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Fanfiction

Jessy - Der schwere Duft des Abschieds

von Blue

Kleiner Zeitsprung nach vorne und wie versprochen LÄNGER :)

@Nastija84: Lass dich überraschen. ;)
********************************************************

Hogwarts, 1944

Genervt strich sich Jessica eine ihrer schwarzen Locken aus dem Gesicht und beugte sich noch mehr über ihren Einzeltisch, als sie die Antwort zu Frage 20 mit ihrer weißen Feder auf das Pergament schrieb. Die Spitze kratzte über jede einzelne Faser und es klang so laut in ihren Ohren wie ein spitzer Fingernagel auf einer Schiefertafel. In ihrem Bauch rumorte es und ihr Kopf rauchte, arbeitete auf Hochtouren. Das hier war das letzte Stück Pergament, das sie hier auf dieser Schule beschreiben würde. Ihre letzte UTZ-Prüfung im Fach Zaubereigeschichte. Für sie das schlimmste Fach aller Zeiten. Langweilig, eintönig und so zäh wie Standfields Haarschmiere. Besagter Professor schritt nun schon über eine Stunde zwischen den Reihen umher und ließ es sich nicht nehmen, jedem seiner Schützlinge über die Schulter zu schauen und irgendetwas Undefinierbares in sich hinein zu murmeln.
Veraltete Taktik, das hatte er schon die letzten beiden Jahre zuvor getan. Erneut strich Jessica ihre Haare hinter die Ohren und fegte sie alle mit einer forschen Handbewegung über ihre linke Schulter. Mittlerweile reichten sie ihr bis zur Brust. Hätte sie sie doch zusammen genommen, hätte sie sie doch zusammen genommen! Verdammt!
Mit doppeltem Druck schrieb sie ihren vorletzten Satz zu Ende. „Schluss!“, bellte Standfield in diesem Augenblick, der natürlich genau hinter ihr stand. Erschrocken zuckte Jessica zusammen, ohne dabei ihre Augen, ihre Gedanken, geschweige denn ihre Feder von dem Pergament zu wenden. Nur noch zwei Wörter, nur noch ein Wort. Ihr letztes geschriebenes Wort. Bezoar.
„Miss Whiteman!“, brüllte Schmalzlocke hinter ihr nun so laut, dass alle sich umwandten.
„Ich sagte: SCHLUSS!!“ Zufrieden legte Jessica die Feder auf die Tischplatte und wandte sich lächelnd zu Standfield um. „Verzeihen Sie mir, Sir. Ich muss Sie überhört haben.“
Demonstrativ verzog sie ihren Mund zu einem breiten Grinsen. Die meisten ihrer Mitschüler schwiegen, nur einige versuchten ihr Gekicher mit einem falschen Husten zu verbergen.
In ihrem Professor brodelte die Wut. Sein Gesicht verriet ihn noch immer. Ohne ein Wort grabschte er nach seinem Zauberstab und nach einem kurzen Schwinger stapelten sich alle Prüfungen auf seinem Pult. Mit geballter Faust machte sich Standfield auf den Weg dorthin, während alle Schüler zur Tür stürmten.
Jessica blieb noch sitzen und grinste in sich hinein. Sie wusste, dass es ihren Hasslehrer mehr ärgerte, wenn sie einen auf unschuldig machte. In diesem Moment berührte sie jemand an der Schulter. Sie blickte auf und sah Tom neben sich stehen. Er grinste. Sie erhob sich und nebeneinander gingen sie zum Ausgang. Als sie draußen im Innenhof ankamen begrüßte sie die Sonne. Jessica hob den Kopf und die wärmenden Strahlen berührten ihr Gesicht. Genussvoll schloss sie die Augen und atmete tief ein. Es roch nach Süßigkeiten, wilden Blumen und ….Sommer.
„Du solltest ihn nicht noch in den letzten Tagen dazu bringen, dich zu erwürgen.“, weckte Toms vertraute Stimme sie auf. Die Augen noch immer geschlossen, lachte sie auf und zeigte ihre Zähne. Dann sah sie ihn an. Aus irgendeinem Grund war sie so gut gelaunt, wie schon lange nicht mehr. Vielleicht, weil sie endlich die letzte Prüfung hinter sich hatten?
Weil sie mit ihren Zensuren vom letzten Halbjahr schon zur Auror-Ausbildung angenommen worden war? Lag es am schönen Wetter? Oder einfach an ihrem besten Freund, der sie leicht verwundert musterte. „Macht es dich so froh, den armen Standfield zu ärgern?“, fragte er und legte den Kopf leicht schief.
Und wieder lachte sie ihn an. „Ich weiß nicht. Irgendwie bin ich…..“ Sie wusste nicht, wie sie ihren Satz beenden sollte, blickte stattdessen in Richtung der Bank. „Ihrer“ Bank.
Tom folgte ihrem Blick. Eine Weile hörten sie nur die aufgeregten Stimmen ihrer Mitschüler, die sich mit dem Gesang der Vögel mischten.
„Freust du dich auf die Ausbildung?“, fragte er sie plötzlich. Überrascht sah sie zu ihm auf.
„Ja, ich freue mich unglaublich, aber….“
„Aber, was?“, fragte er in einem ernsten Ton und sah sie durchdringend an. Anscheinend wartete er auf eine ganz bestimmte Antwort. Sie zögerte. Er wirkte gereizt.
„Ich schätze,…wir werden uns dann nur noch selten sehen.“, sagte sie ganz behutsam und vorsichtig. Tom nickte wissend. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Diese Worte stürzten förmlich von seinen Lippen in ihr Unterbewusstsein, wo sie sich augenblicklich einbrannten.
Er hatte Angst, sie zu verlieren. Denn er hatte noch keine wirkliche Ausbildung. Vorerst würde er in der Nokturngasse in dem Antiquitätenladen „Borgin & Burke’s“ jobben.
Gerüchte besagten, dass es ein Geschäft für schwarz-magische Gegenstände war, aber niemand wusste das genau.
Was seine Zukunft anging, war er unschlüssig. Er hatte immer Lehrer im Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste werden wollen. Doch aus irgendeinem, ihr unbekannten Grund, hatte er diesen Traum vor Kurzem aufgegeben. Wenn sie mit diesem Thema anfing, biss sie bei ihm auf Granit. Er wollte nie wieder darüber reden.
Er riss sie aus ihren Gedanken. „Morgen ist mein letztes Quidditschspiel.“, stellte er sachlich fest. „Wirst du kommen?“ Schon wieder durchbohrten sie seine dunklen, bedrohlich wirkenden Augen. Sie hatten etwas Beeinflussendes, etwas Hypnotisierendes.
„Natürlich.“, sagte Jessica und schüttelte unverständlich den Kopf.
Warum fragte er sie das? Sie war bisher zu jedem seiner Spiele gegangen. Und zum Glück hatte er sich auch nie wieder ernsthaft verletzt, wie letztes Jahr, bei seinem ersten Spiel.
„Gut.“, sagte er ganz kurz angebunden und fügte noch hinzu: „Wir sehen uns, ich…brauch’ n’ Nachmittag Ruhe.“ Er lächelte gequält, bevor er sich abwandte und sie stehen ließ.
Das war mal wieder typisch! Sie war bester Laune und er zog sie mit irgendeinem Problem, das er nicht nennen wollte runter. Nein, heute ganz sicher nicht! Er brauchte einen Tag für sich? –Gut. Dann würde sie eben heute auch mal etwas alleine unternehmen.
Ja, sie würde mal wieder nach Hogsmeade gehen. In den Honigtopf vielleicht.
Entschlossen stieg sie die Treppen hinauf, um sich im Mädchenschlafsaal umzuziehen.



