von One_of_the_Old
XXXII Katerstimmung?
Am nächsten Morgen erwachte Ginny mit einem komischen Gefühl im Bauch. 'Ich hasse es, wenn es mir so geht.' Grummelig ging sie ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Ein paar Minuten ließ sie einfach nur das heiße Wasser auf sich einströmen. Während sie sich einseifte, dachte sie an den Abend zuvor. 'Was Harry und Mine wohl gemacht haben? So aufgebracht wie sie war, traue ich ihr zu, dass sie ihn die ganze Nacht wegen des Briefs gelöchert hat. Oh Mann, wird der heute eine Laune haben.' Wieder stand sie ein paar Minuten, mit geschlossenen Augen, unter der Brause und genoss das prickelnde Gefühl der Wasserstrahlen. Nachdenklich trat sie aus der Dusche und trocknete sich ab. 'Ich werde besser erst nach Hermine schauen. Bin gespannt, wie er reagiert hat, als sie ihm sagte, dass sie es nicht kann. Das und ihr Generve wird ihn zur Weißglut getrieben haben. Arme Mine. Hoffentlich hatte sie genug Taschentücher.' Eine Mischung aus Mitleid und Genugtuung stieg in ihr auf. 'Irgendwie ist sie ja auch selber Schuld. Harry war es in letzter Zeit gewöhnt zu bekommen, was er wollte und sie ist so dumm ihm wegen einer Elfe so ein Versprechen zu geben.' Mit gemischten Gefühlen ging sie im Bademantel zum Zimmer ihrer Freundin und klopfte. 'Ob sie noch schläft?' Vorsichtig spähte sie ins Zimmer hinein. Überrascht schob sie die Tür auf und trat ans Bett. Nachdenklich strich sie über das ordentlich gefaltete Nachthemd, das auf dem Laken lag. 'Der Stoff ist kalt. Warum faltet sie das Hemd ordentlich und die Bettdecke sieht aus, als ob sie gleich wieder kommt?' Ginny nahm das Hemd an sich und faltete es auseinander. 'Sieht aus wie frisch aus dem Schrank. Sie wollte sich doch gleich hinlegen.' Vorsichtig legte sie es wieder zurück an seinen Platz und sah sich weiter um. 'Ihr Kleid hängt am Schrank und ihre Sachen für heute liegen auf dem Stuhl. Im Bad war sie nicht, also ist sie bei Harry.' Lächelnd ging sie aus dem Zimmer und betrat das gemeinsame Schlafzimmer.
'Sie liegt schon wieder auf seiner Brust. Aber wie schafft sie das so, wenn sie neben ihm … Merlin, sie liegt, ja komplett auf ihm.' Ginny schlich auf ihre Seite vom Bett. 'Schokopudding? Mine kleckert doch immer damit. Ob deshalb…' Vorsichtig hob sie die Bettdecke an. 'Große Güte, sie hockt nackt auf ihm, wie auf einem Hippogreif und er hat genau so wenig an. Sie wird doch nicht etwa?' Wut kochte in ihr hoch. 'Harry, wenn du sie irgendwie dazu gezwungen hast, bringe ich dich um!' Ginny ließ die Bettdecke wieder sinken und schlich sich aus dem Zimmer, fest entschlossen, mit ihrem Zauberstab zurückzukehren. „Ist sie wieder weg, Hase?” „Ja, Mine und wenn sie wieder kommt, solltest du nicht mehr auf mir liegen. Ihrem Gesicht nach holt sie ihren Zauberstab, um mir einen Fluch aufzuhalsen.” „Von wegen! Ich bleibe genau hier liegen. Wir haben uns nichts vorzuwerfen, Hase.” „Wir wissen das, aber sie noch nicht.” Hermine seufzte. Sie sah auf ihren Nachtschrank und zog die Stirn kraus. „Verdammter Mist. Meiner liegt drüben im Nachtschrank.” „Lass nur! Ich mach das schon.” „Bitte sei vorsichtig mit ihr. Tu ihr nicht weh.” „Ich werde mit ihr genauso sanft sein, wie mit dir.” Sie küsste ihn zärtlich. „Ich glaube sie kommt zurück.” Beide schlossen ihre Augen wieder und harrten der Dinge, die da kommen würden. Nach ein paar Sekunden schlich Ginny wieder ins Zimmer. Mit ihrem Stab in der Hand stand sie einen Moment zögernd am Bett. 'Merlin, wenn sie nun doch freiwillig…' Energisch schüttelte sie ihren Kopf. 'Nie und nimmer!' Sie griff nach der Bettdecke, riss sie weg und holte tief Luft, um ihre ganze Wut herauszuschreien.
Sie öffnete den Mund und hob ihren Stab. Plötzlich umgab Hermine ein schimmerndes Energiefeld und die Bettdecke flog an seinen vorherigen Platz zurück. „Guten Morgen, meine kleine Rose”, begrüßte Harry sie lächelnd. „Hat sich was mit kleine Rose. Was hast du meiner besten Freundin angetan?”, schrie sie los. „Nichts, was sie nicht selbst gefordert hat”, seine Stimme war ruhig, ja geradezu zärtlich. „Erzähl das jemandem, der sie gestern nicht erlebt hat!”, wetterte Ginny weiter. „Oh, ich glaube, das tu ich gerade.” „Verarsch mich nicht! Mit welchem Trick hast du sie dazu gekriegt du … du elender Scheißkerl?”, tobte sie mit hochrotem Kopf. Hermine wurde das zu viel. Sie drehte den Kopf herum und sah Ginny bittend an. „Gin, hör endlich auf! Harry sagt die Wahrheit. Es war ein wundervolle Nacht. Mach mir die Erinnerung daran nicht mit deinem grundlosen Theater kaputt”, flüsterte sie traurig. Das sie umgebende Flimmern verschwand und Harry strich ihr liebevoll durchs Haar. Ginnys Gesichtsfarbe wechselte plötzlich zu aschfahl. Ihr Zauberstab fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden und sie ließ sich auf die Bettkante sinken. Sie stützte ihren Kopf auf ihre Hände, hielt sich die Wangen und starrte an die Wand. 'Ich bin doch wirklich eine blöde Kuh! Anstatt dass ich sie erst einmal frage, führe ich mich auf als wäre ich Mum. Selbst die hat immer erst gefragt, bevor sie rum brüllt. Ich könnte mich ohrfeigen, verdammt.' Sie wurde durch eine sanfte Berührung aus ihren Gedanken gerissen. Ginny spürte Hermines kühle Hand an ihrem Nacken. „Gin? Komm doch zu uns unter die Decke. Du bist ganz kalt.” „Mögt ihr mich überhaupt bei euch haben?” „Sonst hätte Mine wohl nicht gefragt”, kam in ruhigem Tonfall von Harry. „Was ist mit dir?” „Wir zwei klären das, wenn ich mit Kreacher gesprochen habe. Jetzt komm her, bevor du dir noch was wegholst.” Ginny krabbelte unter die Decke und sah, genau wie Hermine, nachdenklich zu Harry. „Warum willst du erst mit Kreacher sprechen, Hase?” „Ich habe da einen ganz dummen Verdacht und bevor der nicht ausgeräumt ist, werde ich zu ihrem Auftritt sicher nichts sagen.” Ginny drehte sich auf den Rücken und sah nun zum ersten Mal das flimmernde Bild auf dem Stoff über ihr.
