von One_of_the_Old
XVI Wie beim ersten Mal?
Als Harry erwachte, fĂŒhlte er sich wie erschlagen. Er weigerte sich seine Augen zu öffnen und versuchte die lĂ€stige Fliege zu verscheuchen, die ihn an der Nase kitzelte. âOh verdammt, was fĂŒr eine Nacht. Ich fĂŒhle mich, als hĂ€tte mich ein Baum erschlagen und ich wĂŒrde noch darunter liegen.â âIch hoffe doch, der Baum ist nicht allzu schwer?â Ăberrascht öffnete er seine Augen und sah in die glĂ€nzenden braunen Augen seiner Freundin, die ihn mit einer HaarstrĂ€hne an seiner Nase kitzelte. Ginny, die sich komplett auf ihn gelegt hatte, grinste ihn an. âGuten Morgen, Schatz. Bitte sag nicht, du hĂ€ttest gut geschlafen, denn das wĂ€re gelogenâ, erwiderte er besorgt. Erschrocken sah sie ihn an. âHab ich dich wieder getreten?â âNein, aber ich durfte mich keinen Millimeter von dir weg rĂŒhren, dann hast du sofort nach mir gerufen. WĂ€hrend ich kurz auf war hast du sogar im Schlaf geweint, bis ich mich wieder neben dich gelegt habe.â Verlegen sah sie ihn an. âHabe ich noch mehr gesagt?â âNein, nur meinen Namen, und jedes Mal, wenn ich geflĂŒstert habe, dass ich ja bei dir wĂ€re, hast du gelĂ€chelt und ungefĂ€hr zehn Minuten Ruhe gegeben, bis wieder alles von vorn begann. Schatz, was hast du nur Schreckliches getrĂ€umt?â âWenn ich dir das sage, wirst du mir wohl nie wieder etwas von dir erzĂ€hlen.â âDas werde ich nur dann nicht mehr machen, wenn du mir nicht sagst, was es war.â âIch hab immer wieder getrĂ€umt, dass uns Dementoren ĂŒberfallen und ich zu geschockt war, um meinen Patronus zu erschaffen. Ich konnte immer nur zusehen und deinen Namen rufen.â Traurig sah sie ihn an. âDieses hilflose Dabeistehen hat mich wahnsinnig gemacht.â âSobald Audrey und Percy weg sind, werde ich mit dir ĂŒben. Wir suchen uns einen Irrwicht und dann fangen wir damit an.â âKindskopf, wo willst du einen Irrwicht her bekommen?â âOch, ich kenne da so einen WildhĂŒter, mit dem ich gut befreundet bin.â Ginny sah ihn fassungslos an. âDas ist wirklich dein Ernst, oder?â âNein, denn meine gröĂte Angst ist sicher kein Dementor mehr.â âAlso TrockenĂŒbungen wie bei der DA?â âJepp!â âAber bitte allein mit dir.â âHey, du bist eine gute Hexe, du brauchst dich nicht zu verstecken.â âIch möchte dich dabei aber fĂŒr mich allein haben.â Sie sah ihn jetzt mit Hundeaugen an. âAlles klar, aber wirklich ĂŒben. Kein KĂŒssen, kein Kuscheln oder sonst was!â âJa, Herr Lehrer!â âSchön, und was machen wir jetzt, so frĂŒh am Morgen?â âDas, was wir im Unterricht nicht durchnehmen werden.â Sie kĂŒsste ihn auf den Hals und kuschelte sich fest an ihn.
Kurze Zeit spĂ€ter hörten sie GerĂ€usche vor der ZimmertĂŒr. Nach einem zaghaften Klopfen sah Harry fragend zu Ginny, die ohne zögern âHerein!â rief und sich halb aufsetzte. Hermine kam ohne Umschweife ins Zimmer und zog Audrey hinter sich her. âGuten Morgen, ihr zwâŠâ Ihr Blick fiel auf Ginny, die sich gar nicht erst die MĂŒhe machte irgendetwas zu verbergen oder zu verstecken. âJa, bitte?â âOh! ⊠Stören wir?â âNein Hermine, wie kommst du darauf? Ich steh drauf mir dabei zusehen zu lassen, wie ich mit meinem Freund ZĂ€rtlichkeiten austausche, weiĂt du?â Provokant langsam beugte sie sich ĂŒber Harry, saugte sich an seinem Hals fest und strich mit ihren FingernĂ€geln ĂŒber seine Brust. Harry, der MĂŒhe hatte nicht zu keuchen, fragte betont höflich: âWas treibt euch zwei denn morgens um sechs zu uns? Ich dachte Percy sollte nichts mitbekommen und der geht ja erst gegen neun mit Arthur zusammen ins Ministerium, soweit ich das weiĂ.â âĂhm, ich ⊠Ăh, wir âŠâ, stotterte Hermine. âJa, Mine?â Ginny biss ihm in den Hals, als er Hermines Kosenamen benutze. âHe, nicht so fest! Ich weiĂ zwar, dass du mich zum Fressen gern hast, aber es muss doch nicht gleich jeder sehen.â Er strich Ginny leicht ĂŒber den Kopf, wĂ€hrend sie âLass das Mal meine Sorge sein.â, in seine Schulter hinein nuschelte. âAlso?â Fragend sah er zu den MĂ€dchen. âOh ja, wir wollten nur âŠâ, versuchte es jetzt Audrey. âWenn ihr vor Aufregung nicht mehr schlafen könnt, dann setzt euch unten ins Wohnzimmer oder geht eine Runde spazieren oder so was.â Resignierend und mit rosa Gesichtern starrten die zwei MĂ€dchen auf Harry herab. âMĂ€dels, bitte! Ich hatte letzte Nacht verdammt wenig Schlaf. So zwei Stunden Ruhe wĂ€ren echt klasse. Wisst ihr das?â âOh, ⊠OK.â Hermine schnappte sich Audrey und zerrte sie aus dem Zimmer.
