehe davon aus, dass sie mit ihm durchs Atrium gekommen sind?” „Apparieren geht ja leider nicht mehr. Außerdem war ihr Mitarbeiter auch nicht gerade diskret, was Mrs Parkinsons siebzehnjährige Tochter angeht. Wäre ich nicht eingeschritten, wäre Miss Parkinson wohl nur in Kniestrümpfen hier erschienen.” Der Mann sah Harry peinlich berührt an und reichte ihm seine Hand. „Mein Name ist Summers. Bob Summers. Ich leite diesen Haufen.” Harry nahm seine Hand und schüttelte sie kräftig. „Was zu trinken, Mr Potter?” „Für einen Tee hätte ich schon noch Zeit, glaube ich.” Der Mann lächelte verlegen, als er kurz im Vorzimmer verschwand. Nachdem er mit dem Tee zurück war, setzte er sich Harry gegenüber an seinen Schreibtisch und stopfte nachdenklich seine Pfeife. „Unterbesetzt, unterbezahlt und unterbelichtet!”, seufzte er leise. „Wie meinen?”, fragte Harry leise nach. Bob Summers sah Harry schmerzlich lächelnd an. „Unter dieser Schlagzeile hat der Tagesprophet mal über unsere Arbeit berichtet. Zu diesem Zeitpunkt war das eine Frechheit, aber jetzt wo gute Männer knapp sind, trifft es dummerweise genau den Punkt.” Er paffte ein paar Ringe in die Luft und sah ihnen versonnen hinterher. „Kingsley hat es gut. Seine Auroren bekommen das bessere Gehalt und haben gerade zu dieser Zeit das höhere Ansehen. Mir bleiben nur die, die sich durch ihren Eifer auszeichnen. Was dabei manchmal passiert, haben sie ja erlebt.”
Harry nickte langsam. „Warum nehmen sie nicht auch die Leute zu sich, die die Eignung zum Auror nur knapp verpasst haben?” „Vorschrift! Entweder Ausbildung zum Auror bestehen oder raus. Also kommen von vornherein nur die zur Polizeibrigade, die eh nicht zum Auror taugen. Wer will schon zweimal drei Jahre mit einem Ausbildungsgehalt über die Runden kommen?” „Vorschriften lassen sich aber ändern.” Überrascht sah Summers zu Harry. „Die Idee gefällt mir. Aber was wird Kingsley dazu sagen?” „Fragen wir ihn doch einfach! Immerhin steckt das Ministerium ja so oder so Zeit und Geld in die Ausbildung.” Sie tranken ihre Tassen leer und gingen gemeinsam zu Kingsleys Büro. Überrascht sah Eve sie an. „Harry! Mr Summers?” „Hi, Eve! Ist Kingsley da?” „Ich frag kurz, ob er Zeit für dich hat.” „Danke!” „Kennen sie die junge Dame?”, fragte Bob zwinkernd nach. „Sie war mit der Mutter meines Patenkindes befreundet. Nymphadora Lupin. Sie kennen sie wahrscheinlich unter Tonks.” „Oh!” Das anzügliche Grinsen des Mannes verschwand sofort. Er räusperte sich und sah verlegen drein, als Eve sie zu Kingsley herein bat. Shacklebolt kam lächelnd hinter seinem Schreibtisch hervor und reichte beiden die Hand. „Bob, Harry! Was kann ich denn für euch tun?” Die Männer setzten sich in die kleine Sitzgruppe. „Was war denn bei euch wieder los?”, fragte Kingsley, nachdem sich Harry gesetzt hatte. „Der Flurfunk funktioniert offensichtlich. Pansy hat ihre Mum besucht.” Kingsley lachte leise. „Ein Verwandtenbesuch, der die Polizei auf den Plan ruft? Das kann auch nur euch passieren.” Harry hob verlegen grinsend seine Schultern und Kingsley sah zu Bob Summers. „Und du? Du schickst ausgerechnet deinen besten Mann zu Harry? Wolltest ihn wohl los werden, Bob?” „Er sollte nur ein paar Fragen stellen, Kingsley.” „Aber er hat es wiedermal total vermasselt in seinem Übereifer.” „Er ist kein schlechter Junge, Kingsley.” Shacklebolt lächelte vielsagend. „Du musst es ja wissen, Bob. Immerhin ist er dein Neffe.”