Am nächsten Morgen verirrte sich ein schüchterner Sonnenstrahl durch das Fenster in den Schlafsaal und berührte Jessicas Wange. Matt öffnete sie die Augen und blinzelte kurz.
Ein Blick zum Wecker verriet ihr, dass es noch viel zu früh für das Samstagfrühstück war.
Sechs Uhr. Na prima. Sie schloss die Augen und drehte sich auf die andere Seite.
Nach nicht einmal 30 Sekunden drehte sie sich auf den Rücken und starrte ihr Bettgestell an.
So n’ Mist! Einmal aufgewacht, unmöglich wieder einzuschlafen!
Missmutig drehte sie sich wieder zum Fenster und blickte hinaus. Der Dunst hatte sich längst verzogen, ein paar Krähen flogen zwischen den Türmen hindurch und das Sonnenlicht fiel auf ihr schwarzes Gefieder. Sie schimmerten kurz auf, dann waren sie aus ihrem Blickfeld verschwunden. Dieser Schein erinnerte Jessica an Tom und an den Anblick seiner schwarzen Haare, die gestern in der Sonne dunkelbraun geglänzt hatten. Er hatte sofort ganz anders ausgesehen, aber auf gar keinen Fall schlecht, eher im Gegenteil.
Plötzlich rief sie sich zur Ordnung. Was machte sie hier? Sie lag an einem sonnigen Samstagmorgen in ihrem Bett, war viel zu früh aufgewacht und alles, woran sie dachte war die Haarfarbe ihres besten Freundes? Verdammt, was war nur los mit ihr?
Ärgerlich verzog sie den Mund zu einer schmalen Linie, kniff die Augen zusammen und zog sich ihre Decke über den Kopf.
Bei Merlin, das gibt's doch nicht!