Nachdem sie drauĂen waren, lieĂ sich Ginny lachend zurĂŒck ins Bett fallen. âDu bist mir ja einer!â âWarum?â âGestern erzĂ€hle ich noch, dass du dich nicht traust, mich auszuziehen und keine acht Stunden spĂ€ter verklickerst du ihr, dass du gern noch ein paar Stunden Ruhe hĂ€ttest, weil du wenig Schlaf hattest.â âIst ja nicht gelogen.â Er beugte sich ĂŒber Ginny und strich die Silberkette mit seinem Finger entlang. âWas kann ich fĂŒr ihre komischen Phantasien?â âDavon habe ich auch ein paar, Harry. Lass uns lieber noch ein wenig schlafen.â Nachdem sie sich wieder an ihn gekuschelt hatte und eingeschlafen war, betrachtete er sie noch eine Weile nachdenklich. 'Was sie wohl damit gemeint hat?' Harry kam es vor, als wĂ€ren erst ein paar Minuten vergangen, als er mit einem Kuss von Ginny geweckt wurde. Er weigerte sich strikt auf den Ersten zu reagieren und hatte damit Erfolg. Nach dem Dritten öffnete er langsam seine Augen. âAufstehen, Harry!â, lĂ€chelte sie ihm entgegen. âHatten wir nicht von ein paar Stunden gesprochen?â, brummelte er schlaftrunken. âDie sind schon um!â âOch nö! Ich könnte die Beiden erwĂŒrgen, verdammt!â âIch werde dir sicher nicht im Wege stehen dabei. Aber helfen tu ich dir nicht, wenn Ron ĂŒber dich herfĂ€llt.â âDer kann mich mal!â âGestern sah das aber noch ganz anders aus.â âGestern war gestern und heute ist heute.â âOh, wie tiefsinnig du doch am Morgen sein kannst.â âIch bin nicht tiefsinnig, ich bin mĂŒde und genervt.â âDann lass das aber bitte nicht an mir aus.â âWĂŒrde ich nie tun, Schatz.â âDein GlĂŒck!â
ĂbermĂŒtig sprang sie aus dem Bett und nahm die Decke mit. âHey, es ist frisch hier drin.â âSieht man aber nix von.â Grinsend glitt ihr Blick zu seinen Shorts. âWas hab ich nur verbrochen?â, gab er theatralisch zurĂŒck und verdrehte seine Augen. Ginny stand vor ihrem Kleiderschrank und zog eine Schnute. âWas zieht man denn am Besten mal an, wenn man weiĂ, dass der Tag in einer Arrestzelle im Ministerium enden kann?â âWie wĂ€re es mit einem Kapuzenumhang und einer silbernen Gesichtsmaske?â, gab Harry sarkastisch zurĂŒck. âNee, so etwas hab ich nichtâ, kam abwesend von ihr. Harry, der sich inzwischen Jeans und Pullover angezogen hatte, stellte sich hinter sie und sah prĂŒfend in ihren ĂŒbervollen Schrank. âDas hĂ€tte mich jetzt auch schwer gewundert, Schatz. Ich geh dann schon mal nach unten und warte dort auf dichâ, flĂŒsterte er ihr zu. âJa, geh nur. Ich bin gleich bei euch.â Harry ging noch einmal zum Bett, suchte die Sachen aus dem Umschlag zusammen und verstaute sie in seinem Rucksack. Nach kurzem Zögern nahm er den Ring wieder heraus und steckte ihn sich an. Verwundert stellte er fest, dass dieser sich leicht erwĂ€rmte und fest um seinen Ringfinger zog. 'Kann ich das gute StĂŒck wenigstens nicht verlieren', dachte er erleichtert und ging nach einem kurzen Blick auf seine grĂŒbelnde Freundin hinunter in die KĂŒche.
Hermine und Audrey saĂen mit roten Gesichtern am KĂŒchentisch und waren miteinander am Tuscheln. Mollys Erwiderung auf sein fröhliches: âGuten Morgen alle zusammen!â, war ziemlich frostig. Irritiert sah er sie an. âIst was, Molly?â âIch bin ein wenig enttĂ€uscht von dir, Junge.â âAber warum denn nur?â, fragte er ehrlich verwirrt. âWeil wir dir vertraut haben in Bezug auf Ginny.â âAber das könnt ihr doch auch!â âDen MĂ€dchen zufolge sollst du eine anstrengende Nacht gehabt haben!â Molly sah ihn komisch an. Harry lieĂ sich auf einen Stuhl fallen und sah jetzt fragend zu den MĂ€dchen. Beide sahen direkt zu Boden und ihre Gesichtsfarbe wurde noch dunkler. Harry kam ein schrecklicher Gedanke. âIch weiĂ zwar nicht, was diese beiden Tratschtanten dir erzĂ€hlt haben, aber ich habe wenig geschlafen, weil Ginny AlbtrĂ€ume hatte, nicht mehr und nicht weniger!â An Hermine und Audrey gewandt fuhr er wĂŒtend fort: âFĂŒr diese Aktion sollte ich euch hier versauern lassen! Ich weiĂ zwar nicht, was in euren Köpfen im Moment vorgeht, aber von dir hĂ€tte ich ein wenig mehr Ăberlegung erwartet, bevor du Molly irgendwas erzĂ€hlst, Hermine!â WĂ€hrend Harry, mit Becher und FrĂŒhstĂŒcksteller, in Richtung Wohnzimmer gehen wollte, hielt Molly ihn auf. âWenn hier einer geht, dann seid das wohl besser ihr zwei!â Molly war rot im Gesicht und sah böse zu den MĂ€dchen. Mit hĂ€ngenden Köpfen verlieĂen sie die KĂŒche.
Nachdem sich Harry wieder gesetzt hatte, kam Molly zu ihm und setzte sich auch. âHarry Schatz âŠâ âGeschenkt, Molly. Du konntest ja nur auf das reagieren, was dir erzĂ€hlt wurde. Ăbrigens lieb von dir, dass du mir nicht gleich den Kopf abgerissen hast.â âDas hĂ€tte ich sicher nicht, aber âŠâ âSicherlich wird es irgendwann zu mehr kommen zwischen Ginny und mir, aber im Moment bin ich einfach nur froh, dass ich sie wieder hab. Auf jeden Fall werde ich nichts mit ihr anstellen, das sie nicht selber will!â Molly nickte und ein LĂ€cheln glitt ĂŒber ihr Gesicht. Harry konnte groĂe Zuneigung und Stolz in ihren Augen erkennen. âHat Ginny dir erzĂ€hlt, wovon sie getrĂ€umt hat?â âHat sie, aber ich glaube es wĂ€re ihr nicht recht, wenn ich was davon weitergebe.â Molly nickte und strubbelte ihm durchs Haar. Nach einer ganzen Weile kamen Arthur, Ron und Percy zum FrĂŒhstĂŒck in die KĂŒche. âWarum sitzen denn Audrey und Hermine nicht hier bei Harry?â, wollte Arthur direkt wissen. âDas, mein Lieber, werde ich dir heut Nachmittag erklĂ€ren, wenn du wieder zurĂŒck bist.â Molly stellte ihm sein FrĂŒhstĂŒck hin und zwinkerte ihm zu. Kurz bevor alle aufbrechen mussten, kam Ginny fröhlich in die KĂŒche.