Summers lief unter Kingsleys amüsiertem Blick rosa an. „Er hat aber wie jeder andere auch seine Prüfung abgelegt!”, stellte der Leiter der magischen Polizeibrigade klar. Kingsley wandte sich Harry zu. „Scheinst meine Worte ja zu beherzigen.” Harry nickte langsam. „Ich habe erst eingegriffen, als der Blödmann Pansy halbnackt durch den Kamin zerren wollte.” „Warum hatte sie nichts an?” „Ich habe das Blut ihrer Mutter von ihr abgewaschen. Ihre Sachen waren damit komplett durchtränkt, Kingsley.” „Warum hast du das gemacht?” „Mine und Ginny haben ihre Mum verarztet, um sie eventuell doch noch lebend ins Mungo zu bekommen.” Shacklebolt nickte langsam. „Hat Pansy dir etwas über den Vorfall erzählt?” „Nur, dass ihr Dad wohl versucht hat, sie mit einem Messer zu erstechen. Schätze mal ihre Mum, wollte das verhindern.” „Warum hat er wohl seinen Zauberstab nicht benutzt?”, überlegte Summers leise. „Das fragen sie ihn besser selbst, wenn sie ihn eingesperrt haben, Sir”, erwiderte Harry daraufhin. „Einen Zauberstab können wir überprüfen und Magie können wir aufspüren, Bob. Das Messer wischt er ab und dann lässt er die Leiche verschwinden”, erklärte Kingsley. „Was die nicht magische Verbrechensaufklärung angeht, sind uns die Muggel echt über.” „Genügend Möglichkeiten sie zu verscharren, hätte er direkt hinterm Haus! Es steht auf einer kleinen Lichtung mitten im Wald”, gab Harry zu bedenken. „Weißt du was, Bob? Ich werde dir aushelfen. Harry? Glaubst du, du Angelina und Alicia könnten den Typen herschaffen?” „Leicht! So, wie ich ihn kennengelernt habe, liegt der Kerl im Moment besoffen auf seinem Sofa. Er hat seine Heldentat sicher wieder gefeiert.” Fragend sahen die Männer zu Harry. „Nachdem er Pansy fast totgeprügelt hatte, war es dasselbe”, erklärt er ihnen grimmig. „Die ganze Hütte stank nach Fusel und er hat im Wohnzimmer gepennt.” „Mr Parkinson ist also schon mehrfach gewalttätig geworden?”, wollte Summers wissen. „Ich weiß nur, dass er seine Tochter von Anfang bis Mitte Mai täglich misshandelt hat. Danach lag sie wochenlang im St. Mungos.”
Beide Männer verzogen angewidert ihre Gesichter. Kingsley erhob sich und beorderte Alicia und Angelina zu sich ins Büro. Nach einem kurzen Moment kamen sie durch die Tür. Shacklebolt ging zu ihnen. „Ich habe eine kleine Bitte an sie beide. Ich möchte, dass sie Harry nach Sherwood begleiten. Dort werden sie einen gewissen Mr Parkinson in Gewahrsam nehmen. Bringen sie ihn her und sperren sie den Kerl weg.” Alicia sah fragend zu Harry. „Er hat heute seine Frau fast umgebracht.” „Fast?” Harry nickte. „Hermine hat das hoffentlich inzwischen verhindert.” „Wie jetzt? Was hat Hermine damit zu tun?”, wollte Angelina wissen. „Pansy hat ihre Mum schwer verletzt nach Hause geschafft.” „Nach Hause?”, fragte Alicia leise. „Ich dachte bei ihr zu Hause ist es geschehen, Harry?” „Nein, Alicia. Pansys zu Hause ist bei mir.” Harry konzentrierte sich kurz und stand in der nachtschwarzen Version seiner Duellrobe in Kingsleys Büro. Er lächelte über die verdutzten Gesichter der beiden jungen Frauen. Harry trat zu ihnen und sah zum Leiter der magischen Polizeibrigade. „Erläutern sie Kingsley doch inzwischen unsere Idee, Mr Summers. Wir sind gleich wieder zurück.” Zwinkernd reichte er Alicia und Angelina seine Hände. „Wollen wir?” Ein kurzes zustimmendes Kopfnicken und die Drei verschwanden mit