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Fanfiction

Ich bin da..., wenn du willst - Die Verhandlung

von Blue

Nervös knetete Emily ihre Hände. Sie waren eiskalt. In ihrem grauen Hosenanzug fühlte sie sich fürchterlich unwohl, aber er war angemessen für den heutigen Anlass, der in zehn Minuten seinen Beginn haben würde. Lavender hockte auf einer der Holzbänke vor dem Sitzungssaal und beobachtete mit besorgtem Blick ihre Kollegin, die wie eine Löwin im Käfig auf und ab ging. Die blonde Hexe hatte sie auf ihre Bitten hin ins Zaubereiministerium begleitet und Emily war froh darüber, in ein paar Minuten nicht allein auf der Zuschauertribüne sitzen zu müssen. Auch wenn sie es im Moment nicht zeigte. Katherine war bereits vor Stunden hier eingetroffen und hatte ihren Platz im Saal schon eingenommen. Die letzten drei Monate hatte sie Tag und Nacht geschuftet, hatte Severus in Askaban aufgesucht, hatte alte Kontakte genutzt, alles Erdenkliche versucht, seine Unschuld zu beweisen. Heute würde sich zeigen, ob all ihre Mühen und Emilys endloses Hoffen und zum Teil auch Beten, Früchte trugen. Zwischendurch schob sie immer wieder ihren Ärmel hoch, um auf ihre Uhr zu blicken. Neun Minuten vor zehn. „Grrrr.“ Emily stieß unbewusst einen knurrähnlichen Laut aus und verschränkte die Arme. Da ergriff Lavender das Wort: „Em, nun beruhig’ dich. Auch wenn du noch so oft auf die Uhr schaust, vergeht die Zeit nicht schneller.“ Die braunhaarige Hexe blieb stehen und sah ihre Kollegin kalt an. „Nenn mich nicht Em!“, zischte sie mit zusammengebissenen Zähnen und tigerte weiter auf und ab. Lavender seufzte. Im gleichen Augenblick tat es Emily Leid, doch sie hatte jetzt einfach nicht den Nerv, sich wegen einer solchen Kleinigkeit zu entschuldigen. Die letzten Monate waren der blanke Horror für sie gewesen. Als sie Katherine nach Severus gefragt hatte, nachdem sie aus Askaban zurückgekehrt war, hatte diese sie vertröstet mit der Begründung, dass sie unter Schweigepflicht stehe. Emily war sich vorgekommen, wie ein kleines, unfähiges, hilfloses Kind. Niemand sagte ihr etwas, keiner ließ sie an der Sache teilhaben, aber alle machten ihr klar, dass sie eine Außenstehende war, die keinerlei Recht hatte, auch nur eine einzige Information einzufordern. Es war ein Glück, dass sie überhaupt zum Prozess kommen durfte. Es war eine öffentliche Verhandlung, allerdings hatte das den Nachteil, dass auch die Presse zugelassen war. Schon am Eingang hatten sich die beiden Lehrerinnen von Hogwarts mit lästigen Reportern vom Tagespropheten herumschlagen müssen, die sich wie ein Schwarm Aasgeier auf sie gestürzt hatten. Aber nun ließ man sie in Ruhe, mehr oder weniger. Emily blickte erneut auf ihre Uhr. Noch acht Minuten, bis zum Beginn der Verhandlung. „Bei Merlins Bart, das kann doch unmöglich so lange dauern“, knurrte sie mehr zu sich selbst und tippte mit dem Fingernagel gegen das Zifferblatt. „Das Ding muss kaputt sein. Wie spät ist es, Lavender?“ Und mit einem schwungvollen Ruck wandte sie sich der jungen Hexe zu. Diese stand jetzt auf und legte ihrer Kollegin die Hand auf die Schulter. „Es sind acht Minuten vor zehn.“, versicherte sie ihr und lächelte dünn aber verständnisvoll. „Komm runter. Du kriegst noch genug Gelegenheit, dich aufzuregen.“ Sie konnte sich ihr mädchenhaftes Gekicher offensichtlich nicht verkneifen und Emily zog die Augenbrauen zusammen, sodass sich zwischen ihnen eine Falte bildete. Dann wandte sie sich wieder ab und setzte ihren Marsch fort. Ihr Magen fühlte sich an, als befände er sich im freien Fall und ihr Herz krampfte sich noch tausendmal so schmerzhaft zusammen, wie in den vergangenen drei Monaten.

Severus blickte sich um. Durch die Gitterstäbe erkannte er den großen Sitzungssaal, den Richtertisch, der sich erbarmungslos hoch vor ihm auftürmte, dessen schwarzes Ebenholz ihn zu verspotten schien. Drei Monate. Drei verdammte Monate hatte er in Askaban gesessen. Drei Monate in permanenter Kälte, Nässe und Einsamkeit. Drei Monate, in denen die Lunge eines Durchschnittsmenschen schon zehnmal kollabiert wäre.
Mit der Zeit war ihm irgendwann die Gleichgültigkeit gekommen. Am Ende würden die ihn ohnehin in diesem Gefängnis verrotten lassen. Bis nach ein paar Wochen eine Frau an seiner Zellentür aufgetaucht war. Zuerst hatte er geglaubt, dass seine Fantasie ihm einen Streich spielte, oder, dass er nun schon verrückt geworden war, wie die meisten Häftlinge. Er hatte sich die Augen gerieben und genau hingeschaut. Da vor dem Gitter hatte eine Frau gehockt, die Emily wie aus dem Gesicht geschnitten war. Tatsächlich sah sie ganz genau so aus, nur mit deutlichen Falten und grauen Haaren, die ihr bis zu den Schultern reichten. Sie hatte sich ihm als Katherine Summers vorgestellt, die Mutter seiner Kollegin, und ihm erklärt, dass sie ihn bei seinem Prozess als Anwältin vertreten wolle. Severus hatte ihr zunächst nicht geglaubt. Ihm war natürlich völlig klar, dass seine Lage aussichtslos und mehr als beschissen war. Kein Anwalt auf der ganzen Welt, der auch nur halbwegs bei Trost war, hätte sich seinem Fall angenommen. Und doch: Katherine Summers hatte darauf bestanden. Das war das erste und einzige Mal, dass sie einander begegnet waren und er hatte ihr zugehört, sie nicht eine Minute aus den Augen gelassen. Es war, als hätte er mit Emily gesprochen. Ihre Wortwahl, ihre Stimme, ihre Aussprache, alles war ihr so ähnlich. Als sie gegangen war hatte Severus sich merkwürdigerweise besser gefühlt. Nicht, dass er wirklich die Hoffnung gehabt hätte, sie könne irgendetwas für ihn tun. Nein, die Hoffnung hatte er längst aufgegeben. Aber nun wusste er, dass er Emily wiedersehen würde, wenn auch nur kurz. Sie müsste nicht einmal mit ihm reden. Allein ihr Anblick würde ihm genügen. Ein letztes Mal in ihre blauen Augen sehen. Ein letztes Lächeln für ihn auf ihrem zartblassen Gesicht.