Gut gelaunt nahm sie ihre Eltern in den Arm und lieĂ sich lĂ€chelnd neben Harry auf einen Stuhl fallen. Ron sah sie mit offenem Mund an und starrte auf ihre Brust. âMeine GĂŒte Ron, wenn du nicht mein Bruder wĂ€rst, wĂŒrde ich jetzt sonst was von dir denken!â Arthur runzelte seine Stirn, als er zu ihr hinĂŒber sah. âWĂŒrdest du mir verraten, woher die kommt?â âDie ist von Harry!â, erwiderte sie stolz. Er sah jetzt fragend zu Harry. âDie Kette und dieser Siegelring waren zusammen mit ein paar Fotos und einem Brief in dem Umschlag von meinen Eltern. Es sind ErbstĂŒcke, die wohl seit zig Generationen in meiner Familie weitergegeben werden.â Als Harry seine Hand mit dem Ring hob, gab Percy ein Keuchen von sich. Irritiert sah Harry ihn an. âWas ist denn mit dir los?â, wollte Ginny wissen. Ăberrascht, von ihr in einem normalen Tonfall angesprochen zu werden, blieb ihm die Antwort im Hals stecken. âDas sind Ring und Kette von Gryffindorâ, erklĂ€rte Arthur ehrfĂŒrchtig. âSicher sind sie das. Ist ja schlieĂlich der Löwe aus dem Wappen unseres Hauses in Hogwarts.â âNein Harry, du missverstehst mich. Es sind Ring und Kette von DEM Godric Gryffindor, dem MitbegrĂŒnder von Hogwarts.â Entgeistert sah Harry ihn an. âWillst du behaupten, dass ich mit ihm verwandt bin?â âDer Ring ist ein eindeutiger Beweis dafĂŒrâ, meldete sich Percy zu Wort. âDas können genauso gut Kopien sein, Percy.â âDas lĂ€sst sich heraus bekommen, Harry. Melde dich doch nachher mal bei mir im Ministerium, dann können wir zusammen in das BĂŒro fĂŒr magische Artefakte gehen. Melvin Chorley ist ein Freund von mir. Der kann dir sicher sagen, ob es die echten GegenstĂ€nde sind oder nicht.â âAlles klar, dann werden wir dich spĂ€ter dort besuchen. Ich muss noch was fĂŒr Kreacher erledigen.â âDas passt prima. Sein BĂŒro liegt auf derselben Etage wie das ZuteilungsbĂŒro fĂŒr Hauselfen. Ich sag Bescheid, dass ihr kommt.â âVielen dank, Percy.â Der winkte nur mĂŒde ab. âKeine groĂe Sache, Harry. Mach ich gern fĂŒr euch.â Arthur und Percy erhoben sich und verschwanden im Kamin. Harry beugte sich zu Ginny. âHast du dich doch dazu entschlossen ihm gegenĂŒber wieder normal zu sein?â Sie sah ihn schĂŒchtern an.
Molly setzte sich neben Ron ihnen gegenĂŒber und sah auch sehr interessiert zu Ginny hinĂŒber. âDas wĂŒrde ich jetzt auch gern wissen, wie in einer Nacht aus einer Furie wieder eine kleine Schwester wird?â âMum, bitte!â, versuchte Ron ihr beizustehen. âSchon gut, Junge. Ich konnte sie ja verstehen. Oder was glaubst du, warum ich sie gestern habe gewĂ€hren lassen? Sie hat das alles ausgesprochen, was ich nie ĂŒber die Lippen bekommen hĂ€tte.â Molly lĂ€chelte ihrer Tochter aufmunternd zu. Ginny fing leise an davon zu erzĂ€hlen, was Harry ihr wegen Percy und Fred alles gesagt und was in dem Brief von Harrys Eltern gestanden hatte. Molly lĂ€chelte weiterhin, wischte sich aber kurz ĂŒber die Augen und Ron sah unglĂ€ubig zu Harry hinĂŒber. âKrass! Wenn ich das Hermine erzĂ€hle, flippt die total aus und kriegt hinterher noch AnfĂ€lle.â âDas wirst du schön bleiben lassen, Junge!â Ron sah verstĂ€ndnislos zu seiner Mutter. âAber âŠâ âNichts aber. Die junge Dame kann von mir aus alles essen und trinken, aber bestimmt nicht alles wissen. Haben wir uns verstanden, Ronald?â Er zog den Kopf ein und nickte nur. Wusste er doch nur zu gut, was es bedeutete, wenn sie ihn so anredete. Ginny sah vorsichtig zu ihrer Mum. âBist du böse mit ihr?â âMit beiden.â âAber warum denn?â âWeil âŠâ âWeil sie etwas Dummes angestellt haben heute Morgenâ, ging Harry dazwischen und Molly nickte nur. Ăberrascht sah Ginny ihn an, er schĂŒttelte aber nur seinen Kopf und schwieg. âUnd, was machen die MĂ€dels und du heute?â, wollte Ron jetzt wissen, um das Thema zu wechseln. âWir wollen in die Winkelgasse und du, Ron, wirst uns begleiten.â âĂhm ⊠ich steh nicht so auf Einkaufen, weiĂt du? AuĂerdem wollte ich George âŠâ Harry beugte sich vor und piekste mit seinem Zeigefinger in Rons Brust. âDu wirst mitkommen und dich um Hermine und Audrey kĂŒmmern, wĂ€hrend Ginny und ich im Ministerium sind. Kapiert? Ich bin nicht der Alleinunterhalter fĂŒr die Zwei, wĂ€hrend du dich mit Scherzartikeln vergnĂŒgst.â âIs' ja schon gut, ich hab's ja begriffen.â Ron rieb sich die schmerzende Stelle an seiner Brust und sah verlegen zu Harry.
