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Fanfiction

Severus Snape - Das letzte Jahr in seinem Leben - Lord Voldemorts Plan

von LunaYazz

Der unterirdische Tunnel zur Heulenden Hütte war holprig, erdrückend eng und so niedrig, dass Severus auf Händen und Knien hindurch kriechen musste. Nur das schwache Licht, das aus der Spitze seines Zauberstabs strömte, erleuchtete flackernd und gespenstisch den stockfinsteren Gang, der sich wie ein riesiger Fuchsbau durch die Erde wand.
Der magische Schein, der seinen blassgelben Lichtkegel in die Dunkelheit warf, die kühle, feuchte Erde an seinen Händen, der erdige Geruch, der die abgestandene Luft erfüllte; all dies schien die böse Vorahnung, die wie ein feuriger Strom durch Severus´ Adern rauschte, langsam zu ersticken; und schließlich, schließlich ganz zu erlöschen.
So als wäre dieses merkwürdige Gefühl nie so bohrend intensiv da gewesen, ein welkes Blatt, in einem Windhauch hinfort geweht. Zurück blieben nur handfeste Sorgen, begründete Ängste, die bald seinen Kopf quälend erfüllten und keinen Platz für Unerklärliches ließen. Was würde Voldemort von ihm verlangen, was würde er ihm befehlen zu tun, wie sollte Severus ihn in diesem grausamen Vernichtungskrieg gegen all die, die Potter beiseite standen, unterstützen?
In der einsamen Dunkelheit flammten jäh und unwillkürlich mühsam verdrängte Bilder vor seinem inneren Auge auf, Bilder von der Schlacht, die nur wenige hundert Meter entfernt tobte, Bilder, wie Schloss Hogwarts in Trümmern lag, wie die lodernden Flammen die Jahrtausende alte Schule verzehrten. Er verspürte einen dumpfen, heftigen Schlag in seinem Magen; es war fast so, als wäre ein gewisser Teil von Severus selbst mit den steinernen Mauern der Zauberschule zerbrochen. Und plötzlich, wie er so durch die unterirdische Finsternis Lord Voldemort entgegen kroch, da kam ihm ein Sprichwort in den Sinn, ein altes, ein offensichtliches, ein naives vielleicht, aber dennoch so wahr:
Du merkst erst, wie viel dir etwas wirklich bedeutet, wenn du es bereits verloren hast.
Der Tunnel stieg langsam an und verlief dann in einer schmalen Biegung. Hinter jener Biegung endete der Weg jäh mit einer schroffen Erdwand, durch die in einem dünnen Streifen dämmriges Licht in die Dunkelheit sickerte.
Im flackernden Schein des Zauberstabs konnte Severus erkennen, dass das vertraute enge Loch, das in die Heulende Hütte führte, von etwas wie einer großen, modrigen Holzkiste versperrt wurde. Er löschte stumm sein Licht und ließ die alte Kiste mit einem kurzen Schlenker seines Stabs lautlos beiseite schweben.
Sie gab ihm den Blick in einen kleinen, düsteren Raum frei, der nur von einer rußigen Öllampe in schmutziges Licht getaucht wurde. Er bot einen wüsten Anblick; alle Möbel waren zerfetzt und zertrümmert, gewaltige Löcher klafften in den Tapeten und entblößten blankes Holz, der Fußboden war fleckig und von einer dicken Staubschicht bedeckt, alle Fenster bis auf eines, eine schmale Luke, durch die in der nachtschwarzen Ferne die zuckenden, zerstörerischen Lichtblitze der Schlacht, die brennenden Trümmer von Schloss Hogwarts zu sehen waren, waren mit Brettern vernagelt.

Und da, in der Mitte des Raums, saß Lord Voldemort, auf einem, wie es schien, magisch heraufbeschworenen und wie poliert mahagonifarben schimmernden Stuhl, der ein wenig wie ein hochlehniger Thron anmutete. Vor der schäbigen Kulisse der Heulenden Hütte wirkte er mehr denn je wie eine fahle Erscheinung. Neben ihm, mitten in der staubigen Luft, schwebte Nagini in einer runden, durchsichtig schimmernden Spähre, die schwach ozeanblau floureszierte. Sie ringelte sich graziös in ihrem magischen Käfig und wirkte dabei unendlich müde und gelangweilt. Und Severus stockte für einen Augenblick der Atem. Dumbledore hatte Recht gehabt. Einmal wieder. Nun war die Zeit gekommen, da der Dunkle Lord seine Schlange schützte. Den letzten Horkrux.
Voldemort erhob sich mit einem eiskalten Lächeln, als er Severus erblickte, der sich durch das enge Erdloch in die modrige Hütte zog.
„Severus“ hauchte er pathetisch, „Endlich…“
Severus richtete sich hastig auf, klopfte sich die Erde vom Umhang und machte eine kleine Verbeugung.