Und nun hockte er hier. Im Warmen. Im Trockenen. Die Tatsache, dass er nach dem heutigen Tag bis an sein Lebensende in der Kälte, der Nässe und der Einsamkeit verbringen musste, war grausam. Aber er versuchte, sich möglichst nüchtern darauf vorzubereiten. Viel schlimmer war, dass Emily ihn heute so sehen würde. In seinen verdreckten Lumpen, mit seinen Haaren, die ihm wirr ins Gesicht hingen, mit seiner abgemagerten, eingefallenen Gestalt. Das würde das Letzte sein, was sie von Severus Snape sehen würde. Das Letzte, was die Welt von Severus Snape sehen würde! Er drehte den Kopf und sah Misses Summers, die von der Westtribüne kam. Sie stellte sich an die Käfigtür und begann mit ihrem Zauberstab, an dem Schloss herumzufummeln. „Guten Morgen, Professor Snape.“, sagte sie für seinen Geschmack etwas zu zuversichtlich. „Ich bin kein Professor mehr, Misses Summers.“, erwiderte er trocken. Sie blickte ihn kurz an und es waren Emilys Augen, die ihn forschend betrachteten. Ohne auf seinen Kommentar einzugehen, fuhr sie fort: „Denken Sie daran: Sie sprechen nur, wenn man Sie direkt etwas fragt, und dann antworten Sie auch nur auf genau diese Frage. Den Rest überlassen Sie mir, habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?“ In diesem Moment schnappte das Schloss auf und die Tür öffnete sich. Severus erhob sich aus seiner kauernden Haltung und wollte aus dem Käfig hinaustreten, als seine Anwältin ihm den Weg versperrte. „Ist das klar, Professor?“ Er sah sie abschätzend an, sagte jedoch nichts. Da erhob sie ihre Stimme etwas und fragte: „Ob das klar ist?!“ – „Jaah. Und ich bin kein Professor mehr!“, giftete er zurück und trat an ihr vorbei. „Das lassen Sie mal meine Sorge sein, Professor.“, murmelte sie, sodass nur er es hören konnte und lächelte aufmunternd. Severus schnaubte und fühlte einen schmerzhaften Stich in der Brust. Genau diese Worte, genau diese Mimik. Sie hätten genauso gut von Emily stammen können. Er verscheuchte diesen Gedanken und trat hinter die Anklagebank. In diesem Moment erschien ein blonder Mann im Saal, den er soeben durch einen Seiteneingang betreten hatte. Patrick Warner. Als er Severus sah, blitzten seine Augen wütend auf und er kam auf ihn zu. Doch bevor er ihn erreichte, stellte sich Katherine Summers ihm in den Weg. „Guten Morgen, Mister Warner.“, sagte sie kühl und streng und fixierte ihn mit ihrem Blick. „Misses Summers.“, gab der Vampir mit hochgezogener Augenbraue zurück und Severus glaubte, seine kontrollierte Visage kurz zucken zu sehen. „Da haben Sie sich ja einen wundervollen Klienten ausgesucht, Frau Kollegin.“, meinte er höhnisch und grinste siegessicher. „So unvorbelastet, so unscheinbar und so mitleidserweckend.“ Severus versteifte sich augenblicklich, blieb jedoch ruhig. Er würde sich nicht auf das Niveau des Blutsaugers herablassen, ganz sicher nicht. „Danke sehr, Sir.“, antwortete Emilys Mutter völlig unbeeindruckt und reichte ihm die Hand. „Möge der Bessere gewinnen.“ Der blonde Staranwalt, der natürlich wie immer perfekt aussah, sah sie arrogant an. „Ja, wenn Sie meinen, Summers. Aber ich werde nicht so ungerecht sein, Sie aus ihrer niedlichen Naivität zu reißen. Diese scheinen Sie im Übrigen an Ihre Tochter weitergegeben zu haben.“ Den letzten Satz betonte er mit Absicht, sodass Severus ihn klar und deutlich verstand. Auch seine Wirkung verfehlte er nicht. Der angeklagte Slytherin kam von der Tribüne in die Richtung der beiden, das Gesicht wutverzerrt. Doch Katherine Summers stellte sich vor ihn. „Lassen Sie.“, zischte sie ihm eindringlich zu, während Patrick Warner sich zu seinem Pult entfernte. Die ältere Hexe wandte sich nun wieder an Severus: „Ich verstehe ja, dass er Sie auf die Palme bringt, aber in unserer Situation müssen wir Ruhe bewahren.“ Ihre Stimme war, wenn auch ruhig und gefasst, eindringlich. Severus atmete hörbar aus. Am Liebsten hätte er Warner auf der Stelle den Hals umgedreht. Gegen ihn konnte der Moskito sagen, was er wollte, aber wenn es um Emily ging…
„Meinen Sie, Sie kriegen das hin?“, störte seine Anwältin seine Überlegungen. Er nickte kurz und Summers seufzte. „Gut, dann hoffen wir das Beste.“
Da öffneten sich die Türen mit einem höllischen Quietschen und die ersten Menschen betraten den Raum. Sie nickte und deutete ihm in Richtung Tribüne vorzugehen.

