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Fanfiction

Severus Snape - Das letzte Jahr in seinem Leben - Duell im Regen

von LunaYazz

Als Severus hinaus in den verwilderten Garten der Villa Malfoy eilte, wurde er von einem heftigen Regen überrascht, der laut auf die Erde prasselte und ihn innerhalb eines Herzschlags von Kopf bis Fuß durchnässte. Schnell zog er sich die Kapuze seines Reisemantels über den Kopf und knöpfte sie zu. Er spähte durch den Regen, der ihm wie ein dichter Vorhang die Sicht vernebelte. Da sah er sie: Etwas abseits des Weges, im hohen, mit Unkraut durchwucherten Gras, lagen mitten im sintflutartigen Regen die beiden Mädchen, unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren. Severus zückte seinen Zauberstab und murmelte „Mobilcorpus!“, und die zwei wurden mit einem Ruck in die Luft gehoben, stocksteif und unbeweglich wie Denkmäler ihrer selbst, scheinbar zu Stein erstarrt. Mit einem Schlenker seines Stabs ließ Severus sie unter das breite Vordach der Villa schweben, ins Trockene, wo er sie vorsichtig auf dem Boden absetzte. Dann hastete er zu ihnen.

Die beiden Mädchen sahen wächsern und elendig aus, die Augen gerötet und wund. Der Regen musste ihnen in Augen und Nase gelaufen sein. Wären sie nur noch ein bisschen länger dort draußen im Regen liegen geblieben, wären sie wahrscheinlich ertrunken. Sofort stach Severus Lucy Morgans unnatürlich blasse Hautfarbe ins Auge. Die langen, dicken Haare, mehr weiß als blond, die selbst so durchnässt nicht aneinanderklebten, sondern wirr, wie elektrisiert, abstanden. In dem Blick ihrer blaugolden glänzenden Mandelaugen zeigte sich schreckliche Angst, doch vor Müdigkeit und Erschöpfung war ihr Blick vernebelt und verschwommen. Sie wirkte resigniert, als hätte sie mit ihrem Leben bereits abgeschlossen, als hätte sie schon aufgegeben. Neben ihr lag ebenso starr und unbeweglich das Mädchen, dass ihre Freundin Nellie Gouldin sein musste. Mit ihrer gebräunten Haut und den pechschwarzen Haaren stellte sie einen extremen Gegensatz zu Lucy dar. Sie starrte Severus in panischer Angst an und ihr Blick wirkte aufmerksamer und wacher als der ihrer Freundin. Auch ohne Legilimentik konnte Severus die Gedanken in ihrem Kopf rattern hören, verzweifelt nach einem Ausweg suchend, den es nicht gab. Nicht ohne ihn zumindest. Er war die einzige Rettung für diese Mädchen. Doch er wusste, wenn er Lucy und Nellie jetzt aus ihrer Starre befreien würde, würden sie versuchen, zu fliehen, sich zu Wehr zu setzen. Sie hielten ihn für den Feind. Er musste es ihnen erst erklären. „Hört mir zu!“ zischte Severus leise und eindringlich. „Ich will euch nichts tun. Ich…“ Severus stockte. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass sein Gesicht noch einige Monate zuvor aus allen Zeitungen der Zauberergemeinschaft hinaus gestarrt hatte, unter Schlagzeilen wie: Albus Dumbledores Mörder?, Hat dieser Mann den Schulleiter von Hogwarts auf dem Gewissen? oder Severus Snape: Ist er der Täter? Jeder Zauberer und jede Hexe kannte ihn, und sein Ruhm war mehr als zweifelhaft. Er, der Verräter, gefährlicher Todesser, dem Dunklen Lord immer noch treu. Wie sollten sie ihm da vertrauen? Er musste ihnen die Wahrheit sagen –Sie, Geächtete der Todesser, ein Halbmensch und eine Blutsverräterin, die er retten wollte, wären die Letzten, die ihn verraten würden, da bestand kein Risiko. Hoffentlich glaubten sie ihm…

„Ich bin kein Todesser.“ sagte er leise und eindringlich. Er blickte Lucy und Nellie fest in die Augen, in denen sich ihre ganze schreckliche Todesangst, die Angst, sterben zu müssen, nur weil man eine falsche Herkunft hat, Freunde hat, die den Todessern nicht gefallen, wiederspiegelte. „Ich war mal ein Todesser, ja, vor vielen Jahren, aber ich habe längst die Seite gewechselt. Dumbledore wollte von mir getötet werden, ihr versteht? Er wurde von einem Fluch getroffen und war daraufhin todkrank. Da wollte er lieber durch meine Hand sterben. Ich bin kein Verräter. Doch, natürlich, das heißt, ich verrate die Todesser, ich gebe vor, immer noch einer von ihnen zu sein, um sie ausspionieren zu können. Ich will euch helfen. Und die Zeit läuft uns davon. Wir müssen uns beeilen!“ In Lucys und Nellies Augen konnte Severus immer noch Ungläubigkeit und Verwirrung lesen. „Warum sollte ich das denn sagen?“ fuhr er ungeduldig fort. „Wäre ich wirklich ein Todesser, dann hätte ich euch längst umgebracht. Das haben die da drinnen nämlich vor. Sie haben mich geschickt, um euch zu töten. Aber ich will euch retten. Ehrlich. Ich möchte nicht, dass ihr stirbt.“ Severus sah die beiden Freundinnen eindringlich an. Langsam schien die Feindseligkeit in ihren Augen zu erlöschen und zaghaftem Vertrauen und einer neuen Hoffnung zu weichen. Er hatte den Kampf gegen ihr Misstrauen gewonnen und nun konnten sie hoffentlich zusammenarbeiten, gemeinsam ihr Leben retten. „Gut“ sagte Severus abschließend, „Dann werde ich euch jetzt befreien. Verhaltet euch ruhig und haltet gefälligst den Mund!“ Mit einem Zauberstabschlenker löste Severus die Ganzkörperklammer auf. Augenblicklich erschlafften die Mädchen, ihre zu Stein erstarrten Körper wie durch ein Wunder wieder zu neuem Leben erwacht, ihre unsichtbaren Fesseln gelöst, und richteten sich langsam und schwerfällig auf. Nellie stand auf wackligen Knien auf, streckte sich einmal und seufzte erleichtert. Dann musste sie mehrmals laut niesen. Lucy blieb halb aufgerichtet auf dem Boden hocken und musste leise und bellend husten. Sie spuckte ein wenig Regenwasser aus und rieb sich das Wasser aus den geröteten Augen. Als ihre Freundin sie besorgt ansah, krächzte sie in dem Versuch zu flüstern: „Geht schon. Alles okay.“ und stand auch langsam auf, wobei sie schwankte und drohte, wieder hinzufallen, auf ihren schwachen und wackligen Beinen zu stürzen. Dann musste sie abermals husten. Sie zitterte stark in ihrer durchnässten Kleidung. Nellie hatte nur der Regen zugesetzt. Aber Lucy hatte die Folterflüche von Bellatrix über sich ergehen lassen müssen, bis sie, um dem unerträglichen Schmerz endlich zu entfliehen, der Todesserin das ganze Geheimnis ihrer Herkunft verraten musste, wohl wissend, dass es sie und ihre Freundin in größte Gefahr bringen würde.