„Mein Herr“ sagte er salbungsvoll, „Ihr habt nach mir verlangt?“
„So ist es“ meinte Voldemort und das Lächeln, das seinen lippenlosen Mund kräuselte, verblasste auf einen Schlag ein wenig; fast unmerklich wenig, und doch so viel, dass es plötzlich wie eine Grimasse wirkte. „Wie ich sehe, hat Lucius Malfoy dich gefunden. Sehr gut. Doch sag mir, wo warst du während der Schlacht? Lucius berichtete mir vorhin, er habe dich nirgendwo gesehen, in keiner Kampftruppe, weder außerhalb noch innerhalb der Schule.“
Voldemort taxierte ihn jetzt scharf, abschätzend, abwartend, jeder Anflug eines Lächelns war gänzlich von seinem schädelweißen Gesicht verschwunden, und augenblicklich, in einem jähen Blitz, der sein Herz durchzuckte, kehrte das ungute Gefühl, die böse Vorahnung, die Severus am Eingang zum düsteren Tunnel verspürt hatte, mit voller, eiskalter Wucht zurück.

...War das der Grund, warum Lord Voldemort ihn zu sich gerufen hatte? Um ihn zur Rede zu stellen, ihn zu bestrafen?
Was sollte Severus tun, was sollte er seinem Herrn bloß sagen? Seine Gedanken überschlugen sich nur so in seinem Kopf...
Natürlich, er könnte voll Inbrunst beteuern, er habe sehr wohl gekämpft und felsenfest erwidern, dass Lucius schließlich nicht die gesamte Schlacht überblicken konnte, doch was, wenn am Ende kein Todesser dies bestätigen konnte und Voldemort herausfand, dass er ihn belogen hatte? Die Folgen wollte er sich lieber nicht ausmalen. Nein… Das konnte er nicht riskieren… Aber wie…–
Und da traf ihn die Erkenntnis wie ein plötzlicher, donnernder Schlag. Gewiss, er würde lügen. Doch war er allerdings gezwungen, zuzugeben, dass er die Befehle des Dunklen Lords nicht gänzlich befolgt hatte.
Dass Severus ein Spion war jedoch, das würde sein Meister nie erfahren.
Sein Magen zog sich kramphaft zusammen. Er hatte keine Wahl, doch er hoffte sehnlichst, verzweifelt, Voldemort würde sein Geständnis nicht allzu sehr erzürnen.
Und er ließ sich nach jenem langen Moment des zögerlichen Schweigens jäh und ohne Vorwarnung auf die Knie fallen und blickte händeringend zum Dunklen Lord auf.
„Bitte, Herr“ setzte Severus in seinem untertänigst flehenden, schuldbewusstesten Tonfall an. „Bitte, versteht. Ich weiß, Herr, Ihr habt mir klar und deutlich befohlen, in der Schlacht zu kämpfen, doch … Es tut mir so Leid, aber ich dachte, ich könnte Euch weitaus nützlicher sein, wenn ich versuche, Potter zu finden… Herr, Ihr habt mir gesagt, dass es mir nicht gelingen würde, den Jungen unter den Augen so vieler seiner Freunde zu entführen, das ist mir bewusst; und damit hattet Ihr selbstverständlich Recht. Doch … ich habe mir überlegt, Herr, dass es jetzt, da jeder seiner Verbündeten von den Gefahren der Schlacht abgelenkt ist, es ein Leichtes wäre, Potter zu finden und zu fassen. Also ... also entfernte ich mich von den Kämpfen und begann, im Schloss nach dem Jungen zu suchen. Bis Lucius mich fand und mir sagte, dass ich zu Euch kommen sollte. Das tat ich dann selbstverständlich augenblicklich! – Herr, ich weiß, es war falsch, Eure Befehle nicht zu befolgen und eigenständig in Euren Diensten zu handeln, das stand mir nicht zu… Aber ich flehe Euch an, verzeiht mir, bitte, mich hatte bloß das Verlangen gepackt, so hilfreich wie möglich für Euch zu sein– Euch ein guter Diener zu sein–“
Doch Voldemort hob eine knochenweiße, spinnenartige Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Severus verstummte sofort.
Kein Funken Wut glühte in Lord Voldemorts blutroten Augen, sondern ein leeres Lächeln, das Severus einen eiskalten Schauer den Rücken herunter jagte, stand ihm in sein fahles Gesicht geschrieben, was auf irgendeine Weise viel grausamer, viel erschreckender war, als wenn er ihn zornentbrannt angegriffen hätte.
Aber der Dunkle Lord sagte nur in unerschütterlicher Ruhe:
„Severus, wenn ich gewollt hätte, dass du während der Schlacht nach Harry Potter suchst, dann hätte ich es dir schon gesagt. Dein Auftrag war es eigentlich, zu kämpfen, und Lord Voldemorts Befehle müssen widerstandslos befolgt werden. Doch ich weiß auch, dass deine Absichten nur aufrichtige und treue waren, also sei dir dieses eine Mal verziehen. Nun stehe wieder auf.“
Severus jedoch rührte sich nicht. Ungläubig starrte er zu seinem Herrn hoch. Wann hatte Voldemort je so gelassen darauf reagiert, wenn ein Todesser seine Befehle nicht befolgt hatte?
Severus´ brodelnd aufwallendes Misstrauen ließ keinen Platz für Erleichterung.