Endlich wurden die ersten Besucher in den Saal gelassen. Emily und Lavender hatten Schwierigkeiten, überhaupt bis zu der großen Tür zu gelangen. Von allen Seiten drängten Leute herbei, schubsten sich. Als Emily es nicht mehr aushielt, quetschte sie sich einfach durch die Menge hindurch und stand drinnen. Der gesamte Saal füllte sich erst allmählich und man hatte einen guten Blick auf den Richtertisch. Dort oben thronten bereits die Berater des zuständigen Richters. Da wurde sie erneut angerempelt, stolperte nach vorne und wurde überraschend aufgefangen. Sie richtete sich auf und wollte sich gerade bedanken, als sie erstarrte. Patrick stand vor ihr und sah mit ernster Miene auf sie herab. Sie keuchte unwillkürlich. Seit ihrem fürchterlichen Streit, der in ihrer Trennung geendet hatte, hatten sie einander nicht mehr gesehen. „Du solltest besser aufpassen, wo du hintrittst.“, sagte er kühl. Sie funkelte ihn wütend an. Offenbar konnte er es immer noch nicht gut sein lassen.
„Bist du gekommen, um zu sehen, wie ich deinen Lieblingskollegen auf immer und ewig einbuchte?“ In seiner Stimme lag keinerlei Hohn, sondern bitterer Ernst. Sie musste sich beherrschen, um ihn nicht zu schlagen oder anzuschreien. Alles, was sie je für ihn empfunden hattewar verschwunden, hatte sich verwandelt. Er war ihr so fremd wie nie zuvor. Dieser ganze Sachverhalt machte sie so traurig, dass ihr die Tränen den Hals hinauf krochen, was höllisch brannte. Sie schluckte schwer und besann sich. „Den Einzigen, den man auf ewig einbuchten KÖNNTE, wärst du, Patrick!“ Mit diesen Worten wandte sie sich von ihm ab und folgte der Menschenmenge zur Zuschauertribüne, gegenüber von der Anklagebank. Da tauchte plötzlich Lavender neben ihr auf und berührte sie kurz am Arm. „Hey, ich hab dich schon gesucht, du warst auf einmal weg.“, blubberte sie aufgeregt, scheinbar verloren in der großen Menge. „Entschuldige.“, sagte Emily, ohne sie anzusehen und drängte sich weiter. Sie betraten beide die dritte Reihe von unten und setzten sich hin. Zu ihrer linken Seite saßen drei weitere Personen, die die ersten hier gewesen und deshalb bis zum Ende durchgerutscht waren. Emily ließ ihre Augen wandern mit nur einem einzigen Zielobjekt im Kopf. Ihr Blick fiel zuerst wieder auf Patrick, dessen Pult vor ihrer Tribüne aufgebaut war. Er sortierte seine Unterlagen und Emily überlegte, ob sie nicht einfach ihren Zauberstab zücken, und all das Papier auf seinem Tisch verbrennen sollte. Es wäre ganz einfach. Doch sie verwarf den Gedanken, als er sich umdrehte und scheinbar zufällig zu ihr herauf sah. Sie wandte den Blick sofort ab und erspähte Katherine, die ihrerseits ebenfalls Dokumente sortierte. Neben ihr saß Severus. Man hatte also diese erniedrigende Sache mit dem Käfig abgeschafft und dem Angeklagten einen Platz neben seinem Anwalt zugestanden. Sie betrachtete ihn genauer, sog scharf die Luft ein und ihre Augen weiteten sich vor Schmerz. Er war fürchterlich abgemagert, in sich zusammengesunken, seine schwarzen Haare fielen ihm fettig über das Gesicht und er hatte einen dichten schwarzen Bart. Er sah mehr als mitgenommen aus, so als hätte man ihm jegliche Kraft entzogen, jegliche Hoffnung, jegliches Leben. Sie wollte aufstehen, sie wollte zu ihm gehen, ihm um den Hals fallen, sich tausendmal entschuldigen und ihm vor allem sagen, dass sie ihn liebte. Sie liebte ihn. Verzweifelt beugte sie sich unwillkürlich nach vorne. Da spürte sie Lavenders Hand auf ihrem Unterarm. Sie sah sie an und wusste, dass die Blonde ihren Schmerz an ihrem Gesicht ablesen konnte. Sie lächelte aufmunternd. „Du kennst ihn doch. Er gibt nicht auf. Niemals. Er schafft das.“ Aus irgendeinem Grund erschienen ihre Worte klar und tröstend, sogar aufbauend. Emily lehnte sich wieder zurück und nickte ihr mit einem aufgesetzten, gequälten Lächeln zu. Dann blickte sie wieder zur Anklagebank. Im nächsten Augenblick, fasste sie Lavenders Hand und ihr Druck wurde stärkend erwidert.
In diesem Moment betrat der Richter den Raum und es wurde allmählich still. Als die Türen geschlossen wurden, seufzte Emily erneut.

Die Verhandlung gestaltete sich schwierig. Zu Anfang wurden die Ermittlungen beider Anwälte gehört, Severus wurden die ihm zur Last gelegten Verbrechen vorgetragen und nach einer geschlagenen halben Stunde musste er sich zur Saalmitte begeben, wo er auf einem Stuhl Platz nahm. Sein Gang war trotz seiner schwachen Erscheinung aufrecht und forsch, eigentlich wie immer. „Severus Tobias Snape“, begann der Richter und allein sein voller Name klang wie ein Vorwurf. „Die Abteilung für magische Strafverfolgung hat den ernsthaften Verdacht, dass Sie am 12. Januar des Jahres 1981 einen verbotenen, noch dazu selbst erfundenen Zauber als Foltermethode gegen eine Muggeldame eingesetzt haben.“
Emily versteifte sich unmerklich, als sie das Datum hörte. Der 12. Januar war Patricks Geburtstag. Ein merkwürdiger Zufall. Sie verscheuchte den Gedanken rasch und konzentrierte sich wieder voll und ganz auf die Saalmitte. „Misses Summers, Ihr Zeuge hat sich bereiterklärt, auszusagen?“. Die tiefe Stimme des Richters hallte von den Wänden. Als Emily sich umblickte, entdeckte sie einen Dementor an der meterhohen Decke. Im ersten Augenblick erschrak sie und drückte Lavenders Hand noch fester. Doch es war recht ungewöhnlich, dass es bloß einer war. Zum Glück. Mehr hätte sie nicht ertragen. Sie sah zu Severus und konnte den schweren Druck, der auf oder viel mehr über ihm lastete, spüren. Es musste eine Zerreißprobe für die Nerven sein, als Angeklagter vor dem Zauberergamot und unter einem Dementor zu hocken, der nur darauf wartete, ihm die Seele auszusaugen. Emily schüttelte sich unwillkürlich und atmete nun noch nervöser durch den Mund. Ihr Brustkorb hob und senkte sich ungleichmäßig schnell. Lavender erwiderte den Druck ihrer Hand. Das gab ihr eine Art Sicherheit, eine Art Halt. Da antwortete Katherine: „Ja, Euer Ehren, das hat er.“ Sie nickte und sah, wenn auch ernst sehr optimistisch drein. Emily fragte sich nun schon bestimmt zum dreihundertsechsundzwanzigsten Mal, ob sie wusste, was sie da tat. Nun wandte sich der Richter an Patrick. „Mister Warner, Ihr Zeuge.“ Der Vampir erhob sich elegant und betont lässig von seinem Platz und schritt zur Anklagebank, wo Severus kerzengerade saß und demonstrativ an ihm vorbei sah. In seinem Gesicht waren keinerlei Emotionen. „Mister Snape“, begann Patrick und Emily wäre am Liebsten aufgestanden und hätte rein gerufen, dass er noch immer Professor war. Aber sie riss sich zusammen und biss sich auf die Unterlippe. „Ist es korrekt, dass Sie JAHRELANG…“, er machte eine Kunstpause. „….ein Todesser und somit ein Anhänger des dunklen Lords waren?“ Zuerst entstand eine unangenehme, kalte Stille. Emily starrte Severus an, als könnte sie ihn dadurch irgendwie beeinflussen. Antworte, dachte sie verzweifelt. Um Merlins Willen, antworte!
