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Fanfiction

Jessy - Nachtleben

von Blue

Liedtipp: "Nightlife" von IAMX

@Zelda-Angel: Ich kann dich gut verstehen, denn um ehrlich zu sein hätte ich auch gerne mit ihr getauscht! ^^

@sweetdark: Dankeschön! Für alles! Ich freu mich immer besonders darüber, wenn du auch meine anderen FFs kommentierst! :D
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London, Ende Februar 1949

Langsam und bedächtig schlich sie sich durch die engen Gassen. Santally durfte nicht weit sein, sie hatte vorgeschlagen, selbst den Hintereingang zu benutzen, aber dem alternden Zauberer war es lieber gewesen, dass sie auf mehr oder weniger legalem Weg ins Geschäft gelangte. Santally machte sich immer Sorgen um sie, wo es nur ging. Der kauzige, grauhaarige Mann war ihr Mentor. Jeder junge Auror bekam in seinem ersten vollwertigen Jahr einen Meister zur Seite gestellt, mit denen sie gemeinsam auf Verbrecherjagd gingen. Jessy hatte aber öfter das Gefühl, dass sie mehr auf ihn aufpassen musste. Wie oft sie ihm in den vergangenen Wochen mal wieder das Leben gerettet hatte, wusste sie nicht. Ab 32 hatte sie aufgehört, zu zählen. Naja, in vier Monaten würde sie ihn los sein und eigentlich war der recht kleine Mann doch ein ziemlich guter Lehrer. In diesem Moment erklang die Glocke des Big Ben und eine Schar Krähen flog aufgescheucht davon. Zwölf Uhr. Mitternacht. Und sie hatten ihre Zielperson noch immer nicht auf frischer Tat ertappt. Jessica drehte nervös und ungeduldig ihren Zauberstab in der Hand, als sie die Tür zu der Rumpelkammer öffnete. Sie quietschte verräterisch und Jessy kniff die Augen zusammen. Einen kurzen Moment lang hielt sie inne und lauschte. Nichts zu hören. „Huuuuiijh“, seufzte sie erleichtert und betrat den dunklen Raum. Wenn ihr Mentor mal wieder trödeln würde, dann könnte sie hier lange warten. Deshalb hoffte sie inständig, dass er sich dieses Mal beeilen würde. „Lumos.“ Im gleichen Moment ertönte ein Schrei: „Aaaah! Halt! Stehen bleiben! Im Namen des Zauberei…“ – „Sscchht! Santally! Ich bin’s!“, zischte sie wütend und der grauhaarige Mann nahm seinen Zauberstab von ihrem Hals. „Oh,…Jessica. Ich dachte, du wärst…“ – „Psscht!“ Seine Schülerin lauschte und hob den Blick zur Decke. Über ihnen knarrten laut ein paar Dielen, dann hörten sie Gepolter und die Tür, die zuknallte. „Großartig!“, fluchte Jessy und stürzte hinaus. Santally folgte ihr etwas verwirrt, holte sie aber erst mitten auf der regennassen Straße ein, weil sie rannte. „Er hat Sie gehört!“, keuchte sie, während sie weiterlief, die Augen starr nach vorne gerichtet. „Er wird ins,….he, Ministerium gehen,…he, die Beweise vernichten!“
Der Meister wollte etwas sagen, doch Jessica gab noch einmal voll Speed und raste ihm davon, zum nächsten Besuchereingang.