„Wann hast du das gemacht?” „Gestern, als ich über den Brief nachgedacht habe.” „Hat es einen bestimmten Grund, warum Mine nichts anhat und einen Strauß Lilien in der Hand hält?” Harry grinste. „Die Bilder sind aus meinem Gedächtnis. Es sind Muggelzeichnungen von Sternbildern, die ich mal auf alten Postkarten meiner Tante gesehen habe. An die Blumen konnte ich mich nicht mehr genau entsinnen, da hab ich die genommen, weil ich sie mag.” Ginny grinste schräg. „Die Bilder hat eindeutig ein Mann gemacht. Wer sonst käme auf die Idee, eine Jungfrau ohne Klamotten auf eine Wiese zu setzen und Blumen pflücken zu lassen?” Hermine sah erschrocken auf. „Oh Mann! Daran hab ich ja noch gar nicht gedacht!”, rief sie besorgt aus. Sie rollte von Harry herunter und sah nachdenklich auf das Bild über sich. Harry und Ginny starrten sie an. „Mine, was ist denn passiert?, wollte er besorgt wissen. Hermine sah ihn frech grinsend und mit blitzenden Augen an. „Was würdest du von Waage halten, Hase?” „Hä? Was willst du mit einer Waage? Also ich finde nicht, dass du zu viel wiegst.” Sie gab ihm einen Kuss. „Danke, Schatz, aber ich meine nicht eine Waage, sondern die Waage.” Ginny tippte ihn an und als er zu ihr sah, grinste sie genauso frech. „Sie meint ihr Sternzeichen, Harry.” Harry begriff gar nichts und sah mit einem dummen Gesicht zwischen ihnen hin und her. Hermine legte ihre Arme auf seine Brust und stützte den Kopf auf, um ihm in die Augen zu sehen. „Du hast schließlich dafür gesorgt, dass ich ein Neues brauche.” Harry grinste verlegen. „Ihr habt vielleicht nen Humor.” „Und davon eine ganze Menge!”, erwiderte Ginny. Harry zog die Brauen hoch und sah sie ernst an. „Ach ja?” „Ich glaub ich geh frühstücken.” Ginny sprang auf und verließ fluchtartig das Zimmer. Harry wickelte sich auch aus der Decke und setzte sich auf die Bettkante. Hermine krabbelte hinter ihn, legte ihre Arme um ihn und ihren Kopf auf seine Schulter. „Hast du dich entschieden, was du tun wirst, Hase?” „Zum Teil ja, denn das fiel mir nicht unbedingt schwer. Den Rest will ich nur mit euch zusammen entscheiden.” „Den gefährlichen Teil?” „Genau den, Mine. Das kann und will ich nicht allein entscheiden. Weder für mich noch für euch.” „So schlimm?” „Wie man es nimmt. Lass uns lieber erst frühstücken. Wenn ich darüber jetzt zuviel nachdenke, vergeht mir der Appetit.” Sie küsste ihn auf den Hals und nahm ihn fester in den Arm. „Wir werden das schon hinbekommen.”
Hermine stand auf und Harry griff nach ihrer Hand. Vorsichtig strich er mit dem Daumen über ihre Finger. „Sag mal, Mine, hat dich irgendwas dazu gedrängt gestern?” Er vermied es, sie anzusehen. „Du meinst außer deinem Verständnis und deiner verführerischen Säuberung?” Sie trat vor ihn und zog mit der freien Hand seinen Kopf an ihren Körper. „Nein, Harry und wenn es nach mir ginge, könnten wir sofort da weiter machen, wo wir gestern aufgehört haben.” Nachdenklich sah er zu ihr auf. „Wie kommt das, Mine? Du warst so … Ich meine, was hat sich nach unserem Gespräch verändert?” Sie ging vor ihm in die Hocke und stützte ihre Arme auf seine Knie. „Du hast immer noch ein schlechtes Gewissen, stimmts, Hase?” „Irgendwie schon. Ich wollte dich ablenken damit, weil es dir das letzte Mal so gut gefallen hat. Bitte sag mir ehrlich, ob ich etwas mit dir gemacht habe, das du nicht wolltest.” Hermine zog die Stirn kraus. „Du glaubst wirklich, ich würde das zulassen?” „Nein, es wäre aber möglich, dass du nicht du selbst gewesen bist.” Ihre Augen begannen zu leuchten. „Glaub mir, Süßer. Das Gefühl hatte ich auch teilweise, aber es lag nur an dir und an nichts sonst.” Sie tippte ihm mit dem Finger auf die Nase, erhob sich und ging aus dem Zimmer.
Nachdem sich Harry angezogen hatte, ging er in die Küche zu Kreacher. Ginny, Nicolas und Laura saßen beim Frühstück und sahen ihn überrascht an, als er mit ernstem Gesicht eintrat. „Guten Morgen, Sir Harry”, wurde er freudig von Winky begrüßt. „Morgen, Winky.” Abwesend setzte er sich auf einen Stuhl. Ginny räusperte sich. Als Harry sie ansah, warf sie einen vielsagenden Blick auf die Kinder. „Oh, entschuldigt bitte. Guten Morgen ihr zwei. Habt ihr gut geschlafen?”, er lächelte ihnen zu. „Haben wir. Laura war noch nicht einmal bei mir”, berichtete Nicolas fröhlich. Laura sah verlegen zu Harry. „Ich hab geschlafen, bis Ginny mit dir geschimpft hat.” „Bitte glaubt mir. Das passiert nicht jeden Morgen. Nicht wahr, Liebes?” „Wenn du mir keinen Grund lieferst, nicht.” „Was mich auf etwas bringt, Schatz.” „Kreacher? Kommst du mal bitte?” Der Elf kam mit Harrys Frühstück und stellte den Teller vor ihn. „Sir Harry wünscht?” „Ich hatte dich doch gebeten, mir eine Extraschale Pudding in die Küche zu stellen.” „Sir Harry hat gesagt, er wolle sie haben, um eventuell Miss Granger damit zu trösten, falls das nötig sein sollte.” „Warum denn das, Harry? Was hast du vorgehabt?”, wollte Ginny lauernd wissen. „Ich hatte nie vor, ihr Versprechen einzufordern, Ginny, habe aber damit gerechnet, dass sie den Grund wieder bei sich sucht. Daher hatte ich eine nette Idee für die Nacht.” „Warum hat Sir Harry nach dem Pudding gefragt?” „Was hast du in den Pudding getan, Kreacher?” Erschrocken sah Kreacher ihn an. „War er nicht nach Miss Grangers Geschmack? Das wäre unverzeihlich für Kreacher.” Der Elf sah traurig zu Harry. „Oh, geschmeckt hat er ihr sehr gut. Ich bin auch mehr daran interessiert, was du an Zutaten verwendet hast.” „Drei Tafeln dunkle Schokolade, dreihundert Gramm Sahne, fünf Eier, achtzig Gramm Zucker, etwas Wasser, drei Esslöffel Cognac und drei Esslöffel starken Kaffee”, leierte der Elf herunter. „War das wirklich alles, Kreacher?” Überrascht sah der Elf ihn an. „Natürlich, Sir Harry, warum fragen sie?” „Kann es sein, dass dir bei der Zubereitung, ganz aus Versehen, ein anregender Trank mit in die Schale gekommen ist?” „Was denkt Sir Harry nur von Kreacher? Kreacher ist nicht verantwortungslos. Es sind junge Zauberer im Haus. Was glaubt Sir Harry, wie ein solcher Trank auf sie wirken würde, wenn sie von dem Pudding naschen?” Versöhnlich sah Harry den alten Elf an. „Bitte verzeih mir die letzte Frage. Ich weiß, dass ich dir in allem vertrauen kann.” „Zu gütig, Sir Harry.” Kreacher verneigte sich und ging brummelnd wieder zum Herd.