Gerade als Patrick Luft holte, um die Frage zu wiederholen, wandte Severus den Kopf ein wenig zu ihm und antwortete : „Jaah, das ist korrekt.“ Seine Stimme war monoton und kontrolliert. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte Emily geglaubt, er wäre niemals in Askaban gewesen. Er klang wie immer. Patrick nickte und fuhr in scharfem Ton fort: „Ist es nicht wahr, dass Sie nach all den Jahren einer der engsten Vertrauten Lord Voldemorts waren?“ – „Einspruch, irrelevant!“, beschwerte sich Katherine sofort, doch der Richter ignorierte sie. „Abgewiesen“, sagte er kalt und dann an den Angeklagten gewandt: „Beantworten Sie die Frage, Mister Snape.“ Und Severus gehorchte ungewohnt rasch. „Es stimmt“, sagte er und es klang, als wäre er selbst ein wenig überrascht über diese Tatsache.
Unbarmherzig ging der blonde Vampir weiter. „Hatten Sie somit nicht freie Hand, wenn es darum ging, Schlammblüter zu beseitigen?“ – „Mister Warner!“, unterbrach ihn der Richter empört. „Ihre Ausdrucksweise!“ Patrick senkte reumütig den Kopf. „Es tut mir Leid, Euer Ehren. Ich formuliere die Frage also neu: Severus Tobias Snape, ist es nicht wahr, dass der dunkle Lord Ihnen völlig freie Hand ließ, wenn es darum ging, muggelstämmige Menschen zu beseitigen?“ Emily zitterte innerlich und es fiel ihr immer schwerer, die Ruhe zu bewahren.
„Der dunkle Lord gab jedem von uns Anweisungen und Befehle“, erklärte Severus unglaublich ruhig. Patrick zog erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. „Tatsächlich?“, fragte er. „Und wie kann es dann sein, dass so viele Ihresgleichen aus völlig freien Stücken, Unschuldige umbrachten, an denen Lord Voldemort nicht im Geringsten interessiert war?“
Severus räusperte sich kurz und hustete danach ein paar Mal sehr heftig. Er versuchte es zu verbergen, indem er sich die Hand vor den geschlossenen Mund hielt, doch es war nicht zu überhören, dass es tief aus seiner Lunge drang. Er musste ernsthaft krank sein. Emily fürchtete, vor lauter Sorge um ihn, bald wahnsinnig zu werden. Sie wollte zu ihm, sie musste zu ihm!
„Nun, Mister Snape?“, hakte Patrick nach. Der Vampir kostete jeden Moment aus, blickte so abwertend wie möglich auf seinen Gegner herab und wartete nur darauf, dass er ihm seine Beweise wie Steine gegen den kopf schleudern konnte. Severus kam nun endlich wieder zu Atem und antwortete etwas heiser: „Viele waren blutdürstig geworden. Ich nicht.“
Patrick sprang sofort darauf an. „Dann wussten Sie also nicht, dass Lord Voldemort das Ziel hatte, muggelstämmige Hexen und Zauberer komplett auszulöschen, als Sie sich ihm anschlossen?“, fragte er spitz und blickte ganz verblüfft drein.
Emily starb tausend Tode und wünschte sich, das alles möge bald vorbei sein.


Die Fragen wurden immer konkreter, bohrten sich immer tiefer in seine Vergangenheit. Und all die verdrängten Erinnerungen aus seinen dunkelsten Jahren kamen wieder hoch, zogen in Bildern vor seinem inneren Auge vorbei.