einem leisen Plopp aus Kingsleys Büro. „Wie macht er das?” „Keine Ahnung, Bob. Aber wolltest du mir nicht von Harrys Idee erzählen?” „Du traust mir wohl keine eigenen Ideen zu, Kingsley?” „Doch, Bob! Aber immer dann, wenn Harry von unseren Ideen spricht, ist es in letzter Zeit oft auf seinem Mist gewachsen. Glaub mir. Auch ich habe diese Erfahrung schon gemacht. Also? Auf welche Idee hat er angespielt?” „Oh! Es geht um das fehlende Personal in meiner Abteilung, Kingsley. Mr Potter meinte, wir sollten vielleicht diejenigen, die bei der Aurorenprüfung durchgefallen sind oder noch werden direkt bei meiner Abteilung in Dienst stellen, anstatt sie vor die Tür zu jagen. Er meinte, wir hätten immerhin Zeit und Geld investiert, um sie auszubilden.” „Klingt einleuchtend. Aber dafür braucht es ein paar unbedeutende Änderungen in unseren Vorschriften.” Shacklebolt verzog zweifelnd sein Gesicht bei diesen Worten. „Da baut Mr Potter wohl ganz auf deine Überzeugungskraft, Kingsley.”
Harry landete mit den Jungaurorinnen Alicia und Angelina hinter der letzten Baumreihe, die die Lichtung mit dem Haus der Parkinsons umsäumte. Sie waren vor Entdeckung geschützt, hatten aber gute Sicht auf den Eingang zum Gebäude. Auffordernd sah Harry seine Begleitung an. „Was ist?”, fragte Angelina flüsternd. „Was ich tun würde, weiß ich. Aber ich habe auch deutlich mehr und effizientere Möglichkeiten, als ihr. Immerhin besitze ich durch meinen Status als Gryffindors Enkel einen großen Vorteil. Ich möchte sehen, wie ihr vorgehen würdet und was euch Mike und die Anderen inzwischen beigebracht haben”, gab Harry ernst zurück. „Kaum das erste Mal offiziell unterwegs, schon lässt er den großen Chef raushängen”, monierte Angelina. „Seht es einfach als Trainingsrunde.” Beide Damen seufzten leise. Harry blieb hart. „Also? Wie würdest du vorgehen, Alicia?” „Rüber gehen, klopfen und sehen was passiert?” Harry sah sie fassungslos an. „Hast du das von Marc?” „Wieso? Wir sollen ihn doch nur einsammeln, meinte Kingsley.” „Was ist mit dir, Angelina? Was würdest du tun?” Sie überlegte kurz. „Wir sollten uns aufteilen. Einer vorn herum, einer an der Rückseite entlang und einer als Reserve in Deckung.” Harry nickte langsam. „Was noch?” Diese Frage ging an beide. „Gute Frage, Harry. Was meinst du?”, hakte Angelina nach. „Ich weiß zum Beispiel von meinem letzten Besuch hier, dass sich ein Hauself im Haus befindet. Das könnte ein Problem werden.” Alicia patschte sich mit der flachen Hand vor die Stirn. „Auskundschaften, mit wem und was wir es zu tun haben. Also Aufspürzauber für magische Fallen, Barrieren und Personen, die sich im Haus befinden könnten.” Harry lächelte zufrieden. „Na dann macht mal, Mädels!” „Jawoll Chef!” Beide salutierten grinsend und zogen ihre Zauberstäbe. Nach einem kurzen Augenblick waren keine zwei Meter von ihnen entfernt, für einen kurzen Moment eine bläuliche und eine rötliche Linie auf der Lichtung zu erkennen. „Nur normale Schutzzauber gegen apparieren und Muggel”, meldete Angelina. „Im Haus sind zwei Personen. Eine Kleine im Zimmer links neben der Eingangstür und eine rechts hinten im Erdgeschoss”, ergänzte Alicia. „Die Kleine müsste der Hauself sein.” Harry lächelte zufrieden. „Es bleibt also bei Angelinas Plan?” „Würde ich sagen”, meinte Alicia. „OK! Ich mach die Reserve”, entschied Harry. „Ich wünsche euch viel Spaß da drin.”
