von giveMEaREASON
Ich falle in ein tiefes Loch. Meine Hoffnung verliert sich im Raum der Zeit. Doch dann schwebe ich. Ich werde aufgefangen von etwas, das mir nichts garantieren kann. Kein Versprechen. Pures Risiko. Aber ich liebe das Risiko. Er ist das Risiko.
Meine Gedanken schwirrten. Das bedeutete sie bewegten sich nicht fernab von meinem Verstand, dennoch hatte ich das Gefühl als würden sämtliche Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt.
Ein Mensch kann nicht fliegen? Falsch.
Ryan glitt über die Baumkronen, anmutig wie ein Vogel.
Ich sah ihm dabei zu. Es war atemberaubend.
'Ich bin aber kein Mensch', wehrte er ab, als ich ihm meinen Gedanken präsentierte.
'Du hast aber viel Ähnlichkeit mit einem.'
'So solltest du nicht von mir denken, Vampire unterscheiden sich von Menschen.'
'Worin außer dem Blut trinken?'
Ryan nahm vor mir Platz. 'Vampire besitzen besondere Fähigkeiten. Von der immensen Kraft und Geschwindigkeit abgesehen, ist jeder Vampir einzigartig und hat seine ganz individuelle besondere Fähigkeit.'
'Was ist deine Fähigkeit?'
Ein schiefes Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus.
'Greif mich an. Versuch mir ins Gesicht zu schlagen.'
Verdutzt blickte ich ihn an.
'Nein...'
'Mir wird es nicht wehtun. Komm schon!'
Immer noch perplex tat ich was er verlangte. Ich holte zum Schlag aus und bewegte meine Faust etwas zögerlich in sein Gesicht. Doch ich schlug gegen eine Wand, 2 Millimeter von Ryans Gesicht entfernt. Meine eigene Schlagkraft fuhr mir in die Knochen und ich zog erschrocken meinen Arm zurück.
Ryan lächelte belustigt.
'Unangenehm', murmelte ich leise vor mich hin.
'Ich habe ein eigenes Schutzfeld, wie ein Schild.'
'Das erklärt warum du gegen Stupors immun bist', ergänzte ich in Erinnerung an den Tag, an dem ich die Lichtung entdeckt hatte.
'Ja, und nicht nur gegen Stupors.'
'Das heißt du bist unverwundbar?', fragte ich staunend.
'Jeder Vampir ist verwundbar und ich sollte wohl klarstellen, dass Vampire nicht unsterblich sind', widersprach Ryan.
'Aber ist das nicht ihr entscheidendes Merkmal?'
'Es ist ein Vorurteil, dass vielleicht entschtanden ist, weil Menschen es nie geschafft haben einen Vampir umzubringen.'
'Und wer hat es geschafft?', fragte ich neugierig.
'Andere Vampire, Werwölfe', antwortete Ryan nüchtern.
'Jedenfalls, zurück zum Thema. Sind dir schon andere Fähigkeiten aufgefallen?'
'Zane kann spüren ob jemand lügt, nicht wahr?'
Ryan nickte.
'Elaine kann die Gefühle anderer Menschen spüren?', fragte ich unsicher.
'Ja.'
'Und dieser Ferou kann sich unsichtbar machen?'
'Genau.'
'Hm, beneidenswert.'
'Na ja...', wandte Ryan ein, 'ich bezweifle dass dir das Vampir-Dasein gefallen würde.'
Den Rest des Tages verbrachten wir damit, nebeneinander zu sitzen und uns gegenseitig Fragen zu stellen.
Ich konnte nicht nachvollziehen, warum er soviel Interesse an mir hatte und nach meinem Leben fragte. Aber dann fiel mir ein, dass er so eine normale Existenz nicht kannte.
'Ich wurde mit 12 Jahren gebissen', erzählte Ryan erinnerungsseelig. 'Meine Erinnerung ist ziemlich unklar. Jedenfalls lebte ich in einem Dorf. Eines Tages sind Vampire bei uns eingebrochen und haben meine Familie getötet oder gebissen. Wenn du von einem Vampir gebissen wirst, besteht eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass du stirbst und dies war bei meinen Eltern der Fall.' Sein Gesicht nahm einen undurchdringlichen Blick an, den ich nicht deuten konnte.