Severus kam es wie eine Ewigkeit vor, in der er sich dem elenden blondierten Blutsauger ausgeliefert sah. Ohne seinen Zauberstab, völlig wehrlos. Er fühlte die Kälte des Dementoren, der sich unter der Decke wandte und hin und her schwebte, hungrig. Gierig nach seiner Seele. Konzentriert bemühte er sich, nicht nach oben zu sehen, es würde ihn nur noch hoffnungsloser stimmen, als er es ohnehin schon war. Noch demütigender war die Tatsache, dass Emily dort oben auf der Tribüne saß und alles hörte. Neben ihr hockte Lavender Brown. Die sonst so strahlenden Hexen, die immer eine fröhliche Aura versprüht hatten, waren beide ungewohnt blass. Bei Emily lag es wahrscheinlich an dem grauen Hosenanzug, unter welchem sie eine violette Bluse trug. Ihr Gesicht hatte er nur kurz gesehen, denn sie starrte benommen ins Leere. Sie erfuhr das Dunkelste aus seiner Vergangenheit, die schlimmsten seiner Eigenschaften, seine tiefsten Geheimnisse. Alles das sollte sie nicht hören. Es würde ihrer Meinung über ihn nicht besonders gut tun. Vor Severus innerem Auge spielte sich ein mögliches Gespräch zwischen ihnen ab. Sie wäre enttäuscht, entsetzt. Sie würde ihn für ein Monster halten, genau wie alle anderen in diesem Gerichtssaal. Das, was er tatsächlich war. „Mister Snape“, sagte Warner und trat näher an seine Bank. „Ist es nicht wahr, dass Sie in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli des Jahres 1997 einen von Ihnen erfundenen Fluch auf George Weasley abfeuerten, der ihm sein Ohr zerfetzte?“ Severus schluckte und unterdrückte mühsam seinen Hustenreiz. Es fühlte sich an, als würde seine geschundene Lunge sich bei jedem Atemzug nach oben drücken. Es tat höllisch weh. Von sämtlichen Gliedmaßen ganz zu schweigen. Askaban hatte ein Wrack aus ihm gemacht. Und die Frau, die er liebte, saß hier in diesem Raum und sah zu, wie er versagte, wie er zerbrechen würde. Seine Minderwertigkeitskomplexe waren während seines dreimonatigen Aufenthalts im Zaubereigefängnis nicht weniger geworden, ganz im Gegenteil. „Mister Snape!“, zerschnitt Warners Stimme seine Gedanken und er erinnerte sich der ihm gestellten Frage wieder. „Ich musste es tun“, verkündete er gefasst und sprach jedes Wort langsam und deutlich aus, damit der widerliche Moskito es auch nur ja verstand. „Ach, Sie mussten es tun!“, wiederholte der Anwalt spöttisch und breitete die Arme aus. „Severus Snape MUSSTE einem unschuldigen Jungen um ein Ohr erleichtern.“, sprach er an das Zauberergamot gewandt. „Ich musste meine Tarnung wahren.“, warf Severus erklärend ein, doch der Vampir drehte sich die Antwort wieder so, wie er sie brauchte. „Weil Sie Ihr Gesicht wahren wollten, verletzten Sie einen Unschuldigen lebensgefährlich?!“ Er war zur Bank zurückgekommen und stützte sich nun auf die Tischplatte zu ihm hin, so wie Severus es sonst immer bei seinen Schülern tat. „Nein!“, antwortete er etwas zu emotional und fuhr seine Stimme gleich wieder runter. „Ich achtete damals darauf, dass mein Fluch ihn nicht töten würde.“ Warner sah ihn abschätzend an, bevor er sich wieder ans Zauberergamot wandte. „Zeugenaussagen zufolge feuerten Sie diesen Fluch im Flug ab. Also, wie um alles in der Welt konnten Sie Ihren Fluch so kontrollieren, dass er den jungen Weasley nicht tötete? Dieser Fluch, meine Damen und Herren, der Sectumsempra, fügt seinen Opfern klaffende, blutende Wunden zu. Ein derart grausamer und boshafter Fluch ist den Auroren unserer Zeit noch nicht begegnet.“ Severus schnaubte. Unserer Zeit? Dieser elende Blutsauger war doch schon längst über dem Verfallsdatum SEINER Zeit!
Nach einer halben oder ganzen Stunde (Severus hatte jegliches Zeitgefühl in Askaban verloren) kam der Vampir endlich auf die eigentliche, zentrale Frage zu sprechen. „Sagt Ihnen der Name Rebecca Blossom etwas?“ – „Nein.“ Warner lachte trocken auf. „Nein, natürlich nicht! Man merkt sich in einer derartigen Todesserkarriere, wie Sie sie vorzuweisen haben natürlich nicht alle Namen seiner Opfer!“ Severus schwieg. Er wusste, dass Warner ihn zurück nach Askaban schaffen wollte. Sicherlich wollte er es so sehr, wie er ihm am Liebsten das Herz mit einem Holzpflock durchstoßen hätte.
„Rebecca Blossom wurde am 13. Januar 1981 in ihrer Wohnung in Muggellondon gefunden“, erklärte Warner den Zuschauern. „Die damals 35-jährige war kaum noch am Leben. Sie wies am ganzen Körper klaffende Wunden auf, die sie derart entstellten, dass sie nur noch anhand ihrer Handabdrücke zu erkennen war.“ Ein bestürztes Gemurmel ging durch die Reihen und Severus musste sich zügeln, um sich nicht nach Emily umzusehen. Das durfte er nicht! Er durfte sie jetzt nicht ansehen! Da sprach der Richter, der sich während der ganzen Zeit zurückgehalten hatte: „Wo ist Ihr Opfer, Mister Warner?“ Da glaubte Severus einen Zug von Ärger in Warners Gesicht zu sehen. Der stolze, arrogante Anwalt sah ertappt aus. „Nun ja“. Er wandte sich an den Richter und faltete die Hände vor der Brust. „Miss Blossom ist vor…zwei Jahren gestorben.“ – „Wie bitte?“. Emilys Mutter war aufgesprungen und blickte sowohl den Richter, als auch ihren Kollegen empört an. „Misses Summers, setzten Sie sich!“, ermahnte sie der Richter mit missbilligendem Blick. „Sir!“, protestierte Summers. „Das wirft ein ganz neues Licht auf diesen Fall! Wo bleibt die Anklage, wenn das Opfer bereits…“ Doch Warner unterbrach sie. „Die Abteilung für magische Strafverfolgung sieht vor, dass ein Fall erst nach einem Jahrhundert verjährt. Das bedeutet, dass das Zauberergamot einen Angeklagten ebenso schuldig sprechen kann, wenn das Opfer bedauerlicherweise schon vom Tod ereilt worden ist.“ Severus beobachtete seine Anwältin aus dem Augenwinkel. Sie war wütend. Und ihre Mimik war die ihrer Tochter. Zusammengezogene Augenbrauen, verspannter Unterkiefer, stechender, eisblauer Blick. „Euer Ehren,“, begann sie recht gefasst. „Es heißt nicht umsonst: Im Zweifel für den Angeklagten!“ Angesichts dieser schwachen Argumentation schloss Severus die Augen. Er spürte, wie die Kälte und die Hoffnungslosigkeit noch stärker auf ihn hereinbrachen. Er war verloren. „Ihr Zeuge“, sagte Warner und ging selbstsicher zu seinem Pult zurück. Siegessicher. Als Severus dem Blick des Vampirs folgte, erkannte er, dass er zu Emily hinaufsah. Er schaute einen Moment zu lange hin. Emilys Augen trafen seine. Blitzschnell sah er wieder weg, doch er wusste, dass es zu spät war. Sie hatte seine Verzweiflung gesehen. Und er hatte ihr Entsetzen gesehen. Es war offensichtlich, dass sie über ihn erschrocken war. Sie sah in ihm nur ein Monster.