Harry sah zu Ginny, die mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf ihr Rührei in sich hineinschaufelte. Direkt, nachdem sie damit fertig war, ging sie mit ihrem Kakao aus der Küche. „Was hat Ginny denn, warum geht sie jetzt so schnell?”, wollte Nicolas wissen. „Sie hat erfahren, dass sie mich ohne Grund ausgeschimpft hat”, erklärte Harry ihm lächelnd. „Bist du jetzt böse mit ihr und wirst auch schimpfen?” „Nein, Laura, ich werde nicht mit ihr schimpfen. Aber nichts verraten, hörst du?” Er zwinkerte ihnen zu und die Geschwister zwinkerten grinsend zurück. Hermine kam in die Küche und begrüßte alle fröhlich. Sie nahm Kreacher ihren Teller ab und setzte sich neben Harry. „Na, wie war eure erste Nacht in euren neuen Betten?” „Wir haben ganz toll geschlafen.” „Das ist schön, Nicolas.” „Ich hab was Tolles geträumt. Nämlich, dass …” „Psst, Laura, nicht verraten! Was man in der ersten Nacht in einem neuen Bett träumt, soll in Erfüllung gehen, weißt du?”, unterbrach Hermine sie. „Oh, das wäre so was von toll.” „Hast du schon mit Kreacher gesprochen?” „Hab ich, Mine.” „Und?” „Alles in bester Ordnung.” „Wann sollen wir im Ministerium sein?” „Gegen Mittag. Ich wollte aber vorher noch zur Bank und zu Eeylops. Wird Zeit, dass wir wieder eigene Postboten im Haus haben.” „Wir? Wie viele Eulen sollen es denn werden?” „Mindestens drei, Mine. Kann ja sein, dass jeder von uns einen Brief verschicken will.” „Wird sicher schön, wieder Haustiere zu haben.” Harry bemerkte den traurigen Unterton in ihrer Stimme. Er ergriff ihre Hand und drückte sie leicht. „Er fehlt dir, hab ich recht?” Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten und stellten ihr Kopfschütteln als Lüge bloß. „Jetzt, wo wir wieder hier sind, findet er dich vielleicht wieder, Mine. Du weißt doch, was für einen kolossalen Orientierungssinn Kniesel haben.” Lächelnd, aber mit traurigen Augen sah sie ihn an. „Lieb von dir, dass du mir Mut machst. Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht.” „Ob sich Krummbein über eine Freundin freuen würde?”, fragte er vorsichtig. Sie überlegte kurz. „Wir könnten ja mal in die magische Menagerie schauen, wenn du magst?” „Das war der Grund für meine Frage. Ich wollte nur dein OK dazu.” Nachdenklich sah sie ihn an. „Du hast doch kein schlechtes Gewissen mehr?” „Dazu besteht absolut kein Grund. Du hast mich überzeugt und Kreacher hat mir meine letzten Befürchtungen ausgeräumt.”
Lächelnd nahm sie ihn in den Arm und gab ihm einen Kuss. Als sie sich wieder ihrem Teller zuwandte, sah sie in die grinsenden Gesichter der Kinder. „He ihr zwei, grinst nicht so frech! In ein paar Jahren werdet ihr auch sowas machen.” „Ich nie!”, entgegnete Nicolas und Laura verzog ihr Gesicht. „Bah, Jungs küssen.” Harry grinste jetzt auch. „Hast du deshalb Ginny den Gutenachtkuss für mich überbringen lassen?”, seine Stimme war warm und herzlich. Ihr Bruder machte große Augen und sie lief rosig an. „Nein, den hatte ich wirklich nur vergessen. Heute Abend bekommst du ihn von mir.” „Das musst du aber nicht, wenn du nicht willst.” Laura stand von ihrem Stuhl auf und kam zu Harry herum. Sie hatte wieder diesen ernsthaften Gesichtsausdruck. „Ich hab bei dir das Gefühl, das es einfach richtig ist.” Sie gab ihm ein Bussi auf die Wange und ging lächelnd aus der Küche. Ihr Bruder fand seine Sprache wieder. „Kannst du mir mal verraten, wie du das gemacht hast?” „Ich weiß nicht genau, was du meinst, aber ich schätze mal nicht.” „Naja, sie hat schon in der Schule immer viel von dir gesprochen, nachdem sie dich kennengelernt hat. Laura war auch sofort Feuer und Flamme für den Vorschlag von Timmy, obwohl sie sich immer schwertut, wenn sie in eine fremde Umgebung kommt. Was meinst du wohl, was sie versucht hat, um nicht nach Hogwarts zu müssen? Grandma war echt am Verzweifeln. An ihrem ersten Abend hier setzt sie sich nicht nur zu dir, sondern schläft auch noch tief und fest und heute Nacht hat sie komplett in ihrem Bett geschlafen.” „Du betonst das so, Nicolas. Hat das einen bestimmten Grund?” Der Junge nickte und sah Harry traurig an. „Seit dem Unfall von Mum und Dad fällt ihr das sehr schwer.”