Nach drei Stunden höchst quälender Langeweile saß Jessica endlich am Frühstückstisch in der großen Halle und überflog die Schlagzeilen des Tagespropheten.

MUGGELKRIEG AUSSER KONTROLLE!

AMERIKANISCHER UND RUSSISCHER ZAUBEREIMISTER IN AUFRUHR!
DEUTSCHE ZAUBERER MACHTLOS!

Besorgt zog sie die Augenbrauen zusammen. Wie konnte das nur passieren? Dieser Krieg dauerte nun schon sechs Jahre und jetzt schien sich die Lage endgültig zuzuspitzen.
Sie würde nie verstehen, wofür Kriege gut sein sollten. Bei einem Krieg gab es keinen Sieg.
Wie konnte eine Macht oder eine Nation von Sieg sprechen, wenn auch nur ein Mensch gestorben war? Wenn auch nur eine Mutter ihren Sohn oder ihren Ehemann verlor?
Wenn auch nur ein Kind ohne Vater oder Mutter aufwachsen musste?
In diesem Moment setzte Tom sich ihr gegenüber und begann, sich sein Brot zu schmieren.
„Morgen, Sonnenschein.“ , trällerte er fröhlich und biss begeistert hinein.
Ohne ihre Augen von der Zeitung zu wenden erwiderte sie: „Na wenigstens Einer, dessen Laune sich binnen eines Tages gebessert hat.“
„Aua!“, rief er mit vollem Mund und kicherte albern. Doch Jessica las unbeirrt weiter.
Tom kaute zu Ende bis sein Mund leer war und musterte sie kurz.
„Was ist los, Jessy?“, fragte er. Seine Stimme klang so samt weich, als würde er in ihre Gedanken und Gefühle eindringen können.
Wortlos blickte sie auf und schob ihm den Tagespropheten rüber.
Er ließ seine Augen kurz über die Zeitung huschen und sah sie dann fragend an.
„Und? Das geht seit Jahren so.“ Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und biss erneut kräftig in sein Butterbrot.
Jessica sah ihn vorwurfsvoll an. „Ich glaube, ich traue meinen Ohren nicht, Tom Marvolo Riddle!“
Nun blickte er verständnisvoll drein. „Krieg ös nöchts Schönes, aber das wörd vorbeigöhn.
Und wir bekomm nöchts davon möt, olso….“ Während er sprach schob er den viel zu großen Bissen von einer Wange in die andere. Wieder zuckte er mit den Schultern.
„Hast du nicht richtig gelesen? Die Amerikaner und die Russen machen sich Sorgen!
Dieses sinnlose Gemetzel muss jemand beenden.“
Tom lächelte spöttisch. „Ja, aber nich heute und du ganz söcher nöcht.“
Sie holte schon Luft, um etwas dagegen zu sagen, schloss den Mund aber wieder.
Er hatte Recht, man konnte nichts tun, am aller wenigsten sie.
„Irgendwann wirst du völleicht selber mal ön ein Krieg geworfen und bis ös soweit is….." Er schluckte.
"Spar’ dir deine Kräfte für dein eigenes Leben auf.“
Fragend zog sie die Augenbrauen zusammen, lächelte ihre Bedenken aber schnell weg.
„Ich dachte, ich wäre hier die Begabte für’s immer-das-Schlimmste-vorstellen?“
Ihr Gegenüber grinste. „Dinge ändern sich und….“ , er zögerte nachdenklich.
„….Menschen auch.“
Jessica zog sich wieder die Zeitung rüber und Tom verabschiedete sich knapp. Er musste sich noch umziehen für das große, letzte Spiel.
Er stopfte sich den letzten Happen in den Mund und trabte davon.


