von Blue
Als Emily am nächsten Morgen aus dem Fenster blickte, waren Hogwarts Türme in eine weiße Decke gehüllt.
Der erste Schnee der Saison war gefallen.
Eigentlich hätte sie sich darüber gefreut, aber nach allem was sie gestern gesehen, gehört und........gespürt hatte, war ihre Laune dementsprechend im Keller.
Außerdem hasste sie Sonntage, aus Prinzip. Ein Sonntag war immer ein langweiliger Tag. Freundinnen schliefen bis Mittags, kein Geschäft hatte offen und überall war es ruhig, nein, eher ausgestorben (und Hogsmeade war totlangweilig).
Der Sonntag passte also perfekt zu Emilys Laune.
Na, klasse!
Sie ging in ihr Badezimmer, duschte, putze die Zähne und trocknete ihre Haare mit einem Föhnzauber.
Ihre Wellen plusterten sich regelrecht auf, sie sah aus, wie ein Löwe. Naja, immerhin passte das zu ihrem früheren Haus hier in Hogwarts.
Egal, wen kümmerte das?
An einem verschneiten Sonntag.
Sie zog eine hellblaue Bluse, darüber eine dünne, dunkelblaue Baumwolljacke und eine schwarze Jeans an.
Ihre Stifelletten gehörten in diesen kalten Wochen zur Standartausrüstung.
Noch ein Blick in ihren Ganzkörperspiegel und sie ging raus auf den Gang.
Sie war noch nicht weit gekommen, erst eine Treppe hatte sie hinter sich, als sie hinter sich eine wohlbekannte, schulmädchenhafte Stimme hörte.
"Emiiiiiiliiiieeeee! Warten!"
Oh, großartig!
Als Lavender sie eingeholt hatte keuchte sie gekünstelt.
"Puh, hoh, hör mal, heh, hast du heute Lust mit nach Hogsmeade zu kommen? Da haben mindestens zwei Geschäfte verkaufsoffen, weil sie den letzten Weihnachtsschmuck noch loswerden wollen."
Emily zog die rechte Augenbraue hoch. Sie wusste es von vielen Leuten und auch von ihrem Spiegelbild, dass das sehr arrogant wirkte. Aber das war nunmal eine Angewohnheit von ihr. Und sie sah nicht ein, diese abzulegen.
"Den letzten Weihnachtsschmuck? Lavender es sind noch fünf Wochen bis zu dem großen Fest."
Lavender hatte die Angewohnheit die Dinge kurzerhand wegzugrinsen.
"Egal, man kann nie früh genug kaufen gehen! Also, wir sehen uns um elf Uhr, okaaay?"
Und damit hüpfte sie davon.
Emily verdrehte die Augen.
Herrlich! Von jetzt an kann der Tag ja nur noch besser werden!
Jetzt musste ihr nur noch Patrick und danach am besten auch noch Severus über den Weg laufen.
Sollte sie desshalb auf das Frühstück verzichten?
Ach, was diese Mahlzeit wurde doch sowieso komplett überbewertet.
Sie machte sich auf den Weg in die Bibliothek.
Patrick las nicht viel und Severus würde wahrscheinlich in den Kerkern sitzen und neue Formeln für Tränke notieren.
Besagter Professor befand sich allerdings an einem ganz anderen Ort und eigentlich hatte er nur etwas nachlesen wollen, aber er konnte sich einfach nicht konzentrieren.
Warum, war ihm seit gestern Abend bewusst.
Emily.
Er hatte es wirklich getan, war einen versönlichen Schritt auf sie zugegangen. Hatte sie sogar geküsst. Zwar nur auf die Hand, aber immerhin. Und sie schien nicht gerade abgeneigt gewesen zu sein. Gut, sie war vollkommen überrascht gewesen.
Wo war er gerade?
Ach ja, der Heilungstrank für Narben.
Ihn persönlich störte seine Narbe an seinem Hals nicht alzu stark. Aber hatte einen perfekten, jügeraussehenden, blonden Vampir zum Rivalen.
Da musste er sich etwas einfallen lassen.
Obwohl er dieses ganze Getue normalerweise furchtbar albern fand, tat er es trotzdem. Er erkannte sich selbst nicht wieder. Was, in Merlins Namen tat er hier eigentlich?
Entschlossen klappte Severus das Buch über Heillehre zu und stellte es zurück ins Regal.
Dann begab er sich zur Tür.
Gerade, als er im Rahmen stand, tauchte plötzlich jemand direkt vor ihm auf.
Die Frau, die er liebte.
Emily öffnte den Mund, um etwas zu sagen, doch er lächelte sie nur freundlich an und ging ohne ein Wort an ihr vorbei.
Gut so! Lauf nur immer weiter weg, du elender Narr!
Emily sah ihm nach.
Wich er ihr schon wieder aus?
So konnte das doch nicht funktionieren.
Sie mussten darüber reden.