Er sah komisch zu Harry. „Warum schaust du so?” „Ich warte auf die üblichen Bemitleidungen deswegen.” „Möchtest du das denn?” „Ich hasse das. Jeder sagt immer nur, wie Leid es ihm tut. Aber keiner versucht, ihr wirklich zu helfen.” „Was meinst du denn, was ihr helfen würde?”, wollte Hermine zaghaft wissen. „So etwas wie eine Familie.” „Ihr habt doch eure Großeltern.” „Das ist für Laura aber nicht genug, Hermine. Versteh das bitte nicht falsch. Wir lieben sie, aber es ist schwer für sie, sich um uns zu kümmern. Sie tun ihr Bestes, das weiß ich. Aber sie … sie sind zu alt, um uns Mum und Dad zu ersetzen.” Harry stützte sein Kinn auf die Hand und sah nachdenklich zu Nicolas hinüber. „Wenn deine Großeltern eine Familie bitten würden, euch aufzunehmen, wärst du dann damit einverstanden?” „Nur unter der Bedingung, dass sich Laura so wohl fühlt, wie bei…” Der Junge brach ab und sah verlegen zwischen Hermine und Harry hin und her. Hermine lächelte ihm zu. „Bei uns?” „Ja, auch wenn ihr so komisch zusammenlebt.” „Hast du ein Problem damit?” „Grandpa hat fast der Schlag getroffen, als Dumbledore ihm das angedeutet hat.” „Er wusste es doch noch gar nicht zu dem Zeitpunkt.” Kam ein überraschter Einwand von Hermine. „Darum hat er es wohl auch nur angedeutet, Hasi”, sagte Harry grinsend. Er sah wieder zu Nicolas und sein Grinsen verschwand. „Dein Grandpa hat halt seine Meinung dazu, aber was ist mit dir?” Harry fixierte den Blick von Nicolas' stahlblauen Augen, mit seinem eigenen. „Was möchtest du von mir hören?” „Die Wahrheit, Nicolas. Egal, wie sie aussieht”, seine Stimme war ruhig und freundlich. „Ich habe ein Problem damit, dass…” Er brach ab und überlegte ein wenig. „Nicht mit dem, was ihr macht. Eher damit, dass ich…” Er sah zu Hermine. „Ich weiß nicht, wie ich mit dir und Ginny umgehen soll.” Hermine sah ihn überrascht an. „Hast du darum bei mir auf dem Schoß gesessen, aber sie gebeten euch ins Bett zu bringen?” Er nickte langsam. „Ich will nicht, dass ihr darüber streitet, wen von euch ich mag.” Hermine stand auf und nahm ihn in ihre Arme.
„Hör mal, es ist nur wichtig für uns, dass du und Laura wissen, dass wir drei euch beide sehr gern haben. So lange ihr hier seid, werden wir auf euch aufpassen und euch helfen, so gut wir können.” „Du bist die Erste, der ich diesen Satz wirklich glaube, abgesehen von Grandma.” Sein Gesicht war sehr ernst, aber seine Augen sahen Hermine dankbar an. Diese setzte sich wieder an ihr Frühstück. „Dürfte ich aufstehen, Harry?” „Wenn du fertig bist?” „Bin ich. Sagst du mir bitte noch, welche Zimmer wir hier betreten dürfen, wenn ihr nicht zu Hause seid?” Verwundert sah Harry ihn an. „Gibt es solche Räume bei deinen Großeltern?” „Leider ziemlich viele.” „Sie haben sicher ihre Gründe dafür, Hase. Tränkelabor und Zutatenschrank sind nichts für junge Zauberer, wenn sie allein sind.” „Die haben wir hier zwar noch nicht, aber es wäre schon besser, wenn ihr die nicht renovierten Zimmer nur mit Kreacher zusammen betretet, wenn er wieder zurück ist.” „Außerdem lasst ihr bitte die Finger von der mittleren Schublade der Kommode in Harrys Zimmer”, ergänzte Hermine. Nicolas grinste schief, versprach aber sich daran zu halten. „Das gilt auch für Laura. Nur, damit wir uns nicht falsch verstehen”, setzte Harry ebenfalls grinsend hinzu. Nicolas war enttäuscht. „Du denkst aber viel weiter als Grandma.” „Du darfst nicht vergessen, dass er nach Fred und George Weasley, wohl der größte Regelbrecher Hogwarts seit seinem Vater ist. Seine Neigung Regeln und Verbote zu umgehen ist haarsträubend.” „Nicht zu vergessen meine Gabe, mich und meine besten Freunde in ausweglose Situationen zu manövrieren, Mine.” Hermine sah ihn eindringlich an, entschied sich aber seinen letzten Satz zu ignorieren. „Also gut. Wir werden uns daran halten. Das ist fest versprochen.” „Sehr schön, Nicolas. Schickst du bitte Ginny zu uns, wenn du nach oben gehst?” „Mach ich, Harry.” Nicolas ging aus der Küche und Harry nahm sich eine weitere Tasse Tee.
Hermine war inzwischen auch mit ihrem Frühstück fertig und klopfte nervös mit ihrem Fingernagel gegen ihre Untertasse. „Meine Güte! Wo bleibt Gin denn nur?” „Gin? Es ist mir schon aufgefallen, dass du sie öfter so nennst.” „Ist ne Sache zwischen uns Mädels.” „Also sollte ich damit vorsichtig sein?” „Wäre schön, wenn du es einrichten könntest.” „Alles klar, Mine. Werd mich daran halten.” Er gab ihr einen Kuss auf die Wange. Ein paar Minuten später kam Ginny, mit hängendem Kopf und ihrer Tasse, herein. „Ginny, was ist denn los?” Hermine war ehrlich besorgt. „Ich fühl mich nicht so gut.” „Wegen heute morgen?” „Ja, Mine.” „Vergiss es, Schatz. Setz dich zu mir und alles ist gut. Ich will etwas mit euch besprechen.” Überrascht sah sie Harry an. „Du bist nicht sauer?” „Als wenn ich euch noch nie grundlos angeschrien hätte. Natürlich bin ich nicht sauer. Das schlechte Gewissen danach war für mich schlimmer als alles Andere.” Sie setzte sich erleichtert neben ihn und nahm sich frischen Kakao. Harry zog den Brief von Mrs Flamel aus der Tasche und hielt ihn vor sich. „Wer von euch möchte ihn zuerst lesen?” „Gib ihn Mine! Ich brauch noch einen Moment.” Sie lehnte sich an Harrys Brust und er legte einen Arm um sie. Hermine las den Brief mehrfach, während Harry und Ginny sich flüsternd unterhielten. „Ist sonst wirklich alles in Ordnung, Schatz?” „Klar, ich denke nur daran, dass wir heute wieder mal unterwegs sind. Ich würd viel lieber mit dir vor dem Kamin sitzen und kuscheln.” „Können wir doch heute Nachmittag und auf jeden Fall heute Nacht.” „Ich schlaf doch im Moment bei mir.” „Das ist doch Blödsinn. Du kannst doch trotzdem bei uns schlafen.” Sie schüttelte den Kopf. „Das ist so abgesprochen zwischen Mine und mir. So hat jede von uns dich eine Zeit lang für sich allein.” „Und was ist mit mir? Ich meine, was ist, wenn ich mit dir kuscheln will?” „Dazu hast du nachmittags ja genug Möglichkeiten. Mine hält sich dann im Hintergrund.” „Das habt ihr Mal eben beschlossen. Was ist, wenn ich das nicht gut finde?” „Du hast selbst gesagt, dass wir allein eine Regelung für unser Zusammenleben treffen sollen. Das haben wir getan. Wir wissen, dass du ein kleines Problem damit hast, aber wir brauchen gewisse Absprachen, damit das was wir machen auch funktioniert.” Er wusste nicht, was er sagen sollte, also zog er sie in einen langen zärtlichen Kuss.
Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, gab Hermine wortlos den Brief an Ginny, die ihn anfangs eher lustlos betrachtete, doch zum Ende hin spürte Harry die Anspannung, die in ihr aufstieg. Als sie das Blatt Pergament an Harry zurückgab, sah sie ihn mit großen Augen an. „Was sagt ihr dazu, Mädels?” „Ich verstehe jetzt zumindest, was deine Fragen an Nicolas zu bedeuten hatten, Hase. Was ich nicht verstehe, ist, warum du ihn noch einmal wegen Lauras Schwierigkeiten angesprochen hast. Du wusstest es doch von Minerva.” „Für mich war wichtig, dass Nicolas mir freiwillig und selbst davon erzählt, Mine. Wenn ich jetzt mit ihm darüber spreche, habe ich es von ihm und nicht von jemandem, der mir das eigentlich gar nicht hätte erzählen dürfen.” Ginny sah ihn noch immer abwartend an. „Wie hast du dich entschieden?” „Also…, die Aufnahme von Nicolas und Laura, wenn ihre Großeltern das wünschen, sehe ich als beschlossene Sache an, es sei denn, ihr liefert mir sehr gute Gründe, warum wir das nicht machen sollten.” Er sah zwischen ihnen hin und her, doch beide lächelten nur still. „Warum sagt ihr nichts?” „Wozu, Hase? Du hast dich doch richtig entschieden.” Er sah zu Ginny. „Was soll ich jetzt dazu sagen?” „Zum Beispiel, dass du das nicht gut findest?” „Hey, die Kleine hat Mum zu mir gesagt. Was glaubst du, wie sich das anfühlt?” Harry zwinkerte ihr zu. „Behalt das gut im Gedächtnis, wenn sie mal richtig Mist baut.” „Fass dich an deine eigene Nase, Dad.” Sie streckte ihm die Zunge raus. Hermine fing an zu lachen. „Ihr solltet euch mal selber zuhören. Als ob es wirklich eure wären.” Beide sahen sich verdutzt an und fingen auch an zu lachen, doch Harry wurde schnell wieder ernst.
„Jetzt kommen wir besser zu dem Teil, den ich nicht entschieden habe und auch nicht allein entscheiden werde.” „Warum hast du dich noch nicht entschieden?” „Ich kann euch und ihnen diese Möglichkeit nicht vorenthalten, bin aber nicht sicher, ob ich bereit bin aufgrund der Verantwortung, die ich mit Nicolas und Laura übernehme, das Risiko einzugehen, für etwas, das wir nicht überschauen können bis jetzt, Ginny.” „Das hat dich in den letzten Jahren auch nicht aufgehalten.” „Das war einmal, Mine. Was wäre, wenn dieser angebliche Zubereitungsunfall gar nicht bei der Zubereitung, sondern beim Besorgen der Zutaten geschehen ist? Was, wenn wir unser Leben riskieren müssen, um es als Belohnung verlängern zu können? Wie werden Nicolas und Laura reagieren, wenn sie erfahren, dass ihre Eltern ihr Leben verloren, weil sie das ihrer Kinder verlängern wollten? Was werden sie denken, wenn sie uns alle oder auch nur einen von uns auf dieselbe Weise verlieren? Laura hat, wie es aussieht, fast ein Jahr gebraucht, um wieder Vertrauen zu jemandem zu fassen und sich demjenigen zu öffnen. Vor allem werden die meisten Zauberer weit über hundert Jahre alt. Wir sind achtzehn und die Zwei sind zwölf, wozu brauchen wir das Ding?” Harry lehnte sich zurück und schloss seine Augen. Seine Stimme war von Frage zu Frage leiser und eindringlicher geworden. „Also ich glaube wir haben einen schlechten Einfluss aufeinander, Harry”, flüsterte Hermine. Verständnislos sah er sie an. „Wie meinst du das, Mine?” Ein Hauch rosa lief über ihre Wangen. „Du hast dich angehört wie ich. Du hast genau die Argumente gebracht, die ich auch benutzt hätte, um euch zu überzeugen, es nicht zu tun.” „Warum uns?”, wollte Ginny wissen. „Sie meint mich und deinen Bruder, Schatz. Aber wieso einen schlechten Einfluss?”
„Weil ich mir schon Gedanken gemacht habe, welche Möglichkeiten wir hätten mit diesem Stein. Überleg doch mal! Vielleicht könnte man ihn ja außer zur Lebensverlängerung und zum Gold machen auch als Hilfsmittel zur Heilung einsetzen. Was wäre, wenn wir mit diesem Stein vielleicht sogar Zauberern helfen könnten, die schon ewig krank sind?” „Du spielst auf Nevilles Eltern und solchen Fälle an, habe ich recht?” Hermine nickte und sah flehend zu Harry. „Bitte, Hase. Wir können doch mal auf die Anleitung schauen, wenn sie uns die sowieso geben wollen.” „Du hast recht, Mine. Dieses Mal haben wir die Rollen eindeutig getauscht. Was willst du sagen, wenn sie uns die Anleitung nur geben, wenn wir ihn auch wirklich herstellen? Willst DU sie anlügen, damit du in ihren Besitz gelangst? Du weißt, wie schlecht du darin bist!” Hermine lächelte hintergründig. „Aber du bist sehr gut darin.” Harry seufzte. „Aber nur, wenn ich von einer Sache absolut überzeugt bin.” Er sah zu Ginny, die mit ihren Gedanken nicht in diesem Raum zu sein schien. Sanft streichelte er über ihre Wange und sie drückte sich abwesend lächelnd in diese Berührung. „Wäre das nicht toll, wenn wir so lang miteinander leben könnten? Ich meine, genau zu wissen, dass man die Zeit hat, etwas zu Ende zu bringen, egal wie lang es dauert?” „Du bist noch so jung und hast Angst, nicht genug Zeit für alles zu haben?” Harry war ehrlich erschrocken. „Das letzte Jahr war schrecklich. Ich meine die anderen Jahre waren auch nicht immer sehr schön, aber im Letzten habe ich hautnah erfahren, wie wenig schöne Momente ein Jahr haben kann. Ich möchte die Möglichkeit nutzen dürfen, die uns die Flamels bieten. Bitte, Harry. Lass uns wenigstens versuchen, ob wir in der Lage sind ihn herzustellen. Bitte versuche, dich für uns dazu durchzuringen.” Harry sah ihnen abwechselnd in die Augen.