„Ich sagte dir, du sollst aufstehen“ meinte Voldemort jetzt schärfer, ein eindringliches Zischen. Dann, als hätte er Severus´ zweifelnde Gedanken gelesen, fügte er, auf einmal eine Spur Ungeduld in der kalten Stimme, hinzu: „Severus, ich habe dich nicht zu mir gerufen, um dich zu bestrafen. Nein, es geht um etwas weitaus Wichtigeres, und ich wiederhole noch einmal, dir sei verziehen. Ich möchte mich nun nicht weiter mit solchen Lappalien aufhalten, sondern hier und jetzt zur Sache kommen. Steh auf und hör mir zu.“
Und endlich brach sich die warme Welle der Erleichterung durch den steinernen Wall seines Misstrauens und spülte das Gefühl der bösen Vorahnung, dass in Severus so jäh und heftig wieder aufgeflammt war, allmählich abermals davon. Sein Herr schien es tatsächlich ernst zu meinen; es war nicht seine Absicht, ihm etwas anzutun.
Severus schämte sich plötzlich richtig, inmitten von Krieg, Zerstörung und Tod, inmitten all der brennenden Ungewissheiten, ob Lilys Sohn seine Mission meistern würde, mit all dem, was er noch tun musste, um die Herrschaft des Dunklen Lords endlich zu beenden, sich so lange mit etwas aufgehalten zu haben, das weder greifbar noch begründet war. Auf einmal kam er sich lächerlich vor, abergläubisch ... feige.
Er erhob sich eiligst und sah erstaunt zu, wie Voldemort ihm nun plötzlich seinen Zauberstab entgegen streckte, den knorrigen, aus pechschwarzem Holz grob geschnitzten Stab, den er im lockeren, präzisen Griff seiner langen, knochendürren Finger hielt.

„Sieh her“ hallte die hohe, klare Stimme des Dunklen Lords durch die düstere Hütte, nun wieder unerschütterlich ruhig, ein Hauch Nachdenklichkeit lag leise in ihr. „Wie du vielleicht bemerkt hast, Severus, besitze ich abermals einen neuen Zauberstab.
Einen neuen Zauberstab, ja… Dieser Stab ist ein Jahrhunderte altes magisches Relikt, das ich nach monatelanger Suche in ganz Europa nun endlich in den Händen halte. Eine mächtige, übermächtige Waffe, um Potter wie all meine anderen Gegner endgültig zu bezwingen. Severus, du kennst dieses alte Kindermärchen von Beedle dem Barden… Die Geschichte von den drei Brüdern?“

Severus stutzte, vollkommen perplex ob dieser seltsamen Frage.
„Ja… Ja, selbstverständlich kenne ich das Märchen...“ sagte er langsam.
„Selbstverständlich“ wiederholte Voldemort wie Severus´ zischend seufzendes Echo. „Selbstverständlich. Nun“ fügte er knapp hinzu und sein Lächeln kehrte in diesem Augenblick jäh zurück, nun so boshaft und kalt wie ein Eishauch. „Fast jede Legende hat ihren wahren Kern, Severus, das ist gemeinhin bekannt. Es mag verblüffen, aber so ist es auch bei jener Geschichte. Der Elderstab nämlich, der Todesstab, der Stab des Schicksals, solch ein Zauberstab existiert wirklich. Du siehst ihn hier vor dir, hier in meinen Händen, den Stab, der als unbesiegbar gilt.
Nach all den Mühen gehört diese mächtigste aller Waffen endlich mir!“
Er unterlegte seine Worte mit einem ausladenden Schlenker des Elderstabs, aus dessen Spitze eine flammende Kette giftgrüner Funken stieb, die eine Sekunde lang als gleißendes Brandmal die düstere Holzhütte in einen gespenstischen Schein tauchte, bevor sie zischend erlosch. Nagini ringelte sich unruhig in ihrem verzauberten Käfig. Severus folgte mit seinem Blick wie vom Donner gerührt dem Zauberstab, dessen Macht er bisher für schlichtweg unvorstellbar, für nicht mehr als ein bedeutungloses Märchen gehalten hatte, wie er nun in Lord Voldemorts Hand durch die staubige Luft sauste.
Bis auf die leise, verwirrte Frage, die schwach an den Rande seines Bewusstseins klopfte, warum ihm Voldemort das Geheimnis seines Zauberstabs jetzt bloß offenbarte, bis auf die stärkere, ungläubige Verblüffung darüber, dass es den unbesiegbaren Elderstab tatsächlich geben sollte, erfüllte nur noch ein bestürzter, ein zornerfüllter Gedanke brennend heiß Severus´ Kopf:
Nein! Das darf nicht sein!
Lord Voldemort, vereint mit dem Todesstab, dem übermächtigen Schicksalsstab... Als wäre der Dunkle Lord nicht schon stark, nicht schon zerstörerisch, nicht schon mörderisch und grausam genug…
Nein, Voldemort musste endlich seinen Tod finden, er musste endlich seinen Meister finden… Severus´ Blick fiel unwillkürlich auf die gereizte Schlange in ihrer strahlend hellen Spähre, die mit ihren stechend gelben Augen böse zurück starrte. Nagini, in der ein Teil von Lord Voldemorts Seele lebte, eines der letzten fragilen Bindeglieder, die den Dunkle n Lord noch mit dem Leben verbanden… Doch wenn Potter den Horkrux, der in Hogwarts verborgen war, zerstört hätte ... sich Lilys Sohn schließlich selbst aufmachte, um für den Frieden der Zaubererschaft zu sterben ... und am Ende jemand auch Nagini töten wurde, dann wäre Voldemort wieder verwundbar und könnte endlich, endlich besiegt werden.