„Wo sind eure Zauberstäbe?“ wand sich Severus an Nellie, da sie einen weitaus stabileren Eindruck als ihre Freundin machte. Er durfte Lucy jetzt keinesfalls überfordern. Nellie musste kurz überlegen, rieb sich die Schläfen und stöhnte leise auf, als würde ihr die Erinnerung Schmerzen bereiten. Dann sagte sie langsam: „Die liegen noch in London. Diese Todesserin hat uns die Zauberstäbe aus der Tasche gezogen, nachdem sie uns geschockt hatte. Ich habe gesehen, wie sie sie …achtlos auf den Boden geworfen hat.“ So etwas Ähnliches hatte Severus schon vermutet. „Weißt du genau, wo sie sind?“ fragte er weiter. „Ja.“ meinte Nellie sofort. „Es war in dieser dunklen, verlassenen Gasse, die mir noch nie ganz geheuer war, sie heißt…“ „Sehr gut.“ schnitt Severus ihr das Wort ab. Er wägte einen Augenblick lang ab, überlegte. Und dann gab er Nellie seinen Zauberstab in die Hand, den sie vollkommen verwirrt entgegen nahm. „Pass auf“ begann er zu erklären, „Du apparierst jetzt mit meinem Zauberstab nach London. Dort suchst du deinen Stab und den deiner Freundin, holst sie und kommst hierher zurück. Dann wirst du mir meinen Zauberstab zurückgeben. Anschließend werdet ihr beide mit euren eigenen Zauberstäben disapparieren. Von hier fliehen. Untertauchen. Ich werde sagen, ich hätte euch getötet, dann werden sie nicht mehr nach euch suchen. Verstanden?“ Nellie nickte heftig. „Danke!“ wisperte sie und ihre Stimme war plötzlich gebrochen vor aufrichtiger Dankbarkeit, „Danke, dass Sie uns helfen, Mr. Snape!“ „Jetzt beeil dich!“ zischte Severus ihr nur zu. Die Zeit rann ihm davon. Nellie nickte noch einmal, dann hob sie Severus Stab und disapparierte mit einem leisen Plopp. Severus wusste, sie würde wiederkommen, ihm den Zauberstab zurückbringen. Denn sie würde ihre Freundin nicht im Stich lassen.
Nervös und ungeduldig starrte Severus in den Regen. Lucy saß zu seinen Füßen, an die Wand gelehnt, und atmete rasselnd und schwer, die Augen geschlossen. Bald würde Nellie zurückkehren und
Severus´ Zauberstab wiedergeben. Sie würde sich mit ihrer Freundin in Sicherheit bringen, ihrem von Bellatrix auferlegten grausamen Schicksal entfliehen können… Es war gut, dass Severus sich angeboten hatte, diese Sache zu erledigen. So konnte er verhindern, dass wieder zwei Menschen ein sinnloses Opfer von Voldemorts Wahn nach reinem Blut werden. Diesen Wahn hatte er noch nie wirklich nachvollziehen können …noch nie… Und dennoch war auch er damals Todesser geworden, ein Diener des Dunklen Lords. Warum bloß hatte er das getan? Diese quälende Frage konnte sich Severus nur zu leicht selbst beantworten. Auch er war in einem Wahn gewesen, in einem Wahn nach der Anerkennung, die er nie in seinem Leben bekommen hatte, selbst von seinen Eltern nicht, nach Stärke und Macht… Und so hatte er den größten Fehler seines Lebens begangen. Aber heute verabscheute er all diese Todesser und ihre wahnwitzigen Ziele regelrecht. Könnte er sein Leben nochmal leben, er würde einen anderen Weg einschlagen. Er blickte Lucy und ihr von Sorgen und Erschöpfung überschattetes Gesicht an. Warum sollte jemand nur wegen seiner Herkunft weniger wert sein?