Er schnaufte durch und startete einen letzten Versuch. „Dumbledore hat mir damals erzählt, die Flamels hätten genug Elixier, um alle wichtigen Dinge in Ruhe zu regeln. Glaubt ihr nicht, dass so etwas Wichtiges, wie zum Beispiel ihre Enkel aufwachsen zu sehen, dazugehört? Also ich hätte zumindest dafür gesorgt, dass ich ihren Abschluss in Hogwarts mit ihnen feiern könnte. Sicher bin ich kein gutes Beispiel, aber es sind ihre Großeltern, verdammt! Warum liegen sie sechs Jahre vorher im St. Mungo und bitten einen Grünschnabel wie mich um Hilfe? Was mich noch mehr stutzig macht, was ist mit den Paten von Nicolas und Laura geschehen? Ich denke, Nicolas Senior und Perenelle haben ihnen dasselbe angeboten, wie uns. Als Paten fühlten sie sich verpflichtet ihnen zu helfen und die Flamels brauchten ihr eigen Fleisch und Blut nicht zu riskieren. Als das dann fehlgeschlagen ist, haben es die Eltern der Beiden versucht. So wie ich das sehe haben die Flamels sich mit der Menge des Elixiers gehörig verschätzt oder aber mit zunehmendem Alter braucht man immer schneller immer mehr Nachschub.” Harry hatte deutliche Mühe, die nächsten Sätze auszusprechen. „Ihre Enkel haben ihnen von mir erzählt. Gut möglich, dass Laura geschwärmt hat, wie toll ich auf sie achtgeben lasse. Sie waren jahrzehntelang mit Dumbledore befreundet. Er wird ihnen sicher erzählt haben, wie ich mich gewissen Dingen gegenüber verhalte. Was, wenn sie mich genauso manipulieren wollen, wie er es teilweise mit mir getan hat? Was, wenn sie ihre Enkel dazu missbrauchen, um wieder an das Elixier zu kommen?”
Ginny sah ihn erschrocken an und griff zögerlich nach seiner Hand. „Warum denkst du so schlecht von ihnen? Du hast gerade mal einen einzigen Brief erhalten. Sie lässt dir doch die Wahl.” Harry lachte bitter. „Das ist es ja eben. Auch unser Schulleiter hat mir immer eine Wahl gelassen. Er hat immer nur so viel preisgegeben und mir die Mittel zur Verfügung gestellt, dass ich genug hatte, um selber etwas zu tun. Es war aber nie genug, um mir zu zeigen, ob ich nicht noch eine andere Möglichkeit habe, mich zu entscheiden, als die, die er mir vorgab.” Hermine angelte sich seine andere Hand. „Warum sprichst du nicht persönlich mit ihnen und erklärst deine Befürchtungen?” „Sicher, Mine. Ich gehe zu zwei Schwerkranken ins St. Mungo und werfe ihnen den Tod von vier Menschen und die Ausnutzung ihrer Enkel vor. Ganz toller Plan!” „Wenn sie wirklich so fies sind, wie du glaubst, kann es dir doch egal sein.” „Was wird dann aus Nicolas und Laura? Du hast doch gehört, was Nicolas gerade eben gesagt hat. Wie würdest du dich dabei fühlen, wenn du wüsstest, dass die Zwei von ihren Großeltern weitergeschoben werden, bis sie eine Familie finden, die gierig genug ist, um ihre Wünsche zu erfüllen?” „Warum haben sie das dann nicht schon vorher getan?” „Weil sie über mich mehr wissen, als über die Anderen, die ihnen vorgeschlagen wurden. Falls es diese Vorschläge überhaupt gab, denn der Kontakt lief ja immer nur über das Portrait des Schulleiters.” Beide sahen ihn an, als wäre er ein Monster, das sie fressen wollte. „Merlin, Harry weißt du, was du da sagst?” Ginny war kurz vorm Heulen. „Ich hoffe, nicht die Wahrheit”, war seine lakonische Antwort. Nachdenklich sah er auf die Narbe an seiner Hand.
Hermine stand auf und stellte sich hinter Ginny, die ihren Kopf zurücklegte und zu ihr hinauf sah. „Was hältst du von der Sache, Mine?” „So, wie er das darstellt, kann ich ihm leider nur recht geben.” „Aber was wird dann aus den Beiden?” Harry sah zu den Mädchen. „Wie wäre es, wenn wir uns erst einmal nur dazu bereit erklären sie aufzunehmen? Das hatten wir ja schon beschlossen. Wir warten dann einfach ab, wie die Großeltern darauf reagieren.” „Was, wenn sie Nicolas und Laura dann direkt von hier fortholen?” „Dann weiß ich, dass ich leider recht hatte und werde dafür sorgen, dass sie nicht weiter als Ausrede verwendet werden können, um das Elixier zu beschaffen, Mine.” „Das klingt nach einem Plan. Du weißt schon, wie du das anstellst?” „Grob, aber das hat noch Zeit. Wir sollten in den Salon gehen und Dumbledore mit der Nachricht zu ihnen schicken.” Harry stand auf, zog Ginny vorsichtig vom Stuhl und ging mit ihr und Hermine in den Salon.
„Guten Morgen, ihr drei. Gut geschlafen?”, wurden sie freundlich begrüßt. „Guten Morgen, Professor”, antwortete Harry zurückhaltend. „Was ist los, Harry? Unruhige Nacht gehabt?” Dumbledore zwinkerte und sah lächelnd zu den Mädchen. „Wäre ohne den Brief deutlich angenehmer gewesen, muss ich zugeben.” „Wie hast du dich entschieden? Eine oder beide?” „Sie kennen den Inhalt?” „Perenelle hat ihn mir vorgelesen und wollte wissen, ob er so in Ordnung ist für dich.” Harry warf einen vielsagenden Blick zu den Mädchen, die mit starrem Gesichtsausdruck und funkelnden Augen zum Portrait starrten. „Ich habe gerade mit Ginny und Mine beschlossen, dass Nicolas und Laura auch für immer bleiben können, wenn das nötig sein sollte.” „Du solltest doch für dich allein entscheiden, Harry.” „Das habe ich auch, Professor. Trotzdem habe ich sie dazu angehört heute Morgen.” „Hätten sie dich umstimmen können?” „Nein, denn ihre Begründungen hätte ich leicht entkräften können.” „Soll ich den Flamels noch etwas ausrichten?” „Nein Professor, für den Moment ist alles gesagt.” Dumbledore sah eindringlich zu ihm herunter. „Keine Bedingungen für den Aufenthalt hier?” „Für meinen Teil bleibt es dabei. Ich werde ohne Gegenleistung für sie sorgen. Sowohl für ihren Unterhalt als auch für ihre weitere Sicherheit. Egal, wer ihnen schaden will.” Den letzten Satz hatte er besonders betont. Dumbledore zog die Stirn kraus. „Rechnest du mit Problemen?” „Inzwischen rechne ich ständig damit, da ich ja noch nicht einmal meine Freunde in Ruhe beerdigen kann.” Entschuldigend sah er kurz zu Ginny, die kaum merklich nickte. Dumbledore nickte nun nachdenklich. „Schön, schön, dann werde ich den Flamels mitteilen, dass du sie weiterhin bei dir behältst. Du glaubst nicht, welch große Last du Perenelle von den Schultern nimmst.” „Gern, Professor und schöne Grüße an ihre Großeltern.”