Severus würde es augenblicklich selbst tun, sobald es denn nur möglich wäre, im ersten günstigen Moment, ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn er so daran dachte, erschien es ihm fast schon ein Leichtes, Voldemort, der ihm vertraute, der ihn für einen treuen Diener hielt, zu töten… Das würde nach so vielen hasserfüllten Jahren, in denen Severus ein kläglicher Gefangener seines eigenen Zorns war, schlussendlich Rache an Lilys Mörder bedeuten … Freiheit für Hogwarts … Freiheit für England … Freiheit für Severus selbst.
Ein feuriger Schwall der grimmigen Entschlossenheit, glühend heftiger denn je, durchflutete ihn plötzlich, als er Nagini ansah, und zog ihn in seinen flammend heißen Bann. Nur am äußersten Rande seines Bewusstseins nahm Severus noch wahr, dass der Besitzer der Schlange ebenfalls in seinen eigenen Gedanken verloren schien und Voldemort den Elderstab, den er langsam und sacht in seiner spinnenartigen Hand drehte und dessen Spitze noch immer schwach grün glomm, in einer seltsamen Mischung aus Erwartung und Misstrauen –und lag da ein Hauch von Ungeduld in seinen feuerroten Augen?– geradezu geitesabwesend betrachtete.
Doch Severus blickte durch seinen Herrn hindurch wie durch einen nichtigen Staubschleier, seine Gedanken schweiften weit voraus und kreisten einzig und allein noch darum, was es bedeuten würde, wenn es ihm tatsächlich gelang, den Dunklen Lord zu stürzen… Und in diesem Moment, in dieser düsteren, engen Holzhütte, Angesicht zu Angesicht mit Lord Voldemort, der den Schicksalsstab in den Händen hielt, wenige hundert Meter entfernt von der grausamen Schlacht, die in seiner jahrzehntelangen Heimat tobte, da verspürte er zum ersten Mal seit langer Zeit einen leisen Hauch von Zuversicht, was sein künftiges Leben betraf.
Wäre Voldemort tot, dann würde Severus nie wieder dem Menschen, den er am meisten auf der Welt hasste, in seine kalten, roten Augen blicken und vor ihm den treuen Anhänger spielen müssen, den unterwürfigen Diener. Dann müsste er sich nicht länger hinter einer fragilen Tarnung verbergen, um am Leben zu bleiben, einer dunklen Maske, die bedeutete, dass alle Menschen, die ihm je vertraut hatten, ihn abgrundtief und mörderisch hassten.
Er erinnerte sich plötzlich schmerzlich an diesen Augenblick, der bloß wenige Stunden her war und doch so unendlich lang zurück zu liegen schien, wie in einem anderen Jahrhundert. Der Augenblick, in dem Minerva McGonagall wutentbrannt eine Salve rasiermesserscharfer Dolche auf ihn abgefeuert hatte, der Augenblick, in dem sie ihn hatte töten wollen wegen eines Verrats, den er nie begangen hatte. Und dann huschte Severus´ Blick jäh zu dem einzigen, engen und staubigen Fenster in der in Fetzen hängenden Wand der Heulenden Hütte, durch das er in dunkler Ferne die flammenden Lichtblitze und die lodernden Flammen der Schlacht erkennen konnte; und er fragte sich dumpf, ob McGonagall überhaupt noch am Leben war.
…Wenn Voldemorts Schreckensregime gestürzt wäre, würde Severus dann als Lehrer nach Hogwarts zurückkehren? Falls die Schule nach dem Krieg denn noch existierte…... Oder würde er irgendwo ganz anders vollkommen neu anfangen? Ein vollkommen neues Leben, ein lichtener neuer Morgen, fernab von all dem, was ihn so eisern in seiner Vergangenheit gefangen hielt? Würde die Gewissheit, dass Lilys Mörder endlich die gerechte Strafe erhalten, für seine schreckliche Tat bezahlt hatte, die grausamen Dämonen, die ihre pechschwarzen Schatten von Trauer und Hass über Severus´ Leben warfen, womöglich endlich ein wenig vertreiben? Würde es ihm gelingen, einen Neubeginn zu starten und vielleicht tatsächlich –
„Severus, hat es dir die Sprache verschlagen?“ riss ihn eine klare, kalte Stimme unsanft aus seinen Gedanken. Voldemort, der den Blick von dem Zauberstab in seinen langfingrigen Händen gelöst hatte, taxierte ihn jetzt scharf. „Ich nehme an, du fragst dich, wieso ich dir von dieser so mächtigen Waffe in meinem Besitz erzähle?“ hauchte er und seine scharlachroten Augen, in denen ein unergründlicher Ausdruck lag, verharrten nachdenklich in denen Severus´. „Nun, ich tue es deswegen, weil der Grund, der einzige Grund, weshalb ich dich heute zu mir gerufen habe, dieser Zauberstab ist.“
Severus stutzte erneut. Was sollte er denn mit dem Elderstab zu tun haben? Er wusste nicht im Entferntesten, was sein Meister damit meinen könnte.
„Herr?“ hakte er verwirrt nach. „Herr, ich verstehe nicht –“
„Du wirst es sehr bald erfahren“ meinte der Dunkle Lord nur. „ Dir sei bloß jetzt schon einmal gesagt, du wirst heute Nacht nicht zur Schlacht zurückkehren, Severus.