Dass, sie eigenlich auch vorgehabt hatte, ihn heute und auch morgen, möglichst nicht anzutreffen, schob sie gedanklich bewusst beiseite.
Machte er das absichtlich?
War er aus einem bestimmten Grund immer da, wo sie auch war?
Stellte er ihr nach?
Hogwarts war groß genug, um sich mindestens drei Tage nicht zu begegnen.
Ach, was sie sich schon wieder einbildete!
Glaubte sie jetzt etwa auch schon den Quatsch vom Ministerium und von Patrick?
Schwachsinn! Schwachsinn, Emily!
Sie ging zu einem Regal, wo Bücher über Muggelkunde standen.
Sie empfand es plötzlich als ziemlich langweilig, schon wieder zu lesen. Das tat sie jeden Tag!
Gab es nicht noch andere Dinge?
Sie stand auf und machte sich auf die Such nach ihrer Kollegin Brown.
Wollte sie sich selbst bestrafen?
Sie wusste es nicht.
Eigentlich wusste sie garnichts mehr.
Doch anstatt Lavender traf Emily in den Gängen Patrick.
Er war ungefähr zehn Meter von ihr entfernt und sie blieb stehen. Er kam ihr entgegen.
"Guten Morgen, mein Engel." sagter und wollte sie küssen.
Aber Emily drehte den Kopf demonstrativ zur Seite und verschrenkte die Arme vor der Brust.
Patrick blickte sie reumütig an.
"Warum bist du sauer auf mich?"
"Ich bin nicht sauer."
"Du lügst." Patrick hatte ihre Absichten gecheckt.
Emily war darüber mehr als empört. Das hatte er sonst nie getan. Nie!
"Und du bist besser? Du kontrollierst mich! Was ist mit Vertrauen, Herr Anwalt?!"
Patrick seufzte laut.
"Entschuldige, aber manchmal glaube ich, du sagst mir nicht alles."
Emily sah ihn mit ihrem typischen "Wie-bitte-?-Blick" an.
"Naja wie auch immer, ich bin nicht sauer auf dich, sondern auf das Ministerium. Bei dir bin ich......verwundert. Verwundert, dass du sowas glaubst. Und verwundert, dass du zum Spion wirst!"
Patrick verdrehte kurz die Augen, lächelte dabei aber.
"Na, hör mal, dafür werde ich extra bezahlt."
Er zuckte mit den Schultern.
In Emilys Augen trat das Entsezten.
Dann nickte sie traurig mit dem Kopf.
"Es stimmt also, was man über Anwälte sagt."
Der Vampir sah sie fragend an und sie fügte flüsternd hinzu:
"Ihr seid die größten Huren, im ganzen Staat!"
Noch ehe ihr Freund etwas erwähnen konnte, hatte sich Emily umgedreht und ging forschen Schrittes davon.
Patrick war nun wütend. Und wenn ein Vampir wütend wurde, wurde er rasend.
Patrick Warner unglücklicherweise auch.
Im Bruchteil einer Sekunde war er neben ihr, packte sie am Hals und drückte sie gegen die Wand.
Damit Emily nicht gerechnet. Was tat er?
Patrick war wie ausgewechselt. Seine Augen waren Rot und sahen blutunterlaufen aus. Er entblößte seine lagen Reisszähne und knurrte sie an.
Aus Reflex fauchte Emily zurück und versuchte, seine Hand von ihrem Hals zu lösen. Doch der Vampir war viel zu stark.
Er starrte sie rasend, hungrig, beinahe wahnsinnig an.
"Was ich in meinem Beruf tue, ist meine Sache, ich frage dich nicht, ob du damit einverstanden bist oder nicht!!" grollte er.
Emily durfte jetzt weder Angst, noch Schwäche zeigen.
Sie wusste nichteinmal, was plötzlich in ihn gefahren war.
So hatte sie ihn noch nie erlebt. Jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart.
Sie umklammerte seinen Arm mit beiden Händen.
"Lass mich los!" zischte sie ihm entgegen.
Der Vampir rührte sich nicht.
"Patrick,.......bitte." Jetzt klang ihre Stimme ängstlich und flehend.
Das hatte gewirkt.
Patricks Gesicht normalisierte sich und er schien erschrocken über sich selbst zu sein.
Er ließ sie los, um sie im nächsten Moment aufzufangen.
Sie fiel ihm in die Arme, keuchte auf und rieb sich den Hals. Er schmerzte.
Doch dann wich sie urplötzlich zurück und prallte mit dem Rücken an die Mauer.
Dort ruschte sie in die Hocke und starrte ihn entsetzt an.
Er kniete sich vor sie und strich ihr sanft über die Wange.
Sie hatte Tränen in den Augen.
Da brach auch er in zusammen.
Er nahm sie in den Arm und vergrub sein Gesicht in ihrem Haar.
"Es tut mit leiheid! Es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was mit mir los ist!" Nun schluchzte er.
Emily war nicht im Stande, etwas zu sagen oder zu tun.
Sie stand unter Schock.
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