Als die Telefonzelle nach unten gefahren und sie ausgestiegen war, hielt sie inne. Ob Lockwood schon hier war? Bestimmt, schließlich hatte ihre Zielperson einen Vorsprung. Die Einganshalle war menschenleer. Hier war um diese Uhrzeit selten jemand. In keinem der Büros brannte Licht. Nur die Lampen hier unten erleuchteten das Gebäude schwach. Jessica ließ ihren Blick über die Fenster wandern. So wie sie Santally kannte, hatte er mit Sicherheit Verstärkung gerufen. Das konnte doch nicht sein! Zwei Auroren schaffen es nicht, einen kleinen Fisch zu fangen! Lockwood wurden nicht bloß schwarze Künste vorgeworfen, man hatte in den letzten Jahren auch einige Hinweise auf eine Verschwörung am Zaubereiminister entdeckt. Lockwood selbst sollte dabei zwar bloß ein Handlanger sein, aber man hoffte darauf, dass er ihnen sagen würde, was er wusste. Jessy hatte darüber nur den Kopf geschüttelt. Das war doch absurd. John Lockwood, der eigentlich ziemlich gut aussehende, reiche, aber arrogante und schmierige Magier im mittleren Alter hatte sicherlich Dreck am stecken, aber er war garantiert nicht so blöd, alles frei Schnauze auszuplaudern, was man gerne von ihm gewusst hätte. Die junge Aurorin hatte die Hoffnung, dass der Schnösel sie heute Nacht direkt zum Zentrum des Ganzen führen würde. In das „Rattennest“, wie die Auroren illegale Versammlungen nannten. Da hörte sie plötzlich Schritte, die sich ihr von vorne näherten. Aber sie sah nichts. Entschlossen richtete sie ihren Zauberstab nach vorne und verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen. Wer kam da? Zu ihrer Überraschung stürzte Santally aus der Dunkelheit auf sie zu. Sein Blick war panisch. „Jessica!“, rief er, schon aus meterweiter Entfernung. „Raus! Er ist draußen, schnapp ihn dir!“
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, fuhr sie herum und lief los. Sie sprang in das Flohnetzwerk und im nächsten Moment fand sie sich neben der leicht befahrenen Straße des Picadilly Circus wieder. Es goss nun in Strömen, das Wasser reichte bis an den Bordstein heran. Aus verlässlichen Quellen wusste sie, dass Lockwood hier schon öfter bei Besuchen in einer Muggelkneipe gesehen worden war. Sie hatte sich gerade orientiert, da kam besagter Zauberer auch schon um die Ecke gehetzt. Jessica reagierte schnell und rief: „Expelliarmus!“ Der dunkle Magier sah seinem Zauberstab überrascht nach, bevor er sich umdrehte und flüchtete. Jessica flitzte los. Sie durfte ihn auf keinen Fall verlieren! Auf keinen Fall durfte er ihr entwischen! Immer wieder schleuderte sie Flüche hinter ihm her, doch er lief im Zick-Zack. Der Bürgersteig wurde ihm wohl nach einer Weile etwas zu offensichtlich, denn plötzlich schlug Lockwood einen Haken und rannte über die Straße. Als Jessica ihm nachsetzte, tat es plötzlich einen dumpfen Knall, sie spürte einen starken Schmerz an ihrem linken Schienbein und fand sich auf dem Rücken liegend auf der nassen Straße wieder. Aufblendlicht nahm ihr die Sicht und sie erhob sich leicht benommen, während in ihrem Kopf alles schwankte. Sie war vor ein Auto gelaufen! Um nicht wieder zur umzufallen, stützte sie sich auf der Motorhaube des Wagens ab und wischte sich ihre klatschnassen Haare aus dem Gesicht. „Oh mein Gott! Sind Sie in Ordnung?“, fragte der besorgte Autofahrer, der soeben ausgestiegen war, doch Jessy reagierte gar nicht auf ihn, sondern stieß sich vom Wagen ab und rannte weiter. Ihr Bein war kurz davor, nachzugeben doch sie tat ein paar Sprünge und hatte die Straße endlich hinter sich gelassen. Verflucht! Dank diesem Muggel würde ihr Lockwood noch durch die Lappen gehen! Sie hetzte durch die nächste Seitenstraße und befand sich dann an einer Kreuzung. Hier war wieder alles leer und still. Nur das Rauschen des Regens war zu hören. In der Ferne ertönte die Sirene eines Polizeiwagens und dann donnerte es laut. Sie blickte sich um. Wo sollte sie hinlaufen? Nach links? Oder nach rechts? Wo war Lockwood hingelaufen? Ihre Chancen standen 50:50. Sieg oder Niederlage. Triumph oder Kapitulation. Sie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen, während sie die Nässe schon auf ihrer bloßen Haut spürte. Da wurde ihr plötzlich etwas von hinten über den Schädel gezogen, ihr wurde schwarz vor Augen und sie landete unsanft in einer Pfütze. Auf dem Bauch liegend drehte sie den Kopf nach hinten und erkannte Lockwood, der mit einer zerbrochenen Flasche in der Hand über ihr stand. Im nächsten Moment nahm er ihr den Zauberstab ab und grinste fies. „Tja, Kleine. Der Job ist wohl nichts für dich“, sagte er selbstgefällig und richtete ihn auf seine Besitzerin. Sie hoffte, dass ihr eigener Zauberstab ihr nichts antun würde, aber sie war sich nicht sicher. Mit letzter Kraft drehte sie sich auf den Rücken und trat Lockwood fest zwischen die Beine. Der Zauberer ächzte gequält auf, ließ ihren Zauberstab fallen und sank auf die Knie. Von dieser Haltung aus fiel auch er auf den Beton und rührte sich nicht mehr. Jessica sah den schwarzen Himmel. Der Regen lief über ihr Gesicht und sie wusste, dass sie aufstehen musste. Entschlossen, aber vor Schmerzen stöhnend spannte sie ihre Bauchmuskeln an, richtete sich auf und griff sich ihren Zauberstab. Während sie wieder auf die Beine kam, befühlte sie mit der freien Hand ihren Hinterkopf. Sie zog ein paar Scherben aus ihrem Haar und im Lichtschein der Straßenlaternen konnte sie Blut daran sehen. Sie ballte die Hand zur Faust und richtete ihren Zauberstab auf John Lockwood, der noch immer jämmerlich auf dem Boden kauerte. „Tja, Kleiner!“, sagte sie und lächelte. „Die Magie ist wohl nichts für dich!“ Da hörte sie die Stimme von Santally, die ihren Namen rief.
„Ich bin hier!“, schrie sie, ohne ihren Fang aus den Augen zu lassen. „Santally! ICH BIN HIER!!“