Nicht zurückkehren.“

Und augenblicklich, noch während sein Meister die letzten Worte sprach, fühlte Severus sich, als sei er in Sekundenschnelle zu einer Statue aus eiskaltem Stein erstarrt.
Die fragile Luftblase der leisen Hoffnung, die langsam in ihm aufgestiegen war, zerplatzte jäh. Was immer Lord Voldemort von ihm wollte, er konnte es nicht tun. Er musste zurück zur Schlacht! Er musste Potter finden und ihm die Wahrheit sagen, er musste den Jungen auf jeden Fall abfangen, noch bevor er Lord Voldemort aufsuchte – Doch zugleich war Severus auch dumpf bewusst, dass er die Befehle des Dunklen Lords nicht schon wieder missachten konnte. Ein kurzer Augenblick des Zögerns, des Abwägens, dann meinte er langsam, behutsam:
„Herr… Bitte… Hört Ihr mich an?“
Voldemort blickte einen Herzschlag lang verwundert, misstrauisch, so als wollte er widersprechen. Doch dann nickte er schließlich kurz. Er setzte sich langsam wieder auf der Kante seines im Halbdunkeln pechschwarz schimmernden Stuhls nieder und sah aufmerksam zu seinem Todesser hoch.
„Danke, Herr, ich danke Euch sehr“ sagte Severus hastig, „Nun, ich denke mir - Das soll natürlich nicht bedeuten, dass ich es mir selbst gutheiße, Eure Befehle nicht befolgt zu haben, nein, keineswegs, aber - Ich denke, dass meine Idee, nach Potter zu suchen, eigentlich überhaupt nicht so eine schlechte war. Bedenkt doch bitte, Herr, kein Todesser kennt diese Schule mit all ihren Winkeln und Verstecken so gut wie ich, und niemand sonst kann auf dem Gelände von Hogwarts apparieren… Also, wäre es da nicht –verzeiht mir– klüger, jemand anderen diesen –ähm– Auftrag, der mit dem Elderstab zusammenhängt, erledigen und mich indes weiter nach dem Jungen suchen zu lassen? Ich bin mir sicher, wenn Ihr mir nur noch ein wenig Zeit gebt, dann werde ich ihn finden können. Und niemand wird auf mich achten, während der Kampf tobt –“
„Nein, Severus“ unterbrach ihn Voldemort und eine Spur Zorn schwang jetzt zischend in seiner Stimme mit, oder war es die langsam aufwallende Ungeduld? Nagini fauchte leise, so als würde sie ihrem Herrn bedrohlich zustimmen. „Ich sagte dir bereits, ich möchte nicht, dass du in die Schlacht zurückkehrst.
Und selbst wenn ich es dir gestatten würde, Severus, dann um zu kämpfen und nicht, damit du die zerstörte Schule nach Harry Potter durchsuchst.“
„Aber Herr, ich glaube nicht, dass ich im Kampf selbst benötigt werde! All Eure anderen Todesser scheinen die Situation sehr gut im Griff zu haben.
Herr, Euer Widerstand bröckelt –“
„ – Und das ohne deine Hilfe.“ entgegnete Voldemort kalt. „Du bist zwar ein fähiger Zauberer, aber ich denke nicht, dass du jetzt noch von großer Bedeutung sein wirst. Wir sind fast am Ziel… fast.“
„Lasst mich den Jungen finden. Lasst mich Potter zu Euch bringen. Ich weiß, dass ich ihn finden kann, Herr. Bitte.“ hörte Severus sich noch einmal sagen, ein schwaches und flehentliches Echo seiner Selbst, im Grunde jedoch wusste er bereits, dass Voldemort es ihm nicht gestatten würde.
Doch es spielte eigentlich kaum eine Rolle, schärfte er sich im nächsten Augenblick grimmig entschlossen ein, es durfte keine Rolle spielen... Nein, er würde seine Mission um jeden Preis erfüllen – und auch Lord Voldemorts Befehle konnten ihn dabei nicht aufhalten.
Sein Herr erwiderte nichts, musterte ihn bloß mit gedankenverschleiertem Blick und Severus war sich nicht sicher, ob der Dunkle Lord ihn überhaupt gehört hatte. Dann erhob sich Voldemort, ragte nun wieder als blasser Schatten vor ihm auf.
„Ich habe ein Problem, Severus“ sagte er, seine Stimme auf einmal ein nachdenkliches, wisperndes Hauchen. Mit keinem Wort mehr ging er auf die Bitte seines Todessers ein.
„Herr?“ meinte Severus irritiert.
Voldemort streckte den Elderstab in die schmutzige Luft empor wie einen rabenschwarzen Degen.
„Warum arbeitet er nicht für mich, Severus?“ fragte er in einem tonlosen, zischenden Seufzer.
„H-Herr?“ sagte Severus nun völlig verwirrt. Inwiefern sollte der wahrscheinlich mächtigste Zauberstab, der existierte, nicht für Voldemort arbeiten – und warum bloß sollte er etwas darüber wissen? „Ich verstehe nicht. Ihr – Ihr habt außergewöhnliche Zauber mit diesem Stab vollbracht.“
„Nein“ zischte Voldemort leise. „Ich habe meine üblichen Zauber vollbracht. Ich bin außergewöhnlich, aber dieser Zauberstab… nein. Ich spüre keinen Unterschied zwischen diesem Zauberstab und dem, den ich vor all den Jahren bei Ollivander erworben habe.“ Er heftete den Blick fest auf etwas, das Severus nicht sehen konnte, die roten Augen gedankenüberschattet und leicht geweitet, so als würde er in tiefe Ferne schauen und nicht in die schäbige Holzhütte im trüben Licht der halb abgebrannten Öllampe. „Keinen Unterschied.“ sagte er erneut.