Die Fragen seiner Anwältin beantwortete er völlig gefühlstaub. Er war beschämt, gebrochen, und man demütigte ihn weiter.
Nachdem Misses Summers ihre Fragen beendet hatte, die wohl irgendwie dazu hätten beitragen sollen, dass er vielleicht doch freigesprochen wurde, kam Warner noch einmal in die Saalmitte. „Eine letzte Frage, Euer Ehren“, bat er und wandte sich an Severus. „Ist es nicht wahr, dass Sie ihre damalige Freundin Lily Potter, geborene Evans, schon in ihrer Schulzeit als, ich zitiere: Schlammblut, bezeichneten?“ – „Einspruch!“, bellte Summers. „Das hat nichts mit diesem Fall zu tun!“ Warner wandte sich an den Richter. „Euer Ehren, die Abteilung für magische Strafverfolgung hat allen Grund zu der Annahme, dass der Angeklagte bereits im Schuljungenalter einen Hass gegen muggelstämmige Menschen hegte.“ Der Richter nickte. „Einspruch abgelehnt.“ Warner kam nun wieder auf ihn zu, stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte und sah ihm durchdringend in die Augen. Er blinzelte nicht einmal, als er fragte: „Mister Snape, ist es wahr, dass Sie Lily Potter als Schlammblut bezeichneten, als Sie noch Schüler auf Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei waren?“ Severus blickte ihn einige Sekunden lang stumm an und spürte, wie das letzte bisschen Kraft aus ihm wich. „Sie foltern einen Gegner, der bereits am Boden liegt, Mister Warner“, sagte er schließlich und war sich bewusst, dass er in diesem Moment sein eigenes Todesurteil unterschrieb. „Nein!“ Überrascht blickten alle zur ersten Tribüne hinauf. Dort stand Emily Summers. Sie atmete schwer, ihr Ausdruck war verzweifelt. „Ruhe im Saal!“, befahl der Richter und Emily ließ sich zögerlich auf ihren Platz zurück sinken. Neben ihr strich ihr Lavender Brown beruhigend über den Arm, doch sie reagierte gar nicht darauf. Sie starrte ihn weiterhin entsetzt an und Severus spürte einen schmerzhaften Stich in der Brust. Warner lächelte fies. „Keine weiteren Fragen.“ Der Vampir ging zurück zu seinem Pult und lehnte sich lässig auf seinem Stuhl zurück, während er etwas dokumentierte. „Nun gut“, sagte der Richter. „Schließen wir die Beweisaufnahme…“ – „Einen Moment, Euer Ehren!“, rief Katherine Summers dazwischen und stand auf. „Ich rufe Harry James Potter in den Zeugenstand!“ Was?! Severus blickte sie überrascht an. Potter war hier? Sie hatte Harry Potter dazu bewegt, in einem Prozess für ihn auszusagen? Für ihn?! Der Richter blinzelte und schaute etwas überrumpelt drein. „Bitte.“ Severus erhob sich. Aufrecht aber unter großen Schmerzen ging er zur Anklagebank zurück.

Emily hatte sich einfach nicht länger beherrschen können! Es war über sie gekommen, als er gesagt hatte, dass er bereits am Ende sei. Sie hoffte, dass es nicht stimmte und es brachte sie um, dass er so hoffnungslos war. Er durfte nicht aufgeben! Er war Severus Snape. Er gab nicht auf, niemals!
Da öffnete sich eine Seitentür hinter der Bank von Katherine und heraus trat… Harry Potter!
Der gesamte Saal brach erneut in ein aufgeregtes Gemurmel aus. Der junge Mann mit der Brille und der Blitznarbe trug einen dunkelblauen Anzug mit passender Krawatte. Komisch! Emily hatte ihn als Jungen in Jeans und T-Shirt in Erinnerung. Er war kein Junge mehr.
Er setzte sich auf den Stuhl in der Saalmitte und blickte erwartungsvoll zu Katherine. Sie kam zu ihm. „Mister Potter, ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit nehmen.“, begann sie und er nickte. „Mister Potter, ist es korrekt, dass Severus Snape Sie während Ihrer Schulzeit auf Hogwarts unterrichtete?“ – „Das ist richtig“, antwortete er, blickte sie konzentriert an. „Und ist es ebenso korrekt, dass Sie erst im Jahre 1997 um seine Doppelidentität erfuhren?“ – „Einspruch“, ereiferte sich Patrick und sprang auf. „Irrelevant!“ Doch der Richter, der sich für die Version des jungen Potters zu interessieren schien, winkte ab. „Einspruch abgewiesen. Fahren Sie nur fort, Misses Summers.“ Harry Potter nickte. „Das ist korrekt.“ Katherine wandte sich nun halb an das Zauberergamot. „Erzählen Sie uns, Mister Potter, was Sie im Sommer des Jahres 1997, das Jahr, in dem es Ihnen gelang, Lord Voldemort zu besiegen, über den Angeklagten erfuhren.“ Und dann begann Harry Potter zu erzählen. Er sprach von Albus Dumbledore, von all den Abmachungen zwischen ihm und Severus Snape. Ebenso erwähnte er die Erinnerungen des Angeklagten, die er selbst mit eigenen Augen gesehen habe. Er ließ kein Detail aus und verschwieg auch nicht, dass Severus Snape ihn, Harry Potter, im Hintergrund immer beschützt hatte. Der gesamte Saal lauschte seinen Ausführungen gebannt, man hätte eine Feder fallen hören können. Vor Emilys Augen erschienen in diesen Momenten wieder die Szenarien des Krieges. All das Leid, die Zerstörung, die Toten. Sie keuchte. Sie fürchtete sich vor diesen Erinnerungen. Bis dato hatte sie sie immer mehr oder minder erfolgreich verdrängt, aber nun kam alles wieder hoch und als sie sich umblickte, erkannte sie, dass es nicht nur ihr so ging. Lavender verkrampfte sich neben ihr und nun war es Emily, die ihr beruhigend mit dem Daumen über die Hand strich. Der jungen Hexe standen der Schmerz und der Horror ins Gesicht geschrieben. Harry Potter erzählte weiter, sprach ruhig und sicher. Außerdem bezeugte er, dass Lord Voldemort tatsächlich damals vorgehabt hatte, Severus Snape zu töten, was ja von manchen Kritikern bezweifelt worden war. Emily blendete die schrecklichen Bilder in ihrem Kopf aus und fühlte sich mit jedem Satz, aus Harry Potters Mund besser. Es stand außer Frage, dass dieser junge Mann glaubwürdig war und was er erzählte, ergab Sinn. Es schien, als würde die Kälte des Dementors verschwinden, als würde Licht in die dunkle Ungewissheit hineinbrechen.