Eine Stunde später saß Jessica im St. Mungo auf einer Krankenliege und ließ sich von einer Schwester den Kopf untersuchen. Zum Glück war die Wunde nicht sehr tief und musste nicht genäht werden. Aber sie hatte die letzten fünf Minuten verschiedene Tränke schlucken müssen, jeder davon war auf seine eigene Art widerlich gewesen. Da trat die Schwester vor sie und leuchtete mit einer kleinen Lampe in ihre Augen. Sie blinzelte und wollte den Kopf wegdrehen. „Schauen Sie bitte hier her, Miss Whiteman“, sagte die junge Frau tadelnd und starrte sie an. „Haben sie Übelkeitsgefühle, Schwindel, Müdigkeit, wissen Sie noch ihre gesamten Personalien?“ Überfordert zog Jessy die Augenbrauen hoch und fragte: „Ähm,….was war das Erste?“ Die Frau im weißen Gewand nickte wissend und gleich drauf kam Santally ins Zimmer. „Dieser miese, dreckige Schweinehund wird dafür bezahlen, was er mit dir gemacht hat, Jessica“, presste er hervor. „Und wenn ich diesen Wichser mit meinen eigenen Händen erwürgen muss,…ich werde..“ – „Mister Santally!“, fuhr ihm die Krankenschwester aufgebracht dazwischen. „Bitte mäßigen Sie Ihren Umgangston! Das hier ist schließlich ein Krankenhaus und kein Londoner Pub!“
Der alte Kauz senkte den Kopf, zwinkerte seiner Schülerin aber heimlich zu. „Miss Whiteman wird bis auf Weiteres hier bleiben müssen. Es gibt Anzeichen für eine leichte Gehirnerschütterung.“, hörte sie die Schwester noch sagen, bevor sie aus dem Raum verschwand, natürlich nicht ohne Santally darauf hinzuweisen, dass die Patientin dringend Ruhe benötige! (Im Klartext: „In spätestens zwei Minuten sind Sie hier raus!“)
Santally setzte sich vor sie auf einen Stuhl und lächelte mitleidig. „Tut mir leid, dass du das abgekriegt hast. Aber wir haben den Dreckskerl! Lockwood kam überhaupt nicht dazu, die Beweise in seinem Büro zu vernichten, wir waren schon vorher da.“ Er grinste über beide Ohren. Jessica lächelte, aber auch ohne einen Spiegel zu haben, wusste sie, dass es sehr gequält aussah. Ihr Kopf schien zu explodieren und gleichzeitig bleischwer auf ihrem Hals zu sitzen. Ihr Mentor klopfte ihr sanft auf die Schulter und sagte: „Ruh dich aus. Wir sehen uns bestimmt nächste Woche.“ Dann ging er hinaus. Jessy seufzte. Das war seine Art, ihr zu sagen, dass sie etwas wirklich gut gemacht hatte.