Severus wusste beim besten Willen nicht, was er darauf antworten sollte, und so schwieg er bloß. Seine Gedanken waren ohnehin viel näher bei der Schlacht und bei Potter als bei den rätselhaften Worten seines Meisters, deren Sinn er nicht verstand.
Voldemort begann, langsam im Raum auf und ab zu schreiten, noch immer gedankenverloren ins Nichts starrend. Severus´ Blick huschte abermals zu Nagini in ihrem wie eine schimmernde Wasserblase anmutenden Käfig; dem Horkrux, der um jeden Preis zerstört werden musste, doch den er nicht zerstören konnte… Die sich windende Schlange zog ihn fast schon wie magisch an, übte eine ungekannte, schaudernde Faszination auf ihn aus… In ihr schlummerte ein Stück von Lord Voldemorts Seele, aber würde er es vernichten, dann würde ihn der Dunkle Lord augenblicklich töten…
Und er fragte sich im selben Wimpernschlag dumpf, wie sein Herr wohl reagierte, wenn er bald erfahren würde, dass Severus seinen Auftrag wieder nicht erfüllt hatte und entgegen all seiner Befehle zur Schlacht zurückgekehrt war… Er würde dieses Mal sicher äußerst wütend werden…
Severus erinnerte sich jäh an die brutale Strafe, die Voldemort Lucius erteilt hatte, weil er versagte, daran, dass er Wurmschwanz, seinen eigenen Gefolgen, noch vor wenigen Wochen ermordet hatte, und in diesem langen Moment des Schweigens beschloss er auf einmal, es noch ein letztes Mal zu versuchen, die Erlaubnis seines Herrn für die Suche nach Potter zu erbitten.
„Ich habe lange und scharf nachgedacht, Severus…“ meinte Voldemort plötzlich, ohne in seinem stetigen Auf- und Abgehen inne zu halten, ohne Severus anzusehen. „Weißt du, weshalb ich dich aus der Schlacht zurückgerufen habe?“
„Nein, Herr, aber ich bitte Euch, lasst mich zurückkehren. Lasst mich Potter finden.“ erwiderte Severus, außerstande, seine Augen von Nagini abzuwenden.
“Du klingst wie Lucius. Keiner von euch versteht Potter, wie ich es tue. Es ist nicht nötig, ihn zu finden. Potter wird zu mir kommen. Ich kenne seine Schwäche, musst du wissen, seinen einzigen großen Fehler. Er wird es verabscheuen, zusehen zu müssen, wie die anderen um ihn herum niedergestreckt werden, wohl wissend, dass es seinetwegen geschieht. Er wird dem um jeden Preis Einhalt gebieten wollen. Er wird kommen.“
„Aber, Herr, er könnte versehentlich von einem anderen statt von Euch getötet werden –“
„Meine Anweisungen an meine Todesser waren vollkommen klar. Nehmt Potter gefangen. Tötet seine Freunde –je mehr, desto besser– doch ihn tötet nicht.
Doch ich wollte über dich sprechen, Severus, nicht über Harry Potter. Du warst sehr nützlich für mich. Sehr nützlich.“
„Mein Herr weiß, dass ich nur danach strebe, ihm zu dienen. Aber – lasst mich gehen und den Jungen finden, Herr. Ich will ihn zu Euch bringen. Ich weiß, ich kann es –“
„Ich habe es bereits gesagt, nein!“ fauchte Voldemort und unverhohlener Zorn flammte jetzt in seinem blassen, schlangenähnlichen Gesicht auf, ein warnendes Funkeln lag in seinen stechend roten Augen.
Severus verstummte abrupt. Er wusste, er stand an der Grenze, es zu weit zu treiben, wirkliche Wut in seinem Herrn zu entfesseln; und es hatte keinen Zweck weiter zu fragen. Er würde entgegen dem Willen des Dunklen Lords handeln müssen, um seine Mission zu erfüllen, gleich, was die Folgen waren. Und er würde es tun, das war sicher, auch wenn er beim Gedanken daran nun ein leises, flaues Gefühl tief in seiner Magengrube unterdrücken musste…
„Meine Sorge im Augenblick ist“ fuhr Lord Voldemort gebieterisch fort, „was geschehen wird, Severus, wenn ich endlich auf den Jungen treffe!“

Diese Worte waren wirklich das, was Severus am wenigsten erwartet hätte.
„Herr, es ist doch gewiss keine Frage –“ setzte er an.
„– aber es gibt eine Frage, Severus. Es gibt eine.“ Voldemort blieb jäh stehen und sein Blick war nun scharf wie ein blutroter Dolch auf Severus gerichtet. „Warum“ sagte er langsam, seine Stimme auf einmal bebend vor nur mühsam unterdrückter, Severus völlig unerklärlicher Wut, „haben beide Zauberstäbe, die ich benutzte, versagt, als ich sie gegen Harry Potter richtete?“
„Ich – Ich kann das nicht beantworten, Herr.“ meinte Severus zögernd und zog irritiert die Augenbrauen zusammen.