âIhr wollt mit Audrey in die Winkelgsse?â Molly zog zweifelnd die Stirn kraus. âMeinst du, dass das so eine gute Idee ist, Harry?â âHermine hat das mit ihr zusammen ausgeheckt. Wir stecken sie in einen von Ginnys UmhĂ€ngen und sehen zu, dass sie nicht allzu sehr auffĂ€llt, wenn sie staunend und fragend umherlĂ€uft.â âAber, wenn sie als Einzige zwischen euch im Umhang herumlĂ€uft, ist das auch nicht so tollâ, kam warnend von Molly. âAls Erstes gehen wir zu Madame Malkins. Ich habe beschlossen, fĂŒr Ginny und mich neue UmhĂ€nge zu besorgen. Hermine braucht auch wieder einen und vielleicht fĂ€llt auch noch einer fĂŒr meinen besten Freund ab.â Grinsend sah er zu Ron. Der sah Ă€rgerlich zu ihm herĂŒber, sagte aber nichts weiter dazu. Alle gingen jetzt ins Wohnzimmer und sahen abwartend zu den MĂ€dchen. âSeid ihr so weit?â, fragte Harry kurz ab. âKann gleich losgehenâ, kam schĂŒchtern von Hermine. Sie zog den verĂ€nderten Umhang hinter ihrem RĂŒcken hervor und half Audrey beim Anziehen. âTrĂ€gt sich ganz angenehm!â, stellte diese anerkennend fest. Ron trat hinter Hermine und nahm sie in den Arm. âAn dir ist echt eine Schneiderin verloren gegangenâ, sagte er anerkennend und gab ihr einen Kuss. âWar leichter, als ich dachte. Aber trotzdem danke.â Ginny rĂŒmpfte ihre Nase. âIst ja kein KunststĂŒck. Ich kann das schon seit ich zehn bin und das, ohne zu zaubern, nur mit Nadel und Faden!â Harrys bewundernder Blick zauberte im nu ein breites LĂ€cheln auf Ginnys Ă€rgerliches Gesicht. âDann kann es ja losgehen. Ich wĂŒnsche euch viel SpaĂ, ihr beidenâ, kam verhalten von Molly. Sie drĂŒckte Ginny zum Abschied und strubbelte Harry durch das Haar, bevor sie in der KĂŒche verschwand. âAlso gut, Hermine, du nimmst Audrey mit. Ron folgt euch und wir bilden den Schlussâ, kommandierte Harry. WĂ€hrend Audrey an ihm vorbei ging, zischte er ihr hĂ€misch grinsend ins Ohr: âIch hoffe, du hast nicht zu viel gefrĂŒhstĂŒckt!â Als sie sich ein letztes Mal umsah, bevor sie verschwand, war sie kreidebleich. Harry sammelte noch schnell die Briefe zusammen und stieg dann mit Ginny in den Kamin.
Sie landeten in einem vollkommen leeren tropfenden Kessel. Als Tom, der Wirt, Harry erkannte, winkte er ihm freundlich zu sich. Bevor er mit Ginny zu ihm ging, sagte er zu den Anderen: âGeht schon mal vor.â âGuten Morgen Mr Potter, schon so frĂŒh unterwegs?â âJa, Ginny und ich wollen ein wenig einkaufen und ins Ministerium mĂŒssen wir auch noch.â âOh, dann haben sie ja einiges vor.â âWas kann ich denn fĂŒr sie tun, Tom?â âFĂŒr mich nichts, aber ich vielleicht fĂŒr sie.â âOh, was ist denn?â âMr Longbottom und Miss Lovegood sind seit gestern bei mir zu Gast. Ich dachte mir, sie wĂŒrden sie gerne treffen.â âSehr gern sogar. Sind sie schon unten gewesen?â âNoch nicht.â âWĂŒrden sie ihnen ausrichten, dass sie, wenn sie möchten, gegen zwölf bei Dimitri zum Essen sein sollen?â âGern, Mr Potter.â âVielen dank, Tom. Bis spĂ€ter dann.â Als das PĂ€rchen bei Madame Malkins ankam, wurden sie schon erwartet. âWas wollte der alte Tom denn so Wichtiges?â, fragte Ron. âLuna und Neville sind bei ihm und ich habe ihnen ausrichten lassen, dass wir mit ihnen zu Mittag essen wollen.â âWer, wir?â âGinny und ich. Was ihr machen wollt weiĂ ich ja nicht.â Ron zog ihn etwas zur Seite. âSag mal, Kumpel! Was ist dir denn ĂŒber die Leber gelaufen?â âFrag mal deine Freundin! Aber bitte erst, wenn ich mit Ginny im Ministerium bin.â Ron sah ihn ernst an, sagte aber nichts weiter dazu. Harry ging zu Ginny und schob sie durch den Eingang in den Laden.
Nachdem alle gefolgt waren, kam Madame Malkin auf sie zu und begrĂŒĂte sie mit einem freundlichen LĂ€cheln. âGuten Morgen, alle zusammen. Oh, Mr Potter. Schön sie wieder einmal begrĂŒĂen zu dĂŒrfen. Was kann ich denn fĂŒr sie tun?â âIch brĂ€uchte zwei oder drei neue UmhĂ€nge fĂŒr mich und meine Freunde.â âSehr gern, Mr Potter. FĂŒr Hogwarts oder fĂŒr private Zwecke?â âSowohl als auch, wĂŒrde ich sagen.â âWas halten sie davon, wenn ich bei ihnen mit dem Vermessen beginne und die Damen sich eventuell schon mal die Stoff- und Farbmuster ansehen?â âGern!â Harry stellte sich auf eines der Podeste und die MĂ€dchen gingen kichernd in den hinteren Teil, um sich weiter umzusehen. Als Harry fertig war, schob er Ron auf das Podest, der sich heftig strĂ€ubte. âKeine Widerrede! Du gehst bestimmt nicht in einem deiner alten UmhĂ€nge zu Freds Beerdigung.â Ron sah ihn komisch an, aber Harry meinte, Dankbarkeit in seinen Augen zu erkennen. Madame Malkin lĂ€chelte leicht und begann jetzt auch bei ihm mit der Vermessung. Harry drehte sich in der Zwischenzeit in Richtung des groĂen Schaufensters und beobachtete die wenigen Zauberer, die in der Winkelgasse unterwegs waren.
