von Blue
Katherine Summers saß am Waldrand und starrte hinaus auf den See. In ihrem Kopf hallten die Worte ihrer Tochter noch nach. Sie hatten sie hart getroffen, wie Messerstiche. Und dabei hatte sie sich zunächst selbst erschreckt, als sie ihr eigen Fleisch und Blut so vor sich stehen sah. Es war, als hätte sie in einen Spiegel geblickt.
Einen Spiegel, der die Zeit zurückdrehte.
Ihr war gewesen, als hätte ihr eigenes, jüngeres Ich ihr all die Dinge an den Kopf geworfen, die sie schon seit langer Zeit mit sich herumtrug. Die Schuld. Die Scham.
Aber, was hatte sie erwartet?
Dass Emily ihr voller Freude um den Hals fallen würde?
Allerdings hatte sie auch nicht erwartet, dass ihr Kind so kalt reagieren würde. In ihren Augen hatte Katherine sofort wieder den kindlichen, hilflosen Schmerz gesehen, den sie früher so oft an den Tag gelegt hatte, wenn sie selbst mal wieder betrunken gewesen war.
Ja, sie war eine miese Säuferin gewesen! Und ja, sie hatte ihre Tochter unter Zwang und Leistungsdruck gesetzt, aber doch nur, um zu verhindern, dass sie einmal genauso enden würde wie ihre Mutter.
Aber wie hätte ihre Tochter das jemals verstehen können?
Sie verstand es ja heute nicht einmal.
Emily wollte ihr nicht einmal zuhören.
Katherine presste die Lippen aufeinander und atmete die kalte Januarluft ein, die sie zum Husten brachte.
Die Sonne stand hoch oben, war allerdings hinter einem Nebelschleier verschwunden. Ihr wärmendes Licht kam nur ganz schwach bei der alten Hexe an.
Sie schloss die Augen und fuhr sich durch die grauen, welligen Haare.
Da spürte sie plötzlich einen Schatten auf ihr Gesicht fallen. Als sie die Augen öffnete, erkannte sie zunächst nur Umrisse bis sie, zum zweiten Mal an diesem Tag, glaubte, in einen Spiegel zu sehen.
"Emily."sagte Katherine erfreut und stand auf.
Ihre Tochter wich einen Schritt zurück.
"Katherine...", begann sie trocken.
".......du wolltest reden, also......hier bin ich."
Sie breitete kurz die Arme aus, ließ sie jedoch schnell wieder sinken.
Auf dem Gesicht ihrer Mutter breitete sich ein zaghaftes Lächeln aus.
"Lass uns reden.", sagte Emily sachlich und setzte sich auf den Platz auf der Holzbank, wo eben noch ihre Mutter gesessen hatte.
Es war eine gute Entscheidung gewesen, ihrer.....Mutter nachzulaufen. Jetzt saßen sie hier und nachdem Katherine ihr erzählt hatte, dass sie nach ihrem Entzug sogar einen Beruf angetreten hatte, lächelte Emily innerlich. Sie musste zugeben, dass sie erleichtert und eigentlich sogar ziemlich glücklich darüber war, dass Katherine ihr Leben in den Griff bekommen hatte. Jedenfalls machte sie jetzt einen wesentlich erwachseneren Eindruck, als früher und sie schien vernünftig geworden zu sein.
So langsam begann Emily aufzutauen.
"Als.....was arbeitest du denn?"fragte sie vorsichtig.
Katherine sah sie mit einem abschätzenden Blick an.
Sie schien sich nicht sicher zu sein, ob sie ihre Tochter einweihen sollte. Doch dann sagte sie:
"Ich weiß, das wirst du mir nicht glauben, aber...."sie machte eine Kunstpause,
"Ich.....ich bin Anwältin im Ministerium."
Ihre Tochter öffnete ungläubig den Mund und machte große Augen. Katherine eine Anwältin? Im realen Leben?
Der jüngeren Summers blieb die Spucke weg.
Die Ältere hingegen lächelte wissend und nickte.
Sie hatte es ja gewusst.
Viele tausend Kilometer entfernt, in London saß Patrick Warner in seiner Kanzlei an seinem Schreibtisch und grübelte über seinen aktuellen Fall nach.
Jaja. Immer wieder dasselbe. Derjenige, der überhaupt nicht verdächtig erscheint, ist in Wahrheit ein ganz anderer. Zum Beispiel hier Mister Killerman oder Tom Riddle in jungen Jahren, Severus Sna.....Veflucht!
Schon wieder dieser Gedanke! Der angebliche Kriegsheld ließ Patrick, seit er in Hogwarts gewesen warkeine Ruhe mehr. Besonders nicht, nachdem er Emily geküsst hatte!
Mieser Bastard!!
Er war auf Rache aus, das ließ sich nicht leugnen. Aber er würde darüber nicht seine Arbeit vernachlässigen. Und vor allem würde er nicht zu schmutzigen Tricks greifen, wie er einmal überlegt hatte.
Am Liebsten hätte er Severus Snape auf der Stelle nach Askaban geschickt. Von ihm aus sollte er dort verotten oder wahnsinnig werden, wie all die anderen.
In seiner Schreibtischschublade lagen alle Notizen, die er sich während der Zeit in Hogwarts zu diesem Mann gemacht hatte. Es war für ihn wie eine Art Zwang geworden, sie mindestens zweimal am Tag anzusehen und noch einmal genaustens zu überdenken.
Er wollte Severus Snape ans Messer liefern, egal wie!
Diesen alten Sack musste er beseitigen, wenn er Emily nicht verlieren wollte. Und jetzt war sie wieder mit ihm allein in Hogwarts, jeden Tag.
Wenn Patrick nicht jeden Tag gearbeitet hätte, wäre er darüber wahrscheinlich noch verrückt geworden.
Er nahm sich die Notizen vor. Er hatte das Verhalten des Tränkemeisters genau analysiert. Hatte seine Stimmlagen interpretiert. Der Vampir hatte sogar manche Gesichter von Snape aufgezeichnet. Seine Sekretärin Magda beobachtete dies nun schon mit wachsender Sorge.
Gerade kam sie rein, um ihm eine Tasse warmes Kaninchenblut zu bringen (Magda war mittlerweile seit zehn Jahren auf diesem Posten und hatte sich daran gewöhnt). Als sie die dampfende Tasse abstellte, fiel ihr Blick auf die bestimmt zwanzig Stücke Pergament, die verstreut auf dem Tisch lagen.
Sie schüttelte unmerklich den Kopf.
"Mister Warner, Sir."sagte die Mittfünfzigerin
"Steigern Sie sich da bitte nicht zu sehr rein. Severus Snape war DIE Hoffnung im Krieg und nun ist er DER Held schlechthin."
Als der Vampir sie abwartend ansah, fügte sie hinzu:
"So etwas macht sich nicht gut in der Presse."
Damit verließ sie das Büro.
Patrick starrte noch immer auf die Unterlagen, während er an seinem Kaninchenblut nippte.
Wenn ich mit dem alten Sack fertig bin, wird die Presse sein geringstes Problem sein!
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