Als der junge Mann geendet hatte, war es totenstill. Man vernahm nur das Rauschen des Umhangs des Dementors unter der Decke, was gespenstisch klang.
Eine Weile herrschte diese Stille vor und Emily beobachtete Patrick, der den Richter fixierte.
Es schien, als hätte der Mann den Verhandlungspunkt schon völlig vergessen, als Katherine Summers sich an Harry Potter wandte. „Danke, Mister Potter. Ich denke, Sie haben uns sehr geholfen.“ Der Schwarzhaarige nickte. „Ich hätte nur noch eine letzte Frage“, fügte sie hinzu.
„Glauben Sie, dass Severus Snape schuldig ist an dem, was Rebecca Blossom passiert ist?“
Harry Potter räusperte sich. „Nein, Ma’am. Soweit ich informiert bin, lebte diese Dame außerhalb auf dem Land, unfern dem Landsitz der Malfoys. Ich denke, es liegt der Verdacht nahe, dass ein anderer Todesser ihr das angetan hat.“ Katherine nickte. „Ihr Zeuge, Mister Warner.“, sagte sie und sah zufrieden aus. Patrick blickte Harry Potter nur kurz an. Der Vampir hatte sich auf seinem Platz nach vorne gebeugt und murmelte schließlich zerknirscht: „Keine weiteren Fragen.“
Emily seufzte. Der Richter ergriff erst wieder das Wort, als Harry Potter den Saal wieder verlassen hatte. „Wer stimmt für eine Verurteilung?“, fragte er. Patrick blickte gespannt in die Reihen, doch die Damen und Herren in Rot und Schwarz rührten sich nicht. Nach einer für Emilys Geschmack etwas zu langen Pause, fragte er schließlich die alles entscheidende Frage: „Wer stimmt dafür, die Anklage gegen Severus Tobias Snape restlos fallen zu lassen?“ Nun erhoben sich die Hände aller Anwesenden des Zauberergamots. Kein bisschen zögerlich, sondern entschlossen und bestimmt. Emily sah plötzlich aus dem Augenwinkel, wie Lavender ihre freie Hand erheben wollte. Sie reagierte schnell, aber ruhig und drückte ihr die Hand wieder runter. Die blonde Hexe sah sie peinlich berührt an und ihre runden Wangen wurden rosa. Emily lächelte sie jedoch überglücklich an und deutete in die Runde. Das Urteil war einstimmig! Es war einstimmig! „Severus Tobias Snape, Sie werden hiermit freigesprochen“, verkündete der Richter und schlug mit seinem Holzammer auf das kleine Holzpodest. Emily entfuhr ein kleiner Aufschrei des Glücks, der jedoch in dem anschließenden Gemurmel, Getummel und Gedränge unterging. Es war zu sehen, dass die meisten Zuschauer, zum größten Teil natürlich die Presse, am Liebsten eine Verurteilung gesehen hätten. Doch Emily hatte keine Zeit, sich darüber aufzuregen. Sie ließ Lavenders Hand los, sprang auf und drängte sich die Tribüne herunter. Als sie endlich unten in der Saalmitte angekommen war, wurde sie von der Meute Aasgeiern empfangen, die sie mit neugierigen Fragen bestürmten. Reporter, wohin sie auch sah, Blitzlichtgewitter, dass man blind wurde. „Was werden Sie jetzt tun?“ „Wird Severus Snape nach Hogwarts zurückkehren?“ „Haben Sie dieses Urteil herbeigesehnt?“
Doch Emily kämpfte sich frei, hinüber zur Anklagebank. Dort standen ihre Mutter und Severus, die sich die Hand gaben. Da trat ihr Patrick in den Weg. In seinem Gesicht stand der blanke Zorn. „Na, zufrieden?“, fragte er und seine Augen verfärbten sich rot. Emily schluckte zwar, doch sie würde keine Angst zeigen. Sie sah ihn direkt an und zog die Brauen hoch. „Allerdings“, antwortete sie. Er schien nur noch wütender zu werden. Sein Blick hätte töten können. „Wie kannst du mich nur so vor den Kopf stoßen?“, fragte er. „Wohin willst du jetzt, hm? Zu ihm? Um die Hure eines Todessers zu werden?“, zischte er und das Blitzlicht der Kameras spiegelte sich in seinen Augen. Emily schüttelte den Kopf und wollte an ihm vorbei gehen. Da packte er sie am Arm und hielt sie zurück. „Lass mich nicht so stehen als wäre ich nichts!“, fauchte er und sie spürte, wie sich seine Fingernägel in ihre Haut bohrten. Sie verzog schmerzvoll das Gesicht, als etwas ihren Arm hinunterlief. Blut. Ihr stockte der Atem. Blut! Patricks Blick wurde nun wahrhaft wahnsinnig. In seinem Gesicht traten die leeren Blutgefäße aus der blassen Haut heraus. Da kam plötzlich Katherine von der Anklagebank. „Lassen Sie auf der Stelle meine Tochter los!“, rief sie. In diesem Moment bemerkten die Fotographen und die Reporter die Situation und kamen näher. Emily, erstaunt über Katherines Einsatz, war unfähig sich zu bewegen. Da packte Katherine Patrick an der Schulter, um ihn daran zu hindern, Emily noch weiter festzuhalten. Doch der Vampir fuhr herum, griff mit der freien Hand nach Katherines Kehle, hob sie hoch und schleuderte sie mit einer solchen Kraft in die Zuschauertribüne, dass gleich drei Bänke über ihr zusammenbrachen. Während große und kleine Holzteile in die Saalmitte flogen, wichen alle Anwesenden erschrocken zurück. „MUUUUM!!“, schrie Emily, und fragte sich, wann sie ihre Mutter eigentlich das letzte Mal so genannt hatte. „DU!“, sie wandte sich an Patrick, der sie noch immer festhielt, dessen Gesicht sich langsam aber sicher zu einer dämonischen Grimasse verzog. „Du Scheißkerl! Du mieser Scheißkerl!