Nach ein paar Minuten hörte er hinter sich ein FlĂŒstern. Als er sich herumdrehte, glaubte er, nicht richtig zu sehen. Vor ihm stand Ginny, in einem dunkelgrĂŒnen, schulterfreien Seidenkleid, das bis zum Boden reichte, mit dazu passenden langen Handschuhen. Sie drehte sich vor ihm langsam auf der Stelle und warf ihm auffordernde Blicke zu. Er konnte jetzt sehen, dass das RĂŒckenteil aus feiner Spitze gearbeitet war, genau wie der Ausschnitt an der Vorderseite. Als sie einen Schritt auf ihn zu machte, fiel ihm der lange seitliche Schlitz auf, der dafĂŒr sorgte, dass sie in dem figurbetonten Kleid mehr Bewegungsfreiheit hatte. 'Das Kleid ist der Wahnsinn, vor allem, weil Ginny darin steckt', dachte er bei sich. Fasziniert sah er zu ihr hinĂŒber und versank in ihren glĂŒcklichen Augen. Als sie ihn leicht an der Schulter berĂŒhrte, fuhr er zusammen. Madame Malkin, die Rons erstauntem Blick gefolgt war, kam zu ihnen. âSie sehen bezaubernd aus in diesem Kleid, Miss Weasley.â Sie zupfte noch etwas an ihr herum und sah dann zu Harry. âBezaubernd ist gar kein Ausdruck!â, gab er etwas krĂ€chzend zurĂŒck, weil sein Hals schlagartig trocken wurde. âNa, was meinst du denn, Harry? WĂŒrdest du mit mir in solch einem Kleid vor die TĂŒr gehen?â âVon mir aus wohin du willstâ, flĂŒsterte er ihr zu. Ăberrascht sah sie ihn an. âWas guckst du denn jetzt so ĂŒberrascht?â âSoll das etwa heiĂen, ich darf es haben?â Harry hatte sein Nicken noch nicht beendet, da hing sie ihm schon am Hals und kĂŒsste ihn. Mit leicht geröteten Wangen drehte sie sich herum und lief zurĂŒck zu Audrey und Hermine. Madame Malkin sah lĂ€chelnd zu Harry und wuselte hinter Ginny her.
Ron stöhnte leicht. Als Harry sich zu ihm herumdrehte, sah er komisch zu ihm herĂŒber. âWarum stöhnst und guckst du so, Ron?â âWas mache ich denn, wenn Hermine in so einem Kleid ankommt?â âIch hoffe doch mal, du sagst ihr ehrlich, wie es dir gefĂ€llt.â âDas meine ich nicht, Harry. Ich denke daran, was so etwas kostet.â âDas lass mal meine Sorge sein. Falls es dazu kommt, regeln wir das untereinander.â Madame Malkin kam zurĂŒck und sprach Harry an: âMr Potter, ich hĂ€tte da noch etwas, das sehr schön zu diesem Kleid passen wĂŒrde.â Sie hielt ihm eine kleine Handtasche, immer passende Schuhe mit einem kleinen Absatz und eine Seidenrose in der Farbe des Kleides entgegen, die Ginny sich in die Frisur stecken könnte. âDa fragen sie besser meine Freundin.â âHab ich schon.â Sie zwinkerte und er nickte abermals. Sie legte die Sachen an die Seite und beschĂ€ftigte sich dann weiter mit Ron. Nachdem sie fertig war, rief sie: âDĂŒrfte ich sie dann auch vermessen, meine Damen?â Langsam kamen Audrey und Ginny zu ihnen. Hermine hielt sich merkwĂŒrdigerweise etwas zurĂŒck.
Ron, der ja etwas gröĂer war als Harry flĂŒsterte leise: âIch habs doch geahnt!â âMach jetzt keinen Fehler!â, zischte Harry zurĂŒck, der aufgrund von Rons Reaktion wusste, was los war. Er ging, ohne Hermine anzusehen, zu Ginny und fĂŒhrte diese zu einem der Podeste. Audrey stellte sich mit einem leichten LĂ€cheln auf Harrys Platz und sah aus dem Fenster. Ron ging langsam zu Hermine, die ein dunkelrotes langes Seidenkleid mit langen Ărmeln, schwarzem Spitzenbesatz und einem dezenten Ausschnitt trug. âIch wollte nur mal wissen, ob ich das tragen könnte.â SchĂŒchtern sah sie zu ihrem Freund, dem es, genau wie Harry bei Ginny, die Sprache verschlagen hatte. Nach einem RĂ€uspern sagte Ron leise: âWieso könnte? Du musst einfach!â âAber Ron, ich weiĂ doch âŠâ âDas lass mal meine Sorge sein, Mine! George zahlt ganz gut dafĂŒr, dass ich ihm im Laden helfe.â GlĂŒcklich nahm sie ihn in den Arm und drĂŒckte ihn fest. âDas musst du aber nicht tun!â âIch will aber!â âNa gut, dann bezahle ich aber meine UmhĂ€nge selber.â âKannst es mir hinterher wiedergeben.â âMach ich auch auf jeden Fall. Noch sind wir ja nicht verheiratet!â Ron wurde rot und Hermine grinste ihn frech an, bevor sie sich hinter einem Vorhang wieder umzog.
Als sie soweit war, konnte sie direkt mit Ginny den Platz tauschen. Nachdem Hermines MaĂe feststanden, sah Madame Malkin in ihr kleines Notizbuch und meinte nachdenklich: âIst schon so eine Sache mit der Zeit. Man soll nicht glauben, wie schnell aus Kindern Leute werden.â Als sie Audreys fragenden Blick bemerkte, setzte sie hinzu: âIn diesem BĂŒchlein vermerke ich jeden einzelnen Kunden. Vom ersten Hogwartsumhang bis hin zum letzten Kleid oder Festumhang.â Nachdenklich sah sie zu Audrey. âSie waren noch nicht hier, stimmts?â âNein, ich komme nicht von hier.â âAh ja, kann ich denn auch etwas fĂŒr sie tun?â âNein âŠâ âDoch!â, unterbrach Harry sie. âBitte einmal nur vermessen, geht das?â Madame Malkin lĂ€chelte und nickte ihm freundlich zu. âWollen sie eventuell einen Satz UmhĂ€nge gleich mitnehmen, Mr Potter?â âDas wĂ€re schön. Wir mĂŒssen nachher noch ins Ministerium und Muggelsachen sind da ja nicht so angesagt.â âEinen kleinen Moment bitte.â Nach einer knappen halben Stunde war Audrey vermessen und Madame Malkin stand mit vier mitternachtsblauen UmhĂ€ngen vor ihnen. Sie ĂŒberreichte sie dem jeweiligen Besitzer und besah sich ihr Werk. âSehr schön. Wohin soll ich die restlichen Sachen schicken?â âBitte in den Fuchsbau.â âIn Ordnung, Mr Potter. Kann ich noch etwas tun?â âDanke, da wĂ€re noch etwas. MĂ€dels geht doch schon mal vor? Ron und ich regeln den Rest hier allein.â Nachdem die MĂ€dchen vor der TĂŒr und Madame Malkin am Verpacken war, sprach Ron Harry an: âGlaubst du, zu dem Kleid gĂ€be es auch noch was passendes, wie bei Ginny?â âFrag doch einfach!â Madame Malkin, die Rons Frage geahnt hatte, kam wieder hinter ihrem Ladentisch hervor, unter den sie sich direkt gebeugt hatte. Mit einem breiten LĂ€cheln zeigte sie Ron ihre Auswahl. Dieses Mal waren es eine schwarze Handtasche, schwarze Schuhe und eine rote Einsteckrose. Ron sah Harry fragend an. âDeine Entscheidung!â, gab er zurĂŒck. âGut, ich nehme die Sachen dazu.â Nachdem alles eingepackt war, wandte sie sich an Harry.