„Du kannst es nicht?“ zischte Voldemort, und warum bloß schienen seine glutroten Augen jetzt förmlich zu lodern wie zornerfüllte Vulkane? „Mein Zauberstab aus Eibenholz tat alles, was ich von ihm verlangte, Severus, außer Harry Potter zu töten. Zwei Mal versagte er. Ollivander erzählte mir unter der Folter von den Zwillingskernen, er riet mir, den Zauberstab eines anderen zu nehmen. Das tat ich, aber Lucius´ Zauberstab zerbrach, als er auf den von Potter traf.“
„Ich – ich kann es nicht erklären, Herr.“ stammelte Severus perplex, und langsam gab er den Versuch auf, zu verstehen, was sein Meister von ihm wollte, zu verstehen, warum Voldemort ihn voll nun brennender Ungeduld taxierte. Und Nagini ringelte sich schläfrig in ihrer glimmenden Spähre und in ihren starren gelben Augen schienen sich all die Fragen zu spiegeln, die in Severus´ Innerem brodelten… Wo war Potter wohl in diesem Moment? War er vielleicht schon auf dem Weg hierher, auf dem Weg zu Lord Voldemort? Die Zeit rann Severus davon; Voldemort sollte endlich zur Sache zu kommen und ihn aus der Hütte entlassen, anstatt weiter in Rätseln zu reden…
„Ich suchte einen dritten Zauberstab, Severus.“ hauchte der Dunkle Lord salbungsvoll. (...Wie sollte Severus denn bloß Potter dazu bringen, ihm zuzuhören, ihm, dem vermeintlichem Verräter, Todesser, dem Mörder Dumbledores?...)
„Den Elderstab, den Zauberstab des Schicksals, den Todesstab.“ sagte Voldemort in einem pathetischen Seufzer, und er winkelte seine rechte Hand leicht an, die den Elderstab so zart und präzise hielt wie ein Dirigent seinen Taktstock. Dann, und seine feuerroten Augen waren jetzt zu glühenden Schlitzen verengt, und sie bohrten sich tief wie brennende Schwerter in die Severus´, wisperte er langsam, zischend:
„Ich holte ihn aus dem Grab von Albus Dumbledore.“

Es war seltsam, wie neun Worte - bloß neun einfache Worte - innerhalb des Bruchteils einer Sekunde urplötzlich eine solch schreckliche Todesangst auslösen konnten, die das Herz zum Flattern brachte wie einen gefangenen Vogel. Ebenso seltsam war es, wie diese mit bleierner Wucht aufwallende Todesangst innerhalb einer weiteren Millisekunde alle anderen Gedanken, alle anderen Empfindungen wie brennende Säure aus dem Gehirn tilgen konnte und bloß eine von kribbelnder Taubheit erfüllte Leere zurückließ, die sich in einem zitternden Schwall langsam im ganzen Körper verströmte.
Severus hatte als Kind nicht oft Märchen gelesen. Er konnte sich nicht entsinnen, dass ihm seine Eltern je vorgelesen hatten, und als er alt genug war, selbst zu lesen, hatte er sich auch schnell zu alt für Märchen gefühlt. Doch natürlich kannte er die Legende, die den Elderstab umwob, natürlich kannte er die Legende von seiner tödlichen Macht, deren Bedeutung, da all dies nicht bloß eine Kindergeschichte zu sein schien, sondern tatsächlich real, jetzt seine Eingeweide verzweifelt und schmerzhaft verkrampfte.
Nur der Zauberer kann der wahre Herr des Elderstabs sein, der seinen vorherigen Besitzer tötet.
Und die böse Vorahnung, die Severus so unerklärlich heftig verspürt hatte, als er sich auf den Weg in den finsteren Tunnel zur Heulende Hütte machte, flammte jäh wie eine lodernde Stichflamme und mit eiskalter Intensität wieder in ihm auf und schnürte ihm den Atem ab, nur dass sie jetzt begründet war, mehr als begründet.
Langsam, wie betäubt, löste Severus seine Augen von Nagini in ihrer glitzernden Spähre, die ihr Sicherheit und Schutz versprach, während er selbst in größter, in allergrößter Gefahr schwebte. Und er wandte den Blick dem Besitzer der Schlange zu, dem Dunklen Lord, dessen stechend rote Augen kalt und mörderisch funkelten. Seinem eigenen Herrn, der ihn in die Falle gelockt hatte, und er war geradewegs hineingetappt, und nun gab es keinen Ausweg mehr.
„Herr – lasst mich zu dem Jungen gehen –“ hörte sich Severus mit hohler, tonloser Stimme sagen.
„Diese ganze lange Nacht, in der ich meinem Sieg so nahe bin, sitze ich schon hier.“ meinte Voldemort, seine Stimme kaum mehr als ein fauchendes Wispern, „und ich frage mich, ich frage mich, warum der Elderstab sich weigert, das zu sein, was er sein sollte, sich weigert, das zu leisten, was er der Legende nach für seinen rechtmäßigen Besitzer leisten muss… und ich glaube, ich habe die Antwort.“
Severus wollte irgendetwas erwidern, irgendetwas, aber sein Kopf war wie leer gefegt und sein Mund so ausgetrocknet, als stünde er kurz vorm Verdursten, und er wusste doch, er wusste doch, das keines seiner Worte ihn noch retten konnte...