Severus blickte auf seine Armbanduhr …Nun waren genau zwei Minuten vergangen, seit Nellie aus dem Garten disappariert war. Eigentlich müsste sie jeden Moment kommen. Das alles dauerte viel länger, als er eingeplant hatte. Was, wenn Voldemort jemanden hinausschickte, um nachzusehen, wozu Severus so lange brauchte? Das wäre Lucys sicheres Todesurteil. Und Severus wäre als Verräter enttarnt. Also auch sein sicheres Todesurteil. Sollte er einfach hineingehen und die Mädchen sich selbst überlassen? Sie könnten seinen Zauberstab für ihn irgendwo in diesem gigantischen Garten ablegen, damit er ihn nachher holen konnte… Aber was, wenn er auf der Versammlung seinen Stab noch brauchte? Und wenn nachher alle die Villa Malfoy verließen - er würde auf dem Boden herumkriechen und seinen Zauberstab suchen… Nein, das wäre zu verdächtig. Lucy blickte Severus fragend an. „Zwei Min-“ Er unterbrach sich. Dieses Geräusch… Jemand hatte die schwere Metalltür, die vom Salon in die Eingangshalle führte, laut zugeschlagen. Und jetzt Schritte. Sie kamen näher. Severus Herz schien einen Schlag lang auszusetzen und begann dann wie wild zu hämmern. Auch Lucy hatte es gehört. Sie schrie leise auf und sah sich mit schreckgeweiteten Augen hektisch um, schien ein Versteck zu suchen. Ihr Blick blieb auf der wild wuchernden Hecke, die den Kiesweg säumte, ruhen. Und dann ging alles so schnell, dass Severus kaum mit den Augen folgen konnte. Lucy schien ihre Form zu verändern und gleichzeitig unendlich schnell zusammenzuschrumpfen, während sie in silbernem Licht aufglomm. Und innerhalb eines Augenblicks war das Mädchen verschwunden. Stattdessen kauerte an der Stelle, wo sie eben noch saß, eine kleine Maus am Boden, das graubraune Fell vom Regen durchnässt. Die Klinke der Eingangstür der Villa wurde quietschend heruntergedrückt. Und als die Tür aufging, war Lucy, die Maus, schon in der Hecke verschwunden, in das dichte Gestrüpp gehuscht wie ein leiser Schatten.

Severus wirbelte herum. In der Tür stand Bellatrix, das lange, schwarze Haar im Wind wehend, einen argwöhnischen Blick in den großen, braunen Augen. „Wo bleibst du so lange, Severus? Was ist hier los? Wo sind die Mädchen?“ Bellatrix bombardierte ihn geradezu mit Fragen, ihr Ton war argwöhnisch und messerscharf. Sie hatte ihm noch nie vertraut. Schnell, Severus, überlege dir eine Ausrede. Eine gute. „Ja, wenn ich das nur wüsste…“ seufzte Severus und bemühte sich, so verzweifelt wie nur möglich zu klingen. „Was soll das heißen?“ Bellatrix Worte trafen ihn scharf wie frisch geschliffene Dolche, die mitten in sein Herz stachen. „Ich weiß nicht, wo die beiden sind!“ rief Severus. Hoffentlich klang das so bestürzt, wie er dachte. „Als ich hier rauskam, war niemand im Garten! Vielleicht hat so eine Gestaltenwandlerin ja mehr Fähigkeiten, als wir vermutet haben, und sie hat sich und ihre Freundin befreit? Ich habe schon überall nachgesehen, wo sie sich versteckt haben könnten, aber sie sind nirgends! Nicht im alten Brunnen, nicht in der Hecke…“ Er sah Bellatrix voll gespielter Verzweiflung an. Sein Herz schlug so heftig gegen seine Brust, dass er fürchtete, sein lautes Pochen würde ihn verraten. Was er eben noch gehofft hatte, war jetzt sein schlimmster Albtraum. Bitte komm jetzt nicht, Nellie, bitte nicht, jetzt noch nicht.

Bellatrix musterte Severus abschätzend, so als würde sie überlegen, ob sie ihm glauben sollte oder nicht. Eine nachtschwarze Haarsträhne wehte ihr in die Augen und sie strich sie weg. Die Zeit schien viel langsamer zu vergehen als normal, zäh wie widerspenstiger Klebstoff. Severus hielt den Atem an. Nach einigen endlosen Augenblicken nickte Bellatrix langsam, ihr Blick starr auf Severus gerichtet. Er konnte beim besten Willen nicht sagen, ob sie ihm nun glaubte. „Das heißt-“ Bellatrix wurde von einem lauten Knall unterbrochen. Severus wirbelte herum, sein Herzschlag stockte, er schien zu einer Statue aus Eis zu gefrieren. Vor ihm stand Nellie Gouldin, seinen, Lucys und ihren Stab fest in der Hand. „Ich habe die Zauberstäbe, Mr. Snape!“, sagte sie aufgeregt, „Jetzt-“ Sie verstummte schlagartig und alle Farbe schien ihr aus dem Gesicht zu weichen, als sie Bellatrix erblickte. Die Todesserin funkelte erst sie, dann Severus wutentbrannt an und der Zorn loderte in ihren schwarzen Augen auf wie Feuer. „Du…“ zischte sie leise und bedrohlich, an Severus gewandt. „Du hast uns alle verraten. Du hast deinen Herrn verraten!“ Sie wurde bei jedem Wort lauter, bis sie rasend vor Wut brüllte: „ICH WUSSTE SCHON IMMER, DASS DIR NICHT ZU TRAUEN IST! DU WOLLTEST DIESEM WERTLOSEN HALBMENSCHEN UND SEINER DRECKIGEN FREUNDIN HELFEN! IHNEN HELFEN!!“ Es war geschehen. Severus war aufgeflogen. Er konnte sich nun nicht mehr herausreden. Was sollte er auch dazu sagen? Seine jahrelange Tarnung war wie ein Tarnumhang in einem heftigen Windstoß davongeflogen und ließ ihn ungeschützt und hilflos gegen die Armee von Todessern, die sich ihm schon bald entgegenstellen würde, gegen Voldemort selbst, zurück. Er erfasste das mit einer eiskalten, tauben Nüchternheit.