Eine halbe Stunde später stand Jessica mit den anderen Slytherins auf der Tribüne und klatschte lächelnd in die Hände. Noch keine zwei Minuten gespielt und ihr Haus lag schon um drei Punkte vorne. Tom saß wie immer gekonnt auf seinem Besen und verfolgte seine Mitspieler mit schmalen Augen. Jessica merkte erst gar nicht, dass sie ihn unentwegt anstarrte. Obwohl das Spiel gerade mehr auf der anderen Seite des Feldes stattfand, blickte sie zum Hüter der Slytherins. Der leichte, warme Wind wehte durch seine Locken und sein grüner Umhang flatterte. Als sie es bemerkte schloss sie kurz die Augen.
Komm zu dir!
Sie öffnete die Augen wieder und drehte den Kopf ganz bewusst zur anderen Seite. Und schon wieder ein Treffer für die Slytherins. Jessica lächelte unbewusst und klatschte, während ihre Mitschüler hinter, neben und vor ihr völlig aus dem Häuschen gerieten. Unverständlich, aber noch immer lächelnd schüttelte sie den Kopf.
Die nächste viertel Stunde lief das Spiel gut. Mittlerweile stand es fünf zu eins für die Slytherins. Die Hufflepuffs ließen sich auf ihrer Tribüne bereits hängen und verzogen die Gesichter. Einige enttäuscht, andere wütend. Einer der Jäger war Markus Dunn. Der Junge, der Jessica vor zwei Jahren während Slughorns Dinnerparty angebaggert hatte. Tom hatte ihn damals vertrieben, unaufgefordert. Seitdem hatte Markus sie nie wieder angesprochen, hatte sich tunlichst ferngehalten. Jetzt schien der brünette Hufflepuff es Tom heimzahlen zu wollen. Wie aus einer Trance erwacht, kam plötzlich Leben in den Jungen. Er schnappte sich den Quaffel und feuerte ihn ohne Hemmungen in einen der Ringe. Tom war zu langsam und zu überrascht, um ihn abzufangen. Wütend funkelte er Markus an, der triumphierend vor ihm schwebte. Mit vielleicht ein wenig zu viel Power schlug Tom den Quaffel zurück aufs Spielfeld. Seine Wut war deutlich zu erkennen. Die Hufflepuffs auf ihrer Tribüne jubelten plötzlich auf, als könnten sie ihr Glück kaum fassen. Sie hatten tatsächlich noch einen Treffer gelandet! Viele standen nur mit offenen Mündern da. Markus lächelte und jagte erneut hinter dem Quaffel her. Sein Team schien sich von seinem Tatendrang anstecken zu lassen. Als wären sie alle aus einem monatelangen Koma erwacht, flogen sie mit voller Geschwindigkeit los und spielten, als würden sie nun alles nachholen. In den nächsten fünf Minuten versenkten sie zum Unglück aller Slytherins gleich sechsmal den Quaffel in einem der Ringe. Jessica konnte Toms Unmut ebenso spüren, wie die immer weiter sinkende Laune ihrer Mitschüler. Hinter, neben und vor ihr schienen sie alle in sich zusammen zu fallen, wie Kartenhäuser.
Auf der Lehrertribüne saßen zwei völlig unterschiedliche Gestalten. Eine war Slughorn. Sein Gesicht war zu einer Trauermaske verzogen. Seine Mundwinkel zogen sich so weit nach unten, als wären seine Gesichtsmuskeln zu schwach für die Erdanziehungskraft. Direkt daneben saß das genaue Gegenteil. Ein Lehrer, der noch übler grinste als jeder Clown. Jessica glaubte, ihn noch niemals zuvor so erfreut gesehen zu haben. Es war natürlich kein geringerer als Standfield. Ob es die Gryffindors, die Hufflepuffs oder die Ravenclaws waren. Egal, welches Haus, hauptsache, die Slytherins verloren und wurden in seinen Augen öffentlich gedemütigt. In diesem Moment wurde einer der Treiber von einem Klatscher so hart an der Schulter getroffen, dass er die Kontrolle über seinen Besen verlor und auf den Boden stürzte. Entsetzt riss Jessica die Augen auf. Sie sah ihn fallen. Es war ähnlich, wie bei Tom damals. Wie aus Reflex zog sie ihren Zauberstab, richtete ihn auf den Jungen und dachte bloß: Vingadium leviosa.