âWas sollte es denn noch sein?â âIch brĂ€uchte noch sieben von diesen UmhĂ€ngen und zwar fĂŒr Arthur, Molly, Charlie, Percy, Bill, Fleur und George Weasley, sowie fĂŒr Audrey, die sie gerade vermessen haben, Madame Malkin. Die Daten der erwachsenen Weasleys mĂŒssten noch stimmen.â âAudrey âŠ?â âEventuell bald auch Weasleyâ, gab Harry vorsichtig zurĂŒck. Sie sah ihn fragend an, aber als Harry ihr zuzwinkerte trug sie nur den Vornamen ein. âMr Potter, ich kann ihnen gar nicht sagen, wie ich mich freue, sie gesund und munter hier wieder zu sehen.â âDanke, Madame Malkin.â âMr Weasley, ich brĂ€uchte noch die Nummer ihres Verlieses bei Gringotts fĂŒr die Abbuchung.â âDie gesamte Summe können sie aus meinem Familienverlies nehmen lassen, Madame Malkin. Ron hatte noch keine Zeit sich ein eigenes zu besorgen.â âOh ja, stimmt ja, sie sind ja jetzt volljĂ€hrig, dann werde ich das in den Kundendaten vermerken. Vielen Dank fĂŒr ihren Besuch und weiterhin alles Gute fĂŒr sie!â âDanke und bis zum nĂ€chsten Mal.â
WĂ€hrend er aus der TĂŒr trat, hörte Harry eine bekannte ölige Stimme. âNa, wenn das mal nicht das Potterliebchen mit seinen Freundinnen ist!â Harry hielt Ron, der etwas rufen wollte, zurĂŒck. âTraust dich also auch ohne deinen BeschĂŒtzer in die Ăffentlichkeit?â, schnarrte der picklige junge Mann weiter. âSicher! Was dachtest du denn, du Aushilfszauberer?â âGanz schön groĂe Worte fĂŒr so ein zierliches Persönchen!â Ginny verbiss sich eine Antwort. Audrey und Hermine sahen ihn nur angewidert an. Harry hatte sich jetzt hinter Borage geschlichen und gab den MĂ€dchen ein Zeichen, nichts zu verraten. âWas ist los, PĂŒppchen? Bis eben hattest du doch noch so eine groĂe Klappe?â âSie redet halt nicht mit jedem dahergelaufenen Mistkerl, Borage. Was treibst du hier?â Harry legte ihm seine Hand auf die Schulter und der Junge fuhr zusammen. Borage hatte sich so sehr erschrocken, dass sich seine Blase schlagartig entleerte. Die MĂ€dchen brachen in schallendes GelĂ€chter aus. Ron, der sich jetzt breit grinsend hinter Hermine gestellt hatte, zeigte mit dem Finger auf ihn. Borage drehte sich langsam um. Mit hochrotem Kopf und wutverzerrter Stimme schrie er Harry an: âDas werden deine beiden Lieblingskumpel bĂŒĂen, Potter!â âWenn du Nicolas oder Laura auch nur verkehrt ansiehst, wirst du das bitter bereuen!â Harrys Stimme war eiskalt, aber ruhig. âWie willst du das schon heraus bekommen? Du bist ja gar nicht mehr an der Schule! AuĂerdem kann ich, dank meines Vaters, in der Schule tun ud lassen, was ich will!â, spie der Slytherin ihm entgegen. âOh, glaub mir! Ich kann und werde es wissen. Ich wĂŒnsche dir noch einen schönen Tag, mein Freund!â
Die Gruppe ging gemeinsam weiter und lieĂ Borage mitten auf der Winkelgasse stehen. âWar der das, mit dem du dich angelegt hast?â, wollte Audrey wissen. âJa, das war er. Kommt mal mit in den kleinen Gang zwischen den HĂ€usern.â âWas ist denn los, Harry?â, wollte Ron wissen. âIch muss McGonagall warnen!â âUnd wie willst du das hin bekommen, bevor der Typ wieder in eurer Schule ist?â, wollte Audrey wissen. âPass mal auf! Kreacher, komm bitte sofort zu mir!â Nach einem Moment ploppte es leise und Kreacher stand vor Harry und verbeugte sich. âSir Harry wĂŒnscht?â âGeh bitte zur Direktorin und warne sie davor, dass Borage mit Nicolas und Laura etwas vorhat.â âGern, Sir Harry. Sollen wir die Ăberwachung verstĂ€rken?â Entschlossen sah der Elf ihn an. âGeht das denn?â, wollte Ginny wissen. âSicher, Miss Weasley. Die Beiden sind eh ganz vernarrt in Tammy und Timmy.â âGut, dann tut das bitte.â âSehr wohl, Miss.â âNoch einen Wunsch, Sir Harry?â âJa, da wĂ€re noch etwas. Sollte es ihm trotzdem gelingen den Beiden zu schaden, dann sorgt dafĂŒr, dass diese kleine Ratte bis zu seinem Abschluss im St. Mungo landet.â âDas wĂ€ren noch mindestens zwei Jahre, Sir Harry.â âDas ist mir egal. Er soll merken, wo es weh tut, hörst du?â Mit einem fiesen Grinsen verbeugte sich der Elf und verschwand. Nachdem sich Harry herum gedreht hatte, sahen ihn alle, bis auf Ginny, fassungslos an.
âVon mir aus können wir mit dem Bummel fortfahrenâ, ignorierte er sie fröhlich. Er drĂ€ngte sich an den Anderen vorbei und zog Ginny mit sich. âIch glaube als NĂ€chstes sollten wir die Briefe los werden, bevor Ginny und ich ins Ministerium aufbrechen.â Als sie die Eulerei betraten, stand Audrey mit groĂen Augen da und staunte ĂŒber dir groĂe Anzahl der verschiedenen Eulen. âWas fĂŒr eine riesige Menge!â, staunte sie leise. Hermine fing direkt an, ihr leise alles ĂŒber die Zaubererpost zu erzĂ€hlen. Harry ging zum Ladentisch. âGuten Morgen, Mr Midgeon, wie geht es ihnen und ihrer Familie?â âOh, guten Morgen Mr Potter. Sehr gut. Danke! Und der eigenen?â Ohne auf den verlegenen Ausdruck zu achten, der sich jetzt wegen der versehentlichen kleinen Taktlosigkeit auf dem Gesicht des Mannes abzeichnete, antwortete Harry lĂ€chelnd. âGinny und mir geht es sehr gut. Danke der Nachfrage.â âWer ist denn die junge Dame bei ihnen, Mr Potter?â âDas ist ein verkleideter Muggel, der unbedingt in die Winkelgasse wollte!â, flĂŒsterte Harry und zwinkerte ihm zu. âOh, ich glaube ich bin mal wieder etwas neugierig heute.â Harry nickte nur lĂ€chelnd und schob ihm die Briefe zu. âEilt es sehr mit den Briefen?â âNur die beiden obersten, Mr Midgeon, die anderen haben Zeit.â Harry legte die geforderten MĂŒnzen auf den Tisch und verabschiedete sich freundlich.