In Bellatrix´ Augen lag ein wahnsinniges, mordlustiges Glitzern, als sie näherkam und langsam ihren Zauberstab zückte. Severus wich unwillkürlich einen Schritt zurück und im selben Moment löste sich der starre Kokon der Taubheit, der ihn umgab. Er würde sich nicht einfach so seinem Schicksal ergeben. Niemals. Nein, er würde kämpfen. „Nellie, mein Zauberstab!“ rief er. Er wirbelte herum und riss ihr, die starr vor Schreck schien, seinen Stab aus der Hand. Bellatrix richtete ihren Zauberstab auf Severus. Ihre Augen schienen überzuquellen vor Hass. „Verräter!“ fauchte sie noch einmal leise, dann rief sie zornentbrannt: „Avada Kedrava!“ Der gleißend grüne, tödliche Lichtstrahl schoss auf Severus zu wie eine bösartige Schlange, zum Angriff bereit. Blitzschnell hob Severus seinen Zauberstab und im nächsten Moment hüllte ihn eine unnatürliche Finsternis, schwärzer als die dunkelste Nacht, ein. Sie ließ ihn direkt hinter Bellatrix´ Rücken wieder frei und der Todesfluch schoss ins Leere. Sofort wurde Severus, der nun nicht mehr unter dem schützenden Vordach stand, vom Regen durchnässt, der nur so auf ihn eindrosch. Durch sein geschicktes Disapparieren war er noch im letzten Moment entronnen.

Doch Bellatrix drehte sich schnell wie das Licht um und der erbarmungslose Kampf ging weiter. „Crucio!“ Der leuchtend rote Lichtstrahl zischte auf Severus zu, stach ihm in die Augen und blendete ihn. Er hatte keine Zeit mehr, auszuweichen. Es ging alles so schnell, zu schnell… Und so rief er: „Protego!“ und aus der Spitze seines Zauberstabs brach ein mächtiger, weiß leuchtender Schutzschild hervor. Der Folterfluch prallte gegen den Schild und Severus wurde von der schmerzhaften Wucht des Aufpralls fast von den Füßen gerissen. Aber er hielt mit all seiner Kraft dagegen und langsam dehnte sich der Schutzschild immer weiter aus, leuchtete immer stärker, drängte Bellatrix´ Fluch zurück. Doch die Todesserin dachte genauso wenig daran, aufzugeben, wie Severus; in ihrem Gesicht spiegelte sich wilde Entschlossenheit. Ein neuer Schwall Energie pulsierte durch ihren Folterfluch, der nun so hell leuchtete wie ein sterbender Stern, und ließ Severus Schutzschild in sich zusammen schrumpfen. Ein Zittern ging von seinen Händen, die fest den Zauberstab umklammerten, durch Severus ganzen Körper, als er mit letzter Kraft versuchte, seinen Schutzschild wieder zu stabilisieren. All seine magische Kraft schien durch seine Fingerspitzen in seinen Stab zu fließen, als er seinen Schild langsam wieder aufblähte. Aus dem Kampf zwischen Bellatrix und Severus, den zwei unerbittlichen Gegnern, schien kein Sieger hervorzugehen. Bellatrix´ Folterfluch und Severus Protego-Zauber trafen in der Luft aufeinander wie zwei miteinander ringende Bestien, die nicht aufgeben würden, bevor sie ihren Gegner vernichtet hatten. Dort, wo die Zauber sich trafen, ergoss sich ein weiß-roter Funkenreigen auf die Erde.

Plötzlich donnerte ein weiterer Lichtstrahl, schwach rot leuchtend, gegen Bellatrix´ Fluch. Ein zweiter Lichtblitz traf Bellatrix am Arm, die kurz überrascht aufschrie, dann aber mit neuer Verbissenheit im Gesicht weiterkämpfte, noch mehr heiß pulsierende Energie in ihren Folterfluch fließen ließ. Der rote Funkenreigen, der sich über Bellatrix ergoss, schien an ihrer Haut abzuprallen wie an einem Stahlpanzer und ihr nicht das Geringste auszumachen. Wenn er es nicht aus dem Augenwinkel gesehen hätte, hätte Severus es gar nicht bemerkt, so schwach waren diese matt rot leuchtenden Zauber. Doch tatsächlich, er war plötzlich von Lucy -wieder in Menschengestalt, ein schwaches, zerbrechliches Mädchen- und Nellie flankiert, ihre Zauberstäbe erhoben und mit einer wilden, kämpferischen Entschlossenheit im Gesicht. Die Schockzauber, die aus den Spitzen ihrer Stäbe hervorschossen, waren nicht gerade sehr stark und Lucy atmete schwer und machte den Eindruck, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen, ohnmächtig zu Boden sinken, aber die beiden Mädchen waren bei Severus und kämpften. Sie waren nicht geflohen, um ihr eigenes Leben zu retten, sondern waren geblieben, um ihrem Retter beizustehen. Es war ein hoffnungsloser Versuch und sie erreichten dadurch nicht mehr, als sich selbst in größte Gefahr zu bringen. Dennoch wichen sie Severus nicht von der Seite.