“ Wütend schlug sie auf ihn ein. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Severus zu ihnen geeilt kam. Sie wollte ihren Zauberstab ziehen, doch Patrick kam ihr zuvor, verdrehte ihr den Arm, zog sie mit dem Rücken an sich, entwendete ihr den Zauberstab und zerbrach ihn. Sie zuckte zusammen, als die beiden Hälften auf dem Boden landeten. „Lass sie gehen!“, rief Severus, der nun vor ihnen stand. Emily versuchte, sich zu befreien, aber es gelang ihr nicht. Patrick hielt sie fest wie ein Raubtier seine Beute. Mit seinen Krallen und bald vielleicht auch mit…seinen Zähnen?! Sie zuckte, sie wand sich, doch es half nichts. „Lass sie gehen, sonst….“, Severus sah noch wütender aus, als Patrick, was sie niemals für möglich gehalten hätte. Allerdings wütend auf eine andere Art. „Sonst was?!“, fragte die Stimme hinter ihr. Ihr Klang war derart verzerrt, dass Emily sie nicht erkannt hätte, wenn sie nicht gewusst hätte, dass es Patrick war, der hinter ihr stand und sie festhielt. „Wie willst du alter Sack mir denn gefährlich werden? Sieh dich doch an: ohne Zauberstab, ohne Rückrad!“ Da ergriff Severus ein Holzstück, das von der zerschmetterten Tribüne in die Saalmitte geflogen war und hob es gegen Patrick. „LASS SIE LOS!“, brüllte er und wollte näher kommen, als Patrick Emily an den Haaren packte und ihren Kopf zur Seite zog. „Ah, ah, ah“, ermahnte er seinen Gegenüber und Emily hörte, wie er seine Reißzähne entblößte. Sie spürte seinen heißen Atem auf ihrem entblößten Hals und war vor Schreck wie gelähmt. Sie blickte Severus an, der sofort innehielt, das Holzstück jedoch noch immer hoch erhoben. Alle anderen im Raum starrten gebannt zu ihnen. Niemand unternahm etwas. Patrick lachte höhnisch. „Über 20 Jahre habe ich mich zurückgehalten“, hauchte er ihr zu. „Zeit, dass sich das ändert!“ Emily hatte seine Worte gerade erst verstanden, als er auch schon seine Zähne in ihren Hals schlug. Erschrocken riss sie die Augen auf und holte so viel Luft, wie noch nie in ihrem Leben. Sie spürte ihr eigenes, warmes Blut, das ihr über die Halsbeuge lief. Einen Wimpernschlag später begann sie, vor Schmerz zu schreien. „NEEEEEIIN!!“ Mit halb geschlossenen Augen sah sie noch, wie Severus auf sie zustürmte, dann hörte sie eine weibliche Stimme aus dem Hintergrund. „Stupor!“
Patrick riss seine Zähne urplötzlich aus ihrem Hals, kippte getroffen nach hinten und zog Emily mit sich. Sie landete auf ihm, drehte sich mit letzter Kraft und lag neben ihm auf dem Bauch. Benommen fasste sie sich mit der Hand an den Hals und versuchte, die Wunde zu verdecken. Als sie den Blick hob, erkannte sie Lavender, die ihren Zauberstab noch immer auf Patrick gerichtet hielt. Tapferes Mädchen. Trotz der betäubenden Schmerzen schaffte sie es, zu lächeln. Da wurde sie gegriffen und sanft hochgezogen. Ihr wurde schwindelig und sie fiel Severus in die Arme. Er sah sie betroffen an, entsetzt über ihre Verletzung. Sie sah ihn entschuldigend an, wollte ihm all das sagen, was sie ihm doch sagen musste. Doch da fiel ihr ihre Mutter ein. Noch immer blutend, richtete sie sich auf und lief zu der Tribüne, in welche Katherine hinein geflogen war. Nun erwachten die anderen Anwesenden aus ihren Erstarrungen und räumten die Holzstücke beiseite. Emily hockte sich hin und beteiligte sich. Dabei vergaß sie ihre Wunde völlig und ließ dem Blut seinen freien Lauf, ihren Hals hinab, über ihren Arm. Sie war wie betäubt. Sie spürte es nicht. Und da war ihre Mutter. Mit einem verdrehten Bein lag sie zwischen den Holzstufen, ihre Augen standen offen und waren bereits glasig geworden. Emily berührte das leblose Gesicht und keuchte.

Severus griff sich den Zauberstab eines Mitgliedes des Zauberergamots und eilte zu Emily, die benommen auf der Tribüne oder auf dem, was davon noch übrig war, hockte.
Er nahm sie bei der Hand und zog sie nach oben. Ihr Hals und ihre komplette rechte Schulter waren mit Blut überlaufen. Der graue Stoff hatte sich vollgesogen. Erst jetzt sah er, was passiert war. Katherine Summers lag tot zwischen dem zerbarsten Holz. Er legte den Arm um Emily und führte sie zum Rand des Saals. Weg von der Leiche ihrer Mutter, weg von Warner, der noch immer geschockt auf dem Boden lag, weg von den lästigen Fotographen. Er setzte sich mit ihr auf eine unbeschädigte Bank der Tribüne und fing an, mit dem fremden Zauberstab Heilbeschwörungen zu murmeln. Die beiden Löcher in ihrem Hals wurden bald kleiner, das Blut gerann und der Biss begann zu verheilen. Emily starrte ins Leere, ihr Atem ging stockend. Da öffneten sich die Türen und Heiler des St. Mungo trafen ein. Sie drehte ihren Kopf in ihre Richtung, dann wandte sie sich ihm zu und sah ihn an. Es war das erste Mal, dass er keine Emotionen in ihrem hübschen Gesicht erkennen konnte.


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