London, Anfang März 1949

Müde schloss Jessica ihre Wohnungstür auf und trat ein. Sie zog ihren Regenmantel aus, hängte ihn an den Haken, streifte ihre Schuhe ab und ging ins Wohnzimmer, um sich auf ihr kleines blaues Sofa plumpsen zu lassen. Matt ließ sie ihren Kopf gegen das Polster fallen und verzog das Gesicht, als ein stechender Schmerz durch ihren Hinterkopf zuckte. Es war jetzt zwei Wochen her, dass sie vor ein Auto gelaufen war und eine Glasflasche auf dem Schädel zerdeppert bekommen hatte. Und noch immer hinkte sie leicht. Ihr komplettes Schienbein war blau vor Blutergüssen. Die Kopfschmerzen traten glücklicherweise nur noch abends auf und langsam wurde es besser. Jessica hatte jetzt zwei Stunden Ruhe für sich, bevor sie wieder durch die nächtlichen Straßen laufen musste. Ja, der Beruf war anstrengend. Aber niemand hatte gesagt, dass es einfach werden würde. Sie schloss die Augen.

Nur wenig später schlug sie die Augen wieder auf und sah auf ihrer Wanduhr, dass es bereits halb zehn durch war. Um viertel vor zehn sollte sie sich mit Santally in der Queensroad treffen, um ein „Rattennest“ aufzudecken. Sie sprang etwas zu schnell auf, ihr Bein schmerzte und sie biss fest die Zähne zusammen. Dann ging sie in ihr Schlafzimmer, um sich umzuziehen. Mittlerweile hatte sie gelernt, dass sich jeder Auror auf seine Weise einen Namen machen musste, um erfolgreich zu sein. Sie wusste nicht, ob sie für ihr frühes Alter schon gut war, aber auf jeden Fall war sie nicht schlecht. Und jeder Auror hatte besondere äußerliche Merkmale. Santally zum Beispiel hatte graue, abstehende Haare, graue Kotletten und einen grauen Bart. Den Spitznamen „Kauz“ trug er also nicht umsonst. Da gab es auch ein paar Frauen, aber die waren eher unauffällig. Jessy wollte nicht bloß eine von vielen sein. Sie wollte auffallen. Sie bestritt es ja gar nicht, dass sie Aufmerksamkeit suchte. Vielleicht war das mit ein Grund, warum sie ihre langen, schwarzen Locken immer offen trug und sie immer weiter wachsen ließ. Bei ihren Verfolgungsjagden wehten ihr ihre Haare immer um die Schultern, in günstigen Fällen fielen sie ihr ordentlich verwuschelt über den Rücken.
Doch das war eigentlich eher eine Marotte. Was sie ganz gezielt trug war schwarz. Ebenso zog sie sich auch jetzt an. Eine schwarze Stoffhose, von denen sie bestimmt zehn im Schrank hatte, eine schwarze Bluse und immer schwarze Schuhe. In ihren zwanzig Paar kamen überhaupt keine anderen Farben vor. Santally nannte sie spaßeshalber immer „Blacky“, was ihr allerdings gar nicht gefiel. Da klang wie der Name für eine Katze. Im Grunde war es auch noch zu früh, um sich einen Namen zu machen. Aber sie wollte einen Namen! Sie wollte sich selbst ein wenig aus der Menge herausheben. So wie sie es immer getan hatte, angefangen bei ihrer Familie, zu der sie so gut wie gar keinen Kontakt mehr hatte. Das war ihr auch Recht so. Mit ihrem Vater wollte sie ohnehin nicht reden. Und ihre Mutter? Tja, Mary Whiteman schickte ihr einmal pro Monat einen Brief. Den ersten, im Januar, hatte Jessy noch gelesen. Alle danach und alle die noch folgen würden, schickte sie ungeöffnet zurück an den Absender.