Lucy und Nellie. Ihr Leben könnte so leicht gerettet werden. Sie nützten Severus nicht das Geringste in diesem Kampf der Giganten, der Todesserin und dem Verräter. Doch sie wollten kämpfen. Severus versetzte das einen unerwarteten Stich. Sie mussten das nicht tun. „Flieht!“ schrie Severus den beiden Mädchen zu, während er weiterhin seinen bebenden Stab fest umklammerte, gegen die schier übermächtige Kraft von Bellatrix´ Cruciatusfluch ankämpfend. „Ihr könnt mir hierbei nicht helfen, flieht!“ Es war Lucy, die die Stimme erhob: „Nein! Sie haben uns gerettet, ohne Sie wären wir jetzt tot! Wir werden Sie nicht im Stich lassen!“ „TUT ES! SIE IST ZU STARK FÜR EUCH, EURE ZAUBER NÜTZEN NICHTS GEGEN SIE! IHR SEHT ES DOCH! WAS IHR GERADE TUT, KOMMT EINEM SELBSTMORD GLEICH! FLIEHT!“ Lucy sah Severus voll grimmiger Entschlossenheit an: „Nein! Niemals! Wir werden hierbleiben und mit Ihnen kämpfen!“ Dann schwankte sie plötzlich und zuckte heftig zusammen, als würde sie jeden Moment einen Krampf kriegen. Sie stöhnte leise auf. „Lucy, vielleicht… vielleicht sollten wir wirklich von hier verschwinden…“ Nellie sagte das so leise, dass Severus sie über das zischende Geräusch der aufeinanderprallenden Zauber und den prasselnden Regen hinweg kaum verstehen konnte. Aber diese leise gewisperten, voll Unsicherheit ausgesprochenen Worte hätten keine größere Reaktion bei Lucy auslösen können. „Du meinst, wir sollen…? Nellie!“ sagte sie bestürzt. „Wir …können …nicht…“ Sie sah Nellie, die immer noch erfolgslos versuchte, mit ihren immer schwächer leuchtenden Schockzaubern Bellatrix anzugreifen, wieder und wieder, unendlich traurig an, und als sich ihre Blicke trafen, schien sie beinahe in Tränen auszubrechen. All die Angst um ihre Freundin schimmerte in ihren azurblauen Katzenaugen und spiegelte sich in Nellies Augen. Viel größere Angst, als selber zu sterben, hatten die beiden Mädchen, einander zu verlieren. In den müden Zügen von Lucys Gesicht spiegelte sich plötzlich quälende Unsicherheit. Sollte sie ihr eigenes Leben retten und ihren Retter allein lassen? Oder sollte sie bleiben und gegen Bellatrix kämpfen, egal wie aussichtslos das auch war? Und damit das Leben ihrer Freundin aufs Spiel setzen? „NA LOS, HAUT AB! SCHNELL!“ rief Severus in einem letzten verzweifelten Versuch. „ICH KOMME ALLEINE KLAR!“ Und Lucy konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten, sie liefen rot glänzend im gleißenden Schein der Zauber über ihre Wangen, als sie den hoffnungslosen Versuch, gegen Bellatrix´ Folterfluch anzukämpfen, aufgab und mit zitternder Hand ihren Stab hob, um zu disapparieren. Mit einem zustimmenden, tieftraurigen Blick auf ihre Freundin tat Nellie es ihr gleich. „Es tut uns Leid, Mr. Snape.“ flüsterte sie, bestürzt den Kopf schüttelnd. „Danke für alles!“ „Sie schaffen das! Ich weiß es einfach!“ brachte Lucy unter Tränen hervor, als sie schon begann, sich langsam um die eigene Achse zu drehen. „NEIN! Ihr kleinen Missgeburten, bleibt gefälligst hier!“ Bellatrix gellender Schrei zerriss die Luft. Doch sie konnte ihren Angriff auf Severus Schutzschild nicht unterbrechen, ohne dass ihr eigener Folterfluch mit voller Wucht auf sie zurückprallen würde, und so konnte sie nur hilflos zusehen, wie sich Lucy und Nellie immer schneller auf der Stelle drehten, bis sie mit einem leisen Plopp in einer kleinen Rauchwolke verschwanden, als wären sie nie dagewesen.

Bellatrix starrte Severus jetzt so blind vor Wut an, die Augen zu zornigen Schlitzen verengt, die Zähne gebleckt, dass Severus für einen Moment glaubte, sie hätte nun endgültig ihren Verstand verloren. „Sie sind weg.“ Knurrte sie leise, „Du dreckiger Verräter hast diesen Abarten zur Flucht verholfen. Dich gegen deinen Herrn gestellt… Und niemand stellt sich gegen den Dunklen Lord! Das wirst du mir büßen!“ Und einen Herzschlag später schoss der Folterfluch mit einer solchen Wucht gegen Severus Schild, dass er fürchtete, sein Zauberstab würde zerbersten, entzweibrechen. Aber Severus hielt ebenso stark dagegen. Die Mädchen waren gerettet. Er hatte die Mission, die er sich selbst aufgetragen hatte, gemeistert, und das versetzte ihn in eine tollkühne Siegessicherheit. Er spürte nur so die Kraft seiner Magie, die ihn durchströmte und durch alle Adern seines Körpers geradewegs in seinen Zauberstab floss. Sein Schutzschild leuchtete blendend hell, zu hell, mit aller Kraft Bellatrix´ Fluch, den feuerroten Drachen abwehrend, der ihn mit seinen tausend Köpfen wieder und wieder zornerfüllt attackierte.