„Vielleicht kennst du sie bereits?“ zischte Voldemort leise. „Du bist schließlich ein kluger Mann, Severus. Du warst mir ein guter und treuer Diener und ich bedaure, was geschehen muss.“
„Herr –“ begann Severus flehentlich, doch seine raue Stimme verlor sich hilflos im Nichts.
„Der Elderstab kann mir nicht richtig dienen, Severus, weil ich nicht sein wahrer Meister bin. Der Elderstab gehört dem Zauberer, der seinen letzten Besitzer getötet hat. Du hast Albus Dumbledore getötet. Solange du lebst, Severus, kann der Elderstab nicht wahrhaft mir gehören.“ sagte Voldemort kalt.
Und diese Worte des Dunklen Lords, in all ihrer Endgültigkeit, brachen plötzlich wieder etwas in Severus auf.
Etwas, das in einer feurig heißen Welle den eiskalten Mantel der Taubheit, der ihn umhüllte, zersprengte und ihn jäh in seinen flammenden Bann zog: Ein zorniger Kampfeswille, genährt von Verzweiflung und Angst und dem heftigen, alles überschattenden Lebensdrang, der lodernd in ihm aufgestiegen war und in dessen glühender Ekstase er sich plötzlich so lebendig fühlte wie schon seit langer Zeit nicht mehr.
Er würde nicht einfach so aufgeben, sich seinem Schicksal ergeben. Niemals. Nein, er würde kämpfen; er würde um Leben und Tod mit Lord Voldemort kämpfen.
„Herr!“ stieß er abermals hervor, doch jetzt mit fester, kampfentschlossener Stimme, und, auch wenn das Pochen seines Herzens rauschend in seinen Ohren widerhallte, er zückte seinen Zauberstab, hob den gewöhnlichen Stab von Ollivander aus Schwarzdorn und Drachenherzfaser gegen den uralten, legendenumrankten Elderstab, der seinem Besitzer nicht in aller Macht dienen wollte, bevor der ihn, Severus, ermordet hatte.
„Es gibt keinen anderen Weg“ vernahm Severus weit, weit entfernt, so als würde ein Echo durch einen langen Tunnel zu ihm hinüber wehen, Voldemorts bedrohlich flüsternde und von fieberhafter Erwartung getränkte Stimme. „Ich muss den Zauberstab bezwingen, Severus. Den Zauberstab bezwingen, und dann werde ich endlich Potter bezwingen.“
Und Lord Voldemort peitschte mit dem Todesstab, dem Zauberstab des Schicksals durch die staubige, in schmutziges Licht getauchte Luft, und Severus´ Herz führte in seiner Brust eine Art verzweifelten Trommelwirbel auf, und all seine Sinne waren aufs Schärfste, aufs Grausamste angespannt, und sein Zauberstab bebte in seiner schweißnassen Hand – und er erwartete einen Angriff, gegen den er sich blitzschnell verteidigen, den er blitzschnell abblocken, dem er blitzschnell ausweichen musste –
Doch nichts geschah, und das warf Severus für einen Augenblick völlig aus der Bahn.
Einen flüchtigen Moment lang huschte sein Blick irritiert über den Elderstab, aus dem nicht der schwächste Funken stieb, und dessen Herrn.

Und einen Wimpernschlag darauf spürte er, wie seine linke Schulter jäh in etwas getaucht wurde, das sich anfühlte wie ein prickelnder Schwall warmes Wasser; er wirbelte erschrocken herum und stieß einen erstickten Schrei aus, als er den schimmernden Käfig Naginis erblickte, der geradewegs auf ihn zu schwebte. Und ehe er sich wehren, ehe er entfliehen konnte, eher er auch nur wirklich begriff, was geschah, war er bereits mit Kopf und Schultern in der strahlenden Kugel eingeschlossen.
Wie versteinert, wie gelähmt, wie zu einem Denkmal seiner Selbst aus Eis gefroren, starrte er Angesicht zu Angesicht in die kalten Augen der riesigen Schlange, die in die hinterste Ecke ihrer verzauberten Spähre zurück gewichen war und bedrohlich fauchte, das gewaltige Maul leicht geöffnet und die langen, tödlichen Zähne, spitz wie fahle Säbel, entblößend.
Und den Bruchteil einer Sekunde später vernahm Severus, gedämpft von dem gleißenden magischen Wall, der ihn umschloss, ein grässliches, eiskaltes, gebieterisches Zischen, das im Fauchen der Schlange fast unterging; seine Nackenhaare sträubten sich, und er wusste, Voldemort sprach Parsel.
Augenblicklich verstummte Nagini, in ihre Augen trat plötzlich ein stählerner, lebloser Ausdruck, fast als wäre sie fremdgesteuert.
Dann schoss sie, das grausame Maul weit aufgerissen, pfeilschnell auf Severus zu.
Severus wich in verzweifelter Angst zurück, versuchte in panischer Todesfurcht zu entfliehen, doch stieß er bloß hart und schmerzhaft gegen die schimmernden Wände des verzauberten Käfigs, der so fest und so stofflich schien wie eine eiserne Mauer und ihn in seinem gnadenlosen Griff gefangen hielt.
Und die Schlange biss zu.


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Sie ist eindeutig der Wolf im Schafspelz, also überhaupt nicht so 'pink', wie sie aussieht.
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