Genau pünktlich kam sie an der Kreuzung zur Queensroad an, doch von Edward Santally fehlte jede Spur. Sie dachte sich nichts dabei, es war normal, dass er immer mit zwei bis drei Minuten Verspätung ankam. Also lehnte sich die schwarze Lady an eine Straßenlaterne und wartete mit verschränkten Armen auf ihren Mentor.
Als er um zehn Uhr immer noch nicht aufgetaucht war, begann Jessy, sich ernsthafte Sorgen zu machen. Gleichzeitig fragte sie sich, ob sie sich vielleicht vertan hatte. Aber das hier war ohne Zweifel die Queensroad und es war nun schon zehn Uhr durch. Ob das ein Test war? Ob Santally wollte, dass sie die Sache alleine meisterte? Als eine Art Bewährungsprobe? Als es wieder anfing, zu regnen, war sie die Warterei endgültig leid, blickte sich vorsichtshalber um, ob auch niemand sie sah und schwang ihren Zauberstab. „Expecto Patronum“. Aus ihrem Zauberstab erschien ein helles Licht und vor ihr stand nun ein Einhorn. Sie flüsterte dem zierlichen Tier zu, dass es Santally finden sollte und es stob mit wehender Mähne davon. Besorgt sah sie dem Licht nach und hoffte, ihr Patronus würde erfolgreich sein. Dass es ein Einhorn war, hatte sie erst in ihrem ersten Ausbildungsjahr erfahren. Da war es nötig gewesen, einen gestaltlichen Patronus zu zaubern. Es hatte sie überrascht. Das einzige Mal, wo sie etwas mit einem Einhorn zu tun gehabt hatte war vor Jahren gewesen, als sie am Ufer des schwarzen Sees in Hogwarts neues Blaumantelkraut für Slyghorn besorgen musste. Damals hatte sich das Tier äußerst merkwürdig verhalten. Es war von einem Huf auf den anderen getreten und hatte den Kopf hektisch auf und ab geschleudert, bevor es in den Wald verschwunden war. Deshalb war ihr erster Patronus auch genauso schnell wieder verschwunden, wie sie ihn produziert hatte. Ihre glückliche Erinnerung war von Schmerz überrollt worden, der Schmerz über einen Verlust. Tom Riddle. Plötzlich hatte sie ihn wieder vor Augen. St. Petersburg hatte sich in ihr Gedächtnis gebrannt und sie musste sich selbst davon abhalten, immer wieder daran zu denken. Noch jetzt ließ es sie erschaudern, wenn sie an seine Berührungen dachte. Sie schüttelte den Kopf und zog ihre Taschenuhr hervor. Zehn nach zehn. Merlin, Santally! Wo zum Teufel bleibst du?! Unruhig tigerte sie ein kurzes Stück auf und ab, der Regen wurde stärker und die Straße war noch immer wie leergefegt. Auch ihr Patronus kehrte nicht zurück und so beschloss Jessy, einen Alleingang zu starten. Dafür würde sie, im schlimmsten Fall wahrscheinlich eine Verwarnung bekommen, aber das war’s ihr wert, Santally hatte ihr immerhin die Adresse gegeben. Mit schnellen, eleganten Schritten huschte sie, wie eine Katze den Bürgersteig entlang und duckte sich ab und zu.
Am Ziel angelangt, blieb sie vor dem Gartentürchen stehen. Es war ein englisches Haus, wie jedes hier in der Queensroad. Ein kleiner Vorgarten, zweistöckig, nicht sehr weitläufig, unauffällig. Doch hier brannte kein Licht, obwohl Jessy ganz klar Stimmen hören konnte.
Sie schaute sich noch einmal um, kein Patronus, kein Santally, keine Menschenseele.