Severus schloss krampfhaft die Augen, er fürchtete, zu erblinden, müsse er noch einen Moment länger in dieses gleißende Licht schauen. Selbst durch seine Lider hindurch stach ihm das Licht in die Augen, und merkwürdigerweise versetzte ihn das in einen Zustand wilder Kühnheit. Das ist meine Zauberkraft, alles meine Energie …All diese Macht wohnt in mir… Es wäre doch lächerlich, Bellatrix zu erliegen, das Schicksal siegen zu lassen und sich dem Zorn der Todesser auszuliefern. Er konnte das schaffen… Er würde das schaffen… Potters Gesicht flammte vor seinem inneren Auge auf, smaragdgrün eingebrannt in seine Netzhaut… Lilys Sohn… Er hatte noch eine Mission zu erledigen… Severus spürte einen neuen, heißen Schwall Energie durch seinen Körper fließen und sein Zauberstab zitterte und bebte wie ein wildes Tier, das gegen seine Fesseln kämpfte, stark wie nie zuvor. Ja, niemand konnte ihn besiegen, ihn, Severus Snape, den Halbblutprinzen…

Ein überraschter Aufschrei. Ein Geräusch, als würde ein Blitz direkt vor Severus Füßen einschlagen. Ein schrecklicher Schrei, der die Luft zerriss. Und dann wich alle Energie innerhalb eines Herzschlags aus Severus Zauberstab. Er wurde von den Füßen gerissen und landete schmerzhaften auf dem harten Kiesboden. Schlagartig riss er die Augen auf. Bellatrix. Dort lag sie zusammengesunken auf dem Boden, von ihrem eigenen Folterfluch überwältigt, der auf sie zurückgeprallt war. Severus eilte zu ihr. Fühlte ihren Puls. …Nichts. Gar nichts. Severus umklammerte ihr Handgelenk fester. …Doch, ihr Herz schlug. Leise und unregelmäßig, aber es schlug. Sie lebte. Aber sie war bewusstlos. Ohnmächtig. Und augenblicklich schwand die Siegestrunkenheit dahin, die Severus einen Moment zuvor noch eingehüllt hatte, und wich der beängstigenden Aussicht, dass er nun wieder vor einer schier unüberwindbaren Hürde stand. Was sollte er jetzt tun? Musste er sie …umbringen? Nein. Nein, das würde sein Todesurteil nur endgültig besiegeln. Denn wie sollte er Voldemort den Sturz seiner treusten Dienerin erklären? Bellatrix´ Augenlider flatterten. Sie keuchte leise. Nun hatte Severus sie besiegt, mit ihren eigenen Waffen geschlagen, ihren wilden, unbändigen Zorn überstanden, und konnte dennoch nur zusehen, wie sie ihn an Voldemort verraten würde, seinen Treuebruch offenlegen würde, sobald sie wieder zu sich kam. Könnte Severus das doch alles einfach wieder ungeschehen machen, die Zeit zurückdrehen bis zu diesem regnerischen Morgen, an dem er in einem aufziehenden Gewitter einfach nur am Schwarzen See gesessen hatte, unglücklich und deprimiert, aber sicher, unter seiner jahrelang bewährten Tarnung als Doppelspion verborgen, die nun aufgeflogen war. Schlagartig wurde Severus bewusst, dass das nicht länger als eine Stunde her sein konnte. Es kam ihm wie in einem anderen Jahrhundert, so viel war in der Zeit passiert. Wenn er Bellatrix das doch einfach vergessen lassen könnte… Aber ja. Das konnte er. Warum hatte er nicht schon vorher daran gedacht? Severus hob seinem Zauberstab in dem Moment, in dem Bellatrix plötzlich die Augen aufriss. Sie blickte ängstlich und verwirrt um sich, aber als sie Severus erblickte, schien sie sich auf einen Schlag zu erinnern und der alte Hass loderte wieder in ihren Augen auf. Jetzt oder nie. Severus richtete seinen Zauberstab direkt auf Bellatrix´ Stirn und sagte mit fester Stimme: „Obliviate!“

Die Spitze seines Zauberstabs leuchtete silbrigweiß auf und einen Herzschlag später trat ein verschwommener Ausdruck in Bellatrix´ Augen. Der Blick, mit dem sie ihn ansah, ist schwer zu beschreiben, vielleicht so, als würde sie auf etwas warten, aber wüsste nicht, worauf. Severus hatte noch nie ein Gedächtnis verändert, aber er glaubte zu wissen, was nun zu tun war. Hoffentlich. Er sah Bellatrix tief in die Augen, und diese pechschwarzen Augen starrten ebenso intensiv zurück, bis Severus in ihnen zu versinken glaubte, wie durch düstere Tunnel in Bellatrix´ Geist gezogen wurde. Severus spürte seine Macht über sie in allen Fasern seines Körpers. Jeder klitzekleinste Winkel ihres Verstandes war auf ihn ausgerichtet, gehorchte ihm. Du wirst alles vergessen, was passiert ist, nachdem du raus in den Garten gekommen bist und ich dir erzählt habe, ich wüsste nicht, wo die Mädchen wären. dachte Severus fest, und seine Gedanken wurden zu einem stummen Befehl an Bellatrix´ Unterbewusstsein. Stattdessen hast du mir geglaubt, aber du wolltest die Mädchen noch nicht aufgeben. Und so zogen wir gemeinsam los und suchten sie. Schließlich fanden wir sie im Wipfel eines Baums, sie mussten dort heraufgeklettert sein, um sich vor unseren Blicken zu verbergen. Wir haben sie getötet und verschwinden lassen. Nun wollten wir zurück zur Villa, da bist du über einen Stein gestolpert – Severus nahm einen großen Stein vom Wegesrand und legte ihn direkt vor Bellatrix´ Füße – und gestürzt. Severus schloss die Augen, um den Gedankenfluss zu beenden, der nur so in Bellatrix hineinströmte und in ihr Gestalt annahm. Als er seine Augen öffnete, war Bellatrix´ Ausdruck wieder klar und wach und Severus ließ seinen Zauberstab hastig zurück in die Innentasche seines Mantels gleiten. „Alles in Ordnung?“ fragte er und bot Bellatrix eine Hand als Hilfe zum Aufstehen an. Die ergriff sie nicht, musterte ihn mit überheblichen Blick, bevor sie sich aufrappelte und hochmütig sagte: „Wie du siehst, bin ich durchaus in der Lage, selbst aufzustehen.“ Dann stöhnte sie leise auf und rieb sich die Stirn. Mit einem unterkühlten Blick auf den Stein, über den sie glaubte, gestolpert zu sein, murmelte sie: „Schwester, Schwester, euer Anwesen könnte dringend mal wieder ein wenig Pflege gebrauchen…“ Und sie zückte ihren Zauberstab und zersprengte den Stein mit einem lauten Knall in tausend Stücke, klein wie Sandkörner. Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und stolzierte ohne ein weiteres Wort durch den dichten Vorhang aus Regen davon, geradewegs zur Villa. Wieder genau die alte Bellatrix. Stolz, überheblich und abwertend, aber ohne diesen schrecklichen, mörderischen Hass in den Augen. Severus fiel ein unendlich schwerer Stein vom Herzen. Er hatte es geschafft. Es war überstanden. Aus und vorbei.