Wie in einem unsichtbaren Netz wurde er von dem Zauber aufgefangen. Jessica senkte ihren baiken Zauberstab langsam und ließ den Jungen so behutsam auf den Boden schweben. Er kam sogar auf den Knien auf und schüttelte benommen und leicht verwundert den Kopf. Schnell steckte Jessica den Zauberstab wieder weg und blickte zu Tom, der sie entsetzt anstarrte. Alle auf, neben und um das Feld herum waren still. Alle Augen waren auf den Slytherin-Treiber gerichtet, der sich die schmerzende Schulter rieb. In diesem Moment kam Madam Hooch auf den Platz gelaufen. Durch ihren Zauberstab verstärkte sie die Lautstärke ihrer Stimme. „Eine Unterbrechung von fünfzehn Minuten!“, rief sie und blickte nach oben. Als sie Jessica erblickte, hob sie die Hand und winkte sie zu sich. Ihr Gesicht war ernst, ihre Lippen zu einer schmalen Linie verzogen. Während alle Spieler nach unten schwebten und ihre Mitschüler allmählich auf der Tribüne Platz nahmen, machte Jessica sich auf den Weg zur Treppe.
Unten angekommen, wurde sie sofort von allen Spielern und Lehrern begrüßt, die alle auf sie einredeten. Standfield kreischte etwas wie: „Foul! Ungültig!“
Klar, du mich auch, du Rassist! Madam Hooch legte ihr einen Arm um die Schultern und führte sie durch die Menge, bis zu dem gefallenen Treiber. Der Junge war riesig, muskulös und Jessica fühlte sich vor ihm furchtbar winzig. Der blonde Slytherin strich sich durch die schweißnassen Haare und nickte anerkennend.
„Danke, dir. War voll in Ordnung von dir.“ Leicht irritiert zog sie die Augenbrauen zusammen und nickte dann ebenfalls.
„Danke, schon okay.“ Hinter sich hörte sie, wie die Lehrer untereinander diskutierten. Slughorn sprach sich natürlich für Jessicas „selbstlose Heldentat“ aus, während Standfield radikal protestierte. In diesem Moment kam Tom auf sie zu. Als er vor ihr stand, ließ er seinen Besen achtlos auf den Boden fallen, nahm sie am Arm und zerrte sie ein Stück von der Menge weg. Als sie vielleicht drei, vier Meter von dem völlig aufgeregten, bunten Knäuel entfernt waren, packte er sie an beiden Armen und sah sie durchdringend an. Sein Unterkiefer war verkrampft und seine dunklen Augen weit aufgerissen. „Bist du wahnsinnig?“, fragte er scharf. Jessica befreite sich mit einer flinken Bewegung aus seinem eisernen Griff und sah ihn verständnislos an. „Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Zulassen, dass er sich die verdammte Schulter bricht?!“, zischte sie zurück. Toms Gesicht verzog sich nun zu einer wütenden Grimasse.
„Damals, als ich in derselben Situation war, hast du mich auch einfach fallen gelassen!“ Jessica konnte es nicht fassen. Was war nur schon wieder in ihn gefahren? Doch bevor sie etwas sagen konnte, hörte sie die Stimme eines Lehrers ihren Namen rufen. „Miss Whiteman!“ Sie drehte sich um und erkannte den alten, merlinähnlichen Zauberer mit der Halbmondbrille auf der Nase. Professor Dumbledore. Sie atmete einmal tief durch und ging zu der Gruppe zurück. Die Gesichter der Spieler und die der Professoren waren alle komplett verschieden. Jessica hatte keine Ahnung, was sie nun erwartete. Als erster ergriff Dumbledore das Wort: „Nun, Miss Whiteman, wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass ihr Verhalten nicht den Regeln entsprach. Allerdings, und da ist sowohl der Schulleiter, als auch die Mehrheit des Kollegiums meiner Meinung,…“ Er blickte kurz über seine Schulter zu Standfield, der mit verschränkten Armen und schmollendem Mund da stand. Er sah aus, wie ein kleiner Junge, dem man verboten hatte, einen Schokofrosch zu naschen.