Schleichend pirschte sich die junge Aurorin am Gartentor vorbei und huschte bis zur Tür, wo sie in die Hocke ging und ihr Ohr dagegen drückte. Zuerst redeten ein paar männliche Stimmen wild durcheinander, im Flüsterton. Dann wurde plötzlich alles still und Jessica glaubte ein Zischen zu hören. Dann näherten sich Schritte. Sie reagierte blitzschnell, warf sich auf den Boden und rollte sich in eine der Hecken im Vorgarten. Vom nassen Rasen aus, sah sie, wie sich die Tür öffnete und zwei schwarz gekleidete Gestalten hinausschlüpften. Jessy verharrte bewegungslos hinter der Hecke, bis sie vorbei waren. Als sie sich sicher glaubte, lugte sie vorsichtig hinter ihrem Versteck hervor und horchte. Das allgemeine Gemurmel ging weiter. Von vorne würde sie nicht hier herein kommen, das stand fest. Sie entschied sich für Santallys Rat und beschloss, es mit der Hintertür zu versuchen. Als sie sich so durch das nasse Gras schlich, bemerkte sie plötzlich ein Fenster. Geräuschlos duckte sie sich wieder und huschte vorbei. Im ganzen Haus kein Licht. Nicht einmal ein Kerzenschein. Verdächtig, so was. An der Hintertür lauschte sie erneut. Die Stimmen klangen leiser und so traute sie sich, das Schloss zu knacken. Aloho mora, dachte sie und die Tür öffnete sich einen Spalt. Mit der freien Hand fuhr sie zwischen Tür und Rahmen und schob sich langsam und still hinein. Wenn Santally das herausfand, würde er sie umbringen! Ganz sicher! Das, was sie hier tat, war nicht nur dumm sondern auch „scheißgefährlich“, wie ihr Mentor es ausdrücken würde.
Aber sie musste diese Chance nutzen (und vielleicht war sie auch einfach nur so neugierig, wie zwanzig kleine Kinder, aber nur vielleicht!). Sie schlich sich durch den kleinen Flur, an der Küche vorbei. Ein Zimmer weiter drangen die Stimmen in ihr Ohr. Sie ging zwei Schritte rückwärts und verschwand in die Küche. Dort kauerte sie sich auf den Boden und bemühte sich, gut zuzuhören. Doch ihr Herz schlug so laut, dass sie befürchtete, es könne jemand hören. Noch dazu rauschte ihr das Blut in den Ohren. Da erhob plötzlich jemand seine Stimme aus dem Gemurmel: „Crucio!“ Ein furchtbarer Schmerzensschrei ertönte und Jessy sah aus dem Augenwinkel das Licht. Verwundert blickte sie auf und sah genau über sich eine Durchreiche zu dem Zimmer. Vorsichtig kniete sie sich hin und lugte gerade so weit über den Rand, dass sie etwas erkennen konnte. Da standen gleich mehrere dunkle Personen, alle an die Wände des Raumes gepresst. In der Mitte des Raumes stand eine Kapuzengestalt, die ihren Zauberstab auf eine am Boden liegende Person richtete. Und am Boden lag: Santally! Jessy schlug sich die Hand vor den Mund, um nicht zu schreien! Ihr Mentor wälzte und krümmte sich qualvoll und schrie schmerzvoll auf. Zum ersten Mal klang seine Stimme wie die, eines alten Mannes. „Crucio!“, zischte die Kapuzengestalt schlangenähnlich und Santally zuckte und strampelte und schrie laut auf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Sie musste ihm helfen! Sofort! Bloß wie? Da fiel ihr die einzige Möglichkeit ein, die sie wusste: Ihr Patronus! Dieses Mal bemühte sie sich bis aufs Äußerste, dass seine Form abstrakt ausfiel. Auf diese Weise konnte sie ihn als feinen Nebel aus der Tür schleusen und ihm gleichzeitig den Auftrag erteilen, zur Aurorenzentrale zu schweben. „Queensroad Nummer 12. Rattennest. Verletzter Auror. Brauche dringend Verstärkung.“, flüsterte sie kaum hörbar und schickte ihren Patronus los. Diesen Code lernte ein jeder Auror schon ganz am Anfang. Er wurde einem, wenn nötig eingehämmert, man musste ihn im Schlaf aufsagen können, denn oft hingen von eben diesem Code ganze Menschenleben ab. Heute wohl auch das von Edward Santally.