Erst als er schnell Bellatrix folgte, bemerkte er die nächste große Hürde, die ihm wie eine meterhohe Mauer den Weg versperrte, und ihm wurde ganz flau im Magen. Er ging geradewegs in die Höhle des Löwen. Was, wenn die Todesser dort drinnen alles gehört haben? Die Worte, die Bellatrix ihm in rasender Wut entgegen geschleudert hatte; er, der Lucy und Nellie anbrüllte, sie sollen fliehen; die Zauber, die in erbarmungslosem Kampf aufeinander geprallt waren und den regnerischen, grauen Tag in ein Feuerwerk aus gleißend hellem Licht verwandelt hatten? Was, wenn sie dort drinnen nur auf ihn warteten, und der Pfad zur Villa Malfoy der direkte Weg ins sichere Verderben wäre? Andererseits, zwischen dem Gartenpark und dem Salon lagen ein mächtiges Tor, eine geräumige Eingangshalle und eine dicke schwere Eisentür. Vielleicht hatten sie gar nichts gehört. Wahrscheinlich. Ruhe bewahren, Ruhe bewahren… sagte sich Severus immer wieder selbst wie ein Mantra. Er musste da rein, ob er wollte oder nicht. Bellatrix öffnete das Eingangstor der Villa und helles Licht flutete in den düsteren Garten. Severus betrat die Eingangshalle und seine Beine fühlten sich merkwürdig taub an. Erst jetzt bemerkte er wirklich, dass er bis auf die Knochen durchnässt war, und plötzlich begann er zu zittern. Bellatrix öffnete mit einem Ruck auch die schwere Tür, die in den Salon führte, und das Herz klopfte Severus bis zum Zerspringen.

Voldemort und all die Todesser, die dort im Salon am langen Marmortisch saßen, unterbrachen ihre Besprechungen und sahen Severus und Bellatrix an, als sie den Raum betraten. Angespannt forschte Severus in ihren Gesichtern, aber er konnte nirgendwo Wut, Misstrauen oder gar Angriffsbereitschaft lesen. Es sah eher so aus, als wären sie nur milde überrascht, neugierig, und würden sich fragen, wo er und Bellatrix so lange geblieben waren. „Was war los, Bellatrix?“ fragte Voldemort und er klang bloß aufrichtig interessiert. Bellatrix trat vor und erzählte ihrem Herrn alles, was geschehen war –das heißt, was sie glaubte, dass es geschehen war, haargenau die Geschichte, die Severus ihr eingepflanzt hatte, voll Gewissheit und Überzeugung. Voldemort nickte und ein kaltes Lächeln umspielte seinen lippenlosen Mund. „Gut, dann sind wir diese Missgeburt ja jetzt endlich los. Wurde langsam auch Zeit, meint ihr nicht? Na los, setzt euch! Worauf wartet ihr?“ Bellatrix schenkte ihrem Herrn ein letztes dämonisches Lächeln und stolzierte zu ihrem Platz. Dort angekommen, trocknete sie sich mit einem geschickten Schlenker ihres Zauberstabs, bevor sie sich hinsetzte. Als Severus sich in die Reihe zwischen Walden Macnair und Amycus Carrow setzte, hätte ihm das Herz nicht leichter sein können, in diesem einen beinahe glücklichen Augenblick. Die Situation war brenzlig gewesen, sehr sogar, aber er hatte alles mit Bravour gemeistert und war noch einmal davongekommen. Und er hatte zwei unschuldigen Menschen das Leben gerettet. Als er seinen Zauberstab zückte und leise die Beschwörungen murmelte, die die Nässe aus seinen Knochen vertreiben sollten, war es nicht nur die Magie, die ihn von innen heraus wärmte. Wenigstens für diesen einen Moment.