„…dass Ihr Eingreifen nur dem Schutz eines Mitschülers galt und deshalb wird das Spiel fortgesetzt.“, beendete Dumbledore den Satz und lächelte. Jessica fiel ein Stein vom Herzen. Und sie dankte Merlin dafür, dass Professor Dumbledore einen solch großen Einfluss auf den Schulleiter zu haben schien. Dieser hatte die ganze Zeit über hinter ihm gestanden und immer wieder beipflichtend genickt. Slughorn strahlte über das ganze Gesicht und zeigte Jessica einen erhobenen Daumen. Standfield hingegen wirkte sichtlich gekränkt und schien nicht mehr allzu gute Laune zu haben. Wie schnell zwei Gestalten doch die Masken tauschen konnten! Jessica lächelte und drehte sich nach Tom um. Doch der hatte sich bereits seinen Besen geschnappt und schwebte gerade zu den Ringen hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen.
Am Ende ging das Spiel unentschieden aus. Die Slytherins hatten zwar den Punktestand wieder aufholen können, aber es war dann einfach zu wenig Zeit gewesen, um noch mehr rauszuholen. Ihre Mitschüler und das Team waren natürlich dementsprechend geknickt. Jessica machte sich auf den Weg, zur Umkleide, um mit Tom zu reden. Seine Reaktion vorhin hatte sie mehr als verwundert und zugleich verärgert. Als sie eintrat, waren die meisten zwar schon fertig, aber trotzdem waren sie überrascht, hier ein Mädchen zu sehen. Einer rief plötzlich: „Riddle! Deine kleine Freundin is’ hier!“ Jessica schenkte ihm einen eisigen Blick, in diesem Moment kam Tom hinter einer Ecke hervor. Er war gerade dabei sich sein schwarzes Hemd zuzuknöpfen. Missmutig verschränkte Jessica die Arme vor der Brust und hob das Kinn leicht an. Als wäre das eine Aufforderung gewesen, machten sich alle anderen Jungen daran, ihr Zeug zusammen zu suchen und aus der Umkleide zu verschwinden. Als nur noch zwei Spieler mit ihnen im Raum waren, begann Tom: „Was gibt’s?“ Seine Stimme klang unterkühlt, als er ihr den Rücken zuwandte und seine Ausrüstung in seinem Schrank verschwinden ließ. Jessica wartete bewusst, bis die anderen beiden auch verschwunden waren und die Türe hinter sich geschlossen hatten. Sie rümpfte die Nase. Es roch stark nach Schweiß und nach Leder.
„Was sollte das eben auf dem Feld? Bist du jetzt allen Ernstes wütend, weil ich deinen Teamkollegen habe schweben lassen?“ Tom knallte die Schranktüre zu, drehte sich aber nicht um, sondern sprach mit dem Rücken zu ihr.
„Es ist nur schön zu sehen, dass du mit deiner übergroßen Hilfsbereitschaft beinahe unser ganzes Spiel verdirbst.“, meinte er sarkastisch. Jessica ging forschen Schrittes auf ihn zu und stellte sich neben ihn, sodass sie ihn von der Seite ansah. Er starrte stur den Schrank an. „Du hättest ihn also abstürzen lassen?“, fragte sie und es klang eigentlich mehr wie eine rhetorische Frage. Tom ballte seine auf der Schranktür abgelegte Hand zur Faust, verzog die Lippen zu einer Schmalen Linie und senkte den Kopf.
„Darum geht es überhaupt nicht.“, murmelte er in Richtung Boden. Jessica suchte seinen Blick und kam näher. „Worum dann?“, rief sie.