'Ich bin weggelaufen, war dann vollkommen allein und wusste nicht wie ich mit meinem Durst umgehen sollte und habe dann einfach getötet und Blut getrunken.'
Er hatte seine Faust zusammengeballt.
'Irgendwann fand mich Clayton dann. Er war auch Vampir und hat mich gegen meinen Willen in einer abgelegenen Holz-Hütte festgebunden. Ich bekam kein Blut mehr und bin fast durchgedreht, aber mit der Zeit wird man ruhiger und kann mit dem Verzicht auf Blut leben. Diese Methode ist wirklich ziemlich hart, doch die Wirkung ist sehr intensiv.'
Ryan machte eine Pause und warf einen Blick zu mir.
'Alle in unserer Gruppe haben dies durchgemacht, aber im Nachhinein sind wir froh, dass wir diese Folterung hinter uns haben. Zane war der Erste Jung-Vampir der sich Clayton angeschlossen hat und hilft ihm dabei andere Vampire ausfindig zu machen und sie zu bekehren. Unsere Gruppe wächst immer weiter. Und es ist das erste Mal das sich jemand von uns abgewendet hat. Ich fasse es nicht, dass Damian keinen Wert auf diese Gemeinschaft legt.' Das Bedauern in Ryans Stimme war deutlich zu hören.
'Wow', raunte ich staunend. 'Ihr seid eine gut organisierte Gemeinschaft.'
'Ja, da hast du recht. Besser du gehst jetzt. Ich glaube Ron hegt schon jetzt einen ziemlichen Groll auf mich.'
Ich errötete verlegen.
Ryan hielt mir die Hand hin und zog mich hoch, allerdings so stark dass ich gegen seine Brust prallte und meine Lippen nur Zentimeter von seinen entfernt waren.
Dazu hat Ron auch einen Grund, fügte ich in Gedanken hinzu.
Wir verweilten einen Moment so und ich versank in seinen wunderschönen Augen.
Dann stieß er mich sanft zurück. Sein Blick wirkte entschuldigend und fordernd zugleich. Er legte eine Hand an meinen Hals. Ganz behutsam und langsam.
Ein Rascheln zerstörte den Moment. Zane stand am Rande der kreisrunden Lichtung.
Ryan wandte sich von mir ab und plötlich herrschte eine Distanz von 5 Metern zwischen uns. Ich blickte zerknirscht zu Boden.
'Ich denke, für heute war das genug.' Zanes Art das zu Sagen, ließ keinen Raum für Widersprüche.
'Elaine, bring Hermine bitte zurück ins Schloss.'
Elaine hopste auf mich zu und ergriff entschlossen den Besen.
Im Schutz der Dunkelheit flogen wir zurück. Ich war erleichtert als ich endlich wieder den festen Boden unter meinen Füßen spürte. Elaine begleitete mich noch nach oben und mir fiel erst in der letzten Sekunde ein, dass ich meinen Rucksack in dem abgelegen Klassenzimmer vergessen hatte.
Ich hastete zu dem besagten Klassenzimmer und holte den Rucksack.
Plötzlich hörte ich ein Schleifen im Gang. Gefolgt von einem dumpfen Geräusch. Es drang aus dem Klassenzimmer daneben. Als Vertrauensschüler war es meine Pflicht die Unruhestifter zu bestrafen und ich versuchte das Klassenzimmer zu betreten. Doch es war abgeschlossen. Ich beließ es dabei, und machte mich schulterzuckend auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Im Moment war es mir zu aufwändig zu überprüfen, was dort vor sich ging. Meine Müdigkeit war überwältigend.
Als ich den Mädchenschlafsaal betrat, schleppte ich mich auf mein Bett und schlief sofort ein. Ich bemerkte nicht, dass Lavenders Bett leer war.
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SO! Das nächste Kapitel schreibe ich dann aus Ryans Sicht.
Danke für eure Meinungen und Kommentare dazu!
STAY TUNED!
P.S.: Schöne Valentinstagsgrüße! <3 ;)
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