Severus schreckte schlagartig aus dem Schlaf. Verwirrt sah er sich in seinem Büro um, das nur vom Licht eines tief hängenden Mondes in gespenstischen Schein getaucht wurde. Er blickte auf die Uhr. Es war mitten in der Nacht. Er hatte geträumt, und es war kein angenehmer Traum gewesen. Bruchstücke davon drangen langsam an die Oberfläche seines Bewusstseins wie Luftblasen an die Oberfläche eines trüben, algengrünen Gewässers. Bellatrix war vorgekommen, als die wilde Kriegerin, als die sie sich ihm heute gezeigt hatte. Potter war auch da gewesen… Er war gerast und gerast um sein Leben, durch düstere Wälder, gehetzt von Verfolgern, die wie Schatten hinter den Bäumen hervortauchten. Die Worte, die Voldemort auf der Versammlung gesagt hatte, geisterten Severus wie Phantome durch den Kopf… „…noch mehr Belohnung für den, der Potter samt seines Zauberstabs ergreift…“, „…und diese magische auf meinem Namen wird schon dafür sorgen, dass uns der törichte Junge früher oder später in die Falle tappt…“ Severus drehte sich zur Wand und versuchte wieder einzuschlafen. Vergeblich. Die Gedanken schwirrten nur so in seinem Kopf herum und ließen ihm keinen Moment der Rast. Es war, als würden tausende und abertausende Ameisen unter seiner Haut krabbeln, er war hellwach und aufgewühlt. Als er das Muster seiner Tapete schon in- und auswendig kannte, drehte er sich um und begann damit, die Regale anzustarren. Da waren Stapel von Unterlagen und Unterrichtsplänen, Unmengen von Büchern, die einst Dumbledore gehört hatten, sein Zauberstab, eine bedrohliche Spitze, die in die Dunkelheit der Nacht stach… Und dort oben, auf dem obersten Regalbrett, der alte Hut mit dem Riss in der Krempe. Severus wusste nicht, warum er das tat und was er sich davon versprach, als er leise aufstand, den Sprechenden Hut vom Regal nahm und ihn sich zum ersten Mal seit siebenundzwanzig Jahren wieder auf den Kopf setzte. Erst eine bedrückende Stille, bis die Luft zu knistern schien, dann hörte Severus eine leise wispernde Stimme in seinem Kopf: „Du möchtest den Hut erneut befragen? Nach dieser langen Zeit?“ Ja. Ja, das möchte ich. dachte Severus fest. „Nun denn, ich werde dir diesen Wunsch erfüllen. Mal schauen… Ich sehe List und Raffinesse, die Fähigkeit, seine Gegenspieler tückisch zu täuschen, um an sein Ziel zu gelangen. Und auch diesen Drang, seine eigenen Ziele und Gefühle sehr wichtig zu nehmen, mitunter wichtiger als das, was andere Menschen fühlen.“ Genau das hatte der Sprechende Hut Severus auch bei seiner Einschulung vor ach, so langer Zeit gesagt und ihn in Slytherin eingeteilt. Aber der Hut sprach nun nach einer kurzen Pause weiter: „Aber all das wird noch von etwas viel Stärkerem überlagert… Ich sehe nämlich hauptsächlich großen Mut und den eisernen Willen, zu kämpfen bis zum Schluss. Ich sehe die Tapferkeit, alles durchzustehen und auf sich zu nehmen, um höhere Ziele zu erreichen. Deshalb kämest du heute nach… GRYFFINDOR!“ Der Hut verstummte und ließ Severus allein in der Dunkelheit. Allein mit seinen Gedanken.

Severus stand lange einfach nur so da und starrte ins Leere, bis er den Sprechenden Hut vorsichtig wieder abnahm und zurück ins Regal stellte. Er hatte ihn mit mehr Fragen als Antworten zurück gelassen. Einerseits hatte er ihm sehr viele positive Dinge gesagt, von denen er beim letzten Mal nicht geredet hatte. Tapferkeit. Mut. Eiserner Wille. Aber Severus hätte nicht gedacht, dass er nun nach Gryffindor kommen würde. Gryffindor! Wie er dieses Haus immer gehasst hatte… immer noch hasste… All diese arroganten Gryffindors, die sich einbildeten, etwas Besseres zu sein! Er konnte dieses Haus schon nicht ausstehen, seit… seit Lily gemeinsam mit diesem Potter Gryffindor zugeteilt wurde, während der Hut ihn nach Slytherin gesteckt hatte. Er konnte sich noch genau an diesen Tag erinnern, an dem er zum ersten Mal die Mauern von Hogwarts betreten hatte, an die beißende Enttäuschung, als Lily und er getrennt worden waren. Wenn ihm damals nicht der Mut gefehlt hatte, den er heute besaß, dann wäre er vielleicht nach Gryffindor gekommen. Diese Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Er, gemeinsam mit Lily in Gryffindor… Keine Nachwuchstodesser, die ihn mit verlogenen Schmeicheleien auf seine Seite ziehen wollen… Wenn er in Gryffindor statt in Slytherin gewesen wäre, wäre dann sein Leben anders verlaufen? Einen kurzen Moment lang flammte eine jähe Wunschvorstellung vor Severus innerem Auge auf: Er, zusammen mit Lily, sie in einem langen, wallenden Hochzeitskleid, er in einem samtschwarzen Anzug, ein lächelndes, kleines Kind auf dem Arm, das nicht Harry Potter ist, sondern sein und Lilys Sohn, und er zieht seinen Ärmel ein Stück hoch und kein Dunkles Mal ist unauslöschlich auf seinem Arm verewigt. Severus blinzelte schnell, um diese Vorstellung loszuwerden, denn sie tat zu sehr weh. Vielleicht wäre er trotzdem nichts für Lily gewesen. Hätte sich trotzdem von der Macht und der zweifelhaften Anerkennung eines Todessers ködern lassen. Severus war allein in der Dunkelheit der Nacht, die ihm keine Antwort auf all seine Zweifel und Fragen geben konnte. Und so legte er sich irgendwann wieder in sein Bett, wo ihn quälende Gedanken langsam in einen unruhigen Schlaf wiegten.


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