Er atmete tief durch bevor er langsam den Kopf hob und sie endlich ansah. In seinem Blick lag Wut aber auch Enttäuschung und….Verzweiflung? Jessica zog unmerklich die Augenbrauen zusammen und musterte ihn fragend. Da berührte Toms Hand plötzlich ihre Schulter und drückte sie mit dem Rücken gegen die Schränke. Jessica war derart überrascht, dass sie nichts sagen konnte. Er stellte sich vor sie, kam ihr bis auf einige Zentimeter mit dem Gesicht nahe. Zu nah! Viel zu nah!
Sie atmete durch den Mund und spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen. Seine Hand wanderte neben ihre Schulter und stützte sich an der Schrankwand ab. Jessica drückte sich unbewusst noch mehr gegen die Schränke, um den Abstand zwischen ihnen wieder etwas zu verlängern. Doch Tom machte ihr einen Strich durch die Rechnung, als er den Abstand wieder verkürzte. Er sah auf sie hinab, sein Blick strich über ihr Gesicht. Sie wusste nicht, was sich hinter diesen dunklen Augen verbarg, aber irgendetwas war anders als sonst. Sein Atem zerging auf ihrer Haut, als er noch näher kam und seine Lippen ganz sacht auf ihre legte. Diese Berührung war so flüchtig, dass es genauso Einbildung hätte sein können. Wie aus Reflex schloss sie die Augen. In diesem Moment wurde ihr bewusst, wie oft sie sich das schon in ihrem Unterbewusstsein vorgestellt und dann wieder verdrängt hatte. Er löste seine Lippen ganz kurz von ihren, dann küsste er sie wieder. Dieses Mal fester, intensiver. Sie spürte seine Wärme, seinen Atem. Sie glaubte zu schweben und gleichzeitig zu stürzen. Ihre Knie wurden weich und sie suchte Halt mit ihren Handflächen an den Schränken. Als hätte er ihre Gedanken gelesen, legte er seine Hände um ihre Hüften und zog sie in seine Arme. Zuerst wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Doch sie legte sie schließlich auf seinen Oberarmen ab. Sie fühlte sich etwas verkrampft und doch so zerbrechlich. Ihre Lippen bewegten sich so verdammt langsam gegen seine, dass sie glaubte, in Ohnmacht zu fallen. Es war wie ein Rausch, der sich ihrer bemächtigt hatte und ihr nun sämtliche Sinne vernebelte. Ihr Körper fühlte sich seltsam taub an. Aus ihren Händen schien sämtliches Blut gewichen zu sein, sie waren eiskalt und kribbelten unangenehm. Die Hitze seiner Muskeln schien sie einzuhüllen. Und gerade als sie glaubte komplett zu versinken, löste er sich von ihr, hielt sie aber weiterhin in seinen Armen. In ihren Ohren brauste es und sie zitterte innerlich. Sie hielt die Augen noch geschlossen, versuchte, sich wieder zu finden. Wann und wo sie sich verloren hatte, wusste sie nicht. Nur, dass es so war. Als sie sich wieder erinnerte, wie man atmete, öffnete sie auch die Augen. Tom atmete durch den Mund, sah sie an mit einer Mischung aus Neugier und Verwunderung. Er war scheinbar genauso schockiert über sein Verhalten, wie sie. Wie aus Pflichtgefühl ließ er sie los und ging einen Schritt zurück. Als hätte er einen Fluch von ihr genommen, lehnte sie sich matt gegen die Schränke und blickte vor sich hin. Sie wollte ihn nicht ansehen. Jessica spürte seinen Blick auf ihr ruhen und fragte sich, was er jetzt gerade dachte. Ihr Mund war trocken.
„Darum geht’s also?“, wisperte sie und blickte zu ihm auf. Tom atmete als Antwort tief ein und schloss bei der Ausatmung die Augen. Jessica nickte vor sich hin. Sie musste weg. Ohne ihn noch einmal anzusehen, stieß sie sich schwerfällig von den Schränken ab und verschwand durch die Tür. Es roch nicht mehr nach Leder, auch nicht nach Schweiß.
Morgen war ihr Abschlussball.


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