Sie schlichen los und verteilten sich wie geplant. Angelina blieb an der Vordertür und Harry schlich sich mit Alicia weiter nach hinten. Am Wohnzimmerfenster drückte er sich an die Hauswand und spähte vorsichtig hindurch. Er gab Zeichen, dass der Hausherr offensichtlich schläft und Alicia schlich weiter zur Hintertür. Angelina zählte langsam bis zehn und machte sich dann durch lautes Klopfen bemerkbar. Der Hauself öffnete die Tür. Erschrocken sah er auf die Hexe im Umhang der Auroren. Angelina schob den Elf zurück ins Haus und bedeutete ihm sich still und passiv zu verhalten, wenn er keinen Ärger haben wolle. Der Hauself der Parkinsons dachte aber nicht daran, sich zu fügen. Gerade als er seine Hand hob, traf ihn die Ganzkörperklammer von Alicia, die von hinten ins Haus kam. Grinsend blies sie mit gespitzten Lippen über die Spitze ihres Zauberstabs. Beide drangen nun ins Wohnzimmer vor, verschnürten den schlafenden Mann in Seile und ließen ihn zufrieden lächelnd vor sich her schweben. Harry, der alles von draußen beobachtet hatte, apparierte kurzerhand direkt in den Flur des Hauses. Er kniete sich neben den Hauself und löste die Starre. Der Elf starrte ihn mit kugelrunden Augen an. Er rappelte sich auf und fiel direkt wieder auf die Knie. „Bitte verzeiht, Sire, aber ich hatte meine Befehle.” „Schon gut. Kümmere dich um das Haus, bis deine Herrin zurück ist.” „Ich habe keine Herrin ich habe nur einen Meister.” Harry seufzte leise. „Kümmere dich einfach um das Haus. Deinen Meister nehmen wir für einige Zeit mit.” Der Elf rappelte sich auf und verneigte sich tief. „Zu gütig, Sire!” Sie verließen das Haus der Parkinsons mit ihrem Paket und verschwanden zurück ins Ministerium nach London. Schwatzend betraten sie Kingsleys Büro, nachdem sie Pansys Vater in einer Zelle im Keller des Gebäudes untergebracht hatten. „Und? Alles glattgegangen?”, wollte Bob Summers direkt wissen. Angelina erstattete Bericht. „Außerdem hat uns Harry direkt noch eine kleine Auffrischung in Sachen Vorgehensweise und Taktik verpasst!”, schloss sie lächelnd ihren mündlichen Rapport.
Kingsley sah sehr zufrieden drein. „Gut gemacht, meine Damen. Nur immer weiter so!” Angelina und Alicia grüßten und verließen das Büro. Auch Bob Summers erhob sich. „Dann werde ich mal sehen, was uns der feine Herr zu erzählen hat. Danke für die Hilfe, Kingsley, Mr Potter.” Er nickte beiden leicht zu. „Keine Ursache. Melde dich, wenn du was brauchst, Bob!” Verabschiedete Kingsley den Leiter der magischen Polizeibrigade. Er wandte sich an Harry. „Gute Arbeit!” Harry grinste schief. „Hab ja nix gemacht. „Ein, zwei Tipps und ansonsten nur beobachtet.” „Trotzdem, Harry! War eine gute Idee, diesen vermeintlich leichten Einsatz, so anzugehen, als wäre mit dem Schlimmsten zu rechnen.” „So etwas übt und schützt eventuell das Leben meiner Leute!” Kingsley lächelte verschmitzt. „Deine Leute? Hast dich ja schnell damit angefreundet.” Harry hob seine Schultern. „Hältst du Summers Idee für durchführbar?”, wechselte er das Thema. „Deine Idee ist nicht schlecht. Ich lasse Eve bereits eine Liste mit eventuellen Kandidaten zusammenstellen. Dann brauche ich nur noch das OK für die Änderungen an den Vorschriften.” „Wirst ja bald Minister, Kingsley. Meine Stimme bekommst du sicher.” Harry verschwand aus Shacklebolts Büro, bevor der auch nur den Hauch einer Chance hatte Harry zu fragen, wie er das nun wieder meinen würde.
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