Als das Bild leer war, sah Harry mit traurigem Blick zu Ginny. „Tut mir leid, aber mir ist so schnell nichts Vernünftiges eingefallen.” „Schon gut, Harry. Dadurch haben wir aber etwas herausbekommen. Perenelle ist damit zufrieden, dass du sie hier behältst, ohne dich um den Stein zu kümmern.” „Genau, Ginny. Sie scheint ehrlich um ihre Enkel besorgt zu sein. Zumal sie auch direkt von Nicolas wissen wollte, wie es ihnen hier gefällt.” Hermine atmete erleichtert auf. „Gut zu wissen, dass du nur zum Teil recht haben könntest.” „Es sieht zumindest danach aus”, stimmte er lächelnd zu. Hermine straffte die Schultern und sah zur Uhr. „Wir sollten uns umziehen, denn wenn wir in die Winkelgasse wollen, bevor wir Kingsley besuchen, sollten wir uns beeilen, Harry.” „Alles klar, Mine. Wir ziehen uns schnell um und verabschieden uns noch kurz von den Beiden.” Sie gingen in den ersten Stock und zogen ihre Umhänge an. Als sie fertig waren, stiegen sie eine Etage höher. „Nicolas, Laura? Kommt ihr bitte mal?”, rief Ginny nach ihnen. Beide kamen aus Lauras Zimmer und sahen unternehmungslustig zu ihnen herüber. „Na ihr zwei? Schon einen Plan für den restlichen Vormittag?” „Joa”, antwortete Nicolas vorsichtig. Harry grinste. „Denk an dein Versprechen! Spätestens zum Tee sind wir wieder bei euch.” Laura staunte. „Ihr lasst uns wirklich allein im Haus und wir dürfen sogar im Salon spielen, wenn wir wollen?” „Klar, der Kamin ist versiegelt, die Haustüre gesichert und Kreacher ist auch bald wieder zurück, falls ihr euch im Haus umsehen wollt.” „Hab ich dir doch schon gesagt, Laura.” Nicolas verdrehte genervt die Augen. Sie ging mit strahlendem Gesicht zu Harry. „So doll vertraut ihr uns?” Er beugte sich hinunter und nahm ihre Hände. „Enttäuscht uns nicht, hört ihr?” „Bestimmt nicht, Da … Harry.” Sie drehte sich schnell herum und versteckte sich hinter Nicolas. Harry überging lächelnd ihren Versprecher. „Alles klar ihr zwei. Wehe wenn nicht.” Er winkte ihnen zu und ging als Erster zu den Elfen in die Küche. Nach ein paar Minuten kamen Ginny und Hermine breit grinsend und mit rosigen Wangen in die Küche. Sie nahmen ihn in die Mitte. „Wir werden dich auch nicht enttäuschen, Dad”, zogen sie ihn kichernd auf. „Wehe ihr ärgert sie damit.” „Würden wir nie und das weißt du auch.” „Dann ist ja gut, ihr zwei.” Sie bekamen beide einen Kuss und Kreacher machte sich bemerkbar.
„Wäre Sir Harry dann so weit? Würde Sir Harry mir unser Reiseziel angeben?” „Bitte zuerst zu Gringotts, damit du schnell wieder zurück bist, um auf sie achten zu können.” „Sehr wohl, Sir Harry.” Sie gingen in die Eingangshalle, nahmen sich bei den Händen und alle acht landeten Sekunden später vor den Stufen zur Bank. Die Zauberer, die an diesem sonnigen Tag in der Nähe der Bank waren, sahen erstaunt auf die drei jungen Zauberer die, umringt von fünf Elfen, die Bank betraten. Griphook kam auf sie zu und verbeugte sich vor Harry. „Was kann Gringotts für sie tun, Mr Potter?” „Ich müsste Kreacher Zugang zum Verlies der Familie ermöglichen und Bargeld benötige ich auch. Sowohl Muggel-, als auch Zauberergeld.” „Dürfte ich sie dann in den ersten Stock bitten, dort können wir alles in Ruhe erledigen. Bitte folgen sie mir.” Der Kobold ging mit ihnen zu den Aufzügen. Nach einem skeptischen Blick auf die Gruppe rief er eine der größeren Kabinen und sie fuhren nach oben. Dort angekommen führte sie Griphook in ein geräumiges Büro mit mehreren Geräten und einem kleinen Bankschalter. Dahinter saß ein offensichtlich recht junger Kobold, eine Brille mit dreieckigen Brillengläsern auf der Nase. Davor stand zu Harrys Überraschung der Oberkobold Slipknot. Der kam mit düsterem Blick auf Harry zu. Sofort stellten Tommy und Kreacher sich ihm in den Weg. Verdutzt blieb der Kobold stehen. „Dürfte ich den Grund dafür erfahren, warum mich ihre Elfen daran hindern, sie zu begrüßen, Mr Potter?” „Das frage ich mich auch gerade.” Kreacher drehte sich herum und verneigte sich, während Tommy den Kobold weiter im Auge behielt. „Dieser Kobold hat … schlecht über Sir Harry und die jungen Damen gedacht.” „Mr Slipknot darf von mir aus denken, was er möchte, Kreacher. Es sei denn, er hat vor, uns zu schaden.” „Nein, Sir Harry, davon ist nichts zu spüren”, ergänzte Tommy. Die Elfen traten zur Seite und der Kobold kam schief grinsend zu Harry.