Nachdem sie wieder drauĂen waren, sah Harry abwartend zu den Anderen. âNa, wo soll es jetzt hingehen?â âWie wĂ€re es denn, wenn wir zu Ollivander gehen und sehen, ob er schon wieder geöffnet hat?â, kam von Ginny. Langsam gingen sie bis zum Ende der Winkelgasse. Die meisten Zauberer sahen sie etwas komisch an, wenn sie auf das GrĂŒppchen mit den identischen UmhĂ€ngen stieĂen, das von einer neugierig drein blickenden Hexe begleitet wurde. Aber wenn sie Harry erkannten, winkten sie ihnen zu und gingen lĂ€chelnd weiter. Bei Ollivanders angekommen, konnten sie erfreut feststellen, dass der Laden geöffnet war. Leise betraten sie ihn und der Klang der TĂŒrglocke hatte etwas Anheimelndes fĂŒr Harry. 'Wie beim ersten Mal!', ging ihm durch den Kopf. Wie gewohnt dauerte es eine ganze Weile, bis Mr Ollivander aus dem Labyrinth von Regalen und Schachteln auftauchte. âOh, Mr Potter, ich freue mich sehr, sie hier wieder einmal begrĂŒĂen zu dĂŒrfen.â Der damals schon alte Mann sah aus, als wenn Jahrzehnte vergangen wĂ€ren seit ihrem letzten Treffen. âDie Freude ist ganz auf unserer Seite! Geht es ihnen wirklich gut, Mr Ollivander?â Harry sah ihn sehr besorgt an. âNun, es gibt VorfĂ€lle im Leben, die einen besonders prĂ€gen oder zeichnen. Ihnen brauche ich davon ja nichts zu erzĂ€hlen, Mr Potter. Sie kennen das ja aus eigener Erfahrung.â Harry nickte und sah ĂŒberrascht an Mr Ollivander vorbei, als es irgendwo im hinteren Teil des Labyrinthes einen lauten Knall gab. âBitte entschuldigen sie die Unruhe. Ich arbeite gerade meinen Neffen ein, der den Laden in ein oder zwei Jahren ĂŒbernehmen soll.â Die Gruppe sah ihn verstĂ€ndnisvoll an. âEr begreift einfach nicht, dass man Drachenherzfaser und Einhornhaar nicht in einem Stab verarbeiten kann! Irgendjemand hat ihm wĂ€hrend seines Studiums diesen Floh ins Ohr gesetzt, doch er versucht es unermĂŒdlich.â Mr Ollivander schĂŒttelte lĂ€chelnd seinen Kopf. âDer Forscherdrang der Jugend. Gut, dass wir ihn haben.â
Sein freundlicher Blick glitt jetzt ĂŒber jeden Einzelnen und blieb bei Audrey hĂ€ngen. âSie haben ihren Stab aber nicht von mir.â Er ging freundlich auf sie zu. âIch kann nicht zaubernâ, flĂŒsterte Audrey errötend. âSo eine hĂŒbsche Hexe und dann ohne KrĂ€fte? Wollen wir es nicht doch einmal versuchen, ob ich den richtigen Stab fĂŒr sie finde?â âMeinen sie, dass das eine gute Idee ist?â âNaja, vermessen kann ja nicht schaden, junges FrĂ€ulein. FĂŒr Hogwarts ist es sicher zu spĂ€t, aber mit ihren Freunden hier als Lehrern könnten sie sich zumindest den Alltag etwas erleichtern.â Mit gemischten GefĂŒhlen nahm sie seine Hand und er fĂŒhrte sie an die Stelle, an der er bisher jeden seiner Kunden vermessen hatte. Er kramte umstĂ€ndlich sein MaĂband heraus und begann mit seiner Arbeit. Alle in der Gruppe hielten den Atem an, bis er sich lĂ€chelnd zu ihnen herumdrehte und Harry mit seinem blasssilbernen Blick fixierte. âDa ich nicht davon ausgehe, dass sie mir einen Streich spielen wollten, Mr Potter, werden sie mir sicher etwas verraten, das ich schon weiĂ.â Harry sah ihn offen an. âNein, einen Streich wĂŒrde ich ihnen nie spielen. Audrey ist ein Muggel und die Freundin von Percy Weasley. Sie ist völlig begeistert von unserer Welt und ich habe groĂes Vertrauen zu ihr.â Der Zauberstabmacher sah Audrey prĂŒfend in die Augen. âIch kann groĂe Neugier sehen, aber auch etwas, das mich nicht an ihren Worten zweifeln lĂ€sst, Mr Potter.â Er ging hinter seinen Ladentisch und kam mit mehreren Schachteln wieder zum Vorschein. âNun Miss, es soll niemand sagen können, bei Ollivander nicht das Richtige gefunden zu haben. Mögen sie lieber Lakritze, Schokolade oder BlumendĂŒfte?â âIch liebe Veilchenâ, gab sie schĂŒchtern zurĂŒck. âSehr schön, die Blume der Feenkönigin und der Bescheidenheit.â Er beugte sich noch einmal hinunter und ĂŒbergab ihr eine schmale Schachtel. âFĂŒr diesen Stab braucht es keine Magie. Er verströmt seinen Duft, wenn ihn eine warme Hand berĂŒhrt. Probieren sie es doch einmal aus.â Sehr vorsichtig nahm Audrey den glĂ€nzenden, violetten Stab in die Hand. Nach ein paar Sekunden roch der ganze Raum dezent nach Veilchen.