„Nun, Ed“, zischte die Kapuzengestalt bedrohlich. „Willst du mir immer noch den Dienst verweigern?“ Ihr Mentor zitterte und antwortete nicht, starrte nur demonstrativ an seinem Peiniger vorbei. „CRUCIO!“ – „AAAAAAHHH!!“ Jessica hielt sich die Ohren zu und duckte sich runter, wie ein kleines Kind. Sie konnte das nicht ertragen. Gleich darauf ertönte wieder die zischende Stimme und sie erinnerte sich an ihr fünftes Jahr in Hogwarts, an die tote Ravenclaw und an das Zischen, das sie so oft gehört hatte. „Meine Todesser haben dich mehr als einmal angeworben, Edward“, hörte sie die eindeutig männliche Stimme. Todesser?? Dieses Wort hatte Jessy noch nie zuvor gehört. War das eine ihr unbekannte Spezies?
„Also..“, fuhr die Kapuzengestalt fort. „Ich frage dich nun zum aller letzten Mal, Edward.“
Sie richtete sich wieder auf und blickte über die Durchreiche. Santally hob den Kopf und blickte in ihre Richtung. Seinen Ausdruck konnte sie nicht erkennen, sie war sich nicht einmal sicher, ob er sie überhaupt sah. „Wirst du dich mir anschließen und dich mir damit unterwerfen?“, fragte die Kapuzengestalt und bückte sich leicht zu ihm herunter. Da lachte ihr Mentor plötzlich laut auf. Jessy hatte keine Ahnung, was er damit bezwecken wollte. Noch verwunderter war sie allerdings über die Worte der Kapuzengestalt, die aussah, wie der Sensenmann persönlich. Da erstarb seine Lache abrupt und er sagte laut und übertrieben deutlich: „FICK DICH, VOLDEMORT!“ Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als sein Peiniger schon wütend schrie: „Avada Kedavra!“ Jessy schlug beide Hände vor den Mund, ließ sich auf den Boden sinken und wimmerte kläglich. Das grüne Licht, das sie aus dem Augenwinkel sah, verglimmte. Angestrengt presste sie die Augen zu und unterdrückte jegliche Laute. Innerlich schrie sie, wie noch nie. Da wurde plötzlich die Eingangstür aufgerissen und schon wieder zugeknallt. Eine weitere Person stürmte in das Zimmer. „Mein Herr!“, schrie derjenige. „Sie kommen! Man hat uns verraten! Die Auroren! Sie kommen!“
„Sofort alle raus hier!“, befahl die zischende Kapuzengestalt und gleich darauf disapparierten so viele Magier auf einmal, wie es Jessy noch nie gehört hatte. Dann war alles still. Zitternd erhob sie sich und schaute noch einmal in das Zimmer. Da lag Santally auf dem Boden. Außer seiner Leiche war weit und breit nichts zu sehen. Vorsichtig stand Jessica auf und huschte in gebückter Haltung in den leeren Raum. Vor ihrem Mentor fiel sie auf die Knie und legte ihre Hand auf seine Schulter. Er lag auf dem Rücken. Aschfahl. Sein Körper war noch da, doch Edward Santally war nicht mehr hier. Er war tot. Ihr Mentor, mit der ausgesprochen ausgefallenen Wortwahl war tot. Jessy seufzte traurig. Doch sie weinte nicht. Sie würde nicht weinen! Sie rieb seine Schulter und starrte in seine offenen, leeren Augen. „Ach, Santally“, murmelte sie bestürzt. „Verflucht!“
In ihrem Kopf brannten zwei Wörter, die sie immer und immer wieder wiederholte: Todesser, Voldemort, Todesser, Voldemort, Todesser, Voldemort, Todesser, Todesser, Voldemort, Voldemort, Voldemort.... Nur kurz darauf ertönten die ersten Plopps und ihre Kollegen erschienen, bedauerlicherweise zu spät.


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Es ist wunderbar, wie furchtlos und entschlossen Dan sich jeder Aufgabe stellt. Manchmal drehten wir eine Szenenwiederholung nach der anderen, und jedes Mal spürte ich seine Entschlossenheit, es bei der nächsten Wiederholung des Takes noch besser zu machen. Das schätze ich so sehr an ihm: Er setzt wirklich alles daran, um seine beste Leistung zu zeigen.
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