„Ich möchte mich für den kleinen Zwischenfall bei ihrem letzten Besuch entschuldigen, Mr Potter. Der Verursacher dieses kleinen Fehlers wurde von mir persönlich zur Rechenschaft gezogen.” Harry sah kurz zu Kreacher , der seinen Kopf schüttelte. „Ich hoffe, dass es dem armen Kerl trotzdem noch gut geht?” „Sicher, Mr Potter.” Der Elf nickte grinsend. „Was können wir heute für sie tun?” „Ich würde gern weiteren Personen Zutritt zu meinem Verlies verschaffen.” „Sie meinen sicher das mit Schlüssel gesicherte?” „Nein, Mr Slipknot. Das Andere.” „Das ist zwar umständlicher, aber möglich. Wem soll der Zugang gestattet werden?” „Miss Weasley, Miss Granger und meinen Elfen.” Den Mädchen entgleisten die Gesichtszüge, was Harry nicht sehen konnte, da sie hinter ihm standen. Ihr entsetztes Stöhnen ignorierte er einfach. Die Gesichter von Kreacher und Tommy verfinsterten sich, als Slipknot zu antworten begann: „Sind sie sich sicher, Mr Potter? Dieser Zugang lässt sich nie wieder rückgängig machen.” „Wollen sie damit andeuten, dass meine Elfen nicht vertrauenswürdig sind, Mr Slipknot?” Kreacher grinste und schüttelte den Kopf. „Lassen sie es mich so sagen, Mr Potter. Die Damen sind nicht einmal mit ihnen liiert. Es ist eine weittragende Entscheidung, die sie gerade treffen und der Reaktion der Damen entnehme ich, dass sie von ihrer Entscheidung nichts wussten.” „Sie werden sicher verstehen, dass ich nicht jede Kleinigkeit vorher mit den Beiden absprechen kann.” „Kleinigkeit?!”, kam entsetzt von Slipknot. „Ich weiß, dass sie und ihresgleichen diesen Umstand etwas anders sehen, aber für mich ist das eine Kleinigkeit.” Slipknot schüttelte sich und Harry hatte das Gefühl, die Augen des Kobolds würden in Flammen stehen. Tommy zog die Augenbrauen hoch und Kreacher trat einen Schritt vor, doch Harry schüttelte unmerklich seinen Kopf.
„Dürfte ich den Grund für diese Entscheidung erfahren?” Ein schleimiges Lächeln trat auf Slipknots Gesicht. „Ich wüsste zwar nicht, was sie das angeht, aber ich bin ja nicht so. Wir haben demnächst zwei minderjährige Zauberer im Haus, die unserer Aufsicht bedürfen. Unsere Zeit ist daher sehr begrenzt. Könnten wir eventuell zu dem kommen, wofür wir hier sind, Mr Slipknot?” Das Lodern in den Augen erlosch und ein fieses Grinsen zog sich über das Gesicht des Kobolds. Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck taxierte er die Mädchen. „Es ist schön zu hören, dass sie so schnell eine Familie gründen, Mr Potter. Natürlich steht ihrem Anliegen nichts im Wege.” Geschäftig wandte er sich einem der Tische zu und bat die Anwesenden, näher zu treten. „Bitte legen sie nacheinander ihren Zeigefinger in dieses Gerät. Wir entnehmen damit einige winzige Tropfen Blut und eichen damit das Schloss zu ihrem Verlies neu. Ihren Elfen wird diese Prozedur erspart, da diese nach Aufnahme in die Liste der Zugangsberechtigten dank ihrer magischen Fähigkeiten und der Bindung an ihre Familie direkt dort hinein können. Wenn ich die Damen dann bitten dürfte?” Slipknot trat zurück und ging zu einem Schreibtisch, der neben dem Schalter stand. Die Mädchen sahen sich fragend an und Hermine nickte Ginny aufmunternd zu. Diese trat vor und legte ihren Finger in die einzige Öffnung an dem urtümlich aussehenden, mit Runen verzierten, Gerät. Ginny verzog leicht das Gesicht und machte den Platz für Hermine frei. Auch Hermines Mundwinkel zuckten kurz, bevor sie sich wieder neben Ginny stellte.
„Mr Potter? Dürfte ich sie wegen der Unterschrift zu mir bitten?” Harry trat zu dem kleinen Schreibtisch, nahm die ihm angebotene Feder und unterschrieb. „Bitte noch siegeln, Mr Potter.” Der Kobold ließ Wachs auf das Pergament tropfen, Harry zog seinen Ring vom Finger und drückte ihn in das zähe Material. Nachdem er den Ring wieder angesteckt hatte, gab er das Schriftstück an Slipknot und wandte sich ab. Ein leises 'Plonk', ließ Harry sich wieder herumdrehen. Slipknot hielt sich den Kopf und sah fassungslos zu Harry. „Haben sie sich etwas getan?” „Nein, nein. Alles in Ordnung, Sire.” „Können wir dann wieder nach unten?” „Das brauchen sie nicht, Sire. Dieser Schalter steht ihnen in Zukunft für ihre Angelegenheiten zur Verfügung. Es muss ja nicht jeder sehen, welche Transaktionen sie in unserem Hause tätigen.” „Wer hat noch Zugang zu diesem Raum?” „Nur sie und neun weitere Familien.” Harry trat an den Schalter und Slipknot warf dem Angestellten dahinter einen mahnenden Blick zu und verbog komisch seine Finger. „Was kann ich für sie tun, Mr Potter?” „Ich benötige einhundert Galleonen und dreihundert Pfund Sterling.” Der Kobold reichte ihm die gewünschten Summen. „Wir werden den Gegenwert aus ihrem Verlies nehmen, Sir?” 'Hat dieser Gnom mir eben eine Frage gestellt?' „Ich bitte sogar darum. Außerdem möchte ich, dass bis auf Weiteres monatlich eine Eule mit dieser Summe Muggelgeld zu Mrs Andromeda Tonks gesandt wird und zwar ab nächsten Ersten.” „Auch aus ihrem Verlies?” 'Vielleicht meint er ja das Kleinere.' „Nein, bitte alles aus dem Familienverlies.” „Gern, Sir. Noch einen Wunsch?” „Nein, ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag.”
Harry ging zu Kreacher. „Du bringst bitte die Bilder aus dem Verlies meiner Familie in den Grimmauldplatz und passt danach bitte auf Nicolas und Laura auf.” „Gern, Sir Harry.” Kreacher verschwand direkt und alle verließen zusammen das Büro. Slipknot trat mit einem bösen Blick zu seinem Angestellten. „Was sollten diese dämlichen Fragen?” „Dieser Blick bedeutet normalerweise, dass der Kunde nicht vertrauenswürdig ist oder über nicht ausreichend Kapital verfügt, Sir.” „Wie lang sind sie jetzt bei uns?” „Drei Jahre, Sir.” „In dieser Zeit haben sie immer noch nicht gelernt, auf meine Zeichen zu achten?” „Ich dachte…” „Nicht denken, sondern beobachten.” „Was glauben sie hat mich so aus der Fassung gebracht?” „Ich kann mir nichts vorstellen, das das schafft, Sir.” Wortlos gab Slipknot das Pergament mit Harrys Unterschrift an den jungen Kobold und verließ schimpfend das Büro. Staunend besah sich der Angestellte das Siegel. Langsam ließ er das Papier sinken und kratzte sich hinter seinem Ohr. „Da kommt ja noch einiges auf uns zu. Unser oberster Kobold wird toben, wenn er davon erfährt. Mal ganz abgesehen von den Kosequenzen für unser Haus.”
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