âWie funktioniert das und warum haben sie diese StĂ€be im Sortiment?â, wollte Hermine mit einem Leuchten in den Augen wissen. âWie es funktioniert werde ich sicher nicht verraten, aber das Warum können sie gern erfahren, Miss Granger.â Als er wieder vor seinen Tresen getreten war, sahen sie ihn gespannt an. âWie sie sicher wissen, gibt es in unserer Gemeinschaft immer mal wieder solche, die ohne oder nur mit sehr geringen KrĂ€ften geboren werden. Daher auch meine Annahme, ihnen eventuell doch helfen zu können.â Er sah dabei freundlich zu Audrey. âViele Eltern, die einfach nicht wahr haben wollen, dass ihren Kindern das Wichtigste fehlt, um normal in unserer Gemeinschaft leben zu können, kommen zu mir und machen ihnen vorher groĂe Hoffnungen. In meinem langen Leben habe ich schon in so viele enttĂ€uschte Kinderaugen sehen mĂŒssen, dass ich anfing, diese StĂ€be zu entwickeln. Sicher sind sie fĂŒr echte Zauberer nur Spielzeug. Oder fĂŒr ihren Bruder nur ein Scherzartikel, Mr Weasley. Aber fĂŒr ein gerade einmal elfjĂ€hriges Kind ohne KrĂ€fte sind sie etwas, das ihm ĂŒber die erste groĂe EnttĂ€uschung hinweg helfen kann. Ist es doch damit in der Lage, direkt einen Zauber zu wirken, den andere erst in Hogwarts erlernen.â âWie lang funktioniert der Stab denn?â, wollte Audrey wissen. âFĂŒr einen Nichtzauberer wie sie wird es wohl ein Leben lang reichen. AuĂerdem können sie oder einer ihrer Freunde ja wieder kommen, falls er an Wirkung verlieren sollte.â âIch habe aber leider kein Zauberergeld dabei.â âDas macht gar nichts. Warum sollte ich von ihnen Geld nehmen, wenn ich sie sonst an Kinder verschenke?â âVielen dank, Mr Ollivander.â âGern und richten sie Percy bitte aus, dass ich froh bin, dass er wieder zu seiner Familie gefunden hat.â âJa, das werde ich tun.â Der freundliche alte Zauberer winkte ihnen zum Abschied, bevor sie wieder auf die Winkelgasse traten.
âWas fĂŒr ein netter Herr!â, kam fröhlich von Audrey. âJa, das ist er. Leider musste er wegen seines Könnens und seines Wissens eine Menge durchmachenâ, kam dumpf von Harry. Ginny legte ihren Arm um seine HĂŒfte. âAlles OK mit dir?â âIch habe mich nur erschrocken, wie sehr er sich Ă€uĂerlich verĂ€ndert hat.â Sie sah ihn verstĂ€ndnisvoll an und gab ihm einen Kuss. âWas hĂ€ltst du davon, wenn wir nachher zu Eeylops gehen und dir eine neue Eule besorgen? Dann musst du nicht immer zur Post laufen wegen jedem Brief.â âGute Idee, aber vorher zeigen wir Audrey noch Gringotts.â Als sie vor der Bank standen, kriegte Audrey den Mund nicht wieder zu. âWas fĂŒr ein riesiges GebĂ€ude und das haben alles diese kleinen Kerle, wie der da in der Uniform gebaut?â Hermine setzte ihr Lehrergesicht auf und redete eine viertel Stunde ĂŒber die Bank und ihre Eigenheiten. âSchade, dass ich dein Verlies nicht sehen kannâ, meinte Audrey nach dem Vortrag. âIch möchte dir diese Achterbahnfahrt eigentlich gern ersparen!â âIch fahre sehr gern AchterâŠâ Ginnys und ihr Blick trafen sich und Audrey schwieg sofort. âWir können dir aber die Schalterhalle zeigen, wenn du willst?â, schlug Hermine vor. Sie gingen die Marmortreppe hinauf und standen vor dem Bronzetor. Der Portier grĂŒĂte Harry und sah wieder anzĂŒglich zu Ginny, die ihm daraufhin keck die Zunge herausstreckte und ihm zuzwinkerte. Sofort sah der Kobold stur auf die Winkelgasse hinaus.
Kaum hatten sie die riesige Schalterhalle betreten, kam ein junger Kobold auf sie zu und blieb vor Harry stehen. âDĂŒrfte ich sie kurz in eines unserer BĂŒros bitten, Sir?â Harry drehte sich um und wandte sich an Hermine. âNur kurz schauen und keine langen VortrĂ€ge, Hermine! Sollten Ginny und ich nicht bis dahin wieder zurĂŒck sein wartet drauĂen auf unsâ, flĂŒsterte er ihr zu. Besorgt sah sie ihn an. âPasst auf euch auf!â, wisperte sie. Harry nickte, drehte sich wieder zurĂŒck und legte einen Arm um Ginny. âWir kommen gern mit.â Sie folgten dem Kobold in ein kleines BĂŒro, dessen Zugang sich in der Seitenwand direkt vor den AufzĂŒgen befand. Als sie eintraten, setzte sich der Kobold hinter seinen Schreibtisch und bot ihnen an sich auch zu setzen. Das BĂŒro war der totale Gegensatz zu dem von Slipknot. Die BesucherstĂŒhle waren aus einfachem Holz und auch die Einrichtung war Ă€uĂerst kĂ€rglich und eher abweisend, als einladend. Nach einem angewiderten Seitenblick auf Ginny, begann der Kobold zu sprechen: âSir, sind sie sicher?â âMeine Freundin bleibt hier!â Der Kobold schĂŒttelte sich und begann erneut. âWir haben ihre Listen fertiggestellt, Sir.â âWarum haben sie mir die nicht wie gewĂŒnscht in den Fuchsbau gesandt?â, fragte Harry Ă€rgerlich. âNun Sir, es sind sensible Dinge, die in ihrem Verlies lagern, wir dachten also âŠâ âDas Denken sollten sie in Zukunft einem Hippogreif ĂŒberlassen. Die besitzen eindeutig mehr Menschenkenntnis als sie und ihre Kollegen!â, brauste Harry auf. Der Kobold zog seinen Kopf ein und reichte Harry zwei UmschlĂ€ge. Harry schnappte sie sich und stand auf. âSollte es noch einmal vorkommen, dass sie meine Anweisungen nicht wortgetreu ausfĂŒhren, sehe ich mich gezwungen erneut mit Mr Slipknot ĂŒber unsere GeschĂ€ftsbeziehung zu diskutieren!â Er reichte Ginny seine Hand und zog sie galant zu sich hoch. âKomm Schatz, fĂŒr heute sind wir hier fertig.â GruĂlos verlieĂen sie das BĂŒro. WĂ€hrend sie in der Schalterhalle ankamen, war Hermine gerade fertig mit ihrem Vortrag. Alle zusammen traten erleichtert hinaus auf die Treppe und gingen langsam weiter durch